Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie

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Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie
Ergebnisse aus Psychotherapie, Beratung und Psychiatrie
Herausgeberinnen und Herausgeber:
Ulrike Lehmkuhl, Berlin; Albert Lenz, Paderborn; Franz Resch, Heidelberg; Georg Romer, Münster;
Maria von Salisch, Lüneburg; Svenja Taubner, Klagenfurt
Verantwortliche Herausgeber:
Univ.-Prof. Dr. med. Franz Resch, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Zentrum für Psychosoziale
Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Blumenstr. 8, D-69115 Heidelberg
Univ.-Prof. Dr. med. Georg Romer, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und
-psychotherapie, Schmeddingstr. 50, D-48149 Münster
Redakteur: Dipl.-Psych. Kay Niebank (verantw. i. S. des niedersächs. Pressegesetzes), Hartwigstr. 2c,
D-28209 Bremen, E-Mail: [email protected]
Gegründet von A. Dührssen und W. Schwidder
Frühere Herausgeber: R. Adam, M. Cierpka, A. Dührssen, E. Jorswieck, G. Klosinski, M. Müller-Küppers,
W. Schwidder, I. Seiffge-Krenke, F. Specht, A. Streeck-Fischer
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Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Übersetzungen,
Nachdruck, Vervielfältigungen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags.
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstr. 13, D-37073 Göttingen, Tel.: 0551/5084-40,
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Verantwortlich für die Anzeigen: Ulrike Vockenberg, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht.
ONLINE unter www.v-r.de
Druck- und Bindearbeiten: Hubert & Co, Göttingen.
Die Zeitschrift wird regelmäßig von den Literaturdatenbanken DIMDI, ETHMED, Psyc-INFO und
PSYNDEX und den Referatediensten „Current Contents“ (SSCI), „Psychological Abstracts“ und
„Psychologischer Index“ ausgewertet.
Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefreiem Papier.
ISSN (Printausgabe): 0032-7034, ISSN (online): 2196-8225
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Inhalt
Editiorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768
Übersichtsarbeiten/Review Articles
Aline Baader, Klaus Schmeck, Franz Resch und Michael Kaess
Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter . . . . . . . . . . . . . . . . . 770
Psychotherapy of Personality Disorders in Adolescence
Originalarbeiten / Original Articles
Tanja Müller-Göttken, Lars O. White, Kai von Klitzing und Annette M. Klein
Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs mit
Psychoanalytischer Kurzzeittherapie im Alter von 4 bis 10 Jahren . . . . . . . . . . . . 795
Maternal Reflective Functioning as a Predictor of Therapeutic Success of Psychoanalytic
Short-term Therapy for Children Aged 4 to 10 Years
Christian Postert, Sandra Achtergarde, Ida Wessing, Georg Romer, Tilman Fürniss,
Marlies Averbeck-Holocher und Jörg M. Müller
Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch kranker Kinder im
Vorschulalter und ihrer Eltern in einer Familientagesklinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812
Multiprofessional Intermittent Psychiatric Treatment of Children in Preschool Age and their
Parents in a Family Day Clinic
Katharina Weitkamp, Sanna Claaßen, Silke Wiegand-Grefe und Georg Romer
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und
Jugendalter (OPD-KJ): die Achsen im Verlauf von analytischer Kinder- und
Jugendpsychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 831
Operationalized Psychodynamic Diagnostics in Childhood and Adolescence (OPD-CA):
The Axis During Psychoanalytic Child- and Adolescent Psychotherapy
Autoren und Autorinnen / Authors 844 | Gutachter und Gutachterinnen /
Reviewers 846 | Buchbesprechungen / Book Reviews 847 |
Tagungskalender / Congress Dates 853 | Aus dem Inhalt des nächsten Heftes /
Preview of the next Issue 854
Den CME-Fragebogen zu diesem Heft finden Sie auf unserer Website www.v-r.de zum Download
auf der Seite der Zeitschrift „Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie“ unter der Rubrik
„Mediathek“. Sie können 2 Fortbildungspunkte erhalten. Dafür senden Sie bitte den handschriftlich
ausgefüllten Fragebogen zur Auswertung an die dort angegebene Adresse.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 767 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
EDITORIAL
Aktuelle Entwicklungen in der Psychotherapieforschung im Kindes- und
Jugendalter
Liebe Leserinnen und Leser,
dieses Themenheft zur Psychotherapieforschung bildet den Jahresabschluss und
stellt zugleich einen Höhe- und Schlusspunkt für 2014 dar: Das Heft ist Frau Professor Lehmkuhl gewidmet, die ab 2015 aus der Gruppe der Herausgeber im Zuge ihrer
Emeritierung ausscheiden wird.
Frau Lehmkuhl hat dem Herausgeberteam seit November 1992 angehört. Von April
1994 bis Ende 2013 war sie verantwortliche Herausgeberin. Rund 22 Jahre lang hat Frau
Lehmkuhl damit das Profil der „Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie“
geprägt, 20 Jahre davon in leitender Position. Sie war tragende Säule, Entscheidungsinstanz und Meinungsmacherin. Durch ihre unbestechliche, besonnene Art, durch ihr
Augenmaß und ihr enormes Fachwissen gab sie der Zeitschrift eine Richtung, unerschütterlich in Alltagsstürmen, nicht den Moden verfallend, klar, manchmal auch streng,
aber immer mit großer Menschlichkeit. Frau Lehmkuhl hat sich stets für Humanität,
Toleranz und Menschenwürde eingesetzt, das Totalitäre, die kalte Routine und biologistische Engführungen hat sie immer gemieden. Offen für evidenzbasiertes Wissen,
aber immer auch für die leidvollen Erfahrungen, die viele Kinder und Jugendliche, die
unseres Fachgebietes bedürfen, machen müssen, hat Frau Lehmkuhl 23 Themenhefte
verantwortet, wobei das Spektrum von einzelnen Risiken (wie zum Beispiel Scheidung)
über die Entwicklungspsychopathologie zur Versorgungsforschung reicht. Die wichtigsten kinderpsychiatrischen Störungsbilder wurden angesprochen und dem aktuellen
Kenntnisstand entsprechend therapieorientiert und ressourcenorientiert abgehandelt.
Frau Lehmkuhl hat das Herausgeberteam menschlich geprägt, sie hat unserer Arbeit ein Gesicht gegeben. Die Zusammenarbeit mit ihr ließ immer in den Sachfragen
auch Wärme und Herzlichkeit erkennen. Ulrike, wir danken Dir als Herausgeber für
die gemeinsame Zeit, wir werden Dich vermissen.
Psychotherapieforschung ist ein wichtiges Zukunftsthema. Im Bereich der Psychotherapie gibt es einen klaren Nachholbedarf an systematischer Forschung. Die vier Arbeiten
dieses Themenheftes kennzeichnen wichtige „Baustellen“ der Forschungslandschaft.
In der Übersichtsarbeit von Baader et al. (2014) werden die Evidenzen für unterschiedliche Psychotherapieansätze bei Jugendlichen mit Persönlichkeitsstörungen
vorgestellt. Auch das Dilemma der Begrifflichkeit von Persönlichkeitsstörungen im
jungen Lebensalter wird angesprochen und diskutiert. Die Verwendung diagnostischer Inventare ermöglicht heute doch eine valide und reliable Diagnosestellung. Die
Grundsätze psychotherapeutischer Arbeit bei Jugendlichen werden schulenübergreifend den unterschiedlichen Therapieverfahren vorangestellt.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 768 – 769 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
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Editorial 769
Die Arbeit von Müller-Göttken et al. (2014) untersucht die reflexive Kompetenz
von Müttern als Prädiktor für eine psychoanalytische Therapie bei Kindern im Alter
von vier bis zehn Jahren. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass insbesondere expansive
Symptome im Rahmen der Kurzzeittherapie positiv respondierten, wenn die reflexive
Kompetenz der Mütter schon vor Therapiebeginn hoch war. Stellt die reflexive Kompetenz der Mütter vielleicht ein positives Prognosekriterium für psychoanalytische
Kurzzeittherapie insbesondere bei externalisierender Symptomatik der Kinder dar?
Ein innovatives teilstationäres Therapiemodell aus dem zukunftsweisenden Bereich
der Vorschulpsychiatrie wird in der Arbeit von Postert et al. (2014) präsentiert: Die
multiprofessionelle Intervallbehandlung von Kindern im Kleinkind- und Vorschulalter in einer Familien-Tagesklinik. In diesem Ansatz ergänzen sich Gruppen- und
Einzelbehandlungen der Kinder und ihrer mit aufgenommen Bezugspersonen. Neben
einer detaillierten Beschreibung des klinischen Settings findet sich ein illustrierender
Fallbericht sowie eine Zusammenfassung bisheriger Evaluationsstudien.
Die Studie von Weitkamp et al. (2014) untersucht mit dem Instrument der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPDKJ) die psychodynamischen Konstrukte – Struktur, Beziehung und Konflikt – im
Therapieverlauf sowie im Zusammenhang zum Therapieerfolg. Es zeigt sich, dass
sich im Therapeutenurteil durch analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zentrale psychoanalytische Konstrukte wie das Strukturniveau, der affektive
Selbstbezug sowie die klinische Bedeutsamkeit intrapsychischer Konflikte verändern. Eine operationalisierte Diagnostik von psychodynamischen Konstrukten im
Therapieverlauf erscheint zur Erfassung von Veränderungen in Ergänzung zu psychopathologischen und anderen Verlaufskriterien sinnvoll.
Georg Romer und Franz Resch für das Herausgebergremium
Günter Presting für den Verlag
Baader, A., Schmeck, K., Resch, F., Kaess, M. (2014). Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 63, 770-794.
Müller-Göttken, T., White, L. O., von Klitzing, K., Klein, A. M. (2014). Reflexive Kompetenz der
Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs mit Psychoanalytischer Kurzzeittherapie im Alter
von 4-10 Jahren. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 63, 795-811.
Postert, C., Achtergarde, S., Wessing, I., Romer, G., Fürniss, T., Averbeck-Holocher, M., Müller, J. M. (2014). Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch kranker Kinder im Vorschulalter und ihrer Eltern in einer Familientagesklinik. Praxis der Kinderpsychologie und
Kinderpsychiatrie, 63, 812-830.
Weitkamp, K., Claaßen, S., Wiegand-Grefe, S., Romer, G. (2014). Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ): die Achsen im Verlauf von
analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 63, 831-843.
ÜBERSICHTSARBEITEN
Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
Aline Baader, Klaus Schmeck, Franz Resch und Michael Kaess
Summary
Psychotherapy of Personality Disorders in Adolescence
By the current state of knowledge adolescent personality disorders should be taken seriously
due to their high prevalence and severe symptomatology. Personality disorders are characterized by a stable pattern of deviation concerning cognition, affectivity, impulse control, and
interpersonal relationships and have negative repercussions in psychosocial functioning and
subsequent development. There is emerging evidence that personality disorder diagnosis is
reliable and valid during adolescence. It is essential to detect youth with personality pathology in order to refer them to specific psychotherapeutic interventions and consequently avoid
further chronification and life-long functional impairment. This selective review will give an
overview over personality disorders in adolescents as well as according psychotherapeutic
interventions.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63/2014, 770-794
Keywords
personality disorder – adolescent – psychotherapy
Zusammenfassung
Persönlichkeitsstörungen des Jugendalters stellen aus heutiger Sicht in ihrer Prävalenz und
Schwere der Symptomatik ernstzunehmende Krankheitsentitäten dar. Sie sind gekennzeichnet
durch ein stabiles Muster an Verhaltensauffälligkeiten in den Bereichen Kognition, Affektivität, Impulskontrolle und insbesondere im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen.
In der Regel gehen sie mit erheblichen negativen Konsequenzen hinsichtlich des psychosozialen Funktionsniveaus und der weiteren Entwicklung der betroffenen Jugendlichen einher.
Inzwischen zeigt sich zunehmend, dass eine reliable und valide Diagnose von Persönlichkeitsstörungen auch im Jugendalter möglich ist. Bei Vorliegen der entsprechenden Symptome
ist es von immenser Bedeutung, die zutreffende Diagnose zu stellen, um den Jugendlichen
den Zugang zu einer adäquaten, spezifischen Psychotherapie zu ermöglichen und somit eine
Chronifizierung zu vermeiden und die psychosoziale Prognose zu verbessern. Diese selektive
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 770 – 794 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
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Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter������
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Übersichtsarbeit soll einen Überblick über Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter sowie
die hierfür möglichen psychotherapeutischen Verfahren geben.
Schlagwörter
Persönlichkeitsstörung – Jugendliche – Psychotherapie
1
Das Dilemma der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
Kaum ein anderes Krankheitsbild in der Kinder- und Jugendpsychiatrie scheint in
den letzten Jahrzehnten so kontrovers diskutiert worden zu sein wie die Diagnose der
Persönlichkeitsstörungen im Kindes- und Jugendalter. Grundsätzlich mag die immer
noch dürftige Studienlage zu diesem Thema einen großen Beitrag leisten. Mit Ausnahme der Borderline-Persönlichkeitsstörung, die aufgrund ihrer schillernden, extrovertierten Symptomatik kaum übersehen werden kann, gibt es nur wenig fundierte
empirische Daten hinsichtlich anderer Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter. Angesichts der noch schlechteren Datenlage zum Thema Persönlichkeitsstörungen im
Kindesalter soll in dem vorliegenden Artikel der Schwerpunkt auf das Jugendalter gelegt werden. Nichtsdestotrotz ist eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit dem Störungsbild für alle im kinder- und jugendpsychiatrischen Setting arbeitenden Fachleute
vonnöten, da es sich hierbei um eine sehr häufige Erkrankung des Erwachsenenalters
handelt, die jedoch nach heutigem Kenntnisstand ihren Ursprung in Kindheit und Jugend besitzt und demzufolge als „Erkrankung der Lebensspanne“ bezeichnet werden
kann (Tackett, Silberschmidt, Krueger, Sponheim, 2009). Grundsätzlich lassen sich die
Persönlichkeitsstörungen in drei Kategorien, so genannte Cluster, einteilen, wobei unter Cluster A die sonderbar-exzentrischen Persönlichkeitsstörungen (paranoide, schizoide und nach DSM-IV auch die schizotype Persönlichkeitsstörung), unter Cluster
B die dramatisch-emotional-launische Persönlichkeitsstörungen (antisoziale, Borderline, histrionisch und nach DSM-IV auch narzisstische Persönlichkeitsstörung) sowie
unter Cluster C die ängstlich-furchtsamen Persönlichkeitsstörungen (selbstunsichere,
dependente, zwanghafte Persönlichkeitsstörung) unterteilt sind. In diesem Artikel soll
aber nach einem allgemeinen Teil vor allem auf die in der Adoleszenz besonders relevanten Typen von Persönlichkeitsstörungen eingegangen werden (Salbach-Andrae
et al., 2008), zu denen auch bereits ausreichend Daten oder zumindest Erfahrungen
vorliegen.
Kritiker der Diagnose von Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter argumentieren,
dass eine Persönlichkeitsstörung erst dann als solche benannt werden könne, wenn die
Persönlichkeitsentwicklung abgeschlossen sei (Shapiro, 1990). Dies impliziert jedoch,
dass es sich bei der Persönlichkeit um ein in sich geschlossenes Konstrukt handelt, das
demzufolge mit Eintritt in das Erwachsenenalter ausgereift ist. Bereits hier zeigt sich
die Schwierigkeit, den Endpunkt dieser scheinbar zeitlich begrenzten Phase zu setzen,
772 A. Baader et al.
ist doch das offizielle Erwachsenenalter mit 18 Jahren in erster Linie eine juristische
Grenze, die das Kind vom Erwachsenen trennen soll. Darüber hinaus wird der Beginn
des Erwachsenenalters kulturell sehr unterschiedlich gesehen und unterliegt selbst innerhalb einer Kultur vielen Einflussfaktoren wie beispielsweise Bildungsweg und Elternhaus. Heutzutage geht man daher bezüglich der Entwicklung von Persönlichkeit
von einem lebenslang andauernden, sich stetig wandelnden Prozess aus (Schmeck u.
Schlüter-Müller, 2009).
Ein anderer Kritikpunkt zum Thema Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter ist
die Behauptung, dass Symptome einer womöglich vorliegenden Persönlichkeitsstörung wie beispielsweise Identitätsstörung, Instabilität der Affekte oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten, als „Pubertäts-immanent“ anzusehen seien und die
Trennschärfe zu Konzepten wie „Adoleszentenkrisen“ hierbei nur sehr schlecht ausgebildet ist. In Anbetracht der Schwere der Symptome bei Persönlichkeitsstörungen
im Jugendalter wird diese Sichtweise der Problematik nicht gerecht, da schließlich alle
Jugendliche die Pubertät auf dem Weg zum Erwachsenwerden durchlaufen müssen
und hierbei die meisten ohne größere Einbußen des psychosozialen Funktionsniveaus
diese Zeit bewältigen (Schmid, Schmeck, Petermann, 2008). Wahrscheinlich auch aufgrund der meist ausgeprägten Morbidität von Persönlichkeitsstörungen wird häufig
argumentiert, dass die Symptome einer Persönlichkeitsstörung genauso gut in die Diagnose eines anderen klinisch-psychiatrischen Syndroms aufgehen können (vgl. Chanen, Jovev, Jackson, 2007; Kaess, Parzer et al., 2013).
Die wohl größte Befürchtung im Zusammenhang mit der Vergabe einer Persönlichkeitsstörungsdiagnose ist die Sorge um eine lebenslange Stigmatisierung der Jugendlichen vor dem Hintergrund der Annahme, dass Persönlichkeitsstörungen tiefgreifend
und unveränderbar seien und demzufolge kaum Aussicht auf einen Therapieerfolg
besteht. Professionelle Helfer könnten daher möglicherweise resignieren und sich von
den betroffenen Jugendlichen abwenden, aus dem Gefühl heraus, nicht hilfreich sein
zu können (Schmid et al., 2008). Darüber hinaus wird vor einer „Personenperspektivierung komplexer Störungen des zwischenmenschlichen Beziehungsverhaltens“
(Linden u. Hautzinger, 2011, S. 614) gewarnt. Gerade weil Persönlichkeitsstörungen
gehäuft mit Traumatisierungen in Zusammenhang stehen (Johnson, Cohen, Brown,
Smailes, Bernstein, 1999; Schmeck, 2001; Battle et al., 2004), solle das Verhalten der
Betroffenen nicht als Persönlichkeitspathologie begriffen werden, sondern als teilweise „überlebenswichtige funktionale Kompetenzen“ (Fiedler, 2007, S. 1110).
Diese verschiedenen Punkte waren wohl auch Grund für die Tatsache, dass sowohl
in dem inzwischen erneuerten DSM-IV (APA, 2000) als auch in der bis heute gültigen
ICD-10 (WHO, 2009) besondere Vorsicht gegenüber der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vor dem 18. Lebensjahr gefordert wird. Den genannten Kritikpunkten
gegenüber steht jedoch mittlerweile eine Reihe von Argumenten, die die Diagnose
von Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter befürworten.
Inzwischen konnte mehrfach und klar gezeigt werden, dass es sich bei Persönlichkeitsstörungen um eine deutlich nachweisbare Psychopathologie in der Adoles-
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773
zenz handelt, die zuverlässig diagnostiziert werden kann (Grilo, McGlashan, Quinlan, Walker, Greenfeld, 1998; Johnson et al., 1999; Kasen, Cohen, Skodol, Johnson,
Brook, 1999; Levy et al., 1999; Westen, Shedler, Durrett, Glass, Martens, 2003; Westen, Dutra, Shedler, 2005). Auch erwies sich die Diagnose im Jugendalter als ähnlich stabil wie im Erwachsenenalter und ging darüber hinaus mit schwerwiegenden
psychosozialen Konsequenzen für die weitere Entwicklung bis ins Erwachsenenalter
der betroffenen Jugendlichen einher (Bernstein et al., 1993; Johnson et al., 1999;
Kasen et al., 1999; Chanen et al., 2004).
Persönlichkeitsstörungen gehen nicht in anderen psychiatrischen Diagnosen
auf, vielmehr scheinen sie sogar einer Vielzahl von psychiatrischen Störungen im
Jugendalter zugrunde zu liegen. Für die Borderline-Persönlichkeitsstörung konnte bereits gezeigt werden, dass diese im Vergleich zu anderen stationären Patienten
der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein deutlich höheres Maß an psychiatrischer
Komorbidität aufweist (Kaess, von Ceumern-Lindenstjerna et al., 2013), und ein
ähnliches Bild zeigt sich auch für die Komorbidität mit anderen Persönlichkeitsstörungen (Chanen et al., 2007). Dieser Befund zeigt sich analog zum Erwachsenenalter (z. B. Zanarini, Frankenburg, Hennen, Reich, Silk, 2004). Ein hohes Maß
an Komorbidität stellt daher ein Identifikationsmerkmal der Borderline-Persönlichkeitsstörung dar, was mit Wahrscheinlichkeit auch für andere Persönlichkeitsstörungen gilt.
Dennoch bleiben Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter aufgrund der Berührungsängste vieler Fachleute als Resultat der zuvor genannten Gegenargumente
sowie der diagnostischen Unsicherheiten häufig unerkannt (Chanen et al., 2007).
Eine kinder- und jugendpsychiatrische Studie aus Deutschland konnte zeigen, dass
nur etwa die Hälfte der vorliegenden Persönlichkeitsstörungen bei Jugendlichen
auch von den behandelnden Klinikern erkannt wurde (Salbach-Andrae et al., 2008).
Dies ist für die Betroffenen umso tragischer, da aus den der Persönlichkeitsstörung
anhaftenden Schwierigkeiten insbesondere in zwischenmenschlichen Bereichen
ernsthafte Beeinträchtigungen des psychosozialen Funktionsniveaus resultieren
(Skodol, Johnson, Cohen, Sneed, Crawford, 2007). In einer für die Entwicklung sehr
relevanten Phase schaffen es Jugendliche mit Persönlichkeitsstörung nicht, den jeweiligen Aufgaben wie beispielsweise Abschluss einer erfolgreichen Schullaufbahn,
Einstieg in das Berufsleben, Ablösung vom Elternhaus oder Aufrechterhaltung
von Beziehungen gerecht zu werden. Wichtige Entwicklungsschritte können deshalb nicht bewältigt werden. Dementsprechend erleiden die Betroffenen erhebliche
Nachteile bezüglich der gesellschaftlichen Teilhabe und erreichen oftmals nicht die
ihren kognitiven Begabungen entsprechenden beruflichen Möglichkeiten (Johnson,
Chen, Cohen, 2004).
Es gibt mittlerweile eine große Zahl von Studien, die die Wirksamkeit von spezifischen Psychotherapien bei Persönlichkeitsstörungen, insbesondere BorderlinePersönlichkeitsstörungen, belegen und damit der weit verbreiteten Annahme,
Persönlichkeitsstörungen seien ein lebenslanges Schicksal, widersprechen (Ba-
774 A. Baader et al.
teman u. Fonagy, 1999, 2001; Binks et al., 2006; Linehan et al., 2006; Zanarini,
Frankenburg, Hennen, Reich, Silk, 2006; Clarkin, Levy, Lenzenweger, Kernberg,
2007; Krischer, Sevecke, Lehmkuhl, Pukrop, 2007). Dadurch, dass die jugendlichen Patienten rechtzeitig einer adäquaten Therapie zugeführt werden, könnten
chronische Verläufe mit daraus resultierenden erheblichen Konsequenzen, nicht
zuletzt auch für das Gesundheitssystem, vermieden werden (Chanen et al., 2007;
Koglin u. Petermann, 2007; Krischer et al., 2007). Auch sollte nicht vergessen werden, dass sowohl die Patienten als auch deren Familien zumeist mit großer Erleichterung reagieren, sobald die vorhandenen Symptome unter einer fundierten
Diagnose subsummiert sind und daraus eine spezifische Behandlungsindikation
abgeleitet werden kann.
Stigmatisierungsängste im Zusammenhang mit der Diagnose Persönlichkeitsstörung sind auch unter Fachleuten weit verbreitet, jedoch sollte diesbezüglich beachtet
werden, dass diese Haltung möglicherweise falsche Diagnosen und damit einhergehend inadäquate Therapieversuche, beispielsweise polypharmakologische, zur Folge
haben kann. Wenn Jugendlichen, die unter einer Persönlichkeitsstörung leiden, statt
dieser einen Diagnose eine große Zahl von anderen Diagnosen gegeben wird, dürfte
dies kaum weniger stigmatisierende Auswirkungen haben. Noch gravierender ist
jedoch, dass den Betroffenen dadurch der Zugang zu einer spezifischen Therapie
erschwert wird, was letztlich negative Auswirkungen auf die Prognose des Krankheitsbildes hat (Kaess, Brunner, Chanen, 2014).
Nach heutigem Kenntnisstand sollten Berührungsängste von Seiten der professionellen Helfer gegenüber dem Thema Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
abgebaut werden. Mehrere aktuelle Übersichtsarbeiten Jahre kamen nach Prüfung
der Datenlage zu dem Schluss, dass die Diagnose von Persönlichkeitsstörungen
im Jugendalter wahrscheinlich ähnlich reliabel und valide gestellt werden kann
wie im Erwachsenenalter, und dass eine Frühintervention bei Persönlichkeitsstörungen aufgrund der möglichen langfristigen Folgen unbedingt indiziert ist
(Chanen, Jovev, McCutcheon, Jackson, McGorry, 2008; Kaess et al., 2014; Miller,
Muehlenkamp, Jacobson, 2008). Nicht zuletzt zeigt sich die allgemeine Änderung
der Sichtweise auch in der Tatsache, dass die Warnung in den diagnostischen
Leitlinien des DSM-IV, eine Persönlichkeitsstörung nur unter bestimmten Bedingungen vor dem 18. Lebensjahr zu diagnostizieren, im neuen DSM-5 nicht
mehr zu finden ist (APA, 2000, 2013). Nach dem Willen der für Persönlichkeitsstörungen zuständigen Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der ICD-11 wird auch in
diesem neuen Klassifikationssystem die Altersgrenze zur Diagnose von Persönlichkeitsstörungen vollständig gestrichen (Tyrer et al., 2011; Tyrer, 2014). Um den
Betroffenen jungen Menschen eine bestmögliche Unterstützung zu bieten und
dabei jedoch auch nicht die Schwere eines solchen Krankheitsbildes außer Acht
zu lassen, ist eine gewissenhafte und qualitativ hochwertige Diagnostik selbstverständlich essenziell.
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2
Prävalenz der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
Zur Epidemiologie der Persönlichkeitsstörung im Jugendalter gibt es bis dato kaum
verlässliche Daten. Was beispielsweise Prävalenzangaben oder Daten zu Langzeitverläufen betrifft, müssen zum großen Teil Angaben aus Erwachsenenstudien herangezogen werden. In einer Längsschnittstudie von Bernstein et al. aus dem Jahr
1993 wurde eine Häufigkeit der Persönlichkeitsstörungen von 17,2 % in der Gruppe der 11- bis 21-jährigen amerikanischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
aus der Allgemeinbevölkerung berichtet (Bernstein et al., 1993). Libal und Kollegen
konnten eine Prävalenz von 32 % bei den 15- bis 18-Jährigen einer klinischen Population finden (Libal, Schmid, Plener, Schmeck, Fegert, 2004).
Nach den diagnostischen Leitlinien für Persönlichkeitsstörungen laut ICD-10 gilt,
dass die Störung immer in der Kindheit und Jugend beginnt und sich letztlich dauerhaft im Erwachsenenalter manifestiert (WHO, 2009). In einer englischen Geburtskohorte (Zanarini et al., 2011) wurden mit 6.330 11-jährigen Kindern Interviews
durchgeführt und geprüft, inwieweit schon bei Kindern in diesem Alter Kriterien einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu beobachten sind. 3,2 % der Kinder (3,6 %
Mädchen, 2,8 % Jungen) erfüllten die DSM-IV-Kriterien für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung im Vergleich zu 5,9 % einer großen US-Bevölkerungsstichprobe
von Erwachsenen (6,2 % Frauen, 5,6 % Männer). Anhand mehrerer Studien geht
man derzeit von einer Prävalenz der Persönlichkeitsstörungen bei Jugendlichen in
der Allgemeinbevölkerung von 17 % aus (Johnson et al., 2000), also etwas häufiger
sogar als bei Erwachsenen mit ca. 10 % (Torgersen, Kringlen, Cramer, 2001; Samuels et al., 2002; Coid, Yang, Tyrer, Roberts, Ullrich, 2006). Eine Überschätzung der
Prävalenz aufgrund der häufigen Nutzung von Selbstberichtsinstrumenten oder der
Problematik der Unterscheidung zwischen akutem Krankheitssymptom und Persönlichkeitsmerkmal muss hier kritisch in Betracht gezogen werden. Dennoch handelt es sich bei Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter letztlich um eher häufige
psychiatrische Störungsbilder.
Genauere Zahlen zur Häufigkeit der einzelnen Formen der Persönlichkeitsstörungen sind für das Jugendalter derzeit noch nicht ausreichend vorhanden. In einer
Untersuchung zur Überprüfung der Anwendbarkeit des SCID-II wiesen Salbach-Andrae und Kollegen in einer stationären, jugendpsychiatrischen Inanspruchnahmepopulation im Alter von 14 bis 18 Jahren eine Prävalenz der Persönlichkeitsstörung von
insgesamt 32,7 % nach. Am häufigsten trat die selbstunsichere Persönlichkeitsstörung
mit 12,7 % auf, gefolgt von der dissozialen Persönlichkeitsstörung mit 11,8 % und
der Borderline-Persönlichkeitsstörung mit 8,2 %, weitere Persönlichkeitsstörungen
traten nur am Rande in Erscheinung (Salbach-Andrae et al., 2008). Diese Ergebnisse
stimmen auch mit Untersuchungen aus amerikanischen Studien weitgehend überein
(Levy et al., 1999; Chanen et al., 2004).
776 A. Baader et al.
3
Diagnostik der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
Eine der Schwierigkeiten bei der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen ist ein
auch bei anderen Erkrankungen aus dem psychiatrischen Formenkreis nicht unübliches Phänomen der fehlenden Krankheitseinsicht. Die Symptome werden häufig
von den Betroffenen selbst als nicht störend empfunden, was oftmals jedoch nicht
für die zugehörigen Familien gilt. Ein gewisser und im weiteren Verlauf sehr stark
ausgeprägter Leidensdruck entwickelt sich jedoch häufig bei zunehmenden Anforderungen an das Individuum im persönlichen, sozialen oder beruflichen Kontext.
Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung sollte äußerst gewissenhaft und nicht
vorschnell gestellt werden, wobei die allgemeinen diagnostischen Kriterien nach
ICD-10 (vgl. Tab. 1) grundsätzlich erfüllt sein müssen (ICD-10, WHO 2009). Die
Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen sollte im Jugendalter, wie auch bei erwachsenen Patienten, anhand strukturierter klinischer Interviews mit zusätzlichen fremdanamnestischen Befunden von möglichst mehreren Personen aus dem Umfeld des
Patienten unabhängig voneinander erfolgen.
Tabelle 1: Allgemeine diagnostische Kriterien von Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10
• Deutliche Abweichung von kulturell erwarteten und allgemein akzeptierten Vorgaben hinsichtlich
ȤȤ Denken,
ȤȤ Affektivität
ȤȤ Impulskontrolle
ȤȤ Bedürfnisbefriedigung
ȤȤ zwischenmenschlichen Beziehungen.
• Das auffällige Verhaltensmuster erscheint in vielen sozialen Situationen eindeutig unflexibel und
unpassend.
• Es besteht ein persönlicher Leidensdruck und/oder ein nachteiliger Einfluss auf die soziale Umwelt.
• Die Abweichungen sind stabil, situationsübergreifend und von langer Dauer. Sie beginnen im
Kindesalter oder der Adoleszenz.
• Die Abweichungen können nicht durch eine andere psychische oder hirnorganische Erkrankung
erklärt werden.
Viele besorgte Eltern fragen den Kliniker des Öfteren nach dem Unterschied zwischen einer „heftigen Pubertät“ und dem Krankheitsbild der Persönlichkeitsstörung. In einer Lebensspanne wie der Adoleszenz, in der Identitätsbildung und
Autonomieentwicklung im Vordergrund stehen, lässt sich die Frage, ob Risikoverhaltensweisen wie erhöhter Alkoholkonsum, riskante Verhaltensweisen im Straßenverkehr etc. nun gängigem Pubertätsverhalten zuzuordnen sind oder bereits
Anzeichen beispielsweise einer Borderlinestörung sind, nicht immer leicht beantworten. Grundsätzlich kann hierzu gesagt werden, dass insbesondere rigide, unflexible Verhaltensweisen, die nicht auf eine bestimmte Situation oder äußere Faktoren
begrenzt sind, kennzeichnend für eine Persönlichkeitsstörung sind. Dennoch sollte
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nicht vergessen werden, dass bis dato entwicklungsadaptierte, spezifische Kriterien
der Persönlichkeitsstörung des Jugendalters fehlen und dementsprechend Kriterien
aus dem Erwachsenenbereich verwendet werden (Kaess, 2014). Da jedoch gerade
die Adoleszenz geprägt ist von sehr unterschiedlichen Reifungsprozessen und Veränderungen in mentaler, körperlicher wie auch emotionaler Hinsicht, bedarf dieses
Gebiet unbedingt weiterer Forschungsanstrengungen, um zwischen Normalität und
Pathologie der Persönlichkeitsentwicklung bei Jugendlichen noch besser und vor
allem frühzeitiger unterscheiden zu können.
