1 Hanno Ehrler Studio Elektronische Musik Arbeit mit Samplern Musik 1 Rik Rue: Music for non Thinkers --- 3´46´´ Plattenspieler und Vinyl-Schallplatten sind die Hauptinstrumente, mit denen der australische Musiker Rik Rue dieses Stück mit dem Titel „Music for non Thinkers“ produziert hat. Manchmal dreht er die Platten von Hand, wobei Glissandi entstehen, Töne zu wabern beginnen und sich Rhythmusstrukturen herausschälen. Für „Music for non Thinkers“ wählte Rik Rue Fragmente von Marschmusik, Instrumentalklänge, Schlagzeugsounds und Sprache, daneben auch einige typische Störgeräusche, die beim Abspielen alter Schallplatten entstehen: Knacken, Knistern und das Rauschen der durch die Rille fahrenden Abtastnadel. Solche Klang-Bruchstücke sind Samples, aus vorhandenen Klängen extrahierte, größere oder kleinere Klang-Splitter, die dann beim Komponieren als Bausteine eingesetzt werden. Viele Musiker, die mit Samples arbeiten, benutzen Schallplatten als Materialquelle, obwohl sich jeder Tonträger und jedes Medium, das Akustisches vermittelt, gleichermaßen zum Samplen eignet. Doch Schallplatten besitzen offenbar eine besondere Anziehungskraft. Im Gegensatz zu CDs oder Minidiscs, zu Radio oder Fernsehen, hat man mit Vinyl und Turntable den Sound ganz direkt in der Hand, als in der Rille mechanisch begreifbarer Ton und als manuell bedienbares Abspielgerät. Solches Agieren mit Plattentellern und Platten gleicht dem traditionellen Instrumentalspiel, erfordert Übung und Virtuosität. Zu den bekannten Turntable-Spielern gehört neben dem US-Amerikaner Christian Marclay, dem Japaner Otomo Yoshihide, dem Engländer Philip Jeck oder dem Kanadier Martin Tetrault auch der französische Musiker Erik M. 1. O-Ton Erik M --- 0´34´´ Depuis j´etais petit ... les periodes differentes. OVERVOICE Seit meiner Kindheit habe ich mit meinem Eltern Musik gehört, hauptsächlich im Radio, als Jugendlicher dann andere Arten von Musik und später wieder andere, und ich habe alles im Kopf behalten, alles ist da, wie eine Art Sicherheitskopie. Mein Gehirn funktioniert wie eine Festplatte, auf der alles gespeichert ist und abgerufen werden kann, einschließlich der Erinnerungen, die an der Musik hängen. In meiner Plattensammlung, die ich für meine musikalische Arbeit benutze, liegt das alles in materieller Form vor, die ganze Musik, die ich in den verschiedenen Abschnitten meines Lebens gehört habe. Um bestimmte Effekte zu erzeugen, werden die Schallplatten auch bearbeitet, etwa mit aufgeklebten Papierstückchen, durch die die Nadel immer wieder an den gleichen Punkt zurückgeworfen wird, oder durch andere Manipulationen. 2. Ton Erik M --- 0´53´´ C´est des disques ... au niveau des mes techniques. OVERVOICE Diese Schallplatten sind bearbeitet, ähnlich wie eine präparierte Gitarre, die mit verschiedenen Objekten bestückt wurde. Zum Beispiel habe ich einige Schallplatten 2 zerbrochen und dann wieder zusammengeklebt oder sie auf andere Weise manipuliert und zerstört. Ich habe eine alte Platte, die ist völlig verbrannt. Es gibt Reste von Musikrillen, aber fast die ganze Oberfläche ist glatt. Das gibt einen ganz speziellen Ton, direkt vom Vinyl, direkt vom Material. Hier ist eine andere Platte, die ist völlig dezentriert, die dreht sich völlig unregelmäßig. Mit weiteren Präparationen kann ich Loops erzeugen und so weiter. Ich experimentiere mit verschiedenen Techniken. Sie kommen von der Pop-Musik, vom Techno, auch vom Scratchen der DJs, und einige der Techniken habe ich selbst