Kongressnachlese ASCO-GI 80 Adenokarzinom des gastroösophgealen Übergangs Typ I und II FDG-PET identifiziert früh Patienten mit ungünstiger Tumorbiologie Die in San Francisco vorgestellten Ergebnisse der MUNICON II-Studie bestätigen bei Patienten mit einem Adenokarzinom des gastroösophgealen Übergangs Typ I und II (AEG Typ I und II) den prognostischen Stellenwert einer frühen PET-Response unter einer neoadjuvanten Chemotherapie. Eine Salvage-Radiotherapie führt bei metabolischen Nonrespondern aber zu keiner entscheidenden Prognoseverbesserung. Frühere Studien zeigen, dass das Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie mit einem FDG-PET frühzeitig beurteilt werden kann. Mit einer frühen Response-Determinierung kann diese Subgruppe schneller erkannt werden und einem anderen Therapieregime zur Progonoseverbesserung zugeführt werden. An der von einer deutschen Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Florian Lordick, Braunschweig, durchgeführten MUNICON IIStudie nahmen 56 Patienten (∅ 62 Jahre, 91% Männer) mit einem lokal fortgeschrittenen AEG Typ I und II nach Siewert (cT3/4 Nx M0) teil. Die Tumorglukoseaufnahme wurde mittels FDGPET vor und 14 Tage nach Beginn einer neoadjuvanten Chemotherapie gemessen. Nach zwei Wochen wurden 41% der Studienteilnehmer (23/56) als PET-Nonresponder identifiziert. Eine weitgehende histopathologische Remission (<10% Residualtumor) nach der Chemotherapie wurde von 36% (12/33) der Responder sowie von 26% (6/23) der Nonresponder erreicht. Die Nonresponder erhielten in der Folge eine präoperative Chemoradiotherapie mit einer Radiatio (32 Gy) plus Cisplatin 6 mg/m2. Von den PET-Respondern wurden nach der Chemotherapie insgesamt 82% (27/33) operiert (Ro-Resektion), von den Nonrespondern 70% (16/23). Die Gruppe der PET-Nonresponder verzeichnete trotz der intensivierten Behandlung einen schlechteren Outcome als die PET-Responder. Nach einem Follow-Up von 38 Monaten wurde für die Nonresponder ein Ereignis-freies Überleben von 15,4 Monaten und ein Gesamtüberleben von 18,3 Monaten errechnet. Die Gruppe der Responder erreichte diese präspezifizierten Endpunkte noch nicht. Suche nach ResponseMarkern Im Fokus zukünftiger Forschung stehen Prädiktoren der histopathologischen Response, um möglicherweise gezielter die chirurgische Morbidität bei Patienten mit kompletter pathologischer Response nach multimodaler Therapie zu vermeiden, so Prof. Jennifer Obel, Evanston/USA, auf einer Pressekonferenz. Dies könnten molekulare Marker wie KRAS-Mutationen sein, die auf eine mögliche Wirksamkeit einer Therapie mit EGFRTyrosinkinase-Inhibitoren hinweisen. Die MUNICON II-Studie zeigt, so Obel, einen zweiten Weg: Die Identifikation von Patienten, die nicht von einer Chemoradiotherapie profitieren, möglicherweise aufgrund einer anderen Tumorbiologie mit einer derzeit deutlich schlechteren Prognose. Dr. Alexander Kretzschmar Literatur Golden-Gate-Bridge von Nordwest mit San Francisco im Hintergrund (Foto: Dirk Beyer/Wikipedia) 1. Lordick F et al. PET-guided treatment in locally advanced adenocarcinoma of the esophagogastric junction (AEG): The MUNICON-II study. J Clin Oncol 2011; 29: (suppl. 4; abstr. 3). Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco Onkologische Welt 2/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese ASCO-GI 81 Bisphosphonate Positive Nutzen-Risiko-Relation auch bei gastrointestinalen Tumoren Auf dem ASCO GI-Symposium 2011 wurden neue Daten vorgestellt, die eine günstige Nutzen-Risiko-Relation des Einsatzes von Bisphosphonaten bei gastrointestinalen Tumoren nahelegen. Insbesondere die Diskussion um direkte antikarzinogene Effekte dieser Wirkstoffgruppe dürfte neue Nahrung erhalten, meinte Prof. Gad Rennert, Haifa/Israel. Bisphosphonate