Bisher gibt es für das Kindes- und Jugendalter keine spezifischen diagnostischen
Verfahren zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen. Zusammen mit dem Fehlen von entwicklungsabhängigen Kriterien dieser Störungen äußert sich hier der hohe
Forschungs- und Entwicklungsbedarf in diesem Feld. Derzeit werden daher zur Diagnosesicherung die im Erwachsenenalter etablierten Instrumente empfohlen.
Zu den häufigsten Testverfahren zur kategorialen Erfassung von Persönlichkeitsstörungssymptomen zählt das „Strukturierte klinische Interview für DSM-IV, Achse
II: Persönlichkeitsstörungen“ (SCID-II; First, Gibbon, Spitzer, Williams, Benjamin,
1997; deutsche Übersetzung: Wittchen, Zaudig, Fydrich, 1997). Es setzt sich aus einem
Screeningteil anhand eines Fragebogens sowie einem halbstrukturierten Interview zusammen und lässt sich mit vergleichsweise geringem zeitlichem Aufwand durchführen. Neben dem SCID-II kommt die IPDE (International Personality Disorder Examination; Loranger et al., 1994; deutsche Fassung: Mombour et al., 1996) zum Einsatz,
wobei es sich hierbei ebenfalls um ein strukturiertes Interview mit einem offenen
Einleitungsteil handelt. Der Nachteil gegenüber dem SCID-II ist die lange Dauer des
Interviews (1½ Stunden und länger). Eine weitere Möglichkeit der Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen ist die Internationale Diagnose Checkliste für Persönlichkeitsstörungen (IDCL-P; Bronisch, Hiller, Mombour, Zaudig, 1995). Möglichst erfahrene
Diagnostiker erheben anhand dieser Checkliste die diagnostischen Kriterien, wobei es
sich hierbei um eine Fremdbeurteilung handelt.
Neben der kategorialen Diagnostik gibt es mehrere Verfahren für eine dimensionale
Erfassung von Symptomen der Persönlichkeitsstörung.
Der Dimensional Assessment of Personality Pathology-Basic Questionnaire (DAPPBQ; Livesley u. Jackson, 2001) erfasst anhand eines Selbstbeurteilungsfragebogens die
vier Dimensionen emotionale Dysregulation, dissoziatives Verhalten, Gehemmtheit
und Zwanghaftigkeit, so genannte Primärfaktoren, denen insgesamt 18 Persönlichkeitsmerkmale auf einer Sekundärskala zugeordnet werden. Es liegt eine spezielle Fassung für Jugendliche vor, wobei ein Nachteil insbesondere für diese Klientel die lange
Durchführungsdauer ist (Krischer et al., 2007).
Anhand des Temperament und Charakter Inventars (TCI; Cloninger et al., 1999) auf
Grundlage des psychobiologischen Modells von Charakter und Temperament nach
Cloninger (1994) lassen sich Persönlichkeitsstörungen anhand bestimmter Kombinationen von Charakter- und Temperamentsfaktoren erfassen. Auch hier gibt es eine
Variante speziell für jugendliche Patienten (JTCI-12-18R; Goth u. Schmeck, 2009).
778 A. Baader et al.
Mithilfe eines Selbstbeurteilungsbogens werden im Persönlichkeitsstil- und Störungsinventar (PSSI) so genannte relative Ausprägungen von Persönlichkeitsmerkmalen erfasst, die jedoch nicht einer Diagnose der Persönlichkeitsstörung nach DSMIV oder ICD-10 entsprechen, sondern lediglich einen bestimmten Persönlichkeitsstil
abbilden sollen (Kuhl u. Kazen, 1997). Dieses Verfahren kann bereits ab dem 14. Lebensjahr angewendet werden.
Ein neuer Ansatz zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen wird im DSM-5 als
Alternative vorgeschlagen (APA, 2013). Hier wird in Sektion III ein „Hybrid-Modell“
aus dimensionalen und kategorialen Anteilen vorgestellt, wobei fünf Bereiche pathologischer Persönlichkeitsmerkmale (negative Affektivität, Verschlossenheit, Antagonismus, Hemmungsschwäche, Psychotizismus) betrachtet werden, die in die Diagnose von insgesamt sechs verschiedenen Persönlichkeitsstörungen münden können.
Hierbei handelt es sich um die Borderline-Persönlichkeitsstörung, die antisoziale,
schizotype, ängstlich-vermeidende, narzisstische sowie die zwanghafte Persönlichkeitsstörung.
4
Grundsätze der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen im
Jugendalter
In der Behandlung der Persönlichkeitsstörung im Jugendalter muss mangels kontrollierter Therapiestudien auf Ergebnisse aus Erwachsenenstudien zurückgegriffen
werden. Allgemeine Therapieprinzipien in der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen lassen sich auf die Arbeit mit Jugendlichen jedoch übertragen (Bateman u.
Fonagy, 2000), wobei einige Punkte für das Jugendalter jedoch besonders beachtet
werden sollten (Kaess, Brunner, Resch, 2011).
So ist eine besonders tragfähige Beziehung zwischen Patient und Therapeut für ein
Gelingen der Therapie bei Persönlichkeitsstörungen essenziell, was bei Jugendlichen
aufgrund der teilweise oppositionellen Grundhaltung gegenüber erwachsenen Autoritätspersonen nicht selten eine besondere Herausforderung darstellt. Auch sollte die
Therapie immer einen klaren Behandlungsfokus setzen sowie einen strukturierenden
Ansatz verfolgen. Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes sollten auch oder
sogar insbesondere bei Jugendlichen spezialisierte Fachkräfte die Behandlung übernehmen, beispielsweise in Schwerpunktpraxen, spezialisierten teil-/vollstationären
Settings, Spezialsprechstunden in Institutsambulanzen und auch in Jugendhilfeeinrichtungen mit konsiliarpsychiatrischer Unterstützung mit Fokus auf Persönlichkeitsstörungen (Schmeck u. Schlüter-Müller, 2009).
Aus psychodynamischer Sicht ist ein bedeutsamer Inhalt der Therapie die Verbesserung der Beziehungsfähigkeit durch verbesserte Eigen- und Fremdwahrnehmung. Dies
erscheint von besonderer Wichtigkeit, da Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen
Bereichen bei Patienten mit Persönlichkeitsstörung sehr prominent sind und auch den
meisten Leidensdruck verursachen können. Dies wird auch im neuen DSM-5 deutlich,
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da hier die Störung der Identität und der zwischenmenschlichen Beziehungen als Kernkomponenten einer Persönlichkeitsstörung angesehen werden (APA, 2013).
Mit der schwierigen Beziehungsgestaltung als eines der zentralen Problemfelder
liegt es nahe, sich diesem Bereich ganz besonders in der Adoleszenz zu widmen. Jugendliche definieren zu einem gewissen Anteil ihren Selbstwert über die Integration
in der Gleichaltrigengruppe und benötigen diese Kontakte, um sich im Rahmen ihrer
Entwicklung von den Eltern loslösen und als eigenständige Individuen erfahren zu
können (Schmeck u. Schlüter-Müller, 2009). Gelingt dieser Prozess nicht oder nur
unzureichend, so ist es nicht verwunderlich, dass eine Distanzierung vom Elternhaus
mit Aufnahme eines eigenständigen Lebens nicht gelingt und die Jugendlichen oder
jungen Erwachsenen sehr lange und trotz vieler Konflikte im direkten elterlichen Einzugsgebiet verbleiben, was einer typischen Lebensgestaltung bei Jugendlichen mit Persönlichkeitsstörungen entspricht (Johnson et al., 2004). Dies impliziert jedoch, dass
der Elternarbeit bei den betroffenen Jugendlichen große Bedeutung beigemessen werden muss (Schlüter-Müller, Jung, Burger, Pick, Schmeck, 2014). Es trägt keineswegs
zu einem gelingenden therapeutischen Prozess bei, den Eltern die Sündenbockrolle
zuzuweisen, selbst bei verzerrter innerfamiliärer Kommunikation und pathologischen
Beziehungsmustern (Novick u. Novick, 2003; Fruzzetti, Shenk, Hoffman, 2005). Im
Rahmen von psychoedukativen Maßnahmen sollten betroffene Eltern ressourcenorientiert im Umgang mit ihrem Kind geschult werden und die Überzeugung gewinnen,
dass sie gebraucht werden (Johnson, 1991). Grundsätzlich bietet sich zumindest bei
den meisten Persönlichkeitsstörungen auch die Gruppentherapie als Behandlungssetting an, da in einem geschützten Rahmen unter therapeutischer Supervision Interaktionen mit Gleichaltrigen eingeübt werden können.
Im Jugendalter gilt die grundsätzliche Empfehlung einer möglichst ambulanten
Versorgung von Jugendlichen mit Persönlichkeitsstörungen. Hier besteht die Vorstellung, dass die Störung am besten dort zu behandeln ist, wo sie symptomatisch wird,
also im Alltag mit all seinen Anforderungen und vorhandenen Beziehungen (Kaess et
al., 2011). Natürlich muss die Entscheidung vor dem Hintergrund der vorliegenden
Gefährdung sowie der familiär-häuslichen Situation getroffen werden.
Anhand der Arbeiten zur Persönlichkeitsstörung entwickelte Livesley (2001) spezielle Behandlungsstrategien, abgestimmt auf die den Persönlichkeitsstörungen immanenten Besonderheiten (Livesley, 2001).
Die erste Strategie beinhaltet den Aufbau und die Aufrechterhaltung eines therapeutischen Arbeitsbündnisses. Dies ist insofern nicht trivial, da dauerhafte Beziehungen
für junge Patienten mit Persönlichkeitsstörung aufgrund der jeweiligen Defizite im
zwischenmenschlichen Bereich nur schwer zu erreichen sind. Nach Luborsky (1984)
zeichnet sich eine positive Therapeuten-Patienten-Beziehung dadurch aus, dass einerseits die Therapie vom Patienten als hilfreich angesehen wird und das Miteinander durch gegenseitigen Respekt und eine wertschätzende Grundhaltung geprägt ist.
Andererseits sollte sich das Arbeitsbündnis so gestalten, dass der Patient gemeinsam
mit seinem Therapeuten an seinen Schwierigkeiten arbeitet und auf dessen Ratschläge
780 A. Baader et al.
vertraut. Darüber hinaus sollte in der therapeutischen Arbeit darauf geachtet werden,
dem Patienten Optimismus, Verständnis und Akzeptanz zu vermitteln. Fortschritte
sollten als solche erkannt und mitgeteilt werden. Gemeinsame Therapieziele sollten
definiert und zusammen erarbeitet werden (Luborsky, 1994). Für jugendliche Patienten muss darüber hinaus berücksichtigt werden, dass der Beginn einer Psychotherapie häufig fremdmotiviert ist, beispielsweise durch Interventionen von Seiten der
Eltern, der Schulen oder des Jugendamtes, und dementsprechend eine grundlegende
Therapiemotivation erst noch erarbeitet werden muss (Kaess et al., 2011). Zusätzlich
tun sich Jugendliche oftmals schwer sich Erwachsenen anzuvertrauen und suchen
eher Verständnis bei Gleichaltrigen. Auch besteht im Patientenkontakt mit Jugendlichen das Risiko, vom Patienten in der Mutter- oder Vaterrolle gesehen und damit
möglicherweise abgelehnt zu werden (Streeck-Fischer, 2008).
Die zweite Strategie in der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen nach Livesley
ist der Aufbau und die Aufrechterhaltung eines konsistenten Behandlungsprozesses.
Dies könnte ein vor dem eigentlichen Beginn der therapeutischen Sitzungen abgeschlossener Behandlungsvertrag sein, in dem Ziele aber auch Regeln und Bedingungen
definiert sind. Beispielsweise sollte vorab über den Umgang mit suizidalen Verhaltensweisen und die sich daran anschließenden Kriseninterventionen gesprochen werden.
Anhand von Krisenplänen werden die Abläufe bei akuter Exazerbation der Symptomatik bereits im Vorfeld genau erläutert und gegebenenfalls auch schriftlich festgehalten. Auch bietet sich schon zu Beginn eine Hierarchisierung der Therapieinhalte mit
Fokus auf die aktuelle Problematik des Patienten an. Darüber hinaus sollten neben
den Regeln für eine erfolgreiche Therapie auch therapieschädigendes Verhalten und
die damit verbundenen Konsequenzen besprochen werden.
Als dritte Strategie wird das Prinzip der Wertschätzung postuliert. Praktisch umgesetzt bedeutet dies, das Verhalten und die Erfahrungen des Patienten wahrzunehmen und zu akzeptieren sowie die Funktionalität des jeweiligen Verhaltens zu deuten.
Selbstabwertungen sollten mit dem Fokus auf die Ressourcen des Patienten erkannt
und verringert werden. Über das Prinzip der inneren Achtsamkeit, das seine Ursprünge im Zen-Buddhismus hat, lernen die Patienten Dinge zunächst einmal nur wahrzunehmen, ohne diese sofort zu bewerten, und über eine Steigerung des Sich-SelbstBewusstseins mehr Selbstkontrolle auszuüben.
Die vierte Strategie beinhaltet Aufbau und Aufrechterhaltung von Behandlungsmotivation. Nach Livesley kann dies dadurch erreicht werden, dass vom Patienten nur
kleine Schritte in Richtung Veränderung erwartet und auch Ängste in diesem Zusammenhang offen angesprochen werden. Wie bereits erwähnt, muss insbesondere
bei Jugendlichen mit einer anfangs gering ausgeprägten Behandlungsmotivation gerechnet werden. Hinzu kommt, dass die Therapie im Rahmen von Regelverstößen
oder grundsätzlich abweisendem Verhalten infrage gestellt werden kann. Hier gilt es
verschiedene der Situation angemessene Commitmentstrategien anzuwenden, wie
beispielsweise Betonen der freien Wahlmöglichkeit oder Erinnern an frühere Zustimmungen (Böhme, Fleischhaker, Mayer-Bruns, Schulz, 2001).
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Bei fehlender Behandlungsmotivation sollte keine Psychotherapie erfolgen. Diese
Forderung lässt sich für erwachsene Patienten nachvollziehen und ist auch für Jugendliche in der Mehrzahl der Fälle sinnvoll. Da jedoch bei schwerer Entwicklungsgefährdung eine vollumfängliche Einsichtsfähigkeit für therapeutische Interventionen nicht
vorauszusetzen ist, kann in Einzelfällen eine stationäre Unterbringung auch gegen den
Willen des Patienten nach §16 31b BGB erforderlich sein, um wichtige Entwicklungsschritte zu unterstützen oder einen Kontakt zu Helfersystemen überhaupt erst möglich zu machen (Schmeck et al., 2009). Die Indikationen für eine stationäre Behandlung bei Jugendlichen werden heute zunehmend enger gefasst und beinhalten akute
Eigen- und/oder Fremdgefährdung, schwere komorbide Störungen, schwere, chirurgisch versorgungspflichtige, rezidivierende Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten
und Unbeschulbarkeit. Bei anhaltender Traumatisierung oder schwerer psychosoziale
Belastung im Umfeld kann eine stationäre Behandlung erfolgen, es sollten aber auch
a priori stationäre Angebote der Jugendhilfe mit begleitender ambulanten Therapie in
Betracht gezogen werden (Kaess et al., 2011).
5
Psychotherapieformen der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter
Die allgemeine Überzeugung, Persönlichkeitsstörungen seien stabil über die gesamte Lebenszeit und dementsprechend nahezu nicht therapierbar, konnte mittlerweile widerlegt werden (Shea, 1996; Leichsenring u. Leibing, 2003).
Allgemeines Therapieziel sollte nach Fiedler und Herpertz (2010) jedoch nicht sein,
die Persönlichkeitsstörung selbst zu therapieren, „sondern die sich daraus ergebenden
komplexen Interaktionsstörungen, die Störungen des Erlebens, die Störung der Realitätswahrnehmung, der Selbstwahrnehmung oder Selbstdarstellung sowie die Störungen der Impulskontrolle.“
In dem folgenden Abschnitt sollen zunächst die Behandlungsansätze ausgewählter Typen der Persönlichkeitsstörung vorgestellt werden. Im Anschluss wird auf spezielle Psychotherapieverfahren im Zusammenhang mit Persönlichkeitsstörungen eingegangen.
Gut evaluierte, manualisierte Verfahren sind die dialektisch behaviorale Therapie (DBT; Linehan, 1993), die übertragungsfokussierte psychodynamische Therapie
(TFP; Clarkin, Yeomans, Kernberg, 1999), in der Modifikation für Jugendliche als
Adolescent Identity Treatment (AIT; Foelsch et al., 2014) bezeichnet, die mentalisierungsgestützte Therapie (MBT; Bateman u. Fonagy, 2001) sowie die schemafokussierte Therapie (SFT; Young, Klosko, Weishaar, 2005). Auf diese Verfahren wird später
detaillierter eingegangen. Zusätzlich kann in den kommenden Jahren sicherlich auf
weitere therapeutische Neuentwicklungen im Bereich der Behandlung von Jugendlichen mit Persönlichkeitsstörungen gehofft werden. So konnten zum Beispiel Salzer
und Kollegen erst kürzlich bei Borderlinepatienten zwischen 14 und 19 Jahren mithilfe eines psychoanalytisch orientierten manualisierten Therapieverfahrens Remissionsraten von 32 % erzielen (Salzer, Cropp, Streeck-Fischer, im Druck).
782 A. Baader et al.
Im folgenden Kapitel sollen einige allgemeine Therapieprinzipien zur Behandlung
bestimmter Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter benannt werden. Da noch nicht
zu allen Persönlichkeitsstörungen solche spezifischen Prinzipien bestehen, werden
hier die häufigsten Störungen im kinder- und jugendpsychiatrischen Setting (SalbachAndrae et al., 2008; Borderline-Persönlichkeitsstörung, dissoziale Persönlichkeitsstörung, histrionische Persönlichkeitsstörung und selbstunsichere Persönlichkeitsstörung) einzeln behandelt.
5.1 Psychotherapeutische Behandlungsansätze einzelner
Persönlichkeitsstörungen
5.1.1 Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Einige Behandlungsverfahren wurden speziell für die Borderline-Persönlichkeitsstörung konzipiert. Aufgrund der besonderen Verhaltensweisen der betroffenen
Patienten war es notwendig, klassische therapeutische Konzepte dem Störungsbild
anzupassen und grundlegende Veränderungen vorzunehmen. Zu diesen Verfahren
gehören unter anderem die dialektisch behaviorale Therapie und die übertragungsfokussierte psychodynamische Therapie, auf die später noch eingegangen wird. Darüber hinaus finden Verfahren wie die Mentalisierungsgestützte Therapie sowie die
Schematherapie bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung Anwendung.
„Die Arbeit mit Borderline-Patienten fordert und belastet die therapeutische Beziehung in besonderem Maße. Gerade weil die Patienten häufig aus einem unberechenbaren, gewaltsamen und demütigenden familiärem Umfeld kommen, haben sie das
nachvollziehbare Interesse, ihrerseits die Beziehungen zu steuern und zu kontrollieren. Gleichzeitig fühlen sich viele Borderlinepatienten geradezu existentiell abhängig
von ihren Therapeuten. Man sollte sich als Therapeut diese intensive Dimension vergegenwärtigen“ (S-2 Leitlinien Persönlichkeitsstörungen, 2008, S. 31). Bereits geringe
Änderungen hinsichtlich der zeitlichen Planung können ausgeprägte Ängste oder
Aggressionen verursachen, sodass besonderes Augenmerk auf konstante Strukturen
gelegt werden sollte.
Grundsätzlich haben sich bei der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
spezielle Techniken und Vorgehensweisen bewährt: Bereits zu Beginn der Therapie
sollte eine zeitlich klare Begrenzung der Intervention vereinbart werden. Klare Regeln
bezüglich des Umgangs mit Suizidalität, Kriseninterventionen und therapiestörendem
Verhalten sind von immenser Bedeutung für einen erfolgreichen Therapieverlauf und
sollten im Rahmen von Therapieverträgen festgehalten werden. Behandler sollten mit
den Patienten genaue „Krisenpläne“ erarbeiten, um die Patienten für den Ernstfall vorzubereiten und sie darin zu unterstützen, auf funktionale Weise mit im Behandlungsverlauf sehr wahrscheinlich auftretenden Krisen umzugehen. Das Angebot einer ebenfalls
genau reglementierten telefonischen Beratung kann hilfreich sein, um ungeplante Klinikeinweisungen zu begrenzen. Alle störungsspezifischen Verfahren zur Behandlung der
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Borderline-Persönlichkeitsstörung beinhalten eine Hierarchisierung der Behandlungsfoci, das heißt, dass Suizidalität sowie therapieschädigendes Verhalten vorrangig behandelt werden und erst in einem nächsten Schritt Therapieinhalte besprochen werden, die
sich an aktuellen Themen und Erlebniswelten des Patienten orientieren. Dieses Prinzip
der „dynamischen Hierarchisierung“ hat sich in der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung als sehr hilfreich erwiesen (vgl. Kaess et al., 2011).
5.1.2 Behandlung der dissozialen Persönlichkeitsstörung
Die therapeutische Behandlung von Patienten mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung ist in vielerlei Hinsicht umstritten. So gibt es Studien, die auf eine Verschlechterung der Symptomatik bei einem delinquenten Patientenkollektiv unter therapeutischer Behandlung hinweisen (Rice, Harris, Cormier, 1992; Hare, Clark, Grann,
Thornton, 2000). In anderen Studien waren solche Effekte jedoch nicht aufgetreten,
sodass diesbezüglich keine klaren Aussagen getroffen werden können (D’Silva, Duggan, McCarthy, 2004). Es gilt zu bedenken, dass die heute bekannten Therapien in erster Linie für erwachsene Straftäter entwickelt wurden und aus diesem Grund Aussagen über die Behandlung von jugendlichen Patienten mit Störung des Sozialverhaltens
mit dissozialer Persönlichkeitsakzentuierung dürftig sind. Gängige Therapieverfahren
sind kognitiv behaviorale Verfahren wie das „Reasoning and Rehabilitation Program“
nach Gretenkord (2002), die dialektisch-behaviorale Therapie im forensischen Setting
(DBT-F; Oermann, Brück, Bohus, 2008) sowie die übertragungsfokussierte Psychotherapie bei Delinquenz (TFFP; Lackinger, Dammann, Wittmann, 2008).
Empfehlungen für die Behandlung bei Dissozialität im Jugendalter richten sich auf
frühzeitige und auf lange Sicht zu etablierende Jugendhilfemaßnahmen in Kombination mit ambulanten psychotherapeutischen Verfahren. Ziele dieser Behandlung
sollten die „Verbesserung der Bindungsfähigkeit, Förderung der Gewissensbildung
sowie emotionale Nachreifung“ sein (Schmeck et al., 2009, S. 71). Ein therapeutisches
Interventionsprogramm für dissoziale Kinder und Jugendliche liegt in Form des
„Multisystemischen Behandlungsansatz für antisoziale Kinder und Jugendliche“ vor
(Henggeler, Schoenwald, Borduin, Cunningham, 1998). Es handelt sich hierbei um
ein familien- und gesellschaftsbasiertes Intensivprogramm, das sich den Ursachen
von schwerwiegendem antisozialem Verhalten von Jugendlichen annimmt. Das Therapieprogramm, das sich über einen Zeitraum von drei bis fünf Monaten erstreckt, ist
konzipiert für die betroffenen Jugendlichen und deren Familien und bedient sich Elementen aus der Familientherapie, dem Elterncoaching und der kognitiven Verhaltenstherapie. Zusätzlich werden die Therapeuten in wöchentlichen Gruppensitzungen supervidiert. In zahlreichen, zum Großteil randomisiert-kontrollierten Therapiestudien
konnte die Wirksamkeit dieses Verfahrens über eine kurz- und langfristige Reduktion
delinquenter Verhaltensweisen gezeigt werden (Borduin et al., 1995; Timmons-Mitchell, Bender, Kishna, Mitchell, 2006; Ogden u. Hagen, 2006; Butler, Baruch, Hickey,
Fonagy, 2011; Weiss et al., 2013).
784 A. Baader et al.
5.1.3 Behandlung der histrionischen Persönlichkeitsstörungen
Bei der Behandlung der histrionischen Persönlichkeitsstörung sollte in der therapeutischen Beziehungsgestaltung darauf geachtet werden, dem Wunsch des Patienten nach Aufmerksamkeit und Zuwendung Rechnung zu tragen. Diese Haltung
wird insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Patient das dramatisch-übersteigerte Verhalten abzulegen beginnt und stattdessen auf authentischere und weniger
theatralische Weise in Beziehung tritt. In der kognitiven Verhaltenstherapie, die bei
diesem Krankheitsbild zur Anwendung kommen kann, liegt der Behandlungsfokus
zum einen auf dem globalen, impressionistischen Denkstil und den daraus resultierenden Problemfeldern insbesondere in der Bewältigung des Alltags. Zum anderen
sollen dysfunktionale Strategien im Kampf um Aufmerksamkeit und die geringe
Frustrationstoleranz gegenüber Zurückweisung und Kränkung reduziert werden
(Freeman, 2004; Beck, Freeman, Davis, 2003).
Histrionische Patienten treten in Kontakt mit anderen über den übertriebenen Ausdruck ihrer Emotionen. Beim Gegenüber ruft dieses Verhalten aufgrund der Theatralik und Unechtheit eher Unverständnis und Ablehnung hervor, was dem Wunsch des
Patienten nach Aufmerksamkeit und Anerkennung genau entgegensteht und somit
zu einem erheblichen Leidensdruck führen kann. Es erscheint somit in der therapeutischen Arbeit als essenziell, die „Selbstreflexion bezüglich inadäquaten AffektAusdruckes zu verbessern“. Des Weiteren sollen Patienten angehalten werden „auch
schwächer ausgeprägte Gefühle zu akzeptieren und diesen Raum zu geben ohne zu
dramatisieren“ (S-2 Leitlinien Persönlichkeitsstörungen, 2008, S. 37). Zu erheblichen
Einschränkungen im Alltag kann es bei histrionischen Patienten durch ihre Sprunghaftigkeit und Inkohärenz kommen. Der therapeutische Fokus sollte deshalb auf die
Minimierung und Konzentration auf das Wesentliche gelegt werden, Langeweile sollte
ausgehalten und einmal begonnene Aufgaben zu Ende gebracht werden. Achtsamkeitsübungen aus dem Bereich der Zen-Meditation bieten sich als ideales Training zur
Fokussierung und Hemmung dissoziativer Zustände an.
5.1.4 Behandlung der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung
Bei der Therapie der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung sollten Behandlungsschwerpunkte die Reduktion des Vermeidungsverhaltens durch verhaltenstherapeutisches Expositionstraining, der Abbau pathologischer Erregungszustände durch
Entspannungstechniken sowie Verbesserung sozialer Fertigkeiten durch soziales
Kompetenztraining sein (Wälte, 2003; Schmeck u. Schlüter-Müller, 2009; Fiedler,
2007). In der Therapie der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung eignen sich Einzel- und Gruppentherapeutische Angebote. Kognitive Erklärungsmodelle der selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung gehen von charakteristischen Schemata aus, die
die Verhaltensweisen der betroffenen Patienten bestimmen und auf einem ausgeprägt
negativen Selbstbild und der existenziellen Angst vor Zurückweisung beruhen. Die
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dysfunktionalen Grundannahmen werden in der kognitiven Einzeltherapie identifiziert und beleuchtet, wobei in einem nächsten Schritt der Patient die Erkenntnis erlangen soll, dass diese letztlich keinen globalen Tatsachencharakter besitzen (Beck et
al., 2003). Ein weiterer relevanter Bestandteil der kognitiv-verhaltenstherapeutischen
Ansätze sind so genannte Verhaltensexperimente. Hierbei werden die Befürchtungen
und ängstlichen Überzeugungen der Patienten anhand von systematischen Testungen
einer Realitätsprüfung unterzogen (Stangier, Clark, Ehlers, 2006).
Eine Gruppentherapie wird idealerweise ergänzend zur Einzeltherapie durchgeführt. Der Vorteil der Gruppentherapie liegt darin, dass bereits das Setting Expositionscharakter besitzt, nämlich sich in einer Gruppe von anfangs unbekannten
Menschen aufzuhalten und mit ihnen zu sprechen. Darüber hinaus finden Patienten
ideale Bedingungen vor, um in einem geschützten Rahmen, beispielsweise mithilfe
von Rollenspielen, alternative Verhaltensweisen zu dem bisherigen Vermeidungsverhalten auszuprobieren. Die Rollenspiele werden als zentraler Bestandteil der kognitivverhaltenstherapeutischen Ansätze angesehen. Je nach Patient werden verschiedene
Angst und Unsicherheit auslösende Situationen vorbesprochen, schließlich mit den
übrigen Mitpatienten nachgestellt und anschließend diskutiert. Neue Verhaltensmöglichkeiten werden gemeinsam überlegt und in weiteren Rollenspielen eingeübt,
wobei selbstabwertende Kognitionen detektiert und als nicht hilfreich eingeschätzt
und schließlich positiv umstrukturiert werden sollen (vgl. auch S-2 Leitlinien Persönlichkeitsstörungen, 2008). Gerade im Hinblick auf die massiven Ängste hinsichtlich
der Bewertung durch andere sollte auf eine wertschätzende und konstruktive Kritik
geachtet werden. Auch erfordert die Arbeit mit ängstlich-vermeidenden Patienten ein
besonderes Maß an Geduld und Zeit, um nicht das Risiko einzugehen, die Patienten
durch ein zu schnelles Vorgehen zu überfordern. Neben der Reduktion von Ängsten
im Umgang mit Mitmenschen stellt das Training der sozialen Fertigkeiten ein weiteres
Ziel der Rollenspiele dar. Hierbei kommen Videoaufnahmen zum Einsatz, wodurch
eine objektivere Beurteilung der Verhaltensweisen durch die Patienten selbst ermöglicht werden soll. Auch eignet sich diese Technik zur Verbesserung des Selbstwertgefühls beispielsweise durch Fokussierung auf und Verbalisierung der positive Verhaltensweisen während einer Videosequenz (Renneberg u. Fydrich, 1999).
Insbesondere für das soziale Kompetenztraining liegen anhand mehrerer Studien
positive Wirksamkeitsnachweise für die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung vor (Renneberg, Goldstein, Philipps, Chambless, 1990; Renneberg, 1996).
5.2 Spezifische Therapieverfahren bei Persönlichkeitsstörungen
5.2.1 Dialektisch-behaviorale Therapie – DBT-A
Die dialektisch behaviorale Therapie von Linehan wurde auf der Grundlage des so
genannten affektiven Vulnerabilitätskonzepts für Patienten mit selbstverletzenden
Verhaltensweisen und chronischer Suizidalität bei Borderline-Persönlichkeitsstö-
786 A. Baader et al.
rung entwickelt (Linehan, 1987, 1989). Das affektive Vulnerabilitätskonzept von Linehan geht bei den Betroffenen von einer dysfunktionalen Regulation der Affekte
aus, wonach Borderlinepatienten eine höhere Sensitivität gegenüber emotionalen
Reizen zeigen als Gesunde, zusätzlich auf schwache Reize übermäßig heftig reagieren und zudem eine verzögerte Rückkehr zum emotionalen Ausgangsniveau aufweisen. Darüber hinaus sind die Patienten mit dieser besonderen Vulnerabilität des
Öfteren damit konfrontiert, dass sie in so genannten „invalidierenden Ursprungsfamilien“ aufwachsen. Ein Zusammenhang mit sexuellen Missbrauchserfahrungen
wird ebenfalls diskutiert (Venta, Kenkel-Mikelonis, Sharp, 2012; Kaess et al., 2013).
Anhand mehrerer Therapiestudien konnte die Wirksamkeit dieses Behandlungsverfahrens auch über einen längeren Zeitraum hinweg bei Erwachsenen nachgewiesen werden (Bohus u. Schmahl, 2006; Linehan et al., 2006). Linehan kombiniert ein
grundlegend verhaltenstherapeutisches Konzept mit Elementen des Zen-Buddhismus,
der Gestalttherapie, der kognitiven Therapie und der Hypnotherapie. Im Hinblick auf
die Besonderheiten und speziellen Themen bei Jugendlichen wurde das Verfahren
modifiziert und als Dialektisch Behaviorale Therapie für Adoleszente veröffentlicht
(DBT-A; Rathus u. Miller, 2002; Miller, Rathus, Linehan, 2007; deutsche Übersetzung:
Böhme et al., 2001). Die Behandlung setzt sich über die Dauer von 16 Wochen aus
einzeltherapeutischen Terminen, wöchentlichem Fertigkeitentraining in der Gruppe,
Telefonkontakten mit dem Einzeltherapeuten sowie der regelmäßigen Supervision der
Therapeuten zusammen. Primäres Ziel ist die Reduktion des selbstverletzenden Verhaltens und der chronischen Suizidalität. Im nächsten Schritt sollen Verhaltensweisen
umstrukturiert werden, die eine Beeinträchtigung der Lebensqualität des Betroffenen
bedeuten, sowie Fertigkeiten erworben werden, wodurch die vom Patienten gesetzten Ziele umgesetzt werden können. Auch für die Version der DBT für Adoleszente
liegen bereits positive Längsschnittbefunde vor (Rathus u. Miller, 2002; Fleischhaker,
Munz, Böhme, Sixt, Schulz, 2006), ein echter Wirksamkeitsnachweis im Sinne von
randomisiert-kontrollierten Studien steht jedoch noch aus.
