Mumpsorchitis im Jugend- und Erwachsenenalter

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M E D I Z I N
ZUR FORTBILDUNG
Martin Scholz1
Norbert Graf1
Joachim Steffens2
Harald Schönhofen3
Jean-Piere Jeannelle4
Otto Schofer3
Friedrich Carl Sitzmann1
ie Parotitis epidemica oder
Mumps (engl.: to mumps =
schmollen) wurde erstmals im
fünften Jahrhundert v. Chr.
von Hippokrates beschrieben (4). 1934
gelang es Johnson und Goodpasture,
die virale Genese der Mumps nachzuweisen. Der erste Impfstoff gegen die
Mumpsinfektion und ihre Komplikationen wurde 1969 in Deutschland zugelassen. Er ist seit 1980 in Kombination mit einer Masern- und einer Rötelnvakzine (MMR) erhältlich. Von
der Ständigen Impfkommission (STIKO) wird die erste Impfung nach dem
15. Lebensmonat und eine zweite ab
dem sechsten Lebensjahr empfohlen.
Auch nichtimmune Jugendliche und
Erwachsene sollten geimpft werden (3,
18, 19). Bisher ist noch keine einheitliche und ausreichende Durchimpfungsrate in Deutschland erreicht worden.
Diese unterschiedliche Immunitätslage in der Bevölkerung ermöglicht ein
Verschieben dieser „Kinderkrankheit“ in das Erwachsenenalter. Mit
steigendem Lebensalter verläuft die
Erkrankung schwerer, und Komplikationen nehmen zu. So tritt bei bis zu einem Drittel der Männer mit Mumps
eine Entzündung der Hoden auf.
In drei saarländischen Kliniken
und einer urologischen Praxis beobachteten wir von Oktober 1994 bis
April 1995 36 Fälle von Mumpsorchitis. Das ist etwa fünfmal häufiger als in
den Jahren zuvor. Das gehäufte Auftreten dieses Krankheitsbildes veranlaßte uns, die Mumpsinfektion und ihre Komplikationen, insbesondere die
Orchitis, und ihre Prophylaxe darzustellen.
D
Krankheitsbild
Die Mumps wird durch ein Paramyxovirus mit vergleichsweise hoher Kontagiosität verursacht. 85 Pro-
Mumpsorchitis
im Jugendund Erwachsenenalter
Ein vergessenes Krankheitsbild
Mumps oder „Ziegenpeter“ ist eine seit
vielen Jahrhunderten bekannte Erkrankung. Sie ist charakterisiert durch die
Schwellung einer oder beider Ohrspeicheldrüsen und verläuft in der Mehrzahl der Fälle ohne schwere Komplikationen. Daher gilt Mumps in der Bevölkerung als „harmlose Kinderkrankheit“. Als Komplikation im Kindesalter
tritt die Mumpsmeningitis und nach der
Pubertät die Mumpsorchitis auf.
zent der Infizierten sind zwischen
sechs Monaten und 15 Jahren alt (22).
Nach Übertragung des Virus durch
Tröpfchen beim Husten und Niesen
kommt es zu einer generalisierten Infektion. Nach einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 17 bis 21
(seltener 11 bis 35) Tagen tritt Fieber
und eine schmerzhafte, ein- oder
beidseitige Schwellung der Ohrspeicheldrüse auf. Üblicherweise bildet
sich die Parotisschwellung innerhalb
einer Woche meist ohne Folgen
zurück und hinterläßt eine lebenslängliche Immunität.
Sieben Tage vor bis neun Tage
nach der Parotisschwellung ist der
Patient hochinfektiös (22), und in bis
zu 40 Prozent der Fälle verlaufen die
Mumpsinfektionen subklinisch (4, 16,
1
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Friedrich Carl Sitzmann), Universität des Saarlandes, Homburg/Saar
2 Klinik für Urologie und Kinderurologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Manfred Ziegler), Universität des Saarlandes, Homburg/
Saar
3 Kinderklinik Kohlhof (Direktor: PD Dr. med.
Otto Schofer), Neunkirchen-Kohlhof
4 Urologische Praxis, Dr. R. Kneip und Dr. J.P. Jeannelle, Neunkirchen
21). Die Mumpsinfektion wird in diesen Fällen nicht erkannt, und die vielfältigen Komplikationen, die strenggenommen nur verschiedene Manifestationsorte derselben Virusinfektion
darstellen, können dann ohne vorausgegangene, sichtbare Parotitis
auftreten.
Komplikationen
Die Komplikationen treten unabhängig von der Schwere der Parotitis auf. Vor der Pubertät kommt es
bei zehn Prozent der Infizierten zu
einer Meningitis. Als weitere Komplikationen des Nervensystems treten Enzephalitis, Zerebellitis oder
Myelitis auf (4, 5, 9, 24). Andere Organmanifestationen sind die Pankreatitis, Myokarditis, Hepatitis,
Thyreoditis, Prostatitis, Arthritis,
Labyrinthitis (passagerer Hörverlust: vier Prozent; bleibende Taubheit: 0,005 Prozent) (5, 14, 15, 16).
Entzündungen der Keimdrüsen
treten vor allem nach der Pubertät
auf. Durch hämatogene Streuung
entstehen bei fünf Prozent der jungen
Frauen mit Mumps eine Oophoritis
und bei bis zu 37 Prozent der jungen
Männer eine Orchitis (10, 22, 28).
Bei der Orchitis führt der direkte Befall der Drüse und eine immunologische Folgereaktion [Antigen- und Antikörperreaktion und
Komplementreaktion, (10)] zu einer mumpsvirusinduzierten Zelldestruktion und Zytolyse. Histopathologisch manifestiert sich diese entzündliche Reaktion in Hyperämie,
Ödembildung, Fibrinexsudat und Infiltration mit neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Makrophagen (6, 7). Als Folge entstehen durch
das Ödem Drucknekrosen der Tubuli, und die Leydigzellen werden zerstört (10).
Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 33, 16. August 1996 (37) A-2087
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Eigenes Patientengut
Von Oktober 1994 bis April 1995
wurden in der pädiatrischen und in
der urologischen Klinik der Universität des Saarlandes in Homburg, in
Abbildung 1 a: Mumpsorchitis bei einem 16jährigen
Jungen. Deutliche Seitendifferenz, linkes Skrotum
gerötet und prall gespannt durch reaktive Hydrozele.
der Kinderklinik Kohlhof und in einer
urologischen Praxis 36 Patienten wegen einer Mumpsorchitis behandelt.
Der jüngste Patient war 14 Jahre, der
älteste 41 Jahre alt (Durchschnittsalter 18,3 Jahre). Alle wiesen die typischen klinischen Zeichen einer Orchitis auf: Fieber bis 40,5 Grad C, stark
geschwollener, gespannter und sehr
schmerzhafter Hoden. Das Skrotum
war teilweise stark gerötet (n = 29),
und es bildeten sich oft eine reaktive
Hydrozele und eine Mitbeteiligung
des Nebenhodens aus (Abbildung 1 a
und 1 b). Die Orchitis wurde 18mal
links, 14mal rechts und vier Mal beidseits diagnostiziert.
Die Anamnesen waren fast immer identisch. Bei 28 bis 36 Patienten
war drei bis neun Tage (durchschnittlich fünf Tage) zuvor eine ein- (n = 21)
oder beidseitige (n = 7) Parotitis aufgetreten gewesen; bei 25 bis 36 Pati-
enten war anamnestisch der Kontakt
mit einem Mumpsinfizierten zu eruieren. Den Impfbüchern war zu entnehmen, daß keiner der Betroffenen
als Kind gegen Mumps geimpft worden war (Tabelle 1).
Die Begründungen dafür waren
unterschiedlich: vier Patienten waren
vor Einführung der Mumpsimpfung
geboren, die Eltern von neun Patienten waren grundsätzlich gegen die
Impfung gewesen beziehungsweise
hielten sie nicht für erforderlich. Bei
acht Patienten war die wegen rezidivierender Infekte immer wieder aufgeschobene Mumpsimpfung schließlich vergessen worden. Ein Patient
hatte bewußt keine Impfung erhalten,
da er im Alter von sieben Monaten an
einem Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom erkrankt war und er die InforTabelle 1
Eigene Patienten (n = 36)
Alter (Jahre)
Durchschnittsalter (Jahre)
Orchitis links
rechts
beidseits
14–41
18,3
18
14
4
In der Anamnese:
– Parotitis
28
– Kontakt zu
Mumpsinfiziertem 25
gegen Mumps geimpft
0
mation erhalten hatte, er dürfte die
MMR-Impfung deshalb nicht erhalten. Die restlichen 14 Patienten und
deren Angehörige konnten keine Angaben darüber machen, warum sie
keine Mumpsimpfung erhalten hatten.
