ETH Zürich Abteilung für Architektur Dr. Angelus Eisinger / Simon Wieser 25. September 2003 nur Ökonomie 1 Zweites Vordiplom: Schriftliche Prüfung Ökonomie I und II a) Angaben über die Kandidatin bzw. den Kandidaten Name und Vorname: Eintrittsjahr ETH: Muttersprache: Repetent/Repetentin (ja/nein): b) Allgemeine Prüfungshinweise 1. Die Aufgaben sind in deutscher Sprache zu beantworten. Es ist auf gute Leserlichkeit zu achten. Auf den Antwortblättern ist ein Rand zur Korrektur freizuhalten. 2. Die Verwendung von Skript, Glossar, Unterrichtsunterlagen und Taschenrechner etc. ist gestattet. 3. Die Antwortenblätter sind an den Fragebogen zu heften und zusammen mit diesem abzugeben. Bei Abgabe ist die Legitimationskarte vorzuweisen. Block I: Ökonomie I Multiple Choice Fragen - Ökonomie I Bei jeder Frage ist nur eine Antwort richtig. Für falsche Antworten werden keine Punkte abgezogen. Bewertung: Fragen 1-2 je 0,5 Punkte Fragen 3-22 je 0.75 Punkte 1) Welche Aussage über das Patentwesen ist richtig? Ohne Patentschutz gäbe es mehr Innovationen im Pharmabereich. Das Patenwesen dient der Internalisierung von Forschungserträgen. 2) Die Angebotskurve auf dem Markt für ArchitektInnen verschiebt sich nach rechts. Was ist eine mögliche Erklärung dafür? Die Zahl der StudienabgängerInnen hat zugenommen. Die Architekturbüros sind bereit höhere Löhne zu zahlen. 1 3) Die Grafik zeigt die Transformationskurve eines Landes bei der jährlichen Produktion von Arztvisiten und Bürogebäuden. Was ist eine mögliche Erklärung für die Bewegung von A nach B? Die Opportunitätskosten der Arztbesuche sind gestiegen. In einer konjunkturellen Krise werden weniger Bürogebäude gebaut. Ein Teil der Ressourcen ist in der Produktion von Arztvisiten spezialisiert sind. Die technische Effizienz in der Produktion von Bürogebäuden hat zugenommen. 4) Die Grafik zeigt Nachfrage und Angebot auf einem Tulpen-Markt. Wie gross ist der Wohlfahrtsgewinn durch den Handel, wenn der Marktpreis dem Gleichgewichtspreis entspricht? 100 Fr. 500 Fr. 600 Fr. 1'100 Fr. 5) Welche Aussage ist richtig, wenn der Grenznutzen eines Gutes gleich null ist? Der Gesamtnutzen ist null. Der Gesamtnutzen ist im Minimum. Ein Konsument wird keine zusätzliche Einheit des Gutes kaufen. Eine zusätzlichen Einheit des Gutes hat einen positiven Grenznutzen. 6) Die Skateboard-Nachfragekurve verschiebt sich nach rechts. Was ist eine mögliche Erklärung dafür? Der Skateboard Preis ist gesunken. Der Preis für Roller-Blades ist gesunken. Ein stärkeres reales Wirtschaftswachstum. Niedrigere Löhne in der Skateboard-Produktion. 2 7) Bei einem Eintrittsreis von 12 Fr. nimmt ein Kino im Durchschnitt 1'440 Fr. pro Vorstellung ein. Wenn das Kino den Preis auf 8 Fr. pro Eintritt senkt, steigen die Einnahmen auf 1'824 Fr. Wie gross ist die Preiselastizität beim Preis von 12 Fr.? -0,33 -0,90 -2,70 -3,00 8) Welche Aussage ist richtig? Wenn die Durchschnittskosten sinken, sinken auch die Grenzkosten. Wenn die Grenzkosten steigen, steigen auch die Durchschnittskosten. Wenn Grenzkosten > Durchschnittskosten, dann steigen die Grenzkosten. Wenn Grenzkosten > Durchschnittskosten, dann steigen die Durchschnittskosten. 9) Weil frisch gefangener Fisch schnell schlecht wird, muss der tägliche Fang eines Fischerboots bei jedem Marktpreis verkauft werden. Welche der folgenden Aussagen zur Tages-Angebotskurve für Fisch ist richtig? Sie ist positiv geneigt. Sie ist vollkommen elastisch. Sie ist vollkommen unelastisch. Sie ist horizontal auf der Höhe des Tagespreises. 