INTERNATIONALE WOCHEN GEGEN RASSISMUS 16. – 29. März

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BISMILLAHIR-RAHMANIR-RAHIM
Mit dem Namen ALLAHs, Des Allgnade Erweisenden, Des Allgnädigen
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INTERNATIONALE WOCHEN GEGEN RASSISMUS
16. – 29. März 2015
Wetzlar, 26. Mart 2015
Ramazan Kuruyüz, Vorsitzender der IRH
"Gemeinsam für eine respektvolle und gewaltfreie Streitkultur
- Der Koran fordert zur sachlich-intellektuellen Auseinandersetzung heraus."
Verehrte Damen und Herren!
In den letzten Jahren, insbesondere seit Muhammed-Karikaturen wird über kaum ein Thema
so kontrovers gestritten, wie über das Verhältnis zwischen Religionsfreiheit und Meinungsund Kunstfreiheit. Alle drei Freiheiten sind Grundrechte in unserem Grundgesetz. Vor allem
unter den Bedingungen religiöser und weltanschaulicher Pluralität geraten sie häufig in
Konflikt miteinander. Was für die einen Ausdruck künstlerischer Freiheit oder
Meinungsfreiheit ist, empfinden andere als Angriff auf das, was ihnen heilig ist. Die einen
fühlen sich provoziert, die anderen beharren auf Meinungsfreiheit und Humor.
In unserer Pressemitteilung vom 8. Februar 2006 zu Muhammed-Karikaturen in einer
dänischen Zeitung und deren Nachdrücken in manchen deutschen und europäischen
Zeitungen haben wir unsere Position zum Verhältnis zwischen Presse- und Kunstfreiheit und
Verunglimpfung religiöser Werte wie folgt dargelegt:
„Es ist unverantwortlich, wenn unter dem Deckmantel der Pressefreiheit religiöse Gefühle
der Anhänger einer Weltreligion bewusst verletzt werden, indem ihr Prophet verunglimpft
wird. Es geht hier nicht um das Erstellen eines Bildnisses des Propheten, sondern
insbesondere darum, wie er dargestellt wurde. Die Kritik der Muslime nur mit dem
Bilderverbot im Islam begründen zu wollen, wäre zu oberflächlich und irreführend. Es ist
insbesondere die beleidigende und herabwürdigende Art und Weise, mit der der Prophet als
ein Terrorist karikiert wurde. Die Pressefreiheit ist ein elementarer Wert unserer
Rechtsordnung, sie muss aber vor dem Missbrauch geschützt werden. Der Gesetzgeber hat
nicht umsonst eine Regelung im Strafgesetzbuch geschaffen, die die Beschimpfung
religiöser Bekenntnisse, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören, unter Strafe
gestellt hat. Wenn Karikaturen einen rassistischen und blasphemischen Charakter haben,
hat ihre Veröffentlichung nichts mit Pressefreiheit zu tun, sondern damit, rassistisches
Gedankengut hoffähig zu machen und stören damit den öffentlichen Frieden.
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Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily hat im Februar 2005 die in Hessen
ansässige türkische Zeitung „Anadolu’da Vakit“ (Yeni Akit GmbH) wegen der
„Volksverhetzung“ durch ihre antisemitische Berichterstattung verboten. Dieses Verbot
wurde damals von allen Fraktionen im Bundestag und allen Medien in Deutschland voll
unterstützt. Zur Begründung des Verbots erklärte der Bundesinnenminister: „Für eine
wehrhafte Demokratie ist es nicht hinnehmbar, dass die türkische Zeitung Anadolu’da Vakit
durch derartige Berichterstattung den in Deutschland lebenden türkischsprachigen
Leserkreis durch anti-jüdische und anti-westliche Propaganda aufhetzt. Die im Grundgesetz
garantierte Meinungs- und Pressefreiheit hat zwar einen hohen Stellenwert, aber auch ihre
Grenze.“
„Vakit“ in der Türkei reagierte auf das Verbot der Deutschland-Ausgabe, indem sie Schily als
Nazi beschimpfte und auf ihren Titelseiten mit Hakenkreuz abbildete. Daraufhin forderte
Schily seinen türkischen Amtskollegen Aksu auf, gegen die Zeitung vorzugehen.
Die IRH setzt sich seit ihrem Bestehen mit aller Klarheit gegen jede Volksverhetzung, egal,
gegen wen bzw. welche Religionsgemeinschaft sie gerichtet ist und aus welcher Ecke sie
stammt. Sie kennt keine Doppelmoral. Deshalb erwartet sie von allen Verantwortungsträgern
in der Politik, den Medien und Religionsgemeinschaften zu Recht die Glaubwürdigkeit und
gleiche Maßstäbe auch im Falle der Volksverhetzung gegen den Islam und dessen
Propheten.
