E 1 Kennlinien elektronischer Bauelemente 1. Aufgaben 1. 3. Mittels rechnergekoppelter Messschaltung sind die I-U-Kennlinien für - einen metallischen Widerstand, - eine pn-Diode aus Silizium und - einen Varistor aufzunehmen. Die Kennlinien sind physikalisch zu interpretieren. Die Parameter Io und n der Diodengleichung I = Io(e eU/nkT - 1) sind zu ermitteln. Der Parameter " der Varistorgleichung I = C U " ist zu ermitteln. 2. Grundlagen 2. 2.1 Allgemeine Grundlagen Literatur: [1] ab 11. Aufl.: Abschnitte E.1.0; E.1.1 und E.4.0.2; [1] bis 10. Aufl.: Abschnitte E.1.0.; E.1.1. und E.3.0.2; Ergänzung zum Bändermodell: Lehrbücher der Physik 2.2 Strom-Spannungs-Kennlinie Elektrische Widerstände werden als Bauteile elektrischer Schaltungen oder als Messfühler (Sensoren) eingesetzt. Die Einsatzmöglichkeiten werden entscheidend von der jeweiligen I-U-Kennlinie bestimmt. Der metallische Widerstand besitzt in weiten Grenzen eine lineare I-UKennlinie, die dem Ohmschen Gesetz entspricht, d. h., die Stromstärke I ist proportional zur Spannung U (1) I ∼U; R = U = const. I bei konstanter Temperatur. Auch für Halbleiter und Elektrolyte gilt das Ohmsche Gesetz. Das Kennzeichen einer Halbleiterdiode (pn-Übergang) ist die ausgeprägte 1 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente Polaritätsabhängigkeit der Stromstärke von der angelegten Spannung - das ergibt den Durchlass- und Sperrbereich. Darüber hinaus ist der Verlauf der I-UKennlinie stark nichtlinear. Das elektrische Verhalten ergibt sich daraus, dass in einem einheitlichen halbleitenden Material (Einkristall) zwei unterschiedliche Bereiche, einer mit Elektronenleitung (n-leitend) und der andere mit Defektelektronen- bzw. Löcherleitung (p-leitend), aneinander grenzen. Der grundsätzliche Verlauf der I-U-Kennlinie wird mit der folgenden Diodengleichung beschrieben (2) eU I = I 0 e nkT − 1 , (e - Ladung des Elektrons, n - Diodenfaktor, k - Boltzmann-Konstante, T – Temperatur). Der Sättigungsstrom I 0 ist stark temperaturabhängig, wobei die ( ) Breite der verbotenen Zone )E der entscheidende Parameter ist I 0 ∼ e−∆E / kT . Das Verhalten eines Varistors (variable resistor), auch VDR (voltage dependent resistor) genannt, ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Abhängigkeit des Widerstandes von der Spannung: im Arbeitsbereich sinkt der Widerstand drastisch mit Erhöhung der Spannung, die I-U-Kennlinie des Varistors ist ebenfalls stark nichtlinear, sie wird in diesem Bereich mit der empirischen Beziehung I = C ⋅U α (3) beschrieben. Die Konstante C hängt vor allem von der Geometrie ab, " ist ein Maß für die Nichtlinearität. Varistoren bestehen meist aus halbleitenden Metalloxidpulvern (z.B. ZnO), die einem Sinterprozess unterzogen werden. Das elektrische Verhalten wird dann durch den Ladungsträgertransport über die Korngrenzen, die in großer Anzahl vorhanden sind, bestimmt. Daraus resultiert z.B. auch die Unabhängigkeit der I-U-Kennlinie von der Polarität der Spannung. Das Verhalten des Varistors wird zum Schutz empfindlicher elektronischer Bauteile gegen kurzzeitig auftretende, schädliche Überspannungen (elektrische Störungen, Blitzschlag) genutzt. Der Varistor wird parallel zum Bauteil geschaltet, beim Auftreten einer Überspannung wird die Energie durch den Varistor übernommen, während bei Normalbetrieb der Varistor hochohmig, d.h. unwirksam ist. 2 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente 2.3 Stromstärke- und Spannungsmessungen Zur Ermittlung der I-U-Kennlinien müssen gleichzeitig Stromstärke und Spannung gemessen werden. Dazu dienen die Schaltungen nach Abb. 1 und 2. A A U R V V U R Abb.1: Spannungsrichtige Schaltung Abb.2: Stromrichtige Schaltung Bei der Schaltung nach Abb. 1 misst man die Spannung richtig, die gemessene Stromstärke ist aufgrund des Stromes durch das Voltmeter verfälscht. In der Schaltung nach Abb. 2 misst man den Strom richtig aber die Spannung wird durch den Spannungsabfall über dem Amperemeter zu groß gemessen. Die Größe dieser systematischen Fehler hängt vom Verhältnis des Innenwiderstandes der Messgeräte zum Widerstand des Messobjektes ab. Bei Verwendung geeigneter Messgeräte sind diese Fehler vernachlässigbar klein, z. B. wenn in der Schaltung nach Abb. 1 die Spannung "leistungslos" gemessen wird. Dafür eignen sich elektronische Voltmeter, bei denen die Empfindlichkeit und der Innenwiderstand aufgrund der genutzten Verstärkerschaltung sehr groß sind. Bei bekannten Innenwiderständen der Messgeräte können die Fehler auch rechnerisch korrigiert werden. 2.4 Drehspulinstrumente und Digitalmultimeter Als analoganzeigendes Messinstrument für Gleichstrom soll das Drehspulmesswerk beschrieben werden (Abb. 3). Der zu messende Strom I fließt durch eine drehbare Spule, die in einem homogenen Magnetfeld (Permanentmagnet) gelagert ist. Das Magnetfeld übt auf die entsprechenden Teile der Spulenwindungen eine Kraft aus, die ein Drehmoment der Spule erzeugt. Die Stromzuführung für die Spule erfolgt über Spiralfedern, die bei Auslenkung aus der 3 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente Ruhelage ein rücktreibendes Drehmoment (Rückstellmoment) ausüben, das proportional zum Auslenkwinkel ist. Für einen beliebigen Strom durch die Spule stellt sich daher ein Gleichgewicht ein, bei dem das antreibende Drehmoment durch das Rückstellmoment der Spiralfedern gerade kompensiert wird. Der dazugehörige Auslenkwinkel ist proportional zum Messstrom I. Der an der Drehspule befestigte Zeiger markiert den Auslenkwinkel; die Skale ist in Einheiten des Stromes kalibriert. B Abb.3: Drehspulmesswerk (schematisch) I Drehspulinstrumente sind also primär Strommesser (Amperemeter). Nach dem Ohmschen Gesetz U = I Ri (Ri - Widerstand der Drehspule) ist der Ausschlag auch zur anliegenden Spannung U proportional. Damit ist das Drehspulinstrument auch als Spannungsmesser (Voltmeter) verwendbar. Durch eine Schaltung mit Parallelwiderständen (für Amperemeter) bzw. Reihenwiderständen (für Voltmeter) sind Messbereichserweiterungen möglich. Die Ergänzung mit einem Gleichrichter gestattet auch die Messung von Wechselspannungen und -strömen. Diese Möglichkeiten sind in Vielfachmessgeräten realisiert. Wesentliches Merkmal eines Digitalvoltmeters ist die Analog-DigitalUmwandlung (ADU) auf der Basis einer Kompensationsmessung. Die AnalogDigital-Wandlung kann nach verschiedenen Verfahren erfolgen. Die Arbeitsweise des Digitalvoltmeters wird hier am Beispiel eines Zählverfahrens erläutert. Das Funktionsprinzip ist in Abb. 4 dargestellt. 4 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente Tor Zähler Anzeige Impulsgenerator UM Komparator Stop Start Steuerteil U UM Sägezahngenerator UV t n Zähler Tor Start Stop Abb. 4: Schematische Darstellung der Analog-Digital-Wandlung Ein Sägezahngenerator, dessen Ausgangsspannung UV streng linear mit der Zeit t ansteigt, wird gestartet. Gleichzeitig wird ein Torschalter geöffnet, so dass die Impulse eines Impulsgenerators in den Zähler gelangen. Eine Vergleichsschaltung (Komparator) vergleicht die zu messende Spannung UM mit der Sägezahnspannung UV und stoppt den Zählvorgang über die Torschaltung, sobald die Differenzspannung (UM - UV) Null ist. Die Anzahl der registrierten Impulse ist ein Maß für die Spannung UM. Das Messsignal ist vom zeitlichen Anstieg )UV/)t und von der Taktfrequenz des Impulsgenerators abhängig. Durch Erhöhen der Taktfrequenz z. B. um die Faktoren 10, 100, 1000 usw. kann die Schrittweite (Quantisierungsstufe) der digitalen Anzeige und damit die Messgenauigkeit theoretisch beliebig verbessert werden. In der Praxis ergeben sich Einschränkungen durch das nichtideale Verhalten der einzelnen Schaltkreise. Analog-Digital-Wandler benötigen eine Spannung als Eingangsgröße. Um Vielfachmessgeräte (Multimeter) zu realisieren, muss die Messgröße vor der ADU entsprechend umgeformt werden. Das geschieht durch Verstärkung bzw. Abschwächung der Spannung, für Strommessungen durch die Wandlung des Stromes IM mit einem definierten Widerstand R in eine äquivalente Spannung UM (= R IM), sowie durch Gleichrichtung bei Wechselstrom- bzw. Wechselspannungsmessungen. Die Widerstandsmessung wird durch das Einspeisen eines bekannten (konstanten) Stromes I in das Messobjekt RM realisiert. Der 5 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente dann gemessene Spannungsabfall UM (= I RM) ist fest mit der Messgröße RM verknüpft. 3. Hinweise zur Versuchsdurchführung und -auswertung -U Netzgerät +I RV -I 2 4 AD-Umsetzer _ U-Messung 1 +U I-Messung Bauelement Zur Aufnahme der I-U-Kennlinien steht ein rechnergekoppelter Messplatz zur Verfügung (Abb. 5). Der über eine USB-Schnittstelle mit dem Rechner verbundene AD-Umsetzer kann nur Spannungen messen. Stromstärkemessungen müssen deshalb über Spannungsabfälle an einem bekannten Widerstand erfolgen. Diesem Zweck dient der Vorwiderstand RV, der außerdem die Bauelemente vor Überlastung schützt. Die Variation der angelegten Spannung erfolgt per Hand am Netzgerät. Der AD-Umsetzer ermittelt die U- und I- Werte, die zum Rechner übertragen, auf seinem Bildschirm digital angezeigt und grafisch dargestellt werden. Die Kennlinien der drei Bauelemente werden in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt. Diagramm und Messwerte können ausgedruckt werden. Rechner 5 USB Rastersteckplatte Abb. 5: Schaltungsaufbau zur Aufnahme der I-U-Kennlinien 6 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente zu Aufgabe 1: - Die Schaltung ist nach Abb. 5 aufzubauen (Kontrolle durch den Betreuer). - Die Messung und Ausgabe der Daten erfolgt menügeführt; alle über den Bildschirm ausgegebenen Informationen sind sorgfältig zu beachten. - Die Polarität wird durch Vertauschen der Kabel am Netzgerät gewechselt. - Die Si-Diode ist in Flussrichtung zwischen +U und –U (Abb.5) einzusetzen. - Der Wert des metallischen Widerstandes R ist aus der I-U-Kennlinie zu bestimmen. zu Aufgabe 2: 300 Um die Parameter Io und n der Diodengleichung zuverlässig ermitteln zu können ist es notwendig, die I-U-Kennlinie der Si-Diode in Durchlassrichtung nochmals mit einem empfindlicheren Strommesser aufzunehmen. Dazu wird die Schaltung nach Abb. 6 genutzt. Netzgerät 30 V/1 A 30 A V Si-Diode Abb 6: Empfindliche I-U-Messung der Si-Diode Die Messung soll in Schritten von 50 mV im Bereich U = 0...0,6 V erfolgen. Die Diodengleichung (2) lässt sich in Flussrichtung für Spannungen U o kT/e gut durch die Beziehung (4) I = I 0 ⋅ eeU /( nkT ) annähern. Logarithmieren von (4) ergibt (5) ln I = ln I 0 + e U . nkT 7 E1 Kennlinien elektron. Bauelemente Aus der grafischen Darstellung ln I über U können mit linearer Regression Sättigungsstrom Io und Diodenfaktor n bestimmt werden. (Zum Stromfluss in einer pn-Diode tragen verschiedene Ladungsträger-Transportmechanismen bei. Diese beeinflussen den Wert des Diodenfaktors n. Übliche Werte liegen im Bereich n = 1...2 ; z.B. bedeutet n = 2 bei Si-Dioden Dominieren von Rekombinations- und Generationsströmen.) zu Aufgabe 3: Der Parameter " der Varistorgleichung I = C U " ist zu ermitteln. Logarithmiert man die Varistorgleichung (3), so ergibt sich ebenfalls ein linearer Zusammenhang entsprechend (6) ln I = ln C + α ln U . Aus der grafischen Darstellung ln I über lnU wird der Spannungsbereich UVar (Arbeitsbereich des Varistors) ermittelt, für den (3) erfüllt ist. Für diesen Bereich ist mittels linearer Regression der Parameter " zu ermitteln sowie UVar anzugeben. 4. Schwerpunkte für die Vorbereitung auf das Praktikum - Begriffe: Strom, Spannung, Widerstand, Stromleitung in Metallen, Halbleitern und Isolatoren, (Bändermodell), pn-Übergang - Gesetze: Ohmsches Gesetz, Kirchoffsche Regeln - Verlauf der I-U-Kennlinien von metallischem Widerstand, Halbleiterdiode und Varistor - Verhalten der pn-Diode in Durchlass- und Sperrrichtung (mikrophysikalische Erklärung) - strom- und spannungsrichtige Messschaltung - Funktionsweise von Strom- und Spannungsmessgeräten 8