Tobias Elsäßer Tobias Elsäßer: „Wie ich einmal fast berühmt wurde“ Inhaltsangabe Eigentlich wollte Erik niemals Leadsänger einer Boygroup werden, sondern „richtige“ Musik machen. Aber genauso wenig will er nach dem Abitur in einer Versicherung landen. Und so ignoriert er all seine Zweifel, als er das Angebot bekommt, in die neu gecastete Boygroup „Call us“ einzusteigen. Wie die anderen Jungen träumt auch Erik vom großen Geld, vom internationalen Erfolg und von sexfreudigen Groupies. Erst nach und nach wird ihm bewusst, wie knallhart das Business ist – dass es im Rampenlicht gar nicht ums Singen geht, sondern nur um die Optik, das 5 Minuten Auftritt 10 Stunden Tourbusfahren bedeutet und dass es sowas wie einen Lagerkoller wirklich gibt. Zumindest wenn man, wie Erik , mit neuer Biografie und drei vollkommen Fremden, die ein findiger PR-Manager zu seinen besten Freunden erklärt hat, von Hotelzimmer zu Hotelzimmer und von Tourauftritt zu Tourauftritt jettet. Drei Fremde, mit denen Erik aber so gut wie gar nichts gemein hat – außer dem unbedingten Willen zum Erfolg. Als „Call us“ es dann aber tatsächlich in die Charts schafft, ist alles vergessen. Das Buch bietet – dank des Insiderwissens seines Autors – einen authentischen und spannenden Blick hinter die Kulissen der Musikbranche. Didaktische Überlegungen: Allein die zahlreichen, grundlegenden Anmerkungen der Hauptfigur Erik zu Fragen des Lebens, des Glücks und des Bildes vom Menschen reichten aus, einen Jahreskurs mit philosophischer Ethik und Moral zu füllen. Der mögliche Charakter von Musik und Menschen als Ware, die Bedeutung von Manipulation und die Rolle der Medien, die Gründe für einen Bruderzwist, Alternativen zu einem Leben das von Anpassung bestimmt wird, die Mittel- Zweck – Relation am Beispiel der Musik, die unterschiedlichen Bilder vom Menschen, die Motive für „berühmt werden wollen“, das Verhältnis von „Privatem“ und „Beruflichem“ oder die Differenz zwischen „existieren“ und „leben“ einschließlich der Frage nach dem gelingenden, glücklichen Leben repräsentieren lediglich eine Auswahl möglicher Themen. Nicht zuletzt der in dieser Geschichte in Gestalt der Hauptperson transportierte Freiheitsbegriff gibt genügend Anlass zum Nachdenken und Hinterfragen. 1 Formen der Aneignung von Text, Bild und Musik (Verstehen): Ein Akrostichon oder Blitzlicht „berühmt“ könnte eine erste Gedankensammlung assoziativer Natur für die Auseinandersetzung mit dem Buchinhalt ergeben. Das auf einen Begriff „Mensch“ reduzierte Cluster könnte helfen, Merkmale der verschiedenen Menschenbilder in dieser Geschichte zu sammeln. Vertiefend könnte eine „Hantel“ (siehe Methodenkatalog) wirken, die mit den Begriffen „Mensch“ und „Tier“ gebildet wird. Zu jedem Kapitel könnte ein „Chinesischer Korb“ gefüllt werden, um auf diese Weise wesentliche Inhalte und Verläufe symbolisch darzustellen. Das Standbild als Unterbrechung von Handlungsabläufen sowie das Standbild als Einnehmen und Zeigen von Handlungen lassen sich zur Deutung etwa von Gesprächssituationen zwischen den Brüdern Erik und Jens oder anderen Figuren in dieser Geschichte nutzen. Alternativ oder ergänzend zur Methode des „Chinesischen Korbs“ könnte auch das Dichten von „Elfchen“ eine hermeneutische Betrachtung des jeweiligen Kapitels ermöglichen. Da es bei dieser Geschichte