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Cornelia Huber
0200295
T 190 593 299 A
Experimente im Psychologieunterricht
MMag. Margarete Pökl
WS 2006 / 07
STUNDENBILD: DIE SHEPARD-TONLEITER UND ANDERE
AKUSTISCHE WAHRNEHMUNGSTÄUSCHUNGEN
Klasse: 7. Klasse Gymnasium, Pflichtfach Psychologie
Vorangegangene Stunde: Optische Wahrnehmungstäuschungen
Nachfolgende Stunde: Subjektive Wahrnehmungswelten und ihre Einflüsse auf das Zusammenleben
Fächerübergreifende Bezüge: Musik, Physik, Biologie (das Gehör)
Vorausgesetztes Vorwissen der Schüler: Es wird vorausgesetzt, dass die Schülerinnen und Schüler
über den Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Gehörs grundlegend bescheid wissen.
Weiters wird davon ausgegangen, dass der Doppler-Effekt bereits in Physik durchgenommen wurde.
Lehrplanbezug: Das Thema dieser Stunde findet sich im Kernbereich des Lehrplans:
„Psychologische Phänomene der Wahrnehmung erfassen
- Aspekte der Sinneswahrnehmung, der räumlichen und zeitlichen Wahrnehmung“1
Inhalt der Stunde: akustische Wahrnehmungstäuschungen
Lerninhalte: Shepard-Tonleiter, „Meeresrauschen in der Muschel“, Kombinationstöne, DopplerEffekt.
Stundenziel:
Die SchülerInnen sollen erkennen, dass es einen Unterschied zwischen unserer Wahrnehmung und der
physikalisch messbaren „Wirklichkeit“ gibt: Es kann aufgrund der physiologischen Eigenschaften
unseres Ohres (Wegfiltern oder Verstärken gewisser Frequenzen) und aufgrund der psychologischen
Funktionen unseres Gehirns zu akustischen Täuschungen kommen.
Die SchülerInnen sollen die in dieser Einheit vorgestellten akustischen Täuschungen als solche
erkennen und deren theoretische Hintergründe später in eigenen Worten (vereinfacht) erklären können.
Außerdem sollen sie die Relevanz von akustischen Wahrnehmungstäuschungen (z.B. Doppler-Effekt,
Kombinationstöne) für das alltägliche Leben kennen.
1
http://pup.pi-noe.ac.at: Lehrplan der AHS-Oberstufe für das Unterrichtsfach Psychologie und Philosophie. BMI
für Unterricht, Bildung und Kultur. Seite 2f.
Theoretische Hintergründe:
1) SHEPARD-TONLEITER
Die bekannte Lithographie "Treppauf, Treppab" von Maurits
Cornelis Escher zeigt eine unmögliche Situation: Mönche
steigen in einer unendlichen Abfolge Stufe um Stufe einer
Treppe treppauf bzw. treppab.
Einen ähnlichen unendlichen Zyklus gibt es auch akustisch: Die
Shepard-Tonleiter, 1964 von dem amerikanischen Psychologen
Roger N. Shepard vorgestellt.
Quelle:
http://schreier.free.fr/pages/physik/musik/papers/zula_komplett.pdf
Die Shepard-Tonleiter ist eine Folge von scheinbar unendlich ansteigenden Tönen, ohne dass man je
an der Hörgrenze2 ankommt.
Hörbeispiel: Sound-Datei 2: Shepard-Tonleiter (*.wav 60 KB) von
http://www.bessersprechen.de/akustisch.htm
Wie aber kommt diese Täuschung zustande?
Im seinem Buch "Goedel, Escher, Bach. Ein endlos geflochtenes Band" gibt Douglas R. Hofstadter ein
Rezept zur Konstruktion einer Shepard-Tonfolge an. Es ist in der folgenden Abbildung
wiedergegeben:
Quelle: Hofstadter, Douglas R. : Gödel, Escher, Bach. Ein endloses geflochtenes Band. - München: Dt.
Taschenbuch-Verlag , 41995. (Dtv 30017). Zit. n. http://users.aol.com/gykophys/shep.htm [rote Markierung von
mir].
Es werden vier chromatische Tonleitern (Halbtonfolgen) gleichzeitig im Abstand jeweils einer Oktave
gespielt. Alle Folgen erstrecken sich über eine Oktave; danach geht es quasi wieder „von vorne los“ –
darum kann diese Tonfolge quasi unendlich lang ansteigen!
