PROF. DR.MICHAEL FUNKE DIPL.VW. KRISTIN GÖBEL Musterlösung Tutorium 4 zur Vorlesung ”Makroökonomik”(WS 2010/11) Aufgabe 1: Die natürliche Arbeitslosenquote Nehmen Sie an, dass der Gewinnaufschlag der Unternehmen auf die Kosten 5 % beträgt. Die Lohnsetzungsgleichung ist durch W = P (1 − u) gegeben, wobei u die Arbeitslosenquote bezeichnet. a) Welcher Reallohn wird durch die Preissetzungsgleichung impliziert? Vorweg: Die Preissetzungsgleichung der Unternehmen geht von folgender Produktionsfunktion aus Y = N, der einzige Inputfaktor in der Produktion ist Arbeit N . Dieser Faktor wird mit dem Nominallohn w entlohnt, wodurch sich Produktionskosten von w ergeben. Die Unternehmen verlangen einen Preis, der über den Grenzkosten liegt (Gewinnaufschlag: µ), woduch sich folgende Funktion für die Preise ergibt: P = (1 + µ)w Aus P = (1 + µ)w ergibt sich der Reallohn Preissetzungsverhalten impliziert wird. w P = 1 1+µ = 1 1,05 = 0, 952 der durch das b) Wie hoch ist die natürliche Arbeitslosenquote? Lohnsetzungsgleichung LS: W = P (1 − u) Preissetzungsleichung PS: Pw = 0, 952 ⇒ Pw = 1 − u = 0, 952 ⇒ u = 4, 8% Die natürliche Arbeitslosenquote beträgt 4,8 %. c) Nehmen Sie an, dass der Gewinnaufschlage auf 10 % steigt. Wie verändert sich die natürliche Arbeitslosenquote? Erklären Sie den Zusammenhang. Was bedeutet das Ergebnis für die wirtschaftspolitische Flexibilisierung von Gütermärkten? 1 µ∗ : Der neue Reallohn beträgt: Pw = 1+µ = Arbeitslosenquote: u = 1 − 0, 91 = 9% 1 1 1,1 = 0, 91 und somit gilt für die natürliche Die Steigerung des Gewinnaufschlags führt zu höheren Preisen, was einen niedrigeren Reallohn impliziert. Damit die Beschäftigten den gesunkenen Reallohn akzeptieren, wird eine höhere Arbeitslosenquote benötigt. Die natürliche Arbeitslosenquote steigt. Bei vollkommenem Wettbewerb müssten die Preise gleich den Grenzkosten sein, der Gewinnaufschlag wäre dann gleich Null. Auf den meisten Gütermärkten herrscht jedoch kein vollkommener Wettbewerb. Die einzelnen Unternehmen berücksichtigen bei der Preissetzng ihre Marktmacht und verlangen einen Preis, der über den Grenzkosten liegt. Eine strenge Gesetzgebung gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Kartelle reduziert die Marktmacht, da die Unternehmen dann die Preisabsprachen weniger leicht treffen können. Der Gewinnaufschlag sinkt, die Reallöhne steigen und die natürliche Arbeitslosigkeit sinkt. Aufgabe 2: Die natürliche Arbeitslosenquote - institutionelle Faktoren Erläutern Sie, wie sich folgende Faktoren auf die natürliche Arbeitslosenquote auswirken a) b) c) d) e) f) Hohe Lohnnebenkosten Kündigungsschutz Gewerkschaften Arbeitslosenunterstützung Mindestlöhne Kurzarbeit. Die verschiedenen Faktoren lassen meist entweder z in der Lohnsetzungsgleichung oder µ in der Preissetzungsgleichung steigen. Ein Anstieg von z erhöht den Reallohn bei gegebener Arbeitslosenquote und verschiebt damit die LS-Kurve nach oben. Diesen sind die Unternehmen nicht bereit zu zahlen, für ein Gleichgewicht muss der Reallohn wieder auf den ursprünglichen Wert sinken. Dies erfolgt über ein Sinken der Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer über eine Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenquote. Eine Steigung von µ führt wie unter Aufgabe 1. beschrieben zu einer Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenquote. a) Hohe