sicherlich um die Erzeugung einer kritischen Distanzhaltung gegenüber dem angesprochenen Gegenstand geht, sollten distanzschaffende Arbeitsanregungen im Sinne einer Lesedidaktik im Vordergrund stehen (siehe Methodenkatalog; insbesondere: Artikulation von Widerspruch). Im Umgang mit dem Buch ist dem integrativen Verfahren der Vorrang zu geben, da ein steter Wechsel von kürzerer Lektüre (kapitelweise) und methodisch unterschiedlich gestalteter Bearbeitungsphasen eher Zugänge zu philosophischen Denkbewegungen eröffnet. Möglicherweise bietet sich in Erweiterung der „Hantel“ – Methode das „Werte“ – Quadrat aus der antiken Philosophie an, dass hier zum Thema „Sparsamkeit/Verschwendung“ anschaulich verdeutlicht werden soll: Werte schlagen oft in ihr Gegenteil um. Unsere Fähigkeit „Maß“, d.h., sie in einer vernünftig ausgewogenen Mitte zu erhalten, ist dann gefragt. Aristoteles hat in der Nikomachischen Ethik ein vereinfachtes Wertequadrat entworfen. Jede Tugend sei als eine maßvolle Mitte zwischen zwei fehlerhaften extremen zu bestimmen, zum Beispiel Sparsamkeit zwischen Geiz und Verschwendung, Tapferkeit zwischen Feigheit und Tollkühnheit. Jeder Wert kann deshalb nur dann zu einer konstruktiven Wirkung gelangen, wenn er sich in ausgehaltener Spannung, wenn er sich in Ballons zu einem positiven Gegenwert befindet: Sparsamkeit …………………………………………………………………… Großzügigkeit . . . . Geiz…………………………………………………………………………………Verschwendung . . . . 2 (Technische Anmerkung des Verf.: Die diagonalen Linien sollen die Begriffe Sparsamkeit und Verschwendung sowie Großzügigkeit und Geiz miteinander verbinden) Mögliche Nachdenkfragen (Hinterfragen): Ist Musik eine Ware? Ist der Mensch eine Ware? Trägt Musik einen Zweck in sich? Welche Zwecke lassen sich mit Musik verwirklichen? Was kann man unter „ehrlicher“ Musik verstehen? Kann Musik überhaupt „ehrlich“ sein? Wer bestimmt über deinen Musikgeschmack? Ist das Showbusiness eine Welt der Lügen? Gründe? Was macht den Unterschied zwischen „existieren“ und „Leben“ aus? Entsprechend einem abgegriffenen Werbeslogan: Existierst du noch oder lebst du schon? Würdest du auch gern berühmt werden? Warum? Wäre die Vielzahl von Gelegenheiten für Sex auch ein Motiv? Was unterscheidet Sex von Liebe? Welche Vorteile ergeben sich für einen berühmten Menschen, welche Nachteile? Wovon hängt die Bedeutung eines Menschen ab? Worin sieht Erik zeitweilig seine Bedeutung im Vergleich zur Bedeutung seines Bruders? Welche Veränderungen vollziehen sich im Verlauf der Geschichte? Warum? Welche Gründe für einen Bruderzwist wären noch denkbar? Vergleiche die Bedeutung eines Müllwerkers, einer Friseurin oder VertreterInnen anderer Berufsgruppen mit der eines Popstars: Welche Unterschiede, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten werden sichtbar? Was ist das Gegenteil von Langeweile? Braucht es im Leben auch Phasen der Langeweile oder kann man darauf gänzlich verzichten? Was macht den Unterschied zwischen „Langeweile“ und „Muße“ aus? Was meint Freiheit, die bitter schmeckt (Seite 107)? Ist Freiheit, die bitter schmeckt, noch Freiheit? Kann auch Unterwerfung als Freiheit empfunden werden (vgl. Patrick Schreiner, Unterwerfung als Freiheit)? Gibt es eine Form von Unterdrückung, die als Freiheit gedeutet wird (vgl. Heiner Müller, DDR – Dramatiker)? 3