2
Die Hörgrenze liegt bei ca. 16000 Hertz, darüber liegende Töne (Ultraschall) kann das menschliche Ohr nicht
mehr wahrnehmen.
Das Besondere an der Tonfolge sind die variierenden Lautstärken innerhalb der Einzelstimmen:
•
Die höchste Stimme beginnt mit 50 % Lautstärke und
erreicht am Ende 0%.
•
Die zweithöchste Stimme beginnt mit 100% und
erreicht am Ende 50%.
•
Die dritthöchste Stimme beginnt mit 50% und erreicht
am Ende 100%.
•
Die tiefste Stimme beginnt mit 0% und erreicht am
Ende 50%.
Quelle: http://users.aol.com/gykophys/shep.htm
Der Effekt dieser Konstruktion ist verblüffend: Obwohl der erste und der letzte Klang völlig identisch
sind (siehe rote Markierung in der 1. Graphik), gewinnt man als Zuhörer den Eindruck, dass die
Tonfolge permanent ansteigt.
Zur Kontrolle: Wenn man den ersten Ton mitsingt und wartet, bis die Tonfolge beim letzten
angekommen ist, kann man feststellen, dass erster und letzter Ton wirklich gleich sind.
Nach demselben Prinzip wie die Shepard-Tonleiter funktioniert auch der Jean-Claude-Risset-Effekt,
jedoch mit einer ununterbrochenen Tonfolge abwärts3 - ein noch reizvollerer Effekt. Der Algorithmus,
der als Basis diesem Effekt zu Grunde liegt, wurde von Risset entdeckt und entwickelt.
Hörbeispiel: Sound-Datei 4: Risset-Effekt (*.wav 60 KB) von
http://www.besserprechen.de/akustisch.htm
2) MEERESRAUSCHEN IN DER MUSCHEL
Wenn man das Ohr an eine große Muschel hält, glaubt man das Meer rauschen zu hören. Doch leider
ist das eine akustische Täuschung - tatsächlich hören wir das Echo unseres eigenen fließenden Blutes:
Das Rauschen unseres Blutes versetzt die in der Muschel befindliche Luftsäule in Resonanz, d.h. die
Luft in der Muschel beginnt zu schwingen und die Schallwellen zu verstärken. So hören wir ein lautes
Rauschen, das uns an das Brausen des Meeres erinnert.
Der Effekt funktioniert übrigens auch mit einem Glas oder einem Becher, denn entscheidend ist einzig
und allein die in einem hohlen Körper eingeschlossene Luftsäule, die durch Geräusche in Schwingung
versetzt wird!
3) KOMBINATIONSTÖNE
Kombinationstöne hören wir bei der gleichzeitigen Wahrnehmung zweier relativ lauter Töne, deren
Frequenzen nicht zu nahe beieinander liegen (sonst entsteht eine Schwebung).
Nicht-Musikern fällt es jedoch oft schwer, die tatsächlich vorhandenen Töne von den
Kombinationstönen zu unterscheiden.
Erzeugt man einen konstanten Ton der Frequenz f1 und überlagert ihm einen Ton ansteigender
Frequenz f2, fällt die Beobachtung leichter: Neben f1 und f2 hören wir einen dritten Ton der Frequenz
2 · f2 - f1, dessen Frequenz abnimmt.
Hörbeispiel: Kombinationston von http://de.wikipedia.org/wiki/Kombinationston
Geschulte Musiker hören bei einem Zusammenklang zweier Töne nicht nur einen, sondern gleich
mehrere Kombinationstöne, den beim Zusammenspiel von Musikinstrumenten wirken alle
3
Auch hier müsste man irgendwann an der Hörschwelle, die etwa bei 16 Hertz liegt, ankommen.
Schwingungen zusammen4: die der Grundtöne, ihrer Obertöne und die Kombinationstöne, die alle
untereinander wieder sofort neue Kombinationstöne (zweiter, dritter, vierter,… Ordnung) bilden.
Musiker machen sich dieses Phänomen beim Stimmen ihrer Instrumente, aber auch beim
Zusammenspiel im Ensemble zunutze. Die Kombinationstöne erscheinen nämlich nur, wenn das
gespielte Intervall absolut rein ist. Andernfalls kann man alle möglichen anderen Töne und
Schwebungen (Brummen, Klirren) wahrnehmen, aber nicht den gewünschten Kombinationston.