haben in der Tumortherapie einen festen Stellenwert in der Behandlung der Arzneimittel-assoziierten Osteoporose sowie zur Schmerztherapie bei Knochenmetastasen. Neuere Daten haben zu einer intensiven Diskussion über ein erweitertes Wirkprofil mit direkten anti-karzinogenen Effekten bei Brustkrebs-Patientinnen geführt. Rennerts Arbeitsgruppe konnte jetzt in der Molecular Epidemiology of Colorectal Cancer (MECC) zeigen, dass postmenopausale Frauen nach der Einnahme von Bisphosphonaten über mindestens ein Jahr ein um 50–60% verringertes relative Risiko besitzen, ein kolorektales Karzinom (CRC) zu entwickeln. In der populationsbasierten Fall-Kontrollstudie wurden die Verläufe von 933 Frauen und einer, nach Alter, Geschlecht, klinischem Status und ethnischer Zugehörigkeit gematchten Vergleichsgruppe gescreent. In der Bisphosphonat-Gruppe traten insgesamt 53 Fälle eines CRC auf, in der Kontrollgruppe 138 (p<0,001). Für Frauen, welche die Bisphosphonate mindestens ein Jahr eingenommen hatten, wurde eine Odds Ratio (OR) von 0,50 (95% KI 0,35–0,71) errechnet. Diese Assoziation blieb stabil, auch wenn den Verzehr von Gemüse, sportliche Aktivitäten, die Familienanamnese eines CRC, den BMI, die Einnahme von niedrig dosierten ASS, Statinen, Vitamin D und Hormonen in der Postmenopause als Biasfaktoren berücksichtigt wurden (OR = 0,40; 95% KI 0,24–0,64). Die gleichzeitige Einnahme von Statinen beeinflusst das CRC-Risiko nicht weiter. Letzterer Befund ist nach Ansicht der Wissenschaftler auch ein Beleg für eine mögliche direkte Beteiligung der Bisphosphonate. Entwarnung auch bei Ösophagealkarzinomen Unter der Einnahme von oralen Bisphosphonaten können Entzündungen der Speiseröhre unterschiedlichen Schweregrads auftreten. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Befürchtung, dass auch die Inzidenz von Ösophagealkarzinomen erhöht ist, so eine in San Francisco vorgestellte Metaanalyse (1). Das Screening der zwischen 1990 und September 2010 publizierten Literatur erbrachte fünf Studien – drei Fall-Kontrollstudien und zwei Kohortenstudien – mit den dafür benötigten Angaben. Die Auswertung aller fünf Studien zeigte für das Auftreten von Ösophagealkarzinomen eine OR = 0,86 (95% KI 0,62–1,09). Auch die Analyse der drei Fall-Kontrollstudien allein erbrachte mit einer HR = 1,26 (95% KI 0,94–1,57) kein signifikant erhöhtes Risiko. Die beiden Kohortenstudien zeigten sogar eine deutliche Risikoreduktion mit einer HR = 0,35 (95% KI 0,00–0,71). Dr. Alexander Kretzschmar, München Neue Klassifikation beeinflusst Inzidenzen Von 1970 bis 2000 stieg die Inzidenz von Adenokarzinomen des Ösophagus steil an. Eine aktuelle Analyse der amerikanischen Surveillance Epidemiology and End Results Datenbank (SEERs) zeigt zwar, dass die Inzidenz von 3,6 Fällen in 1973 auf 26,5 Fälle in 2006 gestiegen ist (2). Gleichzeitig zeigt eine Trendanalyse, dass sich der Anstieg von initial 8,2% pro Jahr vor 1996 auf 1,3% pro Jahr in 1996 bis 2006 signifikant abgeschwächt hat (p = 0,03). Auch Prof. Florian Lordick, Braunschweig, sieht eine Abschwächung dieses lang anhaltenden Trends. Er wies in diesem Zusammenhang auf einer Fortbildungsveranstaltung darauf hin, dass ab 2010 aus klassifikatorischen Gründen ein scheinbarer Anstieg von Malignomen, die als Karzinome klassifiziert werden, bei einem gleichzeitigen Rückgang von Magenkarzinomen zu erwarten sein wird (1). Dies resultiert aus der seit Anfang 2010 gültigen neuen UICC/ AJCC-Klassifikation. Danach werden alle Adenokarzinome des gastroösophgealen Übergangs, also neben dem Typ I nach Siewert (distales Ösophaguskarzinom), Typ II (Kardia-Karzinom) und Typ III nach Siewert (subkardiales Magenkarzinom) als Ösophaguskarzinom klassifiziert und kategorisiert. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Lordick F. Tumore oberer GI-Trakt. Onko-Update 2011 vom 28.-29. Januar 2011, Berlin. 2. Pohl H et al. Esophageal adenocarcinoma incidence: Are we reaching the Peak? Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2010; 19: 1468−1470. Literatur 1. Ditah IC et al. Do bisphosphonates increase esophageal cancer risk? A meta-analysis. J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl. 4): Abstr #31. 2. Rennert G et al. Association of use of bisphosphonates with risk of colorectal cancer. J Clin Oncol 29: 2011; (Suppl. 4): Abstr #371. Quelle: ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco/USA © Schattauer 2011 Onkologische Welt 2/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese ASCO-GI 82 Gastrointestinale Stromatumore (GIST) Sorafenib nach Imatinib- und Sunitinib-Versagen erfolgreich Für Patienten mit fortgeschrittenen gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), die unter den Tyrosinkinase-Inhibitoren Imatinib und Sunitinib eine Progredienz der Erkrankung aufweisen, lohnt sich ein Wechsel auf Sorafenib. In einer Phase-II-Studie wurde bei diesen Patienten eine Krankheitskontrollrate von 68% erzielt. Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) empfiehlt daher Sorafenib zur Therapie des GIST bei Imatinib- und Sunitinib-Resistenz. Die therapeutischen Möglichkeiten bei fortgeschrittenem GIST waren bis vor wenigen Jahren sehr beschränkt. In Studien mit chemotherapeutischen Regimen lagen die Responseraten durchwegs unter 5%. Mit der Verfügbarkeit des Tyrosinkinase-Inhibitors Imatinib hat sich diese Situation grundlegend geändert. Das mediane Überleben konnte von 19 Monate vor 10 Jahren auf rund 5 Jahre gesteigert werden. Für Patienten, die sowohl unter Imatinib als auch Sunitinib einen Progress erleiden, gibt es keine international akzeptierten Therapieregime. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Nicolas Campbell, Chicago/USA, behandelte 38 Patienten (∅ 57 Jahre, 55% Männer) mit einem nicht resezierbaren GIST, bei denen unter Imatinib (n = 6) oder Imatinib und Sunitinib (n = 32) keine Kontrolle der Erkrankungsprogression erzielt werden konnte, mit 2 x 400 mg/d Sorafenib über einen Zyklus von 28 Tagen. Zur Kon- trolle des Ansprechens wurde alle zwei Zyklen eine CT-Aufnahme gemacht. Die Patienten erhielten median 4 Zyklen (1–37). Der mediane Follow-Up betrug 31 Monate. Bei den Imatinib-resistenten Patienten wurde in 1/6 Fällen eine partielle Response (PR) erreicht, in der Imatinib- und Sunitinib-resistenten Gruppe in 13% (4/32). Ein stabiler Krankheitszustand (Stable Disease, SD) wurde in dem Kollektiv in 55% der Fälle festgestellt. Daraus errechnet sich eine Krankheitskontroll-Rate (PR+SD) von 68%. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 3,4 Monate (Imatinib-Resistenz) bzw. 5,2 Monate (Imatinib- und Sunitinib-Resistenz). Das mediane Gesamtüberleben betrug bei diesen schwer behandelbaren Patienten immerhin 13,6 bzw. 10,5 Monate, betonte Campbell in einer Pressekonferenz. Insgesamt 63% der Studienteilnehmer benötigten eine Dosisreduktion, wegen des Auftretens eines Hand-Fuß-Syndroms (45%) und eines Bluthochdrucks (21%) als häufigste Grad 3-Toxizitäten. Aufgrund dieser Daten hat das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) Sorafenib in ihre Empfehlungen zur Therapie des GIST bei Imatinib- und Sunitinib-Resistenz aufgenommen. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Campbell NP et al. Final results of a University of Chicago phase II consortium trial of sorafenib (SOR) in patients (pts) with imatinib (IM)- and sunitinib (SU)-resistant (RES) gastrointestinal stromal tumors (GIST). J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl. 4): Abstr. #4. Cable-Car (Foto: Thomas Bachmann/ Wikipedia) Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco/USA. Onkologische Welt 2/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese ASCO-GI 83 Therapie von Lebermetastasen neuroendokriner Tumore Sunitinib nach transarterieller Embolisation erfolgreich Die Prognose von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren hängt entscheidend von der Ausdehnung und dem Wachstum der Lebermetastasen ab. Eine Phase-II-Studie weist darauf hin, dass Sunitinib auch erfolgreich nach einer transarteriellen Embolisation (TAE) bei Patienten mit nicht resezierbaren Lebermetastasen neuroendokriner Tumore eingesetzt werden kann. Neuroendokrine Tumore sind charakterisiert durch ein allgemein langsames Tumorwachstum. Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bereits bei drei Viertel der Patienten eine hepatische Metastasierung vor. Die Prognose hängt ent- scheidend von der Ausdehnung und dem Wachstum der Lebermetastasen ab. Eine erfolgreiche kurative Resektion ist jedoch nur in 10 bis 20% der Fälle möglich. In dieser Situation werden heute sequenzielle vaskuläre Thera- Sunitinib jetzt auch gegen pNET Der Tyrosinkinasehemmer Sunitinib (Sutent®) wurde Ende 2010 von der EMA für die Behandlung von Erwachsenen mit nicht resezierbaren und/oder metastasierten gut differenzierten pankreatischen neuroendokrinen Tumoren (pNET) mit Krankheitsprogression zugelassen. Basis für die Zulassungserweiterung waren die Ergebnisse einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten randomisierten Phase-IIIStudie bei Patienten mit fortgeschrittenen, gut differenzierten pNET mit Krankheitsprogression. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben. Die Mehrzahl der Patienten waren systemisch vorbehandelt, die Therapie mit Somatostatinanaloga war während der Studie erlaubt. Die Auswertung basiert auf 171 Studienteilnehmern, die 37,5 mg/d Sunitinib oder Placebo bis zur Progression erhielten. Der ursprüngliche Plan, 340 Patienten zu rekrutieren, wurde aufgrund der eindeutigen Ergebnisse auf Empfehlung des Sicherheitskomitees nicht durchgeführt. Das progressionsfreie Überleben war unter Sunitinib mit 11,4 Mona- ten doppelt so hoch wie unter Placebo (5,5 Monate) (HR = 0,418, 95% KI 0,263−0,662; p = 0,0001). Das 6-Monats-progressionsfreie Überleben betrug 71,3 vs. 43,2%. Auch das Gesamtüberleben war unter Sunitinib länger (Hazard-Ratio 0,409; p = 0,0204). Die objektive Remissionsrate lag bei 9,3% (vs. 0% unter Placebo; p = 0,0066). In einer multivariaten Analyse, war nur die Zeit von der Erstdiagnose (>3 vs. <3 J.) (HR = 0,603, 95% KI 0,382−0,952; p<0,03) ein unabhängiger prognostischer Faktor. Die Nebenwirkungsquote war gering. Zu den Grad 3/4 Nebenwirkungen gehörten Neutropenie (Sunitinib: 12%; Placebo: 0%), Hypertension (Sunitinib: 10%; Placebo: 1%), Hand-Fuß-Syndrom und Leukopenie (Sunitinib: je 6%; Placebo: 0%). Dr. Alexander Kretzschmar, München Quelle: Fach-Pressekonferenz „Ein Meilenstein in der Behandlung von fortgeschrittenen pankreatischen neuroendokrinen Tumoren (pNET). Sutent® erhält EU-Zulassung zur Anwendung bei pNET“ am 1. Februar 2011, Berlin. Veranstalter: Pfizer Deutschland GmbH, Berlin. pieverfahren wie die TAE, die transarterielle Chemoembolisation (TACE) und die selektive interne Radiotherapie (SIRT) mit Erfolg zur Optimierung der lokalen Kontrollrate, Verringerung der Krankheitssymptomatik und Erhöhung der Überlebensraten eingesetzt. Lebermetastasen neuroendokriner Tumore bieten sich aufgrund ihrer starken Hypervaskularisation nicht nur für regionale Interventionen an. Als neue medikamentöse Ansätze wurden der Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib (Sutent®) für VEGF, PDGF und c-kit von der europäischen Zulassungsbehörde