© Mag. Carina Vogt Neubauer Martin Österreichische Kulturgeschichte SS13 Organisatorisches: - Mo 15 –16:30 - Handouts auf seiner Homepage - 24 Juni 1. Termin mündliche Prüfung Lektorenzimmer im 3. Stock Anmeldung - wird weitere Termine geben, auch in seiner Sprechstunde möglich (Lektorenzimmer im 3. Stock) Kapitel I) Kultur, Erinnerung und Identität I.1. Kultur und Kulturgeschichte - Kulturbegriff unterliegt zur Zeit einer Abnutzungserscheinung, ständig neue Definitionen Ursprung: - Agricultura = lat. Ackerbau, erst später Pflege, Ausbildung - Prozess des Hervorbringens Tätigkeit des Menschen als Schöpfer - Sozioökonomischer Aspekt der Arbeit damit verbunden Mensch eignet sich die Kultur durch die Arbeit an sowohl an sich selbst, als auch an der Natur und die Leistungen seiner freien Schöpfung - Oft als Gegensatz zur Natur verstanden = diametral gegenüberstehen - Mensch ist aber selbst ein Ergebnis der Natur In manchen Modellen sind dadurch Kultur und Natur miteinander verbunden Definition: - Als Kultur gilt die Gesamtheit menschlicher Hervorbringungen innerhalb eines geographischen, sprachlichen, etc. Kollektivs (Phänomen einer Gruppe) oder (umgangsprachlich verstanden) der Künstlerischen Artefakte und Aktivitäten Phänomen einer Gruppe: - eine Kultur findet auch immer ihre Abgrenzung zu anderen Kulturen man fühlt sich überlegen - Zivilisation vs. Kultur Kant: Kultur steht über der Zivilisation (z.B. Eurozentrismus) - Eigene Kultur von der Kultur der anderen abgrenzen 2 Kennzeichen: o Originalität: Tiere haben in dem Sinn keine Kultur, sind vom Instinkt abhängig der M kann sich durch Rituale etc. ein eigenes Umfeld schaffen und er kann das Geschaffene emotional aufladen das was geschaffen wurde stellt einen wichtigen Faktor zur Sozialisierung da man grenzt sich von anderen ab o Identität: die Berufung auf das Gemeinsame stärkt die Gruppe Subkulturen/Untergrundkulturen = dem wiedersprechen, was Leitkulturen wollen (z.B. Jugendkultur: erst seit 50er Jahre) Identität in einem bereits geschlossenen Kulturkreis schaffen - Von Generation zu Generation weitergegeben (= kulturelle Artikulationen), aber es verändert sich ständig grundsätzlich bleibt zwar alles gleich = Ausdruck unseres Menschseins (wir essen, lieben, wohnen,…) aber das WIE wir das tun, verändert sich im Laufe der historischen Prozesse das zu erforschen = Aufgabe der Kulturgeschichte Im 18. Jh. entdeckt worden 1 © Mag. Carina Vogt - Österreichische Kulturgeschichte „Was ist Ö?“ war im 19. Jh. noch etwas ganz anderes als heute… (z.B. damals großes, mächtiges Reich, heute aber wird Österreich vielfach nur als Anhängsel der Deutschen angesehen; FR hat dieses Problem weniger, v.a. durch gemeinsame Sprache größere Homogenität Zentralismus hat bereits früher eingesetzt - Umfang des Kulturbegriffs: o Umfasst sehr viel: Literatur, Kunst, Film,… o Wer gehört hierzu? Mozart etc. ganz klar, aber auch Wissenschaft, Technik, Alltägliches etc? z.B. Songcontest 2012 „Wockl mit deim Popo“, Schwedenbomben integraler Bestandteil der österreichischen Identität ?? Kulturbegriff kann weiter gesehen, geöffnet werden I.2. Österreich-Jubiläen - Ö hat keinen eigenen Geburtsakt vorzuweisen Z.B. USA hat so etwas 4. Juli 1776 Unabhängigkeitserklärung Ö hat mehrere Geburtstage die gefeiert wurden problematischer Umgang mit der Vorstellung von der Entstehung Ös I.2.1. Beginn der Babenbergerherrschaft: 976 - Ös Geschichtsbewusstsein davon markant ausgezeichnet Ö wird auch dynastisch verstanden Kaiser Otto I errichtet am Lechfeld Grenzmarken, Pufferzonen die den Kernbestand seines Territoriums schützen soll Otto II. belehnt Leopold I. den Erlauchten (Mainfränkischer Graf) mit der Marcha Orienatlis Babenbergerherrschaft beginnt schaffen Grundlage für Ö 1976 1000 Jahr Jubiläum gefeiert, ging jedoch mit 200 Jahre USA-Jubiläum international unter I.2.2. Ostarrîchi: 996 - erste Erwähnung Name Österreich Urkunde für Königsgut Man könnte sagen: keine Geburtsurkunde, aber „Taufschein“ Otto III. schenkt dem Bistum Freising einen Wirtschaftshof und dazugehörendes Land. Wird mit Ostarrichi (Ostgebiet) bezeichnet Begriffsausweitung: zunächst Lokale Bezeichnung für Gebiet um Waidhofen / Ybbs, dann immer weiter gefasst 1996: o Prägung einer 1000 Schilling Münze um Österreich zu feiern, und auf der anderen Seite erstmals Wahl ins EU-Parlament o Beiläufige Erwähnung eines Namens bei einer Schenkung von einem kleinen Gebiet… wenig populär nicht sehr geeignet zur Identitätsstiftung „1000 Jahre Österreich und keiner feiert mit …“ I.2.3. Privilegium minus: 1156 - Staufer herrschen in D und Babenberger mit ihnen verwandt Staufer in Auseinandersetzung mit den Welfen Babenberger halten zu Staufen Conrad III. Babenberger bekommen Bayern Staufer Friedrich I. Barbarossa sucht Ausgleich im Konflikt mit Welfen gibt Bayern den Welfen zurück was aber soll nun mit den Babenbergern passieren, wenn man ihnen Bayern wieder weg nimmt müssen entschädigt werden bekommen Sonderrechte = Privilegium minus Aus Mark Ö wird Herzogtum löst sich von Bayern und wird dem deutschen König direkt unterstellt 2 © Mag. Carina Vogt - Sonderweg Ös innerhalb des Reiches wird ermöglicht 2006 wieder kein markantes Echo für das Jubiläum I.2.4. Österreichs Unabhängigkeit: 1955 - Entstehung der 2. Republik 1945 nicht wirklich Gefühl der Freiheit Ö bleibt 10 Jahre von Alliierten besetzt + eiserner Vorhang 15. Mai 55 Staatsvertrag Sowjetunion zieht sich freiwillig zurück, hat es während Kaltem Krieg nur hier gegeben Einen Tag zuvor Warschauer Pakt Ö als Mediator – Vermittler bei internationalen Konflikten Neutralität als Grundfaktor für Nationalfeiertag Nachhaltigstes Datum für das moderne Ö I.3. Selbstbilder I.3.1. Franz Grillparzer - „König Ottokars Glück und Ende“ Handout Verherrlichung des Hauses Ö war wohl mit seiner eigenen Gegenwart nicht zufrieden Auszug: Prunkrede In Theatertradition wichtig wird applaudiert 1955 Wiedereröffnung des Burgtheaters man hatte Angst Monarchismus könnte wieder aufleben, aber wurde dann doch genommen als Bekenntnis zu Ö nicht zu Habsburger Generell wieder Pflege von Ös Klassiker Schriftsteller mit dessen Werken man sich identifizieren kann Österreicher seien „kindlicher“: „großer Bruder, der Mann D“ vs. „der Jüngling Ö“ I.3.2. Hugo von Hofmannsthal - war träger einer Österreichischen Idee Staat auf Fundament eines geistigen Ideals Donaumonarchie hätte auch Vorbildwirkung gehabt, wie ein zukünftiges Ö aussehen sollte „Ö und D unterscheiden sich hauptsächlich durch die deutsche Sprache“ was ist der Unterschied unter diesen beiden Kollektiven? Differenzen in den Tabellen sind gewollt Ö wird auch immer Selbstmitleid etc. zugeschrieben Karikatur (Haider, Kohl, Fußball) I.3.3. Robert Musil - 1938 Exil in Schweiz Hauptwerk: der Mann ohne Eigenschaften (unvollendet geblieben) Sollte Alternative zum gängigen Erzählen bringen Roman mit Negationen (Dinge werden vorgeschlagen und wieder verworfen) Beschreibung Ös unter Name Kakanien (K und K Monarchie) Handout: Stelle die sehr ironisch gehalten ist um das nostalgische zu verdeutlichen Nicht die Gegenwart wird dargestellt, sondern die Vergangenheit Man trieb Sport, aber nicht so närrisch wie die Angelsachsen Land des Mittelmaßes , Misstrauen der Behörden gegen Außergewöhnliches Ein Staat der sich selbst nur mitmachte Titelfigur: Ulrich will seine Anlagen zur Entfaltung bringen 3 © Mag. Carina Vogt I.3.4. Thomas Bernhard - Als „Nestbeschmutzer“ bezeichnet Symptomatisch für Schriftsteller die eine Kritischere Selbsterkenntnis haben Opfermythos? immer mehr zerbröckelt Im Text beschreibt er die Begegnungen mit Mordphantasien auch gegenüber dem lyrischem Ich (Bernhard selbst?) Harmlose Inszenierungen wirken noch verstörender Gemütlichkeit u. Schimpftiraden gemeinsam (Refrain: „Er war ein Nazi“) Fremdenverkehrsland Ö. Dienstleister mit offenherzigem Auftreten einerseits, andererseits aber rechte Einstellung der Menschen wahres Ich hinter Maske Ö als Dienstleistungsland Ö ist ein Land von „Schauspielern“ zur Schaustellung des Landes Dazu passend: Text von Robert Menasse: Punschkrapferl als Analogie Ös braunes Inneres, mit rosa Glasur überzogen, Inhalt aus Resten… Kulisse des sauberen Ö, das Böse dahinter versteckt und durch Maske kaschiert Kapitel II) Österreich vor dem Jahr 1000 II.1. Räumliche Voraussetzungen - Ö ist ein Begriff, der vor dem Jahr 1000 irrelevant war, kann sich bestenfalls an den heutigen Grenzen orientieren diese waren aber damals uninteressant II.1.1. Alpen - Alpen sind innerhalb der österreichischen Topographie das am größten zu überwindende Hindernis Für Italien sehr gut abgeschlossen Rom konnte sich zur Großmacht entwickeln Für jene die dort lebten klimatische Voraussetzungen (damals aber noch höhere Schneegrenze), Terrain, Verkehrstechnische Voraussetzungen,… sehr beschwerlicher Lebensort Für KG hat dieser Raum Vorteil: gilt als Rohstofflieferant (Kupfer (für Bronze) z.B. in Kitzbühl wird weit verbreitet, sogar bis nach Skandinavien; Salz v.a. bei –hall z.B. Hallstadt; Eisen Erzgebiet) II.1.2. Alpenvorland und Gebiete nördlich der Donau - V.a. im Zusammenhang mit Prähistorischer Besiedelung v.a. Klöster Bis heute nördlich der Donau das Abwanderungsgebiet schlecht hin (wegen Verbindung zum Eisernen Vorhang) II.1.3. Verbindungswege - - Donautal: o wichtig für Monarchieentwicklung o nicht nur Verkehrsweg sondern auch Grenzzone und –raum Römerzeit: Grenze zu Germanen o Donau bis heute Wasserstraße bei Römern Truppentransporte und Versorgungsweg o Mittelalter: Donau als Verbindungsweg Kreuzzug; aber auch im Fiktivem: Nibelungenlied Bernsteinstraße(n) von N nach S o wichtig für wirtschaftlichen und kulturellen Transfer o Bernsteinstraßen von Ostsee Richtung Adria o Auf dieser Straße wurde das Gold des Nordens, die Tränen der Götter transportiert o Man schrieb ihm magische Kräfte zu o Führt durch Weinviertel o Kronzeuge der frühen Globalisierung Bronzezeit war von Globalisierungseffekt abhängig Zinn und Kupfer wird nicht nebenan abgebaut Handel nötig 4 © Mag. Carina Vogt II.2. Die Zeit vor 1000 im österreichischen Geschichtsbewusstsein - Diese Jahrtausende spielen für das österreichische Geschichtsbewusstsein kaum eine Rolle V.a. Babenberger-, Habsburgermythen und Ereignisse aus 20. Jh. sind dafür eher tragend In dieser Zeit hatte man noch keine spezifisch österreichische Wahrnehmung Ö war ein Durchzugs- und Zuzugsland man kommt und geht wieder Dieses Territorium wird sehr häufig als Randzone gesehen Randzone des röm. Territoriums, dann bei den Karolingern als Grenzzone,… Gebiet selbst liegt nicht im Fokus antiker Geschichtsschreibung man muss Geschichtsschreibung v.a. durch Archäologie ergänzen In der Literatur relativ wenig vorhanden Zwar sind Spuren da, z.B. in Ortsnamen die auf das Keltische zurückzuführen sind (Bregenz, Linz, Traisen, Enns, Isa) aber wird nicht direkt wahrgenommen - Wichtigster Fund aus dieser Zeit: Venus von Willendorf o In Willendorf in NÖ gefunden o Figur aus Kalkstein o Kopf ist gesichtslos, hat aber Frisur, oder Kopfbedeckung o Dünne Ärmchen, aber ganz fein ausgearbeitet, man kann sogar Finger erkennen o Füße fehlen kann in Boden gesteckt werden o War früher rot bemalt o Üppige Formen Fettleibige Frauen als Schönheitsideal? „Mast Mädchen“ o 1985/86 bereits 11 cm große Plastik in Krems entdeckt „Fanny von Gallenberg“, ungefähr 32 Tausend Jahre alt älter und früher gefunden aber weniger im historischen Bewusstein verankert o Was diese Figuren sind ist schwer zu erforschen Göttin / Fruchtbarkeitssymbol / erotische Figur / die Frau als Gebärerin ?? o Prähistorie und Geschichtsbewusstsein sind nicht so weit voneinander entfernt Venus schafft es teilweise sogar bis ins Hauptabendprogramm immer Teil des Geschichteunterrichts - Auch aus dieser Zeit: Ötzi / Similaunmann o in Alpen gefunden, aber auf italienischem Staatsgebiet o einer der wichtigsten archäologischen prähistorischen Funde auch für KG (Kleidung, Tatoos, Werkzeuge, Waffen etc. daraus erkennen) Auch aus dieser Zeit: Hallstadt: o Ort der einer eigenen Kultur Namen gegeben hat o Im 19. Jh. haben dort Ausgrabungen begonnen o u.a. Gräber wurden freigelegt o lag am Beginn der österreichischen Kulturgeschichtsforschung - - Germanenkult der Deutschnationalen im 19. Jh.: o Georg Ritter von Schönerer: Sohn eines waldviertler Eisenbahnunternehmers; Politiker o War überzeugt von der Höherwertigkeit des deutschen Volkes o Betrieb Renaissance des Germanenkultes Alltagskultur hätte umstrukturiert werden sollen Runen galten als Erkennungszeichen, Sprache wurde geändert, aus August wurde Ernting (von Ernte), feierten auch germanische Feste o war nicht nur auf Ö fixiert, verehrte generell Deutschnationales, Bismark, Hohenzoller, etc. o Ein historisches Ereignis war für ihn von größter Bedeutung: 113 v. Chr. Schlacht von Noreia: Um das Jahr 120 v. Chr. verlassen die ersten germanischen Stämme ihre Heimat Erreichen das nördliche Noricum Römer sicheren sich gegen sie ab Es kommt zur 1. Schlacht zw. Römern und Nordgermanen Wo Noreia genau war weiß man nicht 5 © Mag. Carina Vogt o Römer werden von Germanen an den Rand einer Niederlage gedrängt war für Schönerer so wichtig, dass er eine eigene Zeitrechnung wollte mit Beginn bei dieser Schlacht weg von Rom, vom kirchlichen Einfluss o NS griff das auf eine „ neue Religion“ in Form der Ideologie schaffen - Wie eignen wir uns heute Geschichte an? Wie setzen wir uns mit ihr auseinander? o Heute anders als vor 100 Jahren, elektronische Medien vermitteln in starkem Maße o vor 100 Jahren vor allem von Schule und Universität o heute: Comics, Videospiele, Filme,… haben unterschiedlichen Reliabilitätsgrad (Zuverlässigkeit) Vertrauen darauf, wirklich etwas Wahres vor sich zu haben … kritischer Blick nötig o Massentourismus man kann Geschichte persönlich gegenübertreten G ist heute selbst Teil der populären Kultur der lebendige Umgang mit der Zeit vor 1000 sichert die kollektive Erinnerung II.3. Die Kelten - - Die keltische Vergangenheit ist in anderen Regionen Europas stärker im Geschichtsbewusstsein verankert Z.B. GB oder FR z.B. durch Asterix den Gallier Keltische Vergangenheit Ös ist relativ gut dokumentiert Sie ist auch Teil der populären Eventkultur o es gibt z.B. Keltendorf Mitterkirchen mit Workshops zu Weben, Bogenschießen,… o in Kärnten Keltendorf Diex Ort der Kraftsammlung esoterisch umgelegt Gebiet der K um das Jahr 250 v. Chr. Zone die sich um ganz Europa erstreckt Ö als Teil des Kerngebiets dieser Kelten Jahr 100 v. Chr. Schwelle zur Hochkultur (Münzen geprägt, Schrift verwendet von den Griechen, …) Aber weder ein Volk oder Reich nach modernen Vorstellungen kein Nationalbewusstsein, fehlte Eigenbezeichnung, erst später Bezeichnung gegeben, treten nicht vereint auf Konglomerat aus zahlrechen Stammesgruppen Noricum = Name mit untersch. Deutungen: Nor = Ost, Ric = Reich Ostreich gleiche Bedeutung wie Ostarrichi Authentische Quellen sind darüber nicht erhalten V.a. über römische Schriftsteller überliefert Erstes Reich auf öst. Boden aber bald von Römern besetzt Römer brauchten Pufferzone zu den Germanen im Norden und man wollte die Rohstoffe (v.a. Eisenerz) II.4. Die Römer II.4.1. Österreich und das römische Herrschaftsgebiet - Heutiges Staatsgebiet auf der Karte erkennbar wenig mit damaligem zu tun Eigentliche Grenze: Donau Restl. Ö aufgeteilt in 3 Provinzen (Rätien, Norikum, Pannonien) haben aber mit dem heutigen Ö nicht viel zu tun, größte Teile heute im Ausland Austria Romana (Titel eines Lateinbuches) kühne Bezeichnung 6 © Mag. Carina Vogt II.4.2. Römische Siedlungen II.4.2.1 Vindobona - Wien - Grenzzone zu den Barbaren - Plan mit neuem Straßennetz und röm. Lager - Heute nur noch spärlich erhaltene Relikte - Z.B. Naglergasse macht am Ende einen kleinen Knick Richtung Norden = Ecke des ehemaligen Lagers - Z.B. Hoher Markt folgt leicht versetzt der Via Principales (noch eine Fußbodenheizung erhalten) - Z.B. Michaelaplatz fand man neuzeitliche und römische Überreste Handlungsverbindung + Wohnort für Frauen und Kinder der Soldaten - Marc Aurel ist vermutlich in Vindobona verstorben war Philosophenkaiser (Selbstbetrachtungen) Stoiker (richtiges Handeln) erstes, auf ö. Boden gefundenes Werk von literarischer Bedeutung aber es wurde zwar in Ö geschrieben, wird aber kaum als ö. gesehen… II.4.2.2 Carnuntum - Militärlager und spätere Hauptstadt von Pannonien - Mit Ende des Weström.reiches aufgegeben - Dann als Steinbruch benützt z.B. beim Bau des Stefandoms - Nicht einmal 1% ist ausgegraben hohe Ausgrabungskosten, Boden vielfach in Privatbesitz… - Heidentor (Rekonstruktionszeichnung S. 2 am Handout): o Einziger über der Erde erhaltener Bau o Relikt das im Laufe der Zeit geplündert wurde im 19. Jh. fast schon weg o Rekonstruktion nur schwer möglich o Was war es? o Ein Grab eines Riesen wurde vermutet o Stadttor / Straßentor eher anzunehmen, davon Name, aber auch eher nicht o Siegesdenkmal, Baldachin, evt. für Konstantius II. II.4.3. Mithraskult - - - Ist nichts spezfisch Ö. Ö befand sich im Ausstrahlungsgebiet dieser Kultur Ist eines der vielen im röm. Reich vorhandenen religiösen Phänomene Gegenbewegung zum Christentum Kommt aus altem Persien durch Römer überformt Warum kommt der Kult aus dem Orient bis nach Ö? Röm. Soldaten verbreiteten ihn reicht von Indien bis nach England hunderte Kultstätten Warum so großes Echo? Für die Praktiken waren Standesunterschiede nicht maßgeblich, aber Frauen waren ausgeschlossen Was war er? o Mysterienkult der nicht publik werden sollte auf Ausgrabungen angewiesen o Konkurrenzreligion wurde später aus der Geschichte getilgt, wenn abwertig denunziert Bildsymbolik zeigt in der Regel die Tauroktonie (Tötung des Stiers): Jüngling der einem Stier einen Speer in die Seite stößt (Stier steht für Fruchtbarkeit) aus seinem Blut sprießt das Leben; zusätzlich meist noch weitere Tiere: eine Schlange, ein Hund, ein Rabe, ein Skorpion sowie manchmal ein Löwe und ein Kelch Sternbildersymbole? Häufig an Fernverbindungen, Zollstationen, … meist unterirdische Gewölbe an Frontseite sieht man die Tauroktonie, Decke mit Firmament (Sternenhimmel) ausgemalt Z.B. Südlich von Mörbisch, Bad Deutsch Altenburg 7 © Mag. Carina Vogt - Ist ein Kult der zum Denken gibt im Sinne der kontrafaktischen (der Realität nicht entsprechenden) Geschichtsschreibung was wäre wenn Ernest Renau Konkurrenz Christentum und Mithraskult Siegeszug einer mithraischen Religion, es hätte ja auch das Christentum untergehen können, dass das nicht so war, war v.a. röm. Kaisern zu verdanken v.a. Constantin Sonntag als allgemeiner Feiertag, Jesus und Mithras haben selben Geburtstag, Jesus in einer Krippe, Mithras in einer Höhle… II.5. Österreich im Frühmittelalter - Erich Zöllner Geschichte Ös stimmt mit Rythmus der Weltgeschichte gut überein Frühmittelalter allgemein entspricht in Ö Bayrisch Fränkische Mark Habsburger Spätmittelalter Babenberger Hochmittelalter II.5.1. Der Zusammenbruch der römischen Ordnung - Es bleibt aber in Spurelementen weiter erhalten Ortsnamen, Straßennamen, Christentum,… Hemmaberg fülle sakraler Denkmäler o Arianismus (Lehre des Arius, wonach Christus mit Gott nicht wesensgleich, sondern nur wesensähnlich sei) o Theologischer Konflikt Gottvater und Sohn, sind sie einander nur ähnlich, oder sind sie gleich Sohn ist Vater nur ähnlich Kirche am Rande eines Schismas (Kirchenspaltung) o Hl. Martin aus Pannonien: Landesheiliger des Burgenlandes Entwickelte sich zu Legendengestalt Teilt Mantel mit Bettler Gerne auch mit Gans gezeigt Martinsfest Bei Bischofswahl wollte er sich dieser Wahl entziehen (wegen Bescheidenheit) versteckte sich im Gänsestall