! ! Marc Kleinheyer: Eine Analyse der Wahlplakate zur Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfalen Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2013 Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik |Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de © Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet. Inhaltsverzeichnis EINLEITUNG .............................................................................................................................................1 1. GRUNDLAGEN DER ANALYSE.........................................................................................................2 1.1 DAS WAHLPLAKAT ALS UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND ....................................................................2 1.2 DIE POLITISCHE AUSGANGSSITUATION................................................................................................2 1.3 ZUR ANALYSEMETHODIK ....................................................................................................................4 2. ANALYSE DER WAHLPLAKATE .....................................................................................................4 2.1 SPD .....................................................................................................................................................4 2.2 CDU ....................................................................................................................................................7 2.3 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN .................................................................................................................10 2.4 FDP ...................................................................................................................................................12 2.5 DIE LINKE ..........................................................................................................................................13 2.6 PIRATENPARTEI .................................................................................................................................14 3. VERGLEICH ZUR LANDTAGSWAHL 2010 ..................................................................................16 3.1 CDU ..................................................................................................................................................16 3.2 FDP ...................................................................................................................................................17 3.3 SPD ...................................................................................................................................................17 3.4 GRÜNE ...............................................................................................................................................18 3.5 DIE LINKE ..........................................................................................................................................18 FAZIT.........................................................................................................................................................20 LITERATURVERZEICHNIS ................................................................................................................... I ANHANG ....................................................................................................................................................II SPD:.................................................................................................................................................... II CDU:.................................................................................................................................................. IV Grüne: ................................................................................................................................................ VI FDP: ............................................................................................................................................... VIII Linke: ................................................................................................................................................. IX Piraten: .............................................................................................................................................. XI Einleitung Die moderne Welt bietet eine enorme Vielfalt an Möglichkeiten der Information und Kommunikation, auf visueller, auditiver und interaktiver Basis. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl von medialen Kanälen vervielfacht; nie war es einfacher, eine große Zahl von Menschen zu erreichen und zu informieren. Auch die Politik hat begonnen, diese neuen Medien für sich zu entdecken. Die sozialen Medien des sogenannten Web 2.0, eigene Internetauftritte, Newsletter oder Podcasts sind nur einige der Möglichkeiten, sich als Parteien über das Internet bestmöglich zu präsentieren. Aber auch die länger etablierten Medien gestatten den Parteien immer mehr sich der Bevölkerung zu präsentieren. Kaum ein Fernsehabend kommt noch ohne eine PolitTalkshow aus, kaum ein Magazin oder eine Zeitschrift setzt sich nicht mit Politikern auseinander, sei es in Interviews oder auch nur in einem Bericht über das Privatleben. All diese Möglichkeiten zur Präsentation werden in der Politik natürlich besonders gerne dann genutzt, wenn Wahlen anstehen und die wahlberechtigte Bevölkerung mit zielgerichteter Werbung für die eigene Partei eingenommen werden soll. Obwohl den Parteien eine solche Vielzahl an modernen Informationskanälen zur Verfügung steht, liegt trotzdem noch ein Hauptaugenmerk des Wahlkampfes auf einem Medium, welches bereits im antiken Rom seinen Ursprung hat: Dem Wahlplakat1. In dieser Arbeit wird eine Analyse der Wahlplakate zur Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfalen in zwei Schritten durchgeführt. Der erste Schritt ist, die Kommunikation der relevanten Parteien mit dem Wähler über die Wahlplakate sowie deren Wirkung von einem linguistischen Standpunkt aus zu analysieren und die sprachlichen Mittel herauszuarbeiten. Hierbei soll die Unterscheidung der kommunikativen Strategien (wie in Kapitel 1.3beschrieben) als Grundlage genutzt werden. Dabei werden auch die politische Ausgangslage sowie Einflüsse der Bundespolitik und die daraus resultierenden Meinungen in der Bevölkerung bei der Bewertung berücksichtigt. In einem zweiten Schritt sollen diese Ergebnisse mit der Analyse von Pappert (2001) zur Landtagswahl 2010 verglichen werden. Hierbei ist besonders interessant, wie sich die umgekehrte Konstellation von Regierungsparteien und Opposition auf die Taktik der Wahlkämpfer auswirkt. 1 Im alten Rom wurden weiß gefärbte Holztafeln (sog. albae) mit Gesetzestexten oder Bekanntmachungen an öffentlichen Plätzen aufgehängt. (Vgl. Artinger, Kai: „Das politische Plakat – Einige Bemerkungen zur Funktion und Geschichte“, aus: „Die Grundrechte im Spiegel des Plakats von 1919 bis 1999“, Katalog des Deutschen Historischen Museums, Berlin, zur gleichnamigen Ausstellung. http://www.dhm.de/ausstellungen/grundrechte/katalog/15-22.pdf (Letzter Zugriff: 14.08.2012), S. 18) 1 1. Grundlagen der Analyse 1.1 Das Wahlplakat als Untersuchungsgegenstand Das Wahlplakat eignet sich aufgrund mehrerer Faktoren besonders gut für eine Untersuchung der politischen Kampagnen. Die Kampagnenplakate (im Gegensatz zu den regional unterschiedlichen Plakaten der Direktkandidaten) sind im gesamten von der Wahl betroffenen Gebiet anzutreffen. „Aufgrund ihrer Verbreitung an öffentlich zugänglichen Plätzen und in großer Zahl ist die Heterogenität und Massenhaftigkeit des Publikums noch stärker ausgeprägt als bei anderen Werbemitteln“2. Dies bedeutet zum einen eine umfassende Wahrnehmung in der Bevölkerung, zum anderen ist es jedoch auch notwendig sämtliche Wählergruppen gleichermaßen ansprechen zu können. Des Weiteren ist das Wahlplakat als einziges Wahlwerbemedium in der Wahrnehmung unabhängig vom aktiven Handeln der Bürger: „Anders als Fernsehen, Film, Hörfunk und Printmedien setzt das Medium Plakat keine bewusste Konsumentscheidung voraus und ist für jedermann zugänglich.