Seminarheft

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Einführung in die Germanistische Sprachwissenschaft
Matthias Richter
[email protected]
Wintersemester 2016/17
montags 9 Uhr, NSG 210
montags 13 Uhr, NSG 210
montags 15 Uhr, NSG 210
Einleitendes
Im Einführungsmodul erarbeiten Sie sich die grundlegenden Begriffe und Methoden der germanistischen
Sprachwissenschaft. Die germanistische Sprachwissenschaft teilt sich institutionell an unserem Institut
in vier Bereiche:
• Grammatik
• Sprachgeschichte
• Varietätenlinguistik
• Pragmatik
Die Grundlagen der Varietätenlinguistik und Pragmatik werden in der Vorlesung gelegt. Die Grundlagen der Sprachgeschichte erwerben Sie im entsprechenden Seminar im Sommersemester. Das Einführungsseminar wird sich der Grammatik widmen. Eine Einteilung der grammatischen Disziplinen wird
traditionellerweise so vorgenommen:
• Phonologie (Lautlehre)
• Morphologie (Formenlehre)
• Syntax (Satzlehre)
• Semantik (Bedeutungslehre)
Das Einführungsseminar baut auf dieser Einteilung auf. Nachdem wir uns auf einige grundlegende
Begriffe verständigt haben, beginnen wir im Block Phonologie bei den kleinsten sprachlichen Einheiten,
den Lauten. In einem nächsten Block Lexikon sehen wir uns ab Mitte November Aufbau und Bedeutung
der kleinsten bedeutungstragenden Einheiten an. Im letzten Block Syntax schauen wir uns ab Dezember
an, wie diese Einheiten zu Sätzen verbunden werden. Der Fokus liegt dabei auf der Syntax. Hier werden
wir zwei größere Forschungsparadigmen kontrastieren und befassen uns zunächst mit deskriptiver Syntax
und im neuen Jahr mit der seit den 50er Jahren wichtiger werdenden generativen Syntax.
Auf der nächsten Seite finden Sie gängige Abkürzungen, die wir im Seminar verwenden, und eine
kurze Liste mit lateinischen grammatischen Bezeichnungen, die Sie fachgerecht einsetzen können sollen.
Es folgt eine Liste der Sitzungen mit den jeweils zu lesenden Textstellen und dazugehörigen Übungen.
Bestandteil des Seminars werden kurze Präsentationen dieser Textstellen sein. Dazu finden Sie am Ende
des Dokuments einige Hinweise. Zum Schluss finden Sie eine Liste mit Büchern, die Ihr Studium der
Grammatik begleiten können.
1
Abkürzungen und Terminologie
Im Seminar gebrauchte Abkürzungen
A
Adv
Af
Akk
C
D
Dat
f
Gen
Konj
li. Kl.
m
N
n
P
Pl
Pron
Sg
re. Kl.
V
Adjektiv
Adverb
Affix
Akkusativ
Subjunktion
Determinierer
Dativ
Femininum
Genitiv
Konjunktion
linke Klammer
Maskulinum
Nomen/Substantiv
Neutrum
Präposition
Plural
Pronomen
Singular
rechte Klammer
Verb
Lateinische Terminologie
das Genus
der Kasus
der Modus
der Numerus
das Tempus
(die
(die
(die
(die
(die
Genera)
Kasus)
Modi)
Numeri)
Tempora)
oft gebrauchte Phrasen
Rektion: die Präposition regiert die Nominalphrase im Kasus
Kongruenz: die Bestandteile der Nominalphrase kongruieren in Kasus, Numerus und Genus
2
Semesterplan, Aufgaben und Übungen
17. Oktober: Grundlagen
Öhlschläger (2011, Kap. 1 & 2)
Aufgabe 1: Menschliche Sprache – Tiersprache
Lesen Sie das folgende Zitat.
In a typical instance of dance communication [. . . ], a successful forager returns home from
a rich food source and is greeted by other workers who, if she is carrying nectar, induce her
to regurgitate her load to them. If this welcome is enthusistic enough, the forager begins
dancing on the vertical sheet of comb. The dance consists of a series of repeated waggling
runs in which the bee moves in a particular direction along the comb while waggling her body
from side to side. During the waggling run she also emits a burst of sound by buzzing her
wings. After each waggling run, the dancer circles around and realigns herself to begin the
next waggling run. As the bee dances, she is encircled by 1–6 other bees that face toward
the dancer and follow her movements. The dance followers observe several waggling runs and
then leave the nest. Many of these eventually reach the same feeding place that the dancer
had found or a feeding place close by.