sie verrieten ihn II.5.2. Bayern und Österreich - im Frühmittelalter sehr stark miteinander verflochten Forschungen bezüglich Mundart und Ortsnamen zeigen Grenzen auf wie sich Bayern und Allemannen zu einander verhalten Mächtigster Bayernherzog Tassilo III.: o Konflikt mit Karl dem Großen o Kooperierte mit den Langobarden (Feinde des Karl dem Großen) o Bündnis mit Awaren o Musste sich in ein Kloster zurückziehen und auf Bayern verzichten o Tassilokelch: (Handout) zeigt dass T. ein Mann war, der versuchte Klostergründungen im ö Raum durchzusetzen z.B. Kremsmünster heute befindet er sich in Kremsmünster auch heute noch benützt wenn es darum geht einen Abt zu wählen Entstehung: wegen Ornamentik im Kontext der britischen Inseln, andere meinen in Oberitalien, oder in Salzburg evt. Hochzeitskelch von Tassilo - Heutiges Ö zum Großteil dem deutschsprachigen Raum zuzuordnen, das war aber nicht selbstverständlich 8 © Mag. Carina Vogt Kapitel III) Hoch- und Spätmittelalter III.1. Geistliche Kultur - Bildungsvermittlung kulturelles Ost-West-Gefälle wird verringert Anschluss Immer wieder Einschnitte, wie z.B. Pest Mitte 14. Jh. Sacralbauten Alpendonauraum findet III.1.1. Klostergründungen - - - Vereinzelte Orden maßgeblich Benediktiner wichtigste Rolle bei der Erschließung von Räumen: o Göttweig o Erschließung des Bregenzer Waldes o Melk Heinrich von Melk (12. Jh. „Von des todes gehugede“ Erinnerung des Todes) Adson von Melk (im Namen der Rose Fiktion Humberto Eccos an die Seite von Wilhelm von Baskerville gestellt) Augustiner: o Göttweig bevor es von den Benediktinern übernommen wurde o Klosterneuburg Zisterzienser: o Von Cîteau ausgehend o Gründungen nicht auf Bergen, sondern in Tälern den Menschen die Hochmut nehmen (keine zu ausgeschmückten Böden,…) o Heiligenkreuz o Zwettl III.1.2. Klosterleben - 50 – 100 Mönche/Nonnen in einem Kloster unabhängig vom Stand konnte man Karriere machen Uneheliche wurden dort versorgt (zur Hälfte von „katholischen“ Vätern) Grundlagen der modernen Welt wurden von den Klöstern geschaffen (ora et labora Arbeitsmoral; Bürokratie und Management auch Klöster mussten organisiert werden) Wissen: o Klöster vermitteln Wissen an lateinischen Texten wird lesen und schreiben geübt o Deutsche Literatur war eine Randerscheinung bis 13. Jh. o Vervielfältigung von Wissen Kopieren von Büchern (man musste nicht schreiben und lesen können um es zu kopieren), ca. 1 Jahr / Buch o Text entsteht zum Teil durch Diktate Manuskriptanalyse (Hörfehler, Mundart des Diktierers,… Arbeitsprozesse nachvollziehen) o Auch Nonnen kopierten o Rubricator + Miniator verschönerten die Bücher o Man tauschte mit anderen Klöstern die Bücher sammeln von Büchern o Verzeichnis von Göttweig Auflistung der wichtigsten Arten (z.B. Chorgesänge, Psalme,..) in einer damaligen Bibliothek 9 © Mag. Carina Vogt III.2. Höfische Kultur III.2.1. Lebenswelt Burg - - - Größter Anteil der überlieferten Bauten ca. 2000 Burgen in Ö 300 bis heute erhalten 3 Typen: o Castellburg: 4eckiger Grundriss Ecktürme an den Ecken Z.B. Burg von Wien o Wasserburg: Wassergraben Burg sollte größer und imposanter wirken Z.B. Burg Heidenreichstein o Höhenburg: Burgen auf hohen Felssporen Belagerungstechnik war besser geworden (Katapulte, etc.) um sich dagegen besser währen zu können Z.B. Aggstein Stand der Ministerialen: o = Unfreie, ab dem 11. Jh. konnten sie aufsteigen als Dienstmannen vertrauliche Aufgaben erledigen (z.B. Prinzenerziehung) o erkämpfte Positionen, die sich immer mehr verfestigten o konnten Burgen bauen, übten Herrschaft über Bauern und später über Bürger aus schließlich Ritterstand o Kuenringer Adelsgeschlecht, das urspr. frei war, und sich dann freiwillig zum Ministerial gemacht hat o Rechtliche Stellung war nicht so besonders, aber die tatsächliche Position war sehr gut = Diskrepanz Literatur liefert für sie eine Identifikationsmöglichkeit Held arbeitet sich durch seine guten Taten hinauf und bewährt sich wichtiger als Abstammung (z.B. Arthusromane) Leben auf der Burg: o Orte zum Wohnen, zum Treffen, Sparschwein für materielle Güter o Burg alleine sehr trostlos Holzverschalungen, Teppiche,.. o Viel Ungeziefer Betthimmel o Sanitäre Probleme Fäkalien wurden im Burggraben entsorgt o Heizen möglich, aber Fenster noch ohne Glas (mit Pergament im Sommer, im Winter mit Holz zugenagelt) III.2.2. Höfische Welt im Spiegel der Literatur III.2.2.1. Oswalt von Wolkenstein, Durch Barbarei, Arabia - 1. deutschsprachiges Dichterportrait Auge: Pfeilschuss, Lähmung? - Lebt in ausklingender Epoche * 1377 - Seine Biographie geschrieben - In Folterungen, Diebstähle, etc. verstrickt, war im Orient Problem der Verfremdung - Kontrastiv angelegt Zickzackrute durch die Welt (wegen Reim), dann Südtirol mit Aufenthalt in der Burg Missvergnügen durch Kinder und Frau und fades Leben (v.a. Zeile 25) mit Alliterationen (Stabreim) auch immer nur dasselbe - Vorher große Welt jetzt Beengtheit - Alt ist er auch geworden 10 © Mag. Carina Vogt - Einziger Kontakt ist das Vieh und die Bauern und die Kinder (27. Zeile) Beklagen der Eintönigkeit nur Tierlaute und Bachgeräusche Gesamten Besitz an Gläubiger gepfändet Letzte Strophe Datierung möglich: Winter 1426/27 (?) Realistische Wiedergabe der alltäglichen Situation Autor: Ungeheuer großer Wortschatz, er erfindet sogar Wörter! schlägt die Kinder oft III.2.2.2. Der Kürenberger - gerade 15 Strophen überliefert aber ganz wichtiges Beispiel für Donau-Minnelyrik Auch als Autor des Nibelungenliedes gehandelt, weil ähnlicher Aufbau seiner Lyrik „Falkenlied“ - Strophenbezeichnung 8 und 9 - Trotz Obsorge entfliegt dieser Falke, bleibt aber in Sichtweite - Minnelyrik Standesdichtung, Rollendichtung… - Werbung, erotische Emotionen, … - Hier: Zerbrochene Beziehung als Lied über Falken getarnt - Falken oft im Kontext der Liebe (auch bei Grimhilde im NL) - Rollendichtung: Texte in die männliche Wunschvorstellungen hineingedichtet werden - Auch als Eifersuchtsgedicht neuer Schmuck? - Standesdichtung: Höfische Kultur ist mitgetragen von Minnelyrik und umgekehrt immer wieder Versatzstücke des Rittertums oder deren Negation hier die Beizjagd (Jagd mit Falken): o Möglichkeit zur adeligen Selbstdarstellung schlecht hin o weitaus ungefährlicher und weniger anstrengend als andere Jagdarten auch für Frauen möglich o Stöberhund scheucht Wild auf, Falke stößt Wild nieder (konnte für ihn tödlich sein), Jäger lenkt den Falken mit anderem Stück Fleisch ab und nimmt das Wild - Zunächst musste man das Tier dressieren, es an sich gewöhnen man hielt es in Dunkelhaft, gab ihm nichts zu essen, verband die Augen band ihn an sich - Riemen an der Kappe waren das Erkennungszeichen des Besitzers, oft auch mit Schellen um ihn besser zu finden - Falkenjagd auch heute noch (z.B. Scheichs in Arabien) III.2.2.3. Ulrich von Lichtenstein - War ein Minnisterial - 1246 Schlacht an der Laitha - Friedrich der Streitbare (letzter Babenberger) bei dessen Tod war er dabei - Frauendienst = 1. deutschsprachige Biographie überhaupt Authentizitätsgrad ist umstritten, manches ist Allegorie, manches Parodie - Komik immer freiwillig? - Hase weil er Hasenscharte hatte - Frau als Falke - Text ist durchsetzt mit allen möglichen Minnetorheiten o Er trinkt das Wasser mit dem sie sich die Finger wäscht o bei einem Turnier verliert er einen Finger schickt ihn seiner Angebeteten als Geschenk o er verkleidet sich als Venus und zieht die Bundesstraße 17 entlang ( Frau auf seinem Kopf am Bild) Liebesgöttin fordert jeden heraus der sich der Liebe in den Weg stellt, einzig gegen Kuenring nicht, weil er schwul war o er verkleidet sich schließlich als Aussätziger und isst deshalb eine Wurzel um dementsprechend auszusehen, wird angepinkelt und erleidet Leidensgeschichte 11 © Mag. Carina Vogt III.3. Bäuerliche Kultur III.3.1 Kennzeichen - Adelige Texte häufig Propaganda Kampf um Sicherung des Existenzminimums Witterung oft sehr übel, Wetterfeste Kleidung erst im 19. Jh., Fäden und Kriege wurden oft angezündet Problem der Überlieferung: z.B. in Ö keine einzige Dorfkirche aus Holz übrig Bauernhäuser III.3.2. Literarische Zeugnisse - vorsichtig sein nicht bäuerlicher Herkunft, auch Bildquellen nicht Stereotyp des primitiven Bauerntölpels Verzerrungen der Wirklichkeit Neidvoller Blick auf die Verbesserung des Bauernstandes Bedrohung der göttlich gegebenen Ordnung gesehen als III.3.2.1. Neidhart von Reuental - Leben: o Nichts überliefert o Keine Indizien woher er kommt und was er getan hat o Beendet klassischen Minnesang, liefert realistische Darstellung über Bauernstand (ohne Idealisierung, Verklärung,…) - Neidhartfresken Fresken in einem Bürgerhaus, zeigen älteste Tanzmusikdarstellung - Lieder: o Sommerlieder: Mädchen von Mutter über Mädchenverführer gewarnt o Winterlieder: Ritter wird durch bäuerlichen Aufsteiger herausgefordert Ritter verärgert Werben zu deftig um Mädchen Lesart: Bauernstand wurde nämlich wohlhabender Niedergang der armen Ritter Lesart: als Parodie lesen Minnethematik in antihöfischem Kontext - Rolle im Veilchenschwank: o Geschichte von einem Mann der von Bauern übertölpelt wird o Neidhartspiel o Frühling beginnt langsam, Winterliche Langeweile geht zu ende, der der als 1. den Frühling bekundet = 1. Veilchen findet, der wird belohnt o Neidhart findet es bedeckt den Fund mit einem Hut will Hofgesellschaft informieren o Bauer beobachtet ihn dabei hebt den Hut, pflückt das Veilchen, macht sein Geschäft dort hin und gibt Hut darauf o Hofgesellschaft kommt mit Pauken und Trompeten Lachen III.3.2.2. Wernher der Gartenaere - oft als Werner der Gärtner Garten steht hier aber mehr für Bettler - Verse an Form der Arthusromane orientiert (2facher Auszug: Mann zieht aus kommt zurück und zieht wieder aus) hier eben Bauernauszug - Schauplatz: Oberösterreich (durch vorkommende Ortsnamen) 12 © Mag. Carina Vogt - Bauernsohn Helmbrecht der sich von Bauernstand lossagt Haube ist prunkvoll (mit Bilder aus Troja darauf, ein Sittich…), sein Pferd ist schön geschmückt,… Gerät in schlechte Gesellschaft von Raubrittern Als er zurückkehrt kennt ihn seine Familie nicht mehr (andere Sprache, anderes Aussehen) Bande wird aber ausgehoben nur Helmbrecht überlebt, wird aber geblendet,… Kehrt wieder zurück und wird aber vom Vater verstoßen und von den Bauern gelyncht man soll bei dem Stand bleiben, aus dem man kommt! Die Ordnung ist das einzig Wahre, alles andere ist Wiederstand gegen Gott nur altes Recht ist gut III.4. Städtische Kultur III.4.1. Städtisches Leben - Berichte aus modernen Slums Vieh wurde in den Städten gehalten Züge agrarischer Gesellschaft Oft auch Misthaufen Straßen mit Kot bedeckt mit Stroh und Planken bedeckt um Steckenbleiben zu verhindern Großer Holzverbrauch Viel Alkohol wurde getrunken um von Innen zu wärmen Sanitäre Verhältnisse: nur unzureichende Fäkalentfernung, meist einfach beim Fenster raus Seuchengefahr sehr groß, keine öffentlichen Toiletten Friedhöfe in der Stadt, neben Kirche ebenfalls erhöhte Seuchengefahr Tierkadaver auf den Straßen Abdecker entfernte diese (letzter Rang in der Gesellschaft) Ab 13. Jh. in Wien Toilettensitz durch geschlossene Wände umgeben Profane Architektur wie ahmten reiche Bürger die Adeligen nach (z.B. Goldenes Dachel) III.4.2. Städtetypen - 2 Typen: o Gründungsstadt o Stadt die aus einer röm. Gründung entwachsen ist III.4.2.1. Wiener Neustadt - - Beispiel für eine Gründungsstadt Entsteht Ende des 12. Jh. Italienische Baumeister Lösegeld für Richard Löwenherz (Leopold VI. festgehalten) Stadtplan: o Mauer teilweise noch enthalten o Zeigt unterschied zum Rest nur durch wenige Tore Verbindung zur Außenwelt o Straßenetz teilt Stadt in 4 Quartiere o Pfarrkirche mit 3schiffigem Bau o Zentrum: der Markt mit Rathaus 29 mal im 2. WK bombardiert sehr viel zerstört Planmäßige Anlage der Stadt aber noch erkennbar 13 © Mag. Carina Vogt III.4.2.2. Wien - Aus römischer Gründung erwachsen 20.000 Einwohner eine der größten Städte im deutschsprachigen Raum (Köln war größte mit 40.000) Aber Paris 200.000 Einwohner! 10-15% waren Städter v.a. Pest führte zu Rückgang Renaissance und Barock, Errichtung der Ringstraße Bomben im 2. WK haben sehr viel zerstört Basiliskenhaus erhaltenes Bürgerhaus Rudolf IV. der Stifter: o Nur 7 Jahre Regent o 1365 mit nur 26 Jahren verstorben o war Habsburger nur 2. Geige in Reichspolitik Luxemburger Karl IV. (sein Schwiegervater) eigentlich entscheidend o Karls Residenz war in Prag o Verhältnis von Konkurrenz zw. ihnen o Rudolf baute Wien auf Antwort auf Bevorzugung Karls von Prag o Stephansdom: Ganzes Mittelalter lang an ihm gebaut Rudolf baute ihn aus (dort auch begraben) Versch. Entstehungsmythen (einer auf Handout) Bekannteste Kirche Österreichs In der Monarchie: Nullpunkt für die Vermessungen o Universität: Älteste Universität im heute deutschsprachigen Raum (damals war es Prag) 1. europ. Uni in Italien internationale Bildungszentren bilden man gliederte in Fakultäten und Nationen (2. hielt sich nicht lange) Studenten galten als Kleriker Regeln gegen Lachen, Murren und Schreien während Vorlesungen Medium Buch wurde neuen Nutzern zur Verfügung gestellt Professoren und Lehrenden 14 © Mag. Carina Vogt Kapitel IV) Anbruch der Neuzeit IV.1. Kaiser Maximilian I. - Sehr ambivalente Gestalt o “der letzte Ritter” Gestalt des ausgehenden Mittelalters, hatte viel Interesse an ritterlicher Kultur (Turniere, fiktiver Uhrahne den er sich ausgesucht hat: König Arthus); o aber auch Blick auf Reale Gegebenheiten „Vater der Landsknechte“ (zu Fuß kämpfender, meist deutscher Söldner) o „Medienkaiser“ Macht der Kunst erkannt eigene Person verherrlicht Schlüsselgestalt im Übergang zur Neuzeit IV.1.1. Maximilian I. in der Porträtkunst IV.1.1.1. Bernhard Strigel - Stigel = Hofmaler Maximilians Abriss der Geschichte des Hauses Habsburg am Beginn dieser Zeit Heiratsmythos in der Dynastie etabliert Verherrlichung der Dynastie Heiratspolitik zur Ausweitung Er und seine Familie Keine Herrscherdarstellung als triumphierender Herrscher Sondern im familiären Kreis Inschriften parallel zur heiligen Familie Eindruck der Ablenkung und Unruhe Dame schaut nicht einmal in die fiktive Kamera Keine Starre wie bei Klassenfotos, etc. im 20. Jh. - Links hinten Kaiser selbst im Profil an der Habsburgernase zu erkennen In der Mitte Sohn Philipp der Schöne mit seiner Frau Johanna der Wahnsinnigen verbrachte viel Zeit in Belgien Sept. 1506 stirbt er Maria von Burgund: o 1. Frau Maximilians o aus kunstsinnigem Herrscherhaus Maximilian war ein spendabler Fürst bei der Unterstützung von Künsten (Mäzen) o nach einem Jagdunfall bei einer Fehlgeburt gestorben ( zum Zeitpunkt des Kunstwerkes schon tot Augen am Bild nach oben gerichtet Richtung Himmel weist Betrachter darauf hin, dass sie tot ist) o Burgundisches Erbe Kriege mit Frankreich Politische Rivalität bis ins 18. Jh. Vorne links: Enkel Ferdinand: o mit Kranz auf dem Haupt o zusammen mit Schwester Maria bei Doppelhochzeit verheiratet Babylonierin Anna von Böhmen und Ungarn geheiratet o Grundstein für Geschichte der Donaumonarchie gelegt B. u. U. fallen dadurch später an die Habsburger aber 200 Jahre Kampf darum In der Mitte Enkel Karl: o Bruder Ferdinands o wird nach Tot des Großvaters zum mächtigsten Mann Karl V. o „Reich in dem die Sonne nie unter geht“ o Schlüsselgestalt der frühen Neuzeit (Erste Hälfte 16. Jh.) Rechts: Ludwig von Böhmen und Ungarn heiratet Enkelin Maria bei der Doppelhochzeit ertrinkt 20jährig im Moor auf der Flucht vor den Türken B. und U. fallen an die Habsburger Eine Reihe von unvorhersehbaren Todesfällen Zuwachs von Spanien, Böhmen und Ungarn - - - - 15 © Mag. Carina Vogt IV.1.1.2. Albrecht Dürer - Lateinische Inschrift lobt Tugend des Herrschers - Nicht in Herrscherpose, sondern wie wohlhabenden Bürger, keine Krone, kein Szepter, … - Orden vom Goldenen Flies: o von Philipp dem Guten von Burgund gestiftet o Lamm Jason und Midea entführen das Goldene Flies zeigt wie Mittelalter mit dem Antiken Erbe umgegangen ist o Habsburger sind Träger dieses Ordens (nach Aussterben der burgundischen männlichen Linie an Habsburger übergebe) o Vornehmste Auszeichnung des Hauses H. geht dann an die spanische Linie (diese regierte bis Anfang des 18. Jh. in Spanien (Erbfolgekrieg)) o Am obigen Bild trägt er ihn auch - Granatapfel in der Hand: o Damals Symbol immer wieder untersch. Erklärungen: o Antike: Fruchtbarkeit und Zeugungskraft (Vegetationsgottheiten) und auch als Grabbeigaben (Wiedergeburt) o In christlicher Religion: Rote Farbe wichtig für Bezug auf Christus Leidensgeschichte o Hier: als Symbol für den Reichsapfel, das Herrschaftssymbol verweist auf das Reich selbst so viele Samen wie die Frucht hat, so versammelt auch das Heilige Römische Reich viele Ländereien war ein kompliziertes Geflecht als Personenverbandsstaat • an der Spitze steht der Kaiser (formell) • seine Herrschaft gründet sich auf der Hausmacht (eigene Territorien die die Habsburger mitbringen, über die sie als Herrscher regieren, abseits ihres Kaisertitels) • 1508 nimmt M. auch Titel erwählter röm.