Document

Werbung
Geochronologie/
chem. Geodynamik
UE Planetologie des inneren Sonnensystems
WS 2010/11
1. Historisches und Überblick
19 Jhd.: Altersbestimmung der Erde durch Lord Kelvin
Annahme: Erde als Kugel, welche ausschließlich konduktiv abkühlt
Ergebnis: 24 Myr
(einige Jahre zuvor gab es auch Ergebnisse um 400 Myr)
 stand im Gegensatz zu geologischen Beobachtungen, welche mindestens
ein Alter von mehreren hundert Millionen Jahren nahe legten (basierend auf
Sedimentablagerungsprozessen, Salzanreicherungen in den Meeren, etc.)
Kelvin berücksichtigte in seiner Berechnung nur Konduktion, aber weder
Wärmeproduktion durch radioaktiven Zerfall, noch Konvektion
( =Hauptmechanismus für Wärmetransport im Mantel der Erde).
Durch die Entwicklung von neuen und modernen Datierungsmethoden
(basierend auf radioaktiven Isotopen) wurde gezeigt, dass auch die
damaligen geologischen Schätzungen zu niedrig waren.
Methoden der „reinen“ Geologie:
-) Stratigraphie: „Schichtenkunde“ und ihre zeitliche Datierung
Grundlage sind Gesteine, die aufgrund ihrer organischen und
anorganischen Merkmale nach ihrer zeitlichen Bildungsfolge
geordnet werden
Grundprinzip: wenn störungsfrei, dann sind tiefer gelagerte
Schichten älter als höher gelagerte
( stratigraphische Grundgesetz)
-) Paläontologie: Untersuchung von Lebewesen vergangener Epochen
und in Sedimentgestein eingeschlossener Organismen
(bzw. Reste davon) = Fossilien
Diese beiden Methoden erlauben sehr genaue relative Altersbestimmungen
(Genauigkeiten bis zu 0.25 Myr), evl. paläontologisch sogar noch genauer
Beide Methoden sind aber ungeeignet um das absolute Alter zu
bestimmen  Verwendung von radioakt. Isotopen zur absoluten Datierung
Elysium Mons, Mars:
Lava channel und Impakt Krater
Durch genaue Studien der Oberflächenbilder
lassen sich erste relative Altersbeziehungen
bei Planeten und Monden abschätzen.
Abb.: Erdzeitalter basierend auf
geomagnetischen Polaritätsumkehrungen, stratigraphischen,
paläontologischen und
geochronologischen Methoden
Alle Altersangaben für Formationen auf der Oberfläche des Mars (aber
auch aller anderen planetaren Objekte) beruhen auf
Impaktkraterzählungen, der Größenverteilung von Kratern und, soweit
dies auf den Fotos der verschiedenen Sonden erkennbar ist, auf
Überprägungsabfolgen und den Lagerungsverhältnissen verschiedener
geologischer Formationen.
Daher können für alle Formationen nur relative Alter angegeben werden.
Das absolute Alter muss anhand der Impaktkraterverteilung abgeschätzt
werden.
Mit Hilfe der relativen Alter wurde die Marsgeschichte in 3 Ären eingeteilt
(Scott et al.,1986):
- Nochian (geschätztes absolutes Alter: 4,6 Ga bis ~4 Ga)
- Hesperian (geschätztes absolutes Alter: ~4 Ga bis ~2 Ga)
- Amazonian (geschätztes absolutes Alter: ~2 Ga bis heute)
2. Theoretischer Hintergrund
Grundsätzlich: radioaktiver Zerfall = Zufallsereignis, ein statistischer Prozess
unabhängig von: -) benachbarten Atomen
- ) physikalischen Bedingungen
-) dem chem. Zustand des Atoms
hängt nur von der Kernstruktur des jeweiligen Atoms ab.
D.h.: Jedes Atom eines gegebenen Typs hat dieselbe Zerfallswahrscheinlichkeit
pro Zeiteinheit.
 Diese Wahrscheinlichkeit nennt man die Zerfallskonstante λ (Materialkonst.)
Annahme:
zu einem Zeitpunkt t gibt es eine Zahl von P Atomen,
eine Zeiteinheit δt später, sind δP Atome zerfallen.
 δP ist das Produkt aus der Wahrscheinlichkeit, dass irgendeines dieser Atome
pro Zeiteinheit zerfällt (=λ) mit der Gesamtanzahl der Atome P in einer gegebenen
Zeiteinheit δt
P  Pt
Das Minus steht aus formalen Gründen,
um die Abnahme zu veranschaulichen.
wenn δP  0 und δt  0,
dann kann man die obige Gleichung als DGL schreiben:
gegenwärtige Gesamtanzahl
dP
 P
dP/dt wird auch als Aktivität bezeichnet
dt
Prop.konstante
Einheit: Becquerel, Bq
Zerfallsrate
alte Einheit: Curie, 1 Ci = 37 GBq
Integration der Glg. liefert:
ln P  t  C
Mit der Anfangsbedingung: t = 0
und da es dann P = P0 Atome gibt, folgt die Integrationskonstante:
C  ln P0
Einsetzen in vorherige Glg.:
 ln P  t  ln P0
liefert:
P  P0 e
 t
[Abl. Halbwertszeit]
[Abl. P und D Atome]
Zusammenfassung der wichtigsten 4 Formeln:
P  P0 e
0.693