“3 Nach einer Umfrage werden Wahlplakate von 80% der Bürger als Werbemittel wahrgenommen, sie werden in der aktiven Rezeption daher nur von Fernsehwerbespots übertroffen4. Zudem bestimmt die flächendeckende Plakatierung die Markierung der anstehenden Wahl für die Bevölkerung: „Im landläufigen Sinne ist dann endlich ‚Wahlzeit’“5. Nach Werner Wolf kennzeichnet dies auch den „Höhepunkt der politischen und werblichen Kommunikationsbemühungen“ in den „letzten 20 oder 30 Tagen“6 vor der Wahl. Das Wahlplakat kann also durchaus als intensivste Form der politischen Kommunikation an die Gesamtheit der Wähler betrachtet werden. 1.2 Die politische Ausgangssituation Bei den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen von 2012 handelte es sich um vorgezogene Wahlen. Erst am 09. Mai 2010 hatten die letzten Wahlen stattgefunden, 2 Müller, Gerd: Das Wahlplakat. Tübingen, Max Niemeyer Verlag, 1978, S.37 Huh, Tina: Modernen politische Werbung: Information oder Manipulation? Frankfurt am Main, Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1996, S. 176 4 Vgl. Radunski, Peter: Wahlkämpfe. Moderne Wahlkampfführung als politische Kommunikation. München, Günter Olzog Verlag, 1980, S. 203 5 Huh 1996, S. 176 6 Wolf, Werner: Wahlkampf: Normalfall oder Ausnahmesituation der Politikvermittlung? In: Sarcinelli, Ulrich (Hg.): Politikvermittlung. Beiträge zur politischen Kommunikationskultur. Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung, 1987, S. 297 3 2 bei denen eine Minderheitsregierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, bestehend aus einer Koalition von SPD und Grünen, die bisherige CDU/FDP geführte Landesregierung ablöste. Am 14. März 2012 wurde der Landtag von seinen Mitgliedern gemäß Art. 35 der Landesverfassung7 einstimmig aufgelöst, nachdem zuvor am selben Tag die gesamten 91 Oppositionsmitglieder gegen den von der Landesregierung eingereichten Haushaltsentwurf gestimmt hatten. Der Wahltermin wurde auf den 13. Mai 2012 festgelegt. Daraus resultierend stand den Parteien sehr viel weniger Zeit zur Vorbereitung und Durchführung des Wahlkampfes zu Verfügung, als es bei einer turnusmäßigen Wahl der Fall gewesen wäre. In den Prognosen und Umfragen vor der Wahl wurde schnell eine Wiederwahl der rotgrünen Regierung als äußerst wahrscheinliches Ergebnis gehandelt. Die Ministerpräsidentin Kraft erfreute sich hoher Beliebtheit8, und die Umfragewerte prognostizierten bereits im März Werte von ca. 50 Prozent für die Koalition. In den kommenden Wochen stiegen die Umfragewerte der SPD noch deutlich von 33 auf 37 Prozent an, während die Grünen Verluste in ungefähr gleichem Umfang hinnehmen mussten9. Der Spitzenkandidat der CDU, Norbert Röttgen, stand hingegen gleich zu Beginn seiner Kandidatur in der Kritik. Ihm gegenüber wurde sowohl aus der eigenen Partei als auch von den Wählern Kritik laut, da er während des gesamten Wahlkampfes nicht Position dazu bezog, ob er auch im Falle einer Niederlage als Oppositionsführer im nordrheinwestfälischen Landtag verbleiben würde. Man warf ihm daher fehlenden Einsatz für die Wahl im Land und ein geringeres Interesse an der Landespolitik als am Posten des Bundesumweltministers vor, welches er zu diesem Zeitpunkt bekleidete. In der Folge sackten die Umfragewerte der CDU beständig ab. Die FDP hatte in den letzten Landtagswahlen meist schlechte Ergebnisse eingefahren, die, wie z.B. im Saarland Ende März, mit 1,2 Prozent deutlich unter der Fünf-ProzentHürde lagen. Die Unzufriedenheit der Wähler, vor allem auf Bundesebene, hatte zur Folge, dass die FDP seit März 2011 bei sechs Wahlen in keinen Landtag mehr eingezogen war. Auch für NRW deuteten die Umfragewerte darauf hin, dass dem CDUKoalitionspartner möglicherweise der Wiedereinzug ins Parlament verwehrt bleiben 7 https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=1&ugl_nr=100&bes_id=3321&aufgehoben =N&menu=1&sg=0#det250837 (Letzter Zugriff: 15.08.2012) 8 Vgl. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/politbarometer-kraft-laut-umfrage-beliebter-als-merkela-839067.html (Letzter Zugriff: 15.08.2012) 9 Vgl. Werte der Sonntagsfrage auf http://www.spiegel.de/flash/0,5532,24389,00.html (Letzter Zugriff: 15.08.2012) zur Landtagswahl in NRW 3 würde. Als Spitzenkandidat wurde der vormalige Generalsekretär Christian Lindner aufgestellt, welcher der Partei einen besonderen Sympathiebonus einbringen sollte. 1.3 Zur Analysemethodik Bei dieser Untersuchung der Wahlplakate soll das Hauptaugenmerk auf die kommunikativen Strategien nach Christian Efing (2005) gelegt werden10. Dieser unterscheidet zwischen den folgenden Strategietypen11: a) Profilierung der eigenen Partei b) Polarisierung (Aufweis unterschiedlicher Wertvorstellungen und Ziele) c) Diskriminierung/Gegnerabwehr/negative campaigning d) Entlarvung von Defiziten in der bisherigen Politik e) Prolongierung f) Personalisierung g) Image-Konstruktion Es soll untersucht werden, in wie weit diese Strategien der Plakatwerbung zum Tragen kommen. Dabei ist zu beachten: „Plakate […] lassen weder Platz noch Zeit für Überzeugungsarbeit“12, daher zielt die strategische Ausrichtung der Wahlwerbung auf Überredung und nicht auf Überzeugung ab: „Scheinbar ist man an einer Kooperation, an Konsensfindung durch Überzeugung interessiert, doch eigentlich soll das Gegenüber überredet werden.“13 Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist daher die Untersuchung der eingesetzten Strategien von hohem Interesse, da hierbei die inhaltliche und taktische Ausrichtung des Wahlkampfes in besonderem Maße nachvollzogen werden kann. 2. Analyse der Wahlplakate 2.1 SPD Die SPD mit Spitzenkandidatin Hannelore Kraft konnte den Wahlkampf äußerst zuversichtlich angehen, da sich schon vor der Parlamentsauflösung die Umfragewerte seit der Wahl 2010 in einer Weise verbessert hatten, dass eine erneute Koalition mit den Grünen als wahrscheinlichste Variante der neuen Regierung erschien. Zudem war die 10 Da bei Pappert 2011 ebenfalls diese Strategien als Grundlage dienen, ist eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleistet. 11 Efing, Christian: Rhetorik in der Demokratie, Argumentation und Persuasion in politischer (Wahl)Werbung. In: Kilian, Jörg (Hg.): Sprache und Politik. Deutsch im demokratischen Staat. Mannheim, Dudenverlag, 2005, S. 228-230 12 Efing 2005, S. 230 13 Ebd., S. 227 4 Person Hannelore Kraft bei den Wählern äußerst beliebt, was sich auch im Wahlkampf der Partei deutlich widerspiegelt. Die drei Großflächenplakate zeigen daher alle Kraft als zentrale Figur, jeweils der Werbebotschaft entsprechend im direkten Kontakt mit Bürgern. Die Großplakate verfolgen eine Personalisierungsstrategie14, bei der die Spitzenkandidatin in den Mittelpunkt gerückt wird. Das wird auch daran deutlich, dass sich auf diesen Plakaten als Webadresse nicht die der Partei findet, sondern die von Krafts persönlicher Homepage. Gemessen an den Plakaten der anderen Parteien ist dies ein Alleinstellungsmerkmal, was den Stellenwert Krafts für den SPD-Wahlkampf klar verdeutlicht. Im Gegensatz dazu stehen auf den ersten Blick die Schlagzeilen15 der Plakate. Diese beginnen jeweils mit einem „Wir“ („Wir kämpfen für Arbeitsplätze“, „Wir lassen kein Kind zurück“, „Wir halten zusammen“16), was im Zusammenspiel mit dem SPD-Logo für die Partei zu stehen scheint. Da das Parteilogo sich aber jeweils am