10) Die Grafik zeigt die Folgen einer Steuererhöhung auf Alcopop-Flaschen um 4 Fr. Wie gross ist der durch die Steuer verursachte Wohlfahrtsverlust, wenn wir die negativen Externalitäten des Alkoholkonsums nicht berücksichtigen? 20 Fr. 40 Fr. 105 Fr. 140 Fr. 3 11) Sie sind BeraterIn eines Unternehmens, das in einem Markt in vollständiger Konkurrenz operiert. Die Tabelle zeigt einige aktuelle Zahlen des Unternehmens. Produktion Gesamtertrag Fixkosten variable Kosten Grenzkosten Was raten Sie dem Unternehmen? Mehr zu produzieren. Weniger zu produzieren. Kurzfristig nichts zu verändern. Den Betrieb sofort zu schliessen. 13 5200 1000 3380 500 12) Ausschnitt aus dem Artikel "Beträchtliche Einbussen in der Landwirtschaft – Wirtschaftliche Folgen der anhaltenden Trockenheit" in der NZZ vom 18. Juli 2003: Peter Wäffler (...) äussert sich etwas zurückhaltender. Es seien jedes Jahr wetterbedingte Ertragsschwankungen zu erwarten, aber sowohl nach oben als auch nach unten. Zudem komme es stark auf die Ackerfrüchte an. Dass zum Beispiel die Qualität des Weizens gelitten habe, weil er "notreif" vorzeitig geerntet werden musste, stellt Wäffler nicht in Abrede; andererseits könnte die geringe Menge an Kartoffeln dazu führen, dass ein Nachfrageüberhang entsteht und die Preise eher anziehen." Unter welcher Bedingung werden die Gesamterträge der schweizerischen Kartoffelbauern steigen? Wenn die Nachfrage unelastisch ist. Wenn Kartoffeln ein inferiores Gut sind. Wenn die Grenzkosten in der Kartoffelproduktion zunehmen. Wenn das Bundesamt für Landwirtschaft einen höheren Kartoffelpreis festlegt. 13) Ein grosser Teil der in der Schweiz verkauften Möbel wird in Italien produziert. Nehmen wir an, dass die ArbeiterInnen in den italienischen Möbelfabriken Lohnerhöhungen durchsetzen und die schweizerischen KonsumentInnen vermehrt Möbel aus skandinavischer Produktion vorziehen. Was sind die Auswirkungen auf den Markt für italienische Möbel in der Schweiz? Preis sinkt, Menge sinkt. Preis steigt, Menge sinkt. Preis kann steigen oder sinken, Menge sinkt. Menge kann steigen oder sinken, Preis sinkt. 14) Welches der folgenden Beispiele bewirkt eine Pareto-Verbesserung? Einführung einer Sondersteuer auf Rauchen in Restaurants. 2 Kinder tauschen freiwillig ihre letzten Weihnachtsgeschenke. Verbot von Einleitung sämtlicher Chemikalien in Schweizer Flüsse. Zuerst ungleich verteilter Kuchen wird auf alle Gäste gleichmässig verteilt. 15) Wieso sind Monopole nicht effizient? Monopole produzieren auf technisch ineffiziente Weise. Der Grenzertrag des Monopols unterscheidet sich vom sozialen Grenzertrag. Monopole produzieren zu viel, weil sie die sozialen Kosten nicht berücksichtigen müssen. Die letzte produzierte Einheit hat für die Gesellschaft einen höheren Wert als für das Monopol. 4 16) Welches Ereignis führt zu einer Zunahme des realen BIP in der Schweiz. Ein Automechaniker repariert ein 10 Jahre altes Auto. Eine Privatperson importiert ein Auto aus Tschechien. Strengere Verkehrskontrollen senken die Anzahl der Unfälle. Ein Unternehmen verkauft ein gebrauchtes Fahrzeug an einen Angestellten. 17) Die Tabelle zeigt die Entwicklung einiger makroökonomischer Grössen einer offenen Volkswirtschaft zwischen 1998 und 2003. 1998 1999 2000 2001 2002 nominales BIP (Mrd. $) 200 210 215 220 250 BIP-Deflator 100 104 110 115 120 Landesindex der Konsumentepreise 100 108 116 122 130 Wie gross sind die Wachstumsraten des realen und des nominalen BIP in diesem Zeitraum? real 0%, nominal 5% real 0%, nominal 30% real 5%, nominal 20% real 5%, nominal 25% 18) Ein Land befindet sich in einer Rezession. Die Regierung kann entscheiden die Staatsausgaben um 10 Mio. Fr zu erhöhen oder die Steuern um 10 Mio. Fr. zu senken. Welche Massnahme gibt der Volkswirtschaft einen grösseren Wachstumsimpuls und wieso? Die Erhöhung der Staatsausgaben, weil der Einkommensmultiplikator hier stärker wirkt. Die Erhöhung der Staatsausgaben, weil die Mehrausgaben nicht in den privaten Konsum gehen. Die Steuersenkung, weil die marginale Konsumneigung der Haushalte erhöht wird. Die Steuersenkung, weil die Haushalte eher Güter aus der inländischen Produktion nachfragen. 19) Ein Handelsunternehmen verkauft der Nationalbank Dollarnoten im Wert von 1000 Fr. Um wie viel steigen die Guthaben des Publikums bei den Geschäftsbanken, wenn der Geldmultiplikator 4 beträgt? 1000 Fr. 2000 Fr. 3000 Fr. 4000 Fr. 20) Welche der folgenden Regeln ist typisch für die Geldpolitik einer Notenbank? Den realen Zinssatz erhöhen, wenn das BIP steigt. Den realen Zinssatz erhöhen, wenn die Inflation steigt. Den nominalen Zinssatz senken, wenn sich der Wechselkurs abwertet. Den nominalen Zinssatz senken, wenn die Umlaufgeschwindigkeit steigt. 21) Welcher Zusammenhang ist typisch für den Konjunkturverlauf? Das reales BIP sinkt, wenn die Inflation steigt. Das reale BIP steigt, wenn die Inflation steigt. Das potentielle BIP entspricht dem realen BIP. Das potentielle BIP sinkt, wenn das reale BIP steigt. 5 22) Sie sind eine wirtschaftspolitische Beraterin und verfügen über folgende Informationen zur aktuellen Wirtschaftslage. offizielle Arbeitslosenquote reales BIP (Vorjahresveränderung) nominales BIP (Vorjahresveränderung) Kapazitätsauslastung der Industrie Kurzfristzinsen Staatsverschuldung in % des nominalen BIP Vorjahresveränderung Bauinvestitionen 5% 1,5% -2% 80% 4% 50% -4% Welchen Ratschlag geben Sie den Verantwortlichen der Wirtschaftspolitik? Die Nationalbank sollte die Leitzinsen senken, um die Deflation zu bekämpfen. Die Regierung sollte die Hypothekarzinsen senken, um die Bauwirtschaft zu stützen. Die Regierung sollte ihre Ausgaben erhöhen, um das nominale BIP-Wachstum zu stützen. Die Nationalbank sollte die Notenbankgeldmenge verringern, um die Inflation zu bekämpfen. 6 Textfragen Ökonomie I – nur eine der zwei Fragen lösen 1. Parfümmarkt Lesen Sie den Artikel zum Parfümmarkt und beantworten Sie die nachfolgenden Fragen. Cash; 2003-07-11; von Nicole Kircher Eine Preispolitik zum Verduften Obwohl der Markt in der Schweiz seit Anfang Jahr eingebrochen ist, erhöhen die Parfümhersteller ihre Preise. Die Umsätze im Schweizer Kosmetik- und Parfümeriemarkt brechen ein. Gemäss dem Branchenverband Ascopa beträgt der Rückgang seit Anfang Jahr fast zehn Prozent. Die Reaktion der Hersteller auf den Kaufstreik ist aber höchst seltsam: Sie heben die Preise an. Da reiben sich viele Kundinnen verwundert die Augen: Ihr Lieblingsparfum von Armani kostet plötzlich sechs Prozent mehr. Und das nicht nur in einer Parfümerie oder einem bestimmten Warenhaus, sondern in den meisten Verkaufskanälen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands. Der Grund: Viele der weltweit tätigen BeautyKonzerne heben ihre Preise seit Wochen kontinuierlich an - klammheimlich. «Es stimmt, viele Anbieter schrauben ihre Preise in die Höhe», sagt Johannes Trümpy, Chef der Coop-Tochter Import Parfümerie. Auch Erwin Jilg, Direktor der Parfümeriekette Douglas in der Schweiz, bestätigt: «Im Schnitt beträgt der Preisaufschlag der Hersteller drei bis fünf Prozent.» Ob Armani, Lancôme, Gaultier oder Juvena, mit den höheren Preisen wollen die Markenhersteller ihre Umsatzrückgänge kompensieren, welche die Branche in den letzten Monaten erlitten hat. Die Verkäufe gingen in der Schweiz in den ersten vier Monaten nämlich massiv zurück. Henri-Jack Dutertre, Präsident des Branchenverbandes Ascopa, in dem die Hersteller, Importeure und Lieferanten von Kosmetik- und Parfümerieprodukten zusammengeschlossen sind, spricht auf Anfrage von einem «durchschnittlichen Umsatzrückgang von 9,3 Prozent bis Ende Mai». [...] Dieser starke Einbruch erklärt das undurchsichtige Verhalten der Hersteller. Sie versuchen zu retten, was in der schwierigen Lage noch zu retten ist. Neben unverblümten Preiserhöhungen greift die Industrie auch zu verdeckten Tricks: Sie lanciert bestehende Produkte neu und verteuert sie gleichzeitig. Beispielsweise hat Juvena ihre BodyResult-Serie komplett erneuert - und mit dem neuen Namen wurden die Preise bei einigen Produkten nahezu verdoppelt. Noch immer zu wenig Wettbewerb auf dem Markt Warum, so fragt man sich, ist diese Preistreiberei, die voll zu Lasten der Konsumenten geht, überhaupt möglich? Normalerweise werden Produkte günstiger, wenn die Nachfrage unter den Erwartungen bleibt. Die Antwort ist einfach: Der Kosmetikmarkt ist kein freier Markt, sondern wird durch selektive Vertriebssysteme von den Herstellern kontrolliert. Sie bestimmen weit gehend, welchem Händler sie ihre Ware zu welchen Konditionen liefern. Offiziell sind die so genannten Richtpreise zwar verpönt, dennoch gilt das stille Agreement, dass sich die Händler an diese Preise halten. Wie im klassischen Detailhandel sind einzig zeitlich beschränkte Aktionsangebote zwischen Händler und Hersteller vorgesehen, von denen die Kunden profitieren. [...] 7 1.1 Stellen Sie die Situation auf dem Parfümmarkt vor der Preiserhöhung in einem Marktdiagramm dar. Erklären sie die Position der Kurven und eventuelle Schnittpunkte der Kurven. (2 Punkte) 1.2 Zeigen Sie wie die Unternehmen die Preise erhöhen. Welche Veränderungen erwarten Sie für die Zukunft des Parfümmarkts? Argumentieren Sie mit Hilfe des Marktdiagramms. (2 Punkte) 1.3 Stellen Sie die Situation eines einzelnen Parfümproduzenten dar. Erklären Sie ihre Annahmen zur Kostenstruktur und zur Nachfrage. (2 Punkte) 1.4 Wie wirken sich folgende Ereignisse auf das reale BIP der Schweiz aus? Begründen Sie. a) Der Parfümkonsum steigt um 20%. b) Die Zölle auf EU-Parfüm werden erhöht. c) Eine französische Parfüm-Holding verlegt ihren Hauptsitz nach Genf. d) Die Parfüm-Preise sinken wegen der starken Konkurrenz im Detailhandel. 8 (2 Punkte) 2. Strommarkt Lesen Sie den Artikel zum Strommarkt und beantworten Sie die nachfolgenden Fragen. Neue Zürcher Zeitung, 16.07.2003, von A. Neukom Frohlocken im Wasserschloss Stromwirtschaft profitiert vom Hitzesommer Dieweil das Mittelland und vor allem die Landwirtschaft unter der Hitze darben und dorren, machen die Betreiber von Wasserkraftwerken - vorsichtig gesagt - gute Geschäfte. Auf dem freien Markt erreichen die Strompreise Rekordwerte. Der Füllungsgrad der Schweizer Stauseen liegt im Durchschnitt. Es ist auch im Ausland heiss, und der allerwichtigste Abnehmer von Schweizer Wasser-Strom ist derzeit Italien. [...] Dieweil die Landwirtschaft leidet und klagt, kann sich das Berggebiet freuen. Zum einen, weil der Tourismus immerhin ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftszweig der Schweiz - mitten in der Ferienzeit nicht wirklich auf den in diesen Tagen vielzitierten "lang ersehnten Regen" hofft. Zum andern weil grosse Teile der schweizerischen Elektrizitätswirtschaft, die über Speicherkraftwerke verfügen, vom Stromhunger Europas, insbesondere Italiens profitieren. Stromwirtschaftlich sei die Schweiz derzeit in einer besonders glücklichen Lage, hiess es am Dienstag auf Anfrage beim Verband schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Die bündnerische Rätia Energie - ein wichtiger Stromhändler - liess am Dienstag verlauten, sie habe Strom an der Börse in Leipzig (die Referenzstunde ist jeweils zwischen 10 und 11 Uhr) für 63 Rp./kWh verkauft. Schon vor zwei Wochen wurden pro Kilowattstunde (kWh) zeitweise 45 Rp. gelöst. Das sind in der Tat Spitzenwerte "der letzten 100 Jahre", wie es beim VSE heisst, "höher als die Winterwerte". Aber auch die durchschnittlichen Marktwerte für Überschussenergie liegen dieses Jahr hoch bei 26 Rp./kWh gegenüber 14 Rp./kWh im Jahr 2002. Der über Jahre verzeichnete "normale" Durchschnittswert lag bei 7 bis 8"Rp./kWh, im Sommer bei 4 bis 8"Rp./kWh. Wie viel Mehrstrom angesichts dieser verlockenden Preisaussichten verkauft wird, bleibt vorderhand ein Geheimnis der Verkäufer, ebenso wie der gesamte Mehrerlös, der beträchtlich sein dürfte. Mehr Erlös - nicht mehr Wasser An sich ist nicht unbedingt zu erwarten, dass in diesem Sommer sehr viel mehr Wasser turbiniert wird als in andern Jahren. Die wohl satten Gewinne dürften mehrheitlich auf den erwähnten "Rekordpreisen" beruhen. Für diese gibt es indessen mehrere, nicht ganz gleichgewichtige Gründe. Zum einen ist angesichts der Hitze in Europa die Nachfrage nach elektrischen Kühlgeräten jeder Art, beispielsweise nach Ventilatoren, gestiegen. Der zweite, wichtigere Grund ist der Rückgang des Angebots an französischem Atomstrom - auch diese Entwicklung ist hitzebedingt. Viele französische Atommeiler mussten ihre Produktion zurückfahren, weil das Kühlwasser knapp geworden ist. Der wichtigste Grund aber ist die gewaltige Nachfrage nach Strom aus Italien, das ebenfalls an Kühlproblemen bei seinen (nichtnuklearen) Anlagen leidet und manche Werke sogar abstellen musste. Rechnerisch geht gegenwärtig fast die gesamte Menge des in diesem Sommer ausgeführten Stroms nach Italien. Das führt zu einer Höchstbeanspruchung der Hochspannungsleitungen nach Süden. Ein Teil des Exportstroms wird deshalb über Österreich und Frankreich "umgeleitet". Die Betreiber der alpinen Wasserkraftanlagen gehen im eigenen Interesse mit ihren Ressourcen sorgfältig um. Grössere Mehrproduktionen sind derzeit nicht zu verzeichnen. "Was unten ist, bleibt unten", meint dazu Walter Hauenstein, Direktor des schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes. Er spricht damit den Umstand an, dass die im Herbst jeweils vollen Stauseen den Spitzenbedarf vor allem im Winter sichern sollen. Dann sind die Strompreise tendenziell generell höher als im Sommer. Eine vermehrte Turbinierung im Sommer könnte also Nachteile für die kalte Jahreszeit bringen. Einen gewissen Ausgleich können nur jene Wasserkraftwerke schaffen, die mit (billigem) Überschussstrom einen Teil des turbinierten Wassers wieder in den Stausee zurückpumpen. [...] 9 2.1 Stellen Sie die Situation auf dem Strommarkt vor der Hitzewelle dar. Begründen Sie die Steigung der Kurven und eventuelle Schnittpunkte mit den Achsen und zwischen den Kurven. (2 Punkte) 2.2 Stellen Sie die Auswirkungen der Hitzewelle auf den Strommarkt mit Hilfe des Marktdiagramms dar. Erklären Sie. (2 Punkte) 2.3 Welche Entwicklungen erwarten Sie langfristig für den Strommarkt? Stellen Sie diese Entwicklungen im Marktdiagramm dar. (2 Punkte) 2.4 Wie wirken sich folgende Ereignisse auf das reale BIP der Schweiz aus? Begründen Sie. a) Ein Atomkraftwerk wird geschlossen. b) Die Preise des exportierten Stroms steigen. c) Wasserkraftwerke werden durch Gaskraftwerke ersetzt. d) Der Bund erhöht die Subventionen für Solarstromanlagen. (2 Punkte) 10