KINDER und AIDS Eine Informationsbroschüre der Immundefekt-Ambulanz im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München 2 Impressum Immundefekt-Ambulanz im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München Layout und Satz: Brigitte Schön Druck: xxxxxxxxxxx Überarbeitete 4. Auflage 7/97 Diese Broschüre wurde auf umweltfreundlichen Papier gedruckt © 1997 Herausgeber: Inhalt HIV und AIDS Was ist AIDS? . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Was sind Viren? . . . . . . . . . . . . . . 5 Wie wird das HIV übertragen? . . . 5 Kann die Übertragung von der Mutter auf das Kind vermieden werden? . . . . . . . . . . . 6 Was bedeutet Viruslast? . . . . . . . 7 Wann weiß ich, ob mein Kind infiziert wurde? . . . . . . . . . . 8 Was sind die Krankheitszeichen und wie ist der Erkrankungsverlauf? . . . . . . . 9 Behandlung Welche Behandlungsmaßnahmen sind möglich? . . . . 10 Impfempfehlungen . . . . . . . . . . . 13 Wie sieht die Langzeitbetreuung HIV-exponierter und -infizierter Kinder aus? . . . . . . . . 14 Soziales Umfeld Kann ein HIV-infiziertes Kind andere Personen anstecken? . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Welche Verhaltensweisen ergeben sich daraus? . . . . . . . . . 17 Wem sollte die Diagnose mitgeteilt werden? . . . . . . . . . . . 18 3 Allgemeines Ändert sich die Ernährung für HIV-infizierte Kinder? . . . . . . 20 Kann das Halten von Haustieren gefährlich sein? . . . . 20 Hilfen Welche psychosozialen Hilfen gibt es für Familien? . . . . 21 Welche staatlichen Hilfen werden für Familien angeboten? . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Welche privaten Hilfen werden für Familien angeboten? . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Adressen Eine Auswahl von Zentren, an denen HIV-exponierte und -infizierte Kinder betreut werden . . . . . . . . . . . . . 24 4 Vorwort In eigener Sache Wir sind ein interdisziplinäres Team von Kinderärzten, Sozialarbeitern und Kinderkrankenschwestern. Seit 1987 betreuen wir in der Immundefekt-Ambulanz HIV-infizierte Kinder, sowie Kinder mit angeborenen Immundefekten und deren Familien. Unsere Aufgabe sehen wir in einer umfassenden medizinischen und psychosozialen Betreuung dieser Kinder. Das bedeutet: Wir behandeln und betreuen die Kinder nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen und versuchen, die psychischen und sozialen Folgen der HIV-Infektion für die gesamte Familie zu mildern. Eine weitere Aufgabe sehen wir in der Aufklärung der Bevölkerung zu Fragen über „AIDS und Kinder“. Diese Broschüre richtet sich besonders an Eltern mit einem HIVinfizierten Kind, an HIV-infizierte Frauen, die sich ein Kind wünschen und an Eltern, die ein HIV-infiziertes Kind in Pflege nehmen möchten. Für Anregungen zu dieser Broschüre und auch Kritik sind wir immer offen und dankbar. SPRECHEN SIE UNS AN! Auch Familien mit angeborenen Immundefekten können sich an uns wenden, bzw. über uns die Adresse einer Selbsthilfegruppe erhalten. ID-Ambulanz im Dr. v. Haunerschen Kinderspital der Universität München, Lindwurmstr. 4, 80337 München, Tel.: 089/ 5160-3931; Fax.: 089/ 5160-3964; HIV und AIDS Was ist AIDS? Wie wird das HIV übertragen? AIDS ist die Abkürzung für „Acquired Immunodeficiency Syndrome“, was übersetzt „erworbenes Immunschwäche Syndrom“ bedeutet. Das 1983 entdeckte „Humane Immunschwäche Virus“ (HIV) verursacht dabei eine Schädigung des körpereigenen Abwehrsystems. Solange keine Krankheitszeichen aufgetreten sind, spricht man von HIVInfektion. Erst wenn die Abwehrschwäche so stark ausgeprägt ist, daß lebensbedrohliche Erkrankungen (Infektionen, Tumore