 t
 t1/ 2
t
D  P(e  1)
D 
t  ln  1
 P 
1
Die Reduktion der Elternatome und die Generierung von Tochteratomen
kann als eine Art Uhr verwendet werden.
Dieser Prozess ist aber natürlich auch Gegenstand von statistischen
Fluktuationen, welche aber aufgrund der sehr großen Zahlen für P und P0
zu vernachlässigen sind.
In der Praxis wird das Verhältnis D/P mit einem Massenspektrometer
gemessen.
Weitere Probleme:
-) t ist nicht immer das eigentliche Alter der Probe (die Zeit seit der Entstehung
des Gesteins), sondern die Zeit seit der chem. (atomare) Prozesse
stattfinden ( z.B. Zeit seit Kristallisierung)
-) mögliche anfängliche Konzentration von Tochterelementen in der Probe
 die Annahme dass alle gemessenen Tochteratome ein Produkt des
Zerfalls von den Elternatomen sind, ist nicht immer gültig
-) Kein geschlossenes System (z. B.Verwitterungseffekte, insbesondere chem.)
Deswegen wird in der Praxis immer mehr als nur eine Datierungsmethode
verwendet und über die Ergebnisse gemittelt.
Rb … Rubidium
Sr … Strontium
Lu … Lutetium
Hf … Hafnium
Sm … Samarium
Nd … Neodym
Re … Rhenium
Os … Osmium
3. Zerfallsreihen
Meist finden die Zerfälle in langen Zerfallsreihen statt (bis sich ein stabiles
Tochterelement gebildet hat).
Oftmals werden 87Rb und 147Sm für Datierungen werden (nur ein
Zerfallsprozess bis sich ein stabiles Tochterelement bildet).
[Abl. Zerfallsreihen]
Allg. Lösung des Bateman Beziehungen:
4. Verzweigte (branched) Zerfallsreihen:
Bsp: Zerfall von 40K (ein für die gesamte Planetologie sehr wichtiger Zerfall)
2 Möglichkeiten: β-Zerfall zu 40Ca
e- Einfang zu 40Ar
Annahme:
P … Anzahl 40K Atome
DC … Töchter 40Ca mit λC
DA …Töchter 40Ar mit λA
dP
 P
dt
P  P0 e
wird zu
 t
wird zu:
dP
 ( A  C ) P
dt
P  P0 e
 (  A  C ) t
Erhöhung von
Analog für
40Ar
40Ca:
in der Probe:
dDA
 A P
dt
dDC
 C P
dt
Betrachten 40K  40Ar Zerfall:
Durch Einsetzen von P (modifiziert) aus der vorherigen Folie in
erhält man:
dDA
  A P0 e (  A  C )t
dt
Integrieren liefert:
 A P0 ( 
DA  
e
 A  C
A  C
)t
C
dDA
 A P
dt
Randbedingung: DA = 0 zum Zeitpunkt t = 0 (d.h. keine Tochterelemente in der
ursprüngl. Probe)
 P
C 
C einsetzen:
 A  C
 A P0 ( 
 DA  
e
 A  C
umformen liefert:
mit
A 0
P  P0 e
A  C
)t
 A P0

 A  C
 A P0

 DA 
1 - e ( 
 A  C
 (  A  C ) t
 P0 
A  C
)t

P
e (  A  C )t
einsetzen in Gleichung von DA und umformen liefert:
 DA  P
A
 A  C
e
(  A  C ) t

1
(um P0 zu eliminieren, da es
nicht messbar ist)
umformen nach t:
   A  C
1
ln 1  
t 
 A  C    A
wird gemessen
 DA 


