Anhang 54: Pascal-Dreieck Unterrichtseinheit Variieren mit dem Pascal-Dreieck durchgeführt von StD Annelies Paulitsch (Hamburg) Lerngruppe: Klasse 5 am Gymnasium Zeit: 2-3 Stunden 1. Einbettung in den Unterricht - Verlauf Im vergangenen Schuljahr führte ich in einer 5. Klasse kurz vor den Sommerferien eine Unterrichtseinheit ‘Rund ums Pascal-Dreieck’ durch. Während einer Unterrichtsstunde kam mir spontan die Idee, die Schüler ihr eigenes ‘Pascal-Dreieck’ erfinden zu lassen. Jeder sollte sich zwei Regeln bzw. Vorschriften ausdenken (eine für die Bildung der Zahlen am Rand und eine für die Berechnung der ‘inneren’ Zahlen) und nach seinen Regeln die Zahlen der ersten Reihen berechnen. Mit Eifer gingen die Schüler ans Werk und präsentierten mir stolz ‘ihre’ Dreiecke. Die Idee, die anderen Schüler die eigenen Vorschriften herausfinden zu lassen, kam von den Schülern. Drei Schüler - für mehr reichte die Zeit in dieser Stunde nicht - schrieben ihre ersten Reihen an die Tafel; die Klasse musste die Regeln erraten. In der nächsten Stunde ging es weiter mit dem Erfinden von eigenen Zahlendreiecken, nun erleichtert durch einen von mir erstellten Übungsbogen (s. Anhang). Die folgende Stunde war dem Erraten von Vorschriften vorbehalten. Die Ideenvielfalt war überwältigend (s. nächster Abschnitt). 2. Schülervorschläge: Variationen des Pascal-Dreiecks Im folgenden fasse ich die Vorschläge der Schüler in Auszügen in einer Tabelle zusammen (ich zitiere wörtlich). Einige Vorschläge können hier nicht wiedergegeben werden, weil zu ihrem Verständnis Skizzen oder verschiedene Farben vonnöten sind. Vorschrift zur Bestimmung der Randzahlen An den Rändern sind natürliche Zahlen. inneren Zahlen Die Summe aus den beiden oberen Zahlen! Man muss an den Rändern zweimal die gleiche Man muss die Zahlen über einem Kästchen addieren. Zahl der Reihe nach schreiben. Am Rand stehen nur Fünfen. Man addiert. An den Rändern: 1. Rand gerade, 2. Rand ungerade Zahlen Die Zahlen über einem Kästchen werden addiert. 227 An den Rändern stehen die natürlichen Zahlen. Man nimmt das 3-fache der Zahl und addiert es mit dem anderen 3-fachen. Am Rand steht nur die Zahl 4. Es funktioniert alles wie im normalen Pascaldreieck. Außen stehen die geraden Zahlen Man rechnet drei Zahlen zusammen: die beiden Zahlen über dem Kästchen und die Zahl über diesen beiden. Außen stehen alle ungeraden Zahlen der Reihe nach. Wenn man von zwei Zahlen die kleinere von der größeren abzieht, kommt als Ergebnis die darunterstehende Zahl heraus. An den Rändern stehen die natürlichen Zahlen der Reihe nach. Es wird immer die Quersumme addiert. Am Rand stehen ungerade Zahlen. Man nimmt die Zahlen mal. Das Ergebnis wird durch 2 geteilt. Den Rest schreibst du in das nächste Kästchen. Außen stehen die Primzahlen. Man muß die Quersumme zweier Zahlen zusammenzählen. Am Rand steht das 1x2. In den anderen Feldern steht immer das kgV der darüberstehenden Zahlen. Am Rand stehen die natürlichen Zahlen. Man addiert die Zahlen und schreibt die nächst kleinere Primzahl in das Kästchen. Am Rand stehen Einsen. Man addiert und schreibt in das Kästchen, wieweit es noch bis zur nächsten Zehnerzahl ist. Am Rand stehen die Zahlen der Reihe nach. Man addiert und schreibt die Quersumme davon ins Kästchen. Die Versuche der Schüler, die ‘zu nichts’, bzw. zu einem ‘langweiligen’ Dreieck führten, sind hier nicht aufgeführt, da die Schüler die zugehörigen Zettel nicht abgegeben haben. Sie haben aber gemerkt - und darüber wurde gesprochen - , dass z. B. die Bildung des ggT anstelle des kgV sehr bald nur noch Einsen liefert, dass man die Ränder des ursprünglichen Pascaldreiecks verändern muss, wenn man die Multiplikation oder die Division ins Spiel bringen will. 3. Fazit Die Schüler waren vom Anfang bis zum Ende mit Eifer am Werk. Es machte ihnen großen Spaß, das Pascaldreieck ganz nach ihren Wünschen und Vorstellungen abändern zu dürfen. Besonders spannend war es für sie, ihre Ideen dann auch vorführen zu können und die Mitschüler knobeln zu sehen! (Sie durften übrigens ‘ihren’ Dreiecken auch einen Namen geben.) Für mich als Lehrerin war es vor allem wichtig, das Maß an Phantasie, das bei dieser Aufgabenstellung zu Tage trat, zu erleben. Daneben habe ich erfreut zur Kenntnis genommen, dass ein Großteil der Klasse sicher mit Begriffen wie gerade Zahlen, ungerade Zahlen, Primzahlen, Quersumme , ggT und kgV umzugehen in der Lage war. Das oben beschriebene Variieren am Pascal-Dreieck war mit Sicherheit eine lohnende Sache! Ich kann es zur Nachahmung empfehlen. 