u.a.) auftreten, spricht man von AIDSErkrankung. ES GIBT DREI HAUPTANSTECKUNGSWEGE: Was sind Viren? Es sind die kleinsten aller Krankheitserreger. Sie bestehen aus eigener Erbsubstanz, umgeben von einer Hülle aus Eiweiß. Viren können sich nur in lebenden Zellen (Wirtszellen) vermehren. Viele bekannte Krankheiten wie z.B. Grippe, Masern und Röteln werden durch Viren verursacht. Beim HIV besteht die Besonderheit, daß sich das Virus in die Erbsubstanz der Wirtszelle einbaut und diese zwingt, im eigenen Körper neue Viren herzustellen. 1. über infiziertes Blut, z.B. infizierte Nadeln bei Drogenabhängigen, oder über Bluttransfusionen und Blutprodukte 2. über sexuelle Kontakte mit HIVInfizierten 3. während der Schwangerschaft oder unter der Geburt von einer HIV-infizierten Mutter auf ihr Kind. Das Virus kann auch von einer HIV-infizierten Mutter über die Muttermilch beim Stillen auf ihr Kind übertragen werden. 5 6 HIV und AIDS Kann die Übertragung von der Mutter auf das Kind vermieden werden? Eine wirksame Maßnahme stellt die Therapie der Mutter mit dem Reverse Transkriptase Inhibitor (siehe Seite 11) AZT in den letzten Schwangerschaftswochen und während der Geburt (als Infusion) dar. Anschließend erhält das Neugeborene das gleiche Medikament in den ersten 6 Lebenswochen als Saft. Eine amerikanische Studie konnte zeigen, daß nach diesem Verfahren das Infektionsrisiko des Neugeborenen von 25,5% auf 8,3% reduziert wurde. Andere Studien zeigten, daß durch die rechtzeitige Kaiserschnittentbindung am wehenfreien Uterus das Risiko der HIV-Infektion nochmals gesenkt werden kann. Aufgrund dieser Ergebnisse wird heute bei HIV-infizierten schwangeren Frauen eine geplante Kaiserschnittentbindung empfohlen. HIV und AIDS Was bedeutet Viruslast? Gleich nach der Übertragung kommt es zu einer massiven Virusvermehrung im Blut. Anschließend findet die Vermehrung hauptsächlich in den Lymphknoten statt, wo gleichzeitige Abwehrvorgänge die Infektion zunächst kontrollieren. Es folgt eine unterschiedlich lange, symptomfreie Phase, in der die im Blut meßbare Virusmenge (= Viruslast ) gering ist. Der Anstieg der Virusmenge im Blut kann aber auch unabhängig vom Krankheitsstadium erfolgen, wie z.B. nach Impfungen oder während anderer Erkrankungen. Der Grund hierfür ist wahrscheinlich, daß das Immunsystem in dieser Zeit „etwas anderes zu tun hat“. Es ist bekannt, daß die Anzahl der Viren im Blut vier bis sechs Wochen später wieder auf den ursprünglichen Wert fällt. Durch die VerDie Krankheit schreitet mehrung der Viren Seit die Möglichin dem Maße fort, in dem im Lymphgewebe keit besteht das Indie Viruslast steigt verlieren die Abfektionsstadium mit wehrzellen allerHilfe der Viruslast dings immer mehr ihre Funktionsbesser einzuschätzen, eröffnen sich fähigkeit. Die körpereigene neue Chancen. So macht man den Abwehr wird nach und nach zerBehandlungsbeginn einer antiretrostört. Dadurch können sich die viralen Kombinationstherapie von Viren sehr stark vermehren – im der Viruslast abhängig. Ein erneutes Blut findet sich jetzt ein deutlicher Steigen der Viruslast deutet auf Anstieg der Viruslast. Je höher die einen Wirkungsverlust einzelner Viruslast wird, desto geringer wird Medikamente hin. Sie werden dann die Anzahl der T-Helferzellen. Die durch neue Substanzen ersetzt. Krankheit schreitet in dem Maße fort, in dem die Viruslast steigt. 