Die IRH lehnt jede Art der Gewalt ab und ruft zugleich alle Muslime in der Welt zur
Besonnenheit und zu friedlichen Reaktionen auf diese Volksverhetzung auf. Muslime dürfen
sich von keiner Seite provozieren lassen. Die IRH organisiert als eine vorbildliche Aktion und
ein Beispiel für Muslime eine Festveranstaltung „Muhammad – Prophet des Friedens“ am
Sonntag, dem 12. März 2006, in der Kongresshalle in Gießen. Diese Festveranstaltung soll
einerseits allen Muslimen in der Welt von Gießen bzw. Hessen und Deutschland aus eine
alternative Antwort auf solche Volksverhetzungen demonstrieren und andererseits unser
friedliches Miteinander in unserem Land fördern.“
Wir als IRH im Besonderen, aber auch als Muslime im Allgemeinen, sind nicht nur da
sensibel, wenn unser Prophet Muhammed, Friede sei mit ihm, verunglimpft wird.
Beispielsweise haben wir mit unserer Pressemitteilung vom 23. August 2012 unsere gleiche
Position im Falle der Jesus-Karikatur des Künstlers Mario Lars an der Fassade des
Kulturbahnhofs in Kassel dargestellt. Auf der Zeichnung zu sehen war ein leidender Jesus
am Kreuz, dem eine Stimme aus dem Himmel zuruft: "Ey... du... Ich hab deine Mutter
gefickt". Gegen diese geschmacklose Karikatur habe ich als Vorsitzender der IRH
Strafanzeige erstattet.
„Die Jesus-Karikatur des Künstlers Mario Lars an der Fassade des Kulturbahnhofs in Kassel,
mit der die Caricatura für ihre aktuelle Ausstellung wirbt, überschreitet eindeutig die Grenze
der Kunstfreiheit. Die Freiheit der Kunst ist selbstverständlich ein hohes Gut unserer
demokratischen Gesellschaft, aber keiner hat das Recht unter dem Deckmantel der
Kunstfreiheit die zentralen Werte der Religionen zu verunglimpfen. Leider beobachten wir in
den letzten Jahren bei manchen Künstler-Kreisen ein zynisches und ethisch fragwürdiges
Verständnis von Kunst in Bezug auf Religionen und Gott. Bei der Verletzung der
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persönlichen Rechte eines Menschen wird der Kunstfreiheit in unserer Gesellschaft schneller
Grenzen gesetzt als bei der Verletzung der religiösen Gefühle und Werte einer Vielzahl von
Gläubigen. Hier liegt eine unausgewogene Wertung vor und fehlt es an der Sensibilität
gegenüber den innersten und vielen Menschen heiligsten Gütern. Kein Grundrecht ist
schrankenlos. Genauso wie das Grundrecht auf Religionsfreiheit hat auch das Grundrecht
auf Kunstfreiheit seine Grenzen.
Diese geschmacklose Jesus-Karikatur verletzt nicht nur die religiösen Gefühle unserer
christlichen Geschwister, sondern auch unsere religiösen Werte als Muslime. Sie ist zugleich
ein schwerer Angriff auf die zentralen Werte des Islam. Diese Karikatur stellt eine
nichthinnehmbare Gotteslästerung dar und verunglimpft zugleich Jesus und Maria. Der
Glaube an den einen Gott steht im Mittelpunkt der islamischen Religion. Jesus (Isa, Friede
sei mit ihm) ist für uns Muslime auch ein Prophet bzw. Gottesgesandter wie Muhammad
(Friede sei mit ihm). Und Maria (Mariam, Mutter Jesu, Friede sei mit ihr), deren Reinheit und
Tugendhaftigkeit im Qur’an hervorgehoben werden, ist eine der wichtigsten und
anerkanntesten Frauen und eines der großen Vorbilder in der islamischen
Religionsgeschichte.
Darüber hinaus ist diese Karikatur aus der Sicht der Kinder- und Jugenderziehung
verantwortungslos, wenn man bedenkt, dass Familien auch mit ihren Kindern diese
Kunstausstellung besuchen. Während wir unseren Kindern in den Schulen einen Umgang
frei von Schimpfwörtern beibringen, vermitteln wir ihnen in der hohen Kunst Respekt- und
Anstandslosigkeit.