The orientation of the waggling run and its duration are highly correlated with the direction and distance that the forager has flown to the food [. . . ]. Specifically the angle of the
waggling run relative to the upward direction on the comb correlates with the direction of
flight relative to the sun and sun-linked patterns of polarized sky light. Dancers may also
be oriented to these celestial cues directly if they can see them (e. g., when they are dancing
on the surface of a reproductive swarm). The duration of the waggling run increases monotonically with flight distances. By placing arrays of feeders or baits in the environment, von
Frisch found that recruits searched preferentially at baits near the one being visited by the
dancer, suggesting that they had found their way there by using spatial information obtained
from the dance.
Dyer (2002, 918 f.)
Vergleichen Sie diese Darstellung der Bienensprache mit menschlichen Sprachen. Inwiefern unterscheidet sich die Tanzsprache der Bienen von menschlichen Sprachen anhand der Charakteristika natürlicher
Sprachen (Öhlschläger, 2011, 8)?
Aufgabe 2: Norm und Deskription
Sprachwissenschaftler_innen beschreiben Sprache und erklären sprachliche Phänomene. Außerhalb der
universitären Sprachwissenschaft finden sich viele Organisationen, Vereine und Einzelpersonen, die normsetzend für die Sprache tätig sind. Sammeln Sie Beispiele für solches präskriptives Vorgehen.
Aufgabe 3: Saussures Dichotomien
Erläutern Sie die folgenden Begriffspaare anhand von selbstgewählten Beispielen:
• Signifiant/Signifié
• syntagmatische/paradigmatische Beziehungen
3
• Synchronie/Diachornie
• Deskription/Präskription
24. Oktober: Phonetik
Hall (2000, Kap. 1)
Bearbeiten Sie die Aufgaben 2–5 am Ende des Kapitels.
7. November: Phonologie
Hall (2000, Kap. 2)
Bearbeiten Sie die Aufgaben 1, 11 und 12 am Ende des Kapitels.
14. November: Lexikalische Semantik
Öhlschläger (2011, Abschnitte 3.2 & 3.3)
Aufgabe 1: Bedeutung
Geben Sie die Intension und Extension der Begriffe Bundespräsident, Sigmar Gabriel und Reichskanzler
an.
Grenzen Sie die Begriffe Denotation und Referenz an einem selbstgewählten Beispiel ab.
Aufgabe 2: Mehrdeutigkeit
Um welche Art von Ambiguität handelt es sich bei den folgenden Beispielen?
(1)
Dieser Flügel gefällt mir nicht.
(2)
Der Tenor war diesmal ein anderer.
(3)
Will nicht.
(4)
Lass uns die Bank wechseln.
(5)
Gestern kam die Fähre nach Rügen.
(6)
Dort war ein langer Zug zu sehen.
21. November: Wortbildung
Duden (2016, Abschnitte 1.3.1–1.3.3)
Aufgabe 1: Wortbildungsarten
Bestimmen Sie die Wörter aus (7) nach ihrer Wortbildungsart.
(7)
Hausschlüssel, Gerede, Sprung, ARD, umfahren, Rennen, Vergangenheit, uraufführen, steinhart,
schwarz-gelb, Zug, besehen, aufsitzen, Strumpfhose, KaDeWe, Zug, gleichen, übersetzen
Aufgabe 2: Strukturbäume I
Stellen Sie diese Wortbildungsprodukte in Strukturbäumen dar.
(8)
Frauenkrimipreis, Wissenschaftlerfernverschickung, Eiercremeschnittchen, Uneinheitlichkeit
4
Verwenden Sie zur Überprüfung Ihrer Ergebnisse Paraphrasen.
nicht: „ein kleiner Gärtner“
Beispiel Kleingärtner
Paraphrase: „ein Mensch, der einen Kleingarten bewirtschaftet“
(10)
Kleingärtner
(9)
Kleingärtner
Kleingarten
klein
klein
Gärtner
Garten
er
er
Garten
Aufgabe 3: Strukturbäume II
In jedem Strukturbaum werden komplexe Wörter in ihre Bestandteile zerlegt. Diese Bestandteile können
Affixe sein oder eigenständige Wörter, die einer anderen Wortart angehören als das Gesamtwort. Markieren Sie bei jedem Bestandteil in Ihren Strukturbäumen, welcher Wortart es angehört, oder ob es ein
Affix ist.