EMA bei Erwachsenen zur Behandlung nicht resezierbarer oder metastasierter, gut differenzierter pankreatischer neuroendokriner Tumoren mit Krankheitsprogression sowie der mTor-Inihibitor Everolimus in den USA zugelassen. An der Phase-II-Studie nahmen 39 Patienten mit einem metastasierten neuroendokrinen Tumor teil (1). Der Primärtumor war im Dünndarm (n = 26), Pankreas (n = 10), Rektum (n = 2) und der Lunge (n = 1) lokalisiert. Als Startdosis waren ursprünglich 50 mg/d Sunitinib vorgesehen. Diese Dosis wurde jedoch auf 37,5 mg/d oder (in den meisten Fällen) auf 25 mg/d reduziert. Insgesamt 72% der Studienteilnehmer (n = 28) erreichten eine partielle radiographische Response (PR) und 20% (n = 8) einen stabilen Krankheitszustand (SD); bei 8% (n = 3) schritt die Progression des Tumors weiter voran. Das mediane progressionsfreie Überleben wurde mit 18 Monaten und das 1-Jahres progressionsfreie Überleben mit 72% errechnet. Das 1-Jahres-Gesamtüberleben betrug 94%, das 2-Jahres-Gesamtüberleben 78%. Dr. Alexander Kretzschmar Literatur 1. Strosberg JR et al. Phase II study of sunitinib malate following hepatic artery embolization for metastatic neuroendocrine tumors. J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl. 4): Abstr. #244). Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco/USA. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 2/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese ASCO-GI 84 Pankreas-CA – präoperative Vermessung der Tumorgröße Wie treffsicher sind zwei- und dreidimensionales CT? Für eine Resektion bei geringstmöglicher Schädigung der umgebenden Strukturen ist eine genau präoperative Vermessung der Größe des Resektats notwendig. Onkologen der Johns Hopkins Universität in Baltimore/USA und der Universität von Kalifornien in San Franscisco/USA untersuchten hierzu, ob beim Pankreaskarzinom die Vermessung mittels 3D-CT gegenüber dem konventionellen CT einen messbaren Vorteil bringt. Ein postoperativer Vergleich mit dem Resektat ergab, dass beide CT-Techniken die tatsächliche Tumorgröße etwas unter- bzw. überschätzen, wobei des 3D-CT insgesamt knapp besser abschnitt. Ausgewertet wurden insgesamt 70 Patienten, wobei in 14,1% der Fälle die CT-Aufnahme bereits über 6 Wochen vor der Operation durchgeführt wurde. Der mittlere maximale Tumor- durchmesser betrug laut Pathologen 31,3 mm (3–60 mm). Im Vergleich dazu lag das präoperative zweidimensionale CT bei der Gesamtgruppe um 1,9 mm darunter. Allerdings war der Kleinzelliges Pankreaskarzinom Große Spannbreite in der Überlebenszeit Das kleinzellige Pankreaskarzinom gehört zu den onkologischen Raritäten mit nur rund 30 in der Literatur dokumentierten Fällen. Eine Arbeitsgruppe der Mayo Klinik in Rochester/USA und der Johns Hopkins Universität, Baltimore/USA, stellte in San Francisco eine prospektive Verlaufsstudie mit sechs Patienten vor. Die Studienteilnehmer hatten ein medianes Alter von 50 Jahren (27–60 Jahre, davon jeweils 50% Männer und Raucher). In allen Fällen war der Tumor am Pankreaskopf lokalisiert (∅ median 3 cm) mit positivem Lymphknotenbefall in 5 Fällen. Alle Patienten unterzogen sich einer Tumorresektion, wobei bei drei Patienten postoperative Komplikationen auftraten (kein Todesfall). Alle Patienten erhielten danach eine adjuvante Chemotherapie – in 5 Fällen Cisplatin und Etoposid – sowie in 5 Fällen eine Radiatio. Das me- Unterschied nicht statistisch signifikant (p = 0,27). Im Vergleich dazu wies das 3D-CT den Tumor um 0,4 mm größer aus (p = 0,82). Ausgewertet nach R0- und R1-Resektion (n = 48 bzw. n = 22) lag bei den R0-Resektionen das konventionelle CT um 3,1 mm unter der tatsächlichen Tumorgröße, beim 3D-CT lag das Ergebnis um 0,1 mm darüber. Bei den R1-Resektionen lagen beide Messmethoden um 0,8 mm (CT) bzw. 1,1 mm (3D-CT) über dem später gemessenen Wert. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Qiu H et al. Correlation between pancreatic tumor size as measured on 3D CT scan versus pathologic specimen: Impact on radiation treatment volume. J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl. 4): Abstr. #276. Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco diane Überleben betrug 20 Monate (9–173 Monate). Der Patient mit einem Überleben von 9 Monaten erhielt nur eine Chemotherapie, der Patient mit einem Überleben von 173 Monaten erhielt Cisplatin und Etoposid und eine Radiatio. Dies ist die bis jetzt längste bekannte Überlebenszeit eines Patienten mit dieser Tumorentität. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Winter JM et al. Resectable pancreatic small cell carcinoma: The experience of two institutions and review of the literature. J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl. 4): Abstr. #333). Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco Onkologische Welt 2/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Forum ASCO GI 85 Capecitabin beim Kolonkarzinom Aktuelle Studiendaten bestätigen hohe Wirksamkeit Die Kombination XELOX – orales Fluoropyrimidin Capecitabin plus Oxaliplatin – ist auch in der adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms genauso wirksam wie das infusionale FOLFOX-Regime oder das intravenöse Bolus-Regime FLOX. Die Wirksamkeit von XELOX bleibt selbst dann erhalten, wenn die Dosis von Capecitabin (Xeloda®) modifiziert werden muss. Dies gilt sowohl für die adjuvante Therapie im Stadium III als auch für die Erst- und Zweitlinien-Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms. Aktuelle, auf dem diesjährigen ASCO GI vorgestellte Daten der X-ACT- und XELOXA-Studie bestätigen zudem, dass die Wirksamkeit sowohl von Capecitabin mono als auch von XELOX unabhängig vom Alter ist. Eine große, auf dem internationalen Symposium über Gastrointestinale Karzinome (ASCO GI) in San Francisco/USA Ende Januar vorgestellte Metaanalyse bestätigt, dass die Kombination XELOX auch in der adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms genauso wirksam ist wie das infusionale FOLFOX-Regime (3-Jahreskrankheitsfreies Überleben: HR = 1,00, 95% KI 0,71–1,41; 5-Jahres-Gesamtüberleben: HR = 1,02, 95% KI 0,70–1,49) oder das intravenöse Bolus-Regime FLOX (3-Jahres-krankheitsfreies Überleben: HR = 0,99, 95% KI 0,80–1,22; 5-Jahres-Gesamtüberleben: HR = 0,99, 95% KI 0,77–1,25). Adjuvante Behandlungsregime, die Oxaliplatin enthalten, sind zudem signifikant wirksamer als Therapieregime ohne Oxaliplatin (krankheitsfreies Überleben: HR = 0,79, 95% KI 0,73–0,87; Gesamtüberleben: HR = 0,86, 95% KI 0,78–0,95). In die Analyse gingen die Daten von fünf großen randomisierten Studien mit insgesamt mehr als 9000 Patienten ein (1). „Angesichts der vergleichbaren Wirksamkeit ist es sinnvoll“, erläuterte Prof. Hans-Joachim Schmoll, Halle/Saale, „die Auswahl des Kombinations-Regimes von zusätzlichen Faktoren abhängig zu machen, wie zum Beispiel vom Nebenwirkungsprofil oder sonstigen patientenspezifischen Vorteilen. Es ist bekannt und publiziert, dass die Kombination XELOX, bestehend aus Oxaliplatin und dem oralen Capecitabin gut verträglich ist.“ Außerdem wird bei Gabe von Capecitabin auf die 2-tägige 5-FU-Dauerinfusion alle zwei Wochen verzichtet, wodurch die Behandlung für den Patienten wesentlich weniger belastend ist. „So- mit spricht die Summe der Vorteile für die Gabe von XELOX in der Adjuvanz“, resümierte Schmoll. Volle Wirksamkeit selbst bei Dosismodifikation Die Daten aus drei großen Phase-III-Studien machen darüber hinaus deutlich, dass die Wirksamkeit von Capecitabin auch dann voll erhalten bleibt, wenn die Dosis von Capecitabin aus Verträglichkeitsgründen reduziert oder die Therapie vorübergehend unterbrochen werden muss. Das progressions- bzw. krankheitsfreie Überleben von mit XELOX behandelten Patienten, bei denen die Dosis modifiziert wurde, ist dabei mindestens ebenso lang wie das von Patienten, die immer die volle Dosis erhielten. Tendenziell lebten diese sogar länger progressions- bzw. krankheitsfrei als Patienten, die stets mit voller Dosis behandelt wurden. Dies gilt sowohl für die First-Line-Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms als auch für die Second-Line und für die adjuvante Therapie von Patienten mit einem Kolonkarzinom im Stadium III (2). „Arzt und Patient müssen Capecitabin-bedingte Nebenwirkungen nicht fürchten“, so das Fazit von Schmoll, „denn sie wissen jetzt, dass klinisch erforderliche Dosismodifikationen ohne Wirksamkeitseinbuße vorgenommen werden können.“ red. Quelle: Gastrointestinal Cancers Symposium (ASCO GI) vom 20. bis 22. Januar 2011, San Francisco Auch Patienten über 70 Jahre profitieren in der Adjuvanz Eine in San Francisco vorgestellte Auswertung bereits abgeschlossener und noch laufender Studien weist auch darauf hin, dass adjuvante Patienten >70 Jahre in ähnlichem Ausmaß von Capecitabin mono und XELOX profitieren wie jüngere Patienten. Subgruppen-Analysen der großen Phase-III-Studien X-ACT und XELOXA zeigen einen konsistenten Nutzen von Capecitabin bzw. XELOX in allen Altersgruppen, auch bei den über 70-Jährigen. Unter einer Capecitabin-Monotherapie betrug das 5-Jahres-Gesamtüberleben bei den Älteren 68,8% vs. 65,8% unter Bolus5-FU. Unter XELOX lag das 3-Jahres-krankheitsfreie Überleben der Älteren bei 66% vs. 60% unter dem Bolus-5-FU-Regime (3). „In der Praxis bedeutet das, dass die Wirksamkeit sowohl von Capecitabin mono als auch von XELOX bei Älteren nachweislich erhalten bleibt“, kommentierte Prof. Dirk Arnold, Hamburg, die Daten. „Dieses Ergebnis bestätigt die hohe Effektivität, die wir für Capecitabin mono kennen, und die Daten zu XELOX eröffnen uns die Option zur Oxaliplatin-haltigen Therapie bei älteren Patienten.“ Literatur 1. Cassidy J et al. Comparative clinical efficacy of adjuvant chemotherapy regimens in randomized controlled trials (RCTs) of early-stage colon cancer: Systematic review and meta-analysis. J Clin Oncol 2011; 29: (suppl. 4; abstr 498). 2. Cassidy J et al. Effective management of patients receiving XELOX: Evaluation of impact of dose modifications on outcome in patients from the NO16966, NO16967, and NO16968 trials. J Clin Oncol 2011; 29: (suppl 4; abstr 497). 3. Cassidy J et al. Review of completed and ongoing trials of capecitabine-based adjuvant therapy in patients with early-stage colon cancer. J Clin Oncol 2011; 29: (suppl 4; abstr 495). Hinweis: Mit freundl. Unterstützung der Roche Pharma AG, Grenzach-Whylen. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 2/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Internationale Literatur 86 Metastasiertes kolorektales Karzinom Cetuximab plus CAPIRI oder CAPOX bewährt sich In der Erstlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mCRC) ist die Gabe von Cetuximab plus CAPIRI (Capecitabin und Irinotecan) oder CAPOX (Capecitabin und Oxaliplatin) effektiv und sicher. In beiden Regimes unterschieden sich die objektive Responserate (ORR) und progressionsfreies Überleben (PFS) nicht entsprechend dem KRAS-Mutationsstatus. In der Phase-II-Studie AIO KRK-0104 erhielten insgesamt 185 Patienten mit mCRC randomisiert Cetuximab (400 mg/m² an Tag 1, danach 250 mg/m² wöchentlich) plus CAPIRI (Irinotecan: 200 mg/m² an Tag 1; Capecitabin: 2 x 800 mg/m² dreiwöchentlich an den Tagen 1–14) oder Cetuximab plus CAPOX (Oxaliplatin: 130 mg/m² an Tag 