Wir fordern die Verantwortlichen der Caricatura auf die Zeichnung und das Werbeplakat aus
der Ausstellung zu entfernen und den Künstler Mario Lars sich bei Christen und Muslimen zu
entschuldigen.“
In unserer Pressemitteilung vom 8. Januar 2015 zum Terroranschlag auf die Redaktion des
Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ in Paris haben wir andererseits auf das Ziel gewalttätiger
Reaktionen auf Karikaturisten hingewiesen:
„Diese abscheuliche Tat ist durch nichts zu rechtfertigen, erst Recht nicht im Namen des
Islam. Das Ziel solcher Gewalttaten, egal von wem sie ausgehen und gegen wen sie sich
richten, ist die Zerstörung des gesellschaftlichen Friedens und das Schüren eines
Kulturkampfes. Wir, Religionsgemeinschaften und Gesamtgesellschaft, dürfen uns von
keiner Seite gegeneinander stellen lassen. Wir müssen alle gemeinsam gegen den von
extremistischen Kreisen geschürten Kulturkampf kämpfen. Ein Kulturkampf wird nur ihren
Interessen dienen. Deshalb müssen wir vor allem gegen alle Extremisten in unseren eigenen
Reihen kämpfen, welche das Leben und die Würde des Menschen verachten und unseren
gesellschaftlichen Frieden zerstören wollen.“
Hier möchte ich zum Verhältnis von Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit zur Achtung der
Religionen Worte von Prof. Muhammad Khallouk, Politologe und Islamwissenschaftler, von
einem Interview nach dem Pariser Attentat gerne wiedergeben:
„Mir ist unbegreiflich, weshalb die öffentliche Beleidigung und Diffamierung des islamischen
Propheten mit dem Begriff „Karikatur” belegt wird, denn den Zeichnern und ihren Publizisten
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ging es nicht um in Bildern ausgedrückte Satire und Gesellschaftskritik, sondern um die
Herabwürdigung einer Religion und ihrer Anhänger oder zumindest darum, mit dem Schüren
von Hass auf Muslime wirtschaftlichen Profit zu erzielen. Ich frage mich, welches
Verständnis von Pressefreiheit es legitimiert, andere Religionen oder Weltanschauungen in
derartiger Form zu verunglimpfen sowie die gegenseitige Achtung von Menschen
unterschiedlicher Religionen, auch eine Grundsäule unserer freiheitlichen europäischen
Ordnung, zu unterminieren.
Es ist auch zu fragen, ob es der Gesellschaft und der Pressefreiheit wirklich dient, die
religiösen Gefühle von Menschen zu verletzen. Pressefreiheit beinhaltet auch eine gewisse
Verantwortung für den gegenseitigen Respekt verschiedener Religionen und
Weltanschauungen. Somit mögen die Propheten-Karikaturen zwar dem Buchstaben nach
durch die Pressefreiheit gedeckt sein, dem Geist eines verantwortungsbewussten
Medienstils jedoch nicht.“
Michael Lüders, Nahostexperte, Autor, Publizist und Wirtschaftsberater, antwortete auf die
Frage „Sind Mohammed-Karikaturen Ausdruck westlicher Arroganz?“ in der Ausgabe der
Tageszeitung/taz vom 29. September 2012:
„Wer Mohammed-Karikaturen veröffentlicht, muss sich fragen lassen, was ihn umtreibt.
Verteidigung der Meinungsfreiheit? Lust an der Provokation? In erster Linie geht es doch
wohl um Profilierung und Auflagensteigerung. Das Argument, die Satire dürfe alles, ist
vordergründig. Satire, die vorsätzlich Öl ins Feuer gießt, will nicht aufklären, sondern
anheizen. Mohammed-Karikaturen stärken die Salafisten und schwächen die gemäßigten
Muslime, hüben wie drüben. Wem nützt es? Es ist ein Privileg, alles sagen und schreiben zu
dürfen. Klugheit, den richtigen Ton zu treffen. Der Skandal um seiner selbst willen ist nur
Selbstbefriedigung.“
An dieser Stelle will ich aber auch eine konkrete Frage stellen: Verdient ein Mensch wirklich
den Tod, selbst wenn er den Gott, den Koran und den Propheten beschimpft und beleidigt
oder sich über sie lustig macht, etwa durch Satire? Ist das Töten in diesen Fällen islamisch
zu rechtfertigen? Gibt es dazu irgendeinen Vers im Koran als Auftrag zum Töten? Mir ist kein
einziger Vers dazu bekannt. Obwohl der Prophet Muhammed, Friede sei mit ihm, von seinen
Gegnern zu seinen Lebzeiten, nämlich zu Offenbarungszeiten des Korans, mehrmals
verspottet, beschimpft und beleidigt wurde. Und wie hat er selbst darauf reagiert? Er hat das
entweder ignoriert oder meist mit einem Gebet reagiert: „Mein Herr, sie wissen nicht, was sie
tun. Vergib ihnen und leite sie recht!“ Und er hat seine Freunde und Anhänger immer zur
Besonnenheit aufgefordert. Das heißt, er hat eine gewalttätige Reaktion auf Beleidigungen
auf keinen Fall erlaubt. Hierzu sage ich selbst: Ich habe keinen Respekt vor Respektlosen
und ihren Einstellungen. Ich habe keinen Respekt vor denjenigen, die Gott, Propheten,
Religionen und somit Milliarden von Muslimen, Christen, Juden und Andersgläubigen
beschimpfen, verunglimpfen und beleidigen. Ich habe keinen Respekt vor denjenigen, die
Hass und Feindschaft schüren und stiften. Aber ich habe Respekt vor ihrem Leben und
ihrem Recht auf Leben! Selbstverständlich habe ich auch keinen Respekt vor denjenigen,
welche Gewalt anwenden und töten und somit die Würde und das Leben von Menschen
verachten.
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Die Attentäter von Paris, die mit den Worten „Wir haben den Propheten gerächt“ gerufen
haben, haben in der Tat unseren Propheten und unsere islamischen Werte verraten. Die
menschlichen und islamischen Werte, die der Prophet, den die Attentäter zu verteidigen
vorgaben, vorgelebt hatte, sind auf diese Weise missachtet worden, so dass die
sogenannten Islamkritiker und Islamgegner sich in ihren Ressentiments bestätigt sehen
können.