5.2.2 Übertragungsfokussierte Psychotherapie – TFP
Das Verfahren der übertragungsfokussierten Psychotherapie nach Kernberg (Transference Focused Psychotherapy, TFP; Clarkin et al., 2001) beruht auf den Grundlagen der psychoanalytischen Objektbeziehungstheorie und konzentriert sich auf die
Analyse von Übertragungs- und Gegenübertragungsprozessen bei Borderlinepatienten. Es wird hierbei davon ausgegangen, dass „aktuelle Symptome des Patienten
als unbewusste Wiederholungen von pathologischen internalisierten Objektbeziehungen der Vergangenheit zu verstehen sind“ (Schmeck u. Schlüter-Müller, 2009,
S. 82; Clarkin et al., 1999), die sich in der Gegenwart in Form von pathologischen
Verhaltensweisen manifestieren. Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine einbis dreijährige Einzeltherapie mit ein bis zwei Kontakten pro Woche. Zentraler Fokus liegt auf der Behandlung der Identitätsstörung. Zu den Behandlungstechniken
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gehören die Klärung, Konfrontation und Deutung, wobei letztlich die Integration
des Selbstkonzeptes, der dissoziierten, abgespaltenen Affekte sowie eine Verbesserung der Empathiefähigkeit für sich und andere angestrebt werden sollen (Kaess et
al., 2011; Schlüter-Müller u. Schmeck, in press). Das Konzept der TFP wurde auf
die Behandlung von Jugendlichen angepasst und liegt in manualisierter Form (AIT,
Adolescent Identity Treatment; Foelsch et al., 2014) vor.
5.2.3 Mentalisierungsgestützte Therapie – MBT
Ein weiteres Therapiekonzept zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen stellt
die so genannte Mentalisierungsgestützte Therapie (MBT) nach Bateman und Fonagy (2000) dar. Ausgehend von psychoanalytischen und bindungstheoretischen
Grundannahmen wird der zentrale Fokus auf die Mentalisierung gelegt, also auf
die „Fähigkeit, das eigene Verhalten und das Verhalten anderer Menschen durch
Zuschreibung mentaler Zustände zu verstehen“ (Schmeck u. Schlüter-Müller, 2009,
S. 90). Nach Bateman und Fonagy ist diese Fähigkeit bei jüngeren Kindern und auch
insbesondere bei Borderlinepatienten nicht vollständig ausgebildet (Bateman u. Fonagy, 2004). Der Fokus der Behandlung richtet sich auf gegenwärtige Prozesse, die
vom Therapeuten im Sinne von Übertragung und Gegenübertragung ähnlich der
TFP analysiert werden. Die Therapie kann als Einzel- oder Gruppentherapie konzipiert sein und lässt sich gut mit anderen Behandlungskonzepten kombinieren. Ein
Wirksamkeitsnachweis konnte bereits für selbstverletzendes Verhalten bei Jugendlichen erbracht werden (Roussow u. Fonagy, 2012).
5.2.4 Schemafokussierte Therapie – SFT
Auf der Grundlage der kognitiven Verhaltenstherapie für Persönlichkeitsstörungen
nach Beck in Kombination mit emotionsfokussierten und psychodynamischen Elementen entwickelten Young und Kollegen die Schemafokussierte Therapie (SFT;
Young et al., 2005). Es wird davon ausgegangen, dass während der Persönlichkeitsentwicklung bestimmte Überzeugungen, Denkinhalte, Gefühle, Körperempfindungen
und Erinnerungen innerhalb verschiedener Schemata subsumiert werden. Treten in
der kindlichen Entwicklung Vernachlässigung oder schwerwiegende Traumatisierungen auf, entstehen nach Young et al. „frühe maladaptive Schemata“, wie beispielsweise Unzulänglichkeit/Scham, Misstrauen/Missbrauch, Erfolglosigkeit/Versagen etc.,
die wiederum großen Einfluss auf die eigene Person und die Interaktion mit anderen
Menschen haben können. Ziel der SFT ist, diese negativen Selbstüberzeugungen zu
identifizieren und zu korrigieren. Die Therapie ist für das ambulante Setting konzipiert und unterteilt sich in die Stufen Bindung, emotionale Regulation, Veränderung
der Schemamodi und Autonomieentwicklung. Für die Anwendung bei Erwachsenen,
nicht jedoch bei Jugendlichen, liegt eine Vergleichsstudie vor, die die Wirksamkeit dieser Therapieform belegt (Giesen-Bloo, vanDyck, Spinhoven, 2006).
788 A. Baader et al.
6
Schlussfolgerung und Ausblick
Nach heutigem Erkenntnisstand sollten Berührungsängste von Fachleuten hinsichtlich Persönlichkeitsstörungen bei Jugendlichen der Vergangenheit angehören. Vielmehr sollte darauf Wert gelegt werden, auf diesem Gebiet weiteren Wissenszuwachs
zu erlangen und damit letztlich die therapeutische Versorgung der betroffenen
Jugendlichen zu verbessern. Demzufolge kommt der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen im klinischen Alltag eine große Bedeutung zu, die jedoch nur dann
qualitativ hochwertig sein kann, wenn entsprechende diagnostische Schulungen
stattfinden.
Eine störungsspezifische Psychotherapie stellt die Methode der Wahl bei der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen des Kindes- und Jugendalters dar. Die Wirksamkeit spezieller Therapieverfahren konnte bereits vereinzelt untersucht werden.
Jedoch stehen für das Jugendalter echte Wirksamkeitsnachweise im Sinne von randomisiert-kontrollierten Studien noch aus und müssen Gegenstand zukünftiger Forschung sein.
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Korrespondenzanschrift: Dr. med. Michael Kaess, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Blumenstraße 8, 69115 Heidelberg; E-Mail: [email protected]
Aline Baader, Franz Resch und Michael Kaess, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Zentrum für
Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland; Klaus Schmeck, Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Basel, Schweiz
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ORIGINALARBEITEN
Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor
des Therapieerfolgs mit Psychoanalytischer Kurzzeittherapie
im Alter von 4 bis 10 Jahren1
Tanja Müller-Göttken*, Lars O. White*, Kai von Klitzing und Annette M. Klein
Summary
Maternal Reflective Functioning as a Predictor of Therapeutic Success of Psychoanalytic Shortterm Therapy for Children Aged 4 to 10 Years
Recent work implicates the capacity to mentalize as a predictor of therapeutic success of psychodynamically oriented psychotherapy for adults. However, little, if any, research focuses on
similar associations in childhood. In the current study, we investigated the role of maternal
reflective functioning (RF) in the treatment of 25 children with clinically diagnosed anxiety
disorders and a high level of externalizing comorbidity in an outpatient setting. Before and after treatment of their children with short-term Psychoanalytic Child Therapy (PaCT), we assessed maternal RF using the Parent Development Interview and requested parents to report
on symptoms of their 4-10-year-old children using the Child Behavior Checklist (CBCL).
RF proved highly stable and showed no significant change from pre- to post-treatment over
an average treatment interval of 41 weeks. While remission in internalizing symptoms was
unrelated to pretreatment maternal RF, children with high-RF mothers showed significant
remission of externalizing comorbidity in comparison to children with low-RF mothers both
immediately after treatment as well as at six-month follow-up. These preliminary results support parental RF as a valuable prognostic criterion for successful treatment of externalizing
symptoms with PaCT. These findings call for replication in large-scale follow-up studies with
children diagnosed with externalizing disorders.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63/2014, 795-811
Keywords
psychoanalytic child therapy – mentalization – maternal reflective functioning – developmental
psychopathology – externalizing behavior
1 Diese Studie wurde von der Heidehof Stiftung GmbH gefördert. Die Autoren danken allen teilnehmenden Eltern und Kindern.
* geteilte Erstautorenschaft
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 795 – 811 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
796 T. Müller-Göttken et al.
Zusammenfassung
Die Fähigkeit zur Mentalisierung hat sich in der Vergangenheit als Prädiktor für den Behandlungserfolg innerhalb psychodynamisch orientierter Psychotherapie im Erwachsenenalter erwiesen. Es besteht jedoch ein Mangel an empirischen Studien zu ähnlichen Zusammenhängen
im Kindesalter. In der vorliegenden Studie wurde die Rolle der elterlichen reflexiven Kompetenz
(RK) bei der Behandlung einer Gruppe von 25 Kindern mit klinisch diagnostizierter Angststörung und einem hohen Grad an externalisierender Komorbidität im Ambulanzsetting getestet.
Vor und nach Behandlung ihrer Kinder mit Psychoanalytischer Kurzzeittherapie (PaKT) wurde
bei 25 Müttern mittels des Parent Development Interviews die RK gemessen und in Beziehung
zum Symptomrückgang ihrer 4- bis 10-jährigen Kinder nach Therapieende und im sechsmonatigen Follow-Up gesetzt. Internalisierende und externalisierende Symptome wurden anhand
von Elterneinschätzungen auf der Child Behavior Checklist (CBCL) erfasst. Elterliche RK zeigte
über einen Therapiezeitraum von 41 Wochen eine sehr hohe Stabilität und keine signifikante
Veränderung durch PaKT. Während der Rückgang internalisierender Symptome sich als unabhängig von elterlicher RK vor Therapiebeginn erwies, zeigte sich bei Kindern von Müttern
mit hoher RK ein signifikant stärkerer Rückgang der externalisierenden Komorbidität im Vergleich zu Kindern von Müttern mit niedrigerer RK sowohl unmittelbar nach PaKT als auch
zum sechsmonatigen Follow-Up. Diese Ergebnisse weisen auf die elterliche RK als womöglich
wertvolles Prognosekriterium für die erfolgreiche Behandlung externalisierender Symptome
mit PaKT hin. Diese Befunde sollten in groß angelegten Wirksamkeitsstudien in Gruppen mit
diagnostizierten externalisierenden Störungen überprüft werden.
Schlagwörter
psychoanalytische Kurzzeittherapie für Kinder – Mentalisierung – mütterliche reflexive Kompetenz – Entwicklungspsychopathologie – externalisierendes Verhalten
1
Theoretischer Hintergrund
Die Fähigkeit zur Mentalisierung hat sich jüngst als wichtiger Risikofaktor für verschiedene psychiatrische Störungsbilder sowie als Prädiktor für den Behandlungserfolg bei psychodynamisch orientierter Psychotherapie erwiesen (Katznelson, 2014).
Mentalisierung bezeichnet dabei die „Fähigkeit, das eigene Verhalten oder das Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren“
(Fonagy, Gergely, Jurist, Target, 2002). Dieser Begriff wurde auf der Basis zahlreicher
zumeist psychoanalytisch und entwicklungspsychologisch geprägter Theorien entwickelt (Holmes, 2005). Laut Fonagy und Kollegen (2002) bildet sich das Fundament
der Mentalisierungsfähigkeit bereits im Säuglingsalter in der sozialen Interaktion
mit Bezugspersonen heraus. Dabei wird das dem sich entwickelnden Individuum
angeborene Potenzial zur Mentalisierung erst mittels kontingenter und markierter Affektspiegelung durch die Bezugsperson ermöglicht. Somit ist eine kontingente (d. h.
passende und zuverlässige) Reaktion der Bezugsperson auf die primären (v. a. ne-
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
797
gativen) Affektzustände des Säuglings sowohl für das Selbsterleben als auch für das
Verständnis und die Regulation der eigenen Affekte von entscheidender Bedeutung.
Markierung der gespiegelten Affekte (z. B. regulierte Übertreibung des Primäraffekts
des Säuglings) sowie andere pädagogische Signale der Bezugspersonen (z. B. hohe
Stimmlage) ermöglichen es dabei dem Säugling, die gespiegelten Affekte als auf ihn
bezogen zu begreifen (statt als Affektausdruck der Bezugsperson selbst) (Gergely u.
Unoka, 2008). Gelingt der Bezugsperson diese Spiegelung in ausreichendem Maße,
bilden sich beim Säugling laut Fonagy und Kollegen (2002) sekundäre Repräsentationen der eigenen Affekte heraus, die sich bei künftigen Affektzuständen regulierend
auswirken können (z. B. da der Säugling lernt, dass die eigenen Affekte wahrgenommen werden und darauf passend reagiert wird) und einen Grundstein für die
psychische Gesundheit des heranwachsenden Kindes legen.
Im Einklang mit diesen Überlegungen wurde die elterliche Mentalisierung zunächst
als Prädiktor für eine sichere Bindungsbeziehung untersucht. Dabei erwies sich die
vorgeburtliche Kompetenz der Eltern, über die mentalen Zustände des Kindes zu reflektieren, als entscheidend für die spätere Ausprägung einer sicheren Bindung des
Kindes (Fonagy, Steele, Steele, Moran, Higgitt, 1991), die wiederum emotional-kognitive und affekt-regulative Fähigkeiten im Vorschulalter und Schulalter vorhersagt
(Fonagy, Redfern, Charman, 1997; White, Wu, Borelli, Mayes, Crowley, 2013; White
et al., 2012). Fonagy und Kollegen (1991) maßen die Reflexive Kompetenz (RK) eines
Individuums anhand einer Skala (Reflective Functioning Skala; Fonagy, Target, Steele,
Steele, 1998), die für das Adult Attachment Interview (AAI; George, Kaplan, Main,
1996) entwickelt wurde, um die Mentalisierungsfähigkeit des Individuums messbar
zu machen. RK wird somit anhand der erinnerten eigenen Eltern-Kind-Beziehung
mittels der Narrative des AAI erhoben. Nachfolgende Untersuchungen mithilfe des
Parent Development Interviews (PDI; Slade, Aber et al., 2005), welches Narrative des
Elternteils zur aktuellen Eltern-Kind Beziehung evoziert, um die elterliche RK zu erfassen (Slade, Bernbach, Grienenberger, Levy, Locker, 2005), konnten belegen, dass
eine erhöhte RK speziell in Bezug auf das eigene Kind ebenfalls einen Prädiktor einer
sicheren Bindung darstellt (Slade, Grienenberger, Bernbach, Levy, Locker, 2005). Darüber hinaus konnte dieselbe Forschergruppe nachweisen, dass der Effekt der RK auf
Bindung zum Teil indirekt durch mütterliche Reaktionsweisen bei negativen Affekten
des Säuglings mediiert wird (Grienenberger, Kelly, Slade, 2005).
Der von Fonagy und Kollegen postulierte Zusammenhang zwischen Mentalisierung und verschiedenen Formen der Psychopathologie gilt mittlerweile ebenfalls als
weitreichend empirisch belegt (Katznelson, 2014). Mehrere Untersuchungen konnten
zeigen, dass Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörung (v. a. wenn sie ebenfalls
Kindesmisshandlung erfuhren) über eine signifikant niedrigere RK als gesunde und
klinische Kontrollen verfügen (Fonagy et al., 1996). Des Weiteren haben bereits mehrere Studien Zusammenhänge zwischen klinisch relevantem aggressiven bzw. externalisierenden Verhalten und niedrigerer RK berichtet (Levinson u. Fonagy, 2004; Möller,
Falkenström, Holmqvist Larsson, Holmqvist, 2014; Taubner, White, Zimmermann,
798 T. Müller-Göttken et al.
Fonagy, Nolte, 2013). Straftäter in geschlossenem Vollzug zeigten beispielsweise im
Vergleich zu einer gematchten Patientengruppe und gesunden Kontrollen eine besonders niedrige RK (Levinson u. Fonagy, 2004). Darüber hinaus bestand ein spezifischer
Zusammenhang zwischen niedrigerer RK und der Schwere der Tat. Ähnliche Assoziationen zwischen proaktiver jedoch nicht reaktiver Aggression und niedrigerer RK
(Taubner, White et al., 2013) sowie zwischen externalisierendem Verhalten und niedrigerer Perspektivenübernahme in Geschichtenergänzungen (Hill, Fonagy, Lancaster,
Broyden, 2007; Hill, Murray, Leidecker, Sharp, 2008) konnten bereits bei Kindern
und Jugendlichen nachgewiesen werden. Diese Zusammenhänge werden teils auf ein
vermindertes Einfühlungsvermögen in die psychischen Konsequenzen des eigenen
Handelns für das Opfer der Aggression zurückgeführt, welches wiederum aggressives
Handeln fördern könnte (Blair, Mitchell, Blair, 2005). Seit langem wird dem elterlichen
Perspektivenübernahme- und Empathievermögen eine entscheidende Rolle bei der
Vermittlung dieser Effekte beigemessen (Feshbach, 1987).
Bei den bisher wenigen Studien zu internalisierenden Störungen (Angst und Depression) ergab sich dagegen ein heterogenes Bild. Einerseits berichten Fischer-Kern
und Kollegen (2013) eine deutlich reduzierte RK bei Patienten mit klinischer Depression im Vergleich zu Kontrollen. Andererseits zeigten zwei weitere Untersuchungen
an depressiven Patienten RK-Werte im Normbereich und keinerlei Hinweise für eine
global reduzierte RK im Vergleich zu Kontrollen (Karlsson u. Kermott, 2006; Taubner,
Kessler, Buchheim, Kächele, Staun, 2011). Jedoch zeigte sich bei Taubner und Kollegen (2011) in der Patientengruppe speziell bei Verlustthemen eine Reduktion der RK.
Ein vergleichbares Resultat konnte ebenfalls mit Patienten, die unter Panikstörung
litten, erzielt werden, sodass ihre RK spezifisch bei panikrelevanten Themen abnahm
(Rudden, Milrod, Target, Ackerman, Graf, 2006). Zum Zusammenhang zwischen
Mentalisierung und internalisierenden Störungen im Kindesalter sind den Autoren
der vorliegenden Arbeit jedoch keine Studien bekannt.
Hinsichtlich der Studienlage zur Rolle der Mentalisierung in der Kinderpsychotherapie herrscht ebenfalls ein deutliches Forschungsdefizit vor. Dies ist auch deshalb
besonders überraschend, da bereits in den Anfängen der Formulierung der Mentalisierungstheorie Fallstudien zur möglicherweise zentralen Rolle der Mentalisierung in
der Kinderpsychotherapie entstanden sind (Fonagy u. Target, 1996a). Möglicherweise
ist diese Forschungslücke auf Unklarheiten bei der Erfassung der Mentalisierungsfähigkeit vor allem bei jungen Kindern zurückführbar. Zwar wurden bereits Versuche
unternommen, Aspekte der kindlichen Mentalisierungsfähigkeit zu erfassen (Fonagy,
Redfern et al., 1997; Fonagy, Steele, Steele, Holder, 1997; Hill et al., 2008; Juen, Schick,
Cierpka, Benecke, 2009), aber bisher ist die Vergleichbarkeit dieser Maße mit der RK
noch umstritten. Des Weiteren schließt sich angesichts des nachgewiesenen Zusammenhangs zwischen der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit und der Bindungsentwicklung (Fonagy et al., 1991) und sozialen Kognition des Kindes (Meins et al., 2002)
unmittelbar die Frage nach der Rolle der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit bei der
Wirksamkeit von Kinderpsychotherapie an. Da die RK zur Erfassung der Mentalisie-
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
799
rung bei Erwachsenen bereits in zahlreichen Studien validiert wurde und mittlerweile auch größere Untersuchungen zur Faktorstruktur und Test-Retest-Reliabilität des
Maßes vorliegen (Taubner, Hörz et al., 2013), bot sich die elterliche RK in der vorliegenden Studie als gut geeignet für eine erste Untersuchung in diesem Feld an.
In der Psychotherapieforschung bei Erwachsenen haben sich primär zwei mögliche
Wirkungsweisen der Mentalisierung auf den Psychotherapieprozess herauskristallisiert.
Auf der einen Seite erwies sich die RK vor Therapiebeginn als Prädiktor des Therapieerfolgs bzw. einer beschleunigten Verbesserung der psychischen Belastung oder des
psychosozialen Funktionsniveaus (Gullestad, Johansen, Høglend, Karterud, Wilberg,
2012; Müller, Kaufhold, Overbeck, Grabhorn, 2006; Taubner et al., 2011). Zum anderen
hat sich die RK zumindest in zwei von insgesamt vier Studien auch als Mediator des
Behandlungserfolgs von psychodynamischen Psychotherapien erwiesen (s. Katznelson,
2014). Symptomreduktionen scheinen somit bei psychodynamischen Verfahren indirekt durch eine Verbesserung der Mentalisierungsfähigkeit vermittelt zu werden.
Aufbauend auf dieser Studienlage soll in der vorliegenden Studie der Einfluss der
elterlichen RK auf die Wirksamkeit der von Göttken und von Klitzing (2014) entwickelten Psychoanalytischen Kurzzeittherapie (PaKT) für Kinder untersucht werden.
Diese manualisierte Therapieform hat sich bereits im Rahmen eines Ambulanzsettings mit Kindern mit diagnostizierten Angststörungen im Alter von 4-10 Jahren im
Vergleich zu einer Wartekontrollgruppe als wirksam erwiesen (Göttken, White, Klein,
von Klitzing, 2014). Symptomreduktionen ergaben sich dabei nachhaltig sowohl auf
der Ebene der internalisierenden Probleme als auch der komorbid auftretenden externalisierenden Probleme unmittelbar sowie sechs Monate nach Therapieende. Im Rahmen dieser Studie wurde die RK der Mütter mittels des PDIs vor und nach der Therapie erfasst und soll nun im Folgenden in Beziehung zum Therapieerfolg unmittelbar
nach der Therapie und im sechsmonatigen Follow-Up gesetzt werden. Da der Großteil der insgesamt 20-25 PaKT Sitzungen im Einzelsetting mit dem Kind einmal pro
Woche stattfand und nur circa fünf bis sechs Sitzungen auf die Elternarbeit entfielen,
konnte kein direkter Einfluss auf die elterliche RK erwartet werden. Bisherige Studien
hatten Veränderungen der RK nur nach höher-frequenten direkten Erwachseneninterventionen gezeigt (Levy et al., 2006). Eine mögliche Veränderung der mütterlichen
RK wurde dennoch explorativ untersucht. Weiterhin wurde im Einklang mit den oben
genannten Studien im Erwachsenenalter (Gullestad et al., 2012; Müller et al., 2006;
Taubner et al., 2011) eine Beziehung zwischen dem mütterlichen Ausgangswert der
RK vor PaKT und der Symptomveränderung des Kindes nach PaKT angenommen.
Im Vergleich zu Kindern von Müttern mit niedriger RK zu Therapiebeginn erwarteten
wir einen stärkeren Symptomrückgang bei Kindern, deren Mütter vor Therapiebeginn
eine hohe RK aufwiesen, da diese womöglich den Therapieerfolg besser unterstützen
und tolerieren können. Angesichts der deutlich klareren Evidenzbasis hinsichtlich
niedrigerer Mentalisierung bei externalisierenden Problemen wurde primär ein Zusammenhang mit einer Symptomreduktion der externalisierenden Komorbidität und
nur sekundär ein Effekt auf die internalisierende Hauptsymptomatik prädiziert.
800 T. Müller-Göttken et al.
2
Methode
2.1 Stichprobe
Siebenunddreißig Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren wurden an die kinder- und
jugendpsychiatrische Ambulanz der Universitätsklinik überwiesen. Um eingeschlossen zu werden, mussten die Kinder die Kriterien für eine Angststörung nach DSM-IV
erfüllen, die durch einen geschulten Interviewer (LOW) mittels des Preschool Age
Psychiatric Assessments (Egger u. Angold, 2004) diagnostiziert wurde (N = 30). In der
vorliegenden Untersuchung wurden ausschließlich Familien berücksichtigt, die PaKT
vollständig abgeschlossen hatten und bei denen sowohl ein PDI vor Therapiebeginn
als auch nach Therapieende vorlag (N = 25). Die Stichprobe bestand zu 40 % (n = 10)
aus Mädchen. Das Durchschnittsalter der Kinder betrug 7,04 Jahre (SD = 2,17).
2.2 Psychoanalytische Kurzzeitherapie (PaKT)
Die manualisierte Psychoanalytische Kurzzeittherapie (PaKT) für Kinder von vier
bis zehn Jahren (Göttken u. von Klitzing, 2008, 2011, 2014) umfasst fokaltherapeutische (Klüwer, 2005) sowie mentalisierungsbasierte Aspekte (Verheugt-Pleiter,
Zevalkink, Schmeets, 2008). PaKT findet im Rahmen von 20-25 psychotherapeutischen Sitzungen in wechselnden Settings (Therapeut-Eltern-Kind, Kind allein, Eltern allein) statt, in denen ein Beziehungsthema bearbeitet wird, das dem Symptom
zugrunde liegt. Aufbauend auf psychoanalytischen Therapiekonzepten werden zwei
Wirkfaktoren angenommen: Einerseits richtet die Therapie ihren Fokus auf eine
Veränderung der mentalen Repräsentationen und die damit verbundenen kognitiv-emotionalen Stile des Kindes. Andererseits zielen psychoanalytisch orientierte
Elternsitzungen darauf, die Einsicht der Eltern in psychische Zustände des Kindes,
also die Mentalisierung der Eltern bezüglich ihres Kindes zu fördern.
2.3 Instrumente
Parent Development Interview (PDI). Das Parent Development Interview (PDI; Slade,
Aber et al., 2005) ist ein semistrukturiertes Interview zur Erfassung der mentalen Repräsentationen eines Elternteils in Bezug auf das Kind, in Bezug auf sich selbst als Elternteil
und in Bezug auf ihre Beziehung zum Kind. Das PDI ist angelehnt an das Adult Attachment Interview (George et al., 1996), dient jedoch der direkten Erfassung reflexiver Prozesse der Eltern im Kontext der aktuellen Eltern-Kind-Beziehung anhand einer eigens
für das PDI adaptierten Reflexiven-Kompetenz-Skala (Slade, Bernbach et al., 2005). Die
Mütter wurden von zwei verschiedenen Interviewern vor und nach PaKT interviewt,
sodass beide Interviewer jede Mutter jeweils nur einmal interviewten.
In der vorliegenden Studie wurde das PDI nur mit den Müttern bzw. Pflegemüttern
durchgeführt, da 50 % der Kinder mit einer alleinerziehenden Mutter zusammen-
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
801
lebten und – da Väter wenig oder zu Beginn der Therapie oftmals gar keinen Kontakt
zu ihren Kindern hatten – die Mütter an den Untersuchungen teilnahmen. Alle PDI
Untersuchungen wurden auf Video aufgenommen, transkribiert und anschließend
von einer unabhängigen, reliablen und zertifizierten Raterin codiert. Die Kodiererin
war hinsichtlich der Forschungshypothesen, den Messzeitpunkten, sowie den Behandlungskonditionen (direkte Behandlungsgruppe vs. Wartekontrollgruppe) verblindet.
Das Training zur Durchführung des PDI mit entsprechender Reflexiver-Kompetenz
Scoring Methode wurde am Anna-Freud-Zentrum in London absolviert.
Reflexive Kompetenz-Skala (RK). Anhand der Narrative der Eltern – erhoben mittels
PDI – wird die RK des Elternteils anhand der für das PDI adaptierten RK-Skala (Slade,
Bernbach et al., 2005) von Fonagy und Kollegen (1998) nach vier zentralen Kriterien
kodiert: a) Wahrnehmung des Charakters mentaler Zustände, b) Fähigkeit, einen Bezug
zwischen Verhaltensebene und zugrundeliegenden mentalen Zuständen herzustellen,
c) Erkennen der Abhängigkeit mentaler Zustände vom Entwicklungsstand des Kindes
und d) Wahrnehmung und Bezug nehmen auf mentale Zustände und innerpsychische
Befindlichkeiten des Interviewers. Der Hauptunterschied zur mittels AAI erfassten RK
liegt dabei im Fokus des Interviews auf die aktuelle Eltern-Kind-Beziehung. Dies ermöglicht eine beziehungsspezifischere Erfassung der mütterlichen RK in Bezug auf das
Kind. Im Unterschied zum AAI spielen dabei zurückliegende Kindheitserfahrungen des
Interviewten eine weniger große Rolle. Darüber hinaus wird bei der Erfassung der RK
explizit die Fähigkeit des Elternteils, seinem Kind psychische Zustände gemäß des Entwicklungsstands zu unterstellen, gemessen (s. z. B. Kriterium c).
Die RK wird anhand einer reliablen und validen 11-stufigen Skala von -1 bis 9 kodiert
(Taubner, Hörz et al., 2013). Eine durchschnittliche bis hohe RK (4-9) wird vergeben,
wenn sich die Textpassagen durch ein hohes Ausmaß an Elaboriertheit, Originalität
und Perspektivenverschränkung auszeichnen. Die Narrative sollten daher die oben genannten Kategorien a) – d) enthalten und menschliches Verhalten mittels Zuschreibung
mentaler Zustände erklären. Da einige Fragen des PDI emotional belastende Themen
ansprechen, wird die Demonstration Reflexiver Kompetenz anhand schmerzhafter oder
belastender Themenkomplexe ausdrücklich mit einer hohen Wertung gewürdigt. Die
Wertungen 0-3 (niedrige oder abwesende RK) werden dann vergeben, wenn die interviewte Person eigenes oder fremdes Verhalten ohne Bezugnahme auf mentale Zustände
erklärt. Die Wertung -1 (negative RK) wird vergeben, wenn es sich bei den Äußerungen
des Untersuchten um dezidiert nicht-reflexive, feindselige oder bizarre Antworten handelt die auf nicht-integrierte oder fragmentierte RK hinweisen.
Child Behavior Checklist (CBCL). Die weitverbreitete und sehr gut validierte Child
Behavior Checklist (Achenbach, 1991; Achenbach u. Rescorla, 2003; Schmeck et al.,
2001) wurde vor und nach PaKT sowie zum sechsmonatigen Follow-Up durch die
Mütter ausgefüllt. Die CBCL umfasst 113 Items und generiert übergeordnete Skalen
zur Einschätzung der Gesamtprobleme, der externalisierenden und internalisierenden
Symptome sowie mehrere Subskalen (u. a. Aggressives Verhalten, Dissoziales Verhalten, Aufmerksamkeitsstörung, Angst/Depression, Sozialer Rückzug).
802 T. Müller-Göttken et al.
2.4 Datenanalyse
Zur Untersuchung unserer Fragestellungen wurden folgende statistische Verfahren
angewendet: Pearson Korrelationen sowie Varianzanalysen mit Messwiederholung.
3
Ergebnisse
3.1 Externalisierendes und internalisierendes Verhalten der Kinder sowie
Zusammenhang zwischen Reflexiver Kompetenz der Mütter und
Symptombelastung der Kinder
Die Mütter stuften internalisierendes Verhalten ihrer Kinder in 18 Fällen (72 %) als
auffällig, in 6 Fällen (24 %) als grenzwertig und in einem Fall (4 %) als unauffällig
ein. Des Weiteren wiesen vor der Behandlung 14 Kinder (56 %) einen auffälligen, 3
Kinder (12 %) einen grenzwertigen und 8 Kinder (32 %) einen unauffälligen Wert
für externalisierendes Verhalten auf. Die Korrelation zwischen internalisierenden
und externalisierenden Symptomen betrug in dieser Stichprobe vor der Therapie
(T1) r = .46 (p = .022), nach der Therapie (T2) r = .24 (p = .268) und zum Follow-Up
sechs Monate nach der Therapie (T3) r = .52 (p = .012).
Die Zusammenhänge zwischen der Ausprägung der Reflexiven Kompetenz der
Mütter vor und nach der Therapie und der Symptombelastung der Kinder (Pearson
Korrelationen), sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die mütterliche RK vor der Therapie korrelierte signifikant negativ mit externalisierenden Problemen zu T2 und T3 sowie mit
dem Gesamtproblemwert T3, das heißt, je höher die RK der Mütter vor der Therapie,
desto niedriger waren externalisierende Probleme und der Gesamtproblemwert nach
der Therapie ausgeprägt.
Tabelle 1: Zusammenhänge zwischen der Ausprägung der Reflexiven Kompetenz der Mütter vor und
nach der Therapie und der Symptombelastung der Kinder, Korrelationen nach Pearson
CBCL Internalisierend T1
CBCL Externalisierend T1
CBCL Gesamtproblemwert T1
CBCL Internalisierend T2
CBCL Externalisierend T2
CBCL Gesamtproblemwert T2
CBCL Internalisierend T3
CBCL Externalisierend T3
CBCL Gesamtproblemwert T3
PDI-RK T1
.03
-.10
-.18
.12
-.44*
-.37†
-.25
-.48*
-.53*
*p < .05, **p < .01,***p < .001, †p < .10
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PDI-RK T2
.03
-.06
-.14
.33
-.23
-.09
-.10
-.27
-.29
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
803
3.2 Prä-Post-Vergleiche Reflexive Kompetenz
Vor der Therapie betrug die RK der Mütter über ihr Kind im Mittel 4.64 (SD = 1.52).
Dies entspricht einem Gesamtwert, der etwas unterhalb des Rohwertes für eine
„eindeutige Reflexive Kompetenz“ (Wertung 5) liegt, aber vergleichbar mit Werten
gesunder Populationen ist (Taubner, Hörz et al., 2013). Nach der Therapie mit PaKT
betrug die RK der Mütter über ihr Kind im Mittel 4.60 (SD = 1.44). Die Pearson
Korrelation zwischen Prä- und Postwerten der RK betrug r = .77 (p < .001). Um den
möglichen Behandlungseffekt auf die RK der Mütter zu erfassen, wurde eine Varianzanalyse mit Messwiederholung (Prä, Post) gerechnet. Hierbei zeigte sich keine
signifikante Veränderung, F(1, 24) = 0.038; p = .846; ηP² = .002.