Beispiel Kleingärtner
(11)
N
Kleingärtner
Af
er
N
Kleingarten
A
klein
N
Garten
Aufgabe 4: Strukturbäume III
Gegeben sind abstrakte Strukturbäume. Können Sie für jeden Strukturbaum Wörter finden, die mit Hilfe
dieses Strukturbaums analysiert werden können? Wenn nein, warum nicht?
(12)
a.
A
A
b.
c.
A
N
A
A
N
d.
e.
A
N
N
A
A
Beispiel
(13)
N
N
N
so analysierbare Wörter: Dampflok, Gerstensaft, Buchcover . . .
5
A
A
N
28. November: Flexion
Öhlschläger (2011, Abschnitte 5.2, 5.3 & 5.4.1)
Aufgabe 1: Stämme
Nennen Sie die Stämme der folgenden Wörter.
(14)
a.
b.
guter, geht, Frauen, kleinem, schaust, Keller
größer, waren, wurden, Männer, besser, Mütter, hätten, gesungen
Aufgabe 2: Merkmale
Bestimmen Sie im Datensatz alle Substantive und Verben nach ihren morphosyntaktischen Merkmalen.
(15)
a.
Die Jäger erlegten den einzigen Löwen, der nie einer Fliege etwas zu Leide tat.
b.
Wären die Frauen in die Höfe am Brühl gegangen, so hätten sie wohl Tomaten gekauft.
c.
Der Bruder ihres Mannes erzählt, er habe gern den Kindern eine Geschichte erzählt.
Aufgabe 3: Paradigmen
Geben Sie die vollständigen Paradigmen der synthetisch gebildeten Wortformen der Wörter wären und
Kindern aus (15) an.
Aufgabe 4: Exponentenketten
Nennen Sie zu jedem Merkmal der Wörter wären und Kindern, die Sie in Aufgabe 2 bestimmt haben, die
Exponenten. Überlegen Sie, in welcher Reihenfolge die Exponenten auf das Wort angewendet werden.
Aufgabe 5: Flexion im wortbezogenen Ansatz
Analysieren Sie die folgenden Wortformen aus (15) im wortbezogenen Ansatz mithilfe der folgenden
Tabelle.
6
Wort
Stamm
Merkmal
Exponent
Prozess
Ergebnis
Frau
Pl
Nom
-en
Ø
Suffigierung
Frauen
Frauen
Beispiel
Frauen
Löwen
Leide
Höfe
Mannes
erlegten
tat
gegangen
hätten
gekauft
erzählt
erzählt
7
5. Dezember: Topologie
Öhlschläger (2011, Abschnitte 4.1, 4.2 & 4.3.3)
Aufgabe 1: Grammatikalität
Beurteilen Sie die folgenden Sätze anhand ihrer Grammatikalität und Akzeptabilität.
(16)
a.
b.
c.
d.
Colorless green ideas sleep furiously.
Es fiel letzte Woche einem Grammatiker, der das untersuchte, auf, dass dieser Satz grammatisch sei.
Es fielen letzte Woche einen Grammatiker, der die untersuchte, auf, dass diesem Satze
grammatisch seien.
Der junge Zauberer brachte seine Jugend im Schrank, der unter der Treppe, die sich schon
lange im Hause der Dursleys, obschon sie eigentlich hätte entfernt werden sollen, befand,
untergebracht war, zu.
Aufgabe 2: Syntaktische Relationen
Zeigen Sie die synaktischen Dependenzbeziehungen zwischen den Konstituenten der folgenden Sätze auf.
(17)
a.
Die Königin sah ihn trotz der finsteren Nacht.
b.
Der junge Zauberer schläft im Schrank unter der Treppe.
c.
Sie schenkten der Tochter an ihrem Geburtstag ein Spielzeugauto.
d.
Sie fragten nach der Uhrzeit.
Aufgabe 3: Feldermodell I
Stellen Sie die folgenden Sätze im Feldermodell mit Hilfe der unten stehenden Tabelle dar.
(18)
a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
Die Frau ist einen Marathon gelaufen.
Der Wolf fraß das Rotkäppchen.