Die Religionsfreiheit kann nicht dauerhaft gewährleistet werden, wenn sie für Gewalt und
Inhumanität instrumentalisiert wird, aber ebenso wenig die Meinungs-, Presse- und
Kunstfreiheit, wenn diese dazu missbraucht werden, andere Religionen zu beleidigen.
Der Koran fordert zur sachlich-intellektuellen Auseinandersetzung
Herausforderung wird im Koran mehrfach ausgesprochen. Beispielsweise:
heraus.
Diese
„Und solltet ihr Zweifel haben über das, was wir unserem Diener nach und nach
hinabsandten, dann bringt nur eine Sura seinesgleichen her und ruft eure Zeugen anstelle
von Allah auf, solltet ihr wahrhaftig sein.“ (aus dem Koran: 2, 23)
„Sag: ‚Würden sich die Menschen und die Dschinn vereinigen, damit sie ein diesem Koran
Gleiches hervorbringen, würden sie nicht Seinesgleichen hervorbringen, würden sie nicht
Seinesgleichen hervorbringen, selbst dann nicht, sollten die einen den anderen beistehen.“
(aus dem Koran: 17, 88)
Nicht zur Gewalt, nicht zum Krieg, sondern zur sachlich-intellektuellen Auseinandersetzung
fordert der Koran alle, die an ihm und seiner Wahrhaftigkeit zweifeln. Diese Verse gelten
auch für uns Muslime als Maßstab für eine respektvolle und gewaltfreie Streitkultur. Wenn
wir als Muslime an die Wahrhaftigkeit des Korans glauben, dann brauchen wir keine Scheu
vor sachlich-intellektuellen Auseinandersetzungen mit denjenigen zu haben, die dem Koran
gegenüber kritisch stehen. Wir sollen für jede sachliche Kritik offen sein können. Was wir
aber hier von allen Kritikern erwarten, sind Sachlichkeit und Respekt. Beleidigung, Schüren
von Hass, Provokation und Gewalt haben in einer sachlich-intellektuellen
Auseinandersetzung und in einer respektvollen Streitkultur keinen Platz!
Die Gewalt im Namen des Islam ist wohl die größte Herausforderung an die Muslime der
Gegenwart. Hierzu möchte ich aber anmerken, dass nicht der Islam Gewalt verübt, sondern
einzelne Muslime, die ihre Taten mit dem Islam rechtfertigen wollen. Sie unterscheiden sich
nicht von jenen, die im Namen des Christentums oder einer fiktiven „christlichabendländischen Leitkultur” Korane verbrennen, den islamischen Propheten verunglimpfen,
Brandanschläge auf Moscheen und muslimische Einrichtungen üben oder wie Breivik in
Norwegen zahlreiche Menschen ermordete oder wie zuletzt drei muslimische Studenten im
US-amerikanischen Chapel Hill aus islamfeindlichen Gründen erschossen wurden. Hierfür
kann auch keineswegs das Christentum oder die Kirche zur Verantwortung gezogen werden.
Tatsache ist: Die überwiegende Mehrheit der Muslime lebt ihre Religion friedlich aus.
Nichtsdestotrotz braucht es vielmehr eine religionskritische Analyse, damit die Gewalt im
Namen des Islam nicht ein stets wiederkehrendes Phänomen bleibt. Auch wir Muslime
müssen den Koran und die Sunna richtig und authentisch studieren und verstehen.
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Das Problem des Extremismus und der Gewalt betrifft uns Muslime ganz zentral. Dieser
Extremismus ist zu einer realen Bedrohung für die Zukunft unserer Glaubensgemeinschaft
geworden. Wir werden die Auseinandersetzung mit dem Extremismus innerhalb der
muslimischen Gemeinschaft aber nicht gewinnen, wenn wir seine Ursachen verdrängen.
Gerade wir als islamische Verbände und Religionsgemeinschaften müssen hier klar Position
beziehen und diese innerislamische Auseinandersetzung führen. Wir müssen sie in unsere
Gemeinden und Vereine tragen und damit unsere Basis erreichen, insbesondere unsere
Jugendlichen. Wenn nicht das richtige Bewusstsein entwickelt und gestärkt wird, finden
extremistische Verführer immer wieder Einflussmöglichkeiten, gerade wenn das islamische
Wissen gering und die sozialen Probleme groß sind. Deshalb brauchen wir Muslime eine
tiefer gehende innerislamische Auseinandersetzung darüber, was die ideologischen
Grundlagen des religiösen Extremismus sind.
Es muss also im ureigenen Interesse der Muslime sein, sich von denjenigen zu bereinigen,
die diese wunderbare Religion der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit, der Liebe und des
Friedens in Misskredit und Verruf bringen. Schaut man sich die Ergebnisse der
abscheulichen Gewalttaten dieser Mörderbanden weltweit an, so erweisen sie einen
Bärendienst für den Islam und verstärken weltweit die Islamfeindlichkeit.