3.3 Zusammenhang von Reflexiver Kompetenz der Mütter und
Symptomreduktion der Kinder
Um zu überprüfen, ob ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung der RK der
Mütter vor der Therapie und dem Symptomrückgang der Kinder besteht, wurden für
die Symptomskalen des CBCL-Differenzwerte2 zwischen Post- und Prätherapie sowie
zwischen Follow-Up und Prätherapie-Zeitpunkten gebildet und mit dem Ausmaß der
RK der Mütter vor der Therapie korreliert. Hierbei wurden die Prätherapie-Werte jeweils von den Posttherapie- bzw. Follow-Up-Werten abgezogen. Je stärker demzufolge
die Abnahme der Symptome ausfiel, desto negativer sind die Differenzwerte.
Es konnte für die CBCL-Skalen Externalisierendes, Aggressives und Dissoziales
Verhalten eine negative Korrelation zwischen dem Ausmaß an RK der Mütter vor der
Therapie und der Symptomveränderung der Kinder nach PaKT ermittelt werden. Des
Weiteren wurde eine negative Korrelation zwischen der RK der Mütter und der Veränderung der CBCL-Skalen Externalisierendes und Dissoziales Verhalten sowie bei
der Gesamtauffälligkeit der Kinder nach dem Follow-Up verzeichnet. Das heißt, je
besser die Mütter zu Beginn der Therapie über ihr Kind reflektieren konnten, umso
ausgeprägter war der Rückgang des externalisierenden, aggressiven und dissozialen
Verhaltens nach PaKT sowie des externalisierenden und dissozialen Verhaltens und
der Gesamtauffälligkeit nach dem Follow-Up. Dieser Zusammenhang ließ sich für die
anderen CBCL-Symptomskalen nicht nachweisen (s. Tab. 2).
Um mögliche Interaktionseffekte zu testen, wurde zunächst die Gesamtstichprobe
mittels Median Split Methode in zwei Gruppen aufgeteilt: Mütter mit niedriger bis
durchschnittlicher RK (1-4) und Mütter mit durchschnittlicher bis hoher RK (5-9).
Vor der Therapie zeigten 11 Mütter (44,0 %) eine niedrige bis durchschnittliche RK,
während 14 Mütter (56 %) eine durchschnittliche bis hohe RK aufwiesen.
2 Die hier präsentierten Berechnungen wurden ebenfalls unter Verwendung von Regressionsresiduen anstelle der Differenzwerte durchgeführt. Dabei zeigte sich das gleiche Ergebnis, auch bei
gleichzeitiger Kontrolle von Geschlecht und Alter des Kindes.
804 T. Müller-Göttken et al.
Tabelle 2: Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Reflexiven Kompetenz der Mütter vor der
Therapie und dem Symptomrückgang der Kinder, Differenz T2-T1 (N = 25), Differenz T3-T1 (N = 22),
Korrelationen nach Pearson
CBCL Internalisierend
Minimum
Maximum
CBCL Sozialer Rückzug
Minimum
Maximum
CBCL Angst/Depression
Minimum
Maximum
CBCL Externalisierend
Minimum
Maximum
CBCL Aggression
Minimum
Maximum
CBCL Dissozialität
Minimum
Maximum
CBCL Aufmerksamkeit
Minimum
Maximum
CBCL Gesamtprobleme
Minimum
Maximum
Differenz
T2-T1 M (SD)
-6.50 (7.05)
-22
5
-20.63 (3.02)
-10
2
-3.13 (4.60)
-11
6
-3.92 (5.06)
-12
7
-3.29 (4.09)
-11
6
-0.63 (1.61)
-4
2
-0.71 (2.16)
-5
3
-16.13 (13.62)
-44
7
r
.02
-.02
.09
-.56**
-.51*
-.47*
-.09
-.19
Differenz
T3-T1 M (SD)
6.05 (6.80)
-5
22
-2.91 (2.47)
-7
2
-4.36 (4.61)
-15
7
-3.86 (8.66)
-17
22
-3.27 (7.23)
-14
19
-0.59 (1.82)
-4
3
-0.64 (2.50)
-5
4
-17.73 (15.81)
-49
10
r
-.30
-.23
-.38†
-.45*
-.42*
-.50*
-.29
-.47*
*p < .05, **p < .01,***p < .001, †p < .10
Pro Symptombereich wurde nun eine univariate Varianzanalyse mit dem Zeitpunkt
(Prä, Post bzw. Prä, Follow-Up) als Innersubjektfaktor und Gruppenzugehörigkeit
(niedrige bis durchschnittliche RK versus durchschnittliche bis hohe RK) als Zwischengruppenfaktor gerechnet. Für die CBCL-Skalen Externalisierende Probleme
und Aggressives Verhalten ergaben sich signifikante Interaktionseffekte (Gruppenzugehörigkeit x Zeitpunkt), sowohl für Prä-Post- als auch für Prä-Follow-UpVergleiche. Die Gruppe der Kinder, deren Mütter vor der Behandlung mit PaKT
ein durchschnittliches bis hohes Ausmaß an RK aufwiesen, zeigte einen stärkeren
Symptomrückgang nach der Therapie, als Kinder, deren Mütter eine niedrige bis
durchschnittliche RK besaßen. Dieser Effekt konnte nicht für andere Symptomskalen des CBCL nachgewiesen werden (s. Tab. 3).
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
805
Tabelle 3: Symptomrückgang (CBCL) von T1 zu T2 und von T1 zu T3 der Kinder in den verschiedenen Gruppen von Müttern mit niedriger bis durchschnittlicher („RK niedrig“) oder durchschnittlicher bis hoher („RK hoch“) Reflexiver Kompetenz
Internalisierend
RK niedrig
RK hoch
Sozialer Rückzug
RK niedrig
RK hoch
Angst/Depression
RK niedrig
RK hoch
Externalisierend
RK niedrig
RK hoch
Aggression
RK niedrig
RK hoch
Dissozialität
RK niedrig
RK hoch
Aufmerksamkeit
RK niedrig
RK hoch
Ges. problemwert
RK niedrig
RK hoch
Prä (T1)
Post (T2)
M (SD)
M (SD)
Follow-Up
T3
M (SD)
17.50 (9.18)
17.64 (9.04)
10.00 (5.38)
11.86 (5.17)
10.70 (7.69)
8.50 (5.28)
6.50 (3.56)
6.36 (3.27)
3.80 (2.74)
3.79 (2.75)
4.00 (3.13)
2.92 (2.50)
9.80 (7.21)
9.64 (4.92)
5.50 (3.72)
7.36 (3.23)
6.00 (4.76)
4.33 (3.17)
18.20 (11.91) 17.50 (9.70)
17.50 (9.70) 9.64 (5.53)
17.60 (9.68)
6.92 (6.24)
15.30 (9.35)
13.50 (6.61)
14.70 (7.56)
8.29 (4.46)
14.90 (8.58)
6.00 (5.17)
2.90 (2.89)
2.36 (2.27)
2.80 (2.30)
1.36 (1.34)
2.70 (1.64)
0.92 (1.24)
7.40 (2.88)
4.57 (2.93)
6.80 (3.43)
3.79 (2.83)
7.90 (4.51)
3.00 (3.30)
Zeit
Prä-Post
F
p
ηP²
0.34 .569 .015
Zeit
Prä-Follow-Up
F
p
ηP²
0.36 .560 .018
22.00 .921 .000 0.03
.855 .002
1.13
.300 .049 0.97
.336 .046
9.50
.005 .302 5.70
.027 .222
10.48 .004 .323 5.83
.026 .226
1.89
.183 .079 2.89
.105 .126
0.04
.841 .002 1.20
.286 .057
0.24
.632 .011 2.69
.116 .119
57.40 (25.74) 42.90 (20.80) 44.80 (20.85)
47.14 (20.81) 29.81 (11.81) 22.08 (13.38)
ANOVA, df = 24 (T1-T2), df = 21 (T1-T3)
4
Diskussion
Die vorliegende Studie konnte die elterliche RK als Prädiktor des Psychotherapieerfolgs im Rahmen der Psychoanalytischen Kurzzeittherapie für Kinder (PaKT; Göttken u. von Klitzing, 2014) teilweise bestätigen. Zwar wurde im Vergleich zu Kindern
mit Müttern, die eine niedrigere RK aufwiesen, keine stärkere Reduktion der internalisierenden Hauptsymptomatik als bei Kindern, deren Mütter eine höhere RK
zeigten, dokumentiert. Jedoch ergab sich beim Vergleich der beiden Gruppen eine
deutlich stärkere Verbesserung der komorbiden externalisierenden Symptomatik,
vor allem im Hinblick auf aggressives Verhalten sowohl unmittelbar nach Thera-
806 T. Müller-Göttken et al.
pieende als auch im sechsmonatigen Follow-Up. Diese Ergebnisse konnten auch
mittels signifikanter negativer Korrelationen zwischen der elterlichen RK vor Therapiebeginn und (1.) der Prä-post Veränderung des externalisierenden, aggressiven
und dissozialen Verhaltens und (2.) der Prä-Follow-Up Veränderung des externalisierenden und dissozialen Verhaltens sowie der Gesamtauffälligkeit belegt werden.
Es konnte keine Verbesserung der RK der Mütter nach der Behandlung mit PaKT
nachgewiesen werden. Die im Rahmen von PaKT durchgeführten 5-6 Sitzungen Elternarbeit zeigen somit hinsichtlich einer Verbesserung der Mentalisierung der Mütter über ihr Kind keinen nachweisbaren Effekt. Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen
Befunden, die keine signifikanten Veränderungen der RK durch Kurzzeit-Interventionen nachweisen konnten (s. Katznelson, 2014). Bislang konnten Verbesserungen
der RK nur in direkten, längeren und intensiveren Interventionen mit erwachsenen
Patientenpopulationen nachgewiesen werden (Levy et al., 2006; Rudden et al., 2006).
Da es einen Zusammenhang zwischen Mentalisierungsfähigkeit und Strukturniveau
eines Individuums gibt (Müller et al., 2006) ist anzunehmen, dass eine nachhaltige
Veränderung der Mentalisierung – ebenso wie strukturelle Veränderungen – einer
längerfristigen und intensiveren Intervention bedürfen.
Der differenzielle Effekt des elterlichen RK-Ausgangswerts auf die Verbesserung der
externalisierenden Symptomatik des Kindes nach PaKT befindet sich im Einklang mit
der Literatur zur zentralen Rolle der Mentalisierung bei externalisierenden psychiatrischen Krankheitsbildern (Hill et al., 2007; Levinson u. Fonagy, 2004; Möller et al., 2014;
Taubner, White et al., 2013). Die aktuellen Befunde erweitern dieses Feld, indem sie andeuten, dass sich eine hohe elterliche RK positiv auf die Behandlung externalisierender
Symptome auswirken könnte. Zugleich scheint mittels PaKT die Behandlung internalisierender Symptomatik größtenteils unabhängig von der elterlichen RK zu gelingen.
Diese Ergebnisse könnten durch eine Reihe von Mechanismen erklärt werden, die
in künftigen Untersuchungen einer empirischen Prüfung zugeführt werden sollten.
Zunächst weist dieser Befund darauf hin, dass Mütter mit einem hohen Ausmaß an
RK vor der Therapie das Interventionsangebot PaKT möglicherweise besonders gut
für sich nutzen konnten. Wie bereits durch Wirksamkeitsstudien mit Erwachsenen
angedeutet wurde (Taubner et al., 2011), könnte eine hohe RK die Entwicklung der
therapeutischen Allianz mit den Eltern begünstigen, sodass sich der positive Einfluss
von PaKT auf externalisierende Probleme über die Eltern besser entfalten kann. Möglicherweise konnten diese Mütter die Kindinterventionen der Therapeuten im Rahmen von PaKT besonders gut aufnehmen und unterstützen. Angesichts der großen
Bedeutung des Einbezugs von Eltern im Falle von Behandlungen externalisierender
Störungsbilder im frühen Kindesalter (Eyberg, Nelson, Boggs, 2008), unterstreicht
dieses Ergebnis ebenfalls die Bedeutsamkeit der Eltern im Falle der Behandlung von
externalisierenden Symptomen mittels PaKT. PaKT-Therapeuten könnten mit der
Unterstützung von Eltern mit hoher RK externalisierende Kinder hinsichtlich der psychischen Konsequenzen ihrer aggressiven Handlungen für andere sensibilisieren und
somit eine Reduktion externalisierender Verhaltensweisen bewirken.
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
807
Im Umkehrschluss weist dieses Ergebnis gleichzeitig darauf hin, dass im Falle einer
niedrigen elterlichen RK bei der Behandlung externalisierender Symptomatik mittels
PaKT eine Anpassung der Verfahrensweise der Therapeuten angezeigt sein könnte.
Insbesondere Mütter, die vor der Behandlung mit PaKT ein niedriges Ausmaß an RK
aufweisen, sollten ergänzende Interventionsangebote bekommen. Diese Flexibilität in
der Vorgehensweise ist bereits im PaKT-Manual angelegt, sodass bei Bedarf Elternsitzungen vorgeschaltet werden können, die unter anderem eine Verbesserung der
elterlichen Mentalisierungsfähigkeit zum Ziel haben (Göttken u. von Klitzing, 2014).
Eine zusätzliche Erweiterung des Elternmoduls von PaKT um strukturbezogene psychotherapeutische Techniken im Sinne der Techniken der Mentalisierungsbasierten
Psychotherapie sollte in Erwägung gezogen werden. Weiterhin könnte insbesondere
in Fällen schwerwiegender elterlicher Psychopathologie auch ein Rückgriff auf längerfristige direkte Interventionen mit den Eltern erfolgen, die nachgewiesenermaßen die
elterliche RK verbessern (Levy et al., 2006; Rudden et al., 2006).
Andererseits könnte eine hohe RK auf eine weniger refraktäre und weniger persistente externalisierende Störung der Kinder selbst hinweisen, die eine Behandlung
mit PaKT begünstigt haben könnte. Da elterliche soziale Kognition bereits mehrfach
als Prädiktor der kindlichen sozialen Kognition impliziert wurde (Fonagy, Steele et
al., 1997; McQuaid, Bigelow, McLaughlin, MacLean, 2008; Meins et al., 2002), ist es
denkbar, dass die elterliche RK als Proxy für die kindliche soziale Kognition dienen
und somit Letztere für die Ergebnisse ausschlaggebend sein könnte. Zugleich könnte
ebenfalls eine hohe mütterliche RK die Sensibilität der Mütter bezüglich externalisierender Symptome ihres Kindes verstärken, sodass sowohl Auffälligkeiten als auch
Veränderungen dieser Auffälligkeiten besser wahrgenommen werden können.
Der Befund, dass der soeben diskutierte positive Zusammenhang zwischen Reflexiver Kompetenz und Symptomrückgang nur in Bezug auf externalisierendes, aggressives und dissoziales Verhalten sowie die Gesamtauffälligkeit, nicht aber hinsichtlich
internalisierender Symptome gefunden werden konnte, könnte dahingehend interpretiert werden, dass die Prognose der Behandlung von internalisierenden Symptomen
mit PaKT gut ist, auch wenn die Eltern nicht gut über ihr Kind reflektieren können.
Eine eingeschränkte Mentalisierungsfähigkeit der Eltern ist somit kein Prädiktor für
einen negativen Therapieerfolg bei internalisierenden Symptomen. Möglicherweise
wirkt sich PaKT auf internalisierende Symptome weniger über die mentalisierungsfördernde Elternarbeit innerhalb der fünf bis sechs Elternsitzungen aus, als über kindzentrierte Interventionen im Rahmen der Einzelsitzungen mit dem Kind.
4.1 Limitationen
Aufgrund der Stichprobengröße und des Studiendesigns ist auf die Vorläufigkeit dieser
Ergebnisse hinzuweisen. So könnte sich die elterliche RK in größeren Untersuchungen
noch als Prädiktor der Behandlung (spezifischer) internalisierender Symptome erweisen.
Da sich hochfrequente psychodynamische Verfahren erwiesenermaßen besser zur Be-
808 T. Müller-Göttken et al.
handlung externalisierender Symptome eignen (Fonagy u. Target, 1996b), wäre es darüber hinaus möglich, dass mittels einer höher-frequenten Form von psychodynamischer
Psychotherapie als PaKT externalisierende Symptome bei Kindern von Eltern mit niedriger RK ebenfalls erfolgreich behandelt werden können. Des Weiteren bildeten klinisch
relevante internalisierende Störungen in der vorliegenden Studie das Einschlusskriterium, was zur Folge hatte, dass Kinder nur zum Teil klinisch relevante externalisierende
Probleme zeigten und wenn diese vorlagen, dann ausschließlich in komorbider Form. Es
bleibt daher abzuwarten, ob sich die vorliegenden Effekte ebenfalls auf Stichproben mit
ausschließlich klinisch relevanten sowie reinen externalisierenden Störungen generalisieren lassen. Des Weiteren konnte mittels dieses Studiendesigns zwar eine Prädiktion
jedoch kein Moderationseffekt nachgewiesen werden, da die Effekte nicht innerhalb einer Kontrollgruppe untersucht wurden. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass
eine höhere mütterliche RK bei Kindern zunächst nur die Spontanremission der externalisierenden Symptomatik begünstigt. Da die Stabilität externalisierender Symptome
bekanntermaßen in Abhängigkeit des Schweregrads variiert (Loeber, Burke, Lahey,
Winters, Zera, 2000), wäre auch hier eine Untersuchung an ausschließlich klinisch relevanten externalisierenden Störungen sinnvoll. Zudem ist es möglich, dass sich die Höhe
der mütterlichen RK auf die Einschätzung der kindlichen externalisierenden Symptome
auswirkt, beispielsweise dass Auffälligkeiten und ihre Veränderungen bei hoher RK besser wahrgenommen werden. Dies konnte in dem vorliegenden Design ebenfalls nicht
kontrolliert werden und bedarf der weiteren Forschung.
Fazit für die Praxis
Diese Studie liefert erste Hinweise auf die Bedeutung der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit für die Wirksamkeit und Umsetzung von psychodynamischen Kurzzeittherapien im Kindesalter. Die aktuellen Befunde weisen darauf hin, dass sich eine hohe
elterliche RK positiv auf die Behandlung kindlicher externalisierender Symptome auswirkt. Möglicherweise begünstigt eine hohe RK die Entwicklung der therapeutischen
Allianz mit den Eltern, sodass sich der positive Einfluss von PaKT auf externalisierende Symptome über die Eltern besser entfalten kann. Gleichzeitig scheint die Behandlung internalisierender Symptomatik mittels PaKT unabhängig von der elterlichen RK
zu gelingen. Wir schließen daraus, dass insbesondere Mütter, die ein niedriges Ausmaß an RK aufweisen, vor Beginn der Behandlung des Kindes mit PaKT besondere
ergänzende Interventionsangebote bekommen sollten. Um die RK der Eltern vor Therapiebeginn eindeutig als ein Indikationskriterium für unterschiedliche psychotherapeutische Herangehensweisen bei Störungen im Kindesalter zu belegen, sind Folgeuntersuchungen nötig. Die gründliche Erforschung von Indikationskriterien trägt der
Frage „What works for whom?“ Rechnung (Fonagy, Target, Cottrell, Phillips, Kurtz,
2005), und könnte letztlich den Übergang zu einer evidenzbasierten Personalisierung
der psychotherapeutischen Versorgung einläuten.
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Reflexive Kompetenz der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs������
809
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Tanja Müller-Göttken, Lars O. White, Kai von Klitzing und Annette M. Klein, Klinik und Poliklinik für
Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, Universität Leipzig
Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch
kranker Kinder im Vorschulalter und ihrer Eltern in einer
Familientagesklinik
Christian Postert, Sandra Achtergarde, Ida Wessing, Georg Romer, Tilman Fürniss,
Marlies Averbeck-Holocher und Jörg M. Müller
Summary
Multiprofessional Intermittent Psychiatric Treatment of Children in Preschool Age and their
Parents in a Family Day Clinic
Psychiatric treatment of children in preschool age (0-6 years) and their parents is an expanding field of research due to its high clinical significance. Specific family psychiatric treatment
programs have been developed to meet the demands of this young age group, but are little
known. A multiprofessional intermittent treatment approach sensitive to developmental and
family context has been established in the Preschool Family Day Hospital for Infants, Toddlers and Preschoolers and their Families at Münster University Hospital, Germany. Group
and individual therapeutic interventions for both children and parents, video-based parentchild-interaction therapy, psychiatric and psychotherapeutic treatments of parents and family
therapeutic interventions integrating siblings are supporting and enhancing each other in an
innovative and integrated family psychiatric program. First results of evaluation studies are
reported that show that this treatment is effective.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63/2014, 812-830
Keywords
Family Day Hospital – preschool age – program description
Zusammenfassung
Aufgrund der großen klinischen Relevanz entwickelt sich die Behandlung psychisch kranker Kinder im Vorschulalter (0-6 Jahre) und ihrer Eltern mehr und mehr zu einem intensiv
beforschten Arbeitsfeld. Familienpsychiatrische Angebote berücksichtigen die besonderen
Herausforderungen dieses frühen Lebensalters, sind aber noch wenig bekannt. In der Familientagesklinik für Vorschulkinder der Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und
-psychotherapie des Universitätsklinikums Münster erfolgt eine multiprofessionelle entwicklungs- und familienorientierte Intervallbehandlung. Im Rahmen eines innovativen familienpsychiatrischen multimodalen Ansatzes ergänzen sich Gruppen- und Einzelbehandlungen
der Kinder und ihrer Eltern, videogestützte Therapie der Eltern-Kind-Interaktionen, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung der Eltern sowie familientherapeutische
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 812 – 830 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
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Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch kranker Kinder������
813
Interventionen unter Einbezug weiterer Geschwister in einem integrierten Modell. Erste Evaluationsstudien, die die Wirksamkeit belegen, werden berichtet.
Schlagwörter
Familientagesklinik – Vorschulalter – Behandlungskonzept
1
Hintergrund
Die Behandlung psychisch kranker Kinder im Vorschulalter (0-6 Jahre) und ihrer
Eltern entwickelt sich aufgrund der großen klinischen Relevanz zu einem intensiv
beforschten Arbeitsfeld (Egger u. Angold, 2006; Romer, 2011). Studien aus den USA
weisen bei 14-25 % aller Kleinkinder (2-5 Jahre) auf klinisch relevante psychische
Störungen mit hoher Persistenz hin (Bufferd, Dougherty, Carlson, Rose, Klein, 2012;
Egger u. Angold, 2006). Die Ergebnisse der Fragebogenstudie des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts scheinen diese Daten
für deutsche Verhältnisse zu bestätigen: Hier liegen 15,8 % der Jungen und 10,6 %
der Mädchen zwischen drei und sechs Jahren im psychisch auffälligen Bereich oder
im Grenzbereich hierzu (Bundesgesundheitsblatt, 2007). Verschiedene Fachgesellschaften haben den großen aktuellen Bedarf an differenzierten Behandlungskonzepten erkannt und kooperativ Leitlinien zu psychischen Störungen im Säuglings-,
Kleinkind- und Vorschulalter entwickelt (von Gontard, Möhler, Bindt, im Druck).
In der Praxis werden psychische Störungen im Vorschulalter oft noch nicht adäquat
erkannt und behandelt, da es für diese Altersstufe bisher an diagnostischen Kategorien und Instrumenten sowie an altersadäquaten Therapiekonzepten mangelt
(Postert, Averbeck-Holocher, Beyer, Müller, Fürniss, 2009; Tse, 2006).
Eltern wird eine zentrale Rolle bei der psychiatrischen Behandlung von Kindern im
Vorschulalter zugewiesen. Zugrunde liegt die Auffassung, dass ein Mangel an elterlicher
Sensitivität oder emotionaler Verfügbarkeit zur emotionalen Dysregulation des Kindes
und zur Symptombildung beiträgt (Gloger-Tippelt, Koenig, Zweyer, Lahl, 2007; Wiefel
et al., 2005). Empirisch wird der große elterliche Einfluss auf die psychische Gesundheit der Kinder durch Studien zur Eltern-Kind-Beziehung und -Bindung (Dallaire u.
Weinraub, 2007), zu den Wechselwirkungen von elterlicher und kindlicher psychischer
Gesundheit (Manning u. Gregoire, 2006) und zu den neurobiologischen Auswirkungen
gelingender und misslingender Eltern-Kind-Beziehungen (Swain, Lorberbaum, Kose,
Strathearn, 2007) gestützt. Die Dringlichkeit frühzeitig beginnender Behandlungen
wird durch neurobiologische Studien zur Hirnentwicklung unterstrichen, die auf die
frühe Empfänglichkeit des kindlichen Hirns sowohl für schädliche als auch für protektive Einflüsse hinweisen (Teuchert-Noodt u. Lehmann, 2003).
Verschiedene kinder- und jugendpsychiatrische Institutionen haben familienpsychiatrische Ansätze entwickelt, um Eltern an zentraler Stelle in die Behandlung ihres
814 C. Postert et al.
psychisch kranken Kleinkindes zu integrieren (Pollet, Bamforth, Collins, 2000). Auf
der einen Seite kann sich elterliches Erziehungsverhalten positiv oder negativ auf
die Symptomatik der Kinder auswirken; auf der anderen kann die Symptomatik
der Kinder Auswirkungen haben auf das elterliche Erziehungsverhalten oder die
psychische Gesundheit der Eltern (Romer, 2011). Familientagesklinische Behandlungskonzepte adressieren beide Beziehungspartner und versuchen, die Vorteile
ambulanter und stationärer Behandlungsansätze zu integrieren: Sowohl die Eltern
als auch die Kinder können an intensiven multimodalen Therapieprogrammen im
klinischen Setting teilnehmen, ohne dass die Kinder von ihren Familien getrennt
werden. Erste Studien weisen auf die Wirksamkeit kinderpsychiatrischer familientagesklinischer Behandlungsansätze hin (z. B. Müller et al., im Druck; Scholz, Asen,
Gantchev, Schell, Süß, 2002).
In Europa begann die Entwicklung familientagesklinischer Ansätze in den 1960ern
in den Niederlanden (Piorkowski-Wühr, 1986) und setzte sich in England, Schweiz
und Norwegen fort (Furniss et al., 2013). In Abgrenzung zu Mutter-Kind-Behandlungseinheiten in psychiatrischen Kliniken, die primär elterliche Erkrankungen wie
postpartale Depressionen oder Psychosen behandeln, sind hier die Kinder mit ihren
psychischen Erkrankungen die Indexpatienten. Die erste deutsche Familientagesklinik für Vorschulkinder (0-6 Jahre) wurde 1997 an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie am Universitätsklinikum Münster
eingerichtet; englischsprachige Beschreibungen des multimodalen Therapiekonzepts
und erster Evaluationsergebnisse finden sich in Furniss et al. (2013) und Müller et
al. (im Druck). Die Münsteraner Familientagesklinik für Vorschulkinder bietet zehn
Behandlungsplätze für Kinder. Ein oder beide Elternteile sind obligatorisch als Begleitpersonen oder, bei eigener psychischer Erkrankung, als erwachsene Patienten in
den Behandlungsprozess intensiv eingebunden. Dabei erfolgt eine enge Kooperation
mit den Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Psychosomatik und
Psychotherapie des Universitätsklinikums Münster.
2
Rahmenbedingungen der Familientagesklinik für Vorschulkinder
2.1 Intervallbehandlung
Die Behandlung in der Familientagesklinik findet für die Familien an zwei respektive drei Tagen pro Woche statt. Eine Patientengruppe wird so montags und dienstags, eine andere Patientengruppe mittwochs, donnerstags und freitags behandelt
und verbringt jeweils den Rest der Woche im gewohnten Umfeld. Auf diese Weise
erhalten die Patienten und ihre Familien an zwei respektive drei Tagen pro Woche
intensive therapeutische Interventionen in Kombination mit längeren Erprobungsphasen, in denen therapeutisch induzierte Veränderungen im häuslichen Umfeld, in
Kindertagestätten oder Spielgruppen umgesetzt und erprobt werden können.
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Therapeutische Veränderungen brauchen in Familien oft Zeit. Die Gesamtbehandlungsdauer bei einer Intervallbehandlung ist länger als bei einer üblichen tagesklinischen Behandlung: Während sich z. B. 30 Behandlungstage im herkömmlichen tagesklinischen Setting mit 5 Behandlungstagen/Woche über eine Gesamtbehandlungsdauer
von 6 Wochen erstrecken, entsprechen 30 Behandlungstage im familientagesklinischen
Setting in Münster bei 2 Behandlungstagen/Woche einer Gesamtbehandlungsdauer von
15 Wochen. Eine Intervallbehandlung gibt den Familien also eine oft dringend notwendige längere Gesamtbehandlungsdauer, um die intensiven therapeutischen Impulse in
ihre Lebenswirklichkeit umzusetzen, zu erproben und in weitere Kontexte zu generalisieren. Studien zeigen, dass Kinder effektiver lernen, wenn der therapeutische Input
sich über längere Zeiträume unter Einschluss behandlungsfreier Intervalle verteilt (Ambridge, Theakston, Lieven, Tomasello, 2006). Die Intervallbehandlung sichert zusätzlich
eine hohe ökologische Validität. Der regelmäßige Rhythmus aus Behandlungstagen und
Erprobungstagen ermöglicht den Kindern und ihren Familien, therapeutisch induzierte
Veränderungen zu verarbeiten und zu integrieren, auf andere Kontexte zu übertragen, in
das Alltagsleben zu transferieren und ihre Sozialkontakte aufrechtzuerhalten. Die Therapeuten überprüfen den Behandlungserfolg, indem sie regelmäßig die Auswirkungen
der Behandlung auf die Symptomatik der Kinder z. B. in der Kindertagesstätte und im
häuslichen Kontext erfassen und zeitnah die Therapieplanung anpassen.
2.2 Zusammensetzung des multiprofessionellen Teams
Die Familientagesklinik wird oberärztlich geleitet und supervidiert. Zu den weiteren
Mitarbeitern des multiprofessionellen Teams gehören eine Assistenzärztin, ein Psychologe oder eine heil- bzw. sozialpädagogische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, ein Motopäde, eine Ergotherapeutin und drei Fachkräfte für Gesundheits- und
Kranken- bzw. Kinderkrankenpflege mit entsprechenden Fortbildungen. Wöchentliche
Fallbesprechungen finden mit dem Direktor der Klinik statt. Nach der Entlassung der
Familien werden regelmäßige ambulante Wiedervorstellungstermine mit den Therapeuten der Familientagesklinik zur weiteren Kontrolle des Verlaufs vereinbart.
2.3 Aufnahmekriterien für Kinder
Alle überwiesenen Kinder erhalten in der Klinikambulanz eine umfassende kinderpsychiatrische Diagnostik, um den Schweregrad der Symptomatik und die
Indikation für eine ambulante oder tagesklinische Behandlung zu überprüfen.
Kontraindikationen für eine familientagesklinische Aufnahme sind tiefgreifende
Entwicklungsstörungen wie Autismus und geistige Behinderung. Haben die Indexpatienten Geschwister im Vorschulalter, können diese – bei entsprechender Symptomatik – ebenfalls als Patienten oder aber als begleitende Familienmitglieder an
der kompletten Behandlung teilnehmen und so zur ökologischen Validität des Behandlungssettings beitragen (Modry-Mandell, Gamble, Taylor, 2007).
816 C. Postert et al.
2.4 Aufnahmekriterien für Eltern
Eltern nehmen an der Behandlung als Begleitpersonen oder als eigene psychiatrische
Patienten teil, sofern sie nicht an akuten Psychosen, schweren Suchterkrankungen
oder akuter Suizidalität mit der Notwendigkeit einer eigenen stationären Behandlung leiden. Bei akuten psychiatrischen Notfällen können Eltern in der benachbarten Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie aufgenommen werden. Stellen sie
für sich selbst und andere keine akute Gefahr mehr dar, können sie wieder an der
Behandlung ihrer Kinder partizipieren. Bei Bedarf können beide Elternteile oder
andere bedeutsame Bezugspersonen der Kinder an vereinbarten Tagen abwechselnd
oder gleichzeitig an allen therapeutischen Behandlungseinheiten teilnehmen.
3
Diagnostik
3.1 Kinderpsychiatrische Diagnostik
Im Rahmen des ersten Zwei- respektive Drei-Tages-Behandlungsblocks findet eine
intensive videobasierte Diagnostik der Symptomatik des Kindes im Kontext der
Eltern-Kind-, Therapeuten-Kind- und Kind-Kind-Interaktionen statt. Hierzu gehören strukturierte und unstrukturierte Spielsituationen mit den Eltern, Geschwistern,
anderen Kindern oder Mitarbeitern und das Spiel alleine, Trennungen und Wiedervereinigungen mit Bindungspersonen sowie Mahlzeiten und andere Aktivitäten des
täglichen Lebens. Videoaufnahmen signifikanter Interaktionen dienen als wichtiges
diagnostisches und therapeutisches Instrument, z. B. im Rahmen von VideofeedbackGesprächen (Papoušek u. de Chuquisengo, 2006; Phaneuf u. MacIntyre, 2007), und
werden im Rahmen der ersten Fallbesprechung vom ganzen Behandlungsteam diskutiert und bewertet. Im Rahmen einer klinischen Konsensentscheidung erstellt das
multiprofessionelle Team den psychopathologischen Befund des Kindes. Darüber
hinaus werden schriftliche Informationen aus den Kindertagesstätten der Patienten
eingeholt oder die Erzieherinnen in die Familientagesklinik eingeladen, um die Symptomatik des Kindes in verschiedenen Kontexten zu explorieren. Bei Bedarf wird in
Kooperation mit den Kliniken für Pädiatrie, Kindernephrologie, Pädaudiologie oder
dem Institut für Humangenetik zusätzliche medizinische Diagnostik veranlasst.