Differentialdiagnose
und Therapie der
Mumpsorchitis
Abbildung 1 b: Mumpsorchitis rechts bei einem 6jährigen Jungen (nicht im angegebenen Patientengut enthalten)
In jedem Fall wurden die anderen Differentialdiagnosen eines akuten Hodens klinisch und sonographisch ausgeschlossen (Hodentorsion, Trauma, Abszeß) (Textkasten).
Bei der Orchitis imponierte das Hodengewebe ultrasonographisch ödematös aufgelockert, aber homogen
(Abbildung 2 a und 2 b). Die Durchblutung des entzündeten Hodens war
deutlich vermehrt (Abbildung 3).
A-2088 (38) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 33, 16. August 1996
Durch Nachweis von Mumpsantikörpern der Klasse Ig M, die drei Monate
im Serum nachweisbar sind, wurde
die Diagnose gesichert. Ferner waren
im Blut eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und ein erhöhtes Creaktives Protein nachzuweisen.
Die Therapie der Orchitis ist rein
symptomatisch: Bettruhe, Hodenhochlagerung auf einem Hodenbänkchen, kühlende Umschläge, Antiphlogistika und Antipyretika sowie
prophylaktische Antibiose mit zum
Beispiel Cephalosporin oder einem
Gyrasehemmer wegen der Gefahr einer bakteriellen Superinfektion.
In allen Fällen kam es nach maximal vier Tagen zur Entfieberung, nach
acht Tagen zur Schmerzfreiheit und
nach spätestens drei Wochen zu Restitutio ad integrum. Bisher mußte in
keinem Fall eine Hodenatrophie festgestellt werden. Bei allen Patienten
wird in ein bis zwei Jahren eine qualitative und bakteriologische Spermauntersuchung sowie ein Hormonstaging durchgeführt.
Folgen einer
Mumpsorchitis
Die bisherigen Therapieregime
der Mumpsorchitis führen immer noch
in 50 Prozent zu einer Hodenatrophie
(7, 19); in sechs Prozent der Fälle liegt
das Hodenvolumen unter der dritten
Standardabweichung. Die Zerstörung
Differentialdiagnose des akuten
Hodens
–
–
–
–
–
–
Hodentorsion
Hydatidentorsion
Trauma
Abszeß
Epididymitis
Infektionen des Hodens:
viral: u.a. Mumps-, CoxsackieA-Virus
bakteriell: u. a. Tuberkulose
der Hodentubuli führt zu einer verschlechterten Samenqualität. Der Untergang der Leydigzellen hat verminderte Testosteronspiegel zur Folge
(22). Die Angaben über irreversible
Infertilität nach uni- beziehungsweise
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bilateraler Mumpsorchitis schwanken
in der Literatur zwischen 12 Prozent
und 61 Prozent (10, 22). Die Sterilität
nach einseitiger Orchitis wird erklärt
durch einen inapparenten beidseitigen
Befall, einen vorgeschädigten kontralateralen Hoden oder durch Antikörper, die den klinisch unauffälligen
Hoden mitschädigten (22). Vereinzelte
Mitteilungen über den Zusammenhang zwischen Mumpsorchitis und der
Genese von Hodentumoren (30) wurden in den letzten Jahren nicht bestätigt (21, 22, 30).
Sekundär- und
Tertiärprophylaxe
Es gibt unterschiedliche Ansätze für eine Therapie der Mumps-
ne generalisierte Infektion vor. Dennoch können Komplikationen durch
die Gabe von Antikörpern nicht verhindert werden (6, 7, 10, 12). Dasselbe gilt auch für eine aktive Immunisierung innerhalb der Inkubationszeit („Riegelungsimpfung“). Diese
kann allenfalls dann den Ausbruch
der Erkrankung verhindern, wenn
sie 24 bis 48 Stunden nach der erfolgten Infektion verabreicht wird (24).
Virostatika sind bei der Mumpsinfektion nicht indiziert.
Erfolgversprechende Therapieoptionen bei manifester Orchitis
sind Prednisolon (7) oder in jüngster
Zeit die subkutanen Injektionen von
Interferon-alpha 2B (10, 11, 12, 27),
die über einen Zeitraum von mehreren Tagen verabreicht werden. Keine dieser hier erwähnten Therapiemöglichkeiten konnte sich jedoch
bisher als eine anerkannte Standardtherapie etablieren.
Trotz intensiver Therapieversuche können auch heute noch nicht
die Folgen der Mumpsorchitis zuverlässig verhindert werden (10).