-deutscher Kaiser nach ihm nennen sich alle gleich automatisch Kaiser reisen nicht mehr nach Italien zum Papst um sich krönen lassen • darunter Herrschaftsbereiche die mit denen vom Kaiser schwer abzustimmen sind v.a. Städte treffen sich mit dem Kaiser zum Beraten Reichstage IV.1.1.3. Hans Burgkmair, Das hailig Römisch reich mit seinen gelidern (um 1510) - Bild vom Doppeladler S. 3 ähnliche Darstellung wie in modernen Geschichtsbüchern (Pfeile, etc.) - Propagandistische Funktion soll Harmonie suggerieren - Adler: Reichswappen, der die Einigkeit, das große Ganze symbolisiert, unter Schutz des christlichen Kreuzes - Aber auch Vielfalt der einzelnen im Reich verbundenen Wappen (sind aber nicht alle) - Realität aber anders: keine Eintracht / Harmonie, die kaiserliche Zentralmacht ist von den Fürsten abhängig braucht immer wieder Geld, Geldmangel nützen diese dann immer aus um sich Privilegien zu erpressen - In FR ganz anders Flächenherrschaftsstaaten ganz andere Verfassungsmodelle IV.1.2. Maximilian I. und die Literatur IV.1.2.1. Ambraser Heldenbuch - Sammlung die auf Anregung des Kaisers entsteht - Texte der mittelalterlichen Heldenepik und der höfischen Epik (16 dieser Texte sind nur dort bis heute hinterlegt) - Trend: Mittelalterliche Texte zu sichten und das Wesentlichste daraus zu sammeln - Wichtigste Sammlung dieser Art - Dieses Zusammenstellen im Zeichen der Totalität durch Einwirkung der burgundischen Ritterkultur durch seine Frau zog Habsburger und angrenzende Gebiete in ihren Bann - Blick auf zuende gehende Ritterzeit 16 © Mag. Carina Vogt IV.1.2.2. Maximilian I. als Schriftsteller - Konzipierte mehrere autobiographische Dichtungen - Ausführung an Mitarbeiter delegiert - Bei der Gestaltung mitgewirkt, Ideen weitergegeben, beim Druck zog er spätgotische Drucktypen vor bis ins 20. Jh. noch solche - Ein Werk: Weißkunig o = er selbst o Weiß ist seine Farbe o Blau wäre Frankreich o Mischform von höfischem Roman und Geschichtsdarstellung o Propagandistische Ausrichtung o M. als Medienkaiser o Muster der Weisheit, bereits als Kind überstrahlt er alle o Konstrukteur und Schütze o In allem der Beste - Weiteres Werk: Freydal o Turnierbeschreibung o Im Fragmentarischen steckengeblieben - Tewrdannck: (gespr. Treuedank oder so) o Inhalt wiedergeben können o Bestrebungen des Titelhelden werden beständig durch Widersacher hintertrieben o Namen der Helden zeigen ihre Aufgabe: Neidelhard, Fürbittig, Unfallo o Zu Lebzeiten des Kaisers nur für exklusivem Kreis als Luxusdruck IV.2. Humanismus und Reformation in Österreich IV.2.1. Europäischer Humanismus IV.2.1.1. Neues Menschenbild - Mensch ist nicht nur Teil der göttlichen Weltordnung, M hat Zweck in sich selbst - Auffassung von Kunst: o MA: Künstler schuf Werk nur anonym für Gott o Neuzeit: Eigener Name Signatur wichtig Z.B. Albrecht Dürrer mit AD Künstler zeigt dass er damit bekannt werden möchte - Kulturgeschichte Mut zu radikalen Innovationen Entdeckungen, Erfindungen (Buchdruck) Medienrevolution + Frühkapitalismus - Alte gesellschaftliche Strukturen (Feudalismus) fallen - Auch bedingungslose Autorität der Kirche fällt Weichen hin zur Reformation - Interdisziplinäre: o Leute die alles können = Idealmensch o Leonardo Da Vinci o Interdisziplinäres (mehrere Dinge können) und internationales Treiben Wanderhumanismus Internationale Freundschaften mit Latein als Verständigungssprache Bildungselite bildet sich heraus 17 © Mag. Carina Vogt IV.2.1.2. Wertung der Epoche - - Wertung im 19.Jh. v.a. durch Jakob Burkhardt: o Die Führerin unseres Weltalters o Europazentrismus o Begeistert davon Im 20. Jh.: o Einstellung ändert sich o Vorrangsstellung Europas verschwindet 1. WK o Zunehmend Kritik gegen Fortschritt und Wissenschaft o nicht mehr nur eindeutiger Weg ins Licht o Skeptischer Blick auf Renaissance IV.2.2. Ausprägungen des Humanismus IV.2.2.1. Stilistisch-rhetorischer Humanismus - eher in der Geisteswissenschaft verhaftet - Conrad Celtis: o Erzhumanist im Deutschen Sprachraum o Kündigt Literaturwissenschaftliche Vorlesung in Versen an erscheint heute fremd - Wissenschaftliche Texte literarisch ausschmücken - Wien war damals ein Zentrum des Humanismus im deutschen Sprachraum - Enea Silvio Piccolomini: o Sekretär von Kaiser Friedrich III. (Vater von Kaiser Maximilian) o „Vater“ des Humanismus o späterer Papst Pius II. o Gibt Bild über die Bewohner wieder über Fressen und Saufen - Humanisten beschafften sich ihre lateinischen Namen durch übersetzen ihrer Familiennamen ins Lateinische - Z.B. Conrad Celtis o Hat ursprünglich Bickels geheißen o wird 1487 durch Friedrich III. zum „poeta laureatus“ gekrönt erhielt die Dichterkrone = höchste Auszeichnung für einen Dichter o bekommt später Lehrstuhl - Text von Celtis S.1. unten o Gott als Pate für die Dichtkunst nördlich der Alpen o Apollo der aus Italien aufbricht und als Missionar in die Länder nördlich der Alpen geht o Kreist um Antike Kunstmythen z.B. Musen, Berge der Musen = Helikon und Pindus,… o Scharfsinnige kulturgeschichtliche Diagnose in allegorischer Form o Länder nördlich der Alpen als Rezeptienden von Italien o Z.B. Übernahme architektonischer Formen (z.B. Grazer Ständehaus) Renaissance auch vom Italienischen mitgeprägt IV.2.2.2. Mathematisch-naturwissenschaftlicher Humanismus - Theofrastus Bombastus von Hohenheim Künstlername: Paracelsus Wird Doktor der Medizin, Bürgerrecht in Strassburg Gestalt die überall zuhause ist Auch Aufenthalte im österreichischen Raum selten länger als 1 Jahr stritt sich viel mit Behörden und auch anderen Gelehrten konnte nirgends lange bleiben 18 © Mag. Carina Vogt - - Naturphilosophie bei der medizinischen Arbeit: Menschen als Mikrokosmos und im Zusammenhang mit dem Makrokosmos sehen (heute auch: z.B. Makrokosmos Internet, Mikrok. Gehirn) Antike Säftelehre war ganz anders aufgebaut Er glaubte das M und Welt miteinander im Zusammenhang stehen (z.B. warum Walnuss so gut fürs Gehirn? Weil sie so ähnlich aussieht) Schätzte die Macht der Gestirne als unglaublich wichtig ein jeder Wissenschaftler müsse auch Astrologie und Astronomie kennen Auch Zeitgenossen hielten ihn für Quaksalber Hat aber dazu beigetragen einen neuen Krankheitsbegriff zu schaffen Krankheit als Phänomen das auf irdischer Ursache beruht Heilungsprozesse durch Arzneimittel, auch anorganische IV.3. Österreich und die Reformation IV.3.1. Verlauf - - - = Religiöse Erneuerung großes Thema im 16. Jh. Auch Habsburger bleiben nicht verschont Gegenreformation: o Beschlüsse des Konzils von Trient 1545-1563: An die Protestanten verlorenes religiöses Terrain zurückgewinnen o Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens: Landesherren dürfen über die Konfession ihrer Bev. bestimmen Wer nicht folgt muss emigrieren Jesuiten beginnen stark in Ö zu arbeiten Maßgebliche Kraft der Gegenreformation bekommen dadurch wichtige Stellung im Bildungswesen Ideologie des katholischen Glaubens weiter verbreiten Aber auch über das Theater (nicht nur über die Bildung) Jesuitentheater in Latein viel glanzvolle Ausstattung Propaganda IV.3.2. Kulturgeschichtliche Folgen - Deutscher Sprachraum in 2 Räume gestaltet jeweils Schwergewicht auf andere mediale Vermittlung o Süden: Kultur des Bildes dominiert Bayern u. Österreich Literatur tritt hinter Bild zurück Keine nachhaltigen Traditionen erzeugendes Schreiben Protestanten ziehen sich von dort zurück und suchen Schutz bei den Osmanen o Norden: Luther Schreiben wichtig Bibel auf Deutsch Schmucklose Kirchen nichts soll von der Vermittlung des Wortes ablenken für Entwicklung der Deutschen Sprache wichtig - Kampf der Konfessionen Humanistischer Horizont verengt 19 © Mag. Carina Vogt IV.4. Rudolf II. IV.4.1. Historische Bedeutung - - Bild: Rudolf aus Früchten o Maler war 26 Jahre der Porträtmaler der Habsburger o War Vorläufer der Surrealisten o Wurde seiner Person sehr gerecht, weil er ein sonderbarer Herrscher war dargestellt als Vegetationsgottheit Gottheit die sich in versch. Gestalten verwandeln kann o Sehr untypisch für eine Herrscherdarstellung o Aber Ähnlichkeit soll gegeben gewesen sein o Es ging nicht darum Herrschaft zu zeigen, oder Mythos zu erzeugen o Darstellung als Spiegel seines Charakters: Er war Sammler in Prag hatte er eine Sammlung: Wunderkammer entsprach dem Zeitgeist man sammelte Münzen, Bücher, … Er aber sammelte auch seltsame Dinge: wie das Horn eines Einhorns, die Nägel der Arche,… je sonderbarer desto besser sein Ziel: Enzyklopädische Übersicht über die Welt herstellen Dort war er oft stundenlang Diplomatisches Kalkül anderer Kaiser: sie schenkten ihm besondere Dinge, z.B. ein Sultan schenkte ihm einen Löwen Er interessierte sich auch für die Naturwissenschaft und war Förderer der Astronomie (z.B. Tycho Brahe (Dänischer Astronom) und Johannes Keppler vergiftete evt. Brahe; Mathematiklehrer in Graz, Trat nach Brahes Tod seinen Platz an) War menschenscheu Melancholiker und hatte Stimmungsschwankungen Umgab sich aber mit Künstlern (war Mäzen) aber nicht zur Herrscherverherrlichung Politische Rolle: o Konflikt mit Bruder Mathias o Protestanten ringen Rudolf den Majestätsbrief ab Religiöse Freiheit garantiert wird nach Rudolfs Tot (stirbt in seiner Prager Residenz) so ausgelegt, dass es im 30jährigen Krieg endet IV.4.2. Stoffgestaltung durch Franz Grillparzer - 2 ½ Jh. später „ein Bruderzwist in Habsburg“ = Theaterstück Porträt eines alten Mannes (Grillparzer) der den alternden Rudolf schildert Verletzlichkeit des Ruhmes zeigen beide Rudolf Herrschaft = die von Gott eingesetzte Ordnung, unverrückbarer Maßstab Veränderung heißt Unordnung, Rudolf als Held stellt sich aber gegen die Veränderung = Passiver Held, der nichts tut ist er ein unfähiger Herrscher, oder liegt in dem Zaudern das Weise? (Figuren im historischen Drama sind meist nicht die aktivsten) Handlungsverweigerung will das Bestehende sichern durch das Nichthandeln Majestätsbrief = Handeln und dieses verzögert das Chaos Mathias = jene Figur für die G. weniger Sympathie hatte Wurde zu Lebzeiten Gs. nicht mehr aufgeführt, da sich G aus dem Theaterleben zurück zog und nur noch für die Schublade schrieb, aber 1872, 7 Monate nach Tod Gs. am Burgtheater aufgeführt Geschichtsdrama zeigt aber auch aktuelles politisches Geschehen Erosion der Habsburgermonarchie sah er auch in seiner eigenen Zeit, er legte sie aber in die Vergangenheit zurück Zu seiner Zeit: Liberalismus und Nationalismus ganze Welt wird durch den neuen Umschwung sich erkräftigen, nur Österreich wird daran zerfallen ca. 80 Jahre später tatsächlich geschehen 20 © Mag. Carina Vogt Kapitel V) Barock V.1. Türkenkriege V.1.1. Historischer Hintergrund Evliya Celebi 1665 Mitglied einer türkischen Delegation Wien besucht - Reisebericht über die Stadt „Im Reiche des goldenen Apfels“ - Wien sei eine Stadt des Überflusses und des Luxus wie ideal zum Einnehmen - Trutzburg des Unglaubens - Uneinnehmbar wie das Elburs-Gebirge (im nördlichen Iran) - Erzählung aus den Augen eines Reisenden der mit dem Kulturkreis nicht vertraut ist - Schloss Neugebäude das im Simmering auf dem Areal des Hauptquartiers des Sultan Soleiman errichtet wurde (hatte Wien einst belagert) war natürlich Erinnerungsort für die Delegation - Es wird als Palast der Wunder beschrieben (Springbrunnen, sämtliche Tierarten dargestellt,…) - Stephansdom: o Turmspitze mit türkischem Halbmond gekrönt falsch gedeutet, der Mond soll den Papst, die Sonne den Kaiser symbolisieren dieser Turmschmuck wurden dann nach der Belagerung abmontiert o Pummerin: man reist 2 Tage weg und hört sie immer noch war damals aber eigentlich schon so gut wie kaputt 1711 neu gegossen o Selbst die Mauern seien mit Edelsteinen besetzt,… Historiker zweifeln, dass er wirklich alles gesehen hat, was er beschreibt evt. Berichte aus 2. Hand die er zusammenfügte und etwas hinzudichtete - - 683 2. Türkenbelagerung Osmanen marschieren über Belgrad nach Wien und kreisen Wien ein Pest hatte 4 Jahre zuvor gewuchert (Sage vom Augustin) 150.000 Osmanen umzingeln 16.000 Menschen in der Stadt Herrscher hatte Wien verlassen Kaiser Leopold I. traut man die Rettung nicht zu Johann Sobieski befreit Wien Als Wien befreit ist lässt sich Leopold dennoch als Held feiern Der türk. Anführer soll sich umbringen Cara Mustava (sein Kopf blieb bis 2006 in Wien) Prinz Eugen vermittelt den Frieden von Karlowitz Ö gewinnt u.a. Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen Politisches Schwergewicht verlagert sich nach Osten politische Vormachtstellung auf dem Balkan bis 1. Weltkrieg Wien vorher Randlage im Osten, jetzt exponiert im Westen V.1.2. Kulturgeschichtliche Folgen V.1.2.1. Mentalitätsgeschichte - Wie wird unser Denken und Handeln bestimmt? - Was denkt sich der Österreicher von den Osmanen? Wie wirkt sich die gescheiterte Türkenbelagerung darauf aus? - Bild des Türken wandelt sich - Zuvor Bild des grausamen Türken vor allem durch Kirchenmänner in Predigten (als Prüfung für die Christenheit, die den mordenden, plündernden T. besiegen sollen) und in den Grenzgebieten - Osmanische Verfestigung der Seeherrschaft wurde dieses Bild verstärkt - Nach der TB Bild vom besiegten Türken (z.B. Bild auf Seite 2 rechts unten man feiert ein Fest in der Hofreitschule, im Zuge dieser Feier dürfen Frauen auf einen Türkenkopf einstechen (zu sehen als gelber Punkt an der Wand)) - Der Lächerliche Türke in der Volkskunst als Hampelmann, als Bestandteil von Kuckucksuhren 21 © Mag. Carina Vogt V.1.2.2. Kulturtransfer - - Kaffeehaus 1697 wird das 1. Kaffeehaus Wiens durch 2 Armenier eröffnet haben dafür Kaiserliches Privileg durch Kurier/Spionagedienste haben sie sich hervorgetan Belohnung Wiener Kaffeehauskultur wird begründet 1. Kaffeehäuser gab es bereits in Venedig, London, Marsei Georg Franz Koltschitzky = Kundschafter zw. Belagernden und Armee wertete seine Arbeit propagandistisch aus ging an Öffentlichkeit und meinte er hätte während der Belagerung einen Sack Kaffeebohnen erobert Janitscharen-Musik: Musik die türkische Musik imitiert Schlagwerk (Triangel, Pauken, Schellen,…) Alla Turca Bezeichnung wird modern in der westlichen Militärmusik (ab Mitte des 18. Jh.) man sah mit welchem Pomp und Trara die Delegationen immer kamen, wollte man auch Orchestermusik o nun immer mehr mit türkischen Einschlägen um für exotische Effekte zu sorgen o z.B. Finalsatz der 9. Symphonie von Beethoven o Mozart an verschiedenen Stellen: Die Entführung aus dem Serail 1782 gibt ein differenziertes Osmanenbild wieder Zugang zum anderen nicht mehr Angst und Überlegenheit, sondern Faszination des Fremden jetzt aktuell, nach Aufklärung weder besiegt, noch lächerlich, noch der gefährliche Türke, sondern Basaselim lässt am Schluss alle frei, der gnädige, humane Türke; es kommt aber auch einer vor, der lächerlich dargestellt wird o Goethe: Iphigenie von Tauris Europäerin wird in fremdem Land festgehalten und von Herrscher begehrt plant Flucht, kann sich aber nicht verstellen und teilt ihm die Flucht mit o Diese 2 weisen Übereinstimmungen auf (Inhalte noch mal genau nachschauen!) V.1.3. Prinz Eugen V.1.3.1. Person - Lieferte viel Material für künstlerische Aufgestaltung - Stammt nicht aus dem Habsburgerreich, sondern aus Savoyen - Soll Geistlicher werden - War kleinwüchsig war nicht absehbar, dass er zu der militärischen Zentralgestalt dieser Zeit werden sollte - Spanischer Erbfolgekrieg + Türkenkrieg wichtig - Mythos durch ihn - Katalysator dazu dass Ö zur Großmacht wird - Begraben im Stephansdom Symbolort für Türkenbelagerung V.1.3.2. Mäzenatentum - Er war an der Kunst interessiert und investierte viel in Kunst - Sein kulturelles Interesse zeigte sich durch eine 15.000 Bände umfassende Bibliothek, sammelte Kupferstichporträts, Handzeichnungen, Tiere - „Flucht“ in die Kunst? Wegen Kleinwüchsigkeit, wenig einnehmendes Äußeres (ließ sich als Apollo darstellen, war aber wohl nicht sehr schön), hier in der Fremde,… - Homosexuell? Zeitgenossen spekulierten über seine Sexualität bezeichneten ihn als Mars ohne Venus - Errichtung des Belvederes durch Lukas von Hildebrandt o entsteht gleichzeitig mit Schönbrunn o war als Sommerpalai gedacht o unteres und oberes Belvedere Musterbeispiel für einen Hochbarocken Bau o Lage so, dass er auf die Kaiserresidenz hinunterschauen kann (Seite 2 bei Belloto) 22 © Mag. Carina Vogt - o Oberes Belvedere: Gesamtschema: Mittelteil in Rot: Besuch in Empfang nehmen großer Inszenierungsraum im Dienst des Zeremoniells alles überstrahlende Pracht Blau: Appartements (Bibliothek, etc.) Grün : Eckpavillons u.a. als Kapelle genutzt o Nicht glatte Fassade, sondern „bewegte“, zierliche Details, auch die Dächer speziell, wie Türkenzelte o Seiten zu öffnen Verbindung von Kultur und Natur o Gartenanlage Rationale Gartenarchitektur der Franzosen (Geradlinig, Symmetrisch,…) + Italienisch (Terrassenbau) o Belvedere heute: 3 Museen (Museum mittelalterliche Kunst, Barockmuseum, Österreichisches Galeriemuseum) aber auch später weiter angereichert worden mit wichtigen Ereignissen Unterzeichnung des Staatsvertrages,… Errichtete auch noch weitere Schlösser „sammelte“ sie V.1.3.3. Nachwirkung - Heldenplatz: o 1865 Pferd von Prinz Eugen mit 3 Punkten aufgestützt o Erzherzog Karl bereits auf 2 Handteller große Fläche (Hufe) braucht keine 3 Punkte mehr o Prinz Eugen blickt nach Westen und Erzherzog Karl nach Osten beide verkehrt aufgestellt, müssten umgedreht werden - Literatur: o Prinz Eugen Stoff ist im Kanon großer Dramen nicht vertreten o Autoren der 2. oder 3. Reihen beschäftigten sich damit o Prinz Eugen Lied Ferdinand Freiligrath Ballade Text der die Belagerung von Belgrad nicht korrekt wiedergibt o Hugo von Hofmannsthal (Seite 1) propagandistisches Kinderbuch Soldaten an der Ostfront des 1. WKs und Eugen als Geist über ihnen Edelkitsch Geschichte zur nationalen Selbstbestätigung Prinz Eugen als größter Österreicher Ideale Integrationsgestalt in einem Vielvölkerstaat V.2. Barocke Repräsentation V.2.1. Festkultur V.2.1.1. Funktion von Festen - Feste und Feiern helfen mit bei der Struktur der Zeit unterbrechen das Gleichmaß des Kalenders - Im Alltag keine Differenzierung - Feier: Akzentuierung der Wiederkehr - Fest: Bewusste Durchbrechung des Alltäglichen etwas anderes geschieht - Feste und Feiern sind an das Ritual gebunden, sind aber nicht zwingend an das Religiöse geknüpft - Komponente des Spiels Inszenierung, etc. - Dient der Psychohygiene soll dem Seelenleben gut tun und helfen sich in die Gemeinschaft einzubinden Gruppe versammelt sich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit - Festmahl: von allen sozialen Schichten als eine besondere Gelegenheit wahrgenommen wesentlich war nicht was man aß, sondern wie viel man aß - 70er des 20. Jh. Festforschung vermehrt im Fokus der Historiker um über Selbstverständnis einer Gesellschaft etwas herauszubekommen 23 © Mag. Carina Vogt V.2.1.2. Hochzeit von Leopold I. und Margarita Teresa 1666 - Wiedervereinigung der Österreichischen und der Spanischen Linie durch diese Hochzeit (Inzesthochzeit) nach dem Tode des Schwiegervaters sollen die die Linien zusammen kommen - Gestärkte Beziehung zwängt FR von Westen und von Osten ein - Hochzeit ist hier: Übergang von einem Lebensabschnitt in einen anderen, mit großer politischer Bedeutung - Größte Hochzeit die auf österreichischen Boden je ausgeführt wurde - Braut ist 15 braucht 3 Monate von Genua nach Österreich immer wieder Unterbrechungen für Feiern - Hochzeit ist komplett durchgeplant sogar welche Sitzkissen, die Reihenfolge der eintrudelnden Kutschen,… - Soll der Welt den Machtanspruch des Hauses Habsburg vor Augen führen - Merkur tritt auf und entzündet ein Feuerwerk a e i o u wird entzündet (Deutung evt: Alles Erdreich ist Österreich Untertan) - Einige Tage später sogar Theaterstück: Festa a cavallo 4stündiges Freudenfest zu Pferd im Burghof Pferde und Kutschen schweben durch die Luft, selbst der Kaiser wirkt mit, nur Adelige als Gäste - Oper Il pomo d’oro von Cesti (goldener Apfel) o wurde nicht fertig für die Hochzeit erst 1 ½ Jahre später aufgeführt und zwar nur einmal 8 Stunden Dauer! Wurde nicht noch einmal aufgeführt o Leopold I. komponierte dafür sogar selbst eine Szene o Ein eigenes 3stöckiges Theater wurde dafür errichtet (dort wo sich die Nationalbibliothek heute befindet) o Inhalt: Urteil des Paris, aber er gibt den Apfel am Schluss der Kaiserin sie vereinige die Eigenschaften der 3 Göttinnen in sich o War 5mal so teuer wie seine Hofkapelle V.2.2. Architektur V.2.2.1. Sakralbauten - Kirchen, Klöster - Architektur ist Reaktion auf die Reformation Macht des Wortes bei Luther, hier bleibt aber das Bild im Zentrum durch das Aufnehmen des Prunks ins Auge des Betrachters Zugang zur Religion und in die religiösen Gedanken - Man strebte nach überwältigendem Gesamteindruck - V.a. durch italienische Künstler vorangetrieben - V.a. nach den Zurückschlagen der Türken und des Islams gestärkt - Es soll auf offenen Flächen wirken, in Interaktion mit der Landschaft - Beispiele: o Salzburger Dom Bürgerhäuser wurden niedergerissen o Stift Melk Felsrücken über der Donau thronend o Stift Göttweig 4eckige Anlage mit in die Mitte gerückter Kirche o Karlskirche Zentralbau (Mittelalterliche Kirche wie ein Kreuz im Grundriss) hier nun ein Ovaler Grundriss Dynamisierung durch gestreckten Kreis Karl VI. errichtete ihn zu Ehren von Karl Borromäus Minifestation der Macht, Dokument wie sich Habsburger als Verteidiger des katholischen Glaubens verstanden Kuppel sollte an Petersdom erinnern Römisches Kaisertum durch antike Versatzstücke: Säulen links und rechts mit röm. Trajanssäule als Vorbild hier: Szenen aus dem Leben des hl. Borromäus und verweisen auf Säulen des Herakles (Landenge von Gibraltar, welche damals noch zum habsburgischem Besitz gehörte) 24 © Mag. Carina Vogt V.2.2.2. Urbanes Wohnen in Wien - 1. Bezirk Kurrentgasse Barocke Wohnhäuser - 4 Stockwerke über das Erdgeschoss, Fensterhöhe wird nach oben immer niedriger - zitieren immer wieder die selben Grundelemente, nur kleine Abweichungen in der Farbe, etc. - Brand war ein großes Thema Holzhäuser, Strohdächer wollte man nicht mehr - Gestank gab es weiter Ausbau der Kanalisation lässt auf sich warten, Senkgruben in den Häusern, Nutzvieh in den Wohnungen,… V.2.2.3. Schloss Schönbrunn - Geplant war es dort wo heute die