1; Capecitabin 2 x 1000 mg/m² dreiwöchentlich an den Tagen 1–14). Primärer Studienendpunkt war die ORR. Die ITT-Auswertung von 177 Teilnehmern ergab eine ORR von 46% (95% KI 35–57) unter CAPIRI plus Cetuximab vs. 48% (95% KI 37–59) unter CAPOX plus Cetuximab. Patienten mit KRAS-Wildtyp im CAPIRI-plus-Cetuximab-Arm erzielten eine ORR von 50%, ein PFS Lokal fortgeschrittenes Rektumkarzinom Präoperative Chemoradiotherapie verbessert Langzeitüberleben Eine präoperative Chemoradiotherapie mit Capecitabin und Irinotecan beim lokal fortgeschrittenem rektalen Adenokarzinom ergab in einer Phase-II-Studie hohe Responseraten und ein Langzeitüberleben von 88,2% der Patienten nach 3 Jahren. Die Ergebnisse deuten nach Ansicht der Autoren darauf hin, dass ein Downstaging zu ypCR/Microfoci als Surrogatmarker für das Langzeitüberleben darstellen könnte. In die Phase-II-Studie der NWCOG-2 (North West/North Wales Clinical Oncology Group) wurden insgesamt 110 Patienten ohne Fernmetastasen aufgenommen. Bei allen Teilnehmern war zuvor mittels MRT ein Tumorausmaß ≤2 mm oder die Infiltration der mesorektalen Faszie festgestellt worden. Die Radiotherapie des Beckens erfolgte mit 45 Gy in 25 Fraktionen über fünf Wochen. Begleitend dazu erhielten die Patienten 2 x 650 mg/m² Capecitabin von Tag 1–35 sowie Irinotecan 60 mg/m², einmal wöchentlich in den Wochen 1–4. Bei 107 Patienten wurde anschließend eine Operation durchgeführt. Nach der Chemoradiotherapie wurde bei 72 Patienten (67%) ein T-Downstaging sowie bei 64 Patienten (80%) ein N-Downstaging festgestellt. 24 Patienten (22%) erreichten eine pathologisch komplette Response (ypCR), bei 98 Patienten (92%) wurde ein negativer Resektionsrand rund um den Tumor (>1 mm) festgestellt. Das lokalrezidivfreie Überleben nach von 6,2 Monaten und ein Gesamtüberleben (OS) von 21,1 Monaten. Für den Studienarm CAPOX plus Cetuximab wurden eine ORR von 44,9%, ein PFS von 7,1 Monaten und ein OS von 23,5 Monaten errechnet. Während ORR und PFS bei KRAS-Wildtyp und mutierten Subgruppen vergleichbar waren, war ein Trend zu einem längeren Überleben mit Vorliegen eines KRAS-Wildtyps assoziiert. Beide Regimes wiesen nach Aussagen der Prüfärzte beherrschbare Toxizitätsprofile auf und wurden als sicher eingestuft. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Moosmann N et al. Cetuximab plus capecitabine and irinotecan compared with cetuximab plus capecitabine and oxaliplatin as first-line treatment for patients with metastatic colorectal cancer: AIO KRK-0104 – a randomized trial of the german AIO CRC study group. JCO 2011; 29(8): 1050−1058. drei Jahren betrug 96,9%, das metastasenfreie Überleben (MFS) lag bei 71,1%, das krankheitsfreie Überleben (DFS) bei 63,5% und das Gesamtüberleben (OS) bei 88,2%. In einer univariaten Analyse war ein niedrigeres histologisches Stadium signifikant mit einem besseren MFS, DFS und OS assoziiert, sowohl im Vergleich von ypT0–2 vs. ypT3–4, ypN0 vs. ypN1–2 als auch ypCR/Microfoci (fast ypCR) vs. andere Patienten. In einer multivariaten Analyse waren sowohl das ypN-Stadium (p = 0,048) als auch ypCR/Microfoci vs. andere Patienten (p = 0,013) signifikante Prädiktoren für das DFS. Für das OS galt dies allerdings nur für ypCR/Microfoci vs. andere Patienten (p = 0,005), ohne dass ein Unterschied im Outcome zwischen ypCR und Microfoci bestand. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Gollins S et al. Preoperative chemoradiotherapy using concurrent capecitabine and irinotecan in magnetic resonance imaging – defined locally advanced rectal cancer: Impact on long-term clinical outcomes. JCO 2011; 29(8): 1042−1049. Onkologische Welt 2/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-03 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.