rechten Bildrand befindet und farblich (im typischen Rot) abgesetzt ist, wirken die Botschaften deutlich stärker im Zusammenhang mit den Fotografien. Besonders bei Plakat 1.3, auf dem Frau Kraft einem älteren Mitbürger eine Rose überreicht (oder eine erhält), scheint das „Wir“ der Schlagzeile mehr die Kandidatin und den Bürger zu bezeichnen. Die Aufnahme wirkt wie ein Schnappschuss während eines Gesprächs, der Text daher beinahe wie ein Zitat aus dieser Konversation. Als Resultat ist Frau Kraft sowie ihre vermittelte Volksnähe der vorwiegende Inhalt des Werbetexts, die Partei tritt eher in den Hintergrund. Der Slogan der Partei ist eine eindeutige Profilierung17. „Gut für NRW“ ist zwar sowohl mit der Spitzenkandidatin als auch mit der Partei problemlos assoziierbar, verweist aber nicht direkt auf den Wert der Partei für das Bundesland, und damit auch für den Bürger. Während der Slogan auf den Großflächen die Personalisierung der Kampagne weiter unterstützt, wird mit den Schlagzeilen der kleinformatigen Plakaten bewusst auf die Leistungen der Partei für NRW eingegangen. Die Plakate sind betont schlicht (einfarbig in leichten Tönen) gehalten, so dass die Schlagzeile mit dem Slogan im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Dabei verweisen die Plakate 1.6 und 1.7 auf bereits erbrachte Leistungen, während die restlichen Plakate Zukunftspläne in knappen Schlagwörtern 14 Vgl. Efing 2005, S. 229 Da in der Sekundärliteratur oftmals zwischen den verschiedenen Textebenen kein Unterschied gemacht wird und tendenziell jeder Text als „Slogan“ bezeichnet wird, sollen hier zur besseren Unterscheidung die Bezeichnungen für Textelemente bei Anzeigenwerbung nach Nina Janich genutzt werden. Vgl. Janich, Nina: Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen, Narr Francke Attempto Verlag, 5. Aufl. 2010, S. 55ff. 16 Vgl. Plakate 1.1 bis 1.3, s. Anhang 17 Vgl. Efing 2005, S. 228 15 5 darlegen, die aufgrund der imperativischen Konstruktionen sogar beinahe wie Forderungen anmuten. Auch hierbei ist also eine Profilierungsstrategie erkennbar, die kurzen Formulierungen enthalten sowohl inhaltliche Bezüge zum politischen Programm als auch positiv konnotierte Verben (sichern, stärken, erreicht, fördern), welche die Arbeitsleistung der Partei verdeutlichen sollen. Durch diese „checklistenartigen“ Programmpunkte als einziger Plakatinhalt, gepaart mit schlichtem Design, präsentiert sich die SPD als handlungsorientiert und -fokussiert. Ein anderes Wahlplakat der SPD stellt eine Besonderheit in deutschen Wahlkämpfen dar. Im Normalfall „bestimmen einzig die Parteien selbst über Form und Inhalt ihrer Wahlplakate“18. Dabei wird bei den etablierten Parteien zumeist auf Hilfe von außerhalb zurückgegriffen, die Plakate werden „seit Beginn der 70er Jahre von professionellen Werbeagenturen entworfen“.19 Bei der Landtagswahl 2012 hat die NRW-SPD allerdings bei der Entwicklung zumindest eines Plakatmotivs einen neuen Weg beschritten, und per Internet zu einem Design-Wettbewerb mit Online-Abstimmung über das Siegerplakat aufgerufen20. Jeder Interessierte hatte die Möglichkeit, ein SPDPlakat zu entwerfen und auf einer eigens hierfür eingerichteten Website21 einzusenden. Eine Vorauswahl von Entwürfen wurde anschließend über die Facebook-Seite der Partei zur Wahl gestellt, das hierbei ermittelte Siegerplakat anschließend in die Kampagne aufgenommen und auch öffentlich geklebt. Interessant an diesem Plakat ist weniger die Gestaltung selbst (da diese seitens des Wahlkampfteams nicht direkt beeinflusst werden konnte), sondern die Öffnung der Kampagne für Ideen von außerhalb der Partei. Vergangene Abstimmungen ähnlicher Art haben gezeigt, dass sich insbesondere im Internet eine solche Offenheit (insbesondere aufgrund der Selbstverpflichtung zur Anerkennung der öffentlichen Wahl) schnell rächen kann22. Mit einer solchen Aktion setzte dich die Partei dem Risiko aus, entweder einen unvorteilhaften Vorschlag tatsächlich umsetzen zu müssen, oder stattdessen die Wahl der Teilnehmer zu ignorieren. Im Wahlkampf wäre dies wohl mit einem Vertrauensbruch gleichzusetzen, was die Partei wahrscheinlich einige 18 Lessinger, Eva-Maria und Moke, Markus: „Ohne uns schnappt jeder Kanzler über…“ Eine Studie zur Rezeption von Plakatwerbung im Bundestagswahlkampf 1998. In: Holtz-Bacha, Christina (Hg.): Wahlkampf in den Medien – Wahlkampf mit den Medien. Ein Reader zum Wahljahr 1998. Wiesbaden, Westdeutscher Verlag, 2000, S. 246 19 Lessinger/Moke 2000, S. 247 20 Vgl. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wahlplakate-fuer-nrw-currywurst-ist-spd-a-828334.html (Letzter Zugriff: 29.08.2012) 21 http://plakat.nrwspd.de/ (Letzter Zugriff: 29.08.2012) 22 Eine Brücke des Londoner Wembley-Stadions hätte dank einer Online-Umfrage des zuständigen Architekturbüros beinahe den Namen „Dietmar Hamann Bridge“ (nach dem deutschen Nationalspieler) erhalten. Vgl. http://www.zeit.de/sport/2010-06/klassiker-deutschland-england/seite-6 (Letzter Zugriff: 28.08.2012) 6 Wählerstimmen gekostet hätte. Aufgrund dessen hat sich die SPD mit einer solchen Aktion einem nicht unerheblichen Risiko ausgesetzt. Die Meinungen der Öffentlichkeit zum Design sind geteilt ausgefallen – ob das Plakatmotiv an sich nun aber positiv oder negativ zu bewerten ist, interessiert eigentlich wenig. Die Hauptaussage des Plakats ist eine ganz andere: Es proklamiert, dass die Partei sich für den demokratischen Prozess öffnet – und zwar in Bereichen, die davon normalerweise ausgeschlossen sind. Zudem kann man an der Art und Weise der Abstimmung (per Online-Voting, basisdemokratische Entscheidungsfindung) eine Reaktion auf die Netzaffinität der vermeintlichen Wähler der Piratenpartei ausmachen. Hierbei soll das Bild der Partei auch bei der jüngeren Wählergeneration wieder aufgebessert werden, mit der Möglichkeit der Mitarbeit sollte ein wesentlicher Punkt der Attraktivität der Piratenpartei auf die SPD übertragen werden. Das Plakat 1.9 ist somit unabhängig vom Inhaltlichen Teil einer Image-Konstruktionsstrategie23. 2.2 CDU Die Niederlage der CDU bei der NRW-Wahl wurde weniger der politischen Linie der Partei als den Fehlern im Wahlkampf zugeschrieben. Dabei ist zwar vor Allem die Weigerung von Spitzenkandidat Röttgen, sich auch im Falle einer Niederlage als Oppositionsführer auf NRW festzulegen, als Ursache ausgemacht worden, doch auch die Plakatkampagne hat durch verschiedene Unstimmigkeiten Negativschlagzeilen erzeugt. Die CDU eröffnete den Landtagswahlkampf 2012 mit der Vorstellung des ersten Wahlplakats bereits vier Stunden vor der offiziellen Auflösung des Parlaments24. Das Großflächenplakat 2.1 ist bereits ein Jahr vor der Landtagswahl entstanden und wurde bis zum 14. März aufbewahrt, offensichtlich weil die Partei mit einem Zerfall der Minderheitsregierung gerechnet hatte. Das Plakat zeigt die Schlagzeile in weißer und gelber Schrift auf einem blauen Hintergrund, welcher auch bei den weiteren Plakaten der Kampagne genutzt wird und daher ein Identifikationsmerkmal der CDU-Plakate darstellt. Der Slogan fehlt hier noch, da die Kampagne vermutlich erst in der Folge der Parlamentsauflösung ausgearbeitet wurde. Das Plakat ist deutlich auf Polarisierung ausgelegt, welche durch das „statt“ klar gekennzeichnet wird25. Die suggerierten 23 Vgl. Efing 2005, S. 230 Vgl. http://www.rp-online.de/politik/nrw/weg-fuer-neuwahlen-frei-der-tag-im-ticker-protokoll1.2752591 (Letzter Zugriff: 28.08.2012) 25 Vgl. Efing 2005, S. 228 24 7 Alternativen sind durch gelbe Schriftfarbe hervorgehoben, welche auch bei den anderen Plakaten der Kampagne als visuelle Unterstützung von Signalwörtern benutzt wird. Die Wirkung des Schlagzeileninhalts ist allerdings fraglich, da sich zum einen der Zusammenhang nicht direkt erschließt, und er zum anderen als Werbespruch nicht griffig