entwickelt. Musik 2 Erik M: ohne Titel 25 --- 5´20´´ Mit Saxophonklängen streute Erik M Jazz-Reflexe in diese 1999 produzierte Komposition. Die Hupund Klingelgeräusche hingegen scheinen einer realistischen akustischen Landschaft zu entstammen, und die durch Loops hervorgerufene Rhythmusbetontheit des Stücks umhüllt es mit der Aura eines Dancefloor- oder Technotitels. Erik M verzahnt diese verschiedenen Assoziationsebenen des musikalischen Materials. Denn ein Sample ist auch ein Inhaltsträger: es entstammt einem Kontext, aus dem es extrahiert wurde, und transportiert die Bedeutungsebene dieses Kontextes, wie zum Beispiel der verzerrte Chansonausschnitt am Ende von Erik Ms kurzem Stück „Dust Copyright“. 3. O-Ton Erik --- 1´03´´ Ca travail plus ... calmer les choses. OVERVOICE Das ist eine Arbeit mit einer Art Gedächtnis, einem kollektiven Gedächtnis. Damit kann ich alles machen, zum Beispiel auch ein Stück zum Tragischen hin entwickeln. Das muß ich dann komplett konstruieren, das heißt ich nehme Sachen vom Fernsehen, aus Videos oder aus Filmen. Das speise ich in den Sampler ein und spiele es direkt auf der Klaviatur. Dort kann ich Arrangements dieser Klänge machen, sie zusammenkleben und Verbindungen herstellen. Zum Beispiel gibt es auf meiner CD ein Stück namens „Dust Copyright“, das mit einem Chanson endet. Das Stück ist sonst nur mit ganz kurzen elektronischen Knacksern und Störgeräuschen gemacht, und es endet mit einer populären Musik, einem Song, der in Frankreich sehr bekannt ist. Er steht aber nicht allein, sondern ist die ganze Zeit von Scratchen, Knistern und weißem Rauschen begleitet. Die ganze CD ist ziemlich zerebral gemacht, sehr intellektuell und konstruiert. Das Chanson dagegen ist ein leichtes Element darin, was die ganze Sache ein bißchen auf den Boden zurückbringt. Musik 3 Erik M: Dust Copyright --- 1´27´´ Erik M geht spielerisch mit den Verknüpfungen und Verzahnungen verschiedener Samples um. Manchmal legt er das Gewicht auf deren klanglichen Wert, ein anderes Mal auf die Bedeutungsebene. Der US-Amerikaner Terre Thaemlitz hingegen stellt stets den semantischen Aspekt der Samples in den Vordergrund. Gezielt greift er Berichterstattungen über bestimmte Ereignisse aus den Medien auf, ebenso Musiktitel aus den Charts und ähnliche, sehr deutlich mit Inhalten behaftete Klangbruchstücke. Terre Thaemlitz versteht seine musikalische Arbeit als eine politisch-engagierte, durchaus in der Tradition von Hanns Eisler oder Luigi Nono. Im Stück „Facilitator“ zum Beispiel geht es um zivilen Ungehorsam, was durch eine klanglich manipulierte Sprechstimme vermittelt wird. Dazu treten 3 hauptsächlich Geräusche, die Thaemlitz einsetzt, um musikalische Klischees wie vertraut wirkende Harmonien oder Melodien zu vermeiden. Wenn solche Klischees erscheinen, dann haben sie meisten Zitatcharakter, wie das Fragment klassischer Musik, das dumpf hinter dem GeräuschVordergrund erklingt. Es ist ein Symbol, das den musikalischen Mainstream verkörpert und damit die Hochkultur, gegen die es ungehorsam zu sein gelte. 4. O-Ton Thaemlitz --- 0´42´´ For the type of digital processing ... where you want to got to. OVERVOICE Wenn ich einen Klang digital bearbeite, dann beginne ich mit Klangquellen, die einen gewissen metaphorischen Gehalt haben. Was ich zum Beispiel heute im Konzert gespielt habe, war eine Art Jazzklavier, was unter anderem von der Aneignung des schwarzen Jazz durch die Avantgarde erzählt. Die Klangquellen besitzen also eine Art von inhaltlichen Links, und je nach dem, wie der Klang bearbeitet ist, erscheint dieser Bezug mehr oder weniger offensichtlich, auch abhängig davon, wie ich ein Stück strukturieren möchte. Das beruht auf der Idee, immer eine Referenz zu etwas zu haben, das vertraut scheint, dessen Vertrautheit ich aber beim Produzieren verunsichere und in einen anderen ästhetischen Zusammenhang stelle. Man ist immer durch solche historischen Bezüge gebunden, die das, was man sich wünscht und wo man hinmöchte, umrahmen. Musik 4 Terre Thaemlitz: Facilitator --- 8´47´´ Viele Musiker, die auf ähnliche Art experimentell mit Samples arbeiten, haben eine von der improvisierten Musik oder von Rock oder Techno geprägte Biographie; Rik Rue begann mit JazzImprovisationen, Erik M mit Noiserock, und Terre Thaemlitz arbeitete zunächst als DJ. Daher ist für diese Musiker der Umgang mit elektronischen Geräten, mit Samplern, Synthesizern, Computern und Notebooks, ganz selbstverständlich, ebenso das Hantieren mit einer sehr breiten Materialpalette. Zugleich aber zeichnen sich ihre Stücke durch architektonisches Strukturieren des Klangmaterials aus. Sie sind komponiert, im emphatischen Sinn des Begriffs. Sie folgen einer musikalischen Konzeption, nach der das Material gesampelt, bearbeitet, geschichtet und collagiert wird. Manche Musiker schreiben sogar Partituren, die es erlauben, die Stücke nachzuspielen beziehungsweise nachzuproduzieren. Zu ihnen gehört der in Brüssel lebende US-Amerikaner David Shea. Bei seinen Auftritten richtet er sich nach einer Partitur und benutzt einen Sampler mit Klaviatur, den er mit der gleichen Virtuosität spielt wie ein Pianist den Konzertflügel. 5. O-Ton Shea --- 0´40´´ The idea is that the sampler ... know the sampler well. OVERVOICE Ich betrachte den Sampler zunächst als eine leere Kiste. Ich nehme Phrasen auf eine Computerfestplatte auf, und dann lege ich jede Phrase und jedes Klangfragment auf eine Taste der Klaviatur. Dann komponiere ich gewissermaßen das Stück auf der Bühne nach einer Partitur, die ich habe. Denn der Sampler ist schon so etwas wie ein richtiges Instrument, das man ganz physisch, gewissermaßen in Echtzeit spielen kann. Ich benutze deshalb keinerlei Sequenzer, nicht einmal für die Technobeats, das spiele ich alles über die Tasten. Das Publikum kann eine Verbindung zwischen dem herstellen, was es hört und was 4 es sieht. Es ist wie bei einem Klavier oder einem anderen traditionellem Instrument. Man muß die Technik des Geräts beherrschen. Musik 5 David Shea: Satyricon 5 --- 3´19´´ Dieses Stück gehört zum Zyklus „Satyricon“, ein Titel, mit dem David Shea sich auf den antiken Text von Petronius bezieht. Der Text ist die Basis der Musik, die ganz traditionell einem programmusikalischen Konzept folgt. Daher wirken die Kombinationen des heterogenen Materials, mit Instrumentalsounds, Rhythmuspatterns, synthetischen und geräuschhaften Klängen, wie eine Filmmusik, die die Handlung des Textes emotional untermalt. David Shea erzeugt den Filmmusikcharakter unter anderem durch eine Reihe von motorischen und klanglichen Gesten orchestraler Filmmusik, die auf dem Sampler gespeichert sind. Ähnlich klassisch instrumental wie David Shea den Sampler verwendet die Kölner Zwei-MannGruppe Brüsseler-Platz-10 A-Musik andere elektronische Geräte als Musikinstrumente, allerdings nicht nach Partitur, sondern improvisatorisch. Markus Schmickler, der eine klassische Kompositionsausbildung absolviert hat, und der Autodidakt Georg Odeijk spielen auf CD- und Minidisc-Geräten, Kassettenrekordern und anderen Produkten der Unterhaltungselektronik. Sie laden diese Geräte mit beliebigen Tonträgern, aus denen sie kleine und sehr kleine Samples extrahieren und mit ihnen Loops bilden. Im improvisatorischen Prozeß der Schichtung vieler kleiner, minimaler Fragmente entstehen dichte, klanglich komplexe Gebilde, die stark zum Geräuschhaften tendieren. 