Als Islamische Religionsgemeinschaft Hessen rufen wir in vielen unserer öffentlichen
Veranstaltungen diejenigen muslimischen Jugendlichen auf, die dem Dschihad-Aufruf der
extremistischen Gruppen eines verkehrten Islamverständnisses, auch in Hessen und
Deutschland, folgen und in die Krisenregionen in der islamischen Welt reisen und da im
Namen dieses verkehrten Dschihad-Verständnisses kämpfen, dieses verkehrte Islam- und
Dschihad-Verständnis kritisch zu hinterfragen.
An dieser Stelle muss auch die Frage nach Kriegen in der Zeit des Propheten geklärt
werden. Es ist vor allem unsachgemäß, nicht seine mekkanischen Feinde, sondern
Muhammad, Friede sei mit ihm, als Initiator zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen
zu bezeichnen, der versucht habe, den Islam mit Gewalt auszubreiten. Es ist unsachgemäß
zu behaupten, dass Muhammad, Friede sei mit ihm, von Medina aus den Krieg gegen die
nicht zum Islam gehörenden Sippen und Stämme eröffnet habe.
Die Koranstellen, die von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der
verschiedenen Religionen berichten, stellen historische Berichte dar, die sich auf konkrete,
historisch nachweisbare, punktuelle Ereignisse beziehen. Sie stellen kein allgemeines
Prinzip für die nachfolgende Zeit dar. Am deutlichsten wird dies daran, dass der Prophet
nach seinem friedlichen Einzug in Mekka im Jahre 630 den Polytheisten uneingeschränkte
Amnestie erteilte; wohlgemerkt: den Polytheisten als Polytheisten. Das zeigt eindeutig, dass
nach dem Koran nicht der Krieg, sondern der Frieden als Prinzip einer Koexistenz mit
anderen Religionen gilt. Das Verhältnis des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, zu
den Juden lässt sich am ehesten am Gemeindevertrag von Medina ablesen. Es war ein Ziel
des Vertrages, durch Betonen des gemeinsamen Glaubens an den einen Gott, alle
jahrzehntelang
schwelenden
wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen,
tribalen
und
machtpolitischen Zwistigkeiten zu überwinden und einen dauerhaften Frieden zu begründen.
Historisch ist sicher, dass es zu Vertragsbrüchen gekommen ist, die nach den damals
geltenden, von Arabern und Juden gleichermaßen akzeptierten tribalen Normen
folgenschwere Konsequenzen hatte. Der Grund für die späteren Auseinandersetzungen in
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Medina ist keineswegs im Prophetentum Muhammads, Friede sei mit ihm, oder dem
Glauben der betroffenen Gruppen zu suchen. Denn dazu sind die Koranaussagen, die zu
Koexistenz und gegenseitiger Achtung aufrufen, zu eindeutig. Die Ursache muss vielmehr in
der komplizierten arabisch – jüdisch – christlichen Geschichte auf der arabischen Halbinsel
zu suchen sein, in der Feindschaft aller gegeneinander (auch Juden gegen Juden und
Araber gegen Araber) sowie in der Angst aller vor Verlust an wirtschaftlicher Macht und
kultureller Identität. Es ist unsachgemäß, das Verhältnis von Muhammad, Friede sei mit ihm,
zu Juden und Christen als eine Taktik zu interpretieren: Anfangs habe er damit gerechnet,
durch Anbiederung beide Gruppen für sich zu gewinnen, indem er sich als Verkünder der
gleichen Lehre ausgab. Als dieser Versuch gescheitert war, habe er versucht, seine
Botschaft als die wahre, im Gegensatz zur jüdischen und christlichen hinzustellen. Tatsache
ist: Seine Bezugnahme auf Abraham und Moses (Friede sei mit ihnen) gehört mit zu den
frühen Phasen der mekkanischen Verkündigung.
Es ist unsachgemäß, aus Darstellungen der angeblich gewaltsamen Ausbreitung des Islam
in Arabien und aus einem vermuteten Machtstreben von Muhammad, Friede sei mit ihm,
eine „Bedrohung der abendländischen Christenheit durch den Islam“ zu folgern. Dadurch
wird das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Europa heutzutage nicht
unerheblich erschwert.
Es ist unsachgemäß, die historisch – politisch bzw. machtpolitisch bedingten Kriege in der
Geschichte und Gegenwart als Auftrag des Koran zur Verbreitung des Islam zu
interpretieren. Es ist unsachgemäß, die radikalen Bewegungen verschiedener
Gruppierungen in einigen islamischen Ländern zu verallgemeinern und als eine gefährliche
islamische Bedrohung darzustellen.
Es ist unsachgemäß, die Unruhen und Bürgerkriege, die sowohl in islamischen als auch in
christlichen Ländern stattfinden, von ihrem politischen Kontext zu trennen und die Anlässe
dazu – gleichgültig, ob man sie als legitim oder nicht legitim bewertet - , die in vielfältigen
internationalen und nationalen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten zu suchen sind, zu
ignorieren.
Vor allem ist es religionswissenschaftlich unsachgemäß, die einzelnen Koranverse ohne
ihren Gesamtkontext, ohne Studium über ihre Offenbarungsgründe und –zeiten und ohne
Wissen über die damaligen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge zu
interpretieren. Dieses unsachgemäße Vorgehen insbesondere von den meisten Orientalisten
trägt zu einem falschen Bild des Islam und seines Propheten bei und erschwert somit oft
eine vorurteilsfreie und konstruktive Begegnung und Kooperation der Muslime, Christen,
Juden und Andersglaubenden.
In diesem Zusammenhang stellen wir immer wieder fest: Die Extremisten in den Reihen der
Muslime und Islamhasser und Islamfeinde insbesondere in der westlichen Welt haben eines
gemeinsam: Sie nehmen bestimmte Verse aus dem Qur’an losgelöst von ihrem
Gesamtzusammenhang und ihrem historischen Kontext und ohne ihre Offenbarungsgründe
heraus und nutzen diese Verse zu ihrem Zweck aus. Die ersten versuchen dadurch ihr
verkehrtes Islamverständnis zu begründen und die zweiten wollen dadurch den Islam als
eine böse und gewaltverherrlichende Religion darstellen, um Vorurteile und Ängste zu
schüren oder um Stimmung zu machen und Stimmen zu fangen, wenn sie politisch motiviert
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sind. Deshalb müssen wir alle gemeinsam, Muslime und Gesamtgesellschaft, gegen diese
beiden, nämlich die extremistischen Muslime und Islamhasser, konsequent vorgehen! Denn
sie stiften damit nur Unfrieden, Hass und Feindschaft!
Ein Vers aus dem Koran als Beispiel dazu:
„Und kämpft auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet
nicht! Allah liebt nicht die Übertreter. Und tötet sie, wo immer ihr auf sie trefft, und vertreibt
sie, von wo sie euch vertrieben haben, denn Verfolgung ist schlimmer als Töten! Kämpft
jedoch nicht gegen sie bei der geschützten Gebetsstätte, bis sie dort (zuerst) gegen euch
kämpfen. Wenn sie aber (dort) gegen euch kämpfen, dann tötet sie. Solcherart ist der Lohn
der Ungläubigen. Wenn sie jedoch aufhören, so ist Allah Allvergebend und Barmherzig. Und
kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und die Religion (allein) Allahs ist. Wenn
sie jedoch aufhören, dann darf es kein feindseliges Vorgehen geben außer gegen die
Ungerechten.“ (aus dem Koran: 2, 190 – 193)
Genauso wie dieser Vers stellen viele weitere Koranverse stark einschränkende Regeln für
einen Krieg dar:




Krieg darf nur gegen Angreifer geführt werden, also ausschließlich zu Verteidigung
und Schutz;
Dabei darf nicht übertrieben werden, zum Beispiel nicht aus Rache getötet werden;
Er darf nur für die Sache Gottes geführt werden, nicht aus materiellen Gründen;
Er muss sofort beendet werden, wenn sich der Angreifer zurückzieht.
Deshalb ist es völlig unsachgemäß, wenn in Geschichte und Gegenwart politisch oder
materiell motivierte Kriege unter dem Deckmantel des Dschihad geführt wurden und werden
oder solche Kriege als religiös bestimmte Kriege bezeichnet werden. Es entspricht auch
nicht dem koranischen Verständnis von Dschihad, wenn sich sogar Terrororganisationen
diesen Namen geben. Falsch ist es, solche Aktionen als islamisch legitimierbare Handlungen
zu bezeichnen. Zudem widerspricht es auch dem koranischen Wesensgehalt von Dschihad,
ihn als „heiligen Krieg“ aufzufassen. Auch „qital“, der Krieg zum Schutz der Gemeinschaft, ist
kein „Heiliger Krieg“. Krieg ist aus islamischer Sicht nie „heilig“; selbst der Verteidigungskrieg
wird aus koranischer Sicht als ein notwendiges Übel gewertet.
In diesem Zusammenhang ist es auch unsachgemäß zu unterstellen, dass nach
koranischem Verständnis der Dschihad als Mittel zur gewaltsamen Verbreitung des Islam
oder zur Bekehrung der „Ungläubigen“ verstanden wird.
Hier muss ich aber auch die Kehrseite der Medaille im Zusammenhang des Extremismus,
Terrorismus und der Gewalt in den Reihen der Muslime kurz erläutern. Wir alle können
mehrmals den Extremismus und Terrorismus verurteilen, aber es ist schon die Zeit, dass wir
uns nun über die Ursachen und die Folgen des Extremismus und des Terrorismus sowie
über die richtigen Methoden zu deren Bekämpfung gründlich und ernsthaft Gedanken
machen. Ohne die ursprünglichen Ursachen zu beseitigen, kann man den Extremismus und
den Terrorismus nicht erfolgreich bekämpfen. Das heißt nicht, dass der Terrorismus und das
Töten von Menschen durch irgendwelche Gründe auch immer zu legitimieren und zu
rechtfertigen sind.