 P 
Eine analoge Formulierung ist auch für den Zerfall 40K  40Ca möglich.
Die Ca-Zerfallsreihe wird aber für Datierungen praktisch nicht verwendet,
da Ca wesentlich häufiger vorkommt als Ar, und man damit häufig mit sehr
„unreinen“ Proben zu tun hätte.
5. Weitere Einflussfaktoren:
Die Wahl der Datierungsmethode hängt von dem wahrscheinlichen
Alter der Probe ab.
-) Idealerweise sollte das benützte Zerfallsschema eine Halbwertszeit
vergleichbar dem Alter der Probe besitzen (größenordnungsmäßig).
 stellt sicher dass die Größenordnungen der Eltern- und
Tochteratome in etwa übereinstimmen.
Wenn t1/2 wesentlich größer oder kleiner als das Alter
der Probe ist, dann ist das Verhältnis D/P ebenfalls sehr groß
oder klein und damit gleichzeitig schwierig messtechnisch
zu erfassen.
-) Uran-Blei Methode am besten für „jüngere Proben“ (im geolog. Sinne) geeignet.
-) Für jüngste (z.B. archäologische Proben) sollte eher die C-14 Methode verwendet
werden; Bedingung: C-haltige (in erster Linie organische) Proben);
etwa 300 - 500 000 Jahre
-) Menge der Eltern- und Tochterelemente in der Probe
es kann keine Rubidium-Strontium Methode verwendet werden, wenn das
Spurenelement Rubidium nicht in der Probe vorkommt
-) K  Ar Methode für fast alle Gesteinsproben möglich, da K ein sehr
verbreitetes Element ist.
Schiefer
Annahme im bisherigen Formalismus war: geschlossenes System,
d.h. kein Verlust oder Zuwachs von Eltern- oder Tochterelementen durch
andere Prozesse außer radioaktiven Zerfall.
Für die meisten Gesteinsproben ist diese Annahme aber nicht haltbar
(insbesondere für Oberflächengesteine (chem. Verwitterung, etc.).
Aber auch:
-) Uran und radiogenes Blei sind beide im Grundwasser vorhanden und werden
innerhalb des Wasserzirkulationskreislaufes transportiert. Eine Probe, die
dadurch mit extra Blei angereichert ist, und mit U-Pb datiert wird, würde ein
falsches Alter liefern.
-) z.B. Argon (Tochterelement von K-Zerfall): Grundsätzlich kann Argon nicht in
Mineralien behalten werden, bis diese sich auf Temperaturen unterhalb ihrer
Verschlusstemperatur (closure temperature) abgekühlt haben.
 d.h. eine Datierung mittels K  Ar Zerfall gibt eigentlich nur die Zeit an, seit
die Mineralien eine Temperatur geringer der Verschlusstemperatur aufweisen.
ad Verschlusstemperatur:
Ist diejenige Temperatur, ab welcher ein System so weit abgekühlt ist, dass es
keinen weiteren Austausch von Eltern- oder Tochteratomen mit der Umgebung
mehr gibt.
Physikalische Ursache: durch das Abkühlen bildet sich die Kristallstruktur heraus,
und Diffusionsprozesse werden zunehmen schwieriger.
wird experimentell im Labor bestimmt (Materialkonstante).
6. Geochronologisch relevante Zerfallsreihen
6.1. Rubidium  Strontium
6.2. Uran  Blei
6.3. Thorium  Blei
6.4. Kalium  Argon
6.5. Argon  Argon
6.6. Samarium  Neodymium
6.1 Rubidium-Strontium Zerfall (87Rb  87Sr)
Rubidium:
Silbrig weißes Erdalkalimetall (= Elemente der 2.Hauptgruppe im PSE)
0.03 % Massenanteil an Erdkruste
In geringen Konzentrationen in Mineralien wie Leucit, Pollucit, Zinnwaldit
1.5 % Anteil bei Lepidolith
2 natürlich vorkommende Isotope: 85Rb, 72% (stabil) und
87Rb, 28% (instabil, 87Sr)
6.1 Rubidium  Strontium Zerfall
Strontium:
weiches, weißlich-silbriges Metall
0.01 % Massenanteil an der Erdhülle
In der Natur verbreitet, hauptsächlich als
Sulfat (Coelestin, SrSO4) und als Carbonat (Strontianit, SrCO3).
4 stabile und natürliche vorkommende Isotope:
84Sr (0.56 %), 86Sr (9.86 %), 87Sr (7.0 %), 88Sr (82.58 %)
und noch 16 instabile
[Abl. Zerfallsglg.]
Initiales Verhältnis und Isochrone
(am Beispiel von Gneiss aus W-Grönland)
Initial ratio: < 0.7
Grundsätzliches zum initial ratio:
Gesteine aus dem archaischen Mantel haben etwa 0.7 (initial ratio)
Man denkt heute, dass bei der Entstehung der Erde ein Verhältnis
von 0.699 galt (Wert von einigen Meteoriten).
Heute: ozeanische Kruste (Mantelursprung): 0.704
für den gesamten Mantel der Erde: ~ 0.03
Rb/Sr Verhältnis für Krustengestein ist größer als für den Mantel
Wenn Krustengestein aufgeschmolzen wird, dann hat das
resultierende Gestein ein 87Sr/86Sr initial ratio gleich dem Verhältnis
des ursprünglichen Gesteins zum Zeitpunkt der Schmelze.
Man kann mittels des inital ratio also grundlegende Aussagen über den
Ort der Entstehung der Gesteine treffen.
Nachteile der Rb  Sr Methode:
-) Rb und Sr sind relativ mobil (durch geochemische Prozesse),
d.h. Transportprozesse in das oder aus dem Gestein heraus sind häufig
-) Rb kommt in ausreichender Menge nicht sehr häufig vor (insbesondere
nicht in Kalkgestein und ultramafischen (ultramafic) Gesteinen
 nicht alle Gesteine gut geeignet für diese Methode
-) T1/2 von Rb ist sehr groß  Probleme bei der Datierung von
jüngeren Gesteinen
Ultramafic: besonders Mg und Fe-haltig
Herunterladen