6. O-Ton Schmickler --- 0´58´´ Im klanglichen Bereich erkennt man, da liegt jetzt ein Orchesterklang zugrunde oder da liegen Stimmen zugrunde, oder so was, aber es ist eigentlich dadurch, daß die Loops, die wir machen, sehr punktuell sind, also sie recht kurz sind, erkennt man eigentlich den musikalischen Zusammenhang des Originalmaterials nicht mehr. Es ist eigentlich nur so, daß man den Klang mitbekommt, und da auch so glaube ich schon direkt versteht, aus welcher Richtung das kommt oder wie sich das auch vielleicht in einen Kontext einordnet, aber es ist nicht, daß man wirklich zitiert, oder so was, das man Zitate tatsächlich benutzt, das hat nichts mit ready-made oder so in dem Sinne zu tun, daß man das so hinstellt und sagt, ja guck dir den Kontext des ursprünglichen Werkes mal an und überleg jetzt mal, was wir damit machen oder was wir da dazu tun, sondern wir arbeiten schon wirklich mit einzelnen Pixeln von Musik, es wird schon alles sehr komprimiert und klein gehalten, also wirklich nur auf so ner klanglichen Ebene erkennt man so einen Originalzusammenhang vielleicht. Musik 6 Brüsseler Platz 10 A-Musik 5 --- 7´30´´ VARIABEL Das Geräusch hat auf Musiker, die nicht von der E-Musik kommen, eine starke Anziehungskraft, denn es stellt einen Gegenpol zu den ihnen vertrauten, aber stark klischeebehafteten Klängen aus dem U-Musik-Bereich dar. Beliebt und auch schon in kommerzielle Produktionen eingeflossen sind die Störgeräusche beim Abspielen von Schallplatten, denen im CD-Zeitalter eine historische Patina anhaftet. Dazu tritt die ganze Palette der technologischen Störgeräusche. Sie nehmen einen völlig gleichberechtigten Platz neben Tönen und harmonischen Klängen ein, auch bei der strukturellen Arbeit. Man bildet mit ihnen Rhythmustracks, man setzt sie als formbildende Klangelemente ein, 5 und man stellt einzelne Geräusche als melodieähnliche Signale oder Arabesken in den Vordergrund. Der Japaner Otomo Yoshihide bewegt sich ausschließlich in dieser Welt der technologischen Geräusche. Er arbeitet mit insistierendem Pfeifen, lautem Knacken oder vibrierendem Brummen, widerborstig scheinende Sounds, mit denen er architektonische Gebilde nach kompositorischen Konzepten modelliert. Sehr deutlich ist das am Beginn eines 1999 produzierten Stücks zu beobachten. Nach einem kurzen, einleitenden Pfeifen, das später zum zentralen Element gerät, entfaltet Yoshihide durch Geschwindigkeitsvariationen eines wabernden Brummens eine Art metrische Struktur, die den Zeitverlauf des ganzen Stücks bestimmt. Musik 7 Otomo Yoshihide: Solo --- 5´01´´ Mit einer solchen Musik wird das Klanguniversum der Technik, Maschinenklänge und Störgeräusche im weitesten Sinn, dem kompositorischen Zugriff einverleibt, ähnlich wie es seit den fünfziger Jahren in der musique concrète geschehen ist. Die Musik schafft damit ästhetische Referenzen zu der im modernen Leben ständig präsenten Welt der Technologie. Die Erforschung und Auslotung solcher Bezüge zwischen Musik und Lebensrealität, vor allem aus dem Bereich Technologie, liegt der Arbeit von Markus Popp zugrunde. Der Berliner Künstler, der