Primärprophylaxe
der Mumps
Abbildung 2 a: Ultraschall Längsschnitt: deutliche
Vergrößerung des linken Hodens, homogen aufgelockertes Gewebe mit etwas reduzierter Echogenität, reaktive Hydrozele. Volumen linker Hoden: 53
ml, rechter Hoden: 9 ml.
orchitis und Hodenatrophie, von denen aber bisher keine signifikant den
Anteil an Spätfolgen reduzieren
konnte. Nur innerhalb der ersten Tage nach der erfolgten Infektion sind
mit hoher Wahrscheinlichkeit dann
verabreichte Mumpsantikörper in
Standardimmunglobulinpräparaten
in der Lage, einen Ausbruch der Erkrankung und die damit verbundenen Komplikationen zu verhindern.
Denn Mumpshyperimmunglobulinpräparate als Arzneimittel werden mittlerweile nicht mehr hergestellt (26).
Bei dem Krankheitsbild einer
manifesten Parotitis liegt bereits ei-
Die beste Prophylaxe gegen
mumpsvirusinduzierte ZNS-Erkrankungen, Ertaubung und Orchitis ist
die aktive Impfung (8). Ihr Ziel ist
der Schutz vor der Erkrankung und
ihren Komplikationen bis ins Erwachsenenalter, da im höheren Alter
die Infektionen schwerer verlaufen
(1, 9).
Für die leider noch relativ geringe Akzeptanz der Mumpsimpfung
Abbildung 2 b: Ultraschall Querschnitt.
gibt es verschiedene Gründe. Viele
Laien halten aus Unwissenheit die
Mumps für eine harmlose „Kinderkrankheit“, oder die Eltern lehnen
aus Angst vor Nebenwirkungen die
Impfung ihres Kindes ab.
Abbildung 3: Dopplersonographie des Hodens: Hyperperfusion des erkrankten Hodens, differentialdiagnostische Abgrenzung zur Hodentorsion.
Weitere Gründe für zu seltenes
Impfen sind mangelnde Impfmotivation bei den Ärzten und ideologische
Impfgegner in der Bevölkerung.
Die Folge ist eine unzureichende Durchimpfungsrate, die zwischen
60 Prozent und maximal 75 Prozent
liegt (19, 20, 29, 33). Diese weist starke regionale Schwankungen auf (Tabelle 2). Durch Raten um 60 bis 75
Prozent können zwar größere Epidemien verhindert werden, da die Zirkulation des Wildvirus reduziert wird
(29). Gleichzeitig sinkt jedoch auch
die natürliche Durchseuchung mit
dem Wildvirus, und für die Nichtimmunen (als Kleinkinder weder
geimpft noch infiziert) verschiebt
sich der Infektionszeitpunkt ins Erwachsenenalter. Ein wirklicher Impfschutz im Sinne eines Individualschutzes ist erst gegeben, wenn die
Durchimpfungsrate über 90 Prozent
steigt (17, 29).
Wegen der guten Immunogenität der Mumpsvakzine beträgt die
Serokonversionsrate 85 bis 97 Prozent (9, 22, 25, 32). Die erreichten Titer sind niedriger als nach Infektionen mit dem Wildvirus, können aber
durch die Reinfektion mit diesem
geboostert werden. Ein langfristiger
Schutz wird aber auch durch die
impfinduzierte zelluläre Immunität
gewährleistet (9).
Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 33, 16. August 1996 (39) A-2089
M E D I Z I N
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Daß die Mumpsimpfung in
Kombination mit dem Masern- und
Rötelnimpfstoff gut verträglich und
wirksam ist, haben auch zahlreiche
adenie, Lokalreaktionen, Fieberkrämpfe, idiopathische thrombozytopenische Purpura und Urtikaria
(Tabelle 3). Bei 1,5 Millionen durch-
Tabelle 2
Durchimpfungsraten bei unterschiedlichen Untersuchungen
Jahr
Methode
Ort
80–86
86
86–87
86–87
92
92
92
verkaufte Seren
Impfbuch
Impfbuch
Impfbuch
Kampagne
–
Kampagne
Deutschland
Schleswig-Holstein
Saarland
Niedersachsen
Niedersachsen
USA
Finnland
Impfrate (%)
68
77
75
67
93*)
83
95
Quelle
5
33
37
34
34
17
20
*) Schätzung
Untersuchungen gezeigt. Die häufigste Nebenwirkung der MMR-Impfung (Kombination Masern-Rötelnvakzine) ist Fieber, das etwa eine
Woche nach der Impfung auftritt.