228 Arbeitsblatt Mein eigenes „Pascaldreieck“ Ich nenne es Regeln zum Bestimmen der Zahlen: 1) 2) 229 Anhang 55: Addition von Nachbarzahlen Unterrichtseinheit Variation einer Arithmetik-Aufgabe durchgeführt von OStR Wilhelm Hein und OStR Hans Knichel (Saarbrücken) Lerngruppen: eine Klasse 5 und zwei Klassen 6 Zeit: je 4 Schulstunden Im Folgenden beschreiben wir einen Unterrichtsversuch, bei dem Schüler eine von uns gestellte Aufgabe eigenständig abgewandelt, die Varianten untersucht und ihre Arbeit abschließend bewertet haben. Unsere Planung ... An unserem Versuch waren die Klasse 5d4 (Gymnasium am Rotenbühl, Saarbrücken), sowie die Klassen 6r und 6e (Marienschule, Saarbrücken) mit insgesamt 95 Schülern beteiligt. Als Initialaufgabe wählten wir: Nimm zwei aufeinanderfolgende natürliche Zahlen und addiere sie. Der sich an die Aufgabenstellung anschließende fragend-erörternde Unterricht sollte folgende Phasen umfassen: 1. Sammeln von Beispielen 2. Aufstellen der Vermutung „Wir erhalten stets eine ungerade Zahl.“ durch 3. Kontrollieren, Plausibel machen und Sichern durch • Nachrechnen am Beispiel 4 + 5 = 4 + (4 + 1) = (4 + 4) + 1 = 2⋅4 + 1 • Allgemeines Nachrechnen n + (n + 1) = (n + n) + 1 = 2⋅n + 1 230 • Bauklötze zum Be-greifen = + • Bildhafte Darstellung +1 ungerade gerade Uns war wichtig, dass die Schüler die Lösung auf allen Darstellungsebenen verinnerlichen sollten. Für die Umsetzung unseres Plans war eine Unterrichtsstunde vorgesehen. ... und was die Schüler daraus machten In allen drei Klassen verlief der Unterricht zunächst nach Plan. Als neuartige Aufgabe formulierten wir: Nimm die Aufgabe und ändere sie ab. Wir erklärten mündlich: “Ihr baut euch damit zum ersten Mal selbst Aufgaben. Bisher habt ihr immer nur die Aufgaben gelöst, die der Lehrer euch vorgegeben hat, oder die im Buch, so wie sie da stehen.” Alle Vorschläge der Schüler wurden vom Lehrer ohne Kommentar (!) an die Tafel geschrieben. Jede Klasse sammelte etwa 20 Aufgaben. Die folgende Tabelle enthält von den Schülern der drei Klassen erzeugte Aufgabenvariationen (AV), wobei wir die meisten inhaltsgleichen und einige von denen, die offensichtlich keine Ergebnisse liefern, weggelassen haben. 231 AV 1 Addiere eine Zahl und ihren Vorgänger. AV 15 Nimm zwei aufeinanderfolgende ganze Zahlen, multipliziere sie und bilde ihre Quersumme AV 2 Addiere zwei aufeinanderfolgende AV 16 Nimm zwei aufeinanderfolgende negative Zahlen. natürliche Zahlen und dividiere sie. AV 3 Nimm zwei negative ganze Zahlen AV 17 Nimm eine Zahl, ihren Nachfolger und addiere sie. und ihren Vorgänger und addiere sie. Nimm drei aufeinanderfolgende Zahlen und addiere sie. AV 4 Nimm zwei Zahlen, die 2 auseinAV 18 Nimm zwei aufeinanderfolgende ander liegen und addiere sie. natürliche Zahlen, addiere sie und ziehe den Vorgänger der Zahl, die rauskommt, ab. AV 5 Nimm zwei Zahlen im Dreierschritt AV 19 Multipliziere drei aufeinanderfolund addiere sie. gende Primzahlen. AV 6 Nimm zwei Zahlen im FünferAV 20 Nimm vier aufeinanderfolgende schritt und addiere sie. Zahlen und addiere sie. AV 7 Nimm eine Zahl aus − und eine AV 21 Multipliziere vier aufeinanderfolgende Zahlen , ziehe die Zahl 2 ab aus + und addiere sie. und multipliziere das Ergebnis mit sich selbst. AV 8 Nimm eine Zahl aus + und ihre AV 22 Nimm fünf Zahlen aus + , addiere Gegenzahl und addiere sie. zwei davon und ziehe die anderen drei von der Summe ab. AV 9 Bilde das Quadrat einer Zahl und AV 23 Multipliziere fünf aufeinanderfoladdiere dazu den Nachfolger der gende Fünferpotenzen. Zahl. AV 10 Nimm zwei aufeinanderfolgende AV 24 Multipliziere alle negativen Zahlen natürliche Zahlen und subtrahiere bis (–100). sie. AV 11 Nimm zwei aufeinanderfolgende AV 25 Nimm die Zahl 56, dividiere sie Zahlen und multipliziere sie. durch 6 und multipliziere den Rest mit deiner Lieblingszahl. AV 12 Multipliziere zwei aufeinanderfolAV 26 Nimm eine Zahl und ihre Schnapsgende gerade Zahlen. zahl* und multipliziere sie. AV 13 Multipliziere zwei aufeinanderfolAV 27 Addiere die erste und die letzte Zahl der Fünferreihe.