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Die Politik der westlich-europäischen Staaten im Nahen Osten und der islamischen Welt wird
von der überwiegenden Mehrheit der Muslime da und hier als doppelmoralisch, arrogant und
demütigend wahrgenommen. Und gerade dies wird von extremistischen Gruppierungen auch
hier in unserem Land zu ihren Zwecken instrumentalisiert, einen Kampf der Kulturen und
Religionen, einen Kampf zwischen der westlichen und islamischen Welt zu schüren. So
lange vor allem die westlich-europäischen Staaten ihre bisherige falsche Politik und Strategie
im Nahen Osten und der islamischen Welt nicht korrigieren, können der Terrorismus und
Extremismus in Teilen der islamischen Welt und ihre negativen Auswirkungen auf unser
Zusammenleben hierzulande und Europa nicht überwunden werden.
Eine gerechtere Welt ist auch eine sichere Welt. Gleichberechtigt und gerecht behandelte
Menschen neigen kaum zur Unterstützung von Extremismus und Terrorismus. Deshalb muss
man einerseits den terroristischen Gewalttätern, unabhängig von ihren religiösen und
nationalen Zugehörigkeiten und von ihren Beweggründen, entschlossen entgegentreten,
andererseits muss man langfristige Anstrengungen verstärken, die zur sozialen Gerechtigkeit
in der Welt und zum Frieden der Völker beitragen.
Die Religionsfreiheit ist nicht nur ein Ideal der westlichen Demokratie, sondern auch ein
Grundsatz im Islam. Der Islam schreibt den Muslimen die Achtung vor dem Glauben des
Anderen vor, auch gegenüber denjenigen, die dem Islam skeptisch bis feindlich
gegenüberstehen. Im islamischen Wertesystem genießt jeder Mensch, ungeachtet seines
Geschlechts, seiner Herkunft, Nationalität, Religion, Rasse und Hautfarbe uneingeschränkte
Religionsfreiheit.
Der Koran fördert und fordert Pluralismus in jeder Beziehung und den intensiven
paritätischen Austausch auf interkultureller und interreligiöser Ebene. Der Pluralismus der
Menschen und Meinungen in Form von Multikulturalität, Multinationalität und Multireligiösität
wird vom Islam, seinen Hauptquellen Koran und Sunna, als eine Bereicherung des Lebens
betrachtet, die in dieser Vielfalt vom Schöpfer so gewollt ist. Auch auf theologischer Ebene
kennt der Islam Vielfalt. Pluralismus wird zugelassen, gefördert und praktiziert. Dank dieses
pluralistischen Konzepts war es möglich, dass sich innerhalb der islamischen Jurisprudenz
mehrere Rechtsschulen entwickelten. Der Koran verlangt von den Muslimen Toleranz und
fordert sie dazu auf, die religiöse, politische, kulturelle und soziale Vielfalt innerhalb und
außerhalb der eigenen Gemeinschaft anzuerkennen. Diese Toleranz versteht sich nicht als
gönnerhaftes Dulden und Ertragen, sondern als Respekt im Sinne von Anerkennung.
Der Islam strebt das friedliche Zusammenleben aller Menschen in menschlicher
Geschwisterlichkeit an und billigt Gewalt nur zur Verteidigung gegen Gewalt. Fanatismus,
Extremismus, Engstirnigkeit, Radikalität, Zwang mit religiöser oder politischer Zielsetzung
und Übertreibung bei der Ausübung der Religion widersprechen den religiösen
Grundprinzipien des Islam. Gewalt widerspricht dem Verbot von Zwang.
Fundamentalismus im Sinne von Dialogsverweigerung, Verkürzung der Religion auf Politik,
Gemeinschaftsverweigerung, Aufzwingen einer willkürlich festgelegten Meinung, Verachtung
Andersdenkender und Andersgläubiger werden vom Koran missbilligt und widersprechen
den islamischen Grundsätzen.
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Dazu einige Verse aus dem Koran:
„Ruf zu dem Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung und disputiere mit
ihnen auf die beste Art.“ (aus dem Koran: 16, 125)
“Es gibt keinen Zwang im Glauben.” (aus dem Koran: 2, 256)
“Dem Gesandten obliegt nur die Verkündigung.” (aus dem Koran: 5, 99)
„Sag: Ihr Kafir (diejenigen, welche die Wahrheit zudecken, verbergen und verleugnen)! Ich
diene nicht dem, dem ihr dient, und ihr dient nicht Dem, Dem ich diene. Und ich werde
(auch) nicht dem dienen, dem ihr gedient habt, Und ihr werdet nicht Dem dienen, Dem ich
diene. Euch eure Religion und mir meine Religion.“ (aus dem Koran: Sura 109)
„Für jeden von euch haben Wir eine Gebotenlehre und eine Lebensweise bestimmt. Und
wenn Allah gewollt hätte, hätte Er euch doch zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht;
jedoch Er prüft euch in alledem, was Er euch gegeben hat. Darum wetteifert um die guten
Taten! Zu Allah werdet ihr allesamt zurückkehren, dann wird Er euch darüber in Kenntnis
setzen, worüber ihr uneins und verschieden waret.“ (aus dem Koran: 5, 48)
“Und hätte dein Herr es gewollt, so hätten alle, die insgesamt auf der Erde sind, geglaubt.
