F E U I L L E T O N Andy Warhol, Last Supper Andy Warhol – The Late Work Es muss nicht immer Marilyn sein Das museum kunst palast in Düsseldorf zeigt die Vielseitigkeit im Spätwerk des Pop-Art-Künstlers. Mediale Vielfalt Den Besucher erwartet eine Schau, die erstmalig die mediale Vielfalt seiner Arbeit zeigt. Dazu zählen seine Filme, Videos und Fotografien, aber auch die großen Selbstporträts, in denen er sein Alter Ego facettenreich schuf: mal Fotos: museum kunst palast W er kennt sie nicht, die schrill bunten Porträts von Marilyn Monroe, die Campbell’s Suppendosen oder die aufgetürmten Waschmittelkartons der Marke Brillo. In den 60erJahren entdeckte Andy Warhol (1928–1987) den American Way of Life, die Stars der Kinowelt und den trivialen Alltagsgegenstand für seine Kunst und ist seitdem als Ikone der Pop Art weltbekannt. Bislang existiert die nach wie vor weit verbreitete Meinung, dass Warhol nur als Pop-ArtKünstler in den 60er-Jahren interessant war. Die aktuelle Ausstellung „Andy Warhol – The Late Work“ im Düsseldorfer museum kunst palast will gerade diese Sicht auf den Künstler revidieren und konzentriert sich in enger Zusammenarbeit mit Mark Francis, dem Gründungsdirektor des Andy Warhol Museums in Pittsburgh, auf die letzten 15 Jahre von Warhols Schaffen. Andy Warhol, Oxidation teuflisch feuerrot, mal hinter einem Camouflage-Muster versteckt. Warhol bewegte sich seit seinem 20. Lebensjahr überwiegend maskiert mit Perücke und Sonnenbrille in der Öffentlichkeit. Diese Maskerade erfährt im Selbstbildnis mit dem aufgelegten Tarnmuster eine Potenzierung. Sein ganzes Verhalten, aber auch seine Wortwahl waren darauf ausgerichtet, möglichst wenig preiszugeben. „Wenn du alles über Andy Warhol wissen möchtest“, sagte er, „betrachte nur meine Oberfläche, die meiner Gemälde und Filme, und da bin ich. Nichts ist dahinter.“ Er selbst formte sich zu einer perfekten Oberfläche, zu einer Kunstfigur. Warhols künstlerische PP Heft 5 Mai 2004 Deutsches Ärzteblatt Auseinandersetzung mit dem Tod findet einige Jahre nach dem Attentat, das am 3. Juni 1968 eine Bekannte in seinem Atelier auf ihn verübte, eine persönliche Färbung. Waren es in den 60er-Jahren aus der Presse entnommene Sensationsbilder, so wählte er mit dem Motiv des Totenschädels ein altes Vanitassymbol, das er in seiner Gemäldeserie Skull farblich variierte. Gerade die in poppiger Farbigkeit ausgeführten Werke spiegeln den Versuch Warhols wider, mit künstlerischen Mitteln ein Gegengewicht zum Sujet des Todes zu finden.Vor allem offenbart ein Revolverbild sein persönliches Trauma des Attentats. Mit den Bildern von Kreuzen wendet sich Warhol erstmals einem religiösen Symbol in seinem Werk zu. Als einzelne, monumentale Kreuze, die vor einem schwarzen Hintergrund zu schweben scheinen, werden sie zu einem Zeichen für Transzendenz. Diese Hoffnung auf ein jenseitiges LeDie Ausstellung „Andy Warhol – The Late Work“ ist bis zum 31. Mai im museum kunst palast in Düsseldorf zu sehen. Telefon: 02 11/8 99 24 60; www.museum-kunst-palast.de. Öffnungszeiten: Dienstags bis sonntags von 11 bis 20 Uhr. PP ben schwindet jedoch beim Anblick einer Serie von zwölf Kreuzen, die sich wie anonyme Grabsteine auf einem Soldatenfriedhof aneinander reihen. Sie erzeugen ein Bild der Ohnmacht und Trostlosigkeit. Fast ein Jahr lang beschäftigte sich Warhol mit der Umsetzung eines der berühmtesten Werke der Kunstgeschichte, dem „Letzten Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Mit mehr als hundert Werken rückte er diesem Sujet zu Leibe. Auf dem Gemälde „Das letzte Abendmahl“ von 1986 sind Christus und seine Jünger zwischen Motorrädern, einem Preisschild sowie diversen Firmenlogos dargestellt. Von einer dieser groß ins Bild gesetzten „Höllenmaschinen“ wird die Christusgestalt regelrecht überrollt. Gleich daneben kündigt ein rot-gelbes Preisschild den „Ausverkauf an den Teufel“ an und verweist auf den Verrat Christi durch Judas. Unverkennbar blitzt darin Warhols Andy Warhol, Skull Skepsis gegenüber der christlichen Heilslehre auf. Als freudiger Experimentator gibt er sich in der RorschachSerie und den Oxidationsbildern zu erkennen, die das Ergebnis chemischer Prozesse sind, in denen er Kupferfarbe mit Urin reagieren ließ. Mit einem Augenzwinkern entdeckte er sogar das abstrakte Bild für sich, das sich allerdings bei genauer Überprüfung als Sammlung bunter Eier oder verknäulter Garne Sabine Sander-Fell entpuppt. 223