Psychologie aktuell: Das Gehirn lernt immer, und es tut nichts lieber

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Psychologie aktuell: Das Gehirn lernt immer, und es tut nichts lieber
10-04-14
Das Gehirn lernt immer, und es tut nichts lieber
Egal ob mathematische Formeln, Grammatikregeln oder Französischvokabeln gerade für
Kinder und Jugendliche gilt das Lernen in der Schule manchmal als saure Pflicht. Nur wenn
man es falsch macht und Lernen mit Pauken verwechselt , sagt Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer,
Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Ulmer
Universitätsklinikum und Leiter des ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und
Lernen in Ulm. Der renommierte Hirnforscher entschlüsselt, was beim Lernen im Gehirn
passiert und entwickelt zusammen mit Psychologen und Pädagogen Strategien, die den
Lernprozess optimieren. Ziel ist es, die Erkenntnisse der Hirnforschung langfristig mit
pädagogischen Fragestellungen zu verknüpfen und somit für den Schulunterricht besser
nutzbar zu machen. Was geschieht bei der Informationsverarbeitung im Gehirn? Wie können
Emotionen und Bewegungen den Lernprozess beeinflussen? Und warum sollen Kinder direkt
nach dem Vokabeltraining lieber auf das Fernsehen verzichten?
© Sebastian Kaulitzki Fotolia.com
Das menschliche Gehirn ist als Organ des Lernens ein Meister des Registrierens, Erinnerns und
Neusortierens von Informationen. Mit einem durchschnittlichen Gewicht von 1,4 Kilogramm das
entspricht etwa zwei Prozent der gesamten Körpermasse eines Menschen ist das Gehirn eher ein
Leichtgewicht. Aber es verbraucht 20 Prozent des täglichen Energiebedarfs, den der Mensch mit der
Nahrung aufnimmt. Lernen passiert nicht nur bewusst in der Schule oder Universität, sondern auch
beiläufig, während eigentlich ganz andere Ziele verfolgt werden, beispielsweise wenn Kinder spielen.
Hierbei werden komplexe Bewegungsabläufe, soziale Fähigkeiten und Interaktionsmuster gelernt.
Das Gehirn lernt immer, und es tut nichts lieber als das , sagt Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer.
Eine kleine Struktur im Gehirn, der Hippocampus, ist für das Lernen und Erinnern verantwortlich. Er ist
ständig damit beschäftigt, Informationen aufzunehmen, kurzzeitig abzuspeichern und in die
Großhirnrinde, den Hauptspeicher , weiterzuleiten. Das Lernen ist ein hochkomplexer Prozess, bei
dem unzählige neuronale Mechanismen ablaufen. Informationen und Eindrücke aus der Umwelt
werden als elektrische oder biochemische Impulse über sensible Nervenverbindungen im Gehirn, so
genannte Neuronen, geleitet. Die Kontaktstellen an den Neuronen (Synapsen) verändern sich beim
Lernen, bestehende Verbindungen werden verbessert oder neue Verknüpfungen im Gehirn
geschaffen. Es entsteht eine Gedächtnisspur. Wir erinnern uns besser an die abgespeicherte
Information, je öfter wir diese Spur aktiv gebrauchen sinnbildlich vorstellbar wie ein kleiner
Trampelpfad, der sich bei häufiger Nutzung zu einem stabilen Weg festigt , beschreibt der
Hirnforscher.
Richtiges Lernen sollte aktiv und selbstbestimmt ablaufen, um erfolgreich zu sein. Beim
Wissenserwerb wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttert. Wir empfinden Freude, wenn wir
Neues kennenlernen. Deshalb fällt uns das Lernen auch leichter, wenn wir für Themen eine
Leidenschaft entwickeln oder Spaß am Hinterfragen von Zusammenhängen haben , erläutert
Professor Spitzer. Die Ulmer Wissenschaftler erarbeiten aus diesem Grundsatz Strategien, die das
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Lernen im Schulunterricht unterstützen und optimieren. Die aktive Auseinandersetzung mit der Welt
ist wichtig. Selbst Erfahrungen zu machen ist eine grundlegende Voraussetzung für effektives
Lernen , sagt Dr. Katrin Hille, Geschäftsführende Leiterin des ZNL. Nur zuhören ist wenig effektiv.
Wenn aber beim Sprachenlernen Wörter mit bestimmten Bewegungen oder Emotionen verbunden
werden, spricht das im Gehirn auch visuelle, akustische und sensomotorische Zentren an. Die Schüler
können sich an die Wörter leichter erinnern , erklärt Dr. Hille.
Auch bei der Frage nach der richtigen Einteilung der Lernzeit gibt es aus Sicht der Hirnforscher eine
klare Richtung. Wer eine Fremdsprache lernt, übt besser zehn Minuten am Tag als einmal in der
Woche zwei Stunden. Wer aber naturwissenschaftlichen Phänomenen nachgehen will und dafür
einen größeren Versuchsaufbau benötigt, braucht wahrscheinlich mehr Zeit, als die klassische
Schulstunde ermöglicht , so Spitzer. Nach neurowissenschaftlichen Erkenntnissen sollte eine
Schulstunde stärker an den individuellen Lernrhythmus der Schüler angepasst werden.
Außerdem brauchen Kinder und Jugendliche eine Balance zwischen Lern- und Entspannungsphasen,
um neues Wissen zu verarbeiten und zu festigen. Der Fernseher ist, entgegen aller Vermutungen,
kein optimales Medium zur Entspannung, da das Gehirn hierbei mit weiteren neuen Reizen überflutet
wird. Besser ist es, sich beispielsweise künstlerisch zu betätigen, um die kognitiven Batterien wieder
aufzuladen , sagt Dr. Hille.
Ziel der Forscher des ZNL ist es, Bildungseinrichtungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu
unterstützen, damit sie das Lernen dort noch besser organisieren können und sich so für die Zukunft
rüsten.
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite des ZNL unter: www.znl-ulm.de. Hier können
Interessierte auch eine DVD zum Thema Das Gehirn lernt immer. Hirnforschung und Schule
bestellen.
Ein Bestellformular finden Sie unter:
http://www.znl-ulm.de/Veroeffentlichungen/Buecher_DVDs/buecher_dvds.html.
idw-online.de/de/news581944
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