unter den Namen Oval und Ovalprocess produziert und auftritt, stellt die Kategorien Musik und Komposition bei seinen Stücken in den Hintergrund. Ausgangspunkt für ihn ist die Computertechnologie und ihre Funktion als ein vielperspektivisches Medium. Popp betrachtet das musikalische Material nicht als einen Wert an sich, sondern als ein Versuchsobjekt, mit dem sich Sachverhalte und Abläufe darstellen und manifestieren lassen. Dazu wählt er kleine und kleinste Elemente aus vorhandenen CDs, bis hin zu einzelnen Frames. Dann reiht und überlagert er diese winzigen Samples auf einer Zeitachse. 7. O-Ton Popp 1 --- 0´23´´ Die Arbeitsweise der des Zeichentrick- oder Animationsfilms gar nicht unähnlich. Also man nimmt einzelne Frames von audio content, von sound auf Zeit, und klebt die dann über die Zeit in einer recht frei definierbaren Dramaturgie hintereinanderweg, daß diese zeitliche Erstreckung der Klanglichkeit überhaupt existiert oder überhaupt definiert werden kann. So entstehen durch Sequenzieren und Schichten akustische Strukturen und Prozesse, die von Markus Popp nicht musikalisch gelesen werden, sondern die Bedingungen und Eigenschaften der zugrundeliegenden Technologie verdeutlichen sollen. 8. O-Ton Popp 2 --- 0´58´´ Es geht darum die Musik vorzufinden, die Materialität der Medien anzunehmen, und einen möglichst komplexen, aber auch darin dann größtmöglich einfach nachvollziehbaren Arbeitsablauf zu erzeugen, der die Veränderungen am vorhandenen Material deutlich macht, also insofern würde ich mich gegen den Kompositionsbegriff stellen, als daß ich Musik nicht realisiere im dem Sinne der Realisation einer Komposition, einer bereits in meinem kreativen Verständnis von Musik, in meiner individuellen Subjektivität erdachten, erstellten oder darin auch schon angelegten Komposition, die dann in meiner Musik zu realisieren, sondern es geht darum einen workflow, einen Arbeitsablauf zu konfigurieren, den ich auch 6 nur exemplarisch vorführe und auch die Musik, das musikalische Resultat als einen möglichen Ausgang, als ein mögliches Ergebnis dieses workflow präsentiere, und dahinter nicht unbedingt vollständig verschwinden möchte, aber zurücktrete zugunsten der Auseinandersetzung mit dem Prozeß, der zu der Musik führt. Musik 8 Ovalprocess, 4 --- 5´55´´ / 6 --- 4´52´´ / 9 --- 4´37´´ JE NACH LÄNGE Die Arbeit mit akustischen Samples, seien es größere, bedeutungsbehaftete Bruchstücke oder winzige, unkenntliche Fragmente, setzt einen sehr freien Umgang mit dem musikalischen Material voraus. Gute wie schlechte Musik, Krach wie Geräusch können gleichermaßen und mit gleicher Wertung die Basis einer Komposition sein. Arbeiten mit Samples spiegelt somit sehr deutlich die freie Verfügbarkeit über beliebiges musikalisches Material, auf die sich das Komponieren seit den siebziger Jahren in allen Bereichen der Musik gründet. Mit subtiler Ironie haben die Komponisten Pierre Henry und Michel Colombier diese MaterialTotalität, diese beliebige Verfügbarkeit in dem kleinen, 1997 produzierten Stück „psyché rock“ in Klang gesetzt. Man hört Synthesizer-Sounds, wie man sie aus der Frühzeit der elektronischen Musik und auch aus Science-Fiction-Filmen der sechziger und siebziger Jahre kennt, und es erklingen billige Popmusik-Klischees in Rhythmus und Harmonik. „Psyché rock“ ist eine spielerische Sample-Assemblage, eine Montage von soziologisch wie geschichtlich unterschiedlich geprägten Materialfragmenten. Musik 9 Pierre Henry: psyché rock --- 2´47´´ ENDE