Gloriette steht auf Anhöhe um Vorbild Versailles noch übertrumpfen zu können - Anlage von S. zeigt grundlegend anderes Verständnis von franz. und österreichischem König: o FR: er wollte viel größeren Bezug zur Öffentlichkeit Versailles hatte viele Zugänge, Adelige sahen bei allem zu,… Mundpropaganda über das Märchenschloss o Ö: weit größere Distanz zu den Untertanen, wer in den Thronsaal wollte musste sehr weit gehen herrscherische Unerreichbarkeit - Geometrische Linienführung - Park mit Figuren aus der Mythologie z.B. der „Schöne Brunne“ mit Plastik der Nymphe Egeria Quelle soll durch Habsburger Mathias entdeckt worden sein - Tiergarten: o Umgang mit Tieren damals anders Sammeln von Raritäten und Besitzen von Wunderkammern Tiergarten war dasselbe mit lebendem Inventar o heute versucht man bedrohte Arten zu erhalten, ökologisch zu schulen, tiergerechte Haltung,… Spagat zw. Denkmalschutz und artgerechter Haltung,… 2010 bester Zoo Europas o Franz Stephan von Lothringen gab den Auftrag auch Raum für Affen, Papageien (Indianische Raaben), … zu errichten o Anfangs nur für Hofadel zugänglich 1778 auch für Bürger Sonntags geöffnet Kapitel VI) Aufklärung VI.1. Joseph I. VI.1.1. Der Kaiser als aufgeklärter Tyrann - - 1765 wird er Mitregent seiner Mutter Maria Theresia „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“ einerseits versucht er die herrscherischen Absolutismusvorstellungen durchzusetzen, andererseits aber ist er aufgeklärt Ziel: o Ö zu Wohlfahrtsstaat: beste Bedingungen für Volk schaffen Neuerungen die aber oft von kurzsichtigen Rationalismus kamen, Modernisierungen (v.a. für Bauern) die oft tiefschneidende Zäsuren im Alltagsleben waren bedrohen die agrarischen Strukturen als „Volkskaiser“ bezeichnet Bild auf dem Handout wie er den Pflug führt o und zum Polizeistaat machen: enges Einhalten von Ordnungsregeln Kirchenmänner waren für ihn wichtig Prediger sollten Menschen lenken „Warum wird Kaiser Joseph von seinem Volke nicht geliebt“ 25 © Mag. Carina Vogt VI.1.2. Reformtätigkeit - - - - Reglementierungsfreude Reformfreudiger Rationalismus Änderungen im Kleinen die auf das Große rückwirken sollten Diese Notwendigkeiten dem Volk klar zu machen war schwierig, wurde als Abnabelung vom Althergebrachten gesehen eher weniger angenommen „fast jede Neuerung macht die Einwohner stutzend“ Gewaltiges Echo in Publikationen breite Diskussionen darüber aber keine Wiedergabe der allgemeinen Volksmeinung dazu zu formell geschrieben Autoren setzten sich die „Maske“ eines einfachen Menschen auf sollten einen ideologisch eindeutig absteckbaren Zugang suggerieren Recht und Verwaltung o Zentralisierung des Behördenapparates o Strafrechtshumanisierung (vorsichtig hier sein, nicht heutige Vorstellungen; z.B. Todesstrafe abgeschafft, aber brachiale Bestrafungen nach wie vor) o soll für die ganze Monarchie gelten, Maßnahme im Sinne des Zentralismus, nicht Nationalismus zentral geleiteter Staat v.a. bei Ungarn auf Empörung gestoßen reagierten indem sie bis 1844 weiter Latein als Amtssprache benutzten Idee der Toleranz: o marginalisierte Volksgruppen wurden „ins Boot geholt“ um wirtsch. Produktivität zu erhöhen o Juden müssen z.B. nicht mehr im Judenviertel wohnen, etc. Aber trotzdem die Katholiken weiter im Zentrum o Auch Toleranz in den Meinungen erweitere Pressfreiheit man darf kritisieren die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar; aber Königshaus hat Sonderregelungen darf nicht anonym kritisiert werden o Interesse an Außen- und Innenpolitischer Berichterstattung nimmt zu Periodika nehmen in ihrer Frequenz zu Zeitungen erscheinen (z.B. Wiener Zeitungen) Religion und Volkskultur: 1/3 aller Klöster im Habsburgerreich werden aufgelöst VI.2. Josephinismus und Alltagskultur VI.2.1. Eingriffe in den profanen Bereich - - Kirtag und Jahrmarkt Leopold Einzinger: o Von den Kirchtägen in den Wiener Vorstädten o er wittert überall Verlotterung (die Leute fressen minderwertige Lebensmittel in sich hinein,…) Magnet für Dirnen und Betrüger o moralische Vorbehalte die den Wunsch nach Reglementierung von Oben wecken o ausländische Gaukler werden verboten Angst vor fremden Agenten und Spionen kursierte o Kirtagsbäume werden verboten v.a. wegen Schutz des Waldes und dass sich einzelne verletzen könnten; Hochzeitsessen sollen bescheidener ausfallen,… o überall Disziplinierung und Reglementierung von oben Glücksspiel: o leichtsinniges Vergnügen o gefährdet die Wirtschaft o man verarmt, wird straffällig oder verblödet o aber sie wird nicht abgeschafft, weil der Staat mitverdient 26 © Mag. Carina Vogt VI.2.2. Eingriffe in die religiöse Volkskultur - - - - - Feiertage: o auch heute immer wieder im Schussfeld der Diskussion o im 17/18. Jh. Zeit des Merkantilismus trägt Früchte Volksreichtum sollte gemährt werden, v.a. durch Arbeit bereits unter Maria Theresia wird die Zahl der Feiertage massiv eingeschränkt, Joseph setzt das fort wer feiert, wandert in den Arrest Einschränkungen bei Kirchenmusik/Komponisten (z.B. Hayden nun geringere Nachfrage) Wallfahrten und Prozessionen: o Obrigkeiten auch hier Reglementierungsfreude o soll bescheidener werden, weniger häufig sollen sie sein, teilweise verboten o wie Fahnen und Statuen mitzutragen sind wird reglementiert o soll Unanständigkeiten und Ausschweifungen unterbinden o Man versucht das zu umgehen, indem man Prozessionen macht ohne Geistlichkeit Bilderkult: o v.a. im süddeutschen Raum o soll auch eingegrenzt werden z.B. Lust der Gläubigen an der Darstellung nackter Heiliger; o v.a. auch Bilderprunk des Barock soll eingeschränkt werden o wird zum Reglementierungswahn Reliquien: o Skapulier (Teil der Ordenstracht), Lukaszettel (mit Segensschriften beschriftet),… o Die Kirchen würden durch den Schmuck mehr verunstaltet werden als geziert fließende Übergänge zw. Aberglauben und Religion Bestattungswesen: o 1781 erscheinen 24 Druckschriften mit der richtigen Bestattungsweise liefern den ideologischen Nährboden für die Reformationen 1785 o Kirchhöfe und Grüfte werden im Stadtgebiet angelegt gesundheitliche Bedenken o nicht mehr erträgliche Prunksucht o Utilitaristische Ansprüche was nützt es der Allgemeinheit? Einziger Stand der daraus Profit macht sei die Geistlichkeit ohne Ansehen des Standes sollen nackte Leichen, in einem leinenen Sack, in Klappsärge gelegt werden, welche wiederverwendet werden können wertvolles Rohmaterial muss nicht in der Erde verrotten Gleichheit aller vor Gott soll dadurch veranschaulicht werden Volk war davon nicht so begeistert von der Mehrheit als pietätlos empfunden Ausländische Unternehmen ließen sich davon ausnehmen wurde 1785 wieder zurück genommen VI.2.3. Reaktionen (Text auf der Seite 2) - Äußere Zeichen wurden einer Reform unterzogen, nicht aber der Kern der religiösen Idee 1786: das Christentum ist bereits eine Religion die sich von der urspr. Idee entfernt hat Reformen werden von den Befürwortern begrüßt, als Rückführung des Christentums zu seinen Ursprüngen, auf Kern der religiösen Idee konzentrieren Aber die einfachen Leute haben sich stark an das „Flickwerk“ der religiösen Praxis gewöhnt Eine dünne Oberschicht reagiert gut darauf, der Großteil der Bev. reagiert aber schlecht die Gläubigen sind besorgt wenn ihre gewachsenen Strukturen beseitigt werden Die Gläubigen sehen sich zerrissen in ihren Pflichten als Untertanen und in ihren Pflichten Gott gegenüber Pflichtenkollision Aufgeklärter A. erhält bei vielen den Beigeschmack des Gottlosen Wiederstand gegen Obrigkeit Kaiser von geringer Toleranz desillusioniert muss viele Reformen zurücknehmen Er war Anhänger des Neostoizismus Seele frei von Affekten halten Distanz üben nahm auch den Misserfolg seiner Politik nicht so ernst 27 © Mag. Carina Vogt VI.3. Theaterleben in Wien VI.3.1. Oper - = eine Erfindung der ital. Spätrenaissance Fasziniert vor allem die Oberschicht V.a. das Ballett Theater gilt als Indikator für soziale Differenzierung und Veränderung Kulturform zu der die Unterschicht keinen Zugang hat nun wirkt die Hofgesellschaft nicht mehr an den Opern mit, nur noch Publikum VI.3.1.1. Pietro Metastasio - Von Karl VI. nach Wien gerufen - Absolutismusfan - Sprach nie Deutsch - Lieferant italienischer Textvorlagen - 27 Libreti hat er geschrieben - wurden mehrfach vertont von versch. Komponisten (z.B. von Mozart) - Es gibt kein Einbeziehen des Schrecklichen Gräuel sind von der Bühne verbannt am Ende kugeln keine Leichen herum, sondern Begnadigungstheater werden gezeigt Propaganda: o Begnadigung als Tugend des Herrschers o systemkonforme Dichtungen, keine fundamentale Kritik am Staat o Verherrlichung der Mächtigen o Im Zuge der Französischen Revolution abgenommenes Interesse - Intrige: o man verabsch. sich von den Göttern, Schicksal wird von den Menschen bestimmt o Schriftsteller muss Handlung am laufen halten, immer wieder Schwung hineinbringen dafür sorgen die Intrige und die Gegenintrige und Handlungsverschlingungen o Text geht nicht von A nach B sondern schlägt immer wieder neue Wege ein Handlung wird kompliziert und verschlungen - Lieto fine: o die Handlung stürzt nicht auf eine Katastrophe zu, zwar dramatischer Verlauf, aber mehrheitlich ein glückliches Ende o Macht der Vernunft wird gezeigt, wie über Leidenschaft triumphiert wird o keine Karthasis / Reinigung am Ende, sondern Tugendprogramm o nur 2 enden mit Tot der Hauptfigur VI.3.1.2. Opposition gegen Metastasio - Es gab auch Gegenreaktionen gegen ihn - Opernreform Mitte 18. Jh. man versucht den Barockprunk der M.opern zurückzuschrauben - Völlig neue Art von Oper soll eingeführt werden, man geht von ästhetischen Gründen aus Annäherung an die Antike Intrigengeflecht soll bereinigt werden - größere Überschaulichkeit herstellen, alternativen Handlungsmoter finden = Schicksal Rückblick auf das Transzendentale - z.B. C. W. Gluck Lebensnähe von Emotionen finden: Orpheus und Euridike o Ende auch glücklich (anders als bei mythologischer Überlieferung) o neu aber: es gibt nur 3 Gesangsrollen (O + E + Eros) o Ballett wesentliches Element der Handlung - Singspiel: o = einfachere Form des Musiktheaters bescheidenere Darstellungsmöglichkeiten o weg vom ital. Fremdimport o Musikkultur des 19. Jh. dadurch beeinflusst z.B. Opperette dadurch wesentlich geprägt 28 © Mag. Carina Vogt VI.3.2. Burgtheater - - - Maria Theresia: Umwandlung des Ballhauses (Sporthalle um „Tennis“ auszuüben) zum Hofburgtheater (Bild am Handout) exklusive Spielstätte für höfisches Publikum (1200 Plätze) gedacht als Wintertheater, im Sommer in Schönbrunn 1752 unter Hofverwaltung gestellt keine solide Bügeterung war gegeben wird als deutsches Nationaltheater bekannt Aufgeklärte Vorstellungen von Moral und Tugend sollen gezeigt werden Qualitativ anspruchsvolles deutsches Theater soll gezeigt werden Aber zu wenig deutschspr. Stücke vorhanden weicht auf Ballett u. ital. Opern aus (z.B. Mozart) Auch hier Reglementierungswahn: o Joseph lässt festlegen, dass die Stücke ein Happyend haben müssen, z.B. wenn Shakespeare aufgeführt wird, werden die Enden geändert o Lange Vorhangsverbot und Schauspieler dürfen sich nicht verneigen Burgtheater übersiedelt 1888 zum Ring ins Burgtheater VI.3.3. Volkstheater - - - - Wien des 18. Jh. Unterhaltung auf nicht anspruchsvolle Weise Besuch von stehenden Zirkussen u. Tierhetzen Tiere zerfleischen sich gegenseitig gewettet Ausflüge Kirtage, Tanzböden; Prater 1776 geöffnet Viele Unterhaltungsmöglichkeiten Z.B. aber auch ins Lachtheater o Anfänge im Stehgreifstück und in der urbanen Kultur o sehr uneinheitlich, aber allen gleich: Andersartigkeit zum Burgtheater Obszönität, Pantomime, Parodie (Hochkulturstoffe werden verbogen und dem Publikum auf andere Art vermittelt), Märchenstücke, Maschinenstücke Zensurbestimmungen haben sich gelockert es gibt auch größeren Spielraum für das Theater entstehen neuer Theater gefördert (Karte der Vorstädte auf Handout mit Theatern) Freiheiten werden später wieder eingeschnürt jede weitere Neugründung untersagt Z.B. Leopoldstädtertheater: o würde heute auf der Praterstraße liegen, wurde im 2. WK so zerstört abgerissen o Theatervorhang zeigte den Kasperl in Begleitung von Thalia (Muse des Theaters) o Harlikin (ital.) und Hanswurstfigur (= Narrenfigur und Dienerfigur) dürfen nicht in die höheren Kreise aufsteigen, das darf nur der Kasperl Gegend um den Naschmarkt: o provisorisches Holztheater eröffnet o Emanuel Schikaneder (bekannt durch Uraufführung der Zauberflöte) als Besitzer Pacht nicht verlängert, öffnete Theater an der Wien Konkurrenz zur Hofoper Josefstädtertheater 1788 eröffnet z.B. wichtig für Raimund und Nestroi Volkstheater und Sozialdisziplinierung: o Speziell das VT gilt als spezifisch österreichischer Beitrag zum deutschsprachigen Drama o Grillparzer, Häbl, Halm waren dabei die Wichtigsten o Beförderung aufklärerischer Gedanken VT nicht sehr geeignet, wegen Schlüpfrigkeit, etc. Josef von Sonnenfels (= Staatsrechtler, Abschaffung der Folter durch ihn) war Fürsprecher d. Zensur soll Verbreiterung gefährlicher Meinungen verhindern (obwohl er aufgeklärt war) o Auch bei Theater Figuren Kasperl/Hansw. schlecht für Volkserziehung Hanswurststreit o Stehgreifspiele wurden angegriffen das Zufällige ist nicht planbar der Aufklärer will aber Übersicht haben Stehgreif, Textabweichungen wurden unter Strafe gestellt o V.a. Obszönitäten: Körper spielt in der Komödie eine große Rolle gehört zu bodenständigen Vergnügungen hinzu, gehört aber nicht zu aufklärerischem Denken englische Lady Montagu schreibt einen Brief über einen Besuch im Volkstheater entsetzt über die Freizügigkeit und das Unanständige, aber dass sie auch noch nie so viel gelacht hätte auch das bessere Publikum findet gefallen daran 29 © Mag. Carina Vogt Kapitel VII) Wiener Klassik VII.1. Der Begriff der “Wiener Klassik” - Klassik = etwas, das die Zeiten überdauert (Napoleonische Zeit: war eine sehr bewegte Zeit in Deutschland: Höhepunkt der Literaturgeschichte in der Klassik und in der Romantik = Goethe und Schiller) In Österreich = dürftige literarische Produktion Österreich etabliert sich als Land der Musik ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts Gerhard Roth: freie Meinung zählt nichts Ö ist ein Land der Musiker Wiener Klassik war parallel zur Weimarer Klassik Es gibt unterschiedliche Ansichten, was die Wiener Klassik ausmacht nur der „späte Haydn“? Oder auch der „frühe Schubert“? Oder nur der „junge Beethoven“? wir nehmen die 3 klassischen Wiener Klassikkomponisten: Haydn, Mozart und Beethoven VII.2. Joseph Haydn VII.2.1. Haydn und das Burgenland - - - - Ein Komponist, der größten Teils im Burgenland seinen Mittelpunkt fand er ist, anders als ein paar seiner „Kollegen“ im Burgenland geblieben Joseph Weigl: war auch aus dem Burgenland, ging aber nach Wien er wurde Singspielpatrionist (seine Werke waren über die Zeit von Napoleon) sein jüngerer Bruder Michael war auch Komponist Eisenstadt = „Haydnstadt“: es gibt viele Museen: sein Geburtshaus, Bergkirche = Mausoleum Haydns Leiche: zuerst in Meidling beigesetzt, dann nach Eisenstadt überliefert, aber ohne Kopf, erst 1954 wieder vereint Professor Julius Tandler hat den Kopf entwendet, um ihn untersuchen zu können (Haydnpark in Wien Meidling) Schloss Esterházy war das Winterschloss von den Esterházys Gravitationszentrum für das 30jährige Schaffen von Haydn Sommerschloss Fertöd = ähnlich wie Schloss Schönbrunn, aber in Ungarn fürstliche Dienste: o war zuerst Hausoffizier und dann Kapellmeister bei den Fürsten Paul Anton und Nikolaus o glich einem Knebelvertrag Existenz gesichert aber Einschränkungen o Weitergabe und Verkauf seiner Werke war ihm verboten o Hayden empfand dies immer intensiver Sinfonie 45 in Fis-Mol: Abschiedssinfonie (taucht im Autograph nicht auf) o Die Musiker mussten ihre Familie während der Sommerzeit, wo sie in Ungarn weilten, in Eisenstadt zurücklassen o Haydn jedoch nicht, da er eine Sonderstellung hatte o In einem Jahr verlängerte der Fürst von Esterházy seinen Sommerurlaub, woraufhin auch die Musiker länger bleiben mussten o Haydn komponierte diese Sinfonie (Abschiedssinfonie): Musiker packen ihre Instrumente zusammen und gehen. Mit dem Tod des Fürsten Nikolaus I. endet Haydns Packt mit den Esterházys ab den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts wird Haydn bekannt 30 © Mag. Carina Vogt VII.2.2. Haydns Internationalität - Haydn kann man mit Franz Liszt vergleichen beide kommen aus der Provinz und werden zum Weltstar (Franz Liszt fand geringere Popularität in England als Haydn) er bekam in England den Beinamen „Papa“ Nun spielte sich Haydns Leben in Wien und England ab er war 2 Mal in England wegen Salomon, seinem „Musikmanager“ 1791/92: kehrt Haydn zurück aus England, mit vielen Texten und einem Papagei im Gepäck ihm wurde ein Winterquartier in Windsor angeboten, doch er lehnte es ab seine letzte Sinfonie heißt auch die Londoner Sinfonie, sind 12 Stück (neue Inspiration England) aber London war ein Kulturschock für Haydn seine letzten Jahre verbrachte Haydn in Gumpendorf (bei Wien) hier komponierte er „die Schöpfung“ und „die Jahreszeiten“ (das Haus kann man besichtigen) 1809: starb Haydn mit 77 Jahren (nach einem Angriff unter Napoleon auf Wien an allgemeiner Entkräftigung) VII.3. Mythos Mozart VII.3.1. Zeitgenössische Gemälde - - - siehe Handout 2 Bilder: Gemälde von Joseph Lange: authentisch o es vermittelt das Bild eines zeitlosen, zarten, schönen Jünglings o es ist unvollendet: legt den Vergleich mit Mozart nahe: unvollendeter Künstler Gemälde von Johann G. Edlinger: unauthentisches und fragwürdiges Bild o Edlinger verkehrte in den Münchner Kreisen Mozart war auch in München, zu dieser Zeit entstand dieses Gemälde o zeigt einen anderen Mozart, nicht androgyn, sondern etwas stärker gebaut und erdiger nicht so wie wir Mozart in Verbindung bringen es ist fragwürdig welches Bild, und somit auch welche Erscheinung von Mozart nun richtig ist VII.3.2. Mozart-Bilder - Mozart als größter österreichischer Komponist o Mozartkugeln (seit 1890), Ski Amadé, Rock me Amadeus,… Mozart ist allgegenwärtig o Aber: Mozart = Österreicher? 