7 8 HIV und AIDS Wann weiß ich, ob mein Kind infiziert wurde? unbekannten Gründen) nicht so Bei Kindern – etwa ab dem 18. leicht. Es kann bis zu 18 Monate Lebensmonat – läßt sich die Infekdauern, bis diese mütterlichen tion genauso wie bei Erwachsenen Antikörper beim Kind nicht mehr über einen HIV-Antikörper-Test festnachweisbar sind. Manchmal ist stellen. Anders ist es bei Neugeboerst zu diesem Zeitrenen. Diesen werpunkt eine sichere den während der Im allgemeinen Aussage möglich, Schwangerschaf t läßt sich die ob das Kind infiziert über den MutterHIV-Diagnose innerhalb wurde oder nicht. kuchen (Plazenta) der ersten drei viele mütterliche Lebensmonate stellen. Bei den meisten Antikörper übertraHIV-infizierten Kingen, z.B. gegen dern läßt sich die Infektion zu Masern und Röteln, aber auch einem früheren Zeitpunkt nachweigegen HIV, wenn die Mutter mit sen, wenn die Anzucht des Virus diesen Viren infiziert worden ist. selbst oder der Nachweis von Virusbestandteilen (Virusantigen) Bei jedem Neugeborenen einer gelingt. Inzwischen ist es auch mögMutter, die selbst HIV-Antikörper lich geworden durch die PCR besitzt, werden deswegen auch (= Polymerase-Ketten-Reaktion) die HIV-Antikörper gefunden. Dies Erbsubstanz des Virus im Labor milbedeutet aber nicht, daß das Kind lionenfach zu vermehren und damit auch infiziert wurde. schon geringste Mengen nachzuweisen. Während die Antikörper mit 100prozentiger Sicherheit von der Mutter auf das Kind übertreten, gelingt dies dem Virus (aus weitgehend HIV und AIDS Was sind die Krankheitszeichen und wie ist der Erkrankungsverlauf? Die Zeit die vergeht, bis ein HIVinfiziertes Kind an AIDS erkrankt, ist beim einzelnen Patienten nicht vorhersagbar. Einige Kinder können schon im 1. Lebensjahr an einer lebensbedrohlichen Infektion erkranken, andere wiederum sind noch nach über 10 Jahren völlig beschwerdefrei. Bei wenigen HIV-infizierten Kindern kann es zum Stillstand bzw. zur Verlangsamung der körperlichen und geistigen Entwicklung kommen. So können Minderwuchs, Untergewicht oder Verlust von bereits erlernten Fähigkeiten (Sitzen, Sprechen, Laufen etc.) auftreten. Kommt es zu einer fortschreitenManche HIV-infizierte Kinder leiden Zerstörung des Immunsystems, den häufiger als andere an einfawas durch Blutuntersuchungen festchen Erkältungskrankheiten, an gestellt werden kann, kann es zu Windeldermatitis, opportunistischen Pilzinfektion im Infektionen und – Die fortschreitende Mund, Bronchitis sehr selten – zu TuZerstörung des Immunund Mittelohrentmoren des Lymphsystems kann durch zündung. Da viele systems kommen. Blutuntersuchungen festKinder in den Opportunistische Ingestellt werden ersten Lebensjahren fektionen nennt öfter an banalen man Infektionen, Erkältungskrankheiten leiden, sind die von Keimen verursacht werden, diese bei HIV-infizierten Kindern die auch in immungesunden Menmeist kein zwingender Hinweis auf schen leben, dort aber vom Immundas Fortschreiten des Immunsystem beherrscht werden. Versagt defekts. das Immunsystem, können sich diese Keime vermehren und Krankheitssymptome verursachen (Lungenentzündung, Hirnhautentzündung, Durchfall usw.). 9 Behandlung 10 Welche Behandlungsmaßnahmen sind möglich? Die Behandlungsmöglichkeiten des HIV-infizierten Kindes umfassen vorbeugende Maßnahmen, die Hemmung der Vermehrung des HIV und die Behandlung von opportunistischen Infektionen und anderen Erkrankungen. 1. VORBEUGENDE MASSNAHMEN: Gehäuftes Auftreten bakterieller Infektionen der Ohren, Lunge, Haut etc. oder schwere Verläufe von Kinderkrankheiten wie Masern oder Windpocken können die Folge einer verminderten Antikörperbildung sein. Diese fehlende Antikörperbildung kann durch eine 4-wöchentliche intravenöse Zufuhr von Antikörpern (Immunglobulinen) – ohne schädliche Nebenwirkungen – größtenteils ersetzt werden. Wir empfehlen den Beginn dieser Behandlung, wenn das HIV-infizierte Kind unter wiederholten bakteriellen Infektionen leidet. Durch diese Infusionen kann die Häufigkeit von bakteriellen Infektionen deutlich vermindert werden. Leider gelingt es damit nicht, die fortschreitende Zerstörung des Immunsystems aufzuhalten. Sinken im weiteren Verlauf auch die T-Helferzellen, die vor allem gegen die opportunistischen Infektionen schützen, unter einen bestimmten Wert ab, sollte eine vorbeugende Maßnahme gegen die häufig auftretende PneumozystisPneunomie (eine schwer verlaufende Lungenentzündung) durchgeführt werden. Durch regelmäßige Einnahme eines Antibiotikums (Cotrimoxazol®) oder bei Unverträglichkeit, durch monatliche Inhalation eines Antibiotikums (Pentamidin®), kann diese Lungenentzündung weitgehend vermieden werden. Behandlung Die Behandlung von opportunistischen Infektionen und Tumoren kann hier nicht weiter ausgeführt werden, da das Spektrum der Erkrankungen und die Möglichkeiten der Therapie den Rahmen dieser Broschüre sprengen würde. Es sei allgemein angemerkt, daß eine Vielzahl schwerer Infektionen behandelbar ist und die Kinder auch nach der Diagnose HIV noch eine lange, beschwerdefreie Zeit haben können. 2. Nicht Nukleosidale Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI) Die NNRTI hemmen auf eine andere Weise die reverse Transkriptase. THERAPIE DER HIVINFEK TION Die Kombination von RTI und PI zeigte sich den bisherigen Behandlungsmöglichkeiten überlegen. Bei vielen Patienten, insbesondere wenn diese noch nicht vorbehandelt waren, konnte die Viruslast auf Null (= unterhalb der Nachweisgrenze des Tests) gesenkt werden. 2. In den letzten Jahren wurden große Erfolge in der HIV-Therapie erzielt. Es wurden neue Substanzen entdeckt und für die Behandlung, allerdings bisher meist nur für Erwachsene, zugelassen. Diese Medikamente lassen sich in drei Wirkstoffgruppen einteilen: 1. Reverse Transkriptase Inhibitoren (RTI) Die RTI hemmen ein wichtiges Eiweiß für die Virusvermehrung, die reverse Transkriptase. 3. Protease-Inhibitoren (PI) Die PI hemmen die Protease, ein Eiweiß, das am Ende des HIVVermehrungszyklus steht. NNRTI und PI stehen seit kurzem für die Behandlung zur Verfügung. Auch Kombinationen von allen drei Wirksubstanzen ( RTI, NNRTI und PI ) sind möglich. Hierzu liegen jedoch noch keine Studienergebnisse vor. 11 12 Behandlung Viele Mediziner plädieren heute Leider zeigen die Medikamente für eine frühe und optimale nicht nur Wirkungen, sondern bei Behandlung. Als optimal gilt eine einigen Patienten auch NebenwirMedikamentenkombination unter kungen, z.B. die Verminderung roter der die Viruslast auf Null gesenkt und weißer Blutkörperchen, Entwird. Mit den jetzt gegebenen Mögzündungen der Bauchspeicheldrüse, lichkeiten läßt sich dieses Ziel wahrSchädigung der Nervenbahnen, scheinlich für eine Hautausschläge soVielzahl der Pawie Übelkeit und ErIn den nächsten Jahren tienten erreichen. brechen. ist mit weiteren Trotzdem besteht Fortschritten in der HIVdie Gefahr der ResiFalls Ihr Kind eiTherapie zu rechnen. stenzentwicklung ne Therapie erhält, (d.h. das Virus verwird Ihr Arzt Sie ausändert sich, die Medikamente werführlich auf mögliche Nebenwirkunden unwirksam). Deshalb müssen gen aufmerksam machen. sie diszipliniert und regelmäßig eingenommen werden, da das WeglasEin weiteres Problem stellt die sen der Medikamente zu einer regelmäßige Einnahme der vielen rascheren Resistenzentwicklung Medikamente dar. Manche Subführt. stanzen sind nur als Tabletten verfügbar. Sie müssen dann beispielsInsgesamt betrachtet sind die weise in Fruchtsaft aufgelöst werFortschritte beachtlich, die in der den und schmecken oft bitter. ManBehandlung der HIV-Infektion geche Medikamente müssen nüchtern macht wurden. Möglicherweise läßt eingenommen werden, manche zur sich durch eine effektive Therapie Mahlzeit, so daß der Tagesablauf der Ausbruch von AIDS verhindern. der Medikamenteneinnahme angeBei Kindern, die bereits an AIDS paßt werden muß. erkrankt sind, lassen sich der Gesundheitszustand und die Lebensqualität deutlich verbessern. Behandlung Impfempfehlungen für HIV-exponierte oder infizierte Kinder Empfohlenes Impfalter Impfung ab Beginn 3. Monat 1. DT Pac HIB 1. IP V ab Beginn 4. Monat 2. DT Pac HIB 1. H-B-V ab Beginn 5. Monat 3. DT Pac HIB 2. H-B-V ab Beginn 10. Monat 2. IP V 3. H-B-V ab Beginn 13. Monat 4. DT Pac HIB ab Beginn 15. Monat 1. MMR ab Beginn 24. Monat Pneumokokken Grippe (jährlich) ab Beginn 6. Lebensjahr Td (1. Auffrischung) 2. MMR (1. Auffrischung) IP V (1. Auffrischung) zwischen 11. und 15. Lebensjahr Td (2. Auffrischung) H-B-V (1. Auffrischung) Röteln (bei Mädchen) Abkürzungen DT Pac HIB IPV H-B-V MMR Td = Kombinationsimpfstoff gegen Diphterie (D) / Tetanus (T) / azellulärer Pertussisimpfstoff (Pac) /Hämophilus Influenzae Typ B (HIB) = Inaktivierter Polio (Kinderlähmung) Impfstoff (IP V) als Injektion = Impfstoff gegen Hepatitis B Virus = Kombinationsimpfstoff gegen Masern / Mumps / Röteln = Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus / Diphterie 13 14 Behandlung Wie sieht die Langzeitbetreuung HIV-exponierter und - infizierter Kinder aus? ■ HIV- EXPONIERTE KINDER Kinder HIV-positiver Mütter werden in den ersten Lebenstagen durch die Entbindungsklinik betreut. Jedoch sollte immer der Kontakt zu einem spezialisierten Zentrum bereits vor dem Entbindungstermin aufgenommen werden, um eine optimale medizinische sowie psychosoziale Betreuung zu gewährleisten. Der erste Untersuchungstermin wird ca. zwei Wochen nach der Geburt in der Immundefekt-Ambulanz vereinbart. Es folgen drei weitere Termine in den ersten drei Lebensmonaten. Diese Termine umfassen: ■ Anamnese (Krankengeschichte) ■ körperliche Untersuchungen ■ Blutentnahme für Laboruntersuchungen ■ Impfberatung ■ psychosoziale Betreuung durch Sozialpädagogen ■ pflegerische Beratung durch Kinderkrankenschwestern Für die Eltern HIV-exponierter Neugeborener steht der Ausschluß einer Infektion ihres Kindes im Vordergrund. Entwickelt sich das Kind in diesem Zeitraum unauffällig und fallen die HIV-Direktnachweise (PCR) negativ aus, kann eine Infektion mit über 90 prozentiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Kinder werden bis zum 6. Lebensmonat engmaschig und dann alle 6 Monate bis zum Ende des 2. Lebensjahres regelmäßig medizinisch betreut. Mit dem Verschwinden der übertragenen mütterlichen Antikörper kann nach ca. 18 Monaten mit 100 prozentiger Sicherheit die Aussage getroffen werden, daß keine HIV- Infektion vorliegt. Während der Schwangerschaft und der Geburt mit AZT vorbehandelte Kinder werden zur jährlichen Nachsorgeuntersuchung einbestellt. Behandlung Die medizinische Betreuung sollte jedoch nicht ausschließlich durch die Immundefekt-Ambulanz erfolgen, sondern auch durch einen Kinderarzt des Vertrauens vor Ort. Intensität der Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen richten sich immer nach dem Verlauf der Krankheit jedes einzelnen Patienten und sind somit sehr individuell. ■ HIV-INFIZIERTE KINDER Um einer bestmöglichen Behandlung des Patienten gerecht zu werden, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Kind, Eltern und Klinik ausschlaggebend. UND JUGENDLICHE Die medizinische sowie psychosoziale Langzeitbetreuung HIVpositiver Kinder und