** gende Potenzen, z. B. 2 2 und 2 3 . AV 14 Nimm zwei Quadratzahlen und multipliziere sie. * Schülererklärung: “14 hat als Schnapszahl 141414, denn Betrunkene sehen alles dreifach.” ** Einige Schüler protestierten sofort. Nun teilten wir die Bearbeitung der Vorschläge als Hausaufgabe unter den Schülern auf. In den beiden folgenden Stunden stellten sie ihre Ergebnisse zu den einzelnen Variationen (AV) vor. Sie sind nachfolgend aufgelistet, so wie die Schüler sie formuliert haben. 232 AV AV AV AV 1 2 3 4 AV 5 AV 6 AV 7 AV 8 AV 9 AV 10 AV 11 AV 12 AV 13 AV 14 AV 15 AV 16 AV 17 Das ist dasselbe wie in der Ausgangsaufgabe. --Es kommt immer eine negative Zahl raus. 1. Das Ergebnis ist immer eine gerade Zahl. 2. Für alle a ∈ ZZ+ gilt a + (a+2) = 2⋅a +2 .* Es kommt immer eine ungerade Zahl heraus. Kein Ergebnis gefunden. Wenn der Betrag der negativen Zahl größer ist als der Betrag der positiven, so kommt eine negative Zahl raus; im umgekehrten Fall eine positive. 1. Das Ergebnis ist immer 0. 2. Für alle a ∈ ZZ+ gilt a + (−a) = a − a = 0 .* Kein Ergebnis gefunden. 1. Wenn man von einer Zahl ihren Nachfolger subtrahiert, kommt (–1) raus. 2. Es kommt immer 1 oder (–1) heraus. 3. Für alle a ∈ IN gilt: a − (a+1)* = a − a − 1 = −1 . * 4. Da kommt das Quadrat der Zahl plus die Zahl raus. 5. Da kommt immer eine gerade Zahl heraus. 6. Es kommen nur die Endziffern 0, 2 und 6 vor. Das Ergebnis ist eine gerade Zahl. --Das Ergebnis ist wieder eine Quadratzahl. Es fällt nichts Besonderes auf. Für b ∈ IN*\{1} gilt (b+1) : b = 1 Rest 1 .* 1. Die Summe von 3 aufeinanderfolgenden Zahlen ist stets ein Vielfaches von 3. 2. a + (a + 1) + (a + 2) = 3⋅a + 3 = 3⋅(a+1) * 3. Z. B. 253 + 254 + 255 . 253 ist 1 weniger als 254, aber 255 ist 1 mehr als 254. Diese 1 addieren wir zu 253 und erhalten: 254 + 254 + 254=3 254. 4. AV 18 1. Es kommt immer 1 heraus. 2. Für alle a ∈ IN gilt [a + (a+1)] − [a + (a+1) − 1] = 1 . * AV 19 --AV 20 1. Es kommt stets eine gerade Zahl heraus. 2. Die Summe ist kein Vielfaches von 4, denn es gibt keine Mitte. Bei 5 Zahlen geht es wieder. AV 21 --AV 22 Es fällt nichts Besonderes auf. AV 23 --AV 24 --AV 25 Es kommt die doppelte Lieblingszahl raus. AV 26 Kein besonderes Ergebnis. AV 27 Nicht machbar! * Laut saarländischem Lehrplan werden Gesetzmäßigkeiten bereits ab Klassenstufe 5 mit 233 Quantoren und Variablen formuliert. Am Ende dieses Unterrichtsversuchs kommentierten die Schüler: • • • • • • • • • “Man kann unendlich viele Beispiele machen.” “Es ist schön, mit vielen Beispielen rumzubasteln.” “Es gab langweilige Aufgaben.” “Manchmal war es zu leicht.” “Das Ganze war harte Arbeit.” “Es war viel zu schreiben.” “Manche Probleme sind interessant.” “Der Unterricht war abwechslungsreich.” “Ich fand es gut, dass man Aufgaben selbst machen darf.” * * In diesem Sinne äußerten sich viele Schüler. Wir stellen fest ... Die Schüler haben alle kennzeichnenden Elemente der Aufgabe erkannt und sie systematisch einzeln oder kombiniert abgewandelt. Hier eine Übersicht: Nimm zwei AV: drei 17,18,19 vier 20,21 aufeinanderfolgende AV: im 2er Schritt 4,12 im 3er Schritt 5 fünf viele im 5er Schritt beliebige 22,23 24 6 3 natürliche Zahlen AV: gerade Zahlen 12 Primzahlen 19 und addiere sie. AV: subtrahiere 10 multipliziere 11,12,13 14,19,23 24,26 Quadratzahlen 14 dividiere 16 Potenzen 13,23 mehrere Re- 9,15,18 chenopera- 21,22,25 tionen ganze Zahlen 7,8 15 negative Zahlen 2,3 24 Schnapszahlen 26 Die Schüler haben erfahren, dass das Ändern auch nur eines einzigen Wortes einer Aufgabe dazu führen kann, dass unlösbare oder unsinnige Probleme entstehen, dass leichte Probleme zu