1756: Mozart wird geboren, aber nicht in einem Gebiet der Habsburger erst 1 Jahrzehnt nach seinem Tod kommt dieses Gebiet zu Österreich. österreichischer Komponist? Ja und Nein - Mozart das Wunderkind o Er hat sich schon früh mit Musik beschäftigt: mit 5 spielte er das erste Stück am Klavier und mit 11 komponierte er sein erstes Werk o der Vater „schleppt“ den Sohn durch Europa o die Werke aus seiner Kindheit und Jugend sind nicht im heutigen Konzertrepertoire (teilweise wird die Nummer 25 gespielt = komponierte er mit 17) o der Gymnasiallehrer Friedrich von Schlichtegroll war der erste Mozartbiograh hat den Mythos von Mozart als Wunderkind losgetreten er fokussiert vor allem die Kindheit Mozarts Mozart = Genie+ lebensuntauglich 31 © Mag. Carina Vogt - Mozart der Kindskopf/ der Unreife: o manche Indizien sprechen dafür o Bäsle-Briefe an seine Cousine Maria-Anna Thekla: sehr obszön und derb geschrieben für die ältere Mozartforschung waren diese Briefe ein Ärgernis, daher wurden sie gekürzt spätere Mozartforscher haben die Briefe schlecht gedeutet heute versucht man diese Briefe anhand der Anthropologie zu lesen durch solche Briefe ist das Bild von Mozart als Genie gefährdet (Dekonstruktion: Mozart als Art Sokrates) o Mozart verwendete gerne und oft anrüchiges Vokabular, v.a. verwendete er Fäkalwörter: im Köchelverzeichnis wurden seine Titel teilweise umbenannt das Werk „Lass froh uns sein“ hieß nach Mozart: „Leck mich am Arsch“ litt Mozart am Torrettsyndrom oder war es seine Form der Gesundheitslehre? o es gibt eine Reihe von Zeugnissen zu dem Mythos Mozart der Kindskopf o seine Schwester: schrieb, nach seinem Tod „Außer der Musik war und blieb er immer ein Kind“ vielleicht war das aber auch nur ein projektiertes Bild von ihrem Vater o Caroline Pichler: österreichische Schriftstellerin der Napoleonischen Zeit ließ die Legende des unreifen Genies weiterleben „platte Scherze und ein leichtes Leben“ so beschrieb sie Mozart und „Haydn und Mozart waren schlichte Gemüter, aber musikalische Genies“ o Wolfgang Hildesheimer: schrieb 1977 eine Biographie „Mozart“ ist eine Metabiographie (= beschreibt wie eine Biographie aufgebaut ist: nicht nur das Leben abspulen, sondern über das Wesen der Biographie nachdenken) daher nicht nur interessant für Musiker, sondern auch für Germanisten. er zweifelt an totaler Erklärbarkeit des Charakter Mozarts o Mozart der sich nicht weiter entwickelt (gleicher Charakter sowohl als Jugendlicher als auch als Erwachsener) o Schlussfolgerung: Blick auf den wahren Mozart wird immer wieder verstellt, auch durch ihn selber o Klischees werden durch das Genre der Musik weiterleben o Peter Shaffer: sein Theaterstück „Mozart“ hatte 1979 Uraufführung Mozart erscheint von infantiler Körperlichkeit getrieben und gebärdet sich antihöfisch der Gegenspieler Mozarts in dem Stück ist Antonio Salieri (= hält sich an Regeln und Disziplin ist somit eine andere Figur als Mozart) 1994: kommt es zur Verfilmung: Oscarauszeichnung - Mozart der Vielschreiber: o dieses Bild von Mozart stimmt: er zählt zu den Komponisten mit den meisten Werken o er komponierte 202 Stunden Musik (= 27 Jahre / im Vergleich: Haydn hat 320 Stunden = 54 Jahre komponiert, wurde aber auch wesentlich älter als Mozart) o Mozart war ein Vielschreiber und ein Universal auf allen Ebenen der Musik: er hatte keinen Schwerpunkt und war in vielen Sparten nachhaltig komponierte Klavier-, Opernkonzerte, Kammerspiele und geistliche Musik (vergleichbar mit Goethe) o Mozart war schnell: sein Arbeitstempo wurde Gegenstand von vielen Anekdoten o Johann Pachter: lud Mozart ein, dieser kam eine Stunde früher und soll in dieser Stunde Tänze komponiert haben (eher unglaubwürdig) 32 © Mag. Carina Vogt - Mozart der arme Künstler: o dieses Bild passt ins Klischee des brotlosen Künstlers o Mozart wurde gut bezahlt, die Aufträge sind aber sehr unregelmäßig gekommen o sein Tod hat Auslandskonzerte verhindert o Mozart hatte einen sehr lockeren Umgang mit Geld: teure Wohnung, eigene Kutsche, Billardspiele mit Wetteinsätzen er hatte einen Hang zum Luxus - Mozart das Giftopfer: o berühmteste Legende o 1791: bekam Mozart den Auftrag zu dem Requiem: sein letztes, unvollendetes Werk, im Köchelverzeichnis Nummer 626 o Auftraggeber war der exzentrische Graf Franz von Walsegg (adeliger Dilettant) o vielleicht zum Zweck von musikalischen Ratespielen (zur damaligen Zeit sehr beliebt) oder er wollt es als sein eigenes Werk ausgeben o Legende: Antonio Salieri verkleidet sich als Auftraggeber des Requiem Drama: „Mozart und Salieri“ von Alexander Puschkin (= Russe), 1832: Uraufgeführt Er vertritt die These, das Salieri Mozart umgebracht hat Mozart wird als Naturgenie dargestellt Salieri hat dagegen alles mit viel Blut und Schweiß erobert war neidisch auf Mozart Daher suchte Salieri Zuflucht in einer tödlichen Intrige Diese Legende ist nicht ganz ohne historischen Hintergrund: Mozart glaubte an eine Vergiftung, sein Sohn jedoch war gegen diese These Salieri wurde bis zu seinem Tod mit Vorurteilen wegen Mozarts Tod beschuldigt, aber Salieri fehlt das Tatmotiv, da er einen guten Posten hatte und somit keinen Grund für einen Mord VII.3.3. Nachwirkungen in der deutschen Literatur VII.3.3.1. E.T.A. Hoffmann - er war ein großer Mozartfan das A. in seinem Namen steht für Amadeus, eigentlich hieß er Wilhelm ( Mozart hieß eigentlich Theophilus, nicht Amadeus) - Hoffmann war Schriftsteller und Musiker= Komponist (in Bahnen des konventionellen) - sagt über die Oper „Don Giovanni“: Oper aller Opern - sieht Mozart unter dem Blickwinkel des Romantischen - meint, dass Mozart nur von einem Künstler verstanden werden kann (also von sich selber) VII.3.3.2. Eduard Mörike - schrieb die Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“ - frei erfunden - ist ein kleines Charaktergemälde Mozarts - historischer Hintergrund: Mozart war 2 Mal in Prag wegen Uraufführungen: hatten größeres Echo als die Aufführungen in Wien - Novelle: Sündenfall: Mozart pflückte eine Pomeranze am Ende bekommt er sogar eine Kutsche geschenkt - Zeigt die Melancholie Hand in Hand mit dem Künstlertum - Novelle um Kunst: bringt Gefährdung des Künstlers - hat einen schwermütigen Grundton (setzt voraus, dass man weiß, dass Mozart früh gestorben ist und eigentlich noch viel hätte schaffen können) - Mozart als Paradigma des Künstlers Realfigur wird zur Kunstfigur 33 © Mag. Carina Vogt VII.4. Ludwig van Beethoven VII.4.1. Beethoven als Prototyp des romantischen Künstlers - - Beethoven ist ein anderer Typus Künstler als Mozart und Haydn er gehört zu den Typus romantischer Künstler. er verfolgt bestimmte Maxime (konzentriert sich auf das Endprodukt) wollte den richtigen Weg finden er hat so lange komponiert, bis er das Beste fand Beethoven hat einige Skizzen hinterlassen, diese sind sehr schwer verständlich, da er sie nur für sich selber geschrieben hat ein Komponist hat viele Jahre später versucht Werke aus diesen Skizzen heraus zu spiele Ergebnis war etwas vollkommen anders Klingendes als man B. kennt oft schrieb Beethoven mitten in der Nacht oder während einem Spaziergang seine Ideen auf, je nachdem wann ihm etwas „Brauchbares“ in den Sinn kam er zog dauernd um für die Kunst gab Beethoven sein irdisches Glück auf: er hatte es schwer mit Frauen und mit Freundschaften (aber er wird auch teilweise als freundlich genannt) er nahm exzentrische Eigenschaften an Typus des Sonderlings Beethoven hatte ein ungepflegtes Äußeres: z.B. struppiges Haar im Haus herrschte laut Berichten von Zeitgenossen immer Chaos 1809: Erklärung, wie B. lebt Beethoven ein „Zugereister“ aus Bonn VII.4.2. Beethoven und Napoleon - Real-historischer Hintergrund VII.4.2.1. Napoleon und Österreich - Napoleon war bemüht Nachfolger zu bekommen seine erste Frau schenkte ihm keinen durch Marie Luise von Österreich (wurde eigentlich als Gegnerin der französischen Revolution erzogen) bekam er einen Nachfolger, außerdem heiratete er durch diese Hochzeit in eine bedeutende Familie ein = Habsburger war jedoch keine Verbindung aus Liebe, sondern aus Staatsgründen - 1 große Niederlage von Napoleon: bei Apsern 1809 unter Erzherzog Karl - Napoleon war eine zwiespältige Person für Österreich - Grillparzer „gab“ Napoleon gewisse dämonische Anziehungskräfte - Heinrich von Collin: schrieb ein Theaterstück „Coriolan“: Beethoven schrieb dazu eine Ouvertüre nicht sehr erfolgreich das Stück VII.4.2.2. Wandel in Beethovens Haltung - Beethoven hatte unterschiedliche Stadien in der Napoleonrezession das bekannteste Stück: „Eroica“ = 3. Sinfonie o das Stück dauert etwa ¾ Stunde = sehr lang o für Beethoven: Napoleon repräsentiert die Ansichten der französischen Revolution o als sich Napoleon 1804 selber krönt sorgt das für Verwirrung bei Beethoven (ist das Gegenteil von der französischen Revolution) o daraufhin zerreißt Beethoven ein Titelblatt mit Widmung für Napoleon o Ferdinand Ries (Komponist): Beethoven über Napoleon „ist der auch nicht anders wie jeder Mensch“ o Wien wird 1805 und 1809 von Napoleon besetzt 1805: Einzug nach Wien: Napoleon zieht ins Schloss Schönbrunn ein o Beethoven sieht sich in seiner Existenz bedroht meint, dass er wenn er die Kriegskunst beherrschen würde Napoleon besiegen würde o brüchiges Verhältnis zwischen Beethoven und Napoleon 34 © Mag. Carina Vogt - „Wellingtons Sieg oder die Schlacht von Vitoria“: 1813 o Napoleon ist es schlechter gegangen o das Stück ist das finanziell erfolgreichste Werk der Erlös ging an Kriegsopfer o Orchesterwerk o ursprünglich war es für Musikautomaten geschrieben o es ist ziemlich „spektakelhaft“ (Schlachtmusik) - „der glorreiche Augenblick“ = Opus 137 o 1814: Uraufführung von Beethoven selbst geleitet o ist das Unbekannteste von diesen 3 Stücken o 1814: Wiener Kongress ca. 10.000 Gäste in Wien Danach war Wien pleite es kam zur Inflation und Teile des Adels waren bankrott o ist ein Auftragswerk (wurde mit großer Begeisterung aufgenommen) o heute: wird es kaum noch aufgeführt o ist zeitgebunden (Text wurde von einem Chirurgen geschrieben) o es ist ein Bekenntnis zu Europa und ein Lob an die Union gegen Napoleon, aber die Habsburger werden verherrlicht Lobgesang auf die Stadt Wien = propagandistische Übertreibung Ruf Wiens als Kulturmetropole war durch Haydn, Mozart und Beethoven gesichert!! Kapitel IIX) Biedermeier IIX.1. Kennzeichen der Epoche IIX.1.1. Politische Voraussetzungen IIX.1.1.1. Wiener Kongress - letzte Friedenskonferenz bei der Sieger und Besiegte gleichberechtigt an einem Tisch gesessen sind - Restauration: o Zustand von 1792 soll wieder hergestellt werden Ordnung vor den Umbrüchen Napoleons - Legitimität: o Die alten Herrscher / Dynastien kehren wieder auf die Throne zurück z.B. Bourbonen - Solidarität: o Die Fürsten halten zusammen zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen gegen Revolution und Nationalismus Wurzeln für Friedensphase, welche dann in den 20ern zerbröckelt entladen sich dann 1848 IIX.1.1.2. Periode der Reaktion - D geht in Mitteleuropa einen Sonderweg Partikulare Interessen stehen der Ausprägung eines Nationalstaates im Wege (FR und England bereits Nationalstaat) - 1815-1868 Deutscher Bund, kein vereintes D, sondern ein Bund aus 30 souveränen Mitgliedern (Ö und Preußen auch, allerdings nur mit einem Teil des Staatsgebietes) - Kaiser von Ö ist überfordert was die Belange eines Nationalstaates betrifft o reagiert mit Abwehr gegen jede Modernisierung o Demokratie und Revolution sollen unterdrückt werden o liberale Ideen sind unerwünscht o Karlsbader Beschlüsse 1819 polizeiliche Disziplinierung wird verstärkt Unruheherde werden verstärkt überwacht (Universitäten, Pressefreiheit eingeschränkt,…) 35 © Mag. Carina Vogt IIX.1.2. Begriff des Biedermeier - - - - Kein ö.spezifischer Begriff, sondern auf ganzen deutschen Sprachraum anwendbar Satirisch herleitbar: Gottlieb Biedermaier (mit ai) eine Figur von Eichrodt (spießbürgerlich) Nicht auf eine Spate der Kunst allein anwendbar: o will Brücke zw. Romantik und beginnendem Realismus darstellen o Stilpluralismus o politische Enthaltsamkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite Weltschmerzdichtung, liberale Emanzipation,… versch. literarische Artikulationsmöglichkeiten o Hilfskonstruktion um dies zu überbrücken Das Biedermeier will: o das heroische abwehren o gewisse Verbundenheit mit dem Ländlichen zeigen o Detailgenauigkeit bei Lockerung der Form o reflexive (zurückbeziehende) Elemente o Erodieren traditioneller Formen Kleine Formen in der Gebrauchsliteratur Zensur großes Thema österreichische Autoren sind in andere Länder ausgewandert Rückzug ins Häusliche Themen aus der Alltagswelt, … Musik pflegt Formen für deren Realisation nur wenige nötig sind Hausmusik: im Familiären Kreis werden Stücke aufgeführt; in der Erziehung wurde das Können eines Instruments als wichtig angesehen Die Schöne Müllerein, der Erlkönig stammen hierher - Möbel richten sich nach Nutzen und Zweck Porzellan spielt große Rolle: 1717 Manufaktur in Wien Augarten Porzellan Krise im 18. Jh. (billige Konkurrenz aus FR) Orientierung an bürgerlichem Geschmack Schlichteres Design; Stickmustertücher mit erbaulichen Sprüchen mit Ornamenten oder Bildchen von Pferden… - Mode: o Herrenmode orientiert sich am englischen Einfluss o Damenmode Einfluss aus FR größerer Prunk als zu napoleonischen Zeit o Weniger auf Arbeit wertgelegt mit den Ärmeln und einem Korsett kann man keine normale Arbeit ausführen Ohnmachtsanfälligkeit wurde immer wieder Thema der Schriften IIX.2. Musik IIX.2.1. Grillparzer und die Musik - Autor der bei sehr oberflächlichem Hinsehen das Bild des biederen Beamten vermittelt „Bedürfnis Ös nach einem Klassiker“ in seinen Texten ist sehr häufig eine 2. Ebene eingezogen, die da ist weil es keine adäquaten Artikulationsmöglichkeiten gegeben hat, sonst Zensur Reihe seiner Gedichte wurden nicht publiziert das waren scharfe Texte gegen Habsburger etc. Viele Verschlüsselungen z.B. der Nationalitätenkonflikte „Der arme Spielmann“ o Erzählung die um die Musik kreist o Dilemma des Musikers der versucht durch Improvisationen die Kunst zu realisieren, die anderen aber nehmen das als Geächze war o Antiromantischer Duktus: nicht mehr möglich ein absolutes Kunstwerk zu schaffen 36 © Mag. Carina Vogt - Vorbehalte gegen Weber, Wagner, Beethoven: o Er würdigt Beethoven als den gr. Komp. seiner Zeit, aber er habe Probleme mit dessen Leidenschaftlichkeit (zwiegespalten) o Kritische Einstellung ihm gegenüber, dennoch wollte er an einem Opernlibretto für B. arbeiten 1823 Vertonung durch B. kam aber nicht zu Stande, sondern von Kreutzer o G.s Grabrede auf B.: (Seite 1) 1827 zeigt sich erschüttert und verfertigt schnell die Grabrede (musste auch zum Zensor) und wird dann durch einen Schauspieler gehalten IIX.2.2. Franz Schubert - Komponist der als frühvollendeter gilt Wird nur 31 Jahre alt, hinterlässt aber ein sehr umfangreiches Schaffen 1828 stirbt in Wien Tiefe seines Könnens wird erst nach seinem Tod erkannt Robert Schumann etc. tragen seinen Ruhm weiter er gilt als der Liederfürst über 700 Lieder sind erhalten von ungefähr 120 untersch. Dichtern zum Teil Freunde Schuberts die ihm Verse, Gedichte gegeben haben und die er umgesetzt hat z.B. Johann Mayrhofer: o Dichter den Schubert nach Goethe und Schiller am meisten vertont hat o waren Freunde, wohnten 2 Jahre gemeinsam o Schubert eher der Romantik, M. rückwertsgewandter Weltschmerz, in der Dichtung der Aufklärung beheimatet o hypochondrische, melancholische Gestalt, (S.3 Wurzeln in der antiken Literatur) o S. übernahm die Texte dann nicht 1 zu 1 sondern dichtete um so dass es zur Melodie passte o M. stürzte sich aus dem Fenster weil er Angst vor der Cholera hatte IIX.2.3. Die Strauß-Dynastie IIX.2.3.1. Wien und der Walzer - Soziale Voraussetzungen: Franz. Revolution, Wechsel der Mode - Wien wurde für Ballkultur berühmt - Zügellose Faschingsauslebung wurde auf den Straßen verboten Tanzverlagerung in die Räumlichkeiten neue Tanzschulen, Tanzmeister als Reaktion auf Nachfrage nach neuen Tänzen - Geschmackswandel in der Bevorzugung gewisser Tänze Menoett mit gelähmter Choreographie und nichts individuellem; der Walzer aber durchbricht dieses Starre, höfische Disziplin Tanzextase wurde als Kennzeichen des allgemeinen Sittenverfalls angesehen - Wiener Kongress hier erstmals für die Jüngeren zu späterer Stunde Als die Gäste wieder nach Hause fuhren verbreiteten sie Wien als Walzer und Musikstadt - Körperbetontheit großes Thema - Galopptanz nur 2 bis 3 Minuten weil er so anstrengend war IIX.2.3.2. Familie - Gr. Rolle in der ö Erinnerungskultur - 1992 Werke durch Verlagsgruppe Hermann herausgegeben - 4 Sträuße: der Vater und die 3 Söhne - Johann S. Vater 1804 –1849 o Aus kleinen unauffälligen Verhältnissen o Gr. Rivale: Lanner musizieren zuerst zusammen, gehen dann aber getrennte Wege, dennoch Freunde o Mit eigenem Orchester durch Europa getourt großer Erfolg, v.a. in Paris Quadrillie (Modetanz mit festgelegter Schrittfolge) importiert er aus Paris o Nicht nur Tanzunterhaltung sondern auch Bearbeitung zeitgenössischer Symphonie und Opernmusik wird auch von weiteren Generationen übernommen 37 © Mag. Carina Vogt - - - Johann S. Sohn: o Ältestes von 6 Kindern o Walzerkönig o Freundschaft mit Brams o Wagner schätze ihn o Über 500 Nummern umfasst sein Werkkatalog o Aber seine Werke sind zum Teil verschollen oder nur Titel bekannt und zum Teil versch. Titel für das gleiche Werk Problem bei der Zusammenfindung o V.a. Instrumentalmusik, aber auch Konzertmusik o Bei Bühnenwerken kein gutes Gespür oft umgeschrieben Joseph S. o Maschine zur Straßenreinigung entworfen o Melancholischer o Noch eine Spur talentierter o Er der begabtere, Johann der populärerer o 1852 bricht sein Bruder Johann aus Überlastung zusammen Joseph springt als Dirigent u. Komponist ein tut dies ohne vorher irgendeine Derartige Ausbildung zu haben Titel des 1. Werkes: „Die ersten und die letzten“ aber kommt so gut an, dass er weiter macht Eduard Strauß: o Bester Dirigent unter den Brüdern o 300 Musiknummern hinterlassen o lässt Notenarchiv der Straußkapelle verbrennen wollte nicht das andere Kapellen das nachspielen IIX.2.3.3. Beitrag zur österreichischen Identität - - - - 1. Jänner immer wieder Neujahrskonzert mit Straußmusik seit Silvester 1937 Werktitel die die Strauß hinterlassen haben vielfach Code geworden zur Behandlung des typisch Österreichischen Titel dienten als Indikatoren des Alltagsgeschehens Titel sind kompakte Vereinfachungen historischer Sachverhalte wenn auf Straußtitel Bezug genommen wird, dann geschieht das oft durch ironische Verdrehungen z.B. „an der GRAUEN Donau“ bei Franz Leha nach der Niederlage des 1. WKs Radezkimarsch – J. S. Vater: o Titel in dem versucht wird diesen Rückblick auf das sich auflösende Habsburgerreich zu komprimieren o Verstummen am Schluss steht für endgültiges Auflösen des Habsburgerreiches J. S. Sohn: Opus 314: „An der schönen blauen Donau“ o ein bestimmtes Ö-Bild schwingt mit o Nach der Schlacht von Königskrätz entstanden 1866 (Niederlage gegen Preuße) o nach ungarischen Literaten Karl Isidor Beck o zuerst Fassung für Männerchor o es herrscht Tanzverbot wegen des Kriegsverlusts o Text ist relativ schlecht, wird heute nur noch selten mit Text aufgeführt, wenn: umgedichtet o Bei Uraufführung nicht so große Resonanz, aber dann doch etabliert sich bald zum Symbol Wiens und zur heimlichen Hymne Ös patriotisches Volkslied ohne Worte o Straußdenkmal o Er besteht aus Einleitungsteil (dieser Teil ist meist nicht als Walzer erkennbar), dann Walzerkette ohne Einleitung und schließlich die Koda der Abschluss des Walzer Walzer haben sich von Tanzsaal in das Orchester gewandelt, weil sie vielschichtiger wurden durch sinfonische Gebilde 38 © Mag. Carina Vogt IIX.3. Malerei IIX.3.1. Ferdinand Waldmüller - - 1793-1865 malt mit Vorliebe in der Natur Prater, Wiener Wald, Salzkammergut Kopieren lehnt er ab Ging durchaus auf Konfrontationskurs wenn es um die Malerei ging Musste dennoch berufliche Sanktionen hinnehmen, ihm wurde Gehalt gekürzt und er wurde in Zwangspension geschickt Die Gratulation: o Verzichtet auf Dekor und Pathos o Alltagsereignis sehr detailgenau o Familie die sich zum Geburtstag des Großvaters versammelt o Anders als Naturalistische Darstellung: hier gedämpfte Armut, die nicht demonstrativ herausgestrichen wird Blick auf die Wirklichkeit wird entschärft durch bewusstes Weglassen, etc. Vorfrühling im Wienerwald: o Akribischer Hang zum Detail o Malt die Konturen sehr scharf, das Licht,… o Bei Romantischen Gemälden ist es leicht zu sagen, was die Bilder ausdrücken wollen (die Unendlichkeit, das Sehnsüchtige,…) o hier im B. wird Natur zwar auch gemalt, aber das Symbolische spielt keine Rolle, sie verweisen auf nichts was außerhalb des Bildes liegt, Alltagsszene die darauf abzielen eine fotographisch genaue Wiedergabe der Wirklichkeit zu sein IIX.3.2. Rudolf von Alt - Arbeitet ähnlich Von Vater Jakob von Alt gelernt Malte auch noch mit über 90 Jahren! Erlebte noch Züge des Expressionismus mit und bezog ihn in seine Arbeiten ein - 1831 Stephansdom in Wien: o mit 19 Jahren gemalt o sehr genau gemalt, mit den Schatten, etc. o hängt im Sommersitz des Bundespräsidenten - Konstantinsbogen in Rom: o 4 Jahre später o Rege Reisetätigkeit z.B. in die Schweiz regte seine Arbeiten an o Italien war Pflichtprogramm für Maler jener Zeit o Bild das den Bauzustand eines weithin ungezähmten Roms dokumentiert - Graben in Wien: o Blick Richtung Westen o Leopold der 3. erkennbar o Alltag im Zentrum der Metropole o Wasserträgerinnen, Bedienstete, Kutscher,… o Sehr gefälliges Bild o Eduard Forstmann: Wien wie es ist ein Reiseführer durch Wien: beschreibt den Graben ganz anders als Alt Zentrum des verruchten Wiener Lebens 39 © Mag. Carina Vogt - Sonnenfinsternis über Wien: o Ereignis das in der Kunstgeschichte und in der Literaturgeschichte große Resonanz gefunden hat o Metamorphose des Vertrauten plötzlich nicht mehr das Detail gemalt, sondern das Licht ein Licht- und Naturspektakel Düstere Vision einer fremden Welt o „Es wird um 2 Grad kälter wenn man das Blatt aus der Mappe holt“ - Adalbert Stifter zur Sonnenfinsternis: o Kurzes Prosastück der Naturbeschreibung o 6 Tage nach der Sonnenfinsternis in der Wiener Zeitung erschienen o Eindruck des Bedrohlichen liefert diese Naturbeschreibung o Fundamentale Erschütterung des Betrachters o Jemand schreibt, der sich dadurch erschüttern lässt (kein Naturwissenschaftler) o Das Erlebnis einer von Gott unausweichlich gestalteten Welt - B. hat viele Züge des Maskenhaften nicht so bieder wie man meint, wie es erscheinen will Kapitel IX) Gründerzeit IX.1. Historische Voraussetzungen - - Begriff Gründerzeit ist in D im engeren Sinn erst mit Sieg über FR 1871 Investitionen möglich kulturelle Entfaltung In Ö Begriff als Alternativbegriff für Ringstraßenzeit Regierungszeit Kaiser Franz Josephs hat am längsten regiert ab 18, löste seinen Verwandten ab Gütinand der Fertige Großdeutsch/Kleindeutsch – Problematik: o 1866 Preußen gegen Ö Schlacht bei Königgrätz Niederlage Ös o Kleindeutsche Lösung 1. Schritt zum späteren Nationalstaat D o Stellt weichen für ein geeintes D ohne Habsburger Sie müssen eine Reform durchführen Ausgleich mit Ungarn Stärkung der ungarischen Naitonalität 1867 Name Ö-U wird offiziell Folgezeit ist geprägt durch o Nationalitätenkampf in der kuk Monarchie: Vielvölkerstaat diese Nationalitäten hassen sich gegenseitig o und Massenparteien entstehen Sozialdemokraten die Nationalitätenkampf als Klassenkampf interpretieren sehen darin ein Symptom von Herrschaft, wenn D-Sprache als höherwertig angesehen werden IX.2. Mythos Sissi IX.2.1. Bild von Franz Xaver Winterhalter - Verzicht auf Herrschersymbole außer evt. die Haarsterne in Edelweißform verweisen auf die Bayrische Herkunft (Haus Ditelsbach) Verkörperin der Herrscherin als Luxusfrau gängiges ästhetisches Ideal Frau die kaum arbeiten kann an Arbeit wird nicht einmal gedacht Art der repräsentativen Darstellung Z.B. schon das Tüllkleid andere Art der eigentlichen Präsentation wie im Biedermeier (Seidenroben mit Schleifen und Bändern) neuer Modestil 40 © Mag. Carina Vogt - - Femme Fragile zerbrechliche Frau (Kindfrau) kein Mühsal zutraubar Schönheitskult hat sie praktiziert Selbstaggressivität europaweit gerühmte Schönheit empfand sie auch als Belastung Gedicht: An die Gaffer Ungeheurer Zeitaufwand jeden Tag Haarwäsche, die Haare waren so schwer, dass sie Kopfweh davon bekam, Ankleiden bis zu 3 Stunden (wurde immer eingenäht); hatte aber sehr schlechte Zähne öffnete beim Sprechen kaum den Mund Ewige Jugend noch als 50jährige hatte sie einen ganz schmalen Taillenumfang Alterungsprozess wollte sie nicht öffentlich werden lassen hielt sich dann immer den Fächer vors Gesicht wenn ein Fotograph sich näherte IX.2.2. Zwei Irrtümer begründen das Nachleben Sissis - Heirat mit Kaiser Franz Joseph o Er ist 23jährig und verliebt sich in 15jährige Cousine und verlobt sich nach 3 Tagen mit ihr in Bad Ischl o Ernüchterung aber nach der Hochzeit sie muss sich den Zwängen der Hofetikette fügen o Sie flieht in die Ferne und in die Kunst o Von den 44 Ehejahren nur 4 Jahre in Wien! o Gondelt in der Welt herum (z.B. Villa in Korfu) o Fan von Shakespeare, Goethe, Homer o Sie dichtete selber ihr Mann hatte dafür kein Verständnis 600 Durckseiten umfasst ihr eigenes Schaffen auch scharfe Kritik an den Habsburgern konnte sie nicht publik machen Heinrich Heine wurde für sie eine Bezugsfigur wurde zu einer Heinespezialistin sogar erotische Verschmelzungsphantasien Heine war ein Dichter der Mitte des 19. Jh. sehr stark umstritten war in der D Kulturgeschichte als Nestbeschmutzer bezeichnet wurde war nicht so gut dass sie so ein Fan von ihm war 1. Heinedenkmal überhaupt lies sie für Korfu machen, weil es in Ö nicht klappte Kaiser Wilhelm II. hat die Villa in Korfu übernommen konnte mit Heine nichts anfangen lies es entfernen heute in Frankreich in Toulon Sterbenden Achilles lies sie dort auch aufstellen Willehelm lies dann noch einen Heroischen Achilles dazustellen - Mythos um ihren Tod: o Luigi Lucheni war Anarchist brachten gekrönte Monarchen um o Eigentlich hätte der Herzog von Orleans umgebracht werden sollen kam dann nicht o Sissi als Ersatz mit einer Feile getötet o Lucheni informierte sich vorher sogar über die Anatomie des Menschen um das Herz zu treffen IX.3.1. Weiterleben in Film, Musik und Literatur - Filme: o Zeigt die Krisen, aber sie sind nur verübergehend o Vom historischen Standpunkt her sehr verfälscht o Sagen mehr über die 50er aus als über die Kaiserin Elisabeth o Darin ist die Sehnsucht nach der heilen Welt nach Kriegsende erkennbar In der Monarchie sah man das Bessere Renaissance märchenhafter Filmstoffe o Lebt in der Parodie weiter Bully Herbig es kann nur etwas parodiert werden, dass immer noch gängig ist 41 © Mag. Carina Vogt - Musical Elisabeht: o Komponist Silvester Levay o Sensationserfolg o Geht das ganze etwas komplizierter an o Mörder muss sich im Jenseits verantworten o Dann Biographie der Kaiserin aber Liebesgeschichte mit dem Tod anstatt mit Joseph - Biographie von Brigitte Hamann: o Historikerin o Setzte Maßstäbe im Ansehen von Sissi o Kitsch des Morbiden entgegen dem Kitsch der 50er - Andenken an Elisabeth in großem Maße durch Film und Musical aufrechterhalten worden IX.3. Die Operette IX.3.1. Begriff - - Diminutiv Verkleinerungsform „die kleine Oper“ Ein eigenständiges, musikalisches Bühnenstück Vermeidet das Pathos der großen Oper Ursprünge: o In den komischen Opern eines Bonizetti o Im Singspiel, … Sie ist eine Form des Unterhaltungstheaters soll Zerstreuung liefern Gängige Melodien die zum Teil zu Schlagern werden Liefern Möglichkeiten zu tänzerischen Einlagen Leben von gesprochenem Dialog Handlung die sehr verwickelt ist, aber meist untragisch und mit Happyend Situationschronik Oft als leichtgewichtiges Trivialtheater gesehen Volker Klotz: o Germanist 1991 o Buch Opperette o Versuchte sie vor diesem Ruf zu retten o Sie hat auch subversive Qualitäten IX.3.2. Lustspielpraxis in Wien - Orientiert sich am FR Geschmack eigene Theaterkuriere um in Paris geeignete Stücke zu kaufen Sie müssen übersetzt werden Übersetzer arbeiten so: liefern verwienerte Übersetzungen Originale waren auf Paris von Napoleon III. zugeschnitten, die Übersetzungen auf Wien Nestroy verwendete franz. Vorlagen (z.B. der Zerrissene) Jacques Offenbach „Orpheus in der Unterwelt“ 1858 in Ö ein großes Echo Ouvertüre ist aber gar kein Werk von ihm sondern von Carl Binder (ein Komponist der Stücke zusammenstellte) Offenbach ist in Wien ein Komponist der sehr beliebt ist 1860 tritt Nestroy auch in seinem Stück auf (Rolle des Jupiters) 70er geht die Vorherrschaft Offenbachs zu Ende große Niederlage der Franzosen darum auch ihr Einfluss geschwächt Franz von Suppé und Karl Millöcker Wiener Operettenschreiber 42 © Mag. Carina Vogt IX.3.3. Johann Strauß, „Die Fledermaus“ IX.3.3.1. Inhalt - Vorlage: Meilhac / Halevy „le Reveillon“ = Weihnachtsabend der Pariser, gleicht aber eher unserem Silvester kann man nicht auf Ö übernehmen beim Umgestalten - Franz. Original: o Mann (Notar) wird von Freund in Vogelkostüm ausgesetzt o Rache dafür - Karl Hafner übersetzte es Richard Genée überarbeitete dies dann zu einer Operette und Strauß schreibt die Musik dazu - Erster Akt: o Gabriel von Eisenstein Arreststrafe wegen Beleidigung einer Amtsperson o Rat seines Freundes Dr. Falke, sich in der Nacht noch beim Prinzen Orlofsky zu amüsieren. o er will sich aber für einen früheren Streich Eisensteins revanchieren o Rosalinde = seine Frau glaubt er geht ins Gefängnis + Kammermädchen Adele gibt vor kranke Tante besuchen zu wollen gibt ihr frei o Alfred kommt um sich mit Rosalinde zu vergnügen vom Gefängnisdirektor Frank gestört, der Eisenstein abholen will Alfred gibt sich aus Rücksicht auf Rosalinde, als deren Gemahl aus und lässt sich abführen - Zweiter Akt: o Dr. Falke verspricht dem Prinzen, dass er heute noch viel zu lachen haben werde. o Eisenstein tritt als „Marquis Renard“ bei ihm auf, Adele wird als die junge Künstlerin Olga vorgestellt. o Gefängnisdirektor Frank wird als „Chevalier Chagrin“ in die Gesellschaft eingeführt, o Rosalinde als ungarische Gräfin verkleidet – Dr. Falke hat sie kommen lassen mit dem Hinweis, ihr Ehemann sei dort o Es gelingt ihr, dem von ihr faszinierten Eisenstein (der sie nicht erkennt) seine Taschenuhr zu entwenden, die sie benötigt, um ihrem Gemahl (den sie natürlich erkannt hat) später seine Untreue zu beweisen. o Vom Champagner angeheitert, erzählt Eisenstein vor allen Gästen, wie er einst Dr. Falke blamierte, als er ihn in seinem Fledermauskostüm (sie waren auf einem Maskenball) dem Spott der Marktfrauen und Gassenbuben aussetzte. - Dritter Akt: o Am Morgen: Frank will seinen Dienst als Gefängnisdirektor antreten. o Der noch schwerer betrunkene Zellenschließer Frosch soll berichten, was inzwischen vorgefallen ist o Adele ist Frank gefolgt gibt zu, wer sie wirklich ist, und bittet den vermeintlichen Chevalier, sie für die Bühne ausbilden zu lassen o Eisenstein, der seine Strafe antreten will, kommt und erfährt von Frosch, dass er, Eisenstein, doch schon gestern eingeliefert worden sei. o Rosalinde kommt Eisenstein durchschaut das Verhältnis wird jedoch kleinlaut, als Rosalinde ihm die Uhr vorweist, die sie ihm abgenommen hat. o Die ganze Festgesellschaft mit Prinz Orlofsky und Dr. Falke trifft ein Die gesamte Inszenierung war die gelungene „Rache der Fledermaus“ Falke. - Champagner-Oper - Utopie über eine Partykultur Alles was vorkommt ist Feiern, Maskerade und Unverbindlichkeit - Maskerade war ja auch schon bei Elisabeth die sich hinter Schönheitskult versteckte und auch bei der Ringstraße geht es ja darum Grundbegriff der Gründerzeit - Verkleidung Kaum jemand bleibt unverkleidet - Typus des „3. Akt Komikers“ ist mit dem Annehmen der falschen Identitäten überfordert - Wirkt sehr lustig hat aber auch einen 43 © Mag. Carina Vogt IX.3.3.2. Gesellschaftlicher Hintergrund - Große Wirtschaftskrise: o 73 im Prater große Weltausstellung eröffnet gedacht als Symbol wirtsch. Stärke und eines neuen Wiens dass sich dahingehend zeigt, dass die alte Stadtbefestigung geschleift wird man will alles bisher Dagewesenes überbieten es entsehen Hotels, eine riesige Kuppel wurde gebaut, … o 8 Tage nach der Eröffnung (8. Mai) bricht dieses Bild zusammen Wirtschaftskrise wurde mit Königkrätz verglichen hielt bis zu Ende der Monarchie o zugleich noch Cholerakrise große Seuche o Zustrom nach Wien praktisch gleich null o Operette als Fluchtort in eine heile Welt Spiegel der guten alten Zeit o Wirtschaftskrisen sind Konjunktur für Schwindler etc. in die Fledermaus integriert in der Maskarade und der Betrügerei - Maskenbälle: o Gesellschaftliche Höhepunkte des Kulturlebens o Meist Rahmen für Uraufführungen o Was der 2. Akt der Fledermaus zeigt wurzelt in der Realität - Gefängnisse: o Wenn man in das Gefängnis muss, muss diese Haft auch unangenehm gestaltet sein o Ankettung, Prügelstrafe, … Kontrast zur Freiheit o In der Fledermaus wird dort aber gesungen, keine Prügel, etc. Gegenutopie zu den tatsächlichen Gefängnissen jener Zeit, soll gerade kein Abbild der Realität sein Heterotopie = Ein Ort der sich selbst maskiert o es fehlt also der Realitätsbezug fordert die Zensur nicht heraus IX.3.4. Die „silberne Operette“ - - = eine Form der Weiterentwicklung der O. gibt sich der Rührseeligkeit hin (Paganini 1925 Stargeiger seiner Zeit u. komponierte unheimlich schwierige Violinstücke) es werden exotische Kulissen übernommen (z.B. China) O. in Österreich Standesunterschiede wurden thematisiert Auf- und Abstieg Liebesgeschichte von 2en die aus versch. Ständen kommen … In FR anders viel parodistischer und zynischer Ironischer Zugriff ging verloren 20er Jahre Krise der Operette O. wird Kitschtheater nach Karl Kraus er war Offenbach und Nestroy Fan sein Text (Handout) richtet sich gegen Operettenschande der Gegenwart (Rationalisierung und Psychologisierung) Zwischenkriegszeit stellt wirklich ein Übergangsstadium für die O. dar sie bekommt Konkurrenz durch Musicals und Stummfilm werden schließlich nicht mehr geschrieben IX.4. Die Ringstraße IX.4.1. Konzept - Man hofft bei Beginn auf Großdeutsche Lösung mit Wien als Gesamtdeutsche Hauptstadt Während der Bauzeit wird es durch Bismark aus dieser Idee herausgerissen war eigentlich als Prachtstraße für ein Großreich gedacht 44 © Mag. Carina Vogt - - Stil der auf frühere Stile zurückgreift Rückbesinnen auf Geschichte war wichtiger als Leistung etwas Neues in die Welt zu setzten Aber es ist nicht egal welchen Stil man für welches Bauwerk wählt o Parlament sieht aus wie Bauwerk der alten Griechen weil sie Demokratie erfunden haben o Rathaus im Stil der phlemischen Gotik Stil des Unabhängigkeitsgeistes wiederspiegeln o Geist der Renaissance sollte sich auf alle Lehrenden und Studierende ergießen Universität in Renaissancestil Alte Befestigungsanlagen wurden zerstört Militär war davon nicht begeistert Alter Paradeplatz heutiger Rathauspark Ringförmige Untertunnelung mit Markthallen und Kasernen umsetzen Gottfried Semper Architekt war geplant, konnte man nicht IX.4.2. Beispiele IX.4.2.1. Ringtheater - Gibt es heute nicht mehr - Als Komische Oper am Schottenring eröffnet - 7 Jahre bis 1881 bei 2. Vorstellung von Offmans Erzählungen setzt ausströmendes Gas die Bühne in Brand viele, viele Menschen starben (Licht musste abgedreht werden und Türen gingen nach innen auf!) 400 Tote! - Im Nachhinein baute man vorsichtiger auch weltweit großes Augenmerk auf Sicherheitsvorkehrungen IX.4.2.2. Votivkirche - Ist aus einem hochpolitischen Anlass gebaut worden Gescheitertes Attentat durch Schneidergesellen auf Kaiser von Fleischhauer verhindert (ihm wurde eine Straße gewidmet) - Imitation franz. Kathedralen in Neogothik fügt sich in europ. Gesamttrend man versucht z.B. am Kölnerdom die Arbeit fortsetzen, die Jahrhunderte brach lag - Sie liegt auf einer Achse mit dem Stephansdom und sie schauen sich an (Ausrichtung nach Osten) IX.4.2.3. Staatsoper - Bau fällt in eine Zeit in der Sich Metropolen mit repräsentativen Opernbauten schmücken - Die 70er Jahre: Dresdner Semper Oper, Parlai in Paris,… - Die Wiener Staatsoper sofort kritische Stimmen, da sie nicht am Ende eines großen Prachtbullevards liegt, sie hätte schlechte Akustik, und ihr Erdgeschoss liege zu niedrig Architekt begeht Selbstmord! IX.4.3. Ringstraße und Literatur - In den Wiener Eligien anspielend auf die röm. Eligien (Gedicht, das nach heutigem Verständnis meist traurige, klagende Themen zum Inhalt hat) Wiengedichte in hoher Stillage eine Perspektive auf das Kaiserliche Wien mit Aufzählung der neuen Bauwerke Wiens Ringstraße ist aber auch ein Ort der Modernen Literatur Ernst Jandel, Bernhard, Gerhard Roth, Josef Haslinger, … nicht nur Museum sondern lebendiger Schauplatz moderner Dichtung 45 © Mag. Carina Vogt Kapitel X) Wiener Moderne X.1. Voraussetzungen - - - - - Ö-U größter Staat Europas Wien hat seit der Mitte des Jh. enormen Bev.zuwachs 4. größte Stadt Europas mit 2 Mill. Einwohnern um 1910 Epigonalität = Intention nichts Innovatorisches zu betreiben, sondern zu Wiederholen man produziert etwas Neues mit Berufung auf die Ästhetik von früher Die Junge Generation sieht das als Hemmung Moderne und Antimoderne stoßen in Wien aufeinander Phänomen der Beschleunigung: o International o Mentalitäts- und Kulturgeschichtlich nicht zu leugnen: alles wird rascher o V.a. der Verkehr im 19. Jh. Grundlegende Wandlung: von Cäsar bis jetzt immer im gleichen Tempo, jetzt die Eisenbahn und dann das Auto Zeitautonomie individuell bestimmen „Temporausch“ Neue Medien: o Werden häufig als schädlich abqualifiziert: o Kino man wird wirr im Kopf wenn einen die flackernden Bilder in den Kopf eindringen o Schreibtelegraph 100.000 Wörter pro Stunde schneller als Schreibmaschine o Telefon Beschl. der Kommunikation o ermöglicht Geschwindigkeitszunahme aber auch Behaglichkeit (durch Licht, etc.) Zeitalter der Nervosität: o = Reizwort als Synonym für Aggression die latent in einem vorhanden ist o = mehrdeutiges Phänomen das von der Schwäche bis zur Überreizung fassbar wird, eine Erscheinung der Moderne o alles sei Nervosität sogar der 1. Weltkrieg sei das gewesen! o Dekadenzdiskurs: N. als Zeichen der Schwächung = Symptom des Niedergangs, der v.a. in den Großstädten vorhanden ist o N. wird als Phänomen der akademischeren Schichten Bürgerliche Schicht ist anfälliger (Kaufleute, Beamte, Studenten, Lehrer, Schriftsetzer, Telefonistinnen,…) Alles wird moderner, auch z.B. die Malerei: o Abstrakte Malerei verweigert sich Gegenstände darzustellen o An den Grundkategorien wird gerüttelt o Gegenästhetik … und die Musik: o Richard Wagner ihn zu hören sei gefährlich gesundheitsschädigenden Charakter großen Einfluss auf die deutsch. Literatur o Weltwirkung bekommen: Breites Symphonisches Spektrum (Anton Bruckner, Brahms) Nationale Schulen (Kronländer haben große Bedeutung, Böhmen, Ungarn (Franz List)) Unterhaltungsmusik (Walzer, Operette) o Um 1900 Gustav Mahler: setzt sich über die symphonische Form / Tradition hinweg Instrumentales und Vokales verbunden, es wird gesungen,… gewohnte Dimensionen werden gesprengt (Aufwand der nötig ist, enormer Umfang) o Man versucht sich einer fundamentalen neuen Sprache hinzuwenden = 12 Ton Musik 12 Töne die es gibt, sind alle gleichberechtigt es gibt keinen Grundton mehr die gewohnte Harmonie wird auf den Kopf gestellt das was bisher in der Musik üblich war wird ignoriert Franz List machte das schon früher, aber große Konjunktur erst nach dem 1. WK 46 © Mag. Carina Vogt X.2. Neue Wege zur Erkenntnis X.2.1. Ernst Mach - - - Interessanter Lebenslauf o Gym. Seitenstetten abgebrochen o Tischlerlehre o Nimmt alte Schule wieder auf o Studiert mit 28 Jahren Ordinarius für Physik (Physikalische Einheit nach ihm benannt) o Wechselt zur Philosophischen Fakultät Sinnes- und Erkenntnistheorie Hauptwerk: Analyse der Empfindungen 1866 o Parallelisiert Materie und das Ich o Materie ist etwas Unbeständiges, nur oberflächlicher Eindruck suggeriert, dass sie beständig ist o Nur durch die Kräfte der Kollision wird sie zusammengehalten o Genauso wenig wie die Materie zu fassen ist, ist auch nicht das Ich zu fassen Ich unterliegt ständigem Wandel, Persönlichkeit ist Illusorisch, da sie Kontinuität voraussetzt, es ändert sich aber von Wahrnehmung zu Wahrnehmung o Empiriokritizismus = Real. Sicherheit wird erschüttert / Welt infragegestellt stellt sich in eine Reihe mit Einstein und Max Plank nach denen die Welt auch nicht mehr wie vorher war Arthur Schnitzler: o hat diese Idee 1904 kennen gelernt (Handout) o Anatols Größenwahn hat er aber schon vorher geschrieben o Unbeständigkeit des Ichs z.B. durch Wechsel der Meinung mitten im Gespräch,… o Titelfigur als Repräsentant