genug erscheint. Die Bezeichnung „Schuldenstaat“ ist auf die Finanzpolitik der Rot-Grünen Landesregierung gemünzt, Hier setzt die Hauptkritik der CDU am politischen Gegner an. Das Plakat erfüllt somit seinen Zweck als „Verstärker des ‚schon Gesehenen und Gehörten’“26. Der Slogan der CDU-Kampagne kombiniert den Namen des Spitzenkandidaten mit dem Akronym des Landesnamens (Norbert Röttgen Wählen), was auch durch die gelbe Markierung der Buchstaben NRW optisch gekennzeichnet wird. Somit wird der Name Röttgens direkt mit dem Bundesland verknüpft, was positive Assoziationen wecken dürfte. Im Gegenzug ist der Slogan nur wenig ansprechend, da trotz der passenden Verbindung von Namen und Bundesland nur eine geringe Aussagekraft zustande kommt. Die Aufforderung, den Spitzenkandidaten zu wählen, ist ohnehin Hauptinhalt jeder Kampagne. Nebenbei hat sich dieser Slogan als allzu leicht angreifbar erwiesen27. Des Weiteren ist erkennbar, dass der Kampagne eine Personalisierung28 zugrunde liegt. Diese wird auch mit den meisten weiteren Plakaten fortgesetzt, auf denen zumeist Röttgen, in die Kamera lächelnd, abgebildet ist. Die Subheadline der Plakate 2.2 bis 2.6 („Unser Land verdient das Beste“) hat zudem die Profilierung der Partei zum Ziel. Formal handelt es sich dabei um den Claim29 der Plakate, obwohl aufgrund der häufigen Anwendung beinahe von einem zweiten Slogan gesprochen werden könnte. Der Gebrauch des Personalpronomens „unser“ suggeriert die Verbundenheit mit den Bürgern und dem Land, für das die CDU „das Beste“ fordert. Ähnlich wie beim SPDSlogan wird dabei allerdings kein direkter Bezug zur Partei hergestellt, so dass der Claim inhaltlich an keine zentrale Stärke der Partei anknüpfen kann30. Das erste Großflächenplakat mit dem Konterfei Röttgens31 enthält leichte Makel. Das Foto, auf dem Röttgen neben einem Kind gezeigt wird, verwundert den Betrachter in mehrfacher Hinsicht. Zum einen blickt Röttgen in die Kamera statt Augenkontakt zum 26 Huh 1996, S. 176 http://campaignwatchers.files.wordpress.com/2012/04/nicht_roettgen_waehlen.jpg (Letzter Zugriff: 28.08.2012) 28 Vgl. Efing 2005, S. 229 29 Vgl. Janich 2010, S. 60 30 Vgl. Wahlkampagnenblog des Fachbereichs Kommunikationswissenschaften der Universität Hohenheim, http://campaignwatchers.wordpress.com/2012/04/19/campaignwatch-die-plakat-kampagneder-cdu-in-nordrhein-westfalen/ (Letzter Zugriff: 29.08.2012) 31 Plakat 2.2, http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-grossflaeche-1nrw12.png 27 8 Kind herzustellen (wie die Schlagzeile suggeriert), zum anderen scheinen die Proportionen nicht zu stimmen. Das Bild ist montiert, was dem Plakatmotiv die Authentizität nimmt. Die erwünschte Wirkung der Verknüpfung von Schlagzeile und Bildinhalt, der „Augenhöhe“ von Kind und Politiker, wird durch die Montage in ihrer Glaubwürdigkeit abgeschwächt. Die ursprünglich gewünschte Strategie hinter diesem Plakat ist (neben der kampagnenübergreifenden Personalisierung) die der Profilierung als (kinderfreundliche) Partei. Die Themenplakate der ersten Welle32 folgen in der Schlagzeile der Polarisierungsstrategie des ersten Plakats. In beiden Fällen lautet diese „Verantwortung statt Verschuldung“, wobei ein Hochwertwort gegen den zentralen Kritikpunkt an der Politik der bisherigen Regierung gestellt wird. Dadurch versucht die CDU, beim Wähler eine Assoziation zwischen diesem Hochwertwort und der eigenen Politik herzustellen. „Verantwortung“ ist in gelber Schrift gehalten, auch hier setzt sich die visuelle Markierung der Schlagwörter fort. Im Zusammenspiel mit dem Claim wird die Verantwortung als „das Beste“ für NRW präsentiert und mit der Politik der CDU in Verbindung gesetzt. Zudem ist ein inhaltlich wie sprachlich guter Gegensatz erstellt worden, der durch die Verwendung einer Alliteration zusätzlich unterstützt wird. Lediglich die Fotografien sind kritischer zu betrachten: Das Familienidyll in Plakat 2.3 wirkt gestellt, und die Verbannung der Bürger in den Hintergrund bei Plakat 2.4 entfremdet Röttgen von der Gemeinschaft. Bei den Plakaten der (von der CDU sogenannten) zweiten Welle ist versucht worden solcherlei Dissonanzen auszuschließen. Man setzt noch stärker auf eine Personalisierungskampagne, das Konterfei Röttgens ist einziger Bildinhalt. Mehrere Textelemente unterstützen die Porträtfotos: Der personalisierte Slogan und der Claim werden mit einer Schlagzeile verbunden, die aus drei Hochwertwörtern besteht. Diese sind auf das zu konstruierende Image des Spitzenkandidaten zugeschnitten, wie besonders bei „Nachhaltigkeit“ deutlich wird, welches eine inhaltliche Verbindung mit Röttgens Posten als Bundesumweltminister nahelegt. In der Retrospektive erscheint dieser starke Fokus auf den Spitzenkandidaten als Missgriff, die Hauptschuld an der Wahlniederlage der Christdemokraten wurde dem Auftreten Norbert Röttgens angelastet. 32 Plakate 2.3 und 2.4, http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-themenplakat-1-nrw12.png und http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-themenplakat-2-nrw12.png 9 Mit einem letzten Plakat (2.7) setzte die CDU recht spät vor der Wahl (am 02. Mai) noch einmal auf eine Abwertung33 der SPD, bei welcher inhaltlich ein bis dato nicht erwähnter Punkt aufgegriffen wurde. Anlass ist ein wenige Tage zuvor in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlichter Kommentar Hannelore Krafts zum geplanten Betreuungsgeld der CDU34. Das Zitat Krafts ist in einer roten Sprechblase auf dem Plakat eingefügt. Eine polarisierende Schlagzeile, erneut mit gelb markiertem Hochwertwort, präsentiert den politischen Ansatz der CDU als freiheitlich im Gegensatz zum „Kitazwang“ der SPD. Die Markierung von „sicherstellen“ und „alle Kinder“ im Zitat verstärkt die Aussage im Sinne des Plakats zusätzlich. Das Plakat signalisiert einerseits eine Reaktion auf die Kritik am Betreuungsgeld und vermittelt andererseits zusätzliche Inhalte zur Unterstützung der Personalisierungskampagne. 2.3 Bündnis 90/Die Grünen Die Plakatkampagne der Grünen weist bei der Landtagswahl 2012 die wohl höchste Identifizierbarkeit auf. Auch bei dieser Wahl sind sämtliche Plakate im parteitypischen Grün gehalten. Die einheitliche Gestaltung besteht weiterhin aus (ausgeschnittenen) Fotomotiven mit weißer Umrandung, welche linksseitig angeordnet von einem gelblichen Strahlenkranz hinterlegt sind, der zudem Erinnerungen an die stilisierte Sonnenblume im Parteilogo weckt. Typischerweise ist Umweltschutz eines der zentralen Themen der Partei, und somit besteht das Motiv des Großflächenplakats 3.1 wenig verwunderlich aus Windrädern. Was jedoch das Plakat bemerkenswert macht ist die Schlagzeile: „Jede Kraft braucht einen Antrieb“35 ist vordergründig auf die Windkraft bezogen, doch nicht nur die semantische Ungenauigkeit dieses Satzes lässt Zweifel an dieser Interpretation aufkommen. Zweifellos handelt es sich dabei um eine Anspielung auf die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft, deren Name auch an anderer Stelle (z.B. von der eigenen Partei36) in Wortspiele eingebaut worden ist. Das Plakatmotiv ist (bis auf das Hochformat unverändert) auch als Themenplakat eingesetzt worden. Aufgrund der hohen Umfragewerte Krafts ist ein Versuch seitens der Grünen zu unterstellen, man wolle die Sympathien für Kraft auf die eigene Partei übertragen. Die Grünen positionieren sich mit einer solchen Headline in direkter Abhängigkeit vom 33 Vgl. Efing 2005, S. 228f. Vgl. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/betreuungsgeld-debatte-hannelore-kraft-alle-kindermuessen-in-die-kita-11733952.html (Letzter Zugriff: 31.08.2012) 35 http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/7c74523bf1.jpg 36 wie z.B. bei der „Initiative TatKraft“ der SPD, vgl. http://www.hannelorekraft.de/html/23131/welcome/Initiative-TatKraft.html 34 10 angestrebten Koalitionspartner, was auch durch ein weiteres, kampagnenübergreifendes Detail deutlich wird. Auf jedem Wahlplakat der Grünen ist eine magentafarbene stilisierte Flagge zu finden, welche mit „Zweitstimme Grün“ eine zwar nicht neue, aber meist nur auf Plakaten der designierten kleineren Koalitionspartner zu findende Forderung an den Wähler richtet. Noch vor der Wahl wurde allerdings Kritik von Seiten der SPD laut, insbesondere von Frau Kraft. Auf dem Plakat (3.3) ist ursprünglich ebenfalls das „Zweitstimme Grün“-Banner zu sehen – welches aufgrund seiner Form und der Platzierung auf dem Plakat allerdings nun wie eine Comic-Sprechblase wirkt37, die von Kraft auszugehen scheint. Auch wenn dieses Plakat nach Protesten der SPD wie bei 3.3 gezeigt abgeändert werden musste, ist die SPD-Politikerin immer noch Bestandteil der Grafik und der Schlagzeile. Mit zwei von sechs Motiven enthalten also ein Drittel der grünen Plakate die offensive Einbeziehung des Koalitionspartners und insbesondere dessen Spitzenkandidatin – eine Strategie mit höchstem Seltenheitswert, da eine solch klare Unterordnung einer Partei eher ungewöhnlich ist, – auch wenn Schlagzeile und Foto eine Gleichberechtigung von Löhrmann und Kraft suggerieren wollen. Mit etwas bösem Willen könnte man auch dem Slogan der Kampagne („Grün macht den Unterschied“) unterstellen, auf eine eher ergänzende Rolle der Grünen in der angestrebten Regierung hinzuweisen. Er ist - ebenso wie bei CDU und SPD - lediglich eine allgemein positiv konnotierte Hülse, da „der Unterschied“ zwar eine Loslösung von der bisweilen unterstellten Austauschbarkeit der Parteienpolitik im Allgemeinen suggeriert, jedoch keinen Mehrinhalt für den Wähler in sich trägt. Die Themenplakate 3.4 bis 3.7 enthalten jeweils einen Themenaspekt der GrünenKampagne, bei dem Schlagzeile und Bildinhalt aufeinander abgestimmt sind. Bei Plakat 3.4 ist zudem der Slogan leicht abgeändert („Sylvia Löhrmann macht den Unterschied“) und damit der Personalisierungsstrategie des Motivs sinnvoll angepasst. Die Schlagzeilen der Plakate bestehen zudem aus kleinen Wortspielen, welche die GrünenKampagne zur kreativsten der Wahl machen. Auf Plakat 3.7 ist zudem ähnlich wie bei der SPD ein indirekter Angriff auf die Piratenpartei zu erkennen. Mit der Schlagzeile über das „Einmischen“ (im Sinne von: In den Politikbetrieb eingreifen) ist das Facebook-Symbol für Sympathiebekundungen von Online-Auftritten verknüpft, was zum einen die Modernität und Internetaffinität der Partei darstellen und zum anderen den basisdemokratischen Ansatz der Grünen bewerben soll. Bei beiden Faktoren handelt es sich um Kernaspekte der Piratenpartei 37 Vgl. http://nachrichten.t-online.de/b/55/60/61/90/id_55606190/tid_da/die-bildkombo-zeigt-denurspruenglichen-entwurf-des-wahlplakats-von-buendnis-90-die-gruenden-in-nrw-l-daneben-die-neuefassung-des-plakats.jpg (Letzter Zugriff: 03.09.2012) 11 und ihres Erfolges, auch wenn insbesondere der der Mitbestimmung vormals von den Grünen besetzt war. Der Erfolg der Politikneulinge ist also auch in der GrünenWahlkampfzentrale nicht unbemerkt geblieben. 2.4 FDP Keine Partei ist mit einer solch düsteren Prognose in den NRW-Wahlkampf gestartet wie die FDP. Durch den enormen Sympathieverlust in der Bundespolitik wurden auch in den Ländern viele Wählerstimmen verloren, kurz nach der Parlamentsauflösung hatte die Saarländische Landtagswahl mit 1,2% den Tiefpunkt des FDP-Absturzes bedeutet, und es wurden bereits Stimmen laut, die die Auflösung der Partei prophezeiten38. Daher wurde große Hoffnung in die Popularität des ehemaligen Generalsekretärs der FDP, Christian Lindner, gelegt. Nach seiner Nominierung als Spitzenkandidat wurde der Erfolg oder Misserfolg der Partei mit seiner Person nahezu gleichgesetzt, was sich auch in der Plakatkampagne der FDP widerspiegelt. Die Kampagne besteht durchgehend aus zwei Elementen. Zum einen setzt die FDP auf eine Personalisierungsstrategie mit Christian Lindner im Mittelpunkt. Auf jedem Plakat ist er in der unteren Hälfte linksseitig abgebildet, sein Name ist über die Fotografie gelegt. Durch die Darstellung soll mit verschiedenen Mitteln die Kompetenz des Kandidaten vermittelt werden. Er ist mit Anzug und Krawatte bekleidet, scheint sich im Gespräch mit Dritten zu befinden und posiert mit einer Gestik, die ein Erklären oder Diskutieren suggeriert. Die Motive sind jeweils mit einem unscharfen, zur Schlagzeile passenden Foto hinterlegt. Es soll der Eindruck vermittelt werden, dass Lindner sich gerade direkt der Problemlösung widmet. Mit dieser Kampagne wird er zur uneingeschränkten Symbolfigur der FDP-Politik in NRW. Das zweite Element der Kampagne ist eine ebenso durchgehende Polarisierungsstrategie. Dabei befindet sich in der Schlagzeile jedes Plakats eine Darstellung von Gegensätzen mittels „Besser… als …“ oder „…statt…“- Konstruktionen, die in der Subheadline jeweils durch eine kurze Ausführung untermauert wird. Dies geschieht mal durch dramatisierende Dystopien („sonst findet Wirtschaft woanders statt“39, „Das Gymnasium darf nicht sterben“40), mal durch 38 http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Die-FDP-schafft-sich-ab-article5770596.html (letzter Zugriff: 10.09.2012) 39 Vgl. Plakat 4.1 40 Vgl. Plakat 4.5 12 thematisch passende Wortspiele („NRW muss offen bleiben“41, „NRW zurück auf die Überholspur“42). Einzig Plakat 4.6 weicht von der Gesamtkonzeption ab, sowohl im Bezug auf den Bildinhalt als auch die Schlagzeile. „Kein Zwang zur Dichtheitsprüfung“ ist jedoch ebenfalls als Polarisierung zu sehen, da auch hier mit einem Kontrast zur Politik der Gegner geworben wird. Der Slogan der FDP dürfte insbesondere die Mobilisierung von enttäuschten Stammwählern zum Ziel haben. Nachdem vor allem auf Bundesebene die unklare Linie der Partei als einer der großen Mängel aktueller liberaler Politik galt, will die Formulierung „Das ist meine FDP“ deutlich auf das Kernkonzept liberaler Politik verweisen. Dem Rezipienten soll suggeriert werden, dass es genau diese Fakten sind, wofür „seine“ Partei steht: Klar formulierte Ziele (welche durch das unterstrichene „das“ nochmals herausgestellt werden), begründet durch die Argumentation der Subheadlines. Die FDP gibt sich damit besonders inhaltsfixiert und wirkt somit dem Vorwurf entgegen, keine stringente Politik mehr verfolgen zu können. Die Identifikation mit der Partei soll auf diese Weise wieder möglich werden, zudem wird durch die Formulierung eine „Rückführung“ auf zentrale Anliegen angedeutet, als wolle man ausdrücken, dass man sich wieder auf die eigentlichen Stärken besinnt. Insgesamt scheinen die Plakate damit mehr auf Rückgewinnung der verlorenen Stimmen als auf die Überzeugung von neuen Wählern ausgerichtet zu sein, was im Hinblick auf die Ergebnisse der letzten Monate vor der NRW-Wahl sicherlich auch ein zentrales Anliegen sein musste. 