Willst du also die Menschen dazu zwingen, Gläubige zu werden?” (aus dem Koran: 10, 99)
„Und streitet nicht mit dem Volk der Schrift, es sei denn auf beste Art und Weise, außer mit
jenen von ihnen, die unrecht handeln. Und sprecht: ‚Wir glauben an das, was zu uns
herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde. Unser Gott und euer Gott ist
ein- und derselbe. Und Ihm sind wir ergeben.‘ “ (aus dem Koran, 29:46)
Gott hat den Menschen als das beste Geschöpf erschaffen und in ihn von seinem Geist
eingehaucht. Damit wird der Mensch aus der übrigen Schöpfung herausgehoben. Er ist vor
Gott edler und kostbarer als alles andere in der gesamten Schöpfung. Darauf beruht seine
Würde. Diese Würde ist unantastbar. Deshalb gehört der Schutz der Menschenwürde zu den
Grundprinzipien des islamischen Rechtssystems. Er umfasst alle Menschen unabhängig von
Geschlecht, Religion, Hautfarbe, Rasse, Sprache oder Nationalität. Der Koran und die Sunna
beinhalten zahlreiche Aussagen, welche die Menschen in ihrer Gesamtheit ansprechen. Der
Stellenwert der Menschen vor Gott wird nach der Gottesfurcht und den guten Taten, nicht
nach dem Geschlecht, der Nationalität oder den anderen Kriterien beurteilt. Beispielsweise
sind hier zu erwähnen:
„Oh, ihr Menschen, Wir haben euch aus einem männlichen und einem weiblichen Wesen
geschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr euch kennenlernt. Der
Angesehenste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste.“ (aus dem Koran: 49, 13)
„Und zu Seinen (Allahs) Zeichen gehört die Erschaffung der Himmel und der Erde und die
Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Darin sind wahrlich Zeichen für die
Wissenden.“ (aus dem Koran: 30, 22)
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„Ihr alle gehört zu Adam und Adam stammte aus Erde. Keinen Vorrang hat der Araber vor
dem Nichtaraber oder der Weiße vor dem Schwarzen, es sei denn durch die Gottesfurcht
und das rechte Handeln.“ (Muhammad, Friede sei mit ihm)
Zum Schluss möchte ich als Lehrer gerne ein pädagogisches Prinzip für eine respektvolle
und gewaltfreie Streitkultur ansprechen. In unseren Schulen in Deutschland haben wir Schulund Klassenordnungen, d.h. Vereinbarungen zum Schulleben. Darin heißt es zum Beispiel:
„Damit jeder an der Schule ohne Angst leben und arbeiten kann, werde ich niemanden
einschüchtern oder beleidigen – auch nicht im Spaß. Niemand soll durch mich körperlich
oder seelisch verletzt werden. In einer Schule sind Konflikte nicht immer zu vermeiden. Also
bemühe ich mich, sie durch Gespräche und ohne Gewalt zu lösen.“
Oder
„Wir gehen freundlich miteinander um und beleidigen oder provozieren niemanden,
besprechen Probleme miteinander, versuchen, die Besonderheiten anderer zu verstehen
und zu akzeptieren.“
Während wir unseren Kindern in den Schulen einen respektvollen Umgang, nämlich einen
Umgang frei von Schimpfwörtern, Beleidigungen und Provokationen beibringen, treten wir im
Namen und unter dem Deckmantel der Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit alle diese
Werte mit Füßen. Wozu bringen wir denn unseren Kindern in den Schulen diese Werte bei,
wenn wir selber sie verachten?
Verehrte Damen und Herren,
meinen Vortrag will ich mit einem Statement beenden:
„Wir sind eine Gemeinschaft hier in Wetzlar, in Hessen und in Deutschland, mit all unseren
Gemeinsamkeiten und Unterschieden; egal, ob die einen von uns zur Mehrheit oder
Minderheit angehören, ob wir Muslime, Christen, Juden, Andersglaubende oder
Andersdenkende sind, ob wir deutscher, türkischer, arabischer oder anderer Herkunft sind,
ob wir oder unsere Generationen seit Jahrzehnten und Jahrhunderten oder nur seit einiger
Zeit hier leben. Aus unterschiedlichen Gründen und Anlässen leben wir alle hier in Wetzlar,
Hessen und Deutschland. Deutschland ist zur Heimat und zum Lebensmittelpunkt von uns
allen geworden. Deutschland gehört uns allen. „Wir sind Deutschland!“ Letzten Endes und in
der Tat gehört Deutschland genauso wie die ganze Erde Gott. Und wir sind nur Gäste Gottes
auf dieser Erde. Gott, unser Schöpfer will, dass wir Menschen miteinander respektvoll und
gewaltfrei umgehen, unsere Würde gegenseitig achten und unsere Verschiedenheit und
Vielfalt als Bereicherung anerkennen. Lassen Sie uns alle gemeinsam in diesem Sinne für
eine respektvolle und gewaltfreie Streitkultur einsetzen!“
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