Geistiges Eigentum I Urheber- und Verlagsrecht Teil IV Die Schöpfung und ihre Urheber Vorlesung Urheberrecht SS 2016 © Prof. Dr. Norbert P. Flechsig - 2016 IV. Die Schöpfung und ihr(e) Urheber 1. Der Schöpfer des Werkes/Alleinurheber, § 7 UrhG Das Urheberrecht entsteht in dem Menschen, der das Werk originär erschaffen hat. Der Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG). Dies gilt auch für Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen (hierzu unten); in diesen Fällen wird allerdings vermutet, dass die Rechte am Werk dem Arbeitgeber zustehen (§ 43 UrhG). Nach § 69b UrhG gilt für Urheber von Computerprogrammen in Arbeits- und Dienstverhältnissen die Sonderregel, danach Computerprogramme eines Arbeitnehmers, die dieser in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen hat, ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist; hiernach liegen die fraglichen Rechte mithin grundsätzlich beim Arbeitgeber oder Dienstherrn (§ 69b Abs. 2 UrhG). Prof.Dr.Flechsig SS 2016 Urheberrecht IV 2 1 IV. Die Schöpfung und ihr(e) Urheber 2. Miturheber, § 8 UrhG und Urheber verbundener Werke, § 9 UrhG Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie Miturheber des Werkes. Ihnen stehen die einschlägigen Nutzungsrechte zur gesamten Hand zu (§ 8 I und II UrhG). Etwaige Änderungen des Werkes sind nur mit Einwilligung aller Miturheber zulässig. Ein Miturheber darf jedoch seine Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht wider Treu und Glauben verweigern. Jeder Miturheber ist berechtigt, Ansprüche aus Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts geltend zu machen; er kann jedoch nur Leistung an alle Miturheber verlangen. Insoweit Erträgnisse aus der Nutzung des Werkes in Frage stehen gebühren diese den Miturhebern nach dem Umfang ihrer Mitwirkung an der Schöpfung des Werkes, wenn nichts anderes zwischen den Miturhebern vereinbart ist (§ 8 III UrhG). Sind die Werkteile von verschiedenen Urhebern geschaffen worden, haben diese ihre Werkteile aber zur gemeinsamen Nutzung verbunden ( z.B. Text und Musik für Lieder), so sind die Nutzungsrechte auch getrennt verwendbar (§ 9 UrhG). Die Urheber solcher verbundenen Werke können jeder vom anderen die Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung und Änderung der verbundenen Werke verlangen, wenn die Einwilligung dem anderen nach Treu und Glauben zuzumuten ist (§ 9 UrhG). Prof.Dr.Flechsig SS 2016 Urheberrecht IV 3 IV. Die Schöpfung und ihr(e) Urheber 2. Miturheber, § 8 UrhG und Urheber verbundener Werke, § 9 UrhG Die oeuvre de cooperation européenne Die Schutzdauerrichtlinie 2011/77/EU ergänzt Artikel 1 der Schutzdauerrichtlinie 2006/116/EG um einen siebten Absatz, wonach die Schutzdauer an einer “Musikkomposition mit Text” - sofern beide Beiträge eigens für die betreffende Musikkomposition mit Text geschaffen wurden - zu einer in Europa einheitlichen Schutzfrist von siebzig Jahren nach dem letztverstorbenen Urheber führt. Fraglich, ob dies zu einer Ergänzung des § 8 oder des § 9 UrhG führen muss, hierzu F.B.Flechsig, ZUM 2012, 227 - Harmonisierung der Schutzdauer für musikalische Kompositionen mit Text Materielle Harmonisierung europäischen Urheberrechts als Folge der Schutzfristenangleichung durch die Richtlinie 2011/77/EU. Der RegE zur Änderung des UrhG BT-Drs. 17/12013 geht von einer Änderung des § 65 Abs. 3 aus: „(3) Die Schutzdauer einer Musikkomposition mit Text erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Längstleben- den der folgenden Personen: Verfasser des Textes, Komponist der Musikkomposition, sofern beide Bei- träge eigens für die betreffende Musikkomposition mit Text geschaffen wurden. Dies gilt unabhängig da- von, ob diese Personen als Miturheber ausgewiesen sind.“ Prof.Dr.Flechsig SS 2016 Urheberrecht IV 4 2 IV. Die Schöpfung und ihr(e) Urheber 3. Die Urhebervermutung, § 10 UrhG Wie zu § 6 I und II UrhG gesehen, ist das Erscheinen für die Vermutung der Urheberschaft (§ 10 UrhG) erheblich: Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen; dies gilt auch für eine Bezeichnung, die als Deckname oder Künstlerzeichen des Urhebers bekannt ist. Ist der Urheber nicht auf dem Werkstück bezeichnet, so wird vermutet, dass derjenige ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen, der auf den Vervielfältigungsstücken des Werkes als Herausgeber bezeichnet ist. Ist kein Herausgeber angegeben, so wird vermutet, dass der Verleger ermächtigt ist. Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte können sich auf die gesetzliche Vermutungsregel berufen, soweit einstweiliger Rechtsschutz begehrt wird oder Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 4). Prof.Dr.Flechsig SS 2016 Urheberrecht IV 5 SS 2016 Urheberrecht IV 6 Ende dieses Teils Prof.Dr.Flechsig 3