der Unbeständigkeit X.2.2. Sigmund Freud - Zu Lebzeiten sehr umstrittene Figur Außenseitererscheinung in den Akademikerkreisen, Hassziel v.a. aufgrund seiner Vorstellungen zur Sexualität v.a. Kindersexualität Unterzieht die Menschheit einer Fundamentalen Kränkung (Darwin und Galileo) „Mensch ist nicht mehr Herr im eigenen Haus“ Jüdische Herkunft 1938 musste er emigrieren Wirkt von Wien aus X.2.2.1. Psychoanalyse als Modell zur Welterklärung - Umfeld des Klinischen entsprungen (der Psychiatrie) - Wird generell zu einem Motor des Denkens in der Moderne gemeinsam mit Marxismus beide: o Anspruch darauf, dass man alles erklären kann, man kann Netz über alle Phänomene stülpen o verborgendes Element hinter allem, die Subtexte: Marxismus: Zusammenspiel gesellschaftlicher Phänomene Psychoanalyse: Zusammenspiel psychischer Phänomene o darauf aus falsches Bewusstsein zu enthüllen und zu therapieren, setzen aber untersch. Prämissen unbewusste Kräfte welche die Kontrolle übernehmen Prozess der Selbsterkenntnis ermöglicht die Heilung des Patienten - P. als universales Modell Bezug zur Literatur: o Hat Freud auch selbst gehabt o War als Leser Ausnahmeerscheinung, konnte nach einmal lesen eine Seite auswendig o Ödipuskomplex, Narzismus Begriffe aus der gr. Mythologie o Freud war als Literaturwissenschaftler unterwegs, z.B. Deutung von Hamlet, oder zu Arbeiten von ETA Hoffman Johannes Wilhelm von Jensen und seine Erzählung, Pompejinovelle Gradiva hier ist Freuds Deutung bekannter als das Werk dazu 47 © Mag. Carina Vogt X.2.2.2. Freud und die Zeitgenossen - Schnitzler der als Psychologe in der Literatur tätig ist o wird oft als sein Zwilling bezeichnet o Schnitzler hat Freud um die geheime Kenntnis um die Psyche beneidet o Art des Schreibens als Zugang zur Seele o Doppelgängerscheu Freud war es unheimlich eine Seelenverwandtschaft mit ihm anzunehmen o S. selbst hat sich gegen Einfluss von F. verwehrt Lit. könne mehr Zugang gewähren als Psy. - Karl Kraus: o Ablehnende Position gegenüber Freud o Er wolle bei der Thematik der Kinder eher mit Jean Paul gehen, als mit Freud o Psychoanalyse ist die Geisteskrankheit für deren Therapie sie sich hält o Beiden war es aber ein Anliegen, die Befreiung der Sexualität aus den Fesseln voranzutreiben, beide duldeten keine andere Position neben sich selbst X.2.3. Ludwig Wittgenstein X.2.3.1. Sprachenproblematik in Österreich - Die Psychoanalyse kann den Ort des Unbewussten im menschl. Körper nicht angeben, nur im Traum und in der Phantasie in Form eines Zeichens erscheint es Unbew. und Sprache stehen in starker Verbindung - Sprachenproblematik in Ö Welt der Bilder und Symbole wird bevorzugt Mehrsprachigkeit verleiht Ö einen einzigartigen Status in Europa nur 1/3 Deutschsprachig wenn in Ö Sprache behandelt wird, immer Aura des Politischen dabei Nicht nur Sprache und Unbewusstes sondern auch Verflechtung Sprache und Politik - Sprache als Auslöser für Regierungskrisen: o Z.B. Sprachreform von Kasimir Badeni Ziel: Zweisprachigkeit für böhmische Beamte (Deutsch und Tschechisch) für tschechische Beamte kein Problem, aber die Deutschen lehnten das Erlernen der minderwertigen Sprache ab! Durchsetzen nicht möglich gewalttätige Auseinandersetzungen im Parlament Badeni wurde gestürzt Ausgleich nicht möglich - Monarchie sei an ihrer Unaussprachlichkeit zugrunde gegangen Voraussetzungen für Sprachphilosophie Wittgensteins X.2.3.2. Leben - letzte Worte: „Sagen sie ihnen das ich ein wundervolles Leben hatte“ - War selbstmordgefährdet, Brüder haben sich umgebracht - Immer wieder fundamentale Neuaufbrüche - Man würde meinen, er hätte es leicht in seinem Leben gehabt, wegen seiner Geburt in reichem Haus - Bruder Paul wird einer der gefeiertsten Klavierkünstler verliert seine Hand im 1. WK Klavierkonzerte für die linke Hand werden von nun an geschrieben! Komponisten schrieben extra damit er weiterspielen kann - Auch Ludwig ist ein Multitalent Fähigkeit analytischen Durchdringens von Musikstücken, Architekt für seine Schwester, entwickelt als Kind eine funktionierende Mininähmaschine auch beides Naturwissenschaflter und Phylosoph - 1. Weltkrieg als Zesur o gerät in Kriegsgefangenschaft und wirft dann sein Leben über Bord o verschenkt sein Vermögen an Freunde und Familie, will ein anständiges Leben führen o ergreift den Beruf des Volksschullehrers in Kirchberg am Wechsel, dann am College in Camebridge und schließlich hält er am Trinity College Vorlesungen (dort Traktatus geschrieben) aber eher spontaner Gedankenaustausch und Dialog mit Studenten - Wird Britischer Staatsbürger und stirbt schließlich in Camebridge 48 © Mag. Carina Vogt X.2.3.3. Sprachphilosophie - Traktatus ist einziges zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk - Durchnummerierung von Arbeiten stammt von ihm - 5.6. ist sein Kernsatz o Sprache besteht aus Sätzen, diese können wahre oder falsche Aussagen sein o Welt besteht aus Tatsachen, nicht aus Sätzen o Welt und Sprache? So wie Welt in Landkarte abgebildet ist, sind die Tatsachen der Welt in Sprache abgebildet o Nur das was wahr ist, ist sagbar o Verbindung der Tatsachen in der Welt, entspricht dem Satz o Er kommt zu dem Schluss dass dieses Abbilden nur im naturwissenschaftlichen Diskurs möglich ist wenn Sätze nicht fähig sind Tatsachen abzubilden sind sie sinnlos Ethik und dergleichen entbehren der naturwi. Basis sind sinnlos o Worüber man nicht reden kann soll man schweigen Schweigen als letzte Konsequenz o Wittgenstein aber stellt Ethik und Metaphysik in Frage seine Philosophie müsste er auch in Frage stellen tut er später auch! X.3. Frauenbilder X.3.1. Otto Weininger - Wurde 1880 als Jude, bürgerlich geboren wurde Protestant Erschießt sich mit 23 Jahren als Ausdruck seiner Geistesgestörtheit bewertet Geschlecht und Charakter = Werk: o Seine Dissertation o Inhalte muten seltsam an o Ungeheures Echo zu seiner Zeit o Text der extrem Frauen- und Jugendfeindlich ist o Psychoanalyse und moderne Medizin werden radikal verworfen sei jüdisch geprägt o Folgte Idee der Bisexualität im Menschen seien weibliche und männliche Züge vereint nur Idealtypen in ihrer reinen Ausprägung, ist das was man als typisch weiblich sieht Beim Homosexuellen sei eine Dominanz des w gegeben sieht er als entartet o Stellt Prinzip m und w (wirklich abgekürzt) gegenüber im w sieht er das Unschöpferische, Triebhaft, habe kein Sensorium für Moral und Ethik, es ist defizitär hat all das nicht worüber der m verfügt Ziel des w ist das m zu berauben, geschieht durch den Geschlechtsakt Sexuelle Enthaltsamkeit! z.B. eine Mutter gibt sich dem Aufziehen der Kinder hin, ist aber auch nicht anders als die Prostituierte beide geben sich der Sexualität hin Geschichte = durch positive Leistungen des Männlichen gr. Männer machen Ges. Das Weibliche agiert nur als destruktive Kraft, bringt das Chaos in die Welt, kann keine verantwortungsbewussten Aufgaben übernehmen (z.B. gegen Frauenwahlrecht) Frauen, Kinder und Schwachsinnige sind vom Staat fernzuhalten o Gegen Juden: War selbst Jude jüdischer Selbsthass ständiges Auseinandersetzen mit Anfeindungen gegen sich, entw. man wirklich Selbsthass Judentum sei durchtränkt von Weiblichkeit 2. Gegensatzpaar: Jude und Arier Hitler schätzte seine Ansichten, da er meinte endlich ein Jude der die Minderwertigkeit seines Volkes erkennt 49 © Mag. Carina Vogt - - - Viele lasen sein Buch Karl Kraus z.B. war begeistert davon, weil er ähnliche Fraueneinstellung hatte Starkes Echo dank zunehmender emanzipatorischer Bestrebungen der Frau für männliche Verunsicherung war sein Werk Balsam für die Seele Antijüdische Auslegung kam natürlich auch sehr gut an v.a. dass er sich dann auch selbst umbrachte aufgrund seiner Erkenntnisses Wie könnte man es deuten: o Kampf gegen sich selbst? o Gegen seine Homosexualität? o Hass gegen Frauen aufgrund von noch nicht überwundene Probleme mit seiner Sexualität? X.3.2. Arthur Schnitzler - - Wien 1862 geboren, 1931 in Wien gestorben Aus akademischem Bürgertum Mediziner Assimilierter Jude Seine Werke protokollieren in detaillierter Genauigkeit die damalige Zeit Vermischung des Tragischen und des Komischen Themen haben ihn einen Autor bleiben lassen, der immer noch aktuell ist Liebesverrat, Ehe, Ehebruch, Verrat, Situation der Frau, Sexualität gehören zum Grundzustand des Menschen wird auch häufig in der Schule gelesen Werk: Reigen o 1900 erschienen o verschenkt er an Freunde o bald 1. Rezessionen o 1903 werden innerhalb von 3 Monaten unglaublich viele verkauft o ein Jahr später verboten o Anstößig ist das was nicht dargestellt wird o Szenen die immer dasselbe Muster variieren Mann und Frau treffen aufeinander, es wird finster (Geschlechtsakt) und trennen sich wieder o Kann man sich wie einen Ring vorstellen (Szenen kommen am Ende wieder vom Beginn) o Geht durch alle Schichten Sprache nach den versch. Schichten o Frauenbild: süßes Mädl Typus der durch die männliche Perspektive entsteht leidenschaftlich, dämonisches geht ab naive Natürlichkeit und Lebensfreude agiert unkompliziert, was Sexualität betrifft erweckt aber Anschein dass sie gut erzogen ist sucht sich andere Sexualpartner, als ihre Herkunft erlauben würde X.3.3. Gustav Klimt - zeigt andere Erotik dekadente Bleibt angefeindeter Ausnahmekünstler Zeit seines Lebens Sogar Musical über ihn 2009 Frauenbilder die um 1900 existieren weichen voneinander ab: o Femme fatale (besonders verführerisch und attraktiv) o Femme fragil (kränklich, zerbrechlich, später Motiv der Wasserleiche) o Femme au foyer (Hausfrau, Kinderfrau mit unterentw. Erotik) 50 © Mag. Carina Vogt - Mythos wird zu jener Zeit zu einer Berufungsinstanz im Geschlechterdiskurs Dämonisierung der Frau die die männliche Ganzheit in Frage stellt oder gar zerstört Z.B. Sphinx als Männertöterin oder das Rätselhafte in der Frau, als Zwittrig zw. Mensch und Tier Animalisches in der Frau; Sphinx und Ödipus (um zu Freud zu kommen) Klimts Frauengestalten: o stellen die Männer wirklich entmachtet da o Judith-Motiv: Judith tötet den Feldherrn nach einer Liebesnacht Mischung aus Erotik und Bedrohung Judith-Motiv geistert durch deutschspr. Literatur des 19. Jh. eigentliches Motiv ist in ornamentalen Hintergrund eingebettet das Konkrete vs. das Abstrakte, das Fleischliche das unscharf gehalten ist, auf räumliche Illusion wird verzichtet, Figur befindet sich nicht in einem nachvollziehbarem Raum sondern in einer Kunstumgebung; Adele Bloch-Bauer = eine Frau aus dem jüd. Großbürgertum stammend und ihn fördernd, war vielleicht das Modell hierzu o Salome: Von ihrem Stiefvater verlangt sie den Kopf von Johannes dem Täufer Verbindung zw. Dekadenter und morbider Thematik Kopf am Bildrand Wiener Mod. nicht nur als Wiener Phänomen zu lesen, sondern als manigfaltiger kultureller Diskurs zu begreifen über Landesgrenzen hinweg / gewichtiger Teil einer internation. Aufbruchsbewegung Kapitel XI) Zeitalter der Weltkriege Friedrich Hebbel – Tagebucheintrag von 1862: die Österreichische ist eine kleine Welt, in der die Große ihre Probe hält XI.1. Der Erste Weltkrieg - Ausbruch: schlechtere Voraussetzungen für Österreich, als für Deutschland - Staaten fühlen sich näher zu den Feinden der Krieg wird rauschhaft begrüßt (am Land hat sich dies anderes verhalten) einen kurzen, siegreichen Krieg man erwartete XI.1.1. Krieg und Literatur - Die Literatur stimmt in diese Taumel mit ein Rathausbibliothek: sammelt Zeitungen Leserbriefe (Wissenschaftlich noch nicht ausgearbeitet) Österreichische Autoren reagieren zwiespältig: o Propaganda: Ja (z.B. Rilke: Gedicht „5 Gesänge“ Kriegseuphorie) o aber Kriegsdienst: Nein o Thomas Mann: Nein o Rilke: Nein wurde 1916 einberufen, lies Beziehungen spielen musste nur Striche ziehen o Franz Kafka: wollte o Stefan Zweig: Journalist der Propaganda später stellt er sich als Pazifist dar o Hugo von Hofmannsthal: hatte die Leitung des Pressebüros in seiner Heimat = an der Heimatfront propagandistisch aktiv Gedicht „Österreichs Antwort“ (Seite 2) in den ersten Kriegswochen geschrieben vom österreichischen Zusammenhalt 51 © Mag. Carina Vogt - o Karl Kraus: hat Schriftsteller verspottet, die zuhause blieben und schrieben “Die Fackel“ er zitiert in seinen Werken (wenn man zitiert, schützt dies vor der Zensur) Theaterstück: „Die letzten Tage“ (Seite 2): zeigt Hugo von Hofmannsthal im Kriegsfürsorgeamt bezieht sich auf den Brief von Hermann Bahr Ziel: Beteiligte und Genannte der Feigheit und Verlogenheit zu bezichtigen Österreich-Ungarn = Vorbild für die Einheit Europa XI.1.2. Darstellungen im Bild (siehe Seite 1) - Albin Egger-Lienz – Den Namenlosen (1914/16): o kommt aus Osttirol (hat seine Professur in Weimar aufgegeben) o war im Krieg Standschütze o später malte er Zeitungsbilder für Propaganda o das Bild vernachlässigt Details für großzügige Figurenszene o sehr pathetische (leidenschaftliche, gefühlvolle) Stoffe gewählt o es ist eine rhythmisch komponierte Figurenszene o Titel: Maler solidarisiert sich mit den Dargestellten o Dumpfheit, nicht Heldentum wird dargestellt Einzelner geht in der gesichtslosen Masse auf o Krieg und Tod bleibt auch nach dem Krieg sein Thema o 1925 malt er die Kriegergedächtnis Kapelle in Linz aus 1926 daneben ist sein Grab - Erich und Hans Veit – Tripple Gegner/ Das liederliche Kleeblatt o Titel spielt auf Nestroy an o Krieg wird lächerlich gemacht (Karikatur) o wollen den Gegner ins lächerliche ziehen den Krieg verniedlichen o Krieg mit „Krampusgestalten“ darstellen o Propaganda nicht so erfolgreich, wie die von den alliierten (haben es zynisch herab gemacht) XI.2. Die Erste Republik XI.2.1. Historischer Abriss - - - - 1918: o Ende der Monarchie o Gedicht von Karl Kraus (Seite 1): radikal ins Gericht gehen o Vielvölkerstaat schrumpft der Rest ist Österreich o Jetzt: Binnenland Radikaler einschnitt für Geschichtsbewusstsein der Österreicher 1927: o Brand des Justizpalastes am 15.Juni o Gipfel der innerpolitischen Streitsituation: Heimwehr (Christlich-Soziale) gegen Schutzbund (Sozialdemokraten) 1933: o Machtergreifung Hitlers (Ende Jänner) o Am 4. März: Parlament schaltet sich aus Schritt zum Ständestaat o Regierung von Dollfuß (man dachte, er könnte Österreich vor den Nazis schützen) er wird 1934 ermordet 1938: o Einmarsch Hitlers ohne große Proteste des Auslandes (Mexiko hat M.platz in Wien) o Am 10.April: Volksabstimmung bestätigt Zusammenschluss 52 © Mag. Carina Vogt XI.2.2. Der „habsburgische Mythos“ in der Literatur XI.2.2.1. Die Habsburgerlegende - - 1918: Vielvölkerstaat bricht zusammen politische Zensur (wie weit ging sie in der Literatur?) Österreich mit 1918: Land, das neues Geschichtsbewusstsein sucht Otto Bauer: „ein radikaler Bruch“ Claudio Magris: (italienischer Germanist) österreichische Zwischenkriegsautoren schöpfen aus der Retrospektive (von den Habsburgern) o nach 1800 ist Österreich durch 3 Kräfte bestimmt: Imperialismus (überzentraler Aspekt innerhalb der Grenzen zu agieren) Zentralismus (= Bürokratie) Hedonismus (= Genussfreudigkeit, Freude am Sinnlichen) o nach 1900: ändert sich das Literatur reagiert mit sicheren und geordneten „Märchen“ aus der Vergangenheit selbst die Kritiker bleiben in der Vergangenheit o 1.Republik: These, dass es keine große Rolle in der Literatur spielt manche Zeitereignisse werden gar nicht verarbeitet in der Kunst (Literatur + Bilder) z.B.: Spanische Grippe zu Magris These der Retrospektive: o gilt nicht für die gesamte Literatur o die Unterhaltungsliteratur agiert anders: hier wird der Habsburgermythos aufgegeben XI.2.2.2. Hugo von Hofmannsthal und Joseph Roth - Hugo von Hofmannsthal: Theaterstück „der Schwierige“(1921): o Lustspiel über den Grafen Hans Karl o war im Krieg wurde verschüttet: traumatisiert und hat sprachliche Probleme o kapselt sich von seinem Umfeld ab o ursprünglicher Name des Stückes: „Der Mann ohne Absichten“ o Hans Karl findet eine Partnerin (Initiative von ihr aus) o das Werk entstand während des Krieges, wurde erst danach veröffentlicht o gibt Typen aus der Literatur, die Konstanten sind o ist auch eine Charakterkomödie (wird im Titel schon angekündigt) o Gesellschaftskomödie zeigt eine Aristokratie, welche nicht mehr vorhanden ist o geht eher auf die Fragen der Kommunikation ein - Joseph Roth: o befasst sich in mehreren Texten mit der untergegangenen Monarchie o „Die Büste der Kaiserin“ (1933) Monarchie als Garanten von einer Ordnung von Oben o „Kapuzinergruft“ (1938) Fortsetzung des „Radetzkymarsches“ (1932) über die Familie Trotta Skepsis gegenüber dem neuen Staat Neues wird thematisiert, aber nicht als Gut befunden Haus der Familie gilt als Sinnbild der Veränderung o „Das Spinnennetz“ (auch verfilmt) nicht den Habsburger Mythos verklärt, sondern er versucht eine Diagnose des Kleinbürgertums und des Aufkeimens des Faschismus zu geben letzte Folge: 3 Tage vor Hitler Putsch 53 © Mag. Carina Vogt XI.2.3. Die Salzburger Festspiele - 1917: o Salzburger Festspiel-Gemeinde wurde gegründet von Max Reinhardt, Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss o um etwas ins Leben zu rufen, das das Chaos abwendet die Menschen fürchteten die Dominanz des Krieges, was die Kultur abkühlen konnte - 1920: „Jedermann“ o erste Eröffnung der Salzburger Festspiele o Drama von Hugo von Hofmannsthal wurde nicht für die Festspiele geschrieben, sondern 1911 in einem Zirkus in Berlin uraufgeführt o ein Theater, das sich normalen Bühnen entzieht o Eine nach hinten-blickende-Moral o nicht modern, sondern eher an die europäische Kulturtraditionen angeknüpft verankert im MA Mysterientheater, auch in der Renaissance und im Barock integriert o Bei Schönwetter findet es vor dem Salzburger Dom statt o Inhalt: Gott will Menschen durch Tod wieder an seine Macht erinnern Tod soll Herrn Jedermann vor das göttliche Gericht rufen Jedermann schickt den Hausvogt um Geldsack für Grundstückskauf zu holen Jedermann begegnet am Weg zum Grundstück einem armen Nachbarn bittet um Geld gibt ihm nur 1 Schilling appelliert an Glauben um mehr Geld schickt ihn fort Trifft Schuldner von ihm bittet seinen Schuldbrief zu zerreißen J. lässt ihn einsperren kein Erbarmen, aber Frau des Schuldners + ihren Kinder zahlt er Unterhalt Jedermann vergeht der Grundstückskauf will zu seiner Liebschaft gehen Er trifft seine Mutter hält ihm sein Verhalten zu Gott vor Seine Geliebte kommt ihm entgegen will ihn zu dem für ihn vorbereiteten Fest abholen Auf dem Fest fühlt sich Jedermann schwach und krank und hat seltsame Erscheinungen hört Glockenläuten (sonst keiner) + sagt, er höre jemanden seinen Namen rufen denken er hat Fieber ein ihm unbekannter Mann steht hinter ihm gibt sich als Tod zu erkennen soll sich für den letzten Weg bereit machen Ihm wird sein schlechter Charakter bewusst fleht den Tod um eine kurze Frist an will sich einen Freund suchen, der mit ihm vor das Gericht Gottes tritt Tod stimmt zu Frist von einer Stunde fragt guten Freund, den Gesellen um einen Gefallen ist bereit, ihm jeden Gefallen zu tun, doch als er hört, dass er ihn vor das göttliche Gericht begleiten soll, weigert er sich die beiden Vettern Jedermanns, und dessen Bedienstete (Knechte) ebenso fühlt sich von allen verlassen will wenigstens sein Geld in die Ewigkeit mitnehmen Aber aus seiner Geldtruhe kommt Mammon (= ein unredlich erworbener Gewinn oder unmoralisch eingesetzter Reichtum), und erklärt sich nicht bereit, mit ihm zu gehen. Jedermann ist verzweifelt hört eine leise Stimme seinen Namen rufen sieht eine gebrechliche Frau = seine „guten Taten“ sie will ihn ins Jenseits begleiten sie ist aber zu schwach, da er sie immer so vernachlässigt hat will ihre Schwester, den Glauben, darum bitten. Glaube weist auf unendliche Liebe