Nutzung biogener Gase in Brennstoffzellen Dipl.-Ing. Ulrich Langnickel Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke Köln AG Parkgürtel 24 D-50823 Köln Tel.: 02 21-1 78 30 42 Fax: 02 21-1 78 23 38 e-mail: [email protected] Einleitung Umweltschonende Energieversorgung ist ein wesentliches Ziel der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke Köln AG. Die GEW hat seit den 60er Jahren hohe Investitionen in den Ausbau der umweltschonenden Erdgas- und Fernwärmeversorgung sowie in eine effektive Kraftwerkstechnik getätigt. Demzufolge ist der Ausstoß an Kohlendioxid für die gesamte Wärmeerzeugung bei Haushalten, Kleinverbrauchern und der Industrie in Köln um 25 % zurückgegangen. In diesem Zusammenhang erproben wir auch den praktischen Nutzen erneuerbarer Energien und testen verschiedene Versuchsanlagen zur Nutzung der Windkraft und Sonnenenergie. Im Sinne dieser Umweltschutzstrategie betreibt die GEW im Klärwerk KölnRodenkirchen die erste Brennstoffzellenanlage in Europa, die aus Klärgas umweltfreundlich Strom und Wärme erzeugt. Ziel ist es, die Einsatzmöglichkeit von Klärgas in einer Brennstoffzellenanlage zu erproben und die technische Machbarkeit nachzuweisen. Brennstoffzellen gehören zu den aussichtsreichsten Zukunftstechniken im Energiesektor. Sie können einen entscheidenden Beitrag für eine umweltverträgliche Energieversorgung der Zukunft leisten. Der wesentliche Vorteil dieser Technik gegenüber herkömmlichen Wärmekraftmaschinen liegt in den sehr niedrigen Luftschadstoffemissionen. Wird einer Brennstoffzelle reiner Wasserstoff zugeführt, ist die Energieumwandlung sogar völlig emissionsfrei. Sie arbeiten - abgesehen von Pumpen und Gebläsen - ohne bewegliche Bauteile. Darüber hinaus sind sie geräuscharm und sie reagieren schnell auf Lastwechsel während des Betriebes. Der Aufwand für Wartung und Instandhaltung ist also gering. Der Brennstoff für die elektrochemische Umsetzung ist Wasserstoff. Dieser steht allerdings in der Natur ausschließlich in chemisch gebundener Form zur Verfügung. Im Klärwerk Köln-Rodenkirchen wird der Wasserstoff erstmals aus Klärgas gewonnen. Der Einsatz dieses erneuerbaren Energieträgers in einer Brennstoffzellenanlage schont die Ressourcen der fossilen Energieträger und reduziert die Treibhausgasemissionen. Hierbei beträgt die jährliche Kohlendioxid-Reduzierung bis zu 1.000 Tonnen. Anlagenkonzept In der Stadt Köln reinigen fünf Klärwerke die Abwässer von rund einer Million Einwohner sowie der angesiedelten Gewerbe- und Industriebetriebe. Alle Kölner Kläranlagen entsprechen dem Stand der Abwassertechnik. Sie verfügen neben einer mechanischen Reinigung über biologische Reinigungsstufen sowie Filteranlagen, um Nährstoffe vollständig zu beseitigen. Die Brennstoffzelle liefert Strom und Wärme für das Klärwerk Köln-Rodenkirchen. Dieses liegt in unmittelbarer Nähe zum Rhein. Gereinigt wird dort das Abwasser von etwa 61.000 Einwohnern sowie gewerbliches und industrielles Abwasser, das der Abwassermenge von rund 27.000 Einwohnern entspricht. In den Faulbehältern einer Kläranlage bauen sich unter Luftabschluss (anaerob) und bei einer Temperatur von 36 °C energiereiche organische Substanzen ab. Das bei der Schlammfaulung entstehende Gas enthält rund 60 - 65 % Methan, der Rest ist überwiegend Kohlendioxid. Der ausgefaulte Schlamm wird eingedickt, entwässert und als Klärschlamm landwirtschaftlich verwertet. Die Schlammfaulung ist ein im Rahmen der Abwasserreinigung notwendiger Verfahrensschritt. Das dabei produzierte Gas steht als Abfallprodukt umsonst zur Verfügung. Die Brennstoffzelle mit ihrer gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung ist für den Einsatz in einem Klärwerk ideal geeignet, da die erzeugte Wärme für den Prozess der Schlammfaulung genutzt werden kann. Im Klärwerk Köln-Rodenkirchen ist eine Phosphorsäure-Brennstoffzelle vom Typ PC25C der amerikanischen Firma International Fuel Cells (ONSI) im Einsatz. Die Anlage hat eine elektrische Leistung von 200 kW und eine thermische Leistung von 205 kW. Gegenüber der Standardanlage, die mit Erdgas betrieben wird, veränderte der Hersteller u. a. die Leitungsquerschnitte zum Reformer und zum Zellstapel. Bild 1: Vereinfachtes Anlagenschema Klärgasreinigung Im Gegensatz zum Erdgas ist die chemische Zusammensetzung des Klärgases nicht gleichbleibend. Sie ist abhängig von der Beschaffenheit des Klärschlammeintrages sowie jahreszeitlich bedingten Temperaturunterschieden. Außerdem sind im Klärgas Verunreinigungen wie z. B. Schwefel- und Halogenverbindungen enthalten. Auch in geringen Konzentrationen würden diese die katalytischen und chemischen Prozesse in der Brennstoffzellenanlage behindern. Wegen dieser Besonderheiten ist die Qualität der Klärgasreinigung von entscheidender Bedeutung. Die Reinigungseinheit im Klärwerk Köln-Rodenkirchen besteht aus einer zweistufigen Grundreinigungseinheit sowie einer nachgeschalteten Adsorptionsstufe mit Par- tikelfilter. In der Grundeinheit erfolgt die Gasreinigung mittels einer Vor- und einer anschließenden Tiefkühlung des Gases. Leistungsschwerpunkt dieser Stufe ist die Abtrennung der Siloxane und die nahezu vollständige Entfeuchtung des Gases. Siloxane sind Siliziumverbindungen, die als Antischaummittel in Waschmitteln und als Textilzusatzstoffe eingesetzt werden. Zudem stellen Silikonöle ein Basismaterial fast aller Kosmetika dar. Siloxanverbindungen sind deshalb mit steigender Tendenz in der Abwasserfracht von Kläranlagen nachweisbar. Sie werden im Klärprozess nicht abgebaut, sondern reichern sich im Klärschlamm an und gehen bei dessen anaerober Behandlung in den Faultürmen in die Gasphase über. Würde das siloxanhaltige Klärgas in Gasmotoren verbrannt, kristallisieren die Siloxanverbindungen im Brennraum zu Siliziumdioxid, welches die Motoren schädigt. Da bisher keine hinreichenden betrieblichen Erfahrungen in Bezug auf die chemischen und katalytischen Reaktionen gasförmiger Siloxane in einem elektrochemischen Prozess vorliegen, werden diese Verbindungen auch bei diesem Brennstoffzellen-Projekt abgeschieden. Gasförmige Siloxanverbindungen haben die Eigenschaft, bei sinkenden Temperaturen auszukondensieren. Aus diesem Grund wird das Klärgas auf Temperaturen unter minus 30 °C tiefgekühlt. Ein überaus positiver Nebeneffekt hierbei ist, dass auch der im Gas vorhandene Wasserdampf kondensiert. Bild 2: Klärgasreinigungsanlage Zur Feinreinigung des Klärgases werden die Halogene und Schwefelverbindungen mittels Aktivkohle zurückgehalten. Ein nachgeschalteter Partikelfilter gewährleistet für alle Betriebsbedingungen eine Abscheidung der Partikel, die größer als 0,5 µm sind. Der Aufbau der Anlage garantiert, dass die verfahrenstechnisch notwendigen Grenzwerte der Verunreinigungen sicher eingehalten werden. Die Leistungsaufnahme der Reinigungsanlage ist mit 3,5 kW äußerst gering. Für die Dokumentation der Klärgasqualität und der Abscheidegrade der Gasaufbereitung dienen Messungen in dem Roh- und Reingas. Das Messprogramm sieht eine kontinuierliche Erfassung (10-Minuten-Mittelwerte) und Auswertung der Gaskomponenten Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Sauerstoff am Eintritt in die Brennstoffzelle vor. Weiterhin erfolgt eine diskontinuierliche Messung folgender Bestandteile sowohl vor als auch nach der Gasaufbereitung: - leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe, ausgewählte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (Trichlorfluormethan, 1.1.2 Trichlortrifluormethan, Dichlordifluormethan) Schwefelwasserstoff, Gesamtschwefel Schwermetalle (Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Zink) Siloxane Gesamtchlor und Gesamtfluor Stickstoff Diese Messungen tragen zu einem störungsfreien Betrieb der Brennstoffzellenanlage bei. Brennstoffzellenanlage Die Brennstoffzellenanlage PC25C besteht im wesentlichen aus der Gasaufbereitung (Reformer/Konverter), dem Brennstoffzellenstapel und dem Wechselrichter. Die Gasaufbereitung wandelt das gereinigte Klärgas in ein wasserstoffreiches Gas um. Bei diesem Prozess wird das Klärgas mit überhitztem Wasserdampf gemischt und in dem anschließenden Reformierungsprozess an einem Nickelkatalysator bei etwa 900 °C in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgesetzt. In einem weiteren Verfahrensschritt erfolgt bei etwa 300 °C eine Konvertierung. Dabei reagiert das im Gasgemisch enthaltene Kohlenmonoxid mit dem überschüssigen Wasserdampf an einem Kupferkatalysator zu Wasserstoff und Kohlendioxid. Strom ≈ Brennstoffzellenstapel Wechselrichter = H2+1/2 O2 → H2O ∆Ho= −285,82 kJ/mol Nutzwärme Kathode Anode Kühlung Luft Wasser Klärgas Reformer CH4 + H2O→ 3H2 + CO ∆Ho= +205,8 kJ/mol Bild 3: Blockschema der Brennstoffzellenanlage Wasserstoffreiches Gas Konverter CO + H2O → H2 + CO2 ∆Ho= − 42,3 kJ/mol Das Gas, das für den elektrochemischen Prozess in dem Brennstoffzellenstapel verwendet wird, enthält überwiegend Wasserstoff. Der Rest besteht aus Kohlendioxid und Wasserdampf sowie geringen Restmengen weiterer Verbindungen. Die Brennstoffzelle wandelt die im Wasserstoff enthaltene chemische Energie in elektrische Energie um. Dieser Vorgang findet bei einer Temperatur von rund 200 °C statt. Die freiwerdende Wärme wird in einem Schlammwärmetauscher an den Belebtschlamm übertragen und dient zur Beheizung der Faulbehälter. Den in der Brennstoffzelle erzeugten Gleichstrom formen Wechselrichter in Wechselstrom mit einer Spannung von 400 Volt um und speisen ihn in das lokale Niederspannungsnetz ein. Die Stromproduktion deckt rund 50 % des Bedarfs der Kläranlage. Resümee Die Demonstrationsanlage in Köln-Rodenkirchen bietet die Möglichkeit, praktische Erfahrungen mit der Reinigung von Klärgas und dem Betrieb der Brennstoffzelle zu sammeln. Dazu finden regelmäßig Messungen der Gasbestandteile sowohl vor als auch nach der Reinigung statt. Die bisherigen Ergebnisse weisen sehr gute Resultate auf. So konnten z. B. die Schwefelverbindungen von 17 mg/m3 im Rohgas auf kleiner 2 mg/m3 im Reingas reduziert werden und die im Reingas enthaltenen Chlorund Fluorverbindungen (Halogene) liegen bei Werten kleiner 1 mg/m3. Am Austritt Bild 4: Besichtigung der Brennstoffzellenanlage der Klärgasreinigungsanlage konnten keine Siloxane - die Summe der Siloxane betrug am Eintritt 3,7 mg/m3 - mehr nachgewiesen werden. Die elektrische Nennleistung in Höhe von 200 kW wurde erreicht. Die bisherige Betriebszeit der Brennstoffzellenanlage beträgt 4.500 Stunden, wobei die längste ununterbrochene Periode 2.352 Stunden aufweist. Die klärgasbetriebene Brennstoffzellenanlage gehörte in Nordrhein-Westfalen zu den 25 registrierten "Weltweiten Projekten" der EXPO 2000. Darüber hinaus ist die Anlage auch zum Leitprojekt der Landesinitiative Zukunftsenergien ernannt worden und hat den 3. Platz zum "Innovationspreis Energie 2000" erhalten. Diese Anerkennungen unterstreichen ihren höchst innovativen Charakter.