Lohnnebenkosten erhöhen die Kosten für die Unternehmen, µ steigt. b) Kündigungsschutz erhöht z der beschäftigten Arbeitnehmer, da es für Unternehmen teuer ist, Arbeitnehmern zu kündigen und neue einzustellen. Kündigungsschutz führt zu Kosten für die Unternehmen, µ steigt. (Zudem wird die Anpassungsgeschwindigkeit verringert, vgl. hierzu f)). c) Gewerkschaften verringern die Flexibilität der Unternehmen und führen somit höheren Kosten, µ steigt. Die stärkere Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer lässt z steigen. d) Arbeitslosigkeit wird erträglicher, z steigt. e) Mindestlöhne machen es unprofitabel, ungelernte Arbeitskräfte einzustellen. Ungelernte bleiben daher arbeitslos und verlieren die Möglichkeit, am Arbeitsplatz Fähigkeiten zu trainieren, es kommt zu Persistenz. Die Ungelernten sind dann für den Lohnprozess kaum von Bedeutung. Zudem kann ein Anstieg des Mindestlohns auch zu einem Anstieg der Löhne nah am Mindestlohn führen, welches die Löhne insgesamt steigen lässt. z steigt. 2 f) Kurzarbeit stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalles zu tragen hat. Kurzarbeit senkt damit in schlechten Zeiten die Kosten der Unternehmen, und erhöht ihre Flexibilität, so dass evtl. keine Kündigungen nötig werden. µ sinkt. (Zudem könnten Unternehmen bei Lohnverhandlungen mit Kurzarbeit drohen, was z sinken lässt.) Weicht nun auf Grund eines negativen Schocks die Beschäftigung von der natürlichen Beschäftigung ab, so ist der Anpassungsprozess mit Hilfe von Kurzarbeit schneller. Anders als bei Entlassungen muss das Unternehmen keine qualifizierten und eingearbeiteten Mitarbeiter aufgeben und kann dadurch das Firmen-Knowhow erhalten. Daher kann das Unternehmen dann auch schnell auf wirtschaftlich bessere Zeiten reagieren. Aufgabe 3: Das AS-AD-Modell - Nachfrageschocks und Nachfragemanagement Zunächst befindet sich die Produktion auf ihrem natürlichen Niveau. Nehmen Sie an, dass sich das Geschäftsklima verschlechtert, sodass die Investitionen zu jedem Zinssatz abnehmen, während alle anderen Faktoren gleich bleiben. a) Zeigen Sie im AS-AD-Diagramm, wie sich dies auf die Produktion und das Preisniveau in der kurzen und in der mittleren Frist auswirkt. Erläutern Sie auch verbal den Anpassungsprozess. Vorweg: Das AS-AD-Modell beschreibt das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in der geschlossenen Volkswirtschaft auf eine mittellange Frist. Die AS-Kurve wird durch ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt bestimmt (LS und PS-Gleichung), die AD-Kurve wird durch ein Gleichgewicht auf den Güter-, Geld-, und Finanzmärkten abgeleitet (IS-LM-Modell). AS : P = P e (1 + µ)F (1 − YL , z) AD : Y = Y ( M P , G, T ) P AS0 AS1 . . . A B C AD0 AD1 Y1 Yn Y kurze Frist: Die Investitionen sinken zu jedem Zinssatz, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auch die Produktion gehen zurück, die AD-Kurve verschiebt sich nach links. Da die 3 Produktion sinkt, sinkt die Nachfrage nach Arbeitern in der Produktion, die Arbeitslosigkeit steigt, dadurch sinken die Nominallöhne und in Folge die Preise (da die Inputfaktoren preiswerter werden). Es kommt zu einer Bewegung entlang der AS-Kurve nach links. Insgesamt ist das Preisniveau und die Produktion gesunken. (In der Graphik ist der Punkt A die Ausgangssituation. Das Gleichgewicht in