B: BuddhistIn J: Jude/Jüdin M: Muslim/Muslima Ch: ChristIn J: Bei uns Juden gibt es viele Geschichten über den Anfang der Welt und der Menschen. Wir gehen davon aus, dass die Welt einen Anfang hat, dass es einen Schöpfer gibt und wir Menschen sind seine Geschöpfe. Wir sind keine Marionetten, vielmehr haben wir Menschen die Aufgabe die einmalige Welt zu beschützen. Wir dürfen sie nicht ausbeuten, sonst entziehen wir uns unserer Grundlage. Wie ist es bei euch? M: Ich kann dir ganz und gar zustimmen. Ch: Ich auch. B: Nein, zustimmen kann ich euch überhaupt nicht. Wir vertreten keine Idee des Anfangs. Nach unserer Vorstellung ist das Leben anfangslos. Diese Welt ist der Lebensraum für die Wiedergeburt als Mensch. Wenn alle Menschen das Nirwana erreicht haben, wird diese Welt überflüssig. Sie wird es dann nicht mehr geben. M: Woher wissen dann Buddhisten woher sie kommen? B: Viele Menschen haben Erinnerung an ihre früheren Leben. Wir machen uns keine Sorgen um das Woher. Aus den früheren Leben tragen wir das Negative, das Karma, mit uns herum und wir versuchen uns zu reinigen durch Meditationen und Verhalten im Alltag bis wir in immer höheren Welten geboren werden. Eines Tages erhoffen wir, befreit zu sein von dem Leid auf dieser Welt und ewiges Glück zu genießen und nicht mehr durch das Auf und Ab im Leben, das Lebensrad, bestimmt zu sein. Ch: Wir Christen sind der Ansicht, das das menschliche Leben einmalig ist, nicht wiederkehrt und in der Vergangenheit keine Anknüpfung hat. Vielmehr glauben wir an die Auferstehung, dass nach dem Tod unsere Identität gewahrt ist und wir bei Gott sind. J: Ja, Juden und Christen glauben, dass jeder Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, unverwechselbar ist. Wir drücken dies auch heute so aus, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. M: Wir Muslime schließen uns den Juden und Christen in dieser Frage an, betonen aber das Große Gericht nach dem Tod und die Hoffnung auf das Paradies, das bei uns viel bunter ausgemalt wird als bei euch Juden und Christen. J: Wenn nach der buddhistischen Lehre alles anfangslos ist, die Welt nicht als Schöpfung wahrgenommen wird, wie verhält sich dann der Buddhist zur Natur? B: Es gibt auch bei uns grüne Umweltschutzbewegungen, weil Gutes tun mein Karma verbessert, aber wir haben keinen Auftrag die Erde zu bewahren um ihrer selbst willen. Ch: Nach dem Verständnis der monotheistischen Religionen ist die geschaffene Welt gut und der Mensch hat eine große Aufgabe diesen Garten zu bebauen und zu erhalten. M: Also Forschung zu betreiben, dass die Atmosphäre der Erde nicht zerstört wird J: oder Medikamente zu entwickeln, die Krankheiten heilen Ch: oder die Nahrungsmittel auf der Welt besser zu verteilen, dass Menschen nicht hungern müssen. B: Bei uns können Krankheiten auch bedeuten, dass das negative Karma abgearbeitet wird. Selbst der Kindstod kann diese Bedeutung bekommen. J: Vielleicht forschen wir auch zu viel, wenn wir versuchen den Menschen zu kopieren und selbst Schöpfer zu spielen. M: Da gibt es Grenzen, die immer wieder neu ausgelotet werden müssen. Ch: Wir Menschen haben uns auch über alle Maßen über unsere Aufgabe erhoben, sie tyrannisiert, indem in Auschwitz 6 Millionen Menschen, vor allem Juden, durch Deutsche grausamst und systematisch wie noch nie in der Geschichte der Menschheit ermordet wurden. B: Wir haben davon in der jüdischen Gemeinde in der Friedrichstr. gehört. J: Die jüdische Gemeinde wächst heute wieder – wie ein Wunder – da viele Juden aus dem Osten gekommen sind. Ja, es gibt in der Synagoge Gebetbücher auf Russisch und Deutsch, obwohl doch die Gottesdienstsprache Hebräisch ist. M: Unser Gottesdienst findet in arabischer Sprache statt, da der Koran auf Arabisch geschrieben ist. Aber wenn der Imam predigt, dann in der Heimatsprache oder auf Deutsch. B: Die arabische Sprache haben wir auch an den Wänden der Moschee in der Dotzheimerstr. gesehen. Es gab dort überhaupt keine Bilder, nur Schriftzüge und Verzierungen. In unseren buddhistischen Tempeln ist es dagegen ganz bunt und es werden auch grelle Farben verwendet. Buddha wird als Statue dargestellt, sogar in Gold, und viele Aspekte seines Wesens werden auch als Statue gezeigt. Aber Buddha ist kein Gott. Ch: Wie? Buddha ist kein Gott? B: Buddha ist ein Mensch, der die Erleuchtung erreicht hat und ist somit befreit vom Leid. Wir verehren ihn und versuchen ihm zu folgen. Ch: Dann ist Buddhismus eher als Philosophie zu verstehen. B: Ja, es ist ein Lebensweg; wenn ihn alle Menschen anstreben, wären alle im ewigen Glück. M: Ewiges Glück – kann man das immer erleben? Dann kann man doch nicht mehr unterscheiden zwischen Glück und Nichtglück und das Glück gar nicht genießen. B: Es ist für uns unvorstellbar. Wir denken, dass die Dinge, die wir sehen, auch so existieren würden. Das ist aber ein Trugschluss. Wir können die Dinge, die wir sehen nicht von ihrem inneren Wesen heraus wahrnehmen. Wir sagen zum Beispiel „Wald“ und denken an viele Bäume, aber wir wissen nicht, was „Wald“ eigentlich ist. J: Wir Juden, Christen und Muslime glauben schon, dass die Welt, die gut geschaffen wurde, von uns Menschen so wahrgenommen wird, dass wir sie begreifen und bewahren können. Das motiviert uns doch, Naturwissenschaften zu betreiben. B: Unsere Erkenntnis ist so verschwindend klein und wir sind nur ein Punkt im Universum, innerhalb der vielen Welten, die wir nicht wahrnehmen können. Ch: Wir hören aber nicht auf zu fragen, wenn es auch wieder dieselben Fragen sind, die auch schon vor 2000 Jahren gestellt wurden. B, J, M, Ch: Wir hören nicht auf zu fragen! Wir hören nicht auf zu fragen! Wir wollen voneinander lernen, kennenlernen Buddhisten, Juden, Muslime und Christen.