schwierigen werden und umgekehrt. Das Erzeugen neuer Aufgaben aus einer vorgegebenen Initialaufgabe führte zu einer längeren kreativen Phase in unserem Unterricht, in die alle Schüler eingebunden waren. Gerade leistungsschwächere und sonst eher demotivierte Schüler zeigten Interesse und arbeiteten rege mit. Dies bezieht auch die häusliche Bearbeitung der selbsterfundenen Aufgaben ein. 234 Beim Erzeugen der Aufgaben war niemand ausgeschlossen und es gab auch keine Inhalte und Methoden, die nicht zugelassen waren. So entstand ein vielfältiges Angebot von Aufgaben unterschiedlichen Anspruchs, darunter auch Aufgaben zum Wiederholen länger zurückliegender Stoffe. Die Schüler lösten die Probleme auf verschiedenen Niveaus und Darstellungsebenen. Die Ergebnisse wurden im Unterricht vorgestellt, einige vertieft oder verglichen. “Besonders im Vergleich qualitativ unterschiedlicher Lösungswege, ihrer Begründungen und Probleme kann sich Verständnis entfalten”. (BLK, S.89) ... und meinen Schüler, die mit der Methode der Aufgabenvariation vertraut sind, gehen bewusst mit Aufgabenstellungen um; sie wissen, dass es hier auf jedes Wort ankommen kann. Hausaufgaben werden nicht so schnell als nicht gekonnt beiseite gelegt, vielmehr ist zu erwarten, dass sich Schüler aufmerksam und intensiv mit der eigentlichen Aufgabenstellung beschäftigen. Sie sind eher in der Lage, die wichtigen Elemente der gestellten Aufgabe zu erkennen. Dies führt in vielen Fällen zum Auffinden einer Lösung. Zumindest sind die Schüler für den Lösungsvorschlag eines Mitschülers oder des Lehrers besser vorbereitet. Für uns ist Aufgabenvariation eine Methode, den Mathematikunterricht anders und lebendig zu gestalten und vielleicht auch wesentlich zu machen. Bleibt zu hoffen, dass unsere Schüler auch von sich aus hin und wieder Aufgaben variieren. Übrigens Im Anschluss an unseren Unterrichtsversuch stellte einer von uns folgende Aufgabe (als Umkehrung von AV 17) in einer Klassenarbeit (5d4): Lässt sich die Zahl 1000 als Summe dreier aufeinanderfolgender Zahlen schreiben? Begründe Deine Antwort. Die Aufgabe wurde von der Hälfte der Schüler richtig bearbeitet. Hier die Lösung einer Schülerin: Es geht nicht. Begründung: Denn 1000 durch 3 das geht nicht und man muss die Zahl erst durch drei teilen können. Dann hat man drei gleiche Zahlen. Man nimmt von der einen Zahl, die der Vorgänger sein soll, eine 1 weg und gibt sie dem Nachfolger dazu. Also hätte man drei aufeinanderfolgende Zahlen. 235 Anhang 56: Kreise im Dreieck Unterrichtseinheit Kreise im Dreieck durchgeführt von OStR Hans Knichel (Saarbrücken) Lerngruppe: Klasse 10 Zeit: 3 Schulstunden Das Problem In ein gleichschenkliges Dreieck mit der Basis c = 8 cm und den Seiten a = b = 12 cm werden fortwährend Kreise mit möglichst großen Radien so einbeschrieben, dass der nächstkleinere Kreis die Seiten a und b und den vorhergehenden Kreis berührt. Welchen Flächeninhalt haben Kreise zusammen? alle Zunächst die Lösung eines Schülers Wir betrachten das Ausgangsdreieck und den ersten einbeschriebenen Kreis. Kongruenz- und Ähnlichkeitsuntersuchungen und die Nutzung des Satzes von Pythagoras liefern: h=8 2 8 r =2 2 =h/4 h x x x=2 r Und damit ergeben sich die Flächeninhalte vom ersten Kreis und seinem umbeschriebenen Trapez: A1.Kreis = 8π und A1.Trapez = 24 2 4 r 4 4 Und nun zur Strategie: Der Flächeninhalt des ersten Kreises verhält sich zum Flächeninhalt des ersten Trapezes (aufgrund der Ähnlichkeit) wie der Flächeninhalt des zweiten Kreises zum Flächeninhalt des zweiten Trapezes und damit wie der Flächeninhalt des dritten Kreises zum Flächeninhalt des dritten Trapezes und so weiter. Also gilt: 236 Aalle Kreise Aalle Kreise A1.Kreis 8π = = = A1.Trapez 24 2 Aalle Trapeze ADreieck 2 π Aalle Kreise = 6 32 2 32 Aalle Kreise = π 3 Das entspricht etwa 75% der gesamten Dreiecksfläche. Und jetzt der alternative (direkte )Weg des Lehrers Die Kreise gehen jeweils durch Streckung mit dem Faktor k = 1 aus ihren Vor2 gängern hervor: aHerleitung wie obenf A1.Kreis = 8 π F1 I ⋅ 8π H2 K 2 A2.Kreis = k 2 ⋅ A1.Kreis = F1 I ⋅ 8π + F1 I ⋅ 8π + F1 I ⋅ 8π + H2 K H2 K H2 K F1 + 1 + F1 I + F1 I + IJ = 8π G H 4 H4 K H4 K K 2 4 6 Aalle Kreise = 8 π + 2 3 ? Da Folgen und Reihen in den Lehrplänen für normale1 Gymnasien im Saarland nicht vorkommen, steht hier keine Formel zur Bestimmung der geometrischen Reihe zur Verfügung. Eine der üblichen Herleitungen liefert: 1+ FI + F1 I + HK H4 K 1 1 + 4 4 2 3 = 1 1− 1 4 = 4 3 und somit: Aalle Kreise = 32 π 3 1 Geometrische Folgen und Reihen können an mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweigen als Zusatzthema behandelt werden. 237 Die Schüler variieren die Aufgabe1 1. Das Dreieck wird an der Basis gespiegelt. 2. Das Ausgangsdreieck soll gleichseitig oder rechtwinklig sein. 3. Statt Kreise werden “auf dem Kopf stehende” gleichseitige Dreiecke einbeschrieben. 4. Welchen Umfang haben alle Kreise zusammen? 5. Es werden nur die ersten drei Kreise betrachtet. 6. Welchen Inhalt hat die Ergänzungsfläche zu den ersten drei Kreisen? 7. Bestimme das Verhältnis der Flächeninhalte von Inkreis (erster Kreis) und Dreieck. 8. Berechne den Flächeninhalt des Umkreises. 9. Wann hat ein Viereck einen Umkreis?2 10. Statt Kreise werden Quadrate einbeschrieben. Welchen Flächeninhalt und welchen Umfang haben alle Quadrate zusammen? Die Bearbeitung der Vorschläge wird als schriftliche Hausaufgabe unter den Schülern aufgeteilt. 1 Die Klasse hat Erfahrung mit dem Variieren von Aufgaben; es gibt keine Lenkung seitens des Lehrers. 2 Diese Frage stellte sich den Schülern wohl beim Versuch, in der Variante 8 das Dreieck durch ein Viereck zu ersetzen. 238 Die Meinung des Lehrers Das am Anfang stehende Problem “Kreise im Dreieck” ist für alle Beteiligten (Lehrer wie Schüler) eine anspruchsvolle Aufgabe. Für den Mathematikunterricht in Klassenstufe 10 bietet es vielfältige Aktivitäten (Skizzieren, Konstruieren, Schätzen, Messen, Rechnen, ...), eine gute Möglichkeit zum Aufgreifen bereits behandelter Inhalte (Kongruenz- und Ähnlichkeitsbetrachtungen, Flächeninhalte, Satz des Pythagoras, trigonometrische Beziehungen, ...) in neuem Zusammenhang und ist Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Verfahren (Verhältnisbetrachtungen, Berechnung unendlicher Summen, ...). Hinzu kommt die stets verblüffende (anschauliche und rechnerische) Betrachtung unendlich vieler Kreise mit insgesamt doch nur endlichem Flächeninhalt (und Umfang). Es geht auch einfach Der folgende Lösungsweg (Vorschlag einer Schülerin) zur Variation Nr.4 überraschte die Schüler und - einige Wochen vorher - auch den Lehrer: . . . d3 h d2 U = U1.Kreis + U2.Kreis + U3.Kreis + ... = π d1 + π d2 + π d3 + ... d1 = π ( d1 + d2 + d3 + ...) =πh = 8 2π Hier noch weitere Varianten: Dreiecke im Kreis, Kreise im Quadrat, Quadrate im Kreis, Kugeln im Tetraeder, Kugeln im Kegel, andere Dreiecke mit der Umfangssumme U = 8 2 π , ... . 239 Anhang 57: Rösselsprung Unterrichtseinheit Variation des Rösselsprungproblems durchgeführt von StR Matthias Heidenreich (Calw) Lerngruppe: Leistungskurs 12 Zeit: 2 Schulstunden 1. Das Initialproblem Eines der ältesten und berühmtesten Probleme aus den Bereich „Schach und Mathematik“ ist die Forderung an den Springer, nacheinander alle Felder des Schachbretts zu durchlaufen, so daß jedes Feld genau einmal betreten wird. Die Ursprünge dieses Problems liegen rund 1000 Jahre zurück; die erste mathematische Darstellung sowie Ansätze zur Lösung lieferte Euler 1759. Das Problem ist erschöpfend gelöst; es existieren etliche Lösungsmethoden basierend auf geeigneten Zerlegungen und Zusammensetzungen. Die bedeutendste empirische Regel zur Erzeugung eines vollständigen Rösselsprungs stammt von Warnsdorf 1823: a) Bei jedem Zug wählt man das Feld, von welchem unter den zur Wahl stehenden Feldern die wenigsten Springerzüge nach anderen, noch unbesetzten Feldern möglich sind. b) Ergeben sich mehrere Felder mit gleichen Minimalzahlen, so ist die Wahl unter ihnen frei. Beispiel eines Rösselsprungs nach dieser Regel: 48 19 42 5 50 9 40 7 43 4 49 20 41 6 51 10 18 47 44 61 52 59 8 39 3 54 21 56 45 62 11 58 22 17 46 53 60 57 38 29 35 2 55 26 37 30 63 12 16 23 36 33 14 25 28 31 34 15 24 27 32 13 64 1 240 Seit jeher wurde die Aufgabenstellung variiert. Die Brettgröße und -form wurde verändert, der Springer wurde zum Koch, Janus oder zu einem anderen Phantasiegebilde transformiert. An den Rösselsprung wurden Zusatzbedingungen gestellt oder die Forderungen der ursprünglichen Aufgabe wurden abgeschwächt. Jede einzelne Veränderung läßt sich mit anderen kombinieren, so daß der Aufgabenreichtum fast unerschöpflich ist. Viele der neue entstandenen Probleme sind ungelöst bzw. wurden noch nicht näher untersucht. 