2.5 Die Linke Nachdem Die Linke bei der Wahl 2010 erstmals in den Nordrhein-Westfälischen Landtag eingezogen war, galt es nun die knapp übersprungene Fünf-Prozent-Hürde erneut zu meistern. Dementsprechend verwundert es wenig, dass auch am grundlegenden Konzept der Wahlplakate wenig verändert worden ist. Ähnlich wie bei den Grünen ist der Bildinhalt von der parteinahen Farbe (Rot) dominiert, welche den gesamten Hintergrund ausfüllt. Schlagzeile und Subheadline, der Slogan (auf schwarzem Balken) sowie QR-Code und Internetadresse sind allesamt in weißer Schrift gehalten und bilden mit dem Parteilogo die einzigen anderen Elemente der Plakate, die ansonsten ohne jegliche Bilder oder Grafiken gestaltet sind. 41 42 Offen im Sinne von z.B. Weltoffen kontra geöffnete Läden, Vgl. Plakat 4.2 Überholspur für schnelle Entwicklung bzw. als Anspielung auf Autobahnen, Vgl. Plakat 4.4 13 Die Schlagzeilen enthalten jeweils eine Forderung bzw. einen Programmpunkt der Partei, durch ein Ausrufezeichen verstärkt. Sie sind dabei deutlich größer gedruckt als die Subheadlines, welche noch weitere Ausführungen liefern. Die Plakate 5.1 bis 5.6 sind inhaltlich unter der allgemeinen Forderung der Linken nach „Umverteilung der Gelder von oben nach unten“ zusammenzufassen. Auch Plakat 5.7 enthält einen typischen Programmpunkt der Linken, die Bekämpfung von Rechtsradikalen. Die Formulierung der Subheadline hinterlässt jedoch einen faden Nachgeschmack, da sie auch so zu verstehen ist, dass die Partei zur Selbstjustiz auffordert43. Mit Plakat 5.8 ist ab dem 24.04. noch eine leicht abgewandelte Form des LinkenPlakats präsentiert worden, bei dem der Slogan durch das Wort Zweitstimme ersetzt wurde. Schlagzeile und Subheadline legen vor allem dem Stammwähler nahe, seine Stimme für die Partei abzugeben, indem sie dazu auffordern, die ihm eigene Meinung und Richtung44 zu wählen, welche Die Linke repräsentiert. Dadurch lässt sich bei diesem Plakat eine Profilierungsstrategie erkennen, während der Rest der Kampagne eher auf Image-Konstruktion setzt (wobei Image-Bestätigung vielleicht treffender wäre, da man auf bekannte Themen setzt). Der Slogan ist zwar wenig spektakulär, doch erweist er sich im Zusammenspiel mit den Schlagzeilen und Subheadlines letzten Endes als glaubhaft. Da sich Die Linke mit ihren Forderungen recht weit aus dem Fenster lehnt, dürfte „Nur mit uns!“ tatsächlich der Wahrheit entsprechen Damit ist der Slogan der Rolle der Partei angemessen ausgewählt, was vom Wähler durchaus positiv aufgenommen werden könnte. 2.6 Piratenpartei Seit der Gründung der Piratenpartei Deutschland45 im Jahr 2006 haben sich viele Debatten mit der Partei beschäftigt. Seit den Grünen gab es wohl keine Partei mehr, die bundesweit ähnlich konstante Zugewinne in der Wählergunst verzeichnen und auch in mehrere Landtage einziehen konnte. Auch in Nordrhein-Westfalen bestand die Möglichkeit zum Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde, zumal die Piraten schon bei der letzten Wahl 2010 das beste Ergebnis unter den Kleinparteien vorzuweisen hatten. Nicht zuletzt aufgrund der vielen Diskussionen um ihr Programm und den basisdemokratischen Ansatz war ein verhältnismäßig großer Teil der Aufmerksamkeit zur Landtagswahl auf die Piraten gerichtet. 43 „Antifaschismus selbst in die Hand nehmen“, Vgl. Plakat 5.7 Ein Wortspiel in Anlehnung an den Parteinamen 45 Im Folgenden wird die offizielle Kurzform PIRATEN verwendet 44 14 Infolge der finanziellen Situation der Partei und einer Panne in der Druckerei wurden zwar teilweise Plakate von anderen Landtagswahlen auch in NRW aufgehängt, jedoch sollen nur die offiziellen Plakate Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sein. Die Plakate der Piraten sind vergleichsweise minimalistisch gehalten, stechen aber gerade deshalb besonders aus der Masse hervor. Man setzt auf knallige, einfarbige Hintergründe (mit angedeuteten Wellen am unteren Bildrand, als Referenz auf die namensgebenden Seeräuber) auf denen in schwarzer Schrift auf orangefarbenen Balken Headlines als einziger Bildinhalt (ausgenommen vom Parteilogo) zu sehen sind46. Dies erinnert eher an moderne, an Jugendlichen orientierte kommerzielle Werbeplakate als an Wahlwerbung, die normalerweise bemüht ist, Seriosität auszustrahlen. Im Gegensatz zu den anderen Parteien wird auch auf fast alle bekannten Elemente von modernen Wahlplakaten verzichtet, wie „Slogan, Symbole oder Personen, die man herausgestellt sehen will“47, wobei eine Art Slogan-Minimalform enthalten ist, welche jedoch allein aus einem an das Parteilogo angehängten wählen besteht. Auch beim Inhalt unterscheiden sich die Plakate der Piraten auffällig von denen der anderen Parteien. Besonders auf den Großflächenplakaten wird in mehreren Fällen nur zum Wählen aufgefordert (Plakate 6.7.3 und 6.7.4), teilweise sogar die Glaubwürdigkeit sämtlicher Plakate abgetan (6.7.2). Insbesondere die Plakate 6.7.6 und 6.7.7 verweisen mit einer Gegenüberstellung von Tops und Flops auf einen Grundsatz der PiratenPolitik, und zwar die aktive Teilnahme statt Politikverdrossenheit. Jedoch wird nicht erst durch den Slogan klar, dass die Piraten die Wähler nicht nur allgemein, sondern natürlich auch für sich selbst motivieren wollen. Dies ist besonders gut an den Plakaten 6.7.5 und 6.7.8 zu erkennen. Mit kleinen Wortspielen verweist die Partei auf sich selbst, so wird z.B. bei Klarmachen zum Ändern erneut mit einem Markenzeichen der Namensgeber gespielt. Auch die andere Schlagzeile beinhaltet eine Anspielung auf das eigene Image, mitmachen verweist auf den Charakter als „Mitmachpartei“48 und damit den basisdemokratischen Ansatz der Piraten. Auch die Themenplakate setzen auf Wortspiel-Schlagzeilen, welche auf ein eher jüngeres Publikum abzielen. Zu erkennen ist dies z.B. an der informellen Anredeform49, aber auch an den Themen und Begriffen. So ist die Schlagzeile von Plakat 6.6 als 46 Am unteren Bildrand sind Webadresse sowie QR-Code ebenfalls eingefügt. Da dies aber parteiübergreifend auf jedes Plakat zutrifft, sind diese Elemente weder dem Design zugehörig noch ein Alleinstellungsmerkmal, weshalb sie bei der Analyse vernachlässigt werden können. 47 Radunski 1980, S. 111 48 Vgl. http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/mitmachpartei-im-netz-der-piraten-11733971.html (Letzter Zugriff: 06.09.2012) 49 „Du“ auf Plakat 6.1, „dich“ auf Plakat 6.7.2 15 Aufruf zum Politikwechsel zu verstehen, unterstützt von einem Ausdruck, der besonders den PC- und netzaffinen Rezipienten aus dem persönlichen Alltag bekannt ist. Damit wird besonders einer jugendlichen, technikfreundlichen Zielgruppe die Wahl der Partei nahegelegt. In den Wortspielen finden sich auch Programmpunkte die z.B. auf eine Polarisierungsstrategie verweisen. So kritisiert Plakat 6.4 Sparmaßnahmen in der Bildungspolitik und Plakat 6.5 eine konservative Haltung, wobei sich die Piraten gleichzeitig als gesetzestreu und als offen für Neues darstellen, indem sie ersteres als einzigen konservativen Punkt ihres eigenen Programms suggerieren. Damit präsentieren sie sich als Gegenentwurf insbesondere zur CDU. Auf den Plakaten 6.2 und 6.3 wird vor Allem auf Image-Konstruktion gesetzt, wobei eine Kritik an den anderen Parteien (lächerliche Politik, Bestechlichkeit) zwar angedeutet, aber nicht expliziert wird. Zusammenfassend verfolgen die Plakate trotz unterschiedlicher inhaltlicher Ansätze auf jeden Fall eine klare Strategie, die allein an der Optik zu erkennen ist. In Verbindung mit den Wortspielen setzt man auf ein jugendliches Image, was natürlich auch vorwiegend eine jugendliche Zielgruppe ansprechen soll. Mit Konventionen wird bewusst gebrochen, wenn auch nur so weit, dass eine progressivere Ausrichtung der Partei erkennbar wird. Allerdings bleibt das Charakteristische am Wahlplakat erkennbar – letztendlich müssen auch die Piraten als politische Partei erkennbar bleiben. 3. Vergleich zur Landtagswahl 2010 Allein aufgrund des Regierungswechsels nach der letzten Wahl ist zur Landtagswahl 2012 eine veränderte Strategie der meisten Parteien zu erwarten, insbesondere natürlich derjenigen, die direkt vom Wechsel betroffen sind. Doch auch die verschiedenen Ereignisse in der Bundespolitik und der Blick auf andere Landtagswahlen, sowie das damit verbundene Ansehen einzelner Parteien haben eventuell Folgen in der Planung der einen oder anderen Wahlkampfstrategie gehabt. Daher ist es durchaus interessant, sich die Veränderungen im Einzelnen direkt vor Augen zu führen. 3.1 CDU Bei der CDU sind einige strategische Elemente gleich geblieben. Man setzt nach wie vor auf eine Personalisierung des Spitzenkandidaten, und auch Hochwertwörter wie 16 Kompetenz finden sich erneut wieder50. Jedoch hat der Wechsel auf die Oppositionsbank ebenfalls Auswirkungen auf die Kampagne, so fallen z.B. sämtliche Prolongierungen weg. Statt des zentralen Begriffs Sicherheit51 findet sich mit Verantwortung ebenfalls ein Hochwertwort im Mittelpunkt der Kampagne, welches aber statt der Prolongierung eine Profilierung anstrebt. Vormals sollte bestehende Sicherheit als Argument zur Wiederwahl geltend gemacht werden, diesmal das Verantwortungsbewusstsein der Partei im Gegensatz zum regierenden politischen Gegner (welcher in seiner Finanzpolitik ja Verantwortungslosigkeit gezeigt hätte). Gemeinsam haben die Kampagnen also vor allem die ausgestrahlte Seriosität und die Inszenierung des Spitzenkandidaten als hochgradig kompetenten Anwärter auf den Posten des Ministerpräsidenten 3.2 FDP Die FDP hat sich im Landtagswahlkampf vor allem aufgrund des nahezu ruinierten Ansehens in Bund und Ländern auf die letzten verbleibenden Trümpfe besinnen müssen. Daher ist im Vergleich zum Wahlkampf 2010 die besonders hervorgehobene Personalisierung des Spitzenkandidaten der größte Unterschied. Auch inhaltlich haben die Plakate eine Veränderung aufzuweisen. Statt positive Bilder von der kommenden Politik zu zeichnen, verfolgte man eine Polarisierungsstrategie. Lediglich die Themen bleiben gleich; so ist auch in diesem Wahlkampf der „Rückgriff auf altbekannte liberale Grundwerte“52 zentrale Argumentationslinie, in besonderer Weise durch den Slogan unterstützt, der die Rückbesinnung auf Kernthemen nochmals verdeutlicht. 3.3 SPD Nach den knapp zwei Jahren in der Regierungsverantwortung hatte die SPDSpitzenkandidatin Kraft bei den Bürgern stark an Beliebtheit hinzugewonnen, so dass die Partei wohl nicht lange überlegen musste, was zum zentralen Thema der Kampagne 2012 gemacht werden sollte. Damit konnten auf der einen Seite die Hochwertwörter der letzten Plakatserie durch eine deutlich fassbare Komponente ersetzt werden, auf der anderen die grundlegende Linie jedoch ebenfalls fortgeführt werden. Die Themen, z.B. 50 Vgl. Pappert, Steffen: Politische Sprache und Kommunikation im Wahlkampf. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 3/2011, Jg. 58. Göttingen, V&R unipress GmbH, 2011, S. 262 und Abb.1 S. 263 51 Vgl. Pappert 2011, S. 262 52 Pappert 2011, S. 263 17 Bildung, Studiengebühren und Arbeit, konnten im neuen Wahlkampf wieder aufgenommen und gleichzeitig mit einer neuen Strategie kombiniert werden. So ist sowohl eine Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten als auch eine Prolongierung des Programms von 2010 (und damit ein Verweis auf die bisher geleistete Arbeit) möglich. 3.4 Grüne ie Kampagne der Grünen ist im Vergleich zu 2010 kaum verändert worden. Das Design der Plakate ist nahezu identisch, die Farbgebung ohnehin. Auch die Kernthemen sind im Wesentlichen unverändert; Umweltschutz und Bildung53 bleiben feste Bestandteile grüner Politik. Zusätzlich wird jedoch dem „Einmischen“ ein ganzes Themenplakat gewidmet – die Grünen reagieren damit auf den direkten Konkurrenten Piratenpartei, gegen deren Attraktivität für Wähler sie aufgrund der Ähnlichkeiten in der Politik stärker als die meisten anderen Parteien ankämpfen müssen. Die größte Veränderung ist die starke Bindung an die SPD. Während im Wahlkampf 2010 noch „Koalitionsaussagen […] kaum eine Rolle“54 spielten, ist die Plakatkampagne 2012 geprägt von Anspielungen auf die SPD-Spitzenkandidatin. Nachdem der Wahl 2010 besonders gute Umfrageergebnisse vorausgegangen waren, konnte man bei der NRWWahl 2012 im Vorfeld leichte Verluste bei den Wählerstimmen beobachten. Zudem war man mit der wieder erstarkten SPD politisch auf einer Wellenlänge, nur wenig sprach gegen eine Fortsetzung der Koalitionsarbeit. Die Entscheidung, die Popularität von Hannelore Kraft für die eigene Partei zu nutzen, ist in Hinsicht auf Koalitionsabsprachen daher zwar nicht hinderlich gewesen, steht aber in krassem Gegensatz zur demonstrierten Unabhängigkeit im Rahmen der Kampagne von 2010. 3.5 Die Linke Wie schon bereits im Vergleich von Bundestagswahl 2009 und Landtagswahl 201055 haben sich auch im Jahr 2012 die Plakate der Linken vor allem beim Design kaum verändert. Auch thematisch sind kaum Veränderungen eingetreten, was unter Anderem durch die Extreme in den Forderungen der Linken begründet sein dürfte. Inhaltlich ist zumindest der Bezug auf NRW stärker in den Mittelpunkt getreten, was jedoch längst nicht für alle Plakate gilt. Daran ist zu erkennen, dass Nordrhein-Westfälische 53 Vgl. Pappert 2011, S. 266 Pappert 2011, S. 266 55 Vgl. Pappert 2011, S. 267 54 18 Landespolitik auch im Jahr 2012 nur eine untergeordnete Rolle im Fokus der Linkspartei einnimmt, und sie trotz eines 2-jährigen Ausfluges in den Landtag eher die Rolle einer Außenseiterpartei einnimmt. 19 Fazit Die Analyse der Plakate zur Landtagswahl 2012 zeigt, dass den Plakatkampagnen von den Parteien nach wie vor ein hoher Stellenwert zugewiesen wird. Auch wenn dieses Medium kaum mehr Möglichkeiten bietet als „Signale“56 zu geben, sind die Parteien durchaus darauf bedacht, sich auch auf diesem Wege bestmöglich zu inszenieren. Dabei werden aktuelle Ereignisse und Stimmungen in der Bevölkerung auch immer berücksichtigt und spiegeln sich in der Gestaltung der Plakate, wie z.B. die Reaktion der Grünen auf den Aufschwung der Piratenpartei. Auch negative Reaktionen der Rezipienten werden durchaus bedacht, teilweise noch während der laufenden Plakatierung. So hat die CDU mit ihrer 2. Welle der Plakate direkt auf die Kritik an den gestellten Motiven reagiert. Hieraus wird ersichtlich, dass Wahlplakate keineswegs allein eine kurzfristige Signalwirkung haben. Insbesondere in der Presse werden Plakatinhalte diskutiert, und genau diese Art öffentlicher Beobachtung kann für eine Partei entscheidend sein, besonders wenn sie negativ ausfällt. Daher stellt sich die Frage, ob das Plakatdesign vielleicht mittlerweile sogar primär im Hinblick auf den massenmedialen Diskurs erstellt wird. Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass die Relevanz von Plakatkampagnen trotz neuer Medien und der damit verbundenen nahezu kostenlosen Werbemöglichkeiten kaum abgenommen zu haben scheint, was auch an der Aufmerksamkeit in den Medien messbar ist. Auch wenn die Annäherung an kommerzialisierte Werbekampagnen in Punkto Design, aber auch Inhaltsleere mehr und mehr voranschreitet, ist dennoch ein Mindestmaß an Argumentation zu erkennen, und wohl auch kaum zu unterschreiten. Letztendlich muss die Partei einen Mittelweg finden zwischen bestmöglicher Wähleraktivierung bei teilweise kürzesten Rezeptionszeiträumen auf der einen und möglichst starker Resistenz gegen Kritik auf der anderen Seite, sei es in den Medien, Internetforen und Blogs, oder in einer sprachwissenschaftlichen Analyse. 56 Radunski 1980, S: 111 20 Literaturverzeichnis Efing, Christian: Rhetorik in der Demokratie, Argumentation und Persuasion in politischer (Wahl-)Werbung. In: Kilian, Jörg (Hg.): Sprache und Politik. Deutsch im demokratischen Staat. Mannheim, Dudenverlag, 2005, S. 222-240 Huh, Tina: Moderne politische Werbung: Information oder Manipulation? Frankfurt am Main, Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1996 Janich, Nina: Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen, Narr Francke Attempto Verlag, 5. Aufl. 2010 Lessinger, Eva-Maria und Moke, Markus: „Ohne uns schnappt jeder Kanzler über…“ Eine Studie zur Rezeption von Plakatwerbung im Bundestagswahlkampf 1998. In: Holtz-Bacha, Christina (Hg.): Wahlkampf in den Medien – Wahlkampf mit den Medien. Ein Reader zum Wahljahr 1998. Wiesbaden, Westdeutscher Verlag, 2000, S. 245-265 Müller, Gerd: Das Wahlplakat. Tübingen, Max Niemeyer Verlag, 1978 Pappert, Steffen: Politische Sprache und Kommunikation im Wahlkampf. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 3/2011, Jg. 58. Göttingen, V&R unipress GmbH, 2011, S. 258-268 Radunski, Peter: Wahlkämpfe. Moderne Wahlkampfführung als politische Kommunikation. 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Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung, 1987, S. 290-300 Internetquellen: Artinger, Kai: „Das politische Plakat – Einige Bemerkungen zur Funktion und Geschichte“, aus: „Die Grundrechte im Spiegel des Plakats von 1919 bis 1999“, Katalog des Deutschen Historischen Museums, Berlin, zur gleichnamigen Ausstellung. http://www.dhm.de/ausstellungen/grundrechte/katalog/15-22.pdf https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=1&ugl_nr=100&bes_id=3321&au fgehoben=N&menu=1&sg=0#det250837 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/politbarometer-kraft-laut-umfrage-beliebter-alsmerkel-a-839067.htm http://www.spiegel.de/flash/0,5532,24389,00.html http://www.rp-online.de/politik/nrw/weg-fuer-neuwahlen-frei-der-tag-im-ticker-protokoll1.2752591 http://www.zeit.de/sport/2010-06/klassiker-deutschland-england/seite-6 http://campaignwatchers.files.wordpress.com/2012/04/nicht_roettgen_waehlen.jpg http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/betreuungsgeld-debatte-hannelore-kraft-alle-kindermuessen-in-die-kita-11733952.html http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/mitmachpartei-im-netz-der-piraten-11733971.html http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Die-FDP-schafft-sich-ab-article5770596.html I Anhang Wahlplakate (Letzter Zugriff: 10.09.2012, ausgenommen die Plakate der CDU - letzter Zugriff am 29.08.2012) SPD: Bild 1.1: GF Arbeitsplätze Bild 1.2: GF Kinder Bild 1.3: GF Zusammenhalt Bild 1.4: Industrie Bild 1.5: Kommunen Bild 1.6 Schulfrieden II Bild 1.7: Studiengebühren Bild 1.8 Westen Bild 1.9 Currywurst Quellen: 1.1 GF Arbeitsplätze http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_10_13_38_50_115999_948.jpg 1.2 GF Kinder http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_10_13_38_50_116000_826.jpg 1.3 GF Zusammenhalt http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_10_13_38_50_116001_837.jpg 1.4 Industrie http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_11_19_56_7_116121_41.jpg 1.5 Kommunen http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_11_19_54_31_116119_401.jpg 1.6 Schulfrieden http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_11_19_54_40_116122_566.jpg 1.7 Studiengebühren http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_11_19_51_37_116118_928.jpg 1.8 Westen http://www.nrwspd.de/db/img/cached/2012_4_11_19_54_35_116117_956.jpg 1.9 Wettbewerb-Sieger http://plakat.nrwspd.de/wp-content/uploads/2012/04/87-212x300.jpg III CDU: Bild 2.1: GF Schuldenstaat Bild 2.3: Verantwortung Bild 2.5: GF 2. Welle Bild 2.2: GF Kinder Bild 2.4 Verantwortung Röttgen Bild 2.6: GF Röttgen Hochkant IV Bild 2.7: Kitazwang Quellen: 2.1 GF Schuldenstaat http://www.cdu-nrw.de/images/stories/images/sonstiges/NRW-hat-die-Wahl_Motiv.jpg 2.2 GF Kinder http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-grossflaeche-1nrw12.png 2.3 Verantwortung http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-themenplakat-1nrw12.png 2.4 Verantwortung Röttgen http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/nrw-cdu-themenplakat-2nrw12.png 2.5 GF 2. Welle http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/2.-Welle_GF-Roettgen.jpg 2.6 GF Röttgen Hochkant http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/GF_Roettgen_Hochkant.jpg 2.7 Kitazwang http://wahl2012.cdu-nrw.de/wp-content/uploads/2012/04/GF-kitazwang-1000px.jpg V Grüne: Bild 3.1 GF Kraft Bild 3.2: Kraft Bild 3.3: Haushalt Bild 3.4: Kinder Bild 3.4: Solar Bild 3.6: Schule Bild 3.7: Einmischen VI Quellen: 3.1 GF Kraft http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/7c74523bf1.jpg 3.2 Kraft http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/dc49b56ef8.jpg 3.3 Haushalt http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/016d87ecc6.jpeg 3.4 Kinder http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/3451660d08.jpeg 3.5 Solar http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/c8d7426121.jpeg 3.6 Schule http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/63d144d46b.jpg 3.7 Einmischen http://www.gruene-nrw.de/typo3temp/pics/8c7722981c.jpg VII FDP: Bild 4.1: Energie Bild 4.2: Ladenschluss Bild 4.3: Schulden Bild 4.4: Verkehr Bild 4.5 Bildung Bild 4.6 Dichtheitsprüfung Quellen: 4.1 Energie http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Energie.jpg 4.2 Ladenschluss http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Ladenschluss.jpg 4.3 Schulden http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Schulden.jpg 4.4 Verkehr http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Verkehr.jpg 4.5 Bildung http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Bildung.jpg 4.6 Dichtheitsprüfung http://www.fdp-nrw.de/files/557/A0_A1_Dichtheitspruefung.jpg VIII Linke: Bild 5.1: GF Unbestechlich Bild 5.2: Kita Bild 5.3 Löhne Bild 5.4 Miethaie Bild 5.5 Millionärssteuer Bild 5.6 Sozialticket Bild 5.7 Nazis Bild 5.8 Zweitstimme IX Quellen: 5.1 GF Unbestechlich http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Grossflaechenplakat/linkenrw_gro%C3%9Fflaec he-ltw2012-unbestechlich.jpg 5.2 Kita http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakat-ltw2012_kita.jpg 5.3 Löhne http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakat-ltw2012_loehne.jpg 5.4 Miethaie http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakat-ltw2012_miethaie.jpg 5.5 Millionärssteuer http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakatltw2012_millionaersteuer.jpg 5.6 Sozialticket http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakat-ltw2012_sozialticket.jpg 5.7 Nazis http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakat-ltw2012_nazis.jpg 5.8 Zweitstimme http://www.dielinkenrw.de/fileadmin/kvwebsites.material/Plakate/linkenrw_plakatltw2012_zweitstimme.jpg X Piraten: Bild 6.1: Systemrelevant Bild 6.2: Name Bild 6.3: Wählbar Bild 6.4: Bildung Bild 6.5: Grundgesetz Bild 6.6: Update Bild 6.7.1: GF Update Bild 6.7.2: GF Informieren Bild 6.7.3: GF Wählen Bild 6.7.4: GF Umfrage XI Bild 6.7.5: GF Klarmachen Bild 6.7.6: GF TopFlop 1 Bild 6.7.7: GF TopFlop 2 Bild 6.7.8: GF Mitmachen Quellen: 6.1 Systemrelevant http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/2/21/1_2012_Systemrelevant_petrol.png 6.2 Name http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/6/6d/2_2012_Albern_violett.png 6.3 Wählbar http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/f/fe/3_2012_nicht_kauflich_gelb.png 6.4 Bildung http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/6/69/4_Plakate_NRW_-_Bildung_1_cyan.png 6.5 Grundgesetz http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/e/e2/5_2012_Grundgesetz_rot.png 6.6 Update http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/0/0f/6_2012_Update_gruen.png 6.7.1 GF Update http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/4/49/LTWNRW12_Plakat_Gross01.png 6.7.2 GF Informieren http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/b/b9/LTWNRW12_Plakat_Gross02.png 6.7.3 GF Wählen http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/9/9a/LTWNRW12_Plakat_Gross03.png 6.7.4 GF Umfrage http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/0/01/LTWNRW12_Plakat_Gross04.png 6.7.5 GF Klarmachen http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/7/71/LTWNRW12_Plakat_Gross05.png 6.7.6 GF TopFlop 1 http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/7/73/LTWNRW12_Plakat_Gross06.png 6.7.7 GF TopFLop 2 http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/4/40/LTWNRW12_Plakat_Gross07.png XII 6.7.8 GF Mitmachen http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/4/44/LTWNRW12_Plakat_Gross08.png XIII