Weitere mögliche Folgen einer
Schutzimpfung sind Mikropoly-
geführten Impfungen trat kein Todesfall auf, keine dauerhafte Nebenwirkung und keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Entstehen eines Diabetes mellitus (25).
In Finnland konnte durch eine
seit 1982 durchgeführte Impfkampagne und eine Impfstrategie,
die wie in Deutschland eine
Impfempfehlung der STIKO
zweimalige MMR-Impfung
vorsieht, die Impfrate auf 95
1. MMR ist öffentlich empfohlene
Prozent erhöht werden. Der
Kombinationsimpfung für alle Knaben
Erfolg ist daran zu sehen,
und Mädchen (keine vorausgehende
daß die Mumpsinzidienz um
Titerbestimmung erforderlich)
99 Prozent abgenommen hat
– Grundimmunisierung:
(20 Fälle pro Jahr in ganz
130,5 ml MMR i.m. oder s.c.
Finnland) und daß in Finn(nach 15. Lebensmonat)
land in den letzten Jahren
– Auffrischung:
keine Mumpsenzephalitis
130,5 ml MMR i.m. oder s.c.
mehr auftrat (25).
(ab 6. Lebensjahr)
Um eine möglichst hohe Durchimpfungsrate in
2. Auch nichtimmune Jugendliche und ErDeutschland zu erreichen,
wachsene sollten geimpft werden (evenempfiehlt die STIKO (Stäntuell zuvor Antikörpertiter bestimmen)
dige Impfkommission) seit
1991 neben der ersten
3. Erforderliche Abstände zu anderen
MMR-Impfung nach dem
Impfungen:
15. Lebensmonat eine zweite Impfung ab dem sechsten
– Inaktivierte Erreger, Toxoide,
Lebensjahr
(Textkasten).
orale Impfung (DPT, Influenza, HIB,
Dies dient einerseits der
Typhus-lebend, Polio-oral):
Schließung der Impflücken,
kein Abstand
die sich aus 5 bis 10 Prozent
– Lebendimpfstoffe
primären
Impfversagern
(BCG, Gelbfieber, Varizellen):
(Geimpfte
ohne
Serokon4 Wochen Abstand
version, unter anderem
– Nach Bluttransfusionen und
durch Fehler in der KühlImmunglobulingabe:
kette), 5 Prozent sekun3 Monate Abstand
dären Impfversagern (Impftiter sinkt unter schützende
A-2090 (40) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 33, 16. August 1996
Schwelle) und vor allem aus Ungeimpften (versäumte Impfung im
zweiten Lebensjahr) zusammensetzt
(13). Andererseits soll dadurch ein
vorhandener Titer geboostert werden, da eine natürliche Boosterung
bei niedriger Durchseuchung mit
dem Wildvirus seltener wird. Diese
Zweitimpfung wird seit 1989 in den
Vereinigten Staaten von Amerika
und seit 1991 in Japan, Großbritannien und Neuseeland durchgeführt.
Die STIKO empfiehlt außerdem, nichtimmune Jugendliche und
Erwachsene zu impfen. Der Stellenwert einer Antikörperbestimmung
vor der Impfung ist umstritten, da negative Mumps-Antikörpertiter keine
Aussage über die zelluläre Immunität und über den fehlenden Erfolg
einer Impfung zulassen.
Durch dieses bewährte Impfregime, verbesserte Aufklärung der
Bevölkerung und steigende Motivation der impfenden Ärzte sollten
auch in Deutschland Impfraten über
90 Prozent erreichbar sein. SchwerTabelle 3
Nebenwirkungen nach Masern-MumpsRöteln-Impfung bei 1,5 Mio. Kindern
Fieber
Lokalreaktionen
leichte Mumps
Mikropolyadenie
Fieberkrampf
Urtikaria
Idiopath. trombozytopenische Purpura
Todesfall
Dauerschaden
15%
4,5%
1–2%
keine Angabe
0,007%
0,0006%
0,0033%
0%
0%
ste Komplikationen wie Enzephalitis, Taubheit und Infertilität können dadurch erfolgreich verhindert
werden.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1996; 93: A-2087–2090
[Heft 33]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf
das Literaturverzeichnis im Sonderdruck,
anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Martin Scholz
Universitäts-Kinderklinik
66421 Homburg/Saar
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