2. Warum das Rösselsprungproblem? Warum gerade die Variation eines klassischen Problems der Unterhaltungsmathematik? Schon der Begriff „Unterhaltungsmathematik“ bewirkte bei einigen Schülern (und vielleicht auch Mathematikern) staunendes Kopfschütteln. Wie kann ein theoretisches und nüchternes, teilweise sogar sprödes Fach (so die meist einhellige Meinung) gleichzeitig unterhaltend sein? Die gewählte Aufgabe verbindet beides: Gleichzeitig unterhaltend und doch reich an mathematischen Inhalten. Zudem: Nicht der Stoff, sondern die Methode bestimmt, was Inhalt ist. Die Aufgabe umgeht ein Problem, mit dem sich der Mathematikunterricht von jeher auseinandersetzen muß. Durch Erfahrung bedingte und sich verstärkende Leistungsunterschiede sind hier nahezu ausgeschaltet. Aktiver Schachspieler oder Regelunkundiger - sie alle starten an der gleichen Linie, da die Zugregel für den Springer auch einem völligen Laien sofort zu erklären ist. Neben den o.a. Argumenten für die Aufgabenvariation bestechen bei diesem Initialproblem vor allem die schier unerschöpfliche Anzahl von möglichen Variationen. Zugleich unterscheiden sich die Anschlußprobleme nach Neuigkeits- und Schwierigkeitsgrad beträchtlich vom Original. 3. Rahmenbedingungen und Einführungsstunde Als Versuchsklasse wurde ein Leistungskurs 12 ausgewählt. Mit 16 (weiblichen und männlichen) Schülern besaß er fast ideale Größe. Neben „Sprachflüchtlingen“ befanden sich auch solche Schüler in dem Kurs, die schon an mathemtischen Wettbewerben teilgenommen hatten. Es konnte also von einer inhomogenen Zusammensetzung gesprochen werden. Zu Beginn der Stunde wurden die Schüler über die Ziele der Unterrichtseinheit informiert. Anhand eines einfacheren Beispiels sollten sie Grundtechniken des Variierens kennenlernen. Hier bot sich das Initialproblem aus Anhang 11 an. Auf eine genauere Darstellung des zugehörigen Unterrichtsgeschehens soll hier verzichtet werden. Im zweiten Abschnitt der Stunde wurde die Rösselsprungaufgabe vorgestellt (s. Arbeitsblatt auf der nächsten Seite). 241 242 Einzelne Schüler erinnerten sich an die Aufgabe, ohne jedoch die genaue Formulierung zu kennen. Nachdem das Problem dargestellt war, folgte ein kurzer historischer Abriß. Nun sollte jeder Schüler durch Probieren versuchen, einen vollständigen Rösselsprung zu finden. Schon nach dieser kurzen Berührungsphase machten die Schüler erste Vorüberlegungen zu Lösungsstrategien oder Lösbarkeitsbedingungen Bereits hier wurde (unbewußt oder bewußt?) variiert: - Hängt die Lösbarkeit von dem Anfangs- und Endfeld ab? - Gibt es eine Lösung für das 4×4-Brett? Wenn ja, läßt sich daraus eine Lösung für das Schachfeld konstruieren? - Wie kann man aus einem festgefahrenen Versuch durch Rücknahme von Zügen eine Lösung gewinnen (also ein Backtracking-Verfahren)? Hier läßt sich die These formulieren, daß gerade die Variation des Initialproblems - also das Wenden, Begreifen, Hindurchschauen, Umzentrieren usw. - ein wesentlicher Bestandteil einer Lösungsstrategie sein kann. Schon bei der Lösung eines Problems kann also dessen Veränderung Wesentliches beitragen. Etwas mutiger formuliert: Variation ist Problemlösen. Der Gong beendete die erste kreative Phase und ließ die Schüler mit einer Reihe offener Fragen zurück. Sie hatten nun die Aufgabe, sich bis zur nächsten Stunde mit dem Problem auseinanderzusetzen. Hierzu sollte weiter eifrig gerösselt und über mindestens eine Variation des Originals nachgedacht werden. Eine Begebenheit am Rand: Schon auf dem Nachhauseweg überraschte mich eine Schülerin freudig damit, sie habe die langweilige Englischstunde mit dem Problem verbracht und sei immerhin auf 62 Züge gekommen. 4. Variationen Zu Beginn der nächsten Stunde berichteten die Schüler von ihren Ergebnissen. Eine Schülerin hatte durch Backtracking (Sackgassen werden bis zur nächsten Verzweigung gestrichen) und einer Art Warnsdorf-Regel relativ schnell eine Lösung gefunden. Eine andere Schülerin fand durch geeignete Klasseneinteilungen der Felder auf konstruktive Weise einen vollständigen Rösselweg. Nach diesen ermutigenden Resultaten wurde den Schülern jetzt die Warnsdorfsche Regel vorgestellt und plausibel gemacht. Es war für sie nun ein Leichtes, eine vollständige Lösung zu erzielen. Jetzt folgte die eigentliche Variationsphase. Geplant war zunächst ein Sammeln von Vorschlägen an der Tafel. Erst danach sollten sich die Schüler über Konsequenzen, mehr oder minder sinnvolle Variationen, Niveau und Schwierigkeit, Lösbarkeit, Beweisskizzen etc. Gedanken machen. Tatsächlich lief der Unter- 243 richt anders. Meist wurden die Variationen direkt nach Vorschlag diskutiert, als unsinnig verworfen, als schwierig oder trivial bewertet oder abermals variiert. Ich mochte hier nicht steuernd eingreifen, weil es möglicherweise der Motivation geschadet hätte. Zudem bringt die Diskussion über die Konsequenzen einer Abänderung neue Spielarten hervor. Unerwartet waren bereits die ersten Vorschläge von gewagtem Ausmaß: In Anlehnung an die in der vorangegangenen Stunde gelernte Strategie, jedes Wort abzuändern bzw. zu negieren, veränderten die Schüler folgerichtig zunächst den Springer, d.h. seine „Gangart“: Analogisieren 1 Ersetze den (1;2)-Springer durch den (1;3)-Springer. Nach kurzer Zeit kam der Hinweis, daß die neue Aufgabe nicht lösbar sei, da der Springer dabei nur gleichgefärbte Felder besetzen kann. Als nächster Vorschlag kam ein naheliegendes Abschwächen Ersetze den (1;2)-Springer durch den (1;3)-Springer und mache alle Felder gleichfarbig. Jetzt lagen die nächsten Abänderungen auf der Hand: (2;3)-Springer; (5;5)Springer usw.. Also: Verallgemeinern 1 Ersetze den (1;2)-Springer durch den (n;m)-Springer. Weiter wurde eifrig die Gangart des Springers manipuliert. Verallgemeinern 2 Ersetze den Springer durch 2 (n) abwechselnd ziehende Springer. Hier erkannte ein Schüler unmittelbar, daß diese Variante trivial ist, da zu einer Lösung lediglich die Mitte eines vollständigen Rösselweges aufgesucht und von dort aus gegenläufig gewandert werden muß (bei den Springern analog). Der nächste Vorschlag der Schüler war für mich Neuland: Verschärfen Überlaufene Felder (Rechtecke) gelten als besetzt. Wir erkannten schnell, daß diese Aufgabe für das herkömmliche Brett nicht lösbar ist. So gelangte man zur Frage nach Form und Größe des Bretts: Analogisieren 2 Ersetze das quadratische Brett durch ein rechteckiges. Analogisieren 3 Ersetze das quadratische Brett durch ein nichtrechteckiges. Verallgemeinern 3 Ersetze das quadratische Brett durch ein m×n-Brett. Die Lösung dieser Aufgaben ist nicht leicht. Jedoch erkannten die Schüler bereits, daß das Rösselsprungproblem für bestimmte Brettformen nicht lösbar ist (z.B. nicht für das 3×3-Brett und für das 2×n-Brett). Hier ließ ich jedoch nicht locker, da kurz zuvor das Beweisprinzip der vollständigen Induktion mit ihnen behandelt worden war. Tatsächlich äußerte eine Schülerin nach einigermaßen 244 gezielter Fraugestellung, daß ein Nachweis für beliebige quadratische Bretter so vielleicht möglich sei. Durch den Hinweis, daß die Brettform frei von jeglicher Konvention sei, faßten einige Schüler neuen Mut: Verallgemeinern 4 Ersetze das (zweidimensionale) Brett durch ein dreidimensionales Brett. Hier wich der Kurs ein wenig vom Thema ab. Es wurde hitzig debattiert, wie denn die Schachregeln für den dreidimensionalen Fall im Sinne eines Permanenzprinzips analogisiert werden könnten. Nach meinem Vorschlag: Verallgemeinern 5 Ersetze das (zweidimensionale) Brett durch ein n-dimensionales Brett. war die Konfusion zunächst groß. Hier waren einige Schüler dankbar, daß zunächst nur variiert und nicht gelöst werden mußte. Nun wurde in einer anderen Richtung fortgeschritten. Analogisieren 4 Ersetze den Springer durch eine andere Figur. Das Ausgangsproblem ist für den Bauer nicht sinnvoll. Für die Figuren Läufer, Turm, Dame und König ist es trivial. Die Frage nach einem vollständigen Rösselweg bei vorgegebenem Anfangs- und Endfeld tauchte kurz auf, wurde aber nicht näher erfolgt. Solche Variationen könnten lauten: Geringfügiges Ändern 1 Das Startfeld soll vom Endfeld direkt erreichbar sein (geschlossener Rösselsprung). Geringfügiges Ändern 2 Das Startfeld (Endfeld, Start- und Endfeld) ist vorgegeben. Den Schülern gingen nun langsam die Ideen aus. Daher ein erneuter Impuls: Existiert so etwas wie eine inverse Aufgabe? Darauf folgender Vorschlag: Umzentrieren Nach wie vielen Feldern hat sich der Springer frühestens festgefahren? Hier beendete der unbarmherzige Gong eine interessante Stunde. Trotz der großen Ausbeute sind noch weitere Variationen möglich und lohnend: Verstärken 1 In der Matrixschreibweise soll der vollständige Rösselweg 245 zusätzlich ein magisches Quadrat bilden. Verstärken 2 Der geometrische Kantenzug soll punktsymmetrisch sein. Abschwächen Der Springer soll möglichst viele Felder erreichen. Iterieren Wie läßt sich durch Umbilden eines Rösselweges ein neuer Rösselweg ergeben? Reagieren Wie viele verschiedene Lösungen gibt es? usw. 5. Nachbetrachtung, Ausblick Auch wenn viele Fragen offen blieben und der geplante Unterrichtsverlauf nicht zustande kam - den Schülern und mir hat diese Einheit viel Spaß gemacht. Vielleicht sind wir etwas weiter mit der Frage: Was ist Mathematik? Gerade nach dem langen und steinigen Weg durch die Unebenheiten der Epsilontik war die Unterrichtseinheit eine erfrischende Abwechslung. Positive Rückmeldung erhielt ich auch von den Schülern: Neben Anfragen zu einer Facharbeit über das Thema und zu weiterführender Literatur wünschten sich viele Schüler eine Wiederholung solcher Einheiten. Bei aller Freude müssen jedoch auch kritische Anmerkungen gemacht werden. Gerade die schwächeren Schüler konnten dem Tempo und den sich fortgesetzt ändernden Fragen teilweise nicht mehr folgen. Um auch ihnen gerecht zu werden, hätte man für den gleichen Stoff wohl die doppelte Zeit benötigt. Zudem fiel auf, daß die im sonstigen Unterricht aktiven und motivierten Schüler auch hier die meisten Beiträge beisteuerten. Angesichts der geringen Erfahrungen mit Variationstechniken gab es erstaunlich viele und vielfältige Vorschläge. Weitergehende Variationen (z.B. magische Eigenschaft) sind wohl nur bei größerer Vertrautheut mit dem Thema zu erwarten. Je öfter die Schüler jedoch variierten, desto mehr erkannten sie, daß jede zunächst noch so abwegig erscheinende Idee einer näheren Untersuchung wert ist. Hier hängt viel vom Umgang mit falschen Antworten bzw. unsinnigen (gibt es die überhaupt?) Vorschlägen ab. Die Stunde wäre sicherlich anders verlaufen, wenn ich mich nicht selbst schon mit dem Thema Rösselsprung auseinandergesetzt hätte. Ein Lehrer auf dem Wissensstand der Schüler läßt ihnen vielleicht noch mehr Freiraum, obgleich natürlich auch die Risiken zunehmen (Aber was riskiert man schon?). Auch hier stellt sich die sicherlich nicht neue Frage, wieviel der Lehrer zum Unterrichtsverlauf beisteuern sollte. Ideal ist sicher eine Funktion als Moderator, welcher nur Impulse gibt. Tatsächlich sind die Schüler (zumindest die meines Kurses) jedoch noch stark auf den Lehrer fixiert. Das muß indessen kein durchgehender Nachteil sein. Am Ende der Stunde war es durchaus angebracht, selbst Variationen vorzuschlagen und damit für neue Anstöße zu sorgen. 246 Anschließen sollte sich nun eine metakognitive Betrachtung. Dabei sollte deutlich werden, daß es sich beim Variieren nicht um einen Pausenfüller, sondern um ernsthafte mathematische Arbeit handelt. 247 This document was created with Win2PDF available at http://www.daneprairie.com. The unregistered version of Win2PDF is for evaluation or non-commercial use only.