Gottes hin und rät ihm den Herrn um Gnade zu bitten ein Mönch hilft ihm wieder zu Gott zu finden Teufel kommt um die schuldbeladene Seele Jedermanns, derer er sich ganz sicher ist, zu holen sieht dass sie ihm durch die Gnade Gottes entrissen wurde. Jedermann kann völlig gereinigt in Begleitung des Glaubens und der guten Werke vor Gottes Richterstuhl treten 54 © Mag. Carina Vogt - 1922: „großes Salzburger Welttheater“ o Uraufführung mit Schauspielern, die ohne Gage spielen sie bekamen Geschenke (z.B.: eine Lederhose) o Regie unter Max Reinhardt seine Inszenierung gab es bis 2002 o Max Reinhardt hat zeitdiagnostische Diskussionen angeführt, da er Jude war o in den Folgejahren wird das musikalische Programm ausgeweitet: Opern (4 von Mozart), Operetten,… o die Salzburger Festspiele verändern sich: Kulissen werden ausgearbeitet, zeitlicher Rahmen expandiert (zuerst: 1 Woche, dann: 5 Wochen) o konservativer, elitärer Gegenmythos entsteht (gegen die Elemente von links) XI.2.4. Film - - im 19.Jahrhundert: einige Pioniere zum Beitrag Film in der Monarchie in Österreich beginnt es erst richtig mit dem 1.Weltkrieg Saschafilm: o Gesellschaft von Reichstagsabgeordneten gegründet 1910 o Graf Aleksander „Sascha“ Kolowrat-Krakowsky o später wird es spezieller fusioniert zu Sascha AG o ist nur eine von 20 Filmfirmen in Wien am Laaerberg: Filmstudios (auch Marlene Dietrich) seit Ende des Krieges sehr beliebt man darf die österreichische Filmindustrie nicht unterschätzen XI.2.4.1. Kino der Zwischenkriegszeit - - - aus Ungarn strömten Filmschaffende nach Wien, z.B.: o Aleksander Korda („Vier Federn“ 1938) o Mihály Kertész (später: Michael Curtiz) drehte Casablanca 1922: „Sodom und Gomorrha“ (von Michael Curtiz) in Favoriten gedreht es gab wirklich Verletzte und Tote beim Dreh Filmindustrie der Zwischenkriegszeit wird oft vergessen 1924: Horrorfilm „Orlacs Hände“ o ein Klavierspieler verliert bei einem Zugunglück seine Hände o er bekommt die Finger von einem hingerichteten Dieb eingepflanzt beginnen ein Eigenleben zu führen o Zeitthemen werden aufgegriffen Schriftsteller für den Film gewinnen: o Arthur Schnitzler: gilt als Porträtist einer vergangenen Welt seine Dramen verblassen, zeigen sich aber tauglich für den Film 1921: Anathol Spiel im Morgengrauen (Daybreak): aus Amerika erster Tonfilm von Schnitzler Liebelei: Max Ophüls (1932/33) o Hugo von Hofmannsthal: „Der Rosenkavalier“ (1926) von Richard Strauss komponierte Begleitmusik Wiener Milieu für den Film wird entdeckt (Kaiserstadt und Romantik) „Merry Widow“: lustige Witwe Alfred Hitchcock: Film über Wiener Walzer o Hugo Bettauer: flüchtet sich nicht in den Habsburger Mythos 55 © Mag. Carina Vogt versucht die Realität der Zeit zu zeigen Schriftsteller und Herausgeber von Zeitschriften Opfer von Nationalsozialisten „Die freudlose Gasse“ von Georg Wilhelm Pabst: mit Greta Gabo in Berlin gedreht Wiener Gasse: Elend und Käuflichkeit - Wirtschaftskrise und der schwarze Freitag ziehen die Filmindustrie in Mitleidenschaft in den 20er Jahren: alle 5 Tage ein neuer Film in Wien schrumpft zusammen 1924. Nur noch 16, dann nur noch 5 pro Jahr die Filmindustrie erholt sich in den 20er Jahren (man darf nun Filme importieren) Tonfilm: o trägt zur Erholung der österreichischen Filmindustrie bei o Willi Forst: Schauspieler + Regisseur Filme mit Wiener Themen und Wiener Musik „Leise flehen meine Lieder“(1933): • erster Film von Willi Forst • deutsche Produktion • Verfilmung des Lebens von Franz Schubert • sehr sentimental: zeigt ein Genie mit unerfüllter Liebe „Maskerade“ (1934) • Durchbruch für Willi Forst und Paula Wessely XI.2.4.2. Kino im Dritten Reich - - 1938: Österreich wird Teil des Deutschen Reiches selbstständige Filmindustrie wird integriert Wien Film von Joseph Goebbels Ablenkungsfilme (mit Hörbiger-Familie und Hans Moser) Wien-Thema bleibt „Heimkehr“ (1941) o Ehepaar Hörbiger spielt mit o Elfriede Jelinek: schlimmster Nazi Propagandafilm o Willi Forst macht auch weiter „Wiener Blut“ (1942) o nach der Operette von Johann Strauß nach 1945: rege Kultur der Wiener Problematik XI.3. Ständestaat und Hitler-Diktatur XI.3.1. Kultur und Diktatur - Anschluss wird als Kulturbruch wahrgenommen wegen der Vertreibung von Juden (waren Kulturschaffend) Ständestaat: o gibt es die selben Feindbilder wie im Nationalsozialismus o elitäre Avantgarde Kunst verachten sie = „Asphalt-Kunst“ o beide konservativ ausgerichtet o Betonung der Volksgemeinschaft das Urbane wird negativ gemacht weniger eine Feier des technischen, eher eine Feier des ländlichen 56 © Mag. Carina Vogt - 1938: eine große Zensur in Österreich Ernst Hanisch (1934): „Der lange Schatten berühmter Zeiten“ Periodisierung der Kunst liegt so quer der Periodisierung des politischen Otto Rommel (Literatur- und Theaterhistoriker) + Joseph Nadler (wegen ihm das Audimax) Unterscheidungswille zw. Nationalsozialismus und Ständestaat herrscht vor Mirko Jelusich: o Vorkämpfer des Nationalsozialismus o kurz war er Burgtheaterdirektor o Stoffwahl: heroische Einzelkämpfer Roman über Julius Cäsar Welt, die einem einzelnen Individuum untersteht XI.3.2. Österreich nach dem Endsieg - Wie hätte Österreich nach dem Endsieg ausgesehen? Welche Pläne der Nationalsozialisten gab es? es waren unausgereifte Konzepte Architektur und Stadtplanung: um Macht zu demonstrieren, Ästhetik zur Einschüchterung sie wollten ganz etwas Neues schaffen, um der Mit- und Nachwelt ein Zeugnis zu geben - Wien: o komplett umgeplant am Papier o jüdisches Eigentum muss weg o Hitler hat an Wien wenig Interesse gezeigt (Wien hat ihn nicht anerkannt) o Architekten beginnen zu arbeiten (siehe Seite 2) o neue Räume und Prachtwerke o eine Via triumphalis ist geplant (soll in den Wiener Wald führen) soll flankiert werden von 20 Meter hohen Figuren aus der germanischen Sage (Berlin sollte Germania heißen) = Machtdemonstration o Ringstraße: Hermann Göring Platz (vor der Votivkirche) sollte bei dem heutigen Donauturm enden eine große Kuppelhalle (350m hoch) o Heldenplatz: bekommt eine neue Bedeutung durch die Ansprache von Hitler er wollte das Kaiserforum wieder aufnehmen sollte zum Kultbezirk der NSDAP werden o neben dem Burgtor findet sich das einzige Relikt dieses Planes: ein Steinadler - Linz: o Wien war nicht Hitlers Lieblingsstadt, Linz schon o Art deutsches Budapest o sollte zur Weltstadt werden o im Februar 1945 wird noch geplant o Abschluss des Hauptplatzes zur Donau: eine Drei-Faltigkeits-Statue gebaut (steht heute noch) o Opernplatz: Führermuseum (Kunstwerke), Konzerthalle Festspiel für Anton Bruckner, Führerpfalz als Alterssitz, Grabstätte für ihn - Bombenzerstörung fand Hitler gut, da dadurch Platz für neue Gebäude entstanden diese Planungen hätten Unsummen an Geld verschlungen um dies alles umzusetzen, hätte man die strukturellen Voraussetzungen gebraucht 57 © Mag. Carina Vogt Kapitel XII) Österreich nach 1945 XII.1. Die Zweite Republik - 1945 bis heute - bedeutete eine Neukonstituierung XII.1.1. Historische Voraussetzungen - die zweite Republik entstand noch vor der Kapitulation der Nationalsozialisten vorgegeben war die Anti-faschistische Richtung Österreich war in vier Besatzungszonen aufgeteilt bis 1955 (Staatsvertrag) Österreich war das einzige Land, das von den Russen während dem Kalten Krieg freiwillig aufgegeben wurde XII.1.2. Österreichische Identität XII.1.2.1. Selbstverständnis - - - „1.April 2000“: o österreichischer Science-Fiction Film von 1952 o wegen allgemeinem Bedürfnis nach staatlicher Unabhängigkeit gedreht o Inhalt: Protest (Ausweise werden zerrissen) o Alliierte klagen Österreich an o Vor Schloss Schönbrunn landen Friedensvertreter in einem UFO o … internationales Beispiel für die Selbstwahrnehmung von österreichischem Selbstverständnis nach 1955: ändert sich die Selbstwahrnehmung Wiederaufbau Österreich sieht sich jetzt als Hort des sozialen Friedens alles wandelt sich österreichisches Selbstverständnis wurzelt in der Kultur und im Sport o Wintersport: internationale Medien werden aufmerksam gut für den Tourismus sehr wichtig für ö. Selbstverständnis o Fußball: hat eine gewisse Mythentauglichkeit 1954: 3.Platz (Wunderteam) 1978: Cordoba (3 : 2) kulturelles Erbe findet großen Zuspruch in Österreich stabilisierte die politischen Verhältnisse 2 Beispiele: o Wiener Philharmoniker: Aushängeschild der österreichischen Kultur (hatten viele NSDAP-Mitglieder) o Theaterbetrieb: (vor allem um das Burgtheater) Burgtheater brennt 1945 15 Tage später wird im Ronacher weitergespielt Theater als systemstabilisierend gesehen Ideendramen waren nach 1945 sehr beliebt in/ nach Kriegszeiten: amüsantes Theater und ausländische Dramen (großer Nachholbedarf = reducation) Harmonie und Stabilisierung wollte erreicht werden 58 © Mag. Carina Vogt XII.1.2.2. Identität und Tradition - Ödin von Horvath o 1948: Uraufführung von „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (Horvath war schon tot) o Aufführung endet mit Tumult im Publikum o eigentlich waren es Texte zur Hebung des österreichischen Patriotismus o Brecht: in den 50er Jahren boykottiert im Westen, keine Brecht-Aufführungen o galt als Unruhestifter von links - Oliver Rathkolb: o „die paradoxe Republik“ 2005 o aus den Geschichten der Monarchie wurden brauchbare Elemente herausgenommen - Tourismus: o nach den Leitlinien der 50er Jahre Haydn, Mozart,..., Wiener Sängerknaben, Salzburger Festspiele,… o = traditioneller, kultureller Mainstream wie eine Visitenkarte der Republik XII.2. Heimat XII.2.1. Heimatfilm - ist ein typisch österreichisch-deutsches Genre (gibt’s so außerhalb nicht) vor allem in den 50er Jahren beliebt war eine Art Antwort auf den 2. Weltkrieg und eine Aufarbeitung der Beschädigung - Gibt 3 Kennzeichen: o Schauplätze: in der Regel Gebiete, die von den Kriegsverwüstungen verschont geblieben sind, z.B.: Wachau, Salzkammergut,… war eine Art der Fremdenverkehrs-Werbung ein gängiges Element: Tourist trifft auf Einheimischen (oft wird es komödiantisch gezeigt) „Der Förster vom Silberwald“: war ursprünglich als Dokumentarfilm über die steirischen Wälder gedacht dann wurde eine dramatische Handlung um die Tiere aufgebaut (perfekte Darstellung der schönen Natur) o heimisches Brauchtum: Trachten, Feste, es wird gesungen und getanzt ist ein Kontrast zur urbanen Kultur soll zeigen, wie beständig Traditionen sein können Veränderung des Krieges haben sie nicht geändert Heimatbegriff, den die Nationalsozialisten beschädigt haben, wollen sie wieder herstellen: Gegensteuern mit trivialen Unterhaltungskino = leicht und amüsant Zerstörter und verstörter Gesellschaft will man Halt geben o Heile Welt/ Gesellschaft: es wird eine Märchenwelt präsentiert, zeigt eine Welt, die noch in Ordnung ist klare Rollenverhältnisse (Lehrer und Ärzte werden respektiert) Gut und Böse wird klar getrennt es gibt immer ein versöhnliches Ende (O-Bein Struktur) (in Nachkriegsliteratur ist es eher das Gegenteil) - Heimatfilme ändern sich zu: o Alpine Erotik Filme der 70er Jahre o Schloss am Wörthersee- Filme (z.B.: mit Roy Black) o sozial-kritische Heimatfilme (z.B.: „Bockerer“ ) 59 © Mag. Carina Vogt XII.2.2. Anti-Heimatliteratur XII.2.2.1. Lyrik - Lyrik über die Heimat gab es schon vorher - z.B. im 19. Jahrhundert: Ferdinand von Saar - jetzt ist die Lyrik aber ganz anders H.C. Artmann: - war bei der Wiener Gruppe (lockerer Interessensverband in den 50er Jahren) - griff auf Triviales zurück (z.B.: Comics,…) - Gedicht: blaubaod (Handout) - ein Miteinander von Poesie und Trivialität - vermeidet alles, was wir vorher gehört haben - nicht nur über Wien, sondern auch über Liebe und Natur - er lässt Wiener als bizarre Originale auftreten - Strophen: o 1.Strophe = ein Blick in die Vergangenheit o 2.Strophe = Blick in die Zukunft o 3.Strophe = beides o 4.Strophe = ruhige Gewissheit ist nur Fassade - ein Psychogramm und offenbart Innenansicht - klingt wie eine Fremdsprache Spannung zwischen Geschriebenen und Gesprochenen - oaschestrion = Orchestrion bestimmt für die Begleitmusik für Ringelspiele hier soll es die Mordgeräusche übertönen - Verfremdung durch Rollenwechsel Wiederaufnahme von Blaubart-Motiv (Blaubart wird zur dämonischen Figur) - hat nichts mehr mit gemütlich und heimatlich zu tun - Nimbus der lokalen Gemütlichkeit wird genommen - Wienerisch in ungewohntem Schriftbild festgemacht - seine Texte wurden missverstanden als heitere Texte = schwarzer Humor - Artmann hat sich dann von dieser lyrischen Machart distanziert - Vorläufer des Austropop XII.2.2.2. Erzählprosa - = Epik: - Hans Ebert: o „Wolfshaut“ (1960) o Ein Mix aus Antiheimatfilm, Zeitroman und Kriminalroman o Mordserie an Zwangsarbeitern wird aufgedeckt im Dorf Schweigen (Schuldiger bleibt unverantwortlich) o führt schon früh eine Anklage gegen die Verdrängung der braunen Vergangenheit - Gerhard Fritsch: o „Fasching“ (1967) o Deserteur rettet ein kleines Dorf in Frauenkleidung o Außenseiterthematik - Peter Gruber: o „Aus dem Leben___“ (1973) o sprachlich mit dem Begriff Heimat spielen o Lebensbericht mit unterschiedlichen sprachlichen Zugriffen 60 © Mag. Carina Vogt XII.2.2.3. Drama - Neues Volksstück: o kritischer Bezug zur Wirklichkeit o Möglichkeit, wie man Wohlstandsgesellschaft provozieren kann o bewusst durch Antiidylle wachrütteln o Peter Turrini: „Sauschlachten“ (1972) Bauernsohn verweigert sich der Gesellschaft o Felix Mitterer: „Kein Platz für Idioten“ geistig Behinderte mit Tourismus kombinierbar - Fernsehserien: o Kommissar Rex (auch von ausländischen Sendern gekauft) o Soko Kitzbühl o Kaisermühlen o Ein echter Wiener geht nicht unter Antwort der 70er Jahre auf die Serien aus den USA Mundl Sackbauer = Hauptfigur Familiensaga auf humorvolle Art heute: Kult gibt ein ziemlich realistisches Bild der 70er war zur Erstausstrahlung sehr umstritten da die Hauptfigur als Haustyrann mit derbem Wienerisch gezeigt wurde wurde als Diskriminierung der Arbeiterschicht gesehen (Wie auch „Geschichten aus dem Wiener Wald“) XII.3. Heldenplatz XII.3.1. Historische Grundlagen - - der Heldenplatz ist für Österreichs Geschichte wichtig Anschluss spielte Rolle beim Unternehmen Otto (spielte auf Otto von Habsburg an) 12. März 1938: deutsche Truppen kommen über die Grenze kein Widerstand, sondern Jubel trotzdem gab es 25 Tote (durch Verkehrsunfälle, da die Deutschen keine Karten mit hatten) Invasion war eher improvisiert, als geplant Reaktion des Auslandes war ohne große Proteste viel Desinteresse Mussolini zeigte wohlwollende Passivität 15. März = Rede Hitlers Publikum war zum Teil zwangsrekrutiertes Publikum aus Firmen damit wurde der Vertrag von Saint Germain gebrochen Selbstmordrate stieg (unter anderem auch Egon Friedell: sprang aus dem Fenster) sowohl Jandl, als auch Bernhard sind Vertreter einer recht unbequemen Literatur = Erinnerungsliteratur XII.3.2. Ernst Jandl - Gedicht: „wien heldenplatz“ von Ernst Jandl o Jandl war kein Teil der Wiener Gruppe o er pflegte Experimente mit Sprache und Form o er zertrümmert das Übliche o er hinterfragt das Erzählen, das Lyrische und die Sprache 61 © Mag. Carina Vogt o „wien heldenplatz“ ist aus Laut und Luise o Strophen: 1.Strophe: beschreibt die Stimmung am Heldenplatz (Jandl war 1938 dabei) es gibt eine gewisse sexuelle Aufgeladenheit (z.B.: brüllzten) 2.Strophe: Aussehen Hitlers und Art seiner Rede 3.Strophe: Wirkung auf die Zuhörer eine Frau hat sich durch Jandls Knie belästigt gefühlt o viele Begriffe aus der Jagd: Hitler ist der Jäger und die Zuhörer seine Beute - Sprachliche Zeichen: o syntaktische Dimension: bleibt erhalten (Sätze kann man zerlegen) o semantische Dimension: Provokation Kontamination, z.B.: maschenhaften diese erlauben Assoziationen, z.B.: • brüllzten = brüllen, balzen, brünstigen • Kechelte = hecheln, keuchen o Text ist Antwort auf die Zerstörung der Sprache die Hitler liefert - pragmatische Dimension: o Verhalten der Zeichen zu den Benutzern o Installation der Diktatur o Text gibt Leser die Möglichkeit zu Assoziationen (will Freiheit liefern) XII.3.3. Thomas Bernhard XII.3.3.1. Theaterleben nach dem Krieg - = von verschiedenen Komponenten getrieben - aus den Österreichern des 3. Reiches, anständige Österreicher zu machen - von Verdrängungsmechanismen verdrängt - im Theaterleben sind Menschen beteiligt, die im Nationalsozialismus dabei waren mitbelastet o Werner Kraus (Judsüß) / Schauspieler o Hörbiger und Wessely („Heimkehr“: verboten in Österreich) / Schauspieler-Ehepaar o Max Mell / Autor = Präsident von dem „Bundes deutscher Schriftsteller Österreichs“ im 3. Reich Vertreter der katholischen Dichtung in Österreich führte die Nibelungenlied-Weiterführung 1944 auf - Verschiedene Schriftsteller wollen dagegen ankämpfen: o Fritz Hochwälder: jüdische Eltern: deportiert und ermordet er floh in die Schweiz 1947: „Der öffentlicher Ankläger“ (verfilmt) 1953: „Donadieu“ 1965: „Himbeerpflücker“: rechnet mit dem Nationalsozialismus ab (verfilmt) o Ulrich Becher/ Peter Preses: Theaterstück „Bockerer“ in Scala 1948 uraufgeführt von der KPÖ und den Sowjets untersagt o Helmut Qualtinger: betreibt das gemütliche Österreichbild auf der Bühne „Herr Karl“: mit Karl Merz Monolog von einem Mitmacher passte sich an Kabarett (Gegenpull zur Leitkultur) 62 © Mag. Carina Vogt XII.3.3.2. Zeitgeschichtlicher Hintergrund - Zeitgeschichtlicher Wendepunkt: 1986 - Waldheim-Affäre und Aufstieg Haiders - Waldheim: o UNO-Sekretär kandidierte für die ÖVP war im militärischen Dienst im Balkan o Vorwurf des Kriegsverbrechen (heute: frei gesprochen) o wurde trotzdem zum Bundeskanzler gewählt international geächtet - Jörg Haider: o Parteichef der FPÖ o warb mit Sprüchen der rechten Seite - Theaterleben + Zeitgesch. Hintergrund offenere Handhabung der braunen Vergangenheit Bis in die 80er Jahre: Österreich als Opfer Jetzt: Schluss damit Aufwühlen der Geschichte (auch kontraproduktive Aspekte) XII.3.3.3. „Heldenplatz” - Literatur: o Vorher: mehrheitliche Polarität zwischen Hochkultur und niederer Literatur o neue Polarität: von Aufdeckung vom Totgeschriebenen o Essays von Robert Menasse o Neue Theaterstücke setzten sich damit auseinander o Burgtheater: 1987: Uraufführung „Mein Kampf“ (nicht das Buch von Adolf Hitler) Alpenglühen, Jelinek o Aura des Skandals = Heldenplatz o Thomas Bernhard = verstarb 3 Monate nach der Premiere - Theaterstück: „Heldenplatz“ von Thomas Bernhard: o Aischrologie = Beschimpfungsstil in der Literatur sehr beliebt in der österreichischen Lit. o Beschimpfung Österreichs o Österreich = als dumpfer Hort mit immer noch nationalsozialistischen Gedanken o jeder bekommt sein Fett ab o der Handlungsfaden ist sehr dünn o Hierarchie und Machtverhältnisse in Familien wird freigelegt o Vergangenheit: Selbstmord eines jüdischen Professors o synthetische Dimension: Zusammenkommen der Familie und Tod der Witwe o geplante Uraufführung: am 4.November 1988 (genau 70 Jahre davor: Österreich zerbricht) vor der Uraufführung gab es Wochen der Erregung o Claus Peymann war der Direktor des Burgtheaters zu der Zeit o ein Skandal auf dünnen Beinen o das Buch erschien erst am Tag der Uraufführung o Vorarlberger Zeitung hat die Leute vorab zu dem Stück befragt (obwohl, die nicht einmal den Plot gekannt haben) o Argumente der Gegner: Beschimpften Bernhard als Nestbeschmutzer o Medien waren auffälliger als das Stück selber o Eigenwerbung de Kronen Zeitung (siehe Handout) sehr unsensibel (1988: 50-jährige Wiederkehr des Novemberprogroms) o Premiere fand unter Polizeischutz statt o Karten waren schnell ausverkauft o vor der Premiere war die Stimmung, wie vor einem Fußball Match o war aber glimpflich kein großer Eklat, sondern Standing Ovation und gute Kritik 63