Man konnte ihr das Märchen glauben.
Das kleine Mädchen mit der großen Wollmütze wollte in die Stadt gehen.
Wir möchten uns bedanken für Ihre Gastfreundschaft.
Die Kinder haben geschlafen.
Wegen des ungemütlichen Wetters in den letzten Tagen konnten wir nicht vor die Tür gehen.
Peter und Maria wollten schlafen.
Vorfeld
li. Kl.
Mittelfeld
re. Kl.
hat
den Wolf
gesehen
Beispiel
Peter
a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
8
Nachfeld
Aufgabe 4: Feldermodell II
Klammern Sie die folgenden komplexen Sätze. Stellen Sie alle Matrix- und eingebetteten Sätze im Feldermodell dar.
(19)
a.
Martina hat ihren Bruder gefragt, ob er am Wochenende zu ihr kommen wolle.
b.
Hans wollte ergänzen, dass er noch nie in der Stadt gewesen war.
c.
Obwohl es morgen regnen soll, werden wir ins Freibad fahren.
d.
Hans hat die Geschichte seiner Schwester geglaubt, die noch nie die Unwahrheit gesagt hatte.
e.
Peter hat diesem Mann, den er noch nie gesehen hat, gesagt, dass er vor ihm Angst hätte.
f.
Obwohl wir uns hier gut auskennen, müssen wir uns verlaufen haben, nachdem wir die
Straße überquert hatten.
g.
Peter hatte gefragt, ob Maria erzählt hat, dass ihr Vater Haselnüsse isst.
h.
Ob Franz gesagt hat, dass er Maria mag, wollte Peter wissen, als ihn Luise besucht hat.
Vorfeld
li. Kl.
Mittelfeld
re. Kl.
Nachfeld
hat
den Wolf
gesehen
obwohl . . . war
es schon lange Nacht
war
Beispiel
Peter
obwohl
a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
9
12. Dezember: Syntaktische Kategorien
(Öhlschläger, 2011, Abschnitt 4.3.2)
Aufgabe 1: Wortartklassifikationen
Versuchen Sie, aus dem Gedächtnis einige Kriterien für die Wortart Adjektiv aufzuschreiben, die Sie
in der Schule gelernt haben. Handelt es sich bei diesen Kriterien um semantische, morphologische oder
syntaktische Kriterien? Überlegen Sie, ob Ihnen Adjektive einfallen, auf die diese Kriterien nicht zutreffen.
Aufgabe 2: Syntaktische Kriterien
Wortarten können ohne semantische oder morphologische Kriterien unterschieden werden anhand:
• ihrer morphosyntaktischen Merkmale
• ihren Rektionseigenschaften
• ihrer Distribution (Stellung im Satz)
Betrachten Sie den folgenden Satz.
(20)
Er sucht dort nach dem kleinen Mädchen.
1. Bestimmen Sie die Wörter nach ihrer Wortart. Benutzen Sie, wenn nötig, ein Wörterbuch.
2. Bestimmen Sie danach die morphosyntaktischen Eigenschaften der Wörter (sofern vorhanden).
3. Schauen Sie, welche Wörter andere Konstituenten kasusregieren.
4. Markieren Sie alle Konstituenten, die allein im Vorfeld stehen können.
Aufgabe 3: Systematisierung D, A, N, V, Pron, Adv
Halten Sie Ihre Ergebnisse aus Aufgabe 2 in dieser Tabelle fest.
Wortart
Beispielwort
Wort hat folgende
morphosyntaktische
Merkmale
Wort regiert
Wort kann allein
im Vorfeld stehen
dem
Kasus, Numerus,
Genus
nein
nein
Beispiel
D
A
N
V
Pron
Adv
10
Aufgabe 4: Anwendung
Sie haben die wesentlichen Eigenschaften der sieben Wortarten D, A, N, V, Pron und Adv ganz ohne
semantische oder morphologische Merkmale erarbeitet. Bestimmen Sie damit alle Wörter in (21) und
(22). Beachten Sie, dass die Abgrenzung D–Pron und A–Adv nicht immer ganz einfach ist.
(21)
(22)
a.
Mit den kleinen Mädchen spielen wir gern.
b.
Mit unseren kleinen Mädchen spielen wir lustig.
c.
Mit diesen kleinen Mädchen spielen wir tobend.
a.
Heute sind wir überraