M E D I Z I N gorithmen als Kompromiss und als Zwischenschritt zu einem Konzept verstanden werden, welches bei dem zytologischen Verdacht auf einen pathologischen Zervixbefund immer zunächst eine Koloskopie mit gezielter Probenblutentnahme vorsieht. Prof. Dr. med. Christian Witting Institut für Pathologie am Clemenshospital Düesbergweg 124, 48153 Münster E-Mail: [email protected] DISKUSSION zu dem Beitrag Verschluckte Münzen im Magen Wie gefährlich ist das Euro-Geld? von Dr. med. Oliver Muensterer Dr. med. Claus-Peter Wallner in Heft 31–32/2002 Größere Münzen entfernen Mit großem Interesse konnten wir dem Artikel entnehmen, dass im Falle einer Ingestion die neuen Euro-Münzen gegenüber der alten deutschen Währung Vorteile bieten: dass nämlich von Kleinkindern verschluckte Münzen nur wenig korrodieren und somit problemlos mehrere Tage im Säuremilieu des Magens verweilen können. Sie bleiben – im Gegensatz zum amerikanischen Cent-Stück – an den Kanten stumpf, und die Menge an herausgelöstem Metall bleibt für Kinder unbedenklich. Dieser guten In-vitro-Botschaft möchten wir einige praktische In-vivoÜberlegungen anfügen: Nach unserer Erfahrung ist die Größe der geschluckten Münze beim Kleinkind grundsätzlich entscheidend für die Indikation zur gastroskopischen Entfernung. Seit 1986 beobachten wir, dass Münzen mit einem Durchmesser von weniger als 20 mm in allen Altersgruppen den Pylorus und damit den anschließenden Darmtrakt problemlos passieren. Bei größeren Münzen muss speziell im Kleinkindalter mit Komplikationen gerechnet werden. Dies betrifft die 5-, 20- und 50-Cent-Münzen sowie die 1- und 2-Euro-Stücke, deren Durchmesser zwischen 21 und 26 mm liegen. Selbst bei noch so geringer Korrosionstendenz ist bei diesen Münzen nicht unbedingt mit einer problemlosen Magen-Darm-Passage zu rechnen. Daher empfehlen wir bei Kindern zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr die endoskopische Entfernung der verschluckten Münzen mit mehr als 20 mm Durchmesser innerhalb von 24 bis 72 Stunden, auch unter dem Aspekt, dass durch jeden Fremdkörper – auch ohne Korrosion – eine erosive Schleimhautläsion hervorgerufen werden kann. Im Übrigen werden Eltern es kaum akzeptieren, wenn ihnen nach einwöchiger „Stuhlkontrolle“ eröffnet wird, dass die Münze nun doch gastroskopisch entfernt werden muss. Bei Kleinkindern mit Verdacht auf Münzingestion lassen wir eine Röntgenübersicht vom Unterkiefer bis Beckenkamm anfertigen, bei der ein Messstreifen mit Millimetergraduierung zur Identifizierung der Münzen mitbelichtet wird. Je nach Münzgröße wird elektiv – jedoch innerhalb eines Zeitraums von 1 bis 3 Tagen – eine gastroskopische Entfernung der ingerierten Münze geplant, wobei unmittelbar vor dem Eingriff nochmals durch eine Röntgenkontrolle geklärt wird,ob sich der Fremdkörper überhaupt noch im Magen befindet. Prof. Dr. med. Rainhard Schreiber Dr. med. Annette Eiden Kinderklinik am Klinikum Starnberg Oßwaldstraße 1, 82319 Starnberg den unseren, dass Münzen kleiner als 20 mm ohne Probleme auch bei pädiatrischen Patienten in den Dünndarm transportiert werden. Die Retentionsgefahr scheint allerdings auch bei den größeren Münzen gering, wenn nicht zusätzliche Probleme wie beispielsweise eine vorangegangene Pyloromyotomie vorliegen (3). Ein auf dem Röntgenbild mitbelichteter Messstreifen ist eine originelle Idee, um eine Größenabschätzung zu ermöglichen.Wegen des divergenten Strahlenkegels muss allerdings mitberücksichtigt werden, in welcher Ebene sich eine solche Kalibrierung im Vergleich zu der Münze befindet. Zur Minimierung der Strahlenexposition propagieren wir jedoch zunächst die Abdomenaufnahme in einer Ebene. Nur falls sich hierbei kein Nachweis eines röntgendichten Fremdkörpers ergibt, wird der Pharynx und Thorax seitlich geröntgt. Nützlich hat sich auch der Einsatz eines Metalldetektors zur Verlaufskontrolle der Münzpassage durch den Gastrointestinaltrakt erwiesen, wodurch dem Kind unter Umständen eine weitere Röntgenuntersuchung erspart werden kann (4). Bei der Frage, wann eine endoskopische Bergung unternommen werden soll, gibt es unterschiedliche Angaben. Nach den neuesten Leitlinien kann ein stumpfer Fremdkörper über eine Woche im Magen beobachtet werden,bevor eine endoskopische Bergung indiziert ist (2). Letztlich gibt es dazu bisher noch keine kontrollierten Studien, sodass im Einzelfall die Entscheidung beim behandelnden Arzt und der betroffenen Familie liegt. Literatur 1. Bassett KE, Schunk JF, Logan L: Localizing ingested coins with a metal detector. Am J Emerg Med 1999; 17: 338–341. 2. Glenn M, Eisen GM, Baron TH, Dominitz JA et al.: Guideline for the management of ingested foreign bodies. Gastrointest Endosc 2002; 55: 802–806. Schlusswort 3. Koch H: Operative endoscopy. Gastrointest Endosc 1977; 24: 65–68. Wir danken Herrn Schreiber für das Interesse und die praktischen Anmerkungen. Allgemein wird angegeben, dass bei Erwachsenen eine Pyloruspassage bei Münzen von mehr als 25 mm Durchmesser nicht zu erwarten ist (1, 2). Leider fehlen entsprechende publizierte Daten bei Kindern, jedoch decken sich die Beobachtungen von Herrn Schreiber mit 4. Stringer MD, Kiely EM, Drake DP: Gastric retention of swallowed coins after pyloromyotomy. Br J Clin Pract 1991; 45: 6667. Jg. 100 Heft 4 24. Januar 2003 Deutsches Ärzteblatt Dr. med. Oliver J. Muensterer Dr. med. Claus-Peter Wallner Klinikum der Universität München Kinderchirurgische Klinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Lindwurmstraße 4, 80337 München A 203