der kurzen Frist befindet sich im Punkt B bei einen Produktionsniveau von Y1 .) mittlere Frist: Die Produktion befindet sich unter dem natürlichen Niveau. Dies impliziert, dass das Preisniveu geringer ist als die Preiserwartungen. Die Preiserwartungen sinken folglich. Daher sinken die Nominallöhne und dadurch auch das Preisniveau. Die AS-Kurve verschiebt sich nach unten. Da das Preisniveau sinkt, steigt die reale Geldmenge, die Zinsen sinken und damit steigen die Investitionen wieder an und somit die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage und die Produktion. Es kommt zu einer Bewegung entlang der neuen AD-Kurve. Die Volkswirtschaft befindet sich wieder im ursprünglichen natürlichen Produktionsniveau aber bei einem niedrigeren Preisniveau (Punkt C). b) Was passiert im Modell kurzfristig und mittelfristig cet. par. mit der Arbeitslosenquote? Die Arbeitslosenquote steigt in der kurzen Frist, kehrt aber mittelfristig zum ursprünglichen natürlichen Wert zurück. Nehmen Sie nun an, dass die Zentralbank unmittelbar auf den Nachfrageschock reagiert. Ziel der Zentralbank ist es, einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in der kurzen Frist nach der Verschlechterung des Geschäftsklimas zu verhindern. c) Wie kann die Zentralbank vorgehen? Zeigen Sie im AS-AD-Modell unter der Annahme einer Verschlechterung des Geschäftsklimas die kurzfristigen als auch die mittelfristigen Auswirkungen dieser Aktion. Die Zentralbank sollte die Geldmenge erhöhen, was die AD Kurve nach rechts verschiebt. Eine Erhöhung um eine ausreichende Menge gleicht den Effekt des schlechten Geschäftsklimas aus. Der net-Effekt ist, dass sich die AD Kurve in der kurzen und mittleren Frist nicht verschiebt, und die AS Kurve auch nicht. (Da es sehr schwierig ist, den optimalen Wert der Geldmengenerhöhung zu bestimmen, werden sich beide Effekte wahrscheinlich nicht ausgleichen und es kommt zu einem Anpassungsprozess, der allerdings wesentlich geringer ausfallen wird.) d) Wie verhalten sich nun die Produktion und das Preisniveau in der kurzen Frist? Vergleichen Sie dies mit Ihrer Antwort aus Teilaufgabe a). Es kommt zu keiner Veränderung der Produktion oder des Preisniveaus in der kurzen Frist. Daher sind beide höher als unter a) in der kurzen Frist, in der mittleren Frist ist das Preisniveau unter a) geringer, die Produktion ist dieselbe. 4 e) Wie verändert sich die Arbeitslosenquote kurz- und mittelfristig? Vergleichen Sie dies mit der Antwort aus Teilaufgabe b). Die Arbeitslosenquote bleibt konstant auf ihrem ursprünglichen natürlichen Niveau. Daher ist sie bei dieser Maßnahme in der kurzen Frist geringer als unter a), in der mittleren Frist gibt es keinen Unterschied. f ) Welche weiteren Möglichkeiten hat der Gesetzgeber, um auf die Arbeitslosenquote einzuwirken? Vergleichen Sie die Wirkung dieser mit der Wirkung der Maßnahme unter c). In Aufgabe 2 wurden verschiedene Maßnahmen angesprochen, die die Höhe der natürlichen Arbeitslosenquote verändern können. Demgegenüber verändert die Maßnahme unter c) nicht das natürliche Niveau sondern beschleunigt den Anpassungsprozess (optimalerweise auf sofort). Eine Beschleunigung des Anpassungsprozesses wird auch durch Flexibilität erreicht, wie z.B. durch Kurzarbeit. Auf diese Weise kehrt die Volkswirtschaft schneller auf ihr natürliches Niveau zurück. 5