DD7NT von: Matthias, DD7NT 1/14 April 2017 E-Mail: [email protected] Messung des Prellverhaltens bei Morsetasten und Schaltern Bild 1: Meine Untersuchungsobjekte Ein OM in unserer CW-Runde meinte neulich: Deine Taste prellt etwas. Ich hatte es nicht bemerkt. Hinterher stellte ich fest, dass sich eine Rändelmutter am Bug (Schlackertaste) etwas gelockert hatte. An diese kleine Episode musste ich denken, als ich einen kleinen Versuchsaufbau mit einem Atmega8, einem Display und einem Drehgeber fertiggestellt hatte. Der Aufbau auf einem Brettchen sollte zur Vorbereitung verschiedener anderer Vorhaben zusammen mit einem Steckboard als Basis dienen. Zu diesem Aufbau stellte ich als erstes ein paar Programmzeilen für Displayausgabe, Drehencoder, Konvertierung, und Menüführung zusammen und testete diese. Dabei kam mir die Idee diesen Test gleich dazu zu benutzen, das Prellen an Morsetasten zu beobachten. Das passte ins Konzept, weil zunächst keinerlei weitere Beschaltung des Versuchsbrettchens brauchte. Das Spiel mit dieser Versuchsanordnung war so interessant, dass ich das Programm erweitert habe, so dass es für Handtasten, Paddles, Bugs aber auch für Schalter, Drucktaster oder Drehencoder genutzt werden kann. In Verbindung mit einem Steckbrett können mit der Versuchsanordnung auch Entprellschaltungen erprobt und in ihrer Wirkung beobachtet werden. Eine Visualisierung der Prellvorgänge war dabei nicht beabsichtigt. Einige schöne Darstellungen kann man bei /1/ finden. Dafür wurde ein Agilent Oszilloskop MSO-X 3054A (500 MHz) verwendet. DD7NT 2/14 April 2017 Bild 2: Schaltung des Versuchsaufbaus zur Prellmessung Die Schaltung beinhaltet den Atmega 8 in Standardbeschaltung mit 16 MHz Quarz, Resettsaster usw. Ziel des Versuchsboards sollte es sein, den Atmega 8 mindestens mit einem Drehencoder und einem Display fest zu beschalten, dabei möglichst viele Ports für Versuche freizuhalten und die Programmierung des Atmega 8 im Versuchsbetrieb zu ermöglichen, ohne dass verbundene Teile getrennt werden müssen. Dazu wurde am Regler 7805 die Diode D1 in die Masseleitung eingefügt, so dass am Ausgang des Reglers 5,6V anliegen. Nach D2 und D3 sind das wieder 5V und die Versorgung des Atmega8 ist von der Versorgung übriger Bauteile getrennt. Damit ist eine Voraussetzung für die einfache Programmierbarkeit des Atmega 8 gegeben. Das Programmiergerät versorgt beim Programmiervorgang über den ISP-Stecker nun nur den Prozessor. R1, R2 und R3 sorgen dafür, dass sich Display und Programmiergerät an der ISP-Buchse die Ports PB3 /MOSI, PB4/MISO und PB5/SCK teilen können, ohne dass das angeschlossene Display das Flashen des Prozessors stört. Dieser Tipp stammt aus dem AVR-Freaks Forum /2/. Das Flashen des Prozessors gelingt mit dieser Konfiguration auch während des Testbetriebs mit dem Versuchsboard und auch bei eingeschalteter Betriebsspannung. Die 5,6V am 7805 werden für die Displaybeleuchtung des DV 20208 verwendet (statt 5,7V). Dieses Display bereitet leider nicht nur mir einigen Kummer, siehe auch /3/. Der Adressbereich der 2. Zeile muss nach HDD 44780 Standard bei Adresse 40 beginnen; dieses Display musste aber ab Adresse 38 für das erste Zeichen der 2. Zeile angesteuert werden. Die Ansteuerung einzelner Zeichen in der 2. Zeile war nicht möglich, das Display stürzte ab. Die mit diesem Artikel verlinkte .hex-Datei mit dem Programm zur Prellzeitmessung wurde daher für Displays mit 2 x 16 Zeichen erstellt. Die Darstellung wurde entsprechend angepasst und weicht geringfügig von der hier gezeigten ab. Messmethode und Messgrenzen Das Testobjekt Morsetaste wird an den Port PD0 des Atmega8 angeschlossen, der über den internen DD7NT 3/14 April 2017 Pullup-Widerstand des Prozessors auf "High" gezogen ist. Anschließend wird die Taste gedrückt, der Port wechselt auf "Low" und die Taste wird wieder losgelassen. Durch eine möglichst schnelle Abtastung des Ports in einer Schleife wird erkannt, wie oft der Port beim Drücken der Taste nach dem ersten Wechsel auf "Low" wieder auf "High" springt, bevor er für ein "stabiles Intervall" auf "Low" stehen bleibt. Beim anschließendem Loslassen der Taste wird nach dem ersten Zustand "High" beobachtet, wie lange und wie oft der Port auf "Low" zurückfällt, bevor er im abschließenden Zustand "High" stabil wird. Die Prellzeiten an den beiden Zustandsübergängen werden gemessen. Die Dauer eines "stabilen Intervalls" kann eingestellt werden. Als Standard wurden 10ms voreingestellt. Die registrierte Zahl der Abweichungen vom "Sollzustand" sind nicht identisch mit der Zahl der Prellvorgänge. Bei diskreter Abtastung kann nicht entschieden werden, ob es sich bei aufeinanderfolgenden Abweichungen vom Sollzustand um einen andauernden Prellvorgang oder um zwei aufeinanderfolgende schnelle Prellvorgänge gehandelt hat. Daher wird die Zahl der Sollabweichungen als "N" ausgegeben. Immerhin zeigt auch diese Größe in der Tendenz etwas über die Qualität oder die Spezifik eines Kontaktes. Bild 3: Ablauf der Messung DD7NT Zeitpunkt 4/14 April 2017 Ereignis T0 Beginn der Messung. Es wird ein stabiler "OFF" (=High) Zustand am Port abgewartet. Diese erste "OFF" Phase wird zur Erreichung eines stabilen Ausgangszustands benötigt und wird nicht weiter ausgewertet. T1 Der stabile Zustand ist eingetreten. Das Intervall (T0,T1) ist ein willkürlich festgelegtes Zeitintervall, bei dem man davon ausgehen kann, dass bezogen auf den jeweiligen Schaltzustand, keine Preller mehr auftreten werden. Nachdem T1 erreicht wurde, wartet das Programm nun auf die erste Zustandsänderung nach "Low" , die den "ON"-Zustand (Taste gedrückt) einleitet. T2 Am Port tritt der erste "LOW" Wert auf. Jetzt werden zwei Zähler mit dem Wert 0 initialisiert und durch den Timer0 des Atmega8 per Timerinterrupt nach jeweils 100µs inkrementiert. Zähler1 läuft durch, bis bei T4 ein stabiler Zustand erreicht wird. Zähler2 wird jedes Mal auf Null zurückgesetzt sobald in der Prellphase (rote Fläche) der Port vom Sollwert "Low" wieder auf "High" zurückgefallen ist. bei Erreichen von T4 wird auch dieser Zähler angehalten. Die Prelldauer beim Drücken der Taste ergibt sich aus dem Wert von Zähler1 minus Zähler2. T4 Der Zustand "Low" (Taste gedrückt) ist nun stabil. Es wird auf den ersten "High" Zustand des Ports gewartet, der das Loslassen der Taste anzeigt. T5 Der Wartezustand auf "High" wird beendet. Analog zu T3 werden nun wieder die zwei Zähler zum Feststellen der Prellzeit bei "OFF" nun aber mit dem Sollwert "High" gestartet. die Differenz beider Zähler ergibt dann die Prellzeit beim Loslassen der Taste T6 Der "High"-Zustand ist stabil geworden. Die Messung ist beendet. Um eine Aussage zu erhalten, mit welcher Abtastrate der Schaltzustand der Taste am Port PD0 des Atmega8 abgefragt wird, wurde in die beiden Programmteile "Warten auf stabilen Zustand" wait_stable() und "Warten auf Zustandsänderung" wait_change() zwei Anweisungen eingebaut, die den Port PD3 "toggeln", d.h. pro Durchlauf jeweils von 0 nach 1 bzw. von 1 nach 0 schalten. Zwei dieser Schaltvorgänge ergeben eine Rechteckschwingung mit der halben Durchlaufrate, die man mit dem Frequenzzähler erfassen kann. Bei dem mit 16 MHz getakteten Atmega8 kam der wait_stableZyklus auf eine Durchlaufrate 153 kHz und der wait_change-Zyklus auf 214 kHz. Damit kann man davon ausgehen, dass ein Prellereignis ab einer Dauer von 7µs sicher erfasst wird. Die Beobachtungsgenauigkeit der Anordnung reicht damit aus, um die in der Praxis stattfindenden Prellvorgänge mit einer für den Funkamateur ausreichenden Genauigkeit zu beobachten. Man kann dazu auch die Angaben in dem Grundlagenartikel von Jack Ganssle /1/ heranziehen. Eine verfeinerte Zeiterfassung (besser als 100µs) durch Hinzunahme des Zählerrestes in TCNT0 hat sich nicht als zweckmäßig erwiesen. Die Zählerreste können nicht mit der nötigen Genauigkeit erfasst und verwertet werden und geben beim Aufaddieren zu lange Prellzeiten. Messungen an Bugs (Schlackertasten) Die im vorigen Abschnitt beschriebene Methode wird für Handtasten und Paddles benutzt. Bei den Paddles werden Strich- und Punktkontakt zusammengeschaltet an Port PD0 gelegt. Als Ergebnisse erscheinen die Prellzeiten für "ON" und "OFF" sowie die Zahl der erfassten Sollabweichungen. Dieser Programmzweig kann man auch Bugs nutzen um den Strichkontakt zu testen oder einen DD7NT 5/14 April 2017 Einzelpunkt zu geben. . Für Punkteserien an Bugs wurde ein gesonderter Programmzweig aufgenommen. Darin werden nicht nur die Prellzeiten, sondern auch die Dauer der stabilen Phasen für eine Serie von je 10 Punkten ausgewertet. Die stabile Länge eines Punktes ergibt sich nach Bild 2 zu T5-T4+Tstabil (= Zeitdauer des grünen Bereiches). Menüs und Bedienung Das Menü des "Prellomaten" hat den in Bild 4 dargestellten Aufbau: Bild 4: Menüaufbau Durch die Menüeinträge kann man jeweils mit dem Drehencoder vor und zurück scrollen. Betätigt man den Taster des Drehencoders, wird die Ebene des jeweils gewählten Zweiges erreicht. Mit "Zurück" erreicht man immer das Hauptmenü. Das Menü hat nur 2 Ebenen mit 3 Zweigen in der 2. Ebene. Es startet mit "Messen" Messen einer Serie mit einer Handtaste = einen Drehencoderschritt vorwärts (im Uhrzeigersinn) = Drehencoder drücken (Tasterfunktion des Drehencoders) Ablauf: "Messen" "Taste/Schalter" "*Key OFF-ON-OFF*". Das ist die Aufforderung, die Taste nun zu betätigen und wieder loszulassen. Danach erscheint das Ergebnis dieser einen Messung. Bild 5: Messergebnis Taste K45 Das Betätigen der Taste war prellfrei. Beim Loslassen wurden 1.2 ms lang 218 Sollabweichungen gezählt. Der "*" rechts in der 2. Zeile erscheint erst nach einer kurzen Pause. Man kann dann mit zurück ins Grundmenü wechseln oder man betätigt die Taste und kommt zum Beginn der nächsten Messung; es erscheint wieder "*Key OFF-ON-OFF*". Misst man nacheinander mehrere DD7NT 6/14 April 2017 Schaltvorgänge ohne zum Startmenü zurückzugehen, kann man sich den gesammelten Durchschnittswert für die ON- bzw. OFF-Prellzeit ansehen: mit ins Grundmenü "Ergebnisse" "Werte Taste" Messen einer Serie mit einem Bug Ablauf: "Messen" "Taste/Schalter" "Bug" "*Punkte geben*". Das ist die Aufforderung mit dem Bug eine Punkteserie von mindestens 8 Punkten zu geben. Für die Punkteserie wird die mittlere Prellzeit für ON und OFF sowie die mittlere Punktelänge und Pausenlänge ermittelt. Bild 6: Prellzeiten / stabile Zeiten für eine einzelne Serie aus 8 Punkten bei einem Bug Erscheint nach der Punkteserie im Display rechts im Display der "*", kann eine weitere Serie gemessen werden oder mit mit ins Grundmenü "Ergebnisse" "Werte Taste" "Werte Bug" Mit wird jeweils weiter geschaltet Bild 7: Gesammelte Werte für ein Bug, gemittelt über 9 Punkteserien mit je 8 Punkten. DD7NT 7/14 April 2017 Einstellungen ändern Im Zweig Einstellungen gibt es folgende Einstellmöglichkeiten: Menüpunkt Pullup Ein Verwendung Schaltet an dem für die Zeitermittlung verwendeten Port PD0 das Pullup ein. Der Port führt dann eine Spannung von ca. 5V, die beim Betätigen des Schalters / der Taste heruntergezogen wird. Diese Einstellung ist beim Start Standard. Wird Pullup abgeschaltet, kann es durch hier wieder eingeschaltet werden. Pullup Aus Damit kann man am Port PD0 Pullup ausschalten. Das kann zur Erprobung von Entprellschaltungen erforderlich sein, in die der zwischen Spannungsquelle und Portausgang integrierte Pullup-Widerstand im Prozessor (ca. 50k) nicht integriert werden kann. Die entsprechende Entprellschaltung (siehe hierzu /1/ ) muss dann selbst eine ausreichende Pullup-Spannung bereitstellen. Zeitkonstante Durch und Drehen des Enocders kann die standardmäßig eingestellte "stabile Zeit" von 10ms erhöht oder verringert werden. Für das Messen ist das mit Ausnahme bei Drehencodern nicht erforderlich. Für Drehencoder sollte man eine geringere stabile Phase wählen. Das Erhöhen der erforderlichen stabilen Phase ist bis 200ms möglich. Diese Möglichkeit kann man nutzen, um am Port PD3 die Schaltfrequenz für den wait-stable-Zyklus zu messen. Erhöht man die stabile Zeit so weit, dass man mit der Messobjekt eine kurzen Schaltvorgang hinbekommt, der schneller ist, als die stabile Zeit, dann wird dieser Schaltvorgang für einen Prellvorgang gehalten und der wait-stable-Zyklus wird nicht verlassen. Das ermöglicht das Ablesen am Frequenzzählers der halben Abtastfrequenz des sonst zu kurzen Abschnitts. Für den wait-change-Zyklus ist dieser Trick nicht erforderlich. Solange die Taste gehalten wird oder losgelassen bleibt, kann die halbe Abtastfrequenz für diesen Abschnitt der Messung bequem abgelesen werden. Einige Messergebnisse für Paddles und Handtasten Die folgenden Tabellen zeigen einige ermittelte Werte in ms für Paddles, Bugs und Handtasten. Für Bugs wurden jeweils 10 Serien mit je 8 Punkten gemessen, für die übrigen jeweils 10 Einzelwerte. Bei den Paddles wurde der "schlechtere" Kontakt gewertet. Sind die Ergebnisse bei einem Paddle unterschiedlich, sollte man die Reinheit der Kontakte, Abstand und Federspannung sowie die Stellung des Kontakts prüfen. Mann kann die Einstellung bezüglich der Prellzeit optimieren. Alle Messungen erfolgten mit einer Spannung an der Taste von 5V und einem Tastenstrom von 100µA. DD7NT 8/14 April 2017 Paddles (ms) Ø Prellzeit ON Ø Prellzeit OFF Scheunemann P3 0,3 0,0 Scheunemann Einhebel II 0,0 0,1 Bencher 0,0 0,1 Die gemessenen Zeiten belegen die hochwertige mechanische Fertigung dieser Tasten. Hier muss man sich über das Entprellen keinerlei Gedanken machen. Die Scheunemann Einhebel II arbeitet am besten mit eng eingestellten Kontakten. Handtasten (ms) Ø Prellzeit ON Ø Prellzeit OFF Tschechische Bügeltaste 0,1 0,1 KENT 5,1 0,2 MT50 Funkwerk Köpenick 0,0 0,6 Junker 0 ,0 1,1 K45 Fahrzeugtechnik Leipzig 0,0 1,6 Bei den Handtasten fallen die guten Werte der K45 und der tschechischen Bügeltaste auf. Letztere besticht darüber hinaus mit einem hohen Gebekomfort. Bei allen Handtasten wurde ein ausreichender Hub und eine relativ straffe Federspannung eingestellt. Zu kleiner Hub und zu lasche Federspannung verschlechtern die Werte. Die Kontakte wurden vor dem Messen gereinigt. Neben den Tasten wurden diverse Schalter und Taster gemessen. Es traten durchgängig Prellzeiten zwischen 1 und 10 ms ON und zwischen 0 und 2ms OFF auf. Messungen an Bugs Bei Bugs ist der Punktkontakt interessant. Durch den Andruck der Feder an den Punktkontakt entsteht auch eine reibende Querbewegung zwischen den Kontakten. Bild 8: Bewegungen am Punktkontakt einer Bug DD7NT 9/14 April 2017 Einen Eindruck vom Geschehen gibt die Anzahl der Sollabweichungen "ON" bei der Einzelmessung eines Punktkontaktes Die Regel sind > 500 Abweichungen pro Punkt in Zeiten zwischen 3-16 ms. Dann folgt eine stabile Phase und der Kontakt öffnet ohne oder mit wenigen Abweichungen. Bild 9: Einzelmessungen am Punktkontakt (Vibroplex Anniversary) Messung im Bugmodus - 8 Punkte gemittelt x 10 Proben Bugs (ms) Ø Prellzeit ON Ø Prellzeit OFF Stabil ON Stabil OFF Vibroplex Blue 4,6 Racer #104759 0,0 65,3 59,1 Vibroplex Anniversary #916 6,7 0,0 71,5 63,2 BK100 8,4 0,0 94,4 77,5 Die Prellzeiten beim Schließen der Kontaktfeder des Punktkontaktes sind, verglichen mit guten Paddles und Handtasten, vergleichsweise lang. Beim Andruck der Feder an den Punktkontakt bewegt sich der Federkontakt durch die Kontraktion der Feder auf dem Punktkontakt. Diese reibende Kontaktierung verursacht längeres Prellen. Industriell gefertigte Transceiver kommen mit diesen Prellzeiten in der Regel zurecht. Mitunter könnte aber auch da bereits ein Kratzen hörbar sein. Für den Eigenbau von Transceivern oder von Keyern mit gemeinsamem Handtasten- / Paddleeingang sollte man selbst für Entprellung sorgen. DD7NT 10/14 April 2017 Versuche mit Entprellschaltungen Kondensator parallel zur Taste Der erste Versuch, einen prellenden Schalter oder eine prellende Taste zu bändigen, besteht meist darin, eine Kondensator parallel zu schalten. Dieser liegt dann in Reihe mit dem Pullup-Widerstand im Prozessor. Da die BK100 und die KENT-Handtaste etwas höhere Prellzeiten hatten, wurde damit verglichen. Taste (ms) C in nF Ø Prellzeit ON ohne C Ø Prellzeit OFF ohne C Ø Prellzeit ON mit C Ø Prellzeit OFF mit C BK100 150 8,4 0,0 0,3 1,7 Kent 150 5,1 0,2 0.0 1,8 Man sieht, dass dieser einfache Versuch nicht unbedingt zu verwerfen ist. Während die Prellzeit beim Auftreffen des Punktkontaktes nun kein Thema mehr ist, verschlechtert sich die Prellzeit beim "Abheben". Die Summe der Prellzeiten verringert sich deutlich. Das Punkt/ Pause-Verhältnis bei der Bug verschiebt sich zugunsten längerer Punkte (1,67 mit C gegenüber 1,3 ohne). Die Geschwindigkeit bleibt unverändert. Wenn man durch Justage ein vernünftiges Punkt/PauseVerhältnis wieder erreichen kann, ist das Entprellen einer Bug oder einer Handtaste mit einem geeignet dimensionierten Kondensator insbesondere bei Eigenbau TRX ein möglicher Weg. Warum taucht bei der BK100, die beim Abheben des Kontaktes ohne parallel geschalteten Kondensator nicht prellt, nun nach Parallelschaltung des 150nF Kondensators eine längere Prellzeit auf? Diese Frage hat mich längere Zeit beschäftigt. Mit C parallel zur Taste wird die Schaltflanke beim Loslassen des Kontaktes abgeflacht. Trotzdem sollte das nicht zu Sollabweichungen führen. Da die Prellzeiten und die Zahl der Sollabweichungen bei Parallelschaltung eines Kondensators bei mehreren Proben immer fast identisch waren und abhängig von der Kapazität des Kondensators, bin ich zu der Ansicht gekommen, dass es beim Öffnen des Kontaktes eine kurze gedämpfte Schwingung gibt, die hier registriert wird. Diese Vermutung wurde bestätigt, als ich einen ATTiny13-Prozessor mit Entprellprogramm testete. Wenn das entprellte Signal vom Attiny direkt an den Atmega8 angelegt wurde, waren keine Sollabweichungen zu registrieren. Wurde ein Optokoppler dazwischengeschaltet gab es bei der Einzelmessung OFF-Prellzeiten < 100µs (aufgerundet auf 0,1ms) mit konstant jeweils 14 Sollabweichungen pro Versuch. Der Optokoppler bringt eine kleine Kapazität mit. Kondensator mit Lade/Entladewiderstand und Schmitt-Trigger Diese Entprellschaltung findet man bei /1/ sowie in Datenblättern von Drehencodern (dort ohne Schmitt-Trigger) DD7NT 11/14 April 2017 Bild 10: Entprellschaltung nach Ganssle /1/ Bei bekannten Schaltschwellen des Triggers kann die Dimensionierung des Kondensators und der Widerstände für bekannte Prellzeiten berechnet werden. Dafür gibt Ganssle ein Beispiel an. Da aber das "Tastverhältnis" der Preller nicht bekannt ist und wohl auch hier das Einfügen des Kondensators zum kurzen Nachschwingen führt, hatte ich mit meinen Versuchen dazu keine signifikant besseren Ergebnisse als mit dem einfachen Parallelschalten eines Kondensators. Entprellen mit einem Attiny13 Prozessor Die Entprellschaltung mit Trigger kann digital nachgebildet und verbessert werden. Der Test eines kleinen Programms mit dem ATTiny13 und der BK100 lieferte das erwartete Ergebnis (Einzelpunktmessung und Serienmessung) sowie ein gutes Punkt/Pause-Verhältnis: Bild 11: digital entprellte BK 100 DD7NT 12/14 April 2017 Verwendet wurde ein 32-Byte großer Puffer, in dem im Takt von 220µs die Werte 0/1des Bugkontakts eingetragen und gleitend summiert werden. Zwei Schwellwerte für die Summe bilden die Hysterese ab, bei der geschaltet wird. Nach jedem Schalten wird ein erneutes Schalten für 40 Takte (ca. 9ms) unterbunden. In dieser Zeit wird die gleitende Summe weiterhin berechnet, so dass nach dieser Haltezeit sofort geschaltet werden kann. Die verwendeten Werte eignen sich damit sowohl für QRS als auch für QRQ. Vom ATTiny13 wird das CW-Signal entweder direkt oder über Optokoppler an die Messschaltung oder zum Anhören an den TRX geliefert. Bei direkter Kopplung des ATTINY13 an den Atmega8 muss dort vorher das Pullup des Ports PD0 im Menü abgeschaltet werden. Das Punkt/Pause-Verhältnis liegt bei ca. 0,9 – 1.1 und ist ohne Veränderung der Justage besser als mit parallelem Kondensator. Bei einem 32-Byte Puffer mit 0/1-Werten ergeben sich gleitende Summen von 0...32. Die Schwellwerte für das Schalten wurden mit 8 (ON) und 24 (OFF) festgesetzt. Die BK100 wurde auch bei langsamster Geschwindigkeit von 55 BPM sicher entprellt. Bei dieser Einstellung zeigte sie ohne Entprellung trotz sorgfältiger Justage am TRX gelegentlich ein deutliches Kratzen. Die Verwendung von Logikbauteilen und Optokopplern kann bei QRO zu Problemen führen, die bei der Spannungsversorgung, der Schirmung einer solchen Baugruppe und der Kabel der Tasten zu beachten sind. Ggf. können die Tasten und die Leitung zum TRX mit Tiefpässen versehen werden. Bild 12: Testplatine mit ATTINY13 als Entprellschaltung DD7NT 13/14 April 2017 Bild 13: Schaltung damit ATTINY13 Warum prellen Morsetasten? Nach einem Vortrag über dieses Thema zum OV-Abend war die häufigste Frage: welche Ursachen gibt es für das Prellen der Tasten, welche Einflussfaktoren bestimmen die Prelldauer? Die Messungen der Prellzeiten ergaben durchgängig sehr gute Werte für präzis gefertigte Paddles und Handtasten. Daher scheint die Tastenmechanik das bestimmende Element zu sein. Sauber aufsetzende Kontakte mit hoher Oberflächengüte, Lager mit sehr geringem Spiel und gut eingestellte Federspannung führen dort zu vernachlässigbaren Prellzeiten bzw. der Kontakt prellt nicht. Beim Punktkontakt von Bugs, der kontruktionsbedingt in Bewegung aufsetzt und reibt, sieht man längere Prellzeiten beim Schließen des Kontaktes, während beim Öffnen kaum Preller gesehen werden. Für meine Bugs habe ich die besten Werte erzielt, wenn ich Schwungfeder und Gewicht eine relativ weite Bewegung erlaubt habe und den Abstand des Punktkontaktes anschließend so eingestellt habe, dass ein Punkt/Pause-Verhältnis nahe 1 erreicht wird. Zu eng eingestellte Bugs geben zu kurze Punkte und neigen zu längeren Prellzeiten sowie zum Prellen beim Öffnen des Kontakts. Für Preller beim Öffnen von Handtasten und Paddles kommt eine zu schwach eingestellte Federspannung in Frage. Selbst geringe Verschmutzungen verursachen ebenfalls eine schlechte Kontaktgabe. Peter, DL6DSA brachte die Diskussion auf den Einfluss von Tastenspannung und Strom auf des Prellverhalten und trug dazu die entsprechenden Werte mehrerer Transceiver zusammen. Die an der Taste gemessenen Spannungen reichen von 3,3V bis 7V und die Ströme bei geschlossenem Kontakt von 50µA bis 800µA. Ich habe daraufhin Versuchsreihen mit einer Spannung von 5V und Strömen von 100µA, 1mA und 5mA mit dem Bug BK100 durchgeführt. Beim Schließen des Punktkontaktes DD7NT 14/14 April 2017 ergaben sich keine schlüssigen Veränderung der Prellzeit. Beim Öffnen konnte eine Verringerung der Prellzeiten bei höheren Strömen beobachtet werden (100µA ON=6,2ms / OFF=0,3ms; 1mA ON=5,9ms OFF=0,1ms; 5mA ON=6,7ms OFF=0,0ms). Zusammenfassung Es wird eine Schaltung auf Basis eines Atmega8 vorgestellt, mit der das Prellverhalten von Schaltern und Tasten beobachtet werden kann. Damit wurden Morsetasten getestet. Bei qualitativ hochwertigen Tasten wurden Prellzeiten beobachtet, die vernachlässigt werden können. Bei Bugs kann man über einen parallel geschalteten Kondensator /eine Lösung mit nachgeschalteter Logik anlassbezogen (Eigenbau TRX) nachdenken. Ursachen für hörbar unsaubere Tastung – soweit sie nicht in der Gebeweise liegen – können in gelockerten Rändelschrauben, Verschmutzungen oder korrekturbedürftiger Justage liegen. Für das saubere Einstellen von Tasten, insbesondere von Bugs, ist der „Prellomat“ eine gute Hilfe. Entprellschaltungen können auf ihre Wirksamkeit damit praktisch untersucht werden. Quellenverweise /1/ Jack Ganssle: A Guide to Debouncing, or, How to Debounce a Contact in Two Easy Pages, 2004-2014 in: http://www.ganssle.com/debouncing.htm /2/ Zur Beschaltung des Atmega8 - Nutzung der ISP-Ports für das Display: http://www.avrfreaks.net/forum/can-i-reuse-isp-pins-other-taskstarget-Atmega164p /3/ Zu Problemen mit dem Display Datavision DV20208 https://www.mikrocontroller.net/topic/279944 Anlagen • Hexdatei für Atmega8 (Prelltest16.hex) • Hexdatei für Entprellprogrann mit dem Attiny13 (Entpreller16.hex)