Atropin von: Beatrice Knab, Helena Maier, Helen Rickhoff C17H23NO3 H3C N CH2 O O OH C6H5 M= 298,38 g/mol Smp: 114-118 °C Sdp: 429,8 ±40 °C • • • • farblose Prismen gut löslich in Ether, Alkohol, Chloroform und fetten Ölen, nur schlecht in Wasser Tropan-Alkaloid Racemat ((±) - Hyoscyamin ) Vorkommen In vielen Nachtschattengewächsen: • • • • • Tollkirsche ( Atropa Belladonna) Binsenkraut ( Hyoscyamus Niger) Stechapfel Engelstrompete … Allgemeines • • • • • • • Racemisches Gemisch aus D- und L- Hyoscyamin, wobei nur L- Hyoscyamin eine Giftwirkung aufweist. Die Pflanze bildet ausschließlich L- Hyoscyamin, Atropin entsteht erst bei der Extraktion. Isolation und erste Synthese durch Prof. Albert Ladenburg Strukturaufklärung durch Prof. Justus von Liebig Die therapeutische Wirkung ist sehr gering im Vergleich zu den Nebenwirkungen Dosierungen: 10 mg – Delirium, Halluzinationen 100 mg – meistens tödlich 2 mg – tödlich für Kleinkinder (entspricht 3 -5 Tollkirschen) In der Medizin setzt man es in Form von wasserlöslichen Salze ein, hauptsächlich als Sulfat. Erste Hilfe: sofortige Entleerung des Mageninhalts, Erbrechen, Magenspülung, gegebenenfalls künstliche Beatmung Synthese Cl 1 Schritt: Bildung des Iminium-Ions mit Methylaminhydrochlorid H H3C N O C H H2O CH3NH3Cl CHO CHO Succindialdehyd 2 Schritt: Enolisierung H HOOC HOOC COOH COOH OH O Acetondicarbonsäure 3 Schritt: Doppelte Mannich- Reaktion Zuerst wird über eine Mannich- Reaktion eine C-C- Bindung gebildet. Es folgt eine weitere, diesmal intramolekulare Iminiumion- Bildung und Mannich- Reaktion. Durch Hitze wird decarboxyliert. H H3C COOH HOOC N O OH NH COOH COOH HC CHO O H HOOC O HOOC OH COOH N N - H2O COOH COOH N N O ∆ - CO, H2O COOH O Tropinon 4.Schritt: Veresterung Nach der Reduktion von Tropinon zu Tropin findet eine Veresterung mit D,L- Tropansäure statt. Dadurch entsteht das racemische Gemisch aus D- und L-Hyoscyamin, auch Atropin genannt. N N CH2OH H - H2O HO Tropin OH O O Tropansäure Atropin C O OH Wirkung Die ersten Symptome einer Vergiftung durch Atropin sind Trockenheit von Mund und Kehle, scharlachrote, heiße, trockene Haut, abfallender Blutdruck, Pupillenerweiterung und dadurch bedingte Lichtempfindlichkeit. Anschließend folgt Herzrasen, Hitzestau und Übelkeit ohne Erbrechen. Auf das zentrale Nervensystem wirkt Atropin zunächst erregend, dann lähmend. Seine lähmende Wirkung erklärt sich durch die Blockade des Parasympathikus, speziell an motorischen Endplatten der glatten Muskulatur. Je nach Vergiftungsdosis kann es zu starken Krämpfen und Unruhe kommen, gefolgt von Tobsuchtsanfällen, Desorientiertheit und Halluzinationen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer schweren Bewusstlosigkeit mit Atemdepression bis hin zur Atemlähmung. In diesem Fall endet es meisten tödlich. Anwendung Früher wurde Atropin zur Einleitung der Narkose verwendet, aber die benötigte Menge hätte zu Vergiftungserscheinungen geführt. Auch als Asthmamittel wurde es schnell durch verträglichere Derivate ersetzt. Heutzutage wird Atropin hauptsächlich in der Augenheilkunde verwendet, zur Erweiterung der Pupille und Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit des Auges. Außerdem setzt man es bei Krämpfen der glatten Muskulatur ein, vor allem im Bereich des Magen- DarmTrakts. Weitere, aber nicht so verbreitete Anwendungsmöglichkeiten liegen bei Behandlung von erschwerter Blasenentleerung, Inkontinenz und Reizblase, wobei durch Entspannung der Muskulatur eine erhöhte Blasenkapazität erreicht wird. Selten wird es auch bei schmerzhafter Regelblutung gegeben. Bei Vergiftungen durch z.B. Alkylphosphate wird Atropin als Antidot verabreicht. (Æ Blockade des Parasympathikus) Pharmazeutische Ersatzstoffe N-Butylscopolamin Homatropin N N O O CH2OH O C CH C6H5 Allgemeiner Ersatzstoff des Atropins, der aufgrund seiner geringen Nebenwirkungen frei erhältlich ist. O OH O C CH C6H5 Es ist ein niedrigeres Homolog des Atropins, ein Ester der D,L- Mandelsäure mit Tropin. Dieses weist ähnliche Wirkung wie Atropin auf, nur 40- fach schwächer. Dadurch klingt die Pupillenerweiterung schneller ab. Blockade des Parasympathikus – Atropin als Antagonist Der Parasympathikus ist ein Teil des Nervensystems, dessen Zentren sich im Mittelhirn, im verlängerten Mark und im unteren Bereich des Rückenmarks befinden. Über ein Netz an Neuronen erreicht dieser verschiedenste Zielorgane im Körper. Durch einen Nervenimpuls wird aus den Speicherbläschen im Axon der Neurotransmitter Acetylcholin (ACh) in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. An der postsynaptischen Membran setzt dieser sich an freie muscarinische Rezeptoren und löst dadurch indirekt ein Aktionspotential aus, das durch die Nervenzelle oder die Muskelmembran weitergeleitet wird. Um diesen Reiz zu unterbrechen, wird ACh durch eine spezifische Esterase (AChE) in Acetat und Cholin hydrolisiert. Zurückgewonnen wird Acetylcholin im präsynaptischen Axon durch Übertragung einer Acetylgruppe von Acetyl- CoenzymA auf Cholin. Alkylphosphate sind AChE-Hemmstoffe und blockieren diese, indem sie sich an die Hydroxylgruppe des aktiven Zentrums unter Abspaltung des Alkylrests bindet. Es entsteht ein stabiler Phosphoryl- Enzymkomplex. Dadurch wird die Esterase inaktiviert, Acetylcholin dockt zwar an die Rezeptoren an, wird aber nicht mehr gespalten. Es ist dosisabhängig wie viel Esterase unbrauchbar wird. Es kommt zu einem Ungleichgewicht zwischen Esterase und Acetylcholin, im synaptischen Spalt entsteht ein AChÜberschuss, der eine Reizüberflutung auslöst. Hier wirkt Atropin als Antidot, dass sich ebenfalls an die Rezeptoren bindet, aber keine Reize auslöst. Somit wird die Wirkung des AChÜberschusses verhindert. Auf den gesunden Organismus wirkt Atropin als Gift, weil es die Nervenleitung hemmt, da es nicht von der Esterase gespalten wird. Beispiele für Alkylphosphate: O CH3 H3C CH O P CH3 F Sarin (Nervenkampfstoff) S H5C2 O P O OC2H5 NO2 Parathion - E605 (Insektizid) Quellenangaben: • • • • • • • Naturstoffchemie - Eine Einführung; Habermehl, Hammann; Springer- Verlag, Berlin (1992); S.159161, S.177 Römpp Chemie Lexikon auf CD- ROM, Version 1.0; Hrsg.: Falke und Regitz; Thieme Verlag, Stuttgart Toxikologie- Für Naturwissenschaftler und Mediziner; Eisenbrand, Metzler; Wiley- VCH, Weinheim (2002); S.87- 89 Biochemie; Stryer; Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg, Berlin (1991); S.1053-1054, S.1059- 1060 www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/neuro/1038 www.medizinerboard.de/lexikon/Atropin,erklaerung.htm www.giftpflanzen.com/atropa_belladonna.html