3.2 Elterliche psychiatrische Diagnostik
Alle Eltern mit eigenem psychiatrischen Patientenstatus erhalten eine intensive
psychiatrische und biografische Anamnese inklusive einer medizinischen Untersuchung. Zusätzliche psychiatrische, neurologische und andere medizinische Untersuchungen sowie Behandlungen werden in enger Kooperation mit den anderen
Kliniken des Universitätsklinikums Münster durchgeführt.
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3.3 Bindungs- und Beziehungsdiagnostik
Das Behandlungsteam bewertet die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung zum Zeitpunkt der Aufnahme und der Entlassung mit der Parent Infant Relationship-Global
Assessment Scale (PIR-GAS; Zero to Three, 2005) und der Relationship Problems
Checklist (RPCL; Zero to Three, 2005). Die erste Skala umfasst eine Quantifizierung
der Schwere der Beziehungsstörung, die zweite eine Typologie verschiedener Qualitäten von Beziehungsstörungen. Bei Bedarf und entsprechendem Alter wird der
kindliche Bindungstyp anhand der Fremden Situation nach Ainsworth (Ainsworth,
Blehar, Waters, Wall, 1978) erhoben.
4
Therapeutische Instrumente
Im multiprofessionellen Team erfolgt eine diagnostische Gesamteinschätzung der
Symptomatik des Kindes sowie aufrechterhaltender Faktoren auf der Ebene des
Kindes, der Eltern, der Eltern-Kind-Interaktionen, des Familiensystems und des
weiteren sozialen Umfeldes. Hieraus wird eine differenzierte Behandlungsplanung
für alle Therapiebereiche erarbeitet und mit den Eltern in Form hierarchisierter
Behandlungsziele operationalisiert. Regelmäßig werden die Symptomatik des Kindes und die elterlichen Faktoren, die die Symptomatik des Kindes aufrechterhalten,
erneut eingeschätzt, um den Behandlungsplan flexibel anzupassen. Im Verlauf der
Behandlung erfolgt alle sechs Wochen eine erneute Fallbesprechung im multiprofessionellen Team, das unter Auswertung neuer Videoaufnahmen und zusätzlicher
Diagnostik eine Bewertung und Steuerung des Behandlungsverlaufs unter Integration der Perspektiven aller beteiligter Professionen ermöglicht. In besonderem Maße
fließen die Erfahrungen zur therapeutischen Entwicklung der Kinder an den Erprobungstagen ein, die durch die Eltern im häuslichen Umfeld sowie durch die Erzieherinnen in den Kindertagesstätten gemacht werden. Innerhalb eines strukturierten
Tagesablaufes ergänzen sich verschiedene Therapieelemente zu einem integrierten
multimodalen Therapiekonzept (s. Abb. 1).
Diese Struktur schafft für Kinder und Eltern eine Erwartbarkeit therapeutischer
Maßnahmen, bleibt aber flexibel genug, um individuelle diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu ermöglichen (Schlüter-Müller u. Arbeitlang, 1995). Zahlreiche
Übergaben im Tagesablauf sichern im multiprofessionellen Team einen guten Informationsfluss in der Therapiesteuerung und eine enge Verschränkung der Interventionen der Behandler.
Der multimodale diagnostische und therapeutische Ansatz der Familientagesklinik
für Vorschulkinder kann anhand einer Erweiterung von Daniel Sterns (1995, 2004)
Ansatz der „Eintrittspforten“ (ports of entry) visualisiert werden (s. Abb. 2), der mögliche diagnostische und therapeutische Interventionen in die Familien psychisch kranker Kinder im Vorschulalter beschreibt (Sameroff, 2004; Stern, 1995, 2004). Dieser
818 C. Postert et al.
Ansatz unterscheidet zwischen therapeutischen Interventionen auf der Ebene interner
elterlicher Repräsentanzen wie individuellen Einstellungen, Ängsten und Überzeugungen, und Interventionen auf der Verhaltensebene im Kontext sichtbarer Interaktionen zwischen Personen, so z. B. Füttern, Spielen, Grenzsetzungen, Trösten etc.
Die therapeutischen Interventionen in der Familientagesklinik für Vorschulkinder in
Münster nutzen beide Ebenen, indem sie in einem integrierten Konzept gleichzeitig
auf das Kind, den Elternteil, die Eltern-Kind-Dyade, die Elterndyade, das Familiensystem, die Kindergruppe und die Elterngruppe fokussieren (s. Abb. 2).
MULTIPROFESSIONELLE THERAPIE
MULTIPROF. THERAPIESTEUERUNG
Visite
Therapeutische Tagesplanung
Elterngruppe
Kindergruppe
Übergabe
Eltern-Kind-Interaktionstherapie
Entwicklungs- und Beziehungsdiagnostik
therapeutisch begleitetes Mittagessen
Übergabe
freie Beschäftigung von Eltern + Kind
Dokumentation
Eltern-Kind-Interaktionstherapie
Einzel- und Familiengespräche
Übergabe
Elterngruppe
Kindergruppe
Fallbesprechung, Supervision
Dokumentation
Abbildung 1: Struktur eines Behandlungstages der Familientagesklinik
In der Folge werden die wesentlichen therapeutischen Elemente der Familientagesklinik für Vorschulkinder in Münster (Kindergruppe, Elterngruppe, videobasierte
Eltern-Kind-Interaktionstherapie, individuelle therapeutische Interventionen für
Kinder, Einzelgespräche mit den Eltern, Familiengespräche) gegliedert nach Setting,
Inhalt, Ziele und Funktion der Behandler beschrieben. Anhand einer kurzen Fallvignette wird anschließend das Zusammenspiel der verschiedenen Therapieelemente
am Beispiel der Behandlung eines Kleinkindes mit einer Fütterstörung exemplarisch ausgeführt.
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Kindergruppe
Interventionen
auf der Ebene des
Verhaltens
Elterngruppe
Interventionen auf
der Ebene der
Repräsentanzen
Elternteil 1
Kind
Individuelle
therapeutische
Interventionen
Videobasierte
Eltern-KindInteraktionstherapie
Multiprof.
Behandlungsteam
Coaching
Einzelgespräche
Familiengespräche
Elternteil 2
Abbildung 2: Die multimodale familienpsychiatrische Behandlung in der Familientagesklinik für Vorschulkinder: Beteiligte Personen (Ovale) und Interventionen (Rechtecke) auf der Ebene des Verhaltens
(grauer Hintergrund) und der Repräsentanzen (weißer Hintergrund)
4.1 Kindergruppe
Setting. Eine Gruppenbehandlung der Kinder findet jeweils morgens und nachmittags in einer Kindergruppe statt, die zeitlich parallel zur Elterngruppe liegt. Begleitende Geschwister nehmen ebenfalls teil. Am Anfang einer Kindergruppe steht die
temporäre Trennung von den Eltern, am Ende die Wiedervereinigung. Wenn eine
Trennung für die Kinder noch nicht möglich oder nicht ratsam ist, können sie ihre
Eltern in die Elterngruppe begleiten.
Inhalt. Die therapeutische Kindergruppe beginnt am Morgen mit einem gemeinsamen Frühstück und schließt am Nachmittag mit einem gemeinsamen Früchtesnack.
Diese strukturierten Mahlzeiten bieten neben einer basalen Befriedigung physischer
Bedürfnisse nach Ankunft und vor Abfahrt ein soziales Gruppenritual, das für diagnostische und therapeutische Zwecke sehr bedeutsam ist. Nach der Frühstückssituation folgen freies Spiel oder psychomotorische Angebote für alle Kinder im Gruppenraum oder auf einem angrenzenden der Familientagesklinik vorbehaltenen Spielplatz
als Außentherapiefläche. Die Behandler strukturieren die Kindergruppe nicht mehr
820 C. Postert et al.
als nötig, um die interaktiven und emotionalen Ressourcen und Defizite der Kinder
in der Gruppensituation diagnostisch einschätzen und therapeutisch intervenieren
zu können. Kinder mit Entwicklungs- oder sozio-emotionalen Störungen werden in
ihren Fähigkeiten individuell unterstützt. Die ergotherapeutische und motopädische
Behandlung fokussiert darüber hinaus auf körperliche Aktivitäten, die die sensorische
Integration und die motorischen Fähigkeiten der Kinder fördern.
Ziele. Situationen von Trennung und Wiedervereinigung von Eltern und Kindern
erfüllen wichtige diagnostische und therapeutische Zwecke, da die Symptomatik der
Kinder unter diesen alltäglichen Erfahrungen im Bindungs- und Interaktionsverhalten offensichtlich werden kann. Die Behandler erkennen und behandeln kindliche und
elterliche Faktoren, die die kindliche psychiatrische Symptomatik aufrechterhalten.
In den Gruppenmahlzeiten werden die Kinder darin unterstützt, sich im Rahmen der
Gruppenregeln emotional zu regulieren, sich abzuwechseln und einfache Aufgaben wie
die Zubereitung von Obst umzusetzen. Insbesondere Kinder mit gestörtem Essverhalten
profitieren in hohem Maße vom sozialen Modell anderer Kinder in der Gruppensituation.
Die ergotherapeutische und motopädische Behandlung ermöglicht den Kindern eine verbesserte Selbst- und Gefahreneinschätzung in sozialen Bewegungsspielen. Die therapeutische Unterstützung im freien Spiel verbessert die emotionale Selbstregulation, soziale
Kooperation und Konfliktlösung der Kinder in der Peergroup. Die Kinder entwickeln altersadäquate soziale und emotionale Strategien, um mit Situationen des Konflikts, verzögerter Bedürfnisbefriedigung, Angst, Ablehnung oder Aggressionen besser umzugehen.
Funktion der Behandler. Die Behandler intervenieren im freien Spiel nur zu therapeutischen Zwecken und in der Konfliktlösung. Sie helfen den Kindern, eigene Emotionen und die der Interaktionspartner zu erkennen und durch verbale und non-verbale
Copingstrategien altersadäquat zu regulieren und Lösungen zu finden.
4.2 Elterngruppe
Setting. Alle Eltern nehmen täglich ohne Kinder an zwei Elterngruppen teil, von
denen eine morgens und eine nachmittags stattfindet. Innerhalb der Elterngruppe
wird nicht zwischen Eltern mit oder ohne Patientenstatus unterschieden, da alle in
unterschiedlichem Ausmaß über Ressourcen und Belastungen verfügen, die sie in
die Gruppe einbringen können. Da die Elterngruppe unterstützende Funktion bei
der Behandlung der Kinder haben soll, wird insbesondere die Elternrolle thematisiert, nicht die individuelle Psychopathologie oder Biografie eines Erwachsenen
ohne Bezug zur Elternfunktion. Die Oberärztin oder ein Arzt oder Psychologe und
ein weiterer Mitarbeiter der Familientagesklinik strukturieren und moderieren jede
Elterngruppe und tragen zu einer aktiven Beteiligung aller Eltern bei.
Inhalt. Im Setting der Gruppe können die Eltern offen über ihre Belastungen, Gefühle, Erfahrungen und Ängste in der Elternrolle sprechen. Insbesondere der Erfahrungsaustausch zwischen den Eltern und wechselseitiges Feedback werden angeregt,
um wichtige Selbsthilfeaspekte zu aktivieren. In der Elterngruppe am Morgen werden
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alle Eltern angeregt, spezifische Ziele für den Behandlungstag ihres Kindes zu formulieren, insbesondere für die videobasierte Therapie der Eltern-Kind-Interaktion. In
der Elterngruppe am Nachmittag werden die zurückliegenden Behandlungseinheiten
reflektiert. Die Zusammenhänge zwischen kindlichem und elterlichen Verhalten werden anhand konkreter Episoden des zurückliegenden Tages analysiert.
Ziele. Selbsthilfeaspekte sind ein zentrales Element der Elterngruppe. Spezifische Ziele
sind emotionale Unterstützung, Entlastung und das wechselseitige Lernen von den Erfahrungen der anderen Eltern, von denen Veränderungsimpulse oft eher aufgenommen
werden als von den Behandlern. Die Teilnehmer erlernen voneinander sinnvolle und
altersadäquate Erziehungs- und Copingstrategien im Umgang mit ihrem psychisch
kranken Kind. Elemente wie Gruppenzusammengehörigkeit oder elterliche Selbstwertgebung in der Gruppe spielen eine wichtige Rolle (Marmarosh, Holtz, Schottenbauer,
2005). Die kulturelle und subkulturelle Vielfalt normativer Vorstellungen von gelingender Eltern-Kind-Interaktion wird dabei wertschätzend berücksichtigt.
In der Elterngruppe am Nachmittag wird das elterliche Verständnis für kindliche Bindung, Exploration, Selbstwirksamkeit und Autonomie vertieft. Eltern entwickeln ein
Verständnis für ihre Rolle als erwachsene Ko-Regulatoren kindlicher Emotionen wie
Angst oder Wut. In der Intervallbehandlung ist der Transfer der aktuellen Behandlungsziele in die außerklinische Erprobungsphase ein wichtiges Element, insbesondere in der
letzten Elterngruppe vor den Erprobungstagen. Die Fokussierung auf gelungene Beispiele elterlicher Sensitivität, emotionaler Verfügbarkeit und Selbstwirksamkeit ermutigt
die Eltern, die Behandlungsziele im therapiefreien Intervall weiter zu verfolgen.
Funktion der Behandler. In der Elterngruppe am Morgen unterstützen die Therapeuten
die Eltern dabei, realistische Behandlungsziele und Strategien für die nachfolgenden Behandlungseinheiten zu entwickeln. In der Elterngruppe am Nachmittag unterstützen die
Behandler die Eltern bei der Bewertung, inwiefern die Behandlungsziele erreicht wurden oder modifiziert und an die Erfordernisse der Erprobungstage angepasst werden
müssen.
4.3 Videobasierte Eltern-Kind-Interaktionstherapie
Setting. Die Diagnostik und Therapie der Eltern-Kind-Interaktion ist ein Kernelement
der Behandlung und findet zweimal pro Behandlungstag statt, gewöhnlich in einem
großen Multifunktions-Gruppenraum mit Bereichen für Rollenspiele, Gesellschaftsspiele, kreatives Gestalten oder psychomotorische Bewegung. Alle Situationen, in denen die Symptomatik des Kindes offensichtlich wird, können zum Gegenstand der
Eltern-Kind-Interaktionstherapie werden: Spiel in der Dyade oder im erweiterten sozialen Setting mit anderen Kindern, Trennungen und Wiedervereinigungen, Sauberkeitserziehung etc. Die komplexe Situation des therapeutisch begleiteten Mittagessens
in der Gesamtgruppe hat einen besonderen klinischen und ökologischen Stellenwert,
um videobasiert die Symptomatik des Kindes in der Interaktion mit den Eltern diagnostisch zu erfassen und zu therapieren. Je nach diagnostischen und therapeutischen
822 C. Postert et al.
Erfordernissen werden für die Interaktionstherapie auch die Küche, das Badezimmer,
der Spielplatz der Familientagesklinik oder außerklinische Bereiche wie ein nahegelegener naturbelassener Bach oder ein Einkaufsgebiet genutzt, um die ökologische Validität des Behandlungssettings zu steigern.
Inhalt. Die Therapie der Interaktion fokussiert auf das Spiel und andere Alltagsaktivitäten zwischen Kindern und ihren Eltern, entweder als Dyade oder im Multifamiliensetting. In der Live-Interaktion und in Videofeedback-Gesprächen werden die Eltern
dabei unterstützt, entsprechend der in der Elterngruppe am Morgen festgelegten Behandlungsziele ihr Kind emotional, sozial und kognitiv in verschiedenen Situationen
altersgemäß zu unterstützen und wichtige symptomaufrechterhaltende Faktoren zu
reduzieren. Die Behandler setzen ihre Interventionen gezielt und niedrigfrequent ein,
um den Eltern nicht ihre Selbstwirksamkeit zu nehmen. Insbesondere bei elterlicher
Hilflosigkeit und sehr jungen Eltern kann die Interaktionstherapie in einer akuten Belastungssituation jedoch auch ein intensives Coaching des Elternteils umfassen.
Ziele. Das halboffene Behandlungssetting ermöglicht das offene Teilen von Erfahrungen
und die wechselseitige Unterstützung der Familien. Die therapeutischen Interventionen
verbessern die Interaktionen, Affektregulation und die wechselseitige emotionale Verfügbarkeit zwischen den Eltern und ihren Kindern und führen zum Aufbau altersentsprechender kommunikativer Konfliktlösungsstrategien. Die verbesserten emotionalen und
kommunikativen Fähigkeiten der Eltern und Kinder tragen zu einer Verminderung symptomatischer Verhaltensweisen und einer verbesserten Affektkontrolle der Kinder bei.
Funktion der Behandler. Die Behandler beobachten elterliches Interaktionsverhalten
in Alltags- und krisenhaften Situationen, bieten Feedback und helfen, belastete ElternKind-Interaktionen auf der Ebene des Verhaltens oder der Beziehungsrepräsentanzen
zu modifizieren. Die Strukturierungsfähigkeiten von Eltern, die Schwierigkeiten mit
Grenzsetzungen haben, werden durch Erarbeitung und begleitete Implementierung
von Tagesstrukturen, Ritualen und Regeln unterstützt. In Fällen ausgeprägter Feindseligkeit oder emotionaler Distanz werden zur Entlastung Situationen geschaffen, die
den Interaktionspartnern grundlegende Erfahrungen eines genussvollen Miteinanders ermöglichen, so z. B. im Snoezelen-Bereich der Klinik. Beobachtungen zu elterlichem Interaktionsverhalten sowie zugrundeliegenden mentalen Repräsentanzen und
Projektionen werden zeitnah mit dem Einzeltherapeuten des Elternteils besprochen.
Mögliche Ursachen feindseligen oder überprotektiven elterlichen Verhaltens, die ihren Ursprung in der Gegenwarts- oder der Herkunftsfamilie des Elternteils haben,
werden in Einzelgesprächen mit den Eltern vertiefend exploriert und behandelt.
Die Rolle des Videofeedbacks in der Interaktionstherapie. Eltern-Kind-Interaktionen
in verschiedenen Kontexten werden videografiert und zeitnah mit den Eltern analysiert unter ressourcenorientierter Fokussierung auf elterliche Verhaltensstrategien,
emotionale Haltungen, Bewertungen und Wertvorstellungen bezüglich der eigenen
Rolle und der des Kindes. Das Videofeedback beginnt immer mit gelungenen ElternKind-Interaktionen, um die Ressourcen von Eltern und Kindern hervorzuheben und
das Selbstvertrauen der Eltern in ihre Fähigkeiten zu stärken.
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4.4 Individuelle therapeutische Interventionen für die Kinder
Setting. Grundsätzlich folgt die Familientagesklinik einem integrierten multifamilien-therapeutischen Gruppenansatz. Individuelle therapeutische Maßnahmen für
Kinder wie z. B. spieltherapeutische Interventionen sind ein zusätzliches Element
und Fällen vorbehalten, in denen z. B. Kinder extreme Gewalt oder destruktive Interaktionsmuster erfahren haben oder emotional besonders belastet sind (oft durch
einen psychisch erkrankten Elternteil). Kinder mit Erkrankungen wie elektivem
Mutismus, Enuresis oder Enkopresis o. ä. können diagnosenspezifische Behandlungsverfahren außerhalb der großen Gruppe erhalten.
Inhalt. Die therapeutischen Interventionen im Einzelsetting hängen in hohem Maße
vom Entwicklungsalter des Kindes, dem Störungsbild und den Behandlungszielen ab.
Sofern therapeutisch sinnvoll, können Eltern diesen Interventionen durch einen Einwegspiegel oder auf Videoaufnahmen verfolgen.
Ziele. Maßnahmen im spieltherapeutischen Einzelsetting ermöglichen Kindern,
ihre Erfahrungen und Gefühle mit einem hohen Grad an Eigenkontrolle symbolisch
auszudrücken, zu verarbeiten und gegebenenfalls zunehmend verbal zu kommunizieren. Dies geht mit einer Reduzierung der kinderpsychiatrischen Symptomatik einher
(Ray, 2006; Wettig, Franke, Fjordbak, 2006).
Funktion der Behandler. Die Behandler geben dem Kind feinfühlig Raum, eigene
Gefühle und Erfahrungen ins Spiel zu bringen, zugrundeliegende Belastungen auszudrücken, Selbstwirksamkeit zu erlangen und zu genießen sowie emotionale Selbstregulation und soziale Interaktionsfähigkeiten zu erlernen.
4.5 Einzelgespräche mit den Eltern
Setting. Jeder Elternteil erhält unabhängig vom eigenen Patientenstatus in jedem
Behandlungsblock von zwei respektive drei Tagen ein Einzelgespräch, an dem die
Kinder nicht teilnehmen, sofern es sich nicht um Säuglinge handelt.
Inhalt. Die biografischen und emotionalen Erfahrungen der Eltern haben einen direkten Einfluss auf die Sensitivität, mit der sie die Verhaltensweisen und Emotionen
ihrer Kinder verstehen und regulieren. Insofern werden in diesem Setting die emotionale Befindlichkeit der Eltern, mögliches Unbehagen an der elterlichen Rolle, Konflikte mit der Ursprungsfamilie und vergangene elterliche traumatische Erfahrungen
thematisiert, die die Symptomatik der Kinder aufrechterhalten oder zu einer Exazerbation beitragen (siehe das Konzept der „Gespenster im Kinderzimmer“ von Fraiberg,
Adelson, Shapiro, 1975).
Ziele. Die Einzelbehandlung fokussiert auf die Mütter und Väter in ihrer Rolle als
Eltern. Im therapeutischen Dialog werden dysfunktionale intra- und interpersonale
Konflikte identifiziert und behandelt. Darüber hinaus findet Entwicklungsberatung
statt und werden Möglichkeiten identifiziert, in Belastungssituationen von elterlicher
Wut, Hilflosigkeit, Frustration und Angst angemessen mit dem Kind umzugehen. El-
824 C. Postert et al.
tern mit Patientenstatus erhalten eine eigene psychiatrische Behandlung und lernen,
zwischen eigener und kindlicher Befindlichkeit zu unterscheiden. Sie erkennen, wie
eigene Symptome die Symptomatik der Kinder beeinflussen.
Funktion der Behandler. Der Therapeut hilft Eltern, eigene innere Konflikte zu erkennen, biografische Erfahrungen zu kontextualisieren und zu verarbeiten, die Selbstwahrnehmung zu verbessern und resultierende Veränderungen in das Erziehungsverhalten einfließen zu lassen. Darüber hinaus bietet der Therapeut Entwicklungsberatung
und hilft den Eltern, die emotionalen, sozialen und kognitiven Bedürfnisse der Kinder
zu erkennen und zu berücksichtigen.
4.6 Familiengespräche
Setting. Gewöhnlich alle zwei bis drei Wochen führt die Oberärztin in Abwesenheit
der Kinder ein familientherapeutisches Gespräch mit den Eltern, um deren wechselseitige Unterstützung zu verbessern.
Inhalt. Im Mittelpunkt dieser Gespräche stehen zumeist die Abstimmung des Erziehungsverhaltens der Eltern und, falls nötig, paartherapeutische Themen wie emotionale
Divergenzen, die das Erziehungsverhalten der Beteiligten negativ beeinflussen. Hierzu
gehören Wahrnehmungsunterschiede des kindlichen Verhaltens und seiner emotionalen Befindlichkeit sowie Strategien zur emotionalen Regulation des Kindes. Primär
paartherapeutische Themen, die außerhalb des Rahmens der kinderpsychiatrischen Behandlung liegen, werden an externe Angebote einer Paartherapie verwiesen.
Ziele. Die Familiengespräche dienen primär der Einbindung des zweiten Elternteils
(üblicherweise des Vaters) in die Therapie, die gerade bei der Behandlung von Vorschulkindern von besonderer Bedeutung ist (Eickhorst u. Scholtes, 2011). Ziel ist, dass
die Eltern ein geteiltes Verständnis der Symptomatik des Kindes entwickeln, das sie
befähigt, gemeinsam die Beziehung zum psychisch kranken Kind konsistent und altersgerecht zu gestalten. Konflikte auf Elternebene sollen thematisiert und Lösungen
unter Berücksichtigung des Entwicklungsstand des Kindes und der elterlichen Erwartungen erarbeitet werden.
Funktion der Behandler. Die Therapeutin identifiziert gegensätzliche und dysfunktionale Beziehungsrepräsentanzen der Eltern, die Angst, Verwirrung, Wut oder Hilflosigkeit beim Kind hervorrufen und damit seine Symptomatik verstärken (Bögels
u. Brechman-Toussaint, 2006). Die Therapeutin strukturiert und moderiert die Gespräche, sichert die angemessene Berücksichtigung der Belange beider Elternteile, unterstützt die Eltern bei Problemlösungen und wechselseitiger Hilfe und vermittelt bei
Bedarf in Konflikten.
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5
Fallvignette: Familientagesklinische Behandlung eines 17 Monate alten
Mädchens mit Fütterstörung
Die 17 Monate alte Lisa wurde aufgrund persistierender Fütterstörungen in der Ambulanz der Klinik vorgestellt und angesichts der Schwere und Chronizität des Erkrankungsbildes familientagesklinisch aufgenommen. In der Diagnostik ergab sich eine
emotionale Störung mit hoher psychomotorischer Aktivität und Impulsdurchbrüchen
auf dem Boden einer Bindungsunsicherheit (ICD-10 F93.8), die in der Fremden Situation bei desorganisiertem Bindungstyp mit Anteilen unsicher-vermeidenden und
unsicher-ambivalenten Bindungsverhaltens imponierte. Insbesondere in den Füttersituationen, die phasenweise Charakteristika einer umkämpften Zwangsfütterung annahmen, wurde eine ausgeprägte Mutter-Kind-Interaktionsstörung (ICD-10 F68.8) bei
fehlenden Hinweisen auf Misshandlung oder anderen Ursachen einer Kindeswohlgefährdung sichtbar. Während das Kind bei sehr wählerischem Essverhalten und eingeschränkter Nahrungsmittelauswahl um eigene Autonomie beim Essen kämpfte, zeigte
die Mutter rigide überkontrollierendes und dem Entwicklungsstand des Kindes nicht
entsprechendes Fütterverhalten. Deutlich wurde darüber hinaus, dass die Feinfühligkeit
des mütterlichen Fütterverhaltens biografisch eingeschränkt war durch den frühen Verlust der Großmutter mütterlicherseits, die im 6. Lebensjahr der Mutter nach längerer Erkrankung und zunehmender Kachexie an einem Magenkarzinom verstorben war. Das
Essverhalten von Lisa hatte trotz Normalgewichts der Tochter über der 20er-Perzentile
in hohem Maße mütterliche Verlustängste hervorgerufen, die im Rahmen der Fütterstörung zunehmend exazerbierten. Im Zuge partnerschaftlicher Auseinandersetzungen
um die adäquate Gestaltung der Esssituation hatte sich der Vater zurückgezogen und
wurde von der Mutter als nicht mehr unterstützend erlebt. Es hatte sich ein ausgeprägtes
und persistentes Symptombild aus sich wechselseitig verstärkenden kindlichen, mütterlichen, interaktionalen und familiären Faktoren entwickelt, das zunehmend auch in anderen Regulationsbereichen des Kindes, insbesondere der Schlafregulation des Kindes
sowie der emotionalen Regulation des Kindes symptomatisch wurde.
Im Rahmen des multiprofessionellen Therapieansatzes wurde die Familie an 51 Tagen in der Familientagesklinik behandelt; bei 3 Behandlungstagen pro Woche entsprach dies einer Gesamtbehandlungsdauer von 17 Wochen. Die multimodale Behandlung adressierte neben der Beziehungs- und Bindungssituation zwischen Kind
und Mutter alle relevanten Regulations- und Alltagsbereiche der Familie. Aus der Fülle der multimodalen Therapieelemente werden im Kontext dieser Fallvignette nur die
Maßnahmen zur spezifischen Behandlung der Fütterstörung vorgestellt (s. Abb. 3).
Mutter und Tochter wurden therapeutisch bei allen Mahlzeiten begleitet und videografiert. Neben einer Beratung der Eltern bezüglich einer altersadäquaten Gestaltung
der Esssituation, insbesondere einer Förderung der Autonomiespielräume des Kindes
mit eigenständiger Nahrungsaufnahme, erfolgte ein intensives Videofeedback, in dessen
Rahmen mit der Mutter eigene gelingende Mutter-Kind-Interaktionen im Sinne eines
ressourcenorientierten Self-Modelling reflektiert wurden. Die Tochter baute in spiele-
826 C. Postert et al.
rischen Matschsituationen mit Essmaterialien Hemmungen bezüglich verschiedener
Lebensmittel ab und erprobte in den Kindergruppen am Modell der anderen Kinder
eine Erweiterung ihres Nahrungsspektrums. In Einzelgesprächen trauerte die Mutter
um den frühen Verlust der Großmutter mütterlicherseits und lernte, zwischen biografischen Belastungen aus ihrer Herkunftsfamilie und ihrer Gegenwartsfamilie zu unterscheiden. Partnerschaftliche Konflikte konnten in den Familiengesprächen geklärt und
die Unterstützung des Vaters für die Mutter wiederhergestellt werden. In der Multifamilienbehandlung, insbesondere auch in den Elterngruppen, erfuhr die Mutter Entlastung,
Unterstützung und Modell durch die anderen in Behandlung befindlichen Eltern. Nachdem sich in der Esssituation eine zunehmende Reduzierung des Symptombildes und
Erweiterung der Autonomie des Kindes zeigte, erfolgte eine schrittweise Generalisierung dieses Behandlungserfolges auf den häuslichen Kontext sowie auf die weiteren Regulations- und Alltagskontexte des Kindes. Die Familie konnte schließlich bei deutlich
gebessertem Symptombild und einer verbesserten Beziehungs- und Bindungssituation
zwischen Kind und Mutter in die Fortbehandlung durch die Ambulanz für Vorschulkinder der Klinik entlassen werden, wo sich die Therapieerfolge in einer anschließenden
achtmonatigen ambulanten Weiterbehandlung weiter stabilisierten.
Essrituale
in der
Kindergruppe
Interventionen
auf der Ebene des
Verhaltens
Elterlicher
Erfahrungsaustausch
Essverhalten
Interventionen auf
der Ebene der
Repräsentanzen
Mutter
Kind
Matscherfahrungen
des Kindes
mit Essen
Therapeutisch
begleitete
Mahlzeiten von
Kind und Eltern
mit
Videofeedback
Multiprof.
Behandlungsteam
Einzelgespräche
zum Tod der
Großmutter
Beratung
altersgemäßes
Essen
Familiengespräche mit
Aktivierung der
Unterstützung
des Vaters
Vater
Abbildung 3: Fallvignette – Familientagesklinische Behandlung eines 17 Monate alten Mädchens mit
Fütterstörung: Beteiligte Personen (Ovale) und spezifische Interventionen (Rechtecke) auf der Ebene
des Verhaltens (grauer Hintergrund) und der Repräsentanzen (weißer Hintergrund).
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6
Evaluationsstudien
Erste mittlerweile publizierte Evaluationsergebnisse deuten auf die Wirksamkeit der
multiprofessionellen familientagesklinischen Intervallbehandlung in Münster hin
(Müller et al., im Druck). Zum Zeitpunkt der Aufnahme und der Entlassung wurde
die Symptomatik von 185 Kindern (130 Jungen, 55 Mädchen) im Urteil durch die
Behandler in der Caregiver-Teacher Report Form (C-TRF/1.5-5) sowie durch die
Mütter in der Child Behavior Checklist (CBCL/1.5-5) erfasst. Der Einfluss der mütterlichen Psychopathologie in der Bewertung der Symptomatik des Kindes wurde
dabei statistisch kontrolliert (Müller u. Furniss, 2013). Nach Behandlung zeigten
die Kinder signifikante Verbesserungen im C-TRF/CBCL Total Problem Score mit
einem durchschnittlichen Cohen’s d = -0.50 im Urteil der Behandler, d = -0.97 für
die nicht-kontrollierten mütterlichen Urteile und d = -0.68 für die kontrollierten
mütterlichen Urteile. Im Urteil der Behandler zeigten die Kinder nach Therapie vor
allem eine Abnahme der internalisierenden, in etwas geringerem Ausmaß auch eine
Abnahme der externalisierenden Symptomatik. Die Effektstärken der Daten der
Münsteraner Familientagesklinik liegen dabei über denen anderer klinischer multimodaler Behandlungsangebote für Vorschulkinder, die zwischen d = -0.12 und
d = -0.40 angegeben werden (Tse, 2006). Prädiktoren eines Therapieerfolges beim
Kind sind in unserer Studie im Behandlerurteil insbesondere das Symptomniveau
vor Behandlung, nicht jedoch Kindesalter, Geschlecht, Dauer der Behandlung oder
Verbesserung der mütterlichen Psychopathologie.
Erwähnenswert ist, dass eine Untergruppe von Kindern (etwa 35 % im Urteil der
Behandler, 22 % im nicht-kontrollierten Urteil der Mütter und 25 % im kontrollierten
Urteil der Mütter) auch nach Entlassung aus der Familientagesklinik noch eine klinisch relevante Symptomatik aufwies und längerfristiger spezifischer Behandlungsangebote mit enger Verschränkung ambulanter und tagesklinischer Maßnahmen bedurfte (Müller et al., im Druck).
7
Diskussion
Dieser Artikel stellt das multiprofessionelle familienpsychiatrische Behandlungskonzept
der Familientagesklinik für Vorschulkinder des Universitätsklinikums Münster vor. Da
Familienmitglieder und ihre wechselseitigen Beziehungen nicht nur mögliche Risikofaktoren, sondern wertvolle Ressourcen bei der Behandlung psychisch kranker Kinder im
Vorschulalter sind, werden Eltern und Geschwister intensiv in die Diagnostik und Behandlung des Indexpatienten einbezogen. Falls nötig, werden auch Eltern als Patienten
aufgenommen und in einem integrierten familienpsychiatrischen Ansatz mitbehandelt.
Selbsthilfeaspekte stellen ein wichtiges Element des integrierten multifamilien-therapeutischen Ansatzes in der Familientagesklinik für Vorschulkinder dar. Ein Spezifikum
der Therapie ist die Intervallbehandlung: Eine halboffene Gruppe von Familien wird
828 C. Postert et al.
im Rahmen eines tagesklinischen Zweitagesblocks, eine weitere halboffene Gruppe im
Rahmen eines tagesklinischen Dreitagesblocks behandelt (entweder Montag bis Dienstag oder Mittwoch bis Freitag). Der regelmäßige Rhythmus von intensiven ganztägigen
Behandlungen in der Klinik und Erprobungstagen im üblichen Umfeld der Kinder und
ihrer Familien ermöglicht eine intensive Erprobung therapeutischer Veränderungen in
Alltagskontexten wie häuslicher Umgebung oder Kindertagesstätten mit hoher ökologischer Validität, deren Ergebnisse in der Therapiesteuerung unmittelbar berücksichtigt
werden. Durch die Kombination von zwei bzw. drei intensiven Behandlungstagen mit
längeren Erprobungsphasen sind bei der Intervallbehandlung Gesamtbehandlungszeiten über einen Zeitraum von zwei bis vier Monaten üblich. Darüber hinaus kann die
Kontinuität der Sozialbeziehungen der Kinder und der Familien im Alltagsleben aufrechterhalten werden, in manchen Fällen sogar in Teilzeit die berufliche Tätigkeit beider
Eltern während der Behandlung. Erste Evaluationsdaten weisen auf die Effektivität des
Behandlungskonzepts hin, bedürfen jedoch der weiteren Prüfung insbesondere durch
Berücksichtigung längerer Katamnesezeiträume.
Fazit für die Praxis
Familientagesklinische Ansätze integrieren Eltern an zentraler Stelle in die
Behandlung ihres psychisch kranken Kindes im Vorschulalter (0-6 Jahre). In
der Familientagesklinik für Vorschulkinder des Universitätsklinikums Münster ergänzen sich multiprofessionelle Einzel- und Gruppenbehandlungen von
Kindern und Eltern, videogestützte Therapie der Eltern-Kind-Interaktionen,
psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung der Eltern sowie familientherapeutische Interventionen in einem integrierten Modell. Aus den berichteten
klinischen Erfahrungen und Evaluationsergebnissen kann geschlossen werden,
dass die familientagesklinische Intervallbehandlung in Münster effektiv in der
Behandlung psychisch kranker Vorschulkinder ist.
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Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch kranker Kinder������
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Korrespondenzanschrift: Dr. med. Dr. phil. Christian Postert, Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie, Universitätsklinikum Münster,
Schmeddingstr. 50, 48149 Münster; E-Mail: [email protected]
Sandra Achtergarde, Marlies Averbeck-Holocher, Tilman Fürniss, Jörg Michael Müller, Christian Postert,
Georg Romer und Ida Wessing, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie, Universitätsklinikum Münster
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Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im
Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ): die Achsen im Verlauf
von analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie
Katharina Weitkamp, Sanna Claaßen, Silke Wiegand-Grefe und Georg Romer1
Summary
Operationalized Psychodynamic Diagnostics in Childhood and Adolescence (OPD-CA):
The Axis During Psychoanalytic Child- and Adolescent Psychotherapy
There is evidence for the effectiveness of psychodynamic therapies in terms of symptom
reduction. Up to now, there is little evidence to what extend therapy translates to the improvement of core analytical concepts, like psychic structure, interpersonal relatedness, and
intrapsychic conflicts. The current study focuses on these concepts over the course of therapy
as well as in connection with outcome. The concepts are assessed with the Operationalized
Psychodynamic Diagnostics in Childhood and Adolescence (OPD-CA). Additionally, the
OPD-CA axis prerequisites of treatment is tested as a predictor of outcome. 16 therapists rated
146 participating patients at the beginning and the end of therapy within the framework of a
study on the effectiveness of psychoanalytical psychotherapy. Therapists rated the OPD-CA
as well as the level of psychosocial impairment. Psychic structure, interpersonal relatedness,
and intrapsychic conflicts improved significantly over the course of therapy. Positive outcome
was predicted by communicative abilities, positive self-relatedness and an undistinctive intrapsychic conflict at the beginning of therapy as well as the improvement of these during
therapy. Among the prerequisites of treatment only the subjective level of mental impairment
and the intrapsychic resources were predictive of outcome. Psychoanalytic psychotherapy for
children and adolescents improved central psychodynamic concepts like psychic structure,
interpersonal relatedness, and intrapsychic conflicts.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63/2014, 831-843
Keywords
Operationalized Psychodynamic Diagnostics in Childhood and Adolescence (OPD-CA) –
children – psychodynamic diagnostic – outcome – sensitivity to change
1 Wir bedanken uns bei den Therapeuten und Patienten für ihre Teilnahme an der Studie. Die
vorliegende Arbeit basiert in Teilen auf der Masterarbeit von Sanna Claaßen, Universität Hamburg
aus dem Jahr 2013.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 831 – 843 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
832 K. Weitkamp et al.
Zusammenfassung
Die Wirksamkeit psychoanalytischer Therapieansätze ist im Hinblick auf die Reduktion der
Symptomatik mittlerweile belegt. Inwieweit sich im Lauf einer analytischen Therapie neben der
Symptomatik auch komplexe psychoanalytische Konstrukte wie das Strukturniveau, der affektive
Selbstbezug und die intrapsychischen Konflikte verändern, ist bislang wenig empirisch beforscht.
Die vorliegende Studie betrachtet die mittels der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ) erfassten psychodynamischen Konstrukte Struktur, Beziehung und Konflikt im Therapieverlauf sowie im Zusammenhang zum Therapieerfolg.
Des Weiteren wird die OPD-KJ-Achse Behandlungsvoraussetzungen als Prädiktor für den Therapieerfolg betrachtet. Im Rahmen einer Studie zur Wirksamkeit psychoanalytischer Therapien
wurden die OPD-KJ sowie die Beeinträchtigungsschwere durch 16 Therapeuten an 146 Patienten
zu Therapiebeginn und -ende erhoben. Struktur, Beziehung, und Konflikt verbesserten sich signifikant positiv zwischen Therapiebeginn und -ende. Der Therapieerfolg wurde prädiktiv vorhergesagt durch die kommunikativen Fähigkeiten, einen positiven Selbstbezug und einen gering
ausgeprägten wichtigsten Konflikt jeweils zu Therapiebeginn als auch die Verbesserung im Verlauf
der Therapie. Von den Behandlungsvoraussetzungen waren lediglich der subjektive Schweregrad
der psychischen Beeinträchtigung sowie die intrapsychischen Ressourcen prädiktiv für den Therapieerfolg. Durch analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie verbessern sich im Therapeutenurteil zentrale psychoanalytische Konstrukte wie das Strukturniveau, der affektive Selbstbezug sowie die klinische Bedeutsamkeit intrapsychischer Konflikte
Schlagwörter
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ) – Kinder – psychodynamische Diagnostik – Therapieerfolg – Veränderungssensitivität
1
Hintergrund
In der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind analytische und tiefenpsychologisch fundierte Therapieansätze weit verbreitet. 63,2 % der niedergelassenen Kinder- und Jugendtherapeuten
haben eine analytische und/oder tiefenpsychologische Berechtigung (Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2011). Die Wirksamkeit dieser psychoanalytischen Therapieansätze ist im Hinblick auf die Reduktion der Symptomatik belegt (Abbass, Rabung, Leichsenring, Refseth, Midgley, 2013). Inwieweit im Lauf einer analytischen
Therapie neben der Symptomatik auch zentrale psychoanalytische Konstrukte wie
das Strukturniveau, die Beziehungsfähigkeit und die intrapsychischen Konflikte
verbessert werden, ist bislang wenig beforscht.
Zur Diagnostik dieser psychoanalytischen Konstrukte steht die Operationalisierte
Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (Arbeitskreis OPD-KJ,
2003) zur Verfügung. Aktuell ist mit der OPD-KJ 2 eine vollständig überarbeitete Auflage erschienen (Arbeitskreis OPD-KJ, 2013). Die OPD-KJ stellt eine Ergänzung zum
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
833
multiaxialen Klassifikationssystem (MAS; Remschmidt, Schmidt, Poustka, 2001) dar.
Die OPD-KJ ist eine modular aufgebaute Operationalisierung psychodynamischer
Konstrukte zur strukturierten und reliablen Erfassung von Behandlungsvoraussetzungen, intrapsychischen Konflikten, Beziehungsmustern und psychischer Struktur.
Die Datenerhebung erfolgt in unstandardisierter auf das Individuum bezogener Interaktion. Das Wahrgenommene wird erst im Anschluss vom Diagnostiker/Therapeuten anhand der Operationalisierung der Achsen Beziehung, Konflikt, Struktur und
Behandlungsvoraussetzungen kodiert.
Die Diagnostik mit der OPD-KJ kann für die Indikationsstellung sowie den therapeutischen Prozess, z. B. in Form eines Behandlungsfokus, wichtige handlungsleitende
Aspekte bieten. Ferner soll das Instrument sich zur Verlaufsmessung eignen und Verlaufsprädiktionen ermöglichen (Resch, Schulte-Markwort, Bürgin, 1998). Erste Befunde
zur OPD-KJ in der Psychotherapieforschung zeigten einen prädiktiven Zusammenhang
zum Therapieerfolg von familialen Ressourcen, der Beziehung zu Gleichaltrigen, höherer
Behandlungsmotivation, besserer Bündnisfähigkeit sowie einer geringeren psychischen
und somatischen Beeinträchtigung (Winter, Jelen, Lehmkuhl, 2007). Jelen-Mauboussin
und Kollegen (2012) untersuchten die strukturellen Veränderungen von 25 Patienten
von Behandlungsbeginn zu ca. 27 Monate danach. Die Kinder und Jugendlichen zeigten
signifikante Verbesserungen in der Gesamtintegration auf der Achse Struktur der OPDKJ. Veränderungsmessungen bezüglich der Achse Konflikt und Beziehung der OPD-KJ
liegen noch nicht vor. Lediglich eine Einzelfallanalyse zur positiven Entwicklung der
Beziehungsfähigkeit wird von Weber (2012) beschrieben.
Ziel der vorliegenden Studie war die Prüfung der Veränderungen der OPD-KJ-Achsen im Therapieverlauf. Darüber hinaus wurde der Frage nachgegangen, ob und in
welchem Ausmaß etwaige Veränderungen auf den Achsen mit einem Therapieerfolg,
gemessen am Rückgang der Beeinträchtigungsschwere, zusammenhängen. Weiteres
Ziel war die Betrachtung der Frage, welche Dimensionen der Achse Behandlungsvoraussetzungen eine prädiktive Bedeutung für den Therapieerfolg haben.
2
Methode
2.1 Ablauf und Studiendesign
Die Daten der vorliegenden Studie wurden im Rahmen der Hamburger Studie zur
Wirksamkeit psychoanalytischer Behandlungen von Kindern und Jugendlichen erhoben (Wiegand-Grefe, Weitkamp, Timmermann, Romer, 2012). Dabei handelt es sich
um eine naturalistische Praxisstudie in Zusammenarbeit mit 26 niedergelassenen
psychoanalytisch ausgebildeten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.2 Das
2 Im Folgenden wird der besseren Lesbarkeit halber das generische Maskulinum verwendet, Therapeutinnen und Patientinnen sind stets mitgemeint.
834 K. Weitkamp et al.
Forschungsprojekt wurde von der Vereinigung analytischer Kinder- und JugendlichenPsychotherapeuten e.V. (VaKJP) gefördert und durch die Ethikkommission der Ärztekammer Hamburg genehmigt. Zwischen September 2007 und Juli 2010 haben 393
Kinder und Jugendliche eine Psychotherapie bei den teilnehmenden Therapeuten begonnen. 231 Patienten haben sich zur Teilnahme bereit erklärt (58,78 %), davon waren
177 Patienten Interventionspatienten und 54 Wartelisten-Kontrollgruppenpatienten.
In die vorliegende Studie wurde eine Teilstichprobe von 146 Interventionspatienten
einbezogen, für welche das Therapeutenurteil zu Therapiebeginn und -ende vorlag.
Zwischen den Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern gab es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich zentraler Parameter wie Alter, Geschlecht, Störungsart, Ausmaß
der Belastung und familiärem Funktionsniveau. Die teilnehmenden Familien erhielten
ein Aufklärungsschreiben und gaben ihr schriftliches Einverständnis. Die Fragebogen
wurden den Therapeuten und Familien postalisch zugestellt. Zu Therapiebeginn und
-ende sowie je nach Therapiedauer zu fünf Zwischenmessungen im Laufe der Therapie füllten die Therapeuten Fragebogen aus. Für die vorliegenden Auswertungen wurde das Therapeutenurteil zu Therapiebeginn und -ende betrachtet.
2.2 Stichprobe
Von den 146 Interventionspatienten waren 91 weiblich (62,3 %) und zu Therapiebeginn im Durchschnitt 12,69 Jahre alt (SD = 4,59, Range 4-21 Jahre). 46,3 % der
Patienten lebten mit beiden Elternteilen, 53,7 % bei alleinerziehenden Elternteilen.
Die Erfassung der Diagnosen erfolgte zum einen über ein halbstrukturiertes diagnostisches Interview mit dem Scheduled Assessment of Depression and Schizophrenia (Kiddie-SADS – Present Version; Delmo, Weiffenbach, Gabriel, Stadler, Poustka,
2001) sowie durch den behandelnden Psychotherapeuten. K-SADS Diagnosen lagen
für 106 Patienten vor (72,6 %). Bei 49 Patienten (46,2 %) wurde eine affektive Störung diagnostiziert, bei 49 Patienten eine Angststörung (46,2 %), bei 32 Patienten
eine Anpassungs- und Belastungsstörung (30,2 %), bei 30 eine externalisierende
Störung (28,3 %), bei weiteren 35 Patienten (33,9 %) eine sonstige andere Störung,
wie z. B. Essstörungen, Ticstörungen, Enkopresis, Enuresis oder elektiver Mutismus.
Eine Komorbidität von mindestens zwei diagnostizierten Störungen lag bei 77 Patienten vor (72,6 %). Die Therapie dauerte im Durchschnitt M = 23,56 Monate (SD =
14,28) und umfasste im Mittel M = 92,12 Therapiesitzungen (SD = 55,89).
Diese Teilstichprobe von 146 Patienten wurde von 19 Therapeuten behandelt (von
den anderen sieben Therapeuten lagen keine Daten zu Therapiebeginn und -ende zu
einem Patienten vor). 16 Therapeuten waren weiblich (84.21 %). Die Therapeuten waren zu Beginn der Studie M = 56,9 Jahre alt (SD = 3,7). Alle Therapeuten hatten eine
abgeschlossene Ausbildung zum analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und mehrjährige Praxiserfahrung. Die durchschnittliche Berufserfahrung der
Therapeuten betrug zu Beginn der Studie M = 15,8 Jahre (SD = 5,5). Die Therapeuten
leisteten M = 28,3 Therapiestunden (SD = 4,04) pro Woche.
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
835
2.3 Instrumente
Die verwendeten Instrumente waren Teil einer umfassenderen Testbatterie. Beschrieben werden hier nur die für diese Fragestellung relevanten Instrumente.
2.3.1 OPD-KJ
Im Folgenden werden die verwendeten Achsen der OPD-KJ näher beschrieben. Die
Achse Beziehung ermöglicht es, das Beziehungsverhalten in drei unterschiedlichen
Bereichen abzubilden: dem objektgerichteten, dem subjektgerichteten sowie dem
selbstbezüglichen „Kreis“. In der vorliegenden Studie wurde nur der selbstbezügliche Kreis eingesetzt. Der Selbstbezug wird jeweils auf zwei orthogonalen und bipolaren Dimensionen eingeschätzt, die kreisförmig angeordnet sind. Auf der waagerechten Achse findet sich die Dimension Affiliation (sich Genuss verschaffend versus
sich quälend), auf der senkrechten Achse findet sich die Dimension Kontrolle (sich
kontrollierend versus frei und sorglos mit sich umgehend). Die auf den 45° liegenden
Kategorien sind jeweils Mischformen aus den Dimensionen. Für jede der acht Kategorien wird der Grad der Ausprägung von 1 = nicht vorhanden bis 4 = sehr stark
vorhanden eingeschätzt.
Die Achse Konflikt beschreibt acht Konfliktthemen, welche von 0 = nicht vorhanden
bis 3 = vorhanden und sehr bedeutsam eingeschätzt werden. Darüber hinaus werden
die beiden wichtigsten Konflikte gekennzeichnet und der Modus der Verarbeitung
global eingeschätzt (vierfach gestuft von vorwiegend aktiv bis vorwiegend passiv). Die
Konflikte sind Abhängigkeit versus Autonomie, Unterwerfung versus Kontrolle, Versorgung versus Autarkie, Selbstwertkonflikt, Loyalitätskonflikt, Ödipaler Konflikt,
Identitätskonflikt und schwere Lebensbelastungen.3
Die Achse Struktur umfasst die drei Dimensionen Steuerung, Selbst- und Objektwahrnehmung und Kommunikative Fähigkeiten. Die Dimensionen werden auf vier bzw. fünf
Aspekten der Dimension sowie auf einem Gesamtwert eingeschätzt von 1 = gute Integration bis 4 = Desintegration. Die Gesamtwerte sollen anhand der Operationalisierungen
nach klinischem Ermessen vergeben werden und können vom rechnerischen Durchschnitt abweichen.
Die Achse Behandlungsvoraussetzungen besteht aus drei Kategorien, deren Items jeweils nach Ausprägungsgrad eingeschätzt werden von 0 = nicht vorhanden bis 3 = hoch.
Die Kategorien sind subjektive Dimensionen (z. B. subjektiver Schweregrad der Beeinträchtigung), Ressourcen (z. B. Beziehungen zu Gleichaltrigen) und Therapievoraussetzungen (z. B. Einsichtsfähigkeit). Die psychometrische Güte der OPD-KJ ist zufrieden3 In der aktuellen Neufassung der OPD-KJ 2 (Arbeitskreis OPD-KJ, 2013) wurde der Konflikt
Autonomie vs. Abhängigkeit in Nähe-Distanz Konflikt umbenannt, Versorgung vs. Autarkie wurde
umbenannt in Selbstversorgen vs. Versorgtwerden und der Loyalitätskonflikt wurde umbenannt in
Schuldkonflikt.
836 K. Weitkamp et al.
stellend (Weitkamp, Wiegand-Grefe, Romer, 2012). Alle teilnehmenden Therapeuten
erhielten für die im Rahmen der Studie vorgenommene OPD-KJ-Diagnostik eine gesonderte Schulung.
2.3.2 Beeinträchtigungsschwere
Der Beeinträchtigungsschwere-Score für Kinder und Jugendliche (BSS-K; Fahrig,
Hartmann, Kronmüller, unveröffentl. Manuskript) umfasst vier Dimensionen: psychische, somatische, sozial-kommunikative und Leistungsbeeinträchtigung und besteht aus sechs Items. Jedes Item wird vom Therapeuten auf einer fünfstufigen Skala
von 0 = überhaupt nicht bis 4 = sehr stark geratet. Ein Gesamtwert steht für das Ausmaß der Beeinträchtigung (Cut-Off > 6; Stefini et al., 2008). Die Retest-Reliabilität
lag bei rtt = .84 (Fahrig et al., unveröffentl. Manuskript).
2.4 Auswertungen
Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 20.0. Für alle Auswertungen wurde
das Signifikanzniveau auf α ≤ .05 festgelegt. Die Einschätzung der Effektstärken
folgte gängigen Kriterien (Cohen, 1988). Im Rahmen der Berechnungen der Skalengesamtwerte wurde das Item Krankheitsgewinn der Skala Therapievoraussetzungen
vorab umgepolt. Der selbstbezügliche Kreis der Achse Beziehung wurde in zwei
Subskalen berechnet (Weitkamp, Wiegand-Grefe, Romer, 2013; Winter, Jelen, Pressel, Lenz, Lehmkuhl, 2011). Die positive sowie die negative selbstbezügliche Beziehung wurden somit durch jeweils vier Items erfasst.
Die Analyse der Veränderungen auf den Achsen Beziehung, Konflikt und Struktur der OPD-KJ zwischen Therapiebeginn und -ende erfolgte mittels einfaktorieller
Varianzanalysen mit Messwiederholung. Zur Überprüfung des Zusammenhangs
der Veränderungen in den OPD-KJ-Achsen mit Veränderungen in der Beeinträchtigungsschwere wurden multiple lineare Regressionen berechnet. Untersucht wurde,
ob die Veränderungen auf den OPD-KJ-Achsen (Prädiktoren) den Rückgang in der
Beeinträchtigungsschwere (abhängige Variable) vorhersagen können. Vorab wurden
Differenzvariablen gebildet (Therapiebeginn/t1 – Therapieende/t2), sodass positive
Werte positiven Veränderungen in den OPD-KJ-Achsen und der Beeinträchtigungsschwere entsprechen. In der Regression wurden darüber hinaus die jeweiligen OPDKJ-Ausgangswerte zu t1 sowie die Beeinträchtigungsschwere zu t1 als Prädiktoren mit
aufgenommen, um für unterschiedliche Ausgangsniveaus zu kontrollieren. Die Prädiktoren wurden schrittweise in die Regression eingeschlossen.
Die Voraussetzungen für die Verfahren wurden vorab geprüft. Normalverteilung,
Varianzhomogenität und Homoskedastizität konnten angenommen werden. Mulitkollinearität für die Regression konnte ausgeschlossen werden.
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
837
3
Ergebnisse
Die Stichprobe wurde von den Therapeuten zu Therapiebeginn insgesamt als deutlich beeinträchtigt wahrgenommen. Die Struktur wurde im Durchschnitt als mäßig integriert eingeschätzt (Steuerung: M = 2,13; SD = 0,55; Selbst/Objekterleben: M = 1,93;
SD = 0,55; Kommunikative Fähigkeiten: M = 1,97; SD = 0,55). Die Therapeuten
schätzten den positiven Selbstbezug durchschnittlich als etwas vorhanden ein (M = 2,31;
SD = 0,81), den negativen Selbstbezug hingegen als mittelmäßig vorhanden (negativ:
M = 2,86; SD = 0,92). Als wichtigster Konflikt wurde zu Therapiebeginn an erster
Stelle Versorgung versus Autarkie (26,2 %) benannt, gefolgt von Selbstwertkonflikt
(18,6 %), Abhängigkeit versus Autonomie (17,2 %) und Unterwerfung versus Kontrolle (14,5 %). Die anderen Konflikte wurden eher selten als wichtig angesehen
(< 9,7 %). Die Ausprägung des wichtigsten Konflikts wurde überwiegend als sehr
bedeutsam angesehen (M = 2,74, SD = 0,60).
3.1 Prä-post Veränderung in den OPD-KJ-Achsen
Struktur. Die Berechnung der einfaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung
zeigte, dass sich die Ausprägungen auf den drei Dimensionen der Achse Struktur
zwischen Therapiebeginn und -ende signifikant positiv in der Größenordnung von
großen Effektstärken veränderten (s. Tab. 1).
Tabelle 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Achsen Struktur, Beziehung (selbstbezüglicher
Kreis) und Konflikt zu Therapiebeginn und -ende
Struktur
Struktur
Steuerung
Selbst-/Objekterleben
Kommunikative Fähigkeiten
Selbstbezüglicher Kreis
Positive Beziehung
Negative Beziehung
Konflikt
Wichtigster Konflikt
Therapiebeginn Therapieende F
M (SD)
M (SD)
p
η²
2,14 (0,55)
1,94 (0,55)
1,97 (0,55)
1,65 (0,55)
1,55 (0,52)
1,59 (0,54)
144,000
85,252
102,230
<.001
<.001
<.001
,454
,373
,415
2,30 (0,80)
2,86 (0,92)
3,34 (0,78)
2,04 (0,74)
119,712
105,385
<.001
<.001
,557
,424
2,74 (0,60)
1,83 (0,89)
144,635
<.001
,503
Beziehung (selbstbezüglicher Kreis). Im Selbstbezug der Patienten ergab eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung auf dem Faktor Zeit, dass mit positiven Selbstgefühlen verbundener Umgang der Patienten mit sich selbst signifikant
über die Zeit zunahm. Mit negativen Selbstgefühlen verbundener Umgang mit sich
selbst nahm dagegen zwischen Therapieanfang und -ende signifikant ab. Nach Cohen (1988) sind die Effekte als groß einzuschätzen (s. Tab. 1).
838 K. Weitkamp et al.
Konflikt. Die Durchführung einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung zeigte eine signifikante Abnahme der Virulenz für den wichtigsten Konflikt
mit großen Effekten (s. Tab. 1).
3.2 OPD-KJ-Achsen als Prädiktoren für den Therapieerfolg
Die Hypothese, dass die Veränderungen auf den OPD-KJ-Achsen Struktur, Konflikt und
Beziehung eine Symptomveränderung zum Therapieende vorhersagen können, wurde
mittels multiplen Regressionsanalysen untersucht. Hierzu wurden die Ausgangswerte
sowie die Differenzwerte t1-t2 der Achsen schrittweise in die Regression eingeschlossen.
Abhängige Variable war die Veränderung der Beeinträchtigungsschwere von t1-t2. Das
finale Modell ist in Tabelle 2 dargestellt. Durch die eingeschlossenen Prädiktoren konnten 63 % der Varianz aufgeklärt werden. Signifikante Prädiktoren waren die Verbesserung
der kommunikativen Fähigkeiten (β = ,35), ein höherer Ausgangswert der Beeinträchtigungsschwere (β = ,67), die Verbesserung im selbstbezüglichen Kreis/positiv (β = ,50),
der Ausgangswert im selbstbezüglichen Kreis/positiv (β = ,40), bessere kommunikative Fähigkeiten zu Therapiebeginn (β = -,17), die Verbesserung im wichtigsten Konflikt (β = ,17) sowie eine geringere Ausprägung im wichtigsten Konflikt (β = -,12).
Tabelle 2: Multiple Regression mit den Ausgangswerten (t1) sowie den Veränderungen (t1-t2) auf der
Achse Struktur als Prädiktoren für die Veränderung der Beeinträchtigungsschwere im Therapieverlauf
Korr. R² b
Eingeschlossene Prädiktoren
β
t
p
95% KI
U/O
.63
t1-t2 Differenz Kommunikative Fähigkeiten
t1 Beeinträchtigungsschwere
t1-t2 Differenz selbstbezügl. Kreis/positiv
t1 selbstbezügl. Kreis/positiv
t1 Kommunikative Fähigkeiten
t1-t2 Differenz wichtigster Konflikt
t1 wichtigster Konflikt
3,17
0,76
2,21
2,05
-1,27
0,79
-0,83
,35 4,971
,67 10,518
,50 6,359
,40 5,002
-,17 -2,314
,17 2,652
-,12 -2,046
<,001 1,91/4,43
<,001 0,61/0,90
<,001 1,52/2,89
<,001 1,24/2,86
,022 -2,36/-0,18
,009 0,20/1,38
,043 -1,63/-0,03
Anmerkungen: KI = Konfidenzintervall, U = untere Grenze, O = obere Grenze, t1 = Therapiebeginn,
t2 = Therapieende
Behandlungsvoraussetzungen. Es wurde mittels einer multiplen linearen Regression
geprüft, ob die Items der Achse Behandlungsvoraussetzungen zu t1 den Rückgang der
Beeinträchtigungsschwere von t1 zu t2 vorhersagen können. Das finale Regressionsmodell erklärte 9,6 % der Varianz (s. Tab. 3) und umfasste zwei Items: den subjektiven
Schweregrad der psychischen Beeinträchtigung (β = .25, p ≤ .016) sowie intrapsychische
Ressourcen (β = .23, p ≤ .028). Das bedeutet, dass lediglich eine hohe subjektive Beeinträchtigung durch die psychische Symptomatik sowie gut ausgeprägte intrapsychische
Ressourcen im Umfang kleiner Effekte für den Therapieerfolg prädiktiv waren.
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
839
Tabelle 3: Multiple Regression mit den Items der Achse Behandlungsvoraussetzungen als Prädiktoren
für die Veränderung der Beeinträchtigungsschwere im Therapieverlauf
Eingeschlossene Prädiktoren
Korr. R² b
β
t
p
95% KI
U/O
1,36 0,25
2,450
,016
0,26/2,46
1,32 0,23
2,235
,028
0,15/2,49
.10
Subjektiver Schweregrad psychischer
Beeinträchtigung
Intrapsychische Ressourcen
Anmerkungen: KI = Konfidenzintervall, U = untere Grenze, O = obere Grenze, t1 = Therapiebeginn,
t2 = Therapieende
4
Diskussion
In der vorliegenden Studie wurde die Veränderung psychodynamischer Konstrukte
wie Struktur, Beziehung und intrapsychische Konflikte im Verlauf von analytischer
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie betrachtet. Darüber hinaus wurde untersucht, ob die Achsen der OPD-KJ den Therapieerfolg vorhersagen können bzw. die
Veränderung in den Achsen mit dem Therapieerfolg im Zusammenhang stehen.
Des Weiteren wurde der Zusammenhang der Behandlungsvoraussetzungen zum
Therapieerfolg betrachtet.
Die varianzanalytische Prüfung der Veränderungen der Ausprägungen auf den Achsen Struktur, Konflikt und Beziehung ergab signifikant positive Veränderungen auf allen
drei Achsen zwischen Therapiebeginn und -ende. Die Verbesserungen bezüglich der
Achse Struktur zeigten sich hierbei auf den drei Dimensionen Steuerung, Selbst- und
Objekterleben und Kommunikative Fähigkeiten im Sinne einer Verbesserung des strukturellen Integrationsniveaus. Jelen-Mauboussin und Kollegen (2012) kamen im Rahmen
einer Veränderungsmessung mit der Strukturachse zu vergleichbaren Ergebnissen. Die
Patienten wiesen zwei Jahre nach ihrer stationären Behandlung ein signifikant höheres
Integrationsniveau der Struktur als zu Behandlungsbeginn auf. Während sich auf der
Dimension Steuerung und Kommunikative Fähigkeiten bedeutsame Verbesserungen
zeigten, veränderten sich die Ausprägungen auf der Dimension Selbst- und Objekterleben dort nicht signifikant (Jelen-Mauboussin et al., 2012). Eine mögliche Ursache für
diesen Befund könnte die kleine Stichprobe von 25 Patienten sein, die durch eine hohe
Drop-out-Rate verursacht wurde. Zudem nahm im Rahmen der vorliegenden Arbeit
ein mit positiven Selbstgefühlen einhergehender Umgang der Patienten mit sich selbst
(affektiv positiv getönter Selbstbezug) signifikant zu. Hinsichtlich des negativen affektiv
getönten Selbstbezuges zeigte sich außerdem eine signifikante Abnahme zwischen Therapiebeginn und -ende mit großen Effekten. Auch bezüglich der Achse Konflikt zeigte
sich, dass sich die Ausprägung des wichtigsten Konflikts zwischen Therapiebeginn und
-ende signifikant positiv veränderte. In der Operationalisierung der Konfliktachse bedeutet dies, dass dieser Konflikt bei Therapieende weniger dysfunktional und entwick-
840 K. Weitkamp et al.
lungsbeeinträchtigend organisiert war. Nach den Einschätzungen der Therapeuten war
der wichtigste Konflikt auch zu Therapieende im Mittel noch vorhanden, hatte jedoch
an Bedeutsamkeit verloren. Die vorliegenden Befunde sprechen damit dafür, dass eine
analytische Therapie neben der belegten Symptomreduktion (Abbass et al., 2013) auch
im Hinblick auf spezifische psychodynamische Konstrukte wirksam ist.
Im Rahmen der Überprüfungen, wie die Ausgangswerte und die Veränderung auf
den Achsen Struktur, Beziehung und Konflikt mit dem Therapieerfolg also der Reduktion der Beeinträchtigungsschwere zum Therapieende zusammenhängen, zeigte sich eine
prädiktive Bedeutung für die Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten, den Ausgangswert der Beeinträchtigungsschwere, die Verbesserung im affektiv positiv getönten
Selbstbezug, den Ausgangswert im positiv getönten Selbstbezug, bessere kommunikative
Fähigkeiten zu Therapiebeginn, die Verbesserung im wichtigsten Konflikt sowie eine geringere Ausprägung im wichtigsten Konflikt zu Therapiebeginn. Demnach erscheinen
gewisse Ausgangsbedingungen günstiger für den Therapieverlauf zu sein, insbesondere
die kommunikativen Fähigkeiten des Patienten. Aber auch gewisse Verbesserungen im
Verlauf der Therapie, wie z. B. ein positiverer Selbstbezug oder eine deutlichere Konfliktreduktion, waren mit einem Rückgang der Beeinträchtigung assoziiert.
Bei den Behandlungsvoraussetzungen zeigte sich, dass lediglich eine hohe subjektive Beeinträchtigung durch die psychische Symptomatik sowie gut ausgeprägte intrapsychische Ressourcen den Therapieerfolg prädiktiv vorhersagen konnten, bemerkenswerterweise jedoch nicht die differenziert operationalisierten Items subjektiver
Leidensdruck, Veränderungsmotivation und Spezifische Therapiemotivation. Dies mag
Anlass geben, die Konzeption der Differenzierung dieser Items bzw. die Validität ihrer
Operationalisierung kritisch zu hinterfragen. Es bleibt künftigen Studien mit der Neufassung der OPD-KJ 2 vorbehalten zu prüfen, ob die bei Therapiebeginn erhobenen
Behandlungsvoraussetzungen in ihrem prädiktiven Wert auf den Behandlungsverlauf
aussagekräftiger sind als in der vorliegenden Studie. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Studie von Winter, Jelen und Lehmkuhl (2007) waren in dieser Studie damit
die intrapsychischen Ressourcen im Hinblick auf die Prädiktion des Therapieerfolges
bedeutsamer als familiale und soziale Ressourcen. Die Autoren stellten familiale Ressourcen, die Beziehung zu Gleichaltrigen, eine höhere Behandlungsmotivation, eine
bessere Bündnisfähigkeit sowie eine geringere psychische und somatische Beeinträchtigung als wichtige Prädiktoren für den Therapieerfolg fest. In der Studie von Jelen
wurde der Therapieverlauf anhand verschiedener Beurteilerperspektiven erfasst. Dies
kann eine mögliche Ursache für die Unterschiede in den Ergebnissen sein.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verdeutlichen, dass sich die Struktur, Konflikte und Beziehungsfähigkeit im Verlauf von analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie bei einer hochbelasteten, meist komorbiden naturalistischen Stichprobe aus Therapeutensicht positiv veränderten. Bei der untersuchten Stichprobe handelte
es sich um eine klinische Inanspruchnahme-Population mit einem breiten Störungsspektrum und hoher klinischer Repräsentativität. Die OPD-KJ-Achsen zeigten sich
sensitiv bezüglich therapieinduzierter Veränderungen.
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
841
5
Limitationen
Bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse gilt es einige methodische Limitationen zu berücksichtigen. In der vorliegenden Untersuchung wurde aufgrund
ökonomischer Restriktionen lediglich der selbstbezügliche Kreis der Beziehungsachse
miteinbezogen. Neben dem Selbstbezug sollten künftige Untersuchungen, wie in der
OPD-KJ-Diagnostik vorgesehen, auch die interpersonelle Beziehungsgestaltung berücksichtigen. Wie in der OPD-KJ-Diagnostik beabsichtigt, sollte neben der Analyse
des interpersonellen Beziehungsverhaltens auf dyadischer Ebene die Befunderhebung
auch auf triadischer Ebene stattfinden. Auf diese Weise würde ein komplexerer Blick
auf das Beziehungssystem des Kindes mit den realen Abhängigkeiten des Kindes ermöglicht werden. Eine methodische Schwäche liegt in der geringen internen Konsistenz des negativen selbstbezüglichen Kreises der Achse Beziehung. Als Zielkriterium
für den Therapieerfolg wurde die von den Therapeuten eingeschätzte Beeinträchtigungsschwere gewählt, um einen Beurteiler-Bias zu vermeiden, der durch wechselnde Beurteilerperspektiven anzunehmen wäre. Die Therapeuten haben ebenfalls die
OPD-KJ-Ratings abgegeben. Wählt man ein anderes Zielkriterium für den Therapieerfolg, beispielsweise die vom Elternteil eingeschätzte Symptomreduktion (erfasst
mit der Child Behavior Checklist, CBCL; Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior
Checklist, 1998), weist lediglich die Steuerung einen signifikanten Zusammenhang
zur Symptomreduktion auf. Dies ist teilweise auf die geringe Übereinstimmung zwischen verschiedenen Beurteilerperspektiven zurückführbar (De Los Reyes u. Kazdin,
2005). Zur Abschätzung der Robustheit der präsentierten Befunde ist es in zukünftiger Forschung wichtig, die Befunde mit einem objektiven Fremdmaß zu replizieren,
dass den Therapieerfolg nicht allein aus Behandlerperspektive erfasst. Hierzu würden
sich z. B. klinische Interviews bei Behandlungsbeginn und -ende durch von der Therapie unabhängige Untersucher sowie OPD-KJ-Fremd-Ratings anhand videografierter
psychodynamischer Erstinterviews eignen.
Interessant wäre gewesen, die Stabilität der erzielten Verbesserungen zu betrachten.
Für die Verbesserung der Symptomatik zeigten sich in der Stichprobe beispielsweise stabile Effekte ein Jahr nach Therapieende (Weitkamp et al., eingereicht). Da die
Therapeuten ihre Patienten nach Therapieende jedoch nicht wieder gesehen haben,
konnte die OPD-KJ in der Katamnese nicht eingesetzt werden.
842 K. Weitkamp et al.
Fazit für die Praxis
Das strukturelle Integrationsniveau, der affektive Selbstbezug und die klinische Bedeutsamkeit intrapsychischer Konflikte werden im Verlauf einer analytischen Kinderund Jugendtherapie deutlich verbessert. Die OPD-KJ eignet sich als Verlaufsinstrument und kann neben zentralen Aspekten wie Indikationsstellung und Fokus in der
Therapie zur Qualitätssicherung und Therapieevaluation dienen. Aus der differenzierten Betrachtung der Psychodynamik von Patienten können wichtige Kenntnisse
für die Therapiegestaltung und für die Prozessdokumentation gewonnen werden. Des
Weiteren trägt die differenzierte Herangehensweise zu einem ganzheitlicheren Bild
von Therapieverläufen bei. So bleibt zu hoffen, dass einzelne methodische Schwächen, die sich im Rahmen psychometrischer Untersuchungen zur OPD-KJ gezeigt
haben (Weitkamp et al., 2012), durch die Überarbeitungen in der Neufassung der
OPD-KJ-2 (Arbeitskreis OPD-KJ, 2013) überwunden wurden und mit der OPD-KJ 2
künftig als qualitätssicherndes und therapieevaluierendes Instrument zur Verfügung
steht, das im Rahmen der Wirksamkeitsforschung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie eine deutlich verbesserte Validität haben wird.
Literatur
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OPD-KJ-Achsen im Verlauf analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie������
843
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Winter, S., Jelen, A., Pressel, C., Lenz, K., Lehmkuhl, U. (2011). Klinische und empirische
Befunde zur OPD-KJ. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 60, 41-59.
Korrespondenzanschrift: Dr. Katharina Weitkamp, Zentrum für klinisch-psychologische Forschung und Familienforschung (ZKPF), MSH Medical School Hamburg, Am
Kaiserkai 1, 20457 Hamburg; E-Mail: [email protected]
Katharina Weitkamp und Silke Wiegand-Grefe, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und psychosomatik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; jetzt im Zentrum für klinischpsychologische Forschung und Familienforschung (ZKPF) an der MSH Medical School Hamburg; Sanna
Claaßen, Fachbereich Psychologie, Universität Hamburg; Georg Romer, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und psychosomatik, Universitätsklinikum Münster
AUTOREN UND AUTORINNEN
Sandra Achtergarde, Dr. phil., Dipl.-Psych., wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kinder- und
Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster.
Marlies Averbeck-Holocher, Dr. med., Dipl.-Psych., leitende Oberärztin der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster.
Aline Baader, seit 2012 Assistenzärztin in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg.
Sanna Claaßen, Psychologin (M. Sc.) in Ausbildung zur Tiefenpsychologischen Psychotherapeutin am ZAP-Nord in Lübeck.
Tilman Fürniss, Prof. Dr. med., Professor em. und ehemaliger Direktor der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster.
Michael Kaess, Dr. med., Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie
und Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums
Heidelberg.
Annette M. Klein, Dr. phil., Dipl.-Psych., wissenschaftliche Mitarbeiterin und Forschungskoordinatorin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
des Kindes- und Jugendalters, Universität Leipzig.
Jörg Michael Müller, Dr. phil., Dipl.-Psych., Forschungskoordinator der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster.
Tanja Müller-Göttken, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin
(DPV/IPA) und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie,
Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, Universität Leipzig.
Christian Postert, Dr. med., Dr. phil., wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster
und Professor mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie an
der Hochschule für Gesundheit in Bochum.
Franz Resch, Prof. Dr. med., Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,
Psychoanalytiker, ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Psychosozialen Zentrum, Universitätsklinikum Heidelberg.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 844 ­– 845 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
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Autoren und Autorinnen 845
Georg Romer, Prof. Dr. med., Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie am Universitätsklinikum Münster.
Klaus Schmeck, Prof. Dr. med., Dipl.-Psych., Ordinarius für Kinder- und Jugendpsychiatrie
der Universität Basel.
Kai von Klitzing, Prof. Dr. med., Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Psychoanalytiker (IPA), Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, Universität Leipzig.
Katharina Weitkamp, Dr. phil., Dipl.-Psych., methodische Leitung des Zentrums für klinischpsychologische Forschung und Familienforschung an der MSH Medical School Hamburg.
Ida Wessing, Dr. rer. nat., Dipl.-Psych., wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, Universitätsklinikum Münster.
Silke Wiegand-Grefe, Prof. Dr. rer. nat., Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie
an der MSH Medical School Hamburg. Leiterin des Zentrums für klinisch-psychologische Forschung und Familienforschung und der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz der MSH.
Lars O. White, M.Sc., B.Sc., Verbundprojektkoordinator AMIS, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, Universität Leipzig.
GUTACHTER UND GUTACHTERINNEN
Über den Herausgeberkreis hinaus waren 2014 eine Reihe von Gutachterinnen und Gutachtern für die Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie tätig. Herausgeberinnen,
Herausgeber und Redaktion danken den folgenden Referentinnen und Referenten für ihre
ausführlichen und detaillierten Stellungnahmen.
Prof. Dr. Françoise Alsaker, Bern
Prof. Dr. Cord Benecke, Kassel
PD Dr. Corinna Bergelt, Hamburg
Dr. Thomas Beyer, Münster
Prof. Dr. Sarah Yvonne Brandl, Münster
Dr. Andreas Eickhorst, München
Dr. Sylvia Eimecke, Marburg
Dr. Reinhold Feldmann, Münster
Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Ulm
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Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Frankfurt/M.
Dr. Sandra Lutz Hochreutener, Zürich
Prof. Dr. Bettina Janke, Heidelberg
PD Dr. Inge Kamp-Becker, Marburg
PD Dr. Monika Keller, Heidelberg
Dr. Martin Knollmann, Essen
Dr. Jörn Moock, Lüneburg
Prof. Dr. Christoph Möller, Hannover
Dr. Jan Pauschardt, Fulda
Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin, Ulm
Dr. Wilhelm Preuss, Hamburg
Dr. Brigitte Ramsauer, Hamburg
Prof. Dr. Udo Rauchfleisch, Basel
Dr. Olaf Reis, Rostock
Prof. Dr. Hertha Richter-Appelt, Hamburg
Prof. Dr. Udo Rolle, Frankfurt/M.
Prof. Dr. Klaus Sarimski, Heidelberg
Prof. Dr. Renate Schepker, Ravensburg
Prof. Dr. Sören Schmidt, Düsseldorf
Prof. Dr. Klaus A. Schneewind, München
Prof. Dr. Wolfgang Schneider, Würzburg
Prof. Dr. Inge Seiffge-Krenke, Mainz
Dr. Peter Sitzer, Bielefeld
Manuel Stoiber, München
Prof. Dr. Annette Streeck-Fischer, Göttingen
Prof. Dr. Ulrich Strehlow, Freiburg
Dr. Regina Taurines, Würzburg
Dr. Ulf Thiemann, Heidelberg
Dr. Anne Toussaint, Hamburg
Cornelia Tsirigotis, Frankfurt/M.
Dr. Holger von der Lippe, Magdeburg
Prof. Dr. Andreas Warnke, Würzburg
Prof. Dr. Sabine Weinert, Bamberg
Dr. Katharina Weitkamp, Hamburg
Lars Otto White, Leipzig
Dr. Sibylle-Maria Winter, Berlin
Prof. Dr. Ute Ziegenhain, Ulm
Dr. Marina Zulauf Logoz, Zürich
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 846 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
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BUCHBESPRECHUNGEN
Hopf, H. (2014). Die Psychoanalyse des Jungen. Stuttgart: Klett-Cotta, 384
Seiten, 44,95 €.
Auf dieses Buch haben wir lange gewartet: Hans Hopf, zweifellos einer der bedeutendsten deutschen Kinderanalytiker, legt eine umfangreiche Anthologie des Jungen
vor. Dieses Schwergewicht von 400 Seiten enthält die ganze Kompetenz, Kreativität
und Begeisterung, dieses erfahrenen Therapeuten, der unerschrocken und mutig
ein Skotom aufgreift. Wir müssen uns wirklich fragen: Wie konnten wir all die Jahre
den Jungen immer nur durch die „weibliche Brille“ als „femme manque“ betrachten, als jemand, der sich nicht ausreichend an unsere weiblich geprägten Ideologie
anpasst, stört, laut ist, auf seine Autonomie bedacht und – trotz jahrzehntlanger
weiblicher Sozialisation – die Sehnsucht nach den philobatischen Weiten nicht ganz
aufgegeben hat? Es macht nachdenklich, wie ambivalent unser Männerbild ist und
dass sich, wie Hans Hopf belegt, viele Jungen von der „geknickten Männlichkeit“
nicht mehr erholen werden und zu einer gutartigen narzisstischen Integrität ihrer
Männlichkeit im Erwachsenenalter gelangen können.
Nachdem sowohl in den frühen analytischen Schriften von Helene Deutsch und Karen Horney, erst recht aber in den analytischen Diskursen der Nachkriegszeit, mehr das
Thema Mütter und (etwas weniger häufig) Töchter im Vordergrund stand, wurde es
wirklich Zeit, Jungen auf der Suche nach ihrer Identität zu begleiten und die einzigartigen, besonderen Charakteristiken dieses Geschlechts herauszuarbeiten.
Das Buch von Hans Hopf ist unerschrocken und mutig aber auch mutmachend –
und es zeugt von einem unglaublich reichen theoretischen und therapeutischen Wissen: Das beginnt bereits mit der sehr persönlichen Einleitung, die den Bogen spannt
von den Kriegskindern ohne Väter über traumatisierte Väter der Nachkriegszeit zu
Kriegskindern als spätere Väter bis zur Frage „Wieviel Junge darf es sein?“ Und es ist
eine klare Absage an das Schwarz-Weiß-Denken – keines der Geschlechter ist besser
als das andere! Durch die Dominanz des weiblichen Geschlechts in der Erziehung,
auch der öffentlichen Erziehung, erscheinen Jungen nämlich oft ungenügend mentalisiert und symbolisierungsfähig.
Komplex und vielschichtig werden biologische Grundlagen, die Geschlechtsentwicklung beim Jungen ebenso behandelt wie die psychoanalytischen Theorien, die die
Vater-Sohn- Beziehung und die Mutter-Sohn-Beziehung umfassen. In faszinierenden
Fallbeispielen beschreibt Hans Hopf wie sich die Mutter der sich entwickelnden Sexualität ihres Sohnes behutsam, neugierig, aber auch ängstlich nähert und wie dem
kleinen Jungen die Entidentifizierung mit der Mutter gelingt – oder misslingt: Sind
Mutters Schürzenbänder elastisch genug, lassen sie dem Sohn genügend Freiheit? Insbesondere an bestimmten Schaltstellen der Triebentwicklung, bei der Bearbeitung des
Kastrationskomplexes, des Ödipuskomplexes ist der hilfreiche Vater notwendig, proPrax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 847 – 852 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
848 Buchbesprechungen
fitieren Jungen von der Aktivierung des Explorationssystems, für dessen Förderung
Männer, Väter zuständig sind.
Daher beschreibt ein weiteres wichtiges Kapitel die sich entwickelnde Beziehung zwischen Vater und Sohn, ausgehend von der psychoanalytischen Bedeutung des Vaters
nach Freud und dem Gesetz des Vaters nach Lacan. Dabei geht es unter anderem um
entscheidende Identifizierungen mit dem Vater und die Bildung des Über-Ichs bei seinem Sohn. Aus der Sicht des Sohnes wird zwischen imaginärem Vater, symbolischem
und realem Vater unterschieden – das ist insbesondere bezüglich der häufig beklagten
„Vaterabwesenheit“ auch in Zweielternfamilien eine wichtige Unterscheidung – und
der Sohn auf dem Weg zur Erkundung der nichtmütterlichen Welt liebevoll begleitet.
Aber auch das Verständnis, das Hans Hopf für den Vater hat, ist bewegend. Die durchaus schwierige Situation für alle drei, Vater – Mutter – Sohn, aufzugreifen, mit Humor
und Feingefühl zu beleuchten und therapeutische Hilfen aufzuzeigen, ist Hans Hopf
überragend gelungen. Die einzigartige Mischung aus Neugier, Humor, kritischer Reflexion und warmherzigen therapeutischen Interventionen macht das Buch zu einer
faszinierenden Lektüre, die zeigt, dass die Entwicklung eines Sohnes ein Abenteuer ist,
auf das man sich einlassen muss, das öfter Angst und Unsicherheit weckt und mit dem
zunehmenden Alter des Kindes immer neue Kompetenzen vom Vater, von der Mutter
und vom Paar erfordert.
Eindrucksvoll wird in vielen wunderbaren Fallbespielen erörtert, wie sich der VaterSohn-Konflikt, der Mutter-Sohn-Konflikt, die „Störung“ des Sohnes, die Anlass für die
Aufnahme therapeutischer Hilfe ist, aus der Biografie seiner Eltern, ihren bisherigen Erfahrungen und ihrem Erleben der Partnerschaft entwickeln kann. Dabei ist hervorzuheben, dass es Hans Hopf gelingt, bei der Triangulierung die Paarebene nie aus den Augen
zu lassen, das heißt die Tatsache, dass der Sohn im triadischen Spiel, in der Interaktion
mit den Eltern auch Erfahrungen macht und internalisiert, die die Paarbeziehung seiner
Eltern betreffen. Es wird deutlich, wie die Probleme gemeinsam mit dem Therapeuten
gemeistert werden können – und dass das auch Spaß macht! Es ist ein absolutes Lesevergnügen, Hans Hopf sozusagen bei der therapeutischen Arbeit über die Schulter zu
schauen, seinen spielerischen und liebevollen Umgang mit allen Dreien, insbesondere
aber seine große Empathie für den Sohn zu erleben. Für mich als Entwicklungspsychologin ist es natürlich ein besonderer Genuss, die feinsinnigen und differenzierten Entwicklungsschritte des Sohnes von den frühen Entwicklungsstufen über die Latenz und
Adoleszenz nachzulesen – mit all den klugen und interessanten Ausführungen zur Vaterabwesenheit, zum Hass auf und der Sehnsucht nach dem Vater. Wie warmherzig und
liebevoll das lustvolle Kräftemessen, Angstlust und gefährliche Mutproben, der Aufbau
der Illusion einer narzisstischen Unabhängigkeit geschildert wurde!
Es ist hervorzuheben, das zentrale Tabuthemen wie Sexualität und Aggression, aber
auch die gesellschaftliche Realität mutig aufgegriffen und fundiert bearbeitet werden.
Überhaupt: Die neuen Medien, die gesellschaftliche Realität – das Computerspielen als
„Beruhigungsmittel“ für Jungen – man spürt, dass Hans Hopf in seiner therapeutischen
Arbeit wirklich auf dem Boden der gegenwärtigen Realität steht und die innere und
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Buchbesprechungen 849
äußere Welt unglaublich gut verbinden kann. Mit anderen Worten: Es ist ein absolut
wunderbares Buch, packend zu lesen und für den Praktiker im Feld von Therapie und
Beratung mit Sicherheit ein sehr großer Gewinn. Für mich ist es das schönste und spannendste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Inge Seiffge-Krenke, Mainz
Schanze, C. (2014). Psychiatrische Diagnostik und Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung. Ein Arbeits- und Praxisbuch für Ärzte, Psychologen, Heilerziehungspfleger und -pädagogen (2. Aufl.). Stuttgart: Schattauer, 468 Seiten, 54,99 €.
Die Überarbeitung des vor sieben Jahren erstmalig erschienenen Arbeits- und Praxisbuches begründet der Herausgeber mit der „zunehmenden Etablierung psychiatrischer Diagnostik und Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung“ innerhalb der Psychiatrie, was insbesondere zu einem weiter gespannten ambulanten
Netzwerk spezialisierter Versorgungsangebote geführt habe. Dadurch sei es gelungen, „moderne, wissenschaftlich fundierte Behandlungskonzepte für diese besondere Patientengruppe zugänglich zu machen“.
Der Band enthält nunmehr 33 Kapitel, die jeweils einem der vier Bereiche „Grundlagen der Diagnostik“, „ICD-10-Störungsbilder“, „Therapieverfahren“ und „Pädagogik, Betreuung und forensische Aspekte“, einer Art Restkategorie zugeordnet sind.
Die Beiträge beziehen sich ausschließlich auf erwachsene Menschen mit geistiger
Behinderung, behandeln aber Themen, die durchaus auch für den Kinder- und Jugendbereich relevant sind. Die ICD-10-orientierten Diagnosekapitel, die etwa die
Hälfte des Bandes ausmachen, enthalten jeweils eine allgemeine Einführung in
das Störungsbild und sodann Informationen zu den diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten bei Menschen mit Intelligenzminderung. Ein oder mehrere
Fallbeispiele bilden jeweils den Abschluss.
Die Autoren der Einzelbeiträge scheinen durchaus unterschiedliche Vorstellungen
vom Personenkreis der Menschen mit Intelligenzminderung zu haben. Teilweise
fragt man sich, wie die Behandlungsvorschläge zu einem IQ < 70 passen können,
etwa wenn im Kapitel „Persönlichkeitsstörungen“ ein Muster-Behandlungsvertrag
abgedruckt ist, der Klauseln wie „Wenn ich an einer Stunde nicht teilnehme, arbeite
ich den Inhalt bis zur nächsten Stunde nach“ enthält. Dies erklärt sich möglicherweise mit dem Vorgehen einiger Autoren, auch Menschen mit Lernbehinderung in
die Betrachtung einzubeziehen bzw. ihr Augenmerk sogar vornehmlich auf diese zu
richten, ein schlecht definierter Personenkreis, für den aber nach landläufiger Auffassung keine behinderungsspezifischen Besonderheiten auszumachen sind.
Der Informationsgehalt der Beiträge fällt sehr unterschiedlich aus. Einige beruhen
auf sorgfältiger Sichtung auch angloamerikanischer Fachliteratur und werden dem
eingangs formulierten Anspruch des Werkes durchaus gerecht. Andere ignorieren
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die Publikationslage weiträumig und begnügen sich mit der Weitergabe individueller klinischer Erfahrungen oder lassen behinderungstypische Aspekte weitgehend
außer Acht. In einigen Kapiteln finden sich ausgesprochen nützliche Hinweise, z. B.
zu Epilepsie oder Ess- und Schlafstörungen.
Auch in den Kapiteln, die sich den Behandlungsmöglichkeiten widmen, werden
die behinderungstypischen Spezifika der verschiedenen psychotherapeutischen Ansätze nur begrenzt deutlich. Der vierte Teil enthält Beiträge zu Pädagogik, Pflege,
Betreuungsrecht, psychiatrischen Versorgungsstrukturen, Maßregelvollzug, Krisenmanagement und ein schwer einzuordnendes Kapitel zum „besseren Verständnis
der Erfahrungswelt von Menschen mit Intelligenzminderung“.
Dieses Buch fällt nicht nur um 25 Seiten kürzer aus als vom Verlag behauptet,
sondern erfüllt auch nicht den vom Klappentext induzierten Anspruch, einen „umfassenden … Überblick über sämtliche psychiatrischen (sic!) Störungsbilder bei
Menschen mit Intelligenzminderung“ zu geben. Es ist aber zumindest teilweise in
der Lage, dem Praktiker brauchbare Informationen an die Hand zu geben. Es fehlen
wichtige Themen wie selbstverletzendes Verhalten oder Schmerz, die insbesondere
bei Menschen mit schwereren Ausprägungsformen der Intelligenzminderung von
Bedeutung sind. Leser, die Literaturverweise nicht für überflüssige Platzverschwendung, sondern für wertvolle Arbeitshilfen halten, vermissen die abgedruckten Quellenangaben. Diese müssen von der Verlagshomepage heruntergeladen werden – ein
lästiger Umstand. Desgleichen sind die Demonstrationsfilme, anders als in der Erstauflage, nicht mehr als DVD beigefügt, sondern müssen ebenfalls online gesehen
werden, was leistungsfähige Datennetze voraussetzt, die allerdings in absehbarer
Zeit nicht flächendeckend gewährleistet sind.
Dieter Irblich, Auel
Schuchardt, E. (2013) Warum gerade ich? Leben lernen in Krisen (13. Aufl.).
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 360 Seiten, 19,99 €.
Dieses Buch enthält so etwas wie das Lebenswerk von Erika Schuchardt. Über 2000
Lebensgeschichten der letzten 100 Jahre hat sie auf Gemeinsamkeiten hin untersucht. Die nach Themen sortierte Literaturliste nimmt einen großen Teil des Buches
ein. Allein diese Bibliografie ist ein wertvolles Nachschlagewerk für alle, die von
Krisen getroffen sind, aber auch für all jene, die sie privat oder beruflich begleiten.
Personen, die interviewt wurden, fanden oft Halt im christlichen Glauben, aber
häufig gerade nicht in den Kirchen. Betroffene fühlten sich eher als Objekt für „gute
Werke“, sehnten sich aber nach echter Begegnung in Augenhöhe und Anteilnahme.
Wo dies gelingt, ist es eine Bereicherung, auch für die Begleiter (s. Kapitel 4).
Krisenverarbeitung wird als Lernprozess verstanden. Der Weg durch eine Krise scheint der Autorin wie eine Spirale, eine Form, die sie sie in vielen Varianten
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entdeckt, z. B. in der Natur und in der Kunst. Einige eindrucksvolle Bilder werden
dazu veröffentlicht. Sie entwickelt einen achtfachen Spiralweg zur Krisenbewältigung, aufwärts gehen ihn die Betroffenen, abwärts die Nichtbetroffenen, die sich
in Interaktion mit ersteren befinden. Der Weg geht von 1) Ungewissheit, geschockt
sein und nicht annehmen können zu 2) der Gewissheit. Dann kommt ein von ihr als
sehr wichtig empfundener Schritt 3) Aggression, zu dem die Frage „warum gerade
ich“ gehört. In Schritt 4) wird verhandelt, in 5) eher Depression erlebt, um dann 6)
zu einer Annahme zu finden. Das ist die Voraussetzung zu 7) Aktivität und 8) Solidarität mit anderen. Dies bleibt ein lebenslanges Lernen, denn Krisen können in
jedem Leben nicht vermieden werden.
Ihre These, dass Aggression in diesem Prozess nötig ist und christlicher Glaube dies
auffangen kann, in Anklage an und Klage vor Gott, findet sie in den vielen Biografien
bestätigt. Dabei gibt es eine naiv-apathische und eine kritisch-sympathische Form.
Die Biographie von Pearl S. Buck, die ein geistig behindertes Kind hatte, wird dargestellt, hier lassen sich die einzelnen Phasen gut erkennen. Ein Kapitel beschäftigt
sich mit Biografien, in denen der Glaube eine wesentliche Rolle spielt: Luise Habel,
die an Kinderlähmung, Ingrid Weber-Fast, die an Depressionen leidet, Jacques Lusseyran, der blind war und durch die Nazis politisch verfolgt wurde, Ruth MüllerGarnn und Silvia und Albert Görres, die ebenfalls behinderte Kinder hatten.
Besonders beeindruckend ist die Geschichte der krebskranken Laurel Lee.
Als Nichttheologin, aber als kirchlich engagierte Frau, stellt Schuchardt verschiedene theologische Ansätze dar, die sich speziell mit Leid befasst haben: Dorothea
Sölle, A. M. K. Müller, Giesbert Greshake. Dabei ist ihr selber die Beziehungsdimension am wichtigsten: zu Gott auch bei gefühlter Gottesferne und zum anderen
Menschen, um sein Leid durch Mittragen zu lindern und zu ermöglichen, dass die
Spirale der Verarbeitung nicht abgebrochen wird.
Als besonderes „Bonbon“ liegt dem Buch eine DVD bei: ein Vortrag der Autorin
anlässlich der 150-jährigen deutsch-japanischen Freundschaft über Beethoven, der
unter seiner Taubheit zu leiden hatte. Dies wird anhand der Hammerklaviersonate
erläutert, in der alle acht Phasen der Krisenbewältigung vorkommen und vom Pianisten anschaulich erläutert werden.
Dass dieses Buch preisgekrönt und in elf Sprachen übersetzt wurde, darunter koreanisch, scheint absolut berechtigt, allein schon weil die Fülle der bearbeiteten Lebensgeschichten einzigartig ist.
Charlotte von Bülow-Faerber, Ilsede
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Die folgenden Neuerscheinungen können zur Besprechung bei der Redaktion
angefordert werden:
–– Alvarez, A. (2014). Das denkende Herz. Drei Ebenen psychoanalytischer Therapie mit gestörten Kindern. Frankfurt/M.: Brandes & Apsel, 304 Seiten, 34,90 €.
–– Bilke-Hentsch, O. et al. (Hrsg.) (2014). Praxisbuch Verhaltenssucht. Symptomatik, Diagnostik
und Therapie bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Stuttgart: Georg Thieme, 264 Seiten, 59,99 €.
–– Brehm, R. M. (2014). Handicap: Lesen und Schreiben? Geben Sie niemals auf! Die Chancen
phonetisch-phonologischer Strategien. Heidelberg: Springer, 330 Seiten, 19,99 €.
–– Gliemann, C., Faichney, N. (2014). Papas Seele hat Schnupfen. Karlsruhe: Monterosa Verlag,
60 Seiten, 19,80 €.
–– Jitschin, A. et al. (Hrsg.) (2014). Perspektiven der Bildungsberatung. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht, 228 Seiten, 19,99 €.
–– Lempa, G., Troje, E. (Hrsg.) (2014). Zwischen Biologie und Biographie. Einflüsse auf die therapeutische Praxis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 232 Seiten, 29,99 €.
–– Möller, H., Müller-Kalkstein, R. (Hrsg.) (2014). Gender und Beratung. Auf dem Weg zu mehr
Geschlechtergerechtigkeit in Organisationen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 208 Seiten, 29,99 €.
–– Müller-Vahl, K. (2014). Tourette-Syndrom und andere Tic-Erkrankungen im Kindes- und Erwachsenenalter (2., akt. u. erw. Aufl.). Berlin: MWV, 310 Seiten, 44,95 €.
–– Pohl, G. (2014). Kindheit – aufs Spiel gesetzt. Vom Wert des Spielens für die Entwicklung des
Kindes (4. Aufl.). Heidelberg: Springer, 203 Seiten, 19,99 €.
–– Scheidt, C. E. et al. (2014). Narrative Bewältigung von Trauma und Verlust. Stuttgart: Schattauer, 261 Seiten, 34,99 €.
–– Seel, H.-J. (2014). Beratung: Reflexivität als Profession. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,
269 Seiten, 29,99 €.
–– Wöller, W., Kruse, J. (2014). Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Basisbuch und Praxisleitfaden (4., aktual. Aufl.). Stuttgart: Schattauer, 589 Seiten, 59,99 €.
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TAGUNGSKALENDER
16.1.2015 in Essen:
Beginn der Seminarreihe Hypno-Systemisches Arbeiten in Beratung und Therapie
Auskunft: ifs – Bochumer Str. 50, 45276 Essen; Tel.: 0201-8486560, E-Mail: [email protected],
Internet: www.ifs-essen.de
27./28.1.2015 in Essen:
Workshop: Systemische Beratung/Therapie mit multikulturellen Klienten
Auskunft: ifs – Bochumer Str. 50, 45276 Essen; Tel.: 0201-8486560, E-Mail: [email protected],
Internet: www.ifs-essen.de
12.2.2015 in Essen:
Beginn der Seminarreihe KOF – Kinderorientierte Familientherapie
Auskunft: ifs – Bochumer Str. 50, 45276 Essen; Tel.: 0201-8486560, E-Mail: [email protected],
Internet: www.ifs-essen.de
12.-15.2.2015 in Brixen/Südtirol:
Start der Fortbildung tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie für Kinder und Jugendliche
Auskunft: Ärztliche Akademie für Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen e.V., Spiegelstr. 5, 81241 München; Internet: www.aerztliche-akademie.de
21.2.2015 in Wien/Österreich:
Jahrestagung 2015 der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in der Inneren Medizin.
Sprachlose Seele – klagender Körper
Auskunft: Ärztezentrale MED.INFO, Helferstorferstraße 4, A-1014 Wien; Tel.: +43/1-5311648,
Fax: +43/1-5311661, E-Mail: [email protected], Internet: www.oegpim.at/veranstaltungen
28.2.2015 in Frankfurt/M.:
21. Konferenz der Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftlichen Austausch der VAKJP. Psychoanalytische
Behandlung von Essstörungen: Falldarstellung – Manual – Leitlinien – Wirksamkeitsstudien
Auskunft: Kerstin Bolduan, Bundesgeschäftsstelle der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP), Kurfürstendamm 72, 10709 Berlin; Tel.: 030-32796260,
Fax 030-32796266, E-Mail: [email protected]
7./8.3.2015 in Bremen:
64. Kindertherapietage an der Universität Bremen
Auskunft: Eva Todisco, Zentrum für Klinische Psychologie der Universität Bremen, Grazer
Straße 6, 28359 Bremen; Tel.: 0421-218-68603, Fax: 0421-218-68629,
E-Mail: [email protected], Internet: www.zrf.uni-bremen.de
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 63: 853 - 854 (2014), ISSN: 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2014
854 Tagungskalender
25./26.3. in Frankfurt/M.:
Beratung in Zukunft – Im Zentrum der Hilfen
Auskunft: Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V., Internet: www.bke.de
24.4.2015 in Potsdam:
Fachtagung Autonomie und Mündigkeit in der Sozialen Arbeit
Auskunft: Internet: http://fachtag2015sozialearbeit.wordpress.com
25.4.-2.5.2015 in Klappholttal/Sylt:
30. Entspannungstherapiewoche der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren DG-E e.V.
Embodiment, entspannte Körper – verkörperte Entspannung
Auskünfte: DG-E e.V.-Geschäftsstelle, Blanckstraße 3, 23564 Lübeck, Tel.: 03212-7070533,
E-Mail: [email protected], Internet: www.dg-e.de
13.-17.7.2015 in Salzburg/Österreich:
64. Internationale Pädagogische Werktagung Salzburg. Einander anerkennen
Auskunft: Internet: www.bildungskirche.at/Werktagung
19./20.9.2015 in Bremen:
65. Kindertherapietage an der Universität Bremen
Auskunft: Eva Todisco, Zentrum für Klinische Psychologie der Universität Bremen, Grazer
Straße 6, 28359 Bremen; Tel.: 0421-218-68603, Fax: 0421-218-68629,
E-Mail: [email protected], Internet: www.zrf.uni-bremen.de
Aus dem Inhalt des nächsten Heftes
Thema: Psychotherapie in der Erziehungsberatung
K. Diegel: Angstbedingte Schulverweigerung – I. Herrmann: Integrierte Familienberatung als ganzheitliches Hilfeangebot – U. Lux u. M. Hudecek: Aggressives Verhalten von Kindern und Konflikte in der elterlichen Paarbeziehung – T. Schnelzer:
Tiefenpsychologische fundierte Psychotherapie in der Erziehungsberatung
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Praxis der Kinderpsychologie
und Kinderpsychiatrie
Ergebnisse aus Psychotherapie,
Beratung und Psychiatrie
63. Jahrgang 2014
Herausgeberinnen und Herausgeber
Ulrike Lehmkuhl, Berlin – Albert Lenz, Paderborn –
Franz Resch, Heidelberg – Georg Romer, Münster –
Maria von Salisch, Lüneburg – Svenja Taubner, Klagenfurt
Verantwortliche Herausgeber
Franz Resch, Heidelberg
Georg Romer, Münster
Redakteur
Kay Niebank, Bremen
Gegründet von
A. Dührssen und W. Schwidder
Frühere Herausgeber
R. Adam, M. Cierpka, A. Dührssen, E. Jorswieck, G. Klosinski,
M. Müller-Küppers, W. Schwidder, I. Seiffge-Krenke, F. Specht,
A. Streeck-Fischer
Vandenhoeck & Ruprecht
ISSN 0032-7034 (print), 2196-8225 (online)
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
Internet: www.v-r.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der
vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
Printed in Germany.
Satz: Kay Niebank, Hartwigstr. 2c, 28209 Bremen
Druck und Bindung: Hubert & Co., Robert-Bosch-Breite 6, 37379 Göttingen
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier
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Inhalt
Zum Thema / On the Subject
Möller, B., Romer, G.: Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter .( Gender
Dysphoria in Children and Adolescents). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
von Salisch, M.: Jugendliche im Web 2.0: Risiken und Chancen (Adolescents in Web
2.0: Risks and Chances). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
431
338
Übersichtsarbeiten / Review Articles
Baader, A., Schmeck, K., Resch, F., Kaess, M.: Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter (Psychotherapy of Personality Disorders in Adolescence). . .
Birkle, S., Holtmann, M.: Bipolare Depression im Kindes- und Jugendalter (Bipolar
Depression in Childhood and Adolescence). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Chodan, W., Häßler, F., Reis, O.: Programme zur Prävention von sexuellem Missbrauch
von Menschen mit geistiger Behinderung (Sexual Abuse Prevention Programs for
Individuals with Mental Retardation). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dolle, K., Schulte-Körne, G.: Komplementäre Ansätze zur Behandlung von depressiven Störungen bei Kindern und Jugendlichen (Complementary Treatment Methods for Depression in Children and Adolescents). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quindeau, I.: Geschlechtsidentitätsentwicklung jenseits starrer Zweigeschlechtlichkeit
(The Development of Gender Identity Beyond Rigid Dichotomy) . . . . . . . . . . . . . . . .
Wiencke, C., Lehr, D., Ebert, D. D., Sieland, B., Riper, H., Berking, M.: Internetbasierte Ansätze in der Prävention und Behandlung von depressiven Beschwerden bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Internet-based Approaches in Prevention
and Treatment of Depressive Symptoms in Adolescents and Young Adults). . . . . . . .
Zulauf Logoz, M.: Die Revision und 5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual
of Mental Disorders (DSM-5) und ihre Auswirkungen auf die Diagnostik im Kinder-/Jugendbereich (The Revision and 5th Edition of the Diagnostic and Statistical
Manual of Mental Disorders (DSM-5): Consequences for the Diagnostic Work with
Children and Adolescents) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
770
219
82
237
437
395
562
Originalarbeiten / Original Articles
Baldus, C., Haevelmann, A., Reis , O., Thomasius, R.: Internalisierendes Problemverhalten und Cannabiskonsum: Zusammenhänge und Einflussvariablen in einer
Querschnittsuntersuchung 14- bis 23-jähriger Cannabiskonsumenten (Internalizing Problem Behaviour and Cannabis Use: Associations and Variables of Influence in a Cross-Sectional Study of 14- to 23 Year Old Cannabis Users) . . . . . . . . . .
Becker, I., Gjergji-Lama, V., Romer, G., Möller, B.: Merkmale von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie in der Hamburger Spezialsprechstunde
200
IV
Inhalt
(Characteristics of Children and Adolescents with Gender Dysphoria Referred to
the Hamburg Gender Identity Clinic). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Belhadj Kouider, E., Koglin, U., Lorenz, A. L., Dupont, M., Petermann, F.: Interethnische Analysen der Verteilungen psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen in einer Inanspruchnahmepopulation (Interethnic Analyses of Distributions
in Children and Adolescents Mental Disorders in a Health Care Utilization). . . . . . .
Eichin, C., Fröhlich-Gildhoff, K.: Differenzielle Intervention im Feld der Frühen Hilfen (Differential Indication and Interventions in Early Support Systems for Young
Families) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Heger, J. P., Brunner, R., Parzer, P., Fischer, G., Resch, F., Kaess, M.: Depression und Risikoverhalten bei Jugendlichen (Depression and Risk Behavior in Adolescence). . . . . . .
Juen, F.: Aspekte der Mentalisierungsdiagnostik bei Kindern (Facets of Diagnostics
of Mentalization in Childre). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Korte, A., Beier, K. M., Vukorepa, J., Mersmann, M., Albiez, V.: Heterogenität von Geschlechtsidentitätsstörungen bei Jugendlichen: Zur differenziellen Bedeutung der
psychiatrischen Komorbidität und individuellen Psychodynamik (About the Heterogeneity in Adolescents with Gender Identity Disorder: Differential Importance of
Psychiatric Comorbidity and Considerations of Individual Psychodynamics). . . . . .
Lacina, R. M., Staub-Ghielmini, S., Bircher, U., Bianchi, F., Schmeck, K., Schmid, M.:
Die Erfassung von Problemverhalten bei Jugendlichen und ihre psychische Belastung im Selbsturteil (Survey of Problematic Behaviour of Adolescents and their
Self-Reported Psychopathology). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Meyenburg, B.: Geschlechtsdysphorie im Jugendalter. Schwierige Behandlungsverläufe (Gender Dysphoria in Adolescents: Difficulties in Treatment). . . . . . . . . . . . .
Möller, B., Nieder, T. O., Preuss, W. F., Becker, I., Fahrenkrug, S., Wüsthof, A., Briken,
P., Romer, G., Richter-Appelt, H.: Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit
Geschlechtsdysphorie im Rahmen einer interdisziplinären Spezialsprechstunde
(Care of Children and Adolescents with Gender Dysphoria in the Context of an
Interdisciplinary Special Consultation Service). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Müller-Göttken, T., White, L. O., von Klitzing, K., Klein, A. M.: Reflexive Kompetenz
der Mütter als Prädiktor des Therapieerfolgs mit Psychoanalytischer Kurzzeittherapie im Alter von 4-10 Jahren (Maternal Reflective Functioning as a Predictor
of Therapeutic Success of Psychoanalytic Short-term Therapy for Children Aged
4-10 Years). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Niemann, K., Häßler, F.: Seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in
der stationären Jugendhilfe/Heimerziehung (Children’s and Adolescents’ Mental
Health in Residential Youth Care Settings) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Otto, Y., Andreas, A., von Klitzing, K., Fuchs, S., Klein, A. M.: Traurig, besorgt und
ängstlich: Depression und Angststörungen im Vorschulalter – Befunde zu Relevanz, Symptomatik und Beeinträchtigungen (Sadness, Worries and Fears: Depression and Anxiety Disorders in Preschool Age – Results of Relevance, Symptoms
and Impairment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Pfetsch, J., Müller, C. J., Walk, S., Ittel, A.: Bewältigung von Cyberviktimisierung im
Jugendalter – Emotionale und verhaltensbezogene Reaktionen auf Cyberbullying
(Coping of Cybervictimization in Adolescence – Emotional and Behavioral Reactions to Cyberbullying). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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486
272
289
177
723
523
36
510
465
795
590
154
343
Inhalt
Postert, C., Achtergarde, S., Wessing, I., Romer, G., Fürniss, T., Averbeck-Holocher,
M., Müller, J. M.: Multiprofessionelle Intervallbehandlung psychisch kranker Kinder im Vorschulalter und ihrer Eltern in einer Familientagesklinik (Multiprofessional Intermittent Psychiatric Treatment of Children in Preschool Age and their
Parents in a Family Day Clinic). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quitmann, J., Rohenkohl, A., Sommer, R., Petzold, S., Bullinger, M., die deutsche
QoLISSY Kliniker Gruppe: Wie erleben betroffene Kinder und Jugendliche ihren
Kleinwuchs, und wie ist die Sicht ihrer Eltern? (How do Affected Children and
Adolescents Experience their Short Stature, and what is the Point of View of their
Parents?) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Reich, G., Horn, H., Winkelmann, K., Kronmüller, K.-T., Stefini, A.: Psychoanalytisch-orientierte Fokaltherapie der Bulimia nervosa bei weiblichen Jugendlichen
und jungen Erwachsenen. Ein Manual (Psychodynamik Focal Therapy of Bulimia
Nervosa for Female Adolescents and Young Adults) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rücker, S., Büttner, P., Petermann, U., Petermann, F.: Altersspezifische Effekte am
Beginn teilstationärer Jugendhilfemaßnahmen (Age-Specific Effects at the Beginning of In-/Out-/Daypatient Welfare Measures). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rutzen, K. M., Nieder, T. O., Schreier, H., Möller, B.: Die Versorgung von Kindern
und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie aus der Sicht internationaler Expertise (Clinical Treatment of Children and Adolescents with Gender Dysphoria from
International Experts’ Point of View). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sarimski, K.: Familiäre Belastungen in Pflege- und Adoptionsfamilien mit Kindern
mit fetalem Alkoholsyndrom (Caregiver Stress in Foster and Adoptive Parents of
Children with Fetal Alcohol Spectrum Disorders). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schindler, I., Desmet, M., Meganck, R., Kächele, H.: Psychoanalytische Einzelfallstudien von Kindern und Jugendlichen: Charakterisierung mit dem „Inventory of
Basic Information in Single Cases“ (Psychoanalytic Single Case Studies of Children and Adolescents: Characterisation with the „Inventory of Basic Information
in Single Cases“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schultze-Krumbholz, A., Höher, J., Fiebig, J., Scheithauer, H.: Wie definieren Jugendliche in Deutschland Cybermobbing? Eine Fokusgruppenstudie unter Jugendlichen einer deutschen Großstadt (How do Adolescents in Germany Define Cyberbullying? A Focus-Group Study of Adolescents from a German Major
City). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schultze-Krumbholz, A., Zagorscak, P., Wölfer, R., Scheithauer, H.: Das Medienhelden-Programm zur Förderung von Medienkompetenz und Prävention von
Cybermobbing: Konzept und Ergebnisse aus der Evaluation (Promotion of Media
Competence and Prevention of Cyberbullying Using the Medienhelden Program:
Results from an Evaluation Study). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Steger, L., Höllwarth, M., Rumpold, G., Juen, B.: Beziehungsmuster bei Müttern von
Kleinkindern mit funktioneller Obstipation (Relationship Pattern of Mothers
with Functional Constipated Infants). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Suing, M., Petermann, F., Schmidt, M. H., Gollan, T., Sinzig, J.: Das Kompetenzanalyseverfahren (KANN): Autismus-Spektrum-Störungen und/oder ADHS im
Vergleich (The German Competence Analysis Questionnaire (KANN): Autismspectrum-disorders and/or ADHD Compared). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
812
635
2
99
449
649
308
361
379
577
666
VI
Inhalt
Taubner, S., Curth, C., Unger, A., Kotte, S.: Die Mentalisierende Berufsausbildung
– Praxisbericht aus einer Pilotstudie an einem Berufsbildungswerk für lernbehinderte Adoleszente (The Mentalizing Vocational Training – First Results from a
Pilot Study with Adolescents with Learning Disabilities) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Taubner, S., Fritsch, S., Lück, M., Vesterling, C., Böhmann, J., Stumpe, A.: Mentalisierung und Bindungstransmission (Mentalization and Attachment Transmission). . .
Ulke, C., Klein, A. M., von Klitzing, K.: Auswirkungen von strukturellen Interventionen auf wiederholte kritische Ereignisse in der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie (Effects of Ward Interventions on Repeated Critical Incidents in Child
and Adolescent Psychiatric Inpatient Car). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
von Wyl, A.: Mentalisierung und Theory of Mind (Mentalization and Theory of
Mind). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wartberg, L., Thomsen, M., Moll, B., Thomasius, R.: Pilotstudie zur Effektivität eines
kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenprogramms mit psychoedukativen
Anteilen für Jugendliche mit pathologischem Internetgebrauch (Pilot Study on
the Effectiveness of a Cognitive Behavioural Group Programme for Adolescents
with Pathological Internet Use). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Weitkamp, K., Claaßen, S., Wiegand-Grefe, S., Romer, G.: Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ): die Achsen
im Verlauf von analytischer Kinder- und Jugendpsychotherapie (Operationalized
Psychodynamic Diagnostics in Childhood and Adolescence (OPD-CA): The Axis
During Psychoanalytic Child- and Adolescent Psychotherapy). . . . . . . . . . . . . . . . .
Witt, A., Schmid, M., Fegert, J. M., Plener, P. L., Goldbeck, L.: Temperament und
Charaktereigenschaften als protektive Faktoren bei Jugendlichen in stationären
Jugendhilfeeinrichtungen (Temperament and Character-Traits as Protective Factors Among Adolescents in Juvenile Residential Facilities). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
738
699
616
730
21
831
114
Leitlinien / Guidelines
Meyenburg, B., Korte, A., Möller, B., Romer, G.: Störungen der Geschlechtsidentität
im Kindes- und Jugendalter (F64) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
542
Buchbesprechungen / Book Reviews
Adam-Lauterbach, D. (2013). Geschwisterbeziehung und seelische Erkrankung. Entwicklungspsychologie, Psychodynamik, Therapie (E. Butzmann). . . . . . . . . . . . . . . . .
Bienstein, P., Rojahn, J. (Hrsg.) (2013). Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit
geistiger Behinderung. Grundlagen, Diagnostik und Intervention (D. Irblich) . . . . .
Bockmann, A.-K., Kiese-Himmel, C. (2012). ELAN-R. Elternfragebogen zur Wortschatzentwicklung im frühen Kindesalter (L. Unzner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dammasch, F., Teising, M. (Hrsg.) (2013). Das modernisierte Kind (H.-W. Dielitzsch,) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frank, C., Hermanns, L. M., Löchel, E. (Hrsg.) (2013). Jahrbuch der Psychoanalyse –
Beiträge zur Theorie, Praxis und Geschichte, Band 66 und Band 67 (M. Hirsch). . . .
ipabo_66.249.66.39
418
419
266
75
422
Inhalt
Fröhlich-Gildhoff, K. (2013). Angewandte Entwicklungspsychologie der Kindheit. Begleiten, Unterstützen und Fördern in Familie, Kita und Grundschule (L. Unzner). .
Hasselhorn, M., Heinze, A., Schneider, W., Trautwein, U. (Hrsg.) (2013). Diagnostik
mathematischer Kompetenzen (H. Mackenberg). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hopf, H. (2014). Die Psychoanalyse des Jungen (I. Seiffge-Krenke) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Jacob, A. (2014). Interaktionsbeobachtung von Eltern und Kind. Methoden – Indikation – Anwendung. Ein Praxisbuch (K. A. Schneewind). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Landolt, M. A. (2012). Psychotraumatologie des Kindesalters. Grundlagen, Diagnostik
und Interventionen (D. Irblich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lehmkuhl, G., Petermann, F. (Hrsg.) (2014). Fallbuch Scenotest (F. Wienand) . . . . . . .
Lehmkuhl, G., Poustka, F., Holtmann, M., Steiner, H. (Hrsg.) (2013). Lehrbuch der
Kinder- und Jugendpsychiatrie. Band 1: Grundlagen, Band 2: Störungsbilder (D.
Irblich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lenz, A., Brockmann, E. (2013). Kinder psychisch kranker Eltern stärken. Informationen für Eltern, Erzieher und Lehrer (E. Schmutz). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Leu, H. R., von Behr, A. (Hrsg.) (2013). Forschung und Praxis der Frühpädagogik.
Profiwissen für die Arbeit mit Kindern von 0-3 Jahren (L. Unzner). . . . . . . . . . . . . . .
Leuzinger-Bohleber, M., Bahrke, U., Negele, A. (Hrsg.) (2013). Chronische Depression. Verstehen – Behandeln – Erforschen (C. von Bülow-Faerber) . . . . . . . . . . . . . . . .
Maercker, A., Forstmeier, S. (Hrsg.) (2013). Der Lebensrückblick in Therapie und Beratung (K. Niebank). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Möller, C., Glaschke, V. (2013). Computersucht. Was Eltern tun können (R. Kammerl). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Müller, A. W., Reisenzein, R. (2013). Emotionen – Natur und Funktion (C. von BülowFaerber). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Müller-Rösler, U., Lehmkuhl, G., Oelsner, W. (2012). Entwicklung neu denken. Mit
Kunst lernen und lehren (C. von Bülow-Faerber). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Petermann, F., Rißling, J.-K. (Hrsg.) (2013). Fallbuch SET 5-10 (D. Irblich). . . . . . . . . .
Rass, E. (Hrsg.) (2012). Allan Schore: Schaltstellen der Entwicklung. Eine Einführung in die Theorie der Affektregulation mit seinen zentralen Texten (M. Naumann-Lenzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rauwald, M. (Hrsg.) (2013). Vererbte Wunden. Transgenerationale Weitergabe traumatischer Erfahrungen (C. von Bülow-Faerber). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rost, D. H. (2013). Handbuch Intelligenz (M. Mickley). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sarimski, K., Hintermair, M., Lang, M. (2013). Familienorientierte Frühförderung von
Kindern mit Behinderung. Beiträge zur Frühförderung interdisziplinär – Band 17
(D. Irblich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schanze, C. (2014). Psychiatrische Diagnostik und Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung. Ein Arbeits- und Praxisbuch für Ärzte, Psychologen, Heilerziehungspfleger und -pädagogen (D. Irblich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schuchardt, E. (2013) Warum gerade ich? Leben lernen in Krisen (C. von BülowFaerber). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seidler, G. H., Freyberger, H. J., Maercker, A. (2011). Handbuch der Psychotraumatologie (D. Irblich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Senf, W., Broda, M., Wilms, B. (2013). Techniken der Psychotherapie. Ein methodenübergreifendes Kompendium (L. Fröhlich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
609
325
847
687
71
688
324
555
140
762
690
420
73
72
139
142
70
608
326
849
850
138
763
VIII
Namensverzeichnis
Neuere Testverfahren / Test Reviews
Gleißner, U., Krause, M. P., Reuner, G. (2011). KOPKI 4-6. Fragebogen zur Erfassung kognitiver Prozesse bei 4- bis 6-jährigen Kindern (D. Irblich) . . . . . . . . . . . . .
Petermann, F. (2012). SET 5-10. Sprachstandserhebungstest für Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren (D. Irblich). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
131
Editorial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150, 335, 696, 768
Autoren und Autorinnen / Authors . . . . . . . . . . 63, 130, 264, 322, 416, 553, 607, 685, 761, 844
Neuere Testverfahren / Test Reviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65, 131
Buchbesprechungen / Book Reviews. . . . . . . . . . 70, 138, 266, 324, 418, 555, 608, 687, 762, 847
Tagungskalender / Congress Dates. . . . . . . . . . . 77, 145, 268, 331, 426, 559, 613, 692, 765, 853
Mitteilungen / News. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148, 328, 558, 611
Gutachter und Gutachterinnen / Reviewers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846
Namensverzeichnis
Die fett gedruckten Seitenzahlen beziehen sich auf Originalbeiträge
Achtergarde, S. 812
Adam-Lauterbach, D. 418
Albiez, V. 523
Andreas, A. 154
Averbeck-Holocher, M. 812
Baader, A. 770
Bahrke, U. 762
Baldus, C. 200
Becker, I. 465, 486
Beier, K. M. 523
Belhadj Kouider, E. 272
Berking, M. 395
Bianchi, F. 36
Bienstein, P. 419
Bircher, U. 36
Birkle, S. 219
Bockmann, A.-K. 266
Böhmann, J. 699
Briken, P. 465
Brockmann, E. 555
Broda, M. 763
Brunner, R. 177
Bullinger, M. 635
Büttner, P. 99
Chodan, W. 82
Claaßen, S. 831
Curth, C. 738
Dammasch, F. 75
Desmet, M. 308
Dolle, K. 237
Dupont, M. 272
Ebert, D. D. 395
Eichin, C. 289
Fahrenkrug, S. 465
Fegert, J. M. 114
Fiebig, J. 361
Fischer, G. 177
Forstmeier, S. 690
Frank, C. 422
Freyberger, H. J. 138
Fritsch, S. 699
Fröhlich-Gildhoff, K. 289,
609
Fuchs, S. 154
Fürniss, T. 812
Gjergji-Lama, V. 486
Glaschke, V. 420
Gleißner, U. 65
Goldbeck, L. 114
Gollan, T. 666
Haevelmann, A. 200
Hasselhorn, M. 325
ipabo_66.249.66.39
Häßler, F. 82, 590
Heger, J. P. 177
Heinze, A. 325
Hermanns, L. M. 422
Hintermair, M. 326
Höher, J. 361
Höllwarth, M. 577
Holtmann, M. 219, 324
Hopf, H. 847
Horn, H. 2
Ittel, A. 343
Jacob, A. 687
Juen, B. 577
Juen, F. 723
Kächele, H. 308
Kaess, M. 177, 770
Kiese-Himmel, C. 266
Klein, A. M. 154, 616, 795
Koglin, U. 272
Korte, A. 523, 542
Kotte, S. 738
Krause, M. P. 65
Kronmüller, K.-T. 2
Lacina, R. M. 36
Landolt, M. A. 71
Lang, M. 326
Lehmkuhl, G. 72, 324, 688
Lehr, D. 395
Lenz, A. 555
Leu, H. R. 140
Leuzinger-Bohleber, M. 762
Löchel, E. 422
Lorenz, A. L. 272
Lück, M. 699
Maercker, A. 138, 690
Meganck, R. 308
Mersmann, M. 523
Meyenburg, B. 510, 542
Moll, B. 21
Möller, B. 431, 449, 465,
486, 542
Möller, C. 420
Müller, A. W. 73
Müller, C. J. 343
Müller, J. M. 812
Müller-Göttken, T. 795
Müller-Rösler, U. 72
Negele, A. 762
Nieder, T. O. 449, 465
Niemann, K. 590
Oelsner, W. 72
Otto, Y. 154
Parzer, P. 177
Petermann, F. 99, 131, 139,
272, 666, 688
Petermann, U. 99
Petzold, S. 635
Pfetsch, J. 343
Plener, P. L. 114
Postert, C. 812
Poustka, F. 324
Preuss, W. F. 465
Namensverzeichnis
Quindeau, I. 437
Quitmann, J. 635
Rass, E. 142
Rauwald, M. 70
Reich, G. 2
Reis, O. 82, 200
Reisenzein, R. 73
Resch, F. 177, 770
Reuner, G. 65
Richter-Appelt, H. 465
Riper, H. 395
Rißling, J.-K. 139
Rohenkohl, A. 635
Rojahn, J. 419
Romer, G. 431, 465, 486,
542, 812, 831
Rost, D. H. 608
Rücker, S. 99
Rumpold, G. 577
Rutzen, K. M. 449
Sarimski, K. 326, 649
Schanze, C. 849
Scheithauer, H. 361, 379
Schindler, I. 308
Schmeck, K. 36, 770
Schmid, M. 36, 114
Schmidt, M. H. 666
Schneider, W. 325
Schreier, H. 449
Schuchardt, E. 850
Schulte-Körne, G. 237
Schultze-Krumbholz,
A. 361, 379
Seidler, G. H. 138
Senf, W. 763
Sieland, B. 395
IX
Sinzig, J. 666
Sommer, R. 635
Staub-Ghielmini, S. 36
Stefini, A. 2
Steger, L. 577
Steiner, H. 324
Stumpe, A. 699
Suing, M. 666
Taubner, S. 699, 738
Teising, M. 75
Thomasius, R. 21, 200
Thomsen, M. 21
Trautwein, U. 325
Ulke, C. 616
Unger, A. 738
Vesterling, C. 699
von Behr, A. 140
von Klitzing, K. 154, 616,
795
von Salisch, M. 338
von Wyl, A. 730
Vukorepa, J. 523
Walk, S. 343
Wartberg, L. 21
Weitkamp, K. 831
Wessing, I. 812
White, L. O. 795
Wiegand-Grefe, S. 831
Wiencke, C. 395
Wilms, B. 763
Winkelmann, K. 2
Witt, A. 114
Wölfer, R. 379
Wüsthof, A. 465
Zagorscak, P. 379
Zulauf Logoz, M. 562
X
Sachverzeichnis
Sachverzeichnis
ADHS 666
Adoleszenz 2, 177
Alter bei Erstauftreten 486
Angststörung 154
auffälliges Verhalten im
Jugendalter 36
Autismus 666
Behandlung 21, 219, 237,
431, 465
Behandlungskonzept 812
Behinderung, geistige 82
berufliche Rehabilitation 738
Bewältigungsstrategien 343
Beziehungsmuster 577
Bindung 723
Bindungssicherheit 699
Bipolare Depression 219
Bulimia nervosa 2
- atypische 2
Cannabis 200
Cannabiswirkerwartungen 200
Charakter 114
Cyberbullying 338, 343
Cybermobbing 338, 361, 379
Deeskalation 616
Depression 154, 395
Depressive Störung 237
Diagnosestellung 219
Differenzielle Indikation und
Intervention 289
DSM-5 562
Einzelfall 308
Elternperspektive 635
e-Mental-Health 395
Emotion 343
Entwicklung der Geschlechtsidentität 437
Entwicklungspsychologie 730
Entwicklungspsychopathologie 795
Entwicklungsstörungen 82
Epidemiologie 272
Erzählkompetenz 730
Erziehungskompetenz 99
ethnische Gruppe 272
Evaluation 82
evidenz- und konsensbasierte
Leitlinie 237
Familienbelastung 649
Familientagesklinik 812
fetales Alkoholsyndrom 649
Fokusgruppen 361, 635
Forschung, qualitative 361
Frühe Hilfen 289
frühe Kindheit 723
geistige Behinderung 82
Geschichtenergänzungsverfahren 723
Geschlechtsdysphorie 449, 523
- im Jugendalter 510
- im Kindesalter 486
Geschlechtsidentität, Entwicklung 437, 486
- Variationen 431, 465
Geschlechtsidentitätsstörung 449, 523
- im Kindesalter 486
Geschlechtsunterschiede 730
Gruppenprogramm 21
Hormonbehandlung 523
Internet 338, 395
Internet Gaming Disorder 21
Internetberatung 338
Internetsucht 21
Internettherapie 338
Interventionen, strukturelle 616
Jugenddelinquenz 36
Jugendhilfe 99
- stationäre 590
Jugendhilfeeinrichtungen,
stationäre 114
Jugendliche mit Geschlechtsdysphorie, Psychotherapie 510
ipabo_66.249.66.39
Jugendliche 177, 200, 395,
562, 770
junge Erwachsene 200
Kinder- und Jugendhilfe 666
Kinder und Jugendliche 237,
635
Kinder- und Jugendpsychiatrie,
stationäre 616
Kinder 562, 831
Kleinkinder 577
Kleinwuchs 635
klinische Phasen 219
Komorbidität 154
Kompetenzanalyseverfahren
(KANN) 666
komplementäre Therapie 237
Kooperation von Jugendhilfe und Gesundheitssystem 289
kritisches Ereignis 616
Lernbehinderung 738
Männlichkeit 437
Medienhelden 379
Mentalisierung 723, 730,
738, 795
Methodologie 308
Migration 272
Missbrauch, sexueller 82
Mobbing 361
Mobiltelefon 338
Mütter 577
mütterliche Mind-Mindedness 699
mütterliche reflexive Kompetenz 795
mütterliches Reflective Functioning 699
Obstipation 577
OPD-KJ 831
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im
Kindes- und Jugendalter
(OPD-KJ) 831
Participant Role-Ansatz 343
Passgenauigkeit von Unterstützung 289
pathologischer Internetgebrauch 21
Persönlichkeitsstörung 770
Prävalenz psychischer Störungen 590
Prävalenz 36
Prävention 82, 379
Präventionsprogramm 738
Problemverhalten, externalisierendes 200, 795
psychische Störungen 272,
562
- Prävalenz 590
psychoanalytische Kurzzeittherapie für Kinder 795
psychodynamische Diagnostik 831
psychodynamische Therapie 2
psychodynamisches Organisationsverständnis 738
Psychopathologie und Geschlechtsdysphorie 510
Psychotherapie 770
Psychotherapie bei Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie 510
Sachverzeichnis
Pubertätsunterdrückung 431,
465
Pubertätsverzögerung 449
Qualitätsmanagement 616
Qualitätssicherung 99
Rauschtrinken 36
Regulationsstörungen 577
Resilienz 114
Resilienzfaktoren 114
Ressourcen 666
Risikofaktoren 177
Risikoverhaltensweisen 177
SDQ 36
seelische Gesundheit 590
Selbsthilfe 395
Selbstverletzung 36
sexueller Missbrauch 82
SEYLE-Studie 177
Soziale Kompetenzen 379
soziodemografische Charakteristika 486
stationäre Jugendhilfeeinrichtungen 114
Störungen, psychische 272,
562
Störungsorientierung 2
Symptombelastung, allgemeine 699
Systematisierung 308
Temperament 114
XI
Theory of Mind 723, 730
Therapie, komplementäre 237
Therapieerfolg 831
transgender 431, 465
transgenerationale Weitergabe von Bindung 699
Transsexualität 431, 465,
523
Unterstützung 649
Varianten der Geschlechtsidentitätsentwicklung 486
Variationen der Geschlechtsidentität 431, 465
Veränderungssensitivität 831
Verhaltensauffälligkeiten 99
Verlauf 219
Versorgungsforschung 272
Vorschulalter 154, 812
Weiblichkeit 437
Wirksamkeit 99
Wohlbefinden 379
Anne Alvarez
Das denkende Herz
Drei Ebenen psychoanalytischer Therapie
mit gestörten Kindern
304 S., € 34,90, geb. Großoktav
ISBN 978-3-95558-066-7
»Minutiös diagnostiziert Alvarez den psychischen
Zustand ihrer Patienten, unterscheidet beispielsweise sehr genau, ob ein Kind auf psychopathische
Weise von Gewalt fasziniert ist oder einfach voller
Gewalt ist, die es nicht verarbeiten kann (...).
Anne Alvarez hat wirklich etwas zu sagen.«
(Herbert Kley, Psyche)
Manfred Endres / Catharina Salamander (Hrsg.)
Latenz:
Entwicklung und Behandlung
Jahrbuch der Kinderund Jugendlichen-Psychoanalyse, Band 3
284 S., € 29,90, geb. Großoktav
ISBN 978-3-95558-071-1
Das Latenz-Kind wagt normalerweise den Sprung
aus der Familie und beginnt in der Schule zu
lernen. Doch in der Latenz offenbaren sich dann
Probleme und Konflikte aus vorangegangenen Entwicklungsschritten, die nun psychotherapeutisch
bearbeitet werden müssen.
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psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen
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Psychosomatik und Psychotherapie e. V.
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Gutachter werden anschaulich beschrieben. Zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis und Supervision verdeutlichen die Relevanz der Konfliktachse für den Alltag
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