Den Zahlungswillen optimal abschöpfen

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Banking
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Den Zahlungswillen
optimal abschöpfen
Höhere Erträge lassen sich recht einfach mit dem Dreh
an der Preisschraube erzielen. Am Beispiel der
Depotgebühren wird der Vorteil besonders gut sichtbar.
ROBERT-ALEXANDER WIELAND / ANDREAS POHLE
er effektivste Stellhebel, um eine
höhere Rentabilität zu erreichen, ist der Preis: Dessen Anpassung verursacht einen relativ
geringen Aufwand. Darüber hinaus
benötigen Banken nur kurze Vorlaufzeiten, um ihre Preise anzupassen. Verglichen mit Maßnahmen, die den Absatz steigern oder Kosten senken sollen,
erweisen sich Preisaufschläge häufig am
wirkungsvollsten. Bei Verantwortlichen
deutscher Banken spielen daher moderate Preiserhöhungen bei ihrer Preisund Produktpolitik eine große Rolle,
um die Erträge ihrer Häuser aufzupolieren. Dies zeigte eine aktuelle Befragung von TNS Infratest (siehe Grafik
rechts).
D
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Bankmagazin
Damit preis- und produktpolitische
Maßnahmen nicht die Kunden verärgern oder sogar dazu bewegen, die
Bank zu wechseln, ist es notwendig,
den Nutzen der eigenen Leistungen
aus Kundensicht zu kennen. Nur so
kann ein Kreditinstitut seine Angebote
zielgerichtet und kundenorientiert gestalten. Eine Bank muss deshalb
■ Produkteigenschaften und Serviceleistungen identifizieren, die Mehrwert
für den Kunden schaffen,
■ Leistungsbestandteile eliminieren,
für die keine Zahlungsbereitschaft besteht,
■ zielgruppenspezifische Leistungspakete konzipieren, um verschiedenen
Kundenpräferenzen gerecht zu werden
und Preisbereitschaften optimal abzuschöpfen,
■ Angebote entwickeln, die zur Strategie des Hauses passen sowie
■ Werbeauftritte und Vertriebsmaßnahmen konzipieren, die den zentralen Schlüsselfaktor, der zum Kauf des
Produktes einlädt, berücksichtigen.
Preis-Leistungsverhältnis bei
Banken oft unangemessen
Das „Value for Money Meter“ – ein
von TNS Infratest entwickeltes Verfahren, um das wahrgenommene PreisLeistungsverhältnis zu messen – zeigt,
dass Banken ihre Finanzprodukte
noch nicht ausreichend anhand dieser
Kriterien gestalten. Vielmehr sind
deutsche Bankkunden mit dem PreisLeistungsverhältnis ihres eigenen Geldinstituts unzufriedener als Kunden
anderer Branchen. Banken und Sparkassen müssen ihre Produkt- und
Preispolitik also stärker an den Kundenbedürfnissen ausrichten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Häufig werden bei Projekten mit
dem Thema „Preis- und Produktmanagement“ Workshops und Experten-
Zielsetzung der Preis-/Produktstrategie
Ertragssteigerung durch moderate
Preiserhöhungen
72%
Kontinuität durch weitgehend
unveränderte Preis- und Produktpolitik
Neukundengewinnung durch
preisaggressive Maßnahmen
Quelle: TNS Infratest
28%
0%
© BM-Grafik
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Banking
gespräche mit Vertriebsmitarbeitern
bzw. Produktmanagern durchgeführt,
um das Kundenverhalten zu „antizipieren“. Allerdings werden diese Expertenmeinungen häufig von Eigeninteressen oder einer subjektiven Innensicht beeinflusst. Dieses interne Knowhow sollte jedoch in jedem Fall ergänzend zur objektiven Kundenmeinung
genutzt werden.
Eine objektive Sicht der Kunden erhält man durch neutrale Befragungen.
Um den Kundennutzen zu messen,
stehen zahlreiche Befragungsmethoden zur Verfügung. Bewährt haben
sich vor allem Verfahren des Conjoint
Measurements und insbesondere Discrete Choice Models.
Für welche Kreditkarte würden Sie sich entscheiden?
Befragungsbeispiel
Jahresbeitrag: € 15
Jahresbeitrag: € 0
50% Rückerstattung
bei € 5000 Jahresumsatz
Jahresbeitrag: € 30
75% Rückerstattung
bei € 15.000 Jahresumsatz
Ohne
Versicherungspaket
Mit
Versicherungspaket
Kein Revolving Credit
Kein Revolving Credit
Quelle: TNS Infratest
Das „Discrete Choice Model“
offenbart Präferenzen
Beim Discrete Choice Model werden
in computergestützten Interviews dem
Befragten online oder persönlich verschiedene Auswahlsituationen mit realistischen Angebotskonzepten vorgestellt (siehe Grafik). Durch die Auswahl des jeweils attraktivsten Angebots
offenbart der Befragte seine „wahren“
Präferenzen.
Mit Hilfe verschiedener statistischmathematischer Verfahren wird für
jeden Befragten ein Nutzenwert für
jedes Produktmerkmal – zum Beispiel
für die Marke, für einzelne Leistungen
oder Preise – geschätzt. Die Nutzenwerte insgesamt sind Basis für Simulationsmodelle, die mit realen Informationen wie Informations- und Wechselverhalten des Kunden, seine Nutzung von Vertriebskanälen oder strukturen ergänzt werden. Ein solches
Modell ermöglicht die Simulation von
Marktanteilen im Bestands- und Neugeschäft. Mit Hilfe software-basierter
Modelle kann dann das Entscheidungsverhalten analysiert und errechnet werden. So erhält man Antworten
auf beispielsweise folgende Fragen:
■ Welches sind die zentralen Leistungen für die Kaufentscheidung eines
Kunden?
■ Wie wichtig sind die einzelnen Leistungen?
■ Wie stark wird die Kaufentscheidung durch den Preis beeinflusst?
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■ Welche Zahlungsbereitschaft besteht für die unterschiedlichen Leistungen?
■ Ab welcher Preisänderung fragt der
Kunde das Produkt nicht mehr nach?
■ Welche Angebote wählen Kunden in
bestimmten Markt- bzw. Wettbewerbssituationen?
■ Welche Kannibalisierungseffekte zu
anderen Angeboten bestehen?
■ Welche Auswirkungen haben preisund produktpolitische Maßnahmen?
Wie wirken sich diese auf die Konkurrenten und die eigene Wettbewerbsposition aus?
■ Wie reagieren Kunden auf die Einführung oder Eliminierung von Produkten?
■ Sind zielgruppenspezifische Angebote sinnvoll?
Praxisfall: Die Depotpreise
einer Sparkasse
Dass dies in der Praxis funktioniert,
zeigt das Beispiel einer Sparkasse mit
etwa 1,6 Milliarden Euro Bilanzsumme. Ursprünglich bot sie ein komplexes und nur schwer verständliches
Preisverzeichnis für Wertpapierdepots.
Jede Leistung wurde mit differenzierten Einzelpreisen abgerechnet – selbst
jene, die Kunden nur selten in Anspruch nahmen.
Heute gibt es nur noch drei Preise:
eine einheitliche Transaktionsgebühr
Mit
Versicherungspaket
Keine dieser
Kreditkarten
Revolving Credit:
Verfügungsrahmen: € 2000
Überziehungszins: 12,5%
© BM-Grafik
in Abhängigkeit des Ordervolumens,
die Depotpauschale sowie Limit- und
Zeichnungsgebühren. Alle anderen
Zusatzleistungen sind in der Depotführungsgebühr bereits enthalten.
Dieses neue Preismodell hat zu einer
Gewinnsituation sowohl auf Kundenals auch auf Bankenseite geführt:
■ Die Kunden sind deutlich zufriedener mit dem neuen Angebot, da es
ihren Bedürfnissen nach Transparenz,
Übersichtlichkeit und Kalkulationssicherheit für das Wertpapierdepot entspricht.
■ Die Berater in den Filialen sind
deutlich zufriedener, weil ihnen die oft
langwierigen und mühsamen Erläuterungen von diversen Einzelposten erspart bleiben. Somit haben sie mehr
Zeit für eine effektivere und individuellere Beratung des Kunden.
■ Die Sparkasse konnte aufgrund der
neuen Konditionen effektiv höhere
Gebühren durchsetzen und dadurch
die Erträge deutlich steigern.
Eine konsequent am Kundennutzen
orientierte Preis- und Produktpolitik
führt somit nicht nur zu erheblich
mehr Erträgen, sondern leistet auch
einen wertvollen Beitrag zur Vertriebsund Kundenzufriedenheit.
■
Andreas W. Pohle ist Senior Consultant,
Robert A. Wieland Prokurist und Director
bei der TNS Infratest GmbH in München.
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