TU Ilmenau Fachgebiet Chemie Chemisches Praktikum Versuch Wasser V9 1. Aufgabe Bestimmen Sie die Härte verschiedener Wasserproben, bringen Sie dazu zwei verschiedene Trinkwasserproben vom Wohnort mit (pro Praktikumsgruppe)! Stellen Sie den für diesen Versuch benötigten Puffer pH 10 her! 2. Grundlagen „ Wasser (griech. hydor, lat. aqua), H2O. Klare, geschmack- und geruchsfreie Flüssigkeit; gewöhnlich farblos, die in dicker Schicht bläulich schimmert...“[Römpp, Chemie-Lexikon] Wasser bedeckt ¾ der Erdoberfläche und ist am Aufbau der Pflanzen und Tierwelt maßgeblich beteiligt (Mensch z.B. zu 60-70 % aus Wasser). Die Atmosphäre ist in der Lage 4 Vol.-% aufzunehmen und gibt es in flüssiger (z..B. Regen) oder fester Form (z.B. Schnee) wieder ab. Chemisch gebunden befindet sich Wasser in zahlreichen Mineralien als Kristallwasser. Der Gesamte . 18 Wasservorrat wird auf 1,65 10 t geschätzt. Davon sind etwa 0,03 % Süßwasser. Wasser ist essentiell für unser Leben. Ein Mensch benötigt etwa 35 g je kg Körpergewicht pro Tag. Wasser ist das wichtigste Lösungsmittel in der anorganischen Chemie und dient daher auch dem Stofftransport (Osmose) in der Natur. Der schonende Umgang mit Trinkwasser und die Begrenzung der Wasserverschmutzung sind lebensnotwendig. Wasserarten ⇒ unterschieden nach der Herkunft: • Oberflächenwasser (Bach-, Fluß-, See- und Meerwasser) • Grundwasser (Quellwasser, Mineralwasser und Heilwasser) • Niederschlagswasser (Regen-, Schnee- und Gletscherwasser, Nebel, Tau, Rauhreif, Hagel) • Abwasser (häusliche, gewerbliche und industrielle Abwässer; Niederschlagswasser) ⇒ hinsichtlich der Verwendung: • Wasser zum direkten Genuß durch den Menschen (Trinkwasser, Tafelwasser, Mineralwasser, • • • Heilwasser) Wasser für spezielle Verwendungszwecke mit Trinkwasserqualität (für Haushalt, Hallen-und Freibäder, Lebensmittelhersteller, Pharmaindustrie, Landwirtschaft) Wasser ohne Trinkwasserqualität, (Betriebs- oder Brauchwasser für die Industrie, Heizkraftwerke etc.) Destilliertes Wasser (Mono- und Bidestillat) Das Trinkwasser Die in der Natur vorkommenden Wasser sind mit Begleitstoffen verschiedenster Art durchsetzt, vornehmlich in Form gelöster Salze. Dem reinen Wasser am nächsten kommt das Regenwasser, aber auch dieses nimmt aus der Luft noch verschiedene Substanzen auf (Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Stickoxid usw.). Dabei entsteht dann der sogenannte aggressive „saure“ Regen. Beim Passieren der verschiedenen Erdschichten, löst dieser Niederschlag weitere Bestandteile aus den Sedimentschichten. Der Trinkwasserverbrauch pro Person in Deutschland liegt bei etwa 140 Liter täglich. Wesentlich höher ist der Wasserverbrauch in der Industrie. Zur Herstellung von 1 Liter Bier werden beispielsweise 1 20 Liter Wasser benötigt, für 1 Kilogramm Feinpapier sogar schon bis zu 1000 Liter. In der Bundesrepublik wird Trinkwasser zu etwa 64 % aus Grundwasser und zu etwa 9 % aus Quellwasser gewonnen. Der Rest stammt aus angereicherten Grundwasser, Uferfiltraten und Oberflächenwasser (Fluß-, See- und Talsperrenwasser). Verunreinigungen des Wassers • Disperse Stoffe (Größe von > 10-4 cm, mit dem Auge noch wahrnehmbar; Schwimm-, Schwebeund Sinkstoffe) • Kolloiddisperse Stoffe ( Teilchengröße von 10-4 - 10-7 cm; Scheinlösungen, schwer filtrierbar) • moleküldisperse Stoffe (Größe < 10-7; dissoziierte Ionen, assoziierte Moleküle; Härtebildner; Salze) Inhaltstoffe 1. Gasförmige Die Konzentration c eines Gases, ist seinem Druck in der Gasphase proportional. Es gilt das HenryGesetz: c = k ·p (T = const.) leichtlösliche : CO2, NH3, H2S, HCl, Cl2 , SO2 , SO3 lösliche : O2, N2 , Luft schwerlösliche: H2, CO, CH4, C2H4, andere Kohlenwasserstoffe (KW) 2. Salzförmige Die Wasserhärte wird durch den Gehalt an Calcium- und Magnesium-Ionen bestimmt. Die übrigen Erdalkalimetalle (Strontium, Barium) liegen nur in Spuren vor und können vernachlässigt werden. Wasser mit hohem/niedrigem Magnesium- und Calciumgehalt wird als „hart”/”weich” bezeichnet. Die Wasserhärte muß bei vielen technischen Anwendungen vermindert werden. Betreibt man z.B. Wärmekraftanlagen mit zu hartem Wasser lagert sich Kesselstein in den Rohrleitungen ab, verengt den Querschnitt und vermindert den Wärmeübergang. Bei der Definition der Wasserhärte unterscheidet man zwischen: Gesamthärte - das ist die im Wasser enthaltene Gesamtmenge an Calcium- und Magnesiumsalzen. temporäre oder vorübergehende Härte - sie betrifft den Gehalt an löslichen Calcium- und Magnesiumhydrogencarbonaten, die beim Erwärmen als Carbonate ausfallen. Ca(HCO3)2 → CaCO3↓ + H2O + CO2 ↑ permanente Härte - sie entspricht der Differenz zwischen der Gesamt- und der temporären Härte und wird durch die mineralsauren Ca- und Mg-Salze (Sulfate, Nitrate, Chloride,...) verursacht. Durch Titration mit Salzsäure wird die Gesamtmenge der löslichen Hydrogencarbonate - also z.B. auch vom Natrium (oder Kalium) erfaßt. CO 23 − + 2 HCl → CO 2 ↑ + H 2 O + 2 Cl − Der so ermittelte Wert für die temporäre Härte wäre dann größer als die real vorliegende Menge an Calcium- und Magnesiumhydrogencarbonaten. Für die Beurteilung der Wasserhärte ist lediglich die Bestimmung der Gesamthärte, als die Menge an Calcium und Magnesium im Wasser durch komplexometrische Titration mit EDTA nötig. 1° deutscher Härte ist die Menge an Calcium- und Magnesium-Ionen in einem Liter Wasser, die 10 mg CaO bzw. 7,18 mg MgO entsprechen. 2 Bestimmung der Gesamthärte Erdalkali-Ionen werden bei basischen pH-Wert von EDTA (Ethylen-Diamin-Tetra- Acetat) gebunden. Damit sich der pH-Wert während der komplexometrischen Titration nicht ändert, wird ein Puffer hinzugefügt. EDTA ist ein sogenannter Chelatligand [griech. chele = Krebsschere]. Als sogenannter „6zähniger“ Komplexligand bildet EDTA mit Erdalkali-Ionen einen oktaedrischen Komplex. Komplexverbindungen werden auch als koordinative Verbindungen bezeichnet. Ein einkerniger Komplex besteht aus einem Zentralatom oder -ion (Koordinationszentrum) und den darum gruppierten Liganden (Moleküle oder Ionen). Die Liganden bilden die Ligandenhülle. Die Anzahl der vom Koordinationszentrum bereitgestellten möglichen Bindungen (Koordinationsstellen) wird als Koordinationszahl (KZ) bezeichnet. Komplexionen sind häufig charakteristisch gefärbt. Diese Eigenschaft nutzt man bei der quantitativen Analyse von Metallen. Bei der komplexometrichen Titration werden zuerst Metallionen mit einem Metallindikator umgesetzt. Solche Metallindikatoren sind z.B. Eriochromschwarz T, Murexid, Brenzcatechinviolett, Xylenolorange. Diese Indikatoren bilden mit Metall-Ionen ebenfalls Chelatkomplexe (siehe auch Anhang), die eine andere Farbe aufweisen, als die reinen Indikatoren. Der Farbumschlag am Äquivalenzpunkt erfolgt durch den Zerfall des Metall-Indikator-Komplexes und das Auftreten der Farbe des reinen Indikators. Die Stabilität des Metall-Indikatorkomplexes muß dabei geringer sein als die des Metall-EDTA-Komplexes. 2+ IndH2 + Mg blau ↔ IndMg + 2 H rot-violett + IndMg + [H2EDTA]Na2 ↔ IndH2 + Na2[MgEDTA] rot-violett blau + Die beiden H -Ionen werden bei pH 10 in der Lösung gegen Mg-Ionen bzw. Ca-Ionen ausgetauscht. + Dabei erfolgt der Farbumschlag von blau nach rot-violett. Die dabei entstehenden H -Ionen werden durch den Puffer neutralisiert. Der Farbumschlag erfolgt von blau nach rot-violett. Nun wird mit dem Komplexon EDTA (in Form des Dinatriumsalzes) titriert. Der Chelatkomplex aus EDTA und Metall-Ion 2+ hat eine höhere Komplexbildungskonstante als die Reaktion des Indikators mit M . Alle Metall-Ionen werden von EDTA „eingefangen”. Der Endpunkt der Titration ist erreicht, wenn der Farbumschlag des Indikators wieder die Ausgangsfarbe ohne Metall-Ion - blau - erreicht. 2- Fig. 1 oktaedrischer Komplex CaEDTA CH2 COONa NaOOCCH2 N N Ca O O O O Fig. 2 vereinfachte Strukturformel Meist enthalten die zu untersuchenden Wasserproben nur geringe Spuren an Magnesium, so daß bei der Bestimmung der Gesamthärte auf die Magnesiumwerte verzichtet werden kann. 3 Tabelle 1: Deutsche Härtegrade Härtegrad 0-4 4-8 8-12 12-18 18-30 über 30 Bezeichnung sehr weich weich mittelhart ziemlich hart hart sehr hart Tabelle 2: Grenzwerte für chem. Stoffe im Trinkwasser (Trinkwasserverordnung 1990) Bezeichnung Arsen Blei Cadmium Chrom Cyanid Fluorid Nickel Nitrat Nitrit Quecksilber Polycyclische aromat. KW Chororganika Tetrachlormethan Pesticide Insekticide u. deren Abbauprodukte Grenzwert mg/l 0,01 0,04 0,005 0,05 0,05 1,5 0,05 50 0,1 0,001 0,0002 0,025 0,003 Berechnet als Bezeichnung As Pb Cd Cr CN F Ni NO3 NO2 Hg C Aluminium Ammonium Eisen Kalium Magnesium Mangan Natrium Silber Sulfat Grenzwert mg/l 0,2 0,5 0,2 12 50 0,05 150 0,01 240 Oberflächen akive Stoffe 0,2 anion.+kation. Berechnet als Al + NH4 Fe K Mg Mn Na Ag 2SO4 CCl4 einzeln: 0,0001 insges.: 0,0005 3. Versuchsdurchführung Puffer pH 10 Entnehmen Sie bitte aus dem Versuch „Chemisches Gleichgewicht” die theoretischen Grundlagen zur Herstellung und Berechnung eines Puffergemisches. Stellen Sie den Puffer pH 10 unter Verwendung von 54 g/l NH4Cl her. Berechnen Sie mit Hilfe der Henderson-Hasselbalch-Gleichung die Menge an NH3. [NH 3 ] pH = pk a + lg [NH +4 ] pk a = 9, 26 Sie benötigen 50 ml der Pufferlösung pH 10. Beachten Sie, daß die NH3-Lösung lediglich 25 Ma% NH3 enthält. 3 Die Dichte der 25 Ma% NH3-Lösung beträgt 910 kg/m . 4 Härtebestimmung - Carbonathärte Zur Bestimmung der Carbonathärte werden je 100 ml Wasserprobe in 2 Erlenmeyerkolben abpipettiert. Dazu gibt man einige Tropfen Mischindikator und beide Proben werden unter ständigem Schwenken mit 0,1 m HCl bis zum Farbumschlag von blaugrün nach lachsfarben titriert. Der Verbrauch von 0,1 m HCl wird notiert. Der Erlenmeyerkolben wird anschließend zur Entfernung des frei gewordenen CO2 bis zum Sieden des Wassers erwärmt. Nach dem Abkühlen der Probe wird nachtitriert, der gesamte HCl-Verbrauch muß notiert werden er dient zur Berechnung der Carbonathärte. DIE PROBEN DÜRFEN NOCH NICHT ENTSORGT WERDEN, DA SIE NOCH ZUR BESTIMMUNG DER GESAMTHÄRTE DIENEN! - Gesamthärte Die beiden bereitstehenden Proben werden mit 10 ml der bereits hergestellten Pufferlösung pH 10 versetzt Nach der Zugabe des Indikators Eriochromschwarz T (Spatelspitze) muß die Probe sofort mit 0,1 m EDTA-Lösung titriert werden. Der farbliche Umschlag des Indikators verläuft von rot-violett nach rein blau. Der Verbrauch an EDTA-Lösung wird notiert und dient zur Ermittlung der Gesamthärte. 4. Versuchsauswertung Berechnung der Carbonathärte: 1 ml 0,1 m HCl entsprechen 2,8 mg CaO 10 mg CaO pro Liter entsprechen 1 °dH Berechnung der Gesamthärte: 1 ml 0,1 m EDTA entsprechen 5,604 mg CaO 1 °dH entsprechen 10 mg CaO pro Liter Wasser 5. Anhang Struktur des Metall-Indikatorkomplexe Mg OH -O3S HO N NO 2 N O + Mg 2+ -O 3 S O N N + 2 H+ NO 2 Fig.3 Erichromschwarz T [2-Hydroxy-1(1-hydroxynaphthyl-2-azo-6-nitro-naphthalin-4-sulfonsäure] 5