deren Familien ist für den Krankheitsverlauf von größter Bedeutung. Die Häufigkeit der Wiedervorstellungen sowie die 15 16 Soziales Umfeld Kann ein HIV-infiziertes Kind andere Personen anstecken? Durch Küssen ist keine AnNach bisherigen, jahrelangen steckung vorgekommen. Über geErfahrungen kann ein HIV-infiziermeinsames Benutzen von Zahntes Kind andere Personen wie z.B. bürsten wurde bisher keine InfekFamilienangehörige oder Spielkation bekannt. Auch in Bezug auf meraden beim alltäglichen Umblutende Kratz- und Bißverletzungang (gemeinsames Benutzen von gen wurde, seit man Eßgeschirr, Umardas HIV kennt, nur men, Küssen, SpieImmer noch von einem einzigen len, Raufen usw.) bestehende Vorurteile Kind berichtet. nicht anstecken. müssen durch gezielte Allerdings wurde Aufklärungsarbeit in diesem Fall nie Nur wenn das ausgeräumt werden eindeutig geklärt, Blut eines infizierob nicht ein sexuelten Kindes in die ler Mißbrauch hinter der AnBlutbahn (z.B. über eine Wunde) steckung steht. oder auf die Schleimhäute einer nicht infizierten Person gerät, beObwohl in Körperflüssigkeiten steht ein Ansteckungsrisiko. Daswie Speichel, Tränen, Stuhl und Urin selbe gilt natürlich auch für den HIV in sehr geringen Mengen nachGeschlechtsverkehr. weisbar ist, reicht die vorhandene Menge für eine Übertragung nicht aus. Zudem ist das Virus außerhalb des Körpers kurzlebig und einfache Hygienemaßnahmen genügen, um es abzutöten. Soziales Umfeld Welche Verhaltensweisen ergeben sich daraus? 1. UMGANG MIT BLUTENDEN WUNDEN: Wie oben bereits erwähnt, muß HIV-infiziertes Blut in die Blutbahn eines Nichtinfizierten gelangen, um das HIV zu übertragen. Deshalb sollte man grundsätzlich bei der Versorgung von Wunden Gummihandschuhe tragen. Hierzu sind auch alle öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten usw. und auch Sanitäter angewiesen. Kommt man doch einmal mit Blut in Berührung, dann sollte man diese Stelle gründlich mit Wasser und Seife abwaschen. Wenn HIV-positives Blut mit verletzter Haut oder Schleimhaut in Berührung gekommen ist, empfehlen wir Ihnen mit Ihrem Arzt zu sprechen. Blutverschmierte Gegenstände und Flächen sollten mit einem handelsüblichen Reinigungs- und Desinfektionsmittel gesäubert werden. Mit Blut verunreinigte Wäsche kann normal mit anderer Wäsche zusammen bei mindestens 60oC gewaschen werden. 2. VERHALTEN BEIM WICKELN: Da Stuhl und Urin für die Übertragung einer HIV-Infektion nicht in Betracht kommen, benötigt man zum Wickeln eines HIV-infizierten Kindes keine Schutzhandschuhe, es sei denn, das Kind leidet an einer Darminfektion oder es befindet sich Blut im Stuhl. Nach dem Wechseln der Windel ist es völlig ausreichend, wie üblich die Hände gründlich zu waschen. 17 18 Soziales Umfeld Wem sollte die Diagnose mitgeteilt werden? 1. KINDERGARTEN, SCHULE: Es besteht bisher keine rechtliche Verpflichtung die HIV-Infektion mitzuteilen. Wir empfehlen, das Personal der Schule und des Kindergartens über die HIV-Infektion des Kindes vorab nicht zu informieren. Falls jedoch ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis vorliegt, kann eine Mitteilung für alle Beteiligten eine Erleichterung bedeuten. In jedem Fall sollte ein solcher Schritt zusammen mit den betreuenden Personen der Ambulanz vorab besprochen werden. Die Entscheidung über die Mitteilung ist individuell und wird zusammen mit den betreffenden Erziehungsberechtigten erarbeitet. 2. ARZT, ZAHNARZT: Wir empfehlen, daß sie den Ärzten und Zahnärzten, die an Ihrem Kind eingreifende Maßnahmen vornehmen müssen (z.B. Blutabnahmen), die Diagnose der HIV-Infektion mitteilen. Das Wissen um die Diagnose bedeutet für den Arzt, bei blutenden Eingriffen eine Minderung der Ansteckungsgefahr. Die Mitteilung ist auch deshalb wichtig, damit Erkrankungen des Kindes im Rahmen der HIV-Infektion vom Kinderarzt richtig eingeschätzt und entsprechende Therapien eingeleitet werden können. soziales Umfeld Die Mitteilung Ihrer HIVInfektion an dritte Personen sollte gut überlegt sein. Sie sollten nur mit Menschen, zu denen Sie ein tragfähiges und vertrauensvolles Verhältnis haben, über Ihre HIVInfektion sprechen. Dies können nahe Angehörige, aber auch gute Freunde sein; dann laufen Sie nicht Gefahr, daß jemand aus Ihrem Umfeld ohne Zustimmung von Ihrer HIV-Infektion erfährt. Das Verschweigen der HIV-Infektion stellt gegenüber einem nahestehenden Menschen eine deutliche Belastung dar, während das „Darübersprechen“ eine große Entlastung bedeuten kann. 19 20 Allgemeines Ändert sich die Ernährung für HIV-infizierte Kinder? Das neugeborene Kind einer HIV-infizierten Mutter sollte nicht gestillt werden, um die Gefahr einer Übertragung des HIV auf das Kind durch die Muttermilch auszuschließen. Für die Ernährung des Kindes empfehlen wir normale Säuglingsnahrung. Nach heutigem Wissensstand unterscheiden sich die allgemeinen Ernährungsempfehlungen für HIVinfizierte Kinder nicht von denen für gesunde Kinder. Bei speziellen Ernährungsproblemen, z.B. Verdauungsstörungen, sollte mit dem behandelnden Kinderarzt Rücksprache gehalten werden. Kann das Halten von Haustieren gefährlich sein? Ob die Tierhaltung mit einem Risiko verbunden ist oder nicht, hängt zum einen von der Ausprägung der Immunschwäche ab, zum anderen von den Krankheiten, die von den unterschiedlichen Tierarten übertragen werden können. Das Risiko einer Krankheitsübertragung durch Haustiere läßt sich erheblich verringern, wenn sie folgende Regeln beachten: ■ Haustiere nicht mit rohem Fleisch füttern So kann die Toxoplasmose, eine schwere Erkrankung des Gehirns, der Augen und anderer Organe durch Katzenkot übertragen werden. Dies ist jedoch nicht die einzige Ansteckungsmöglichkeit. Der Toxoplasmoseerreger wird auch durch Genuß von ungenügend gekochtem Fleisch und rohen Eiern übertragen. Es gibt noch weitere seltene Erkrankungen, die über Rinder-, Pferde- und Vogelkot übertragen werden können. ■ Krallen des Tieres kurz hal- ten ■ erkrankte Tiere rechtzeitig dem Tierarzt vorstellen ■ beim Entsorgen von Urin, Kot oder Erbrochenem der Tiere Gummihandschuhe tragen ■ zum Reinigen ein handelsübliches Desinfektionsmittel verwenden Hilfen Welche psychosozialen Hilfen gibt es für Familien? Familien mit HIV-infizierten Kindern sind oftmals besonderen psychischen und sozialen Belastungen ausgesetzt. So kann der Umgang und die Auseinandersetzung mit der HIV-Infektion im täglichen Leben neue Fragen und Probleme mit sich bringen. ■ MÖGLICHE FRAGEN KÖNNEN SEIN: Mit wem kann ich über die HIVInfektion sprechen? Wer versorgt mein Kind, wenn ich krank werden sollte? ebenso im Vordergrund stehen, wie die Sorge um die Zukunft der eigenen Familie. In Beratungsgesprächen können aktuelle Problemlösungen erarbeitet und Perspektiven für Kind und Familie entwickelt werden. ■ Junge Eltern sehen sich mit der Wie finanziere ich meinen weiteren Lebensunterhalt? ■ UND NOCH VIELE ANDERE FRAGEN: Die psychosozialen Mitarbeiter (Sozialpädagogen, Psychologen) der Kinderklinik bieten Ihnen Beratung und Hilfe mit folgenden Schwerpunkten an: Aufgabe der Kindererziehung neu konfrontiert, gerade wenn es sich um das erste Kind handelt. Hier kann die Beratung bei Erziehungsfragen und Fragen bzgl. Kindergarten- und Schulbesuch Hilfestellung leisten. ■ Persönliche Lebensführung und Neben der Einzelfallhilfe wird von verschiedenen Zentren auch Gruppenarbeit angeboten (Gesprächs-, Frauen-, Mütter-, Paar- und Kindergruppen). Lebensplanung verändern sich durch die HIV-Infektion ganz nachhaltig. Die Frage nach dem Lebenssinn, die Angst vor Übertragung der HIV-Infektion auf das neugeborene Kind können Die eigene AIDS-Erkrankung kann dazu führen, daß Eltern bei der Versorgung ihres Kindes Unterstützung brauchen. Hier kann z.B. mit einer Haushaltshilfe oder einem 21 22 Hilfen Babysitter der Familie geholfen werden. Auf Wunsch der Eltern besteht die Möglichkeit, eine geeignete Pflegefamilie für das Kind zu suchen, sofern das Kind kurz- bzw. langfristig außerhalb des Elternhauses untergebracht werden muß. Das örtliche Jugendamt berät Eltern und Pflegeeltern. ■ Ist die finanzielle Lebensgrund- lage der Familie nicht ausreichend, bieten wir Ihnen umfangreiche Informationen zu sozialrechtlichen Fragen, zu Arbeitslosengeld und -hilfe, zu Wohngeld, etc.. Welche staatlichen Hilfen werden für Familien angeboten? Aufgelistet werden hier die wichtigsten vom Staat finanzierten Hilfen für Mutter und Kind. Mutterschaftsgeld WO: gesetzliche Krankenkasse WANN: während der Schwangerschaft; Arbeitgeber rechtzeitig informieren. Bundeserziehungsgeld WO: Familienkasse des zuständigen Versorgungsamtes WANN: nach der Geburt des Kindes Landeserziehungsgeld Familienkasse des zuständigen Versorgungsamtes WANN: kurz vor Ablauf des Bundeserziehungsgeldes WO: Kindergeld WO: zuständiges Arbeitsamt (Kindergeldkasse) WANN: nach der Geburt Pflegegeld WO: Pflegekasse WANN: bei Bedarf Schwerbehindertenausweis zuständiges Versorgungsamt WANN: ab vollendetem 1. Lebensjahr WO: Hilfen 23 Welche pivaten Hilfen werden für Familien angeboten? ■ Landesstiftung für Mutter und ■ Zudem gibt es noch die Arbeits- Kind „Schutz des ungeborenen Lebens“. Bezuschußt werden z.B. Babyausstattung und Einrichtungsgegenstände, die mit der Geburt des Kindes notwendig wurden, Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes und Mittel zur Betreuung des Kleinkindes. Das Hilfegesuch ist unter anderem an einer anerkannten Beratungsstelle nach § 218 STGB vor der Geburt zu stellen. gemeinschaft deutscher AIDSStiftungen, die einmalige finanzielle Unterstützungen leistet. Diese sind bei den örtlichen AIDS-Hilfen zu beantragen. ■ Die Michael Stich Stiftung unter- stützt HIV-infizierte Kinder auf Antrag. (Zuschüsse für Babyausstattung, Urlaub, etc.). Anträge z.B. über die Immundefekt-Ambulanz. ■ Unter dem Titel „AIDS und Kinder“ stehen in speziellen Betreuungszentren für HIV-exponierte und -infizierte Kinder Spendengelder zur Verfügung. Adressen 24 Eine Auswahl von Zentren, an denen HIVexponierte und -infizierte Kinder betreut werden: Universitäts-Kinderklinik Berlin Heubnerweg 6 14059 Berlin Tel.: 030/3035- 0 oder - 4373 Immunologische Ambulanz im Zentrum für Kinderheilkunde der Universität Bonn Adenauer Allee 119 53113 Bonn Tel.: 0228/287-3253 oder -3355 Universitäts-Kinderklinik Düsseldorf Zentrum für Kinderheilkunde Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf Tel.: 0211/311-7674 oder -6154 Klinikum der J. W. Goethe Universität Zentrum der Kinderheilkunde Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt a. M. Tel.: 069/63 01-50 17 oder -52 49 Universitäts-Kinderklinik Hamburg Martinstraße 52 20251 Hamburg Tel.: 040/4717-3710 Universitäts-Kinderklinik Heidelberg Im Neuenheimer Feld 150 69120 Heidelberg Tel.: 06221/5623-11 Dr. von Haunersches Kinderspital der Universität München Immundefekt-Ambulanz Lindwurmstraße 4 80337 München Tel.: 089/5160-3931