astro-STEOP Beispiele zum Thema Logarithmen - LOG I + II Rechnen mit Logarithmen - Beispielangaben zu LOG I & II Der Logarithmus als elementare mathematische Funktion taucht geschichtlich das erste Mal um die Zeit von Johannes Kepler im 17. Jahrhundert auf. Erste Gedanken zu seiner Entwicklung reichen sogar bis zur Zeit der Babylonier zurück, wo Potenztafeln zu bestimmten Basen zu finden sind. In Euklids Elemente findet sich eine erste allgemeine mathematische Aussage, nämlich am : an = am−n für positive ganze Exponenten n und m. Eine zeitgemäße formale Definition lautet wie folgt. Definition: Der Logarithmus von a zur Basis b ist die Lösung x der Gleichung a = bx und wird angegeben durch x = logb a. (1) 2.0 In Abbildung 1 sind drei Graphen von Logarithmen zu sehen. Der Logarithmus zur Basis 1.5 e, der natürliche Logarithmus (schwarz, gestrichelt) wird in der Mathematik oft mit ln be1.0 zeichnet und ist die Lösung ln y = x einer Gleix chung y = e . Der Logarithmus zur Basis 2 0.5 log2 y = x ist die Lösung der Gleichung y = 2x (grau) und für den in der Astronomie häufig 1 2 3 4 auftretenden Zehnerlogarithmus bzw. dekadischen Logarithmus (grau, gepunktet), mathe-0.5 matisch oft kurz mit log bezeichnet gilt analog log y = x, wenn y = 10x . -1.0 In der Astronomie kommt dem Logarithmus ei-1.5 ne besondere Bedeutung zu, weil er Helligkeiten und die Entfernung von Sternen in VerbinAbbildung 1: Logarithmen zur Basis 2, e und 10 dung setzt (siehe Definition des Entfernunsmodul weiter unten). Der Helligkeitsbegriff in der Astronomie, die Magnitude (mag) oder Größenklasse selbst ist logarithmisch definiert . Anfangs erscheint es ein wenig kontraintuitiv, dass lichtstarke Himmelsobjekte negative Magnituden besitzen und große Magnituden zu lichtschwachen Objekten gehören1 . Definition: Die scheinbare Helligkeit oder Magnitude eines Himmelskörpers ist ein Maß dafür, wie hell er einer/einem BeobachterIn auf der Erde erscheint. Werden für zwei Sterne Strahlungsströme s1 und s2 gemessen, so sollen ihre scheinbaren Helligkeiten m1 , m2 eine Differenz von m1 − m2 = 2.5mag log s1 s2 (2) aufweisen. In folgender Tabelle sind einige Beispiele für scheibare Helligkeitswerte prominenter Himmelsobjekte angegeben. Definitionsgemäß besitzt der Stern Wega die Helligkeit m = 0mag . Die Beleuchtungsstärke in Einheiten Quelle Sonne im Zenit Bedeckter Taghimmel Vollmond im Zenit Venus (optimal) Heller Stern Freisichtgrenze Stern Helligkeit [mag] −26.7 −12.5 −4.6 1 6 Beleuchtunsstärke [lux] 130000 1000 0.3 0.00017 0.000001 0.00000001 von Lux ist im Gegensatz zur Magnitude eine lineare Skala, das heißt doppelte Helligkeit bedeutet doppelte Beleuchtungsstärke. Die momentane Helligkeitsgrenze für Großteleskope mit CCD-Sensoren liegt bei etwa 1 Der in Folge auftauchende Begriff Strahlungsstrom soll hier vereinfacht als gleichbedeutend mit dem vom Teleskop, Auge, CCD-Sensor etc. aufgefangenen Licht gelesen werden. Er nimmt mit der Entfernung quadratisch ab, d.h. für ein doppelt so weit entferntes Objekt wird nur mehr 1/4 des Strahlungsstroms gemessen. astro-STEOP http://www.univie.ac.at/astro-steop/ 1 astro-STEOP Beispiele zum Thema Logarithmen - LOG I + II 30mag, das geplante European Extremely Large Telescope wird im sichtbaren Licht bis 36mag beobachten können. Die obige Definition der scheinbaren Helligkeit ist eine relative, das heißt sie setzt Helligkeiten und Strahlungsströme in Verhältnis zueinander. In einer Fußnote haben wir bereits erwähnt, dass der Strahlungsstrom und damit die Magnitude klarerweise von der Entfernung abhängt. Zwei angenommen gleich weit entfernte Sternen mit unterschiedlicher scheinbarer Helligkeit müssen sich dementsprechend in ihrer absoluten Helligkeit unterscheiden. Diese absolute Helligkeit ist physikalisch interessanter als die scheinbare, weil sie direkten Aufschluss über die Energieproduktion des Sterns gibt und uns damit weitere physikalische Eigenschaften (Leuchtkraft, Masse, Radius) verrät. Definition: Die Differenz aus scheinbarer Helligkeit m und absoluter Helligkeit M ist ein logarithmisches Maß für die Entfernung r in Parsec bzw. die Parallaxe p. Diese Beziehung heißt Entfernungsmodul. m−M = −5mag + 5mag log r = −5mag − 5mag log p (3) Die absolute Helligkeit ist auf die Entfernung 10 Parsec2 normiert, das bedeutet ein Stern mit verschwindendem Entfernungsmodul m − M = 0mag hat Entfernung 10 Parsec. Einige Werte für Entfernungsmodul und Entfernung prominenter Sterne in folgender Tabelle: Stern Sonne Wega Spica Rigel m [mag] −26.7 0 1 0.1 M [mag] 4.8 0.6 −3.5 −6.8 (m − M ) [mag] −31.5 −0.6 4.5 6.9 Entfernung [pc] 4.8 · 10−6 10.3 81.3 240 An dieser Stelle sei erwähnt, dass scheinbare und absolute Helligkeiten abhängig davon sind, in welchen Wellenlängen (Farben) des Lichts wir die Objekte betrachten. Bei Sternen hängt das einfach damit zusammen, dass größere Oberflächentemperaturen im blauen Bereich heller sind und kleinere Temperaturen rötlicheres Licht aussenden3 . Auf kosmischen Größenskalen, also Objekten aus dem frühen Universum kommt die Rotverschiebung hinzu, welche dazu führt, dass das Licht weit entfernter Objekte (die bewegen sich wegen der Expansion des Universums schnell von uns fort) in den langen und damit roten Wellenlängenbereich verschoben zu uns gelangt4 . Ihre scheinbare Helligkeit ist daher im roten Bereich größer als im blauen. Beispiel LOG I: Scheinbare Helligkeiten Um ein wenig Gefühl für das Rechnen mit Logarithmen zu bekommen, einige kurze Beispiele, zunächst zur scheinbaren Helligkeit. Aufgabe 1: Forme die Gleichung (2) so um, dass wir eine Formel für das Verhältnis der Strahlungsströme erhalten. s1 = ... s2 Aufgabe 2: Mit dem freien Auge sehen wir im Idealfall bis zur Grösenklasse 6.7mag . Ein kleines Teleskop ist bereits um den Faktor 1000 besser; was ist die Grenzhelligkeit des Teleskops in Magnituden? 2 Ein Parsec ist definiert als die Entfernung eines Sterns, der eine jährliche Parallaxe von genau einer Bogensekunde zeigt. 1 Parsec = 3.26 Lichtjahre = 30.86 · 1015 m, Abkürzung pc. 3 Die physikalische Begründung liegt im Planck’schen Strahlungsgesetz und der Tatsache, dass Sterne in guter Näherung sogenannte schwarze Körper sind. 4 Physikalische Begründung ist hier der Dopplereffekt. 2 astro-STEOP http://www.univie.ac.at/astro-steop/ astro-STEOP Beispiele zum Thema Logarithmen - LOG I + II Aufgabe 3: Stern A ist um 20mag schwächer als Stern B. Um welchen Faktor ist sein Strahlungsstrom kleiner? Beispiel LOG II: Entfernungsmodul und Extinktion Die zweite wichtige Definition auf diesem Arbeitsblatt ist der Entfernungsmodul, welcher scheinbare und absolute Helligkeit mit der Entfernung von Objekten in Verbindung setzt. Ohne es extra zu erwähnen wurde in obiger Definition, Gleichung (3) angenommen, dass sich das Licht völlig frei ausbreitet, was in der Realität oftmals nicht der Fall ist. Sowohl die Erdatmosphäre als auch Gase und Staub in unserer Galaxie schwächen das Licht, das von Sternen zu uns kommt merkbar. Dieser Effekt wird Extinktion genannt und muss beim Entfernungsmodul berücksichtigt werden. Erde Interstellares Medium (ISM) Stern In Abbildung 2 ist Extinktion durch Interstellares Medium (ISM) - also Gas und Staub zwiAbbildung 2: Extinktion durch ISM schen den Sternen - skizziert. Für die Astronomie von von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass dieser Effekt nicht alle Wellenlängen des Lichts gleichermaßen betrifft, sondern verschiedene Zusammensetzungen des ISM auch unterschiedliche Wellenlängen stärker oder weniger stark betreffen. Aus diesem Grund sind gewisse Bereiche unserer Galaxie zwar für das sichtbare Licht undurchsichtig (sehr starke Extinktion), zum Beispiel für Radiowellen (Beobachtung mit Radioteleskopen) aber durchsichtig (geringe Extinktion). Im Folgenden wollen wir diesen Effekt aber noch einmal außen vor lassen und definieren den Entfernungsmodul mit Extinktion wie folgt. Definition: Der Extinktionsparameter Λ (Lambda) ist über den Entfernungsmodul wie folgt definiert. m − M = 5mag log r − 5mag + Λ (4) Dabei bezeichnet r wieder die Entfernung in Parsec. Aufgabe 4: Der Stern Merope in den Plejaden weist eine scheinbare Helligkeit von 4.71mag und eine absolute Helligkeit von −1.07mag auf. Wie weit ist er in Parsec entfernt, wenn Extinktion vernachlässigt wird? Aufgabe 5: Wie weit ist Merope entfernt, wenn eine Extinktion Λ = 0.57mag mitberücksichtigt wird? astro-STEOP http://www.univie.ac.at/astro-steop/ 3