TECHNOLOGIEN QUANTENSPRUNG BEI DER AUDIOVISUELLEN DATENKOMPRIMIERUNG Ferndiagnostik-Systeme per Megabit pro Sekunde Durch eine bislang unerreichte Effizienz bei der Audio- und Videokompression wird weltweit erstmalig Videoübertragung in hoher Qualität mit Multikanalton über normale DSL-Verbindungen möglich. Die neue Multimediatechnologie ist am Fraunhofer IIS verfügbar. Einsatzmöglichkeiten in der Medizintechnik für die Technologie sind zum Beispiel Ferndiagnostik-Systeme oder Systeme, die es ermöglichen, unter Beobachtung sowie Anleitung von Experten, die nicht vor Ort sind, Operationen durchzuführen. Dabei müssen keine kostspieligen Netzwerke allein für diesen Zweck aufgebaut werden. Vielmehr können herkömmliche DSL-Leitungen genutzt werden. Der MPEG-4 Advanced Video Codec (AVC) erschließt für eine bildschirmfüllende Video-Darstellung in hoher Qualität erstmals den Datenraten-Bereich unter einem Megabit pro Sekunde. High Efficiency Advanced Audio Coding Surround (HE-AAC Surround) stellt dazu die ideale Audio-Ergänzung dar. Für 5.1-Kanal-Ton mit sehr gutem Klang benötigt HEAAC Surround nur Datenraten um 64 kBit / s und überlässt so den größten Teil der Gesamtdatenrate dem Videocodec für die optimale Darstellung des Bildes. Die Abteilung „Multimedia-Echtzeitsysteme“ in Erlangen kombiniert den neuesten Audiocodec HE-AAC Surround des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS mit dem effizientesten Videocodec MPEG-4 AVC des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI. So können handelsübliche PCs Filme mit Multikanalton über eine DSLLeitung in Echtzeit empfangen und wie- Protagonist beim Advanced Audio Coding Das Fraunhofer IIS entwickelte das populäre MP3-Format, beteiligte sich maßgeblich an der Spezifikation und Standardisierung von MPEG-2/4 AAC (Advanced Audio Coding) und liefert entscheidende Beiträge zur Weiterentwicklung des MPEG-4 Audio-Standards. Das Fraunhofer HHI ist seit Jahren international führend bei der Entwicklung und Standardisierung neuer Videokompressionsverfahren. So stellte das HHI den Co-Chairman des Joint Video Teams (JVT), einer gemeinsamen Standardisierungsgruppe von ISO / MPEG und ITU-T, in der der neue Videocodierstandard MPEG-4 AVC spezifiziert wurde. www.iis.fraunhofer.de dergeben. Das Fraunhofer IIS entwickelt zudem hocheffiziente Hardware-Implementierungen etwa für Settop-Boxen, Mobilfunkgeräte oder MP3-Videospieler. BILDDATENBANK DES INSTITUTS FÜR RADIOLOGIE DER CHARITÉ BERLIN VERBESSERT LEHRE UND FORSCHUNG Ein Client / Server-System für neue Lehrformen in der Medizin Das Institut für Radiologie der Charité Berlin hat eine Bilddatenbank für den speziellen Einsatz in der Lehre entwickelt. Dieses System bietet den Radiologen die Möglichkeit, die Medizinstudenten in der universitären Ausbildung mit den jeweils neuesten Untersuchungs- und Diagnosetechniken vertraut zu machen. Ingolf Karst vom Institut für Radiologie Charité Campus Mitte beschreibt, die Bilddatenbank mit Hilfe einer flexiblen und schnellen Client / Server-Architektur realisiert wurde. 24 In der radiologischen Praxis befinden sich neben herkömmlichen Röntgenfilmen auch digitale Medien und Bildverarbeitungssysteme im täglichen Einsatz. In der Routinediagnostik verschiebt sich besonders durch neuere bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) der Schwerpunkt hin zur digitalen Technik. In der Ausbildung der Medizinstudenten wurden am Institut für Radiologie der Charité noch bis vor kurzem jedoch zumeist analoge Ingolf Karst von Charité Campus Mitte: „Den neuen Lehrformen in der Medizin wird das Projekt des Instituts für Radiologie der Charité gerecht.“ TECHNOLOGIEN integrieren, flexibel zu strukturieren und den Lehrenden auch bei der Präsentation des Materials unterstützt. Integrierte Client / ServerLösung ermöglicht digitale Verfügbarkeit und hohe Aktualität Daraufhin wurde auf Initiative von Professor Dr. Bernd Hamm, Direktor des Institutes für Radiologie der Charité, ein Expertenteam, bestehend aus dem Autor sowie den Radiologen Dr. Kay-Geert Hermann und Dr. Matthias Mühler, gebildet. Basierend auf einer Analyse der Nutzung der Fallmappen und den Kenntnissen der Arbeitsabläufe wurde ein System geschaffen, das sich in die Computer- und NetzwerkArchitektur des Instituts integriert. Fälle aus der Routine können durch neueste Technik besser präsentiert werden Medien (Röntgenfilme) verwendet und den Studenten präsentiert, da das digitale Material für die Lehre schwer zugänglich war. Ursache dafür war unter anderem eine fehlende Ordnungsstruktur für interessante Lehrfälle – diese verschwanden im riesigen PACS (Picture Archiving and Communication System) und konnten ohne Kenntnis bestimmter Identifikationsmerkmale nicht gefunden werden. Der Einsatz des PACS für die Lehre gestaltete sich aus diesem Grunde sehr schwierig. Die Dokumentation interessanter Fälle erfolgte daher mittels so genannter Falltütensammlungen, in die Bilder und Diagnosedaten eingeordnet wurden. Kritikpunkt an diesem System war jedoch die Unstrukturiertheit des Materials, die fehlende Möglichkeit einer effizienten Suche und der damit verbundene hohe Zeitaufwand für den Lehrenden. Die Lebensdauer von Röntgenfilmen ist begrenzt. Die Filme vergilben mit der Zeit und nehmen an Kontrast ab. Hinzu kommt die mechanische Belastung durch die Verwendung im Seminar. Kopien können nur mit Qualitätseinbußen und entsprechendem Zeitaufwand angefertigt werden. Außerdem wurden die Falltüten mit der Zeit immer unvollständiger, so dass sie nicht mehr in vollem Umfang den Nutzern zur Verfügung standen. Daraus erwuchs der Wunsch nach einer digitalen, benutzerfreundlichen Bilddatenbank, die es gestattet, interessantes Fallmaterial mit wenigen Arbeitsschritten zu 26 Die Bilddatenbank ist im Intranet der Einrichtung von allen PCs zugänglich. Die Ärzte können sofort während ihrer Befundungstätigkeit interessante Fälle in das System eingeben. Fälle aus der Routine werden jetzt sofort für die Lehre zugänglich und den Studenten können nunmehr die neuesten Techniken besser präsentiert werden. Dadurch entsteht ein großer Pool an Lehrfällen, aus dem jeder Mitarbeiter für die Präsentation im Seminar schöpfen kann. Die Sammlung wächst seit ihrer Installation im Mai 2003 schnell in ihrem Umfang: Innerhalb eines Jahres sind bereits mehr als 650 Fälle mit über 2.400 Bildern von den Ärzten des Instituts eingegeben worden. Dabei erstreckt sich die Bandbreite von sehr gängigen Diagnosen aus der konventionellen Röntgendiagnostik bis hin zu hoch aktuellen 3D-Darstellungen und multiplanaren Rekonstruktionen sowie virtuellen Darstellungen von CT und MRT-Bildern. Dazu gehören beispielsweise neueste Verfahren der Mehrzeilen-CTTechnik zur Diagnostik von Herzkranzgefäßerkrankungen, virtuelle Darmspiegelung, Perfusionsbildgebung bei Schlaganfall und Gefäßdarstellung mittels MRT. Technische Umsetzung: Die Architektur der Bilddatenbank folgt dem Prinzip des Netzwerkes, Struktur und Aufbau der Bilddatenbank orientieren sich an den Routineabläufen in Diagnostik und Lehre am Institut für Radiologie. Für die Umsetzung wurde die Programmierumgebung 4th Dimension (4D) ausgewählt. In ihr wurden Mehr als 650 Fälle mit über 2.400 Bildern in einem Jahr TECHNOLOGIEN Der Seminarassistent hilft Präsentationen und Vorträge aufzubereiten die Datenbank sowie die Oberflächen und ihre Funktionalität realisiert. 4D bot dabei die Möglichkeit, die Anforderungen flexibel umsetzen zu können und das System an verschiedene Plattformen anzubinden. Die Datenbank wird dabei als 4D Server betrieben und ist in das institutseigene Intranet eingebunden. Als Client kann jeder Rechner (PC und Mac) im Institut fungieren. Dadurch ist ein Zugriff auf alle Funktionen der Bilddatenbank von jedem Rechner aus – in Untersuchungs- wie auch in Arbeits- und Seminarräumen – möglich. Der Client wird als Programm über einen Link von einem zentralen Server aus gestartet. Dadurch ist keine zusätzliche Software auf den Arbeitsplatzrechnern zu installieren. Somit entsteht kein weiterer Aufwand für Installation und Wartung bei den Administratoren des Instituts. Funktionsweise der Bilddatenbank in der täglichen Arbeit der Radiologen Die übersichtliche Eingabefunktion ermöglicht es den Radiologen, interessante Bilder und Fälle für die Lehre aus Röntgendiagnostik, Ultraschall, CT und MRT 28 von jedem Rechner des Instituts – direkt nach ihrer Erstellung oder auch zu späteren Zeitpunkten – innerhalb kürzester Zeit einzufügen. Spezifische Metadaten können eingegeben werden, um Bilder und Serien mit Informationen anzureichern und später gezielt danach suchen zu können. Dabei ist auch die Sicherheit für Patienten gewährleistet: Die Bilder und Serien sind von den individuellen Daten der Patienten entkoppelt. Der Zugang zur Bilddatenbank ist über die Vergabe von Zugriffsrechten an die jeweiligen Nutzergruppen geregelt. Ein Suchassistent unterstützt die umfassende Recherche in den Datenbeständen der Bilddatenbank. Er ermöglicht es dem Nutzer, Bilder und Serien anhand verschiedener Kriterien wie Diagnose, Fallautor oder Volltext aufzufinden und diese je nach Wunsch weiterzuverarbeiten. Dabei ist es auch möglich, sowohl einzelne Bilder und Serien als auch Fälle im Zeitverlauf zu betrachten. So lassen sich auch komplexe Krankheitsverläufe in ihrem zeitlichen Ablauf, wie Aufnahme des Patienten, Behandlung (beispielsweise Operation), Nachbehandlung (wie postoperativer Verlauf) und spätere Verlaufskontrolle eines Patienten, darstellen, um so Auszubildenden weitergehende Einblicke in die medizinische Behandlungspraxis außerhalb der reinen Diagnostik zu vermitteln. Jeder Nutzer kann sich in der Bilddatenbank mit Hilfe eines Seminarassistenten Bilder und Serien zu individuellen Fallsammlungsmappen zusammenstellen. Diese Mappen können nach ihrer Bearbeitung für Präsentationen direkt innerhalb der Datenbankapplikation verwendet werden. Die Bilder, die in den virtuellen Mappen zusammengestellt wurden, verbleiben auch weiterhin im allgemeinen Pool der Bilddatenbank. Es können zudem Mappen mit allgemeinen Themen, etwa bestimmten Körperregionen, Krankheitsbildern oder radiologischen Aufnahmeverfahren angelegt werden, die dann für alle Nutzer zugänglich sind. Der Seminarassistent hilft dem Nutzer, seine gesammelten Bilder für Präsentationen in Lehrveranstaltungen und wissenschaftlichen Vorträge aufzubereiten. Dabei wird der Nutzer von der Auswahl und Anordnung der gewünschten Bilder bis zu einer fertigen Präsentation geführt. Die Einstellungen für die Präsentationen können in den Fallmappen gespeichert und später weiterbearbeitet werden. Geplante Erweiterung der Bilddatenbank zum radiologischen Lehrnetzwerk Auf dem Radiologiekongress RSNA (Radiological Society of North America), der jährlich in Chicago stattfindet und über 50.000 Radiologen aus aller Welt zusammenführt, wurde die Bilddatenbank im Dezember 2003 zum ersten Mal öffentlich präsentiert. Dort zeigte sich der Wunsch vieler anderer Universitätsärzte, ein solches System wie die Bilddatenbank auch in ihrem Institut nutzen zu können. Vielfach finden sich auch in anderen Einrichtungen unstrukturierte Sammlungen von radiologischem Bildmaterial, welches organisiert und der Lehre zugänglich gemacht werden müsste. Daher erfolgen zurzeit der Ausbau des Systems und die Entwicklung einer Browseranbindung. Dadurch wird die campusübergreifende Vernetzung der Bilddatenbank ermöglicht, so dass sich mehrere Universitäten standortunabhängig zu einem radiologischen Lehrnetzwerk zusammenschließen können. Auch den neuen, im Zuge der neuen Approbationsordnung angestrebten Lehrformen in der Medizin wird das Projekt des Instituts für Radiologie der Charité gerecht, da es für den Einsatz in studentischen Kleingruppen mit aktuellen neuen Fällen eingesetzt werden kann. Vorteile des Systems: Medienzugriff und Benutzerfreundlichkeit Die Bilddatenbank wurde als zentrales, im Intranet verfügbares System am Institut für Radiologie eingeführt. Es erlaubt den Radiologen, die Medien zusammenzuführen, die bisher an ihrem Institut verteilt vorlagen, um sie damit für die Lehre zugänglich zu machen. In der täglichen Praxis kann die Bilddatenbank von den Ra- diologen selbständig und dauerhaft auf einem aktuellen Stand gehalten werden. Zudem wird der Umfang der Sammlung mit interessanten Lehrfällen aus der klinischen Praxis fortlaufend erweitert. Hierfür wurden den Radiologen einfach zu bedienende Benutzeroberflächen der Bilddatenbank direkt neben ihren Befundungsworkstations bereitgestellt, von denen die Daten eingegeben werden können. Auf diese Daten kann nunmehr jeder Radiologe nach bestimmten Kriterien zugreifen und sich bei der Vorbereitung von Präsentationen durch das dort abgelegte Bildmaterial unterstützen lassen, wobei er dabei die Lehrinhalte individuell gestalten kann. Da bei der Entwicklung der Bilddatenbank besonders auf die Benutzerfreundlichkeit des Systems und die Auffindbarkeit der Inhalte Wert gelegt wurde, wächst der verfügbare Pool an radiologischen Fällen und Bildern schnell an. Informationen: Ingolf Karst, MA Kommunikationswissenschaft, Institut für Radiologie, Charité Campus Mitte (CCM), [email protected] www.charite.de/radiologie/bilddatenbank