Die Kombinationstöne wurden 1740 von dem Komponisten und Musiktheoretiker Georg A. Sorge
entdeckt: „Ja so gar zwey Flutes douces [Blockflöten] geben, wenn man c’’ und a’’ rein zusammen
bläset, noch den dritten Klang, nemlich ein f, welches zu probieren stehet.“
Georg Andreas Sorge, Hamburg 1744, zit. nach Rothe,
http://www.mollenhauer.com/Download/Arbeitsblatt_Nr.3.pdf, S. 5.
Warum aber nehmen wir Kombinationstöne überhaupt wahr?
Die Ursache dafür ist, dass sich das Medium, in welchem die Übertragung der Schallwellen stattfindet,
nicht-linear verhält (die Perilymphe des Innenohrs und bei hohem Schalldruck auch die Luft), sodass
die einzelnen Wellen miteinander in Wechselwirkung treten und zusätzliche Frequenzen auftreten
können.
Besonders leicht kann man Kombinationstöne beim Zusammenspiel von Blockflöten, Geigen oder bei
Orgeln hören. Je lauter die Töne werden, umso weniger linear reagiert unser Gehör, und umso mehr
Verzerrungskomponenten entstehen im Innenohr. Das heißt, je lauter und schriller Kinder in eine Flöte
blasen, umso unangenehmer werden auch die Kombinationstöne ;-)
Wichtig: Die Frequenzen der Kombinationstöne sind nicht mit einem Frequenzanalystor messbar, da
sie allein im Ohr entstehen.
4) DOPPLER-EFFEKT
Als Dopplereffekt bezeichnet man die Veränderung der wahrgenommenen Frequenz von Schallwellen,
während sich die Schallquelle und/oder der Beobachter und/oder das Medium (die Luft) relativ
zueinander bewegen.
Ein bekanntes Beispiel ist die Tonhöhenänderung des Martinshorns eines Einsatzfahrzeugs. Solange
sich das Fahrzeug nähert, wird der Ton scheinbar höher:
Da sich der Wagen in der Zeit zwischen jeweils zwei Wellenbergen der Schallwelle weiterbewegt,
verkürzt sich der Abstand zwischen diesen Wellenbergen (also die Wellenlänge) etwas, nämlich genau
um den Weg, den der Wagen in dieser Zeit zurücklegt. Da sich beide Wellenberge mit derselben
(Schall-)geschwindigkeit zum Beobachter bewegen, bleibt der verkürzte Abstand zwischen ihnen
erhalten, und der zweite Wellenberg kommt schon ein wenig früher beim Beobachter an, als wenn das
Fahrzeug stehen würde. Dadurch erhöht sich für den Beobachter die Frequenz der Schallwelle, also
auch die Tonhöhe. Wenn sich das Fahrzeug wieder entfernt, wird der Ton analog scheinbar tiefer.
Dasselbe gilt natürlich für vorbei fahrende Formel 1 – Autos.
Hörbeispiel: Fahrzeug (41 KB) von http://www.jgiesen.de/astro/stars/DopplerEffekt/index.htm
Eine genaue Erklärung des Doppler-Effektes ist nachzulesen auf http://de.wikipedia.org/wiki/DopplerEffekt.
4
Beim Hörbeispiel handelt es sich um reine Sinusschwingungen.
Geplanter Ablauf der Unterrichtsstunde:
Zeit
5´
5´
15´
5´
10´
10´
5
Phase
1. Beginn
2. Einstieg
3. Erklärung
4. Weitere
akustische
Täuschungen
Inhalt
- Begrüßung
- Administratives
- Stundenwiederholung
- Shepard-Tonleiter (Hörbsp)
- Was habt ihr gehört?
Methode / Sozialform
- L-Vortrag
- Kann es so etwas überhaupt
geben?
- L-S-Gespräch
- Shepard Tonleiter (Theorie)
- L-Vortrag
- SuS schreiben mit
- Graphiken auf
Overheadfolien
- Handouts mit Graphiken
- Risset-Effekt
- Vorspielen
- Erklärung
(L-Vortrag)
- Laptop
a. Meeresrauschen in der
Muschel
- Wie kommt dieser Effekt
zustande?
- Wenn nötig, Erklärung
- ausprobieren
b. Kombinationstöne
- Hat schon jemand davon
gehört?
- Erklärung + Hörbeispiel
c. Doppler-Effekt
- Was ist der Doppler-Effekt?
- Ergänzung
- Hörbeispiel
Schülerinnen und Schüler
Medien
(Lern-) Ziel
- Klassenbuch
- L-S-Gespräch
- Vorspielen
- L-S-Gespräch
-
-
L-S-Gespräch
-
L-Vortrag
-
Wortmeldungen
der SuS
L-Vortrag
Vorspielen
SuS5 erkennen, dass es sich um eine scheinbar
„unendlich ansteigende“ Tonfolge handelt.
- SuS erkennen, dass es so etwas eigentlich nicht geben
kann, da unser Gehör nur Frequenzen bis ca. 16000
Hertz wahrnehmen kann.
- SuS verstehen den theoretischen Hintergrund dieser
Täuschung und können ihn in eigenen Worten vereinfacht
wiedergeben.
-
L-S- Gespräch
- L-Vortrag
- Einzelarbeit
-
- Wh. der Inhalte der letzten Stunde
- Laptop
- SuS verstehen, dass der Risset-Effekt auf dem gleichen
Prinzip beruht wie der Shepard-Effekt
-
- Becher
- Laptop
-
- Es wird zunächst auf die Erfahrungen der SuS
eingeganen.
- Die SuS wissen, dass es Kombinationstöne gibt und wie
diese entstehen. Sie können Beispiele dafür geben, wie
Musiker dieses Phänomen nutzen können.
-
- Laptop
SuS versuchen, diese akustische Täuschung selbst zu
erklären.
Sie lernen die Hintergründe kennen,
und haben die Möglichkeit, die Täuschung selbst
auszuprobieren.
-
SuS sollen sich an den Doppler-Effekt erinnern
(Physikunterricht).
SuS kennen die Relevanz des Doppler-Effekts im Alltag
und wissen, dass es sich dabei nicht um eine
tatsächliche Tonhöhenänderung handelt.
QUELLEN
Bokelmann, Michael: Woher kommt der dritte Ton beim Flötenduo?
http://www.wdr5.de/service/service_kleine_anfrage/786731.phtml [20.12.2006]
BMI für Unterricht, Bildung und Kultur: Lehrplan der AHS-Oberstufe für das Unterrichtsfach
Psychologie und Philosophie. http://pup.pi-noe.ac.at [20.12.2006].
Giesen, Jürgen: Doppler-Effekt. http://www.jgiesen.de/astro/stars/DopplerEffekt/index.htm
[20.12.2006]
Heiß, Peter: Akustische Täuschungen – Endlos steigende Tonfolgen.
http://users.aol.com/gykophys/shep.htm [Stand 20.12.2006]
Kurz, Uwe: Das Ohr spielt uns Streiche – Akustische Täuschungen.
http://www.bessersprechen.de/akustisch.htm [Stand 20.12.2006]
Meyers Konversationslexikon – Kombinationston. http://susi.e-technik.uniulm.de:8080/Meyers2/seite/werk/meyers/band/9/seite/0974/meyers_b9_s0974.html#Kombinationston
[20.12.2006]
Rothe, Gisela: Texte rund um die Blockflöte – Nr. 3: Intonation im Blockflöten-Ensemble.
http://www.mollenhauer.com/Download/Arbeitsblatt_Nr.3.pdf [20.12.2006]
Scheller, Stefan: Akustische Täuschungen – Endlos ansteigende Tonleitern: Der Shepard-Effekt.
http://www-cip.physik.uni-bonn.de/~scheller/acoustic-illusions/main.html [Stand 20.12.2006]
Scheller, Stefan: Betrüg das Ohr. http://www.neander-regiert.de/neaaku01.html [Stand 20.12.2006]
Schreier, Ernst: Schwingungslehre in Kursstufe 12 – Ein Unterrichtsversuch unter besonderer
Berücksichtigung musikalischer Aspekte.
http://schreier.free.fr/pages/physik/musik/papers/zula_komplett.pdf [Stand: 20.12. 2006]
Ohne Autor: Doppler-Effekt. http://de.wikipedia.org/wiki/Doppler-Effekt [20.12.2006]
Ohne Autor: Kombinationston. http://de.wikipedia.org/wiki/Kombinationston [20.12.2006]
Ohne Autor: Shepard-Skala. http://de.wikipedia.org/wiki/Shepard-Skala [Stand 20.12.2006]
Ohne Autor: Wie kommt das Meeresrauschen in die Muschel?
http://www.gesundheit.de/wissen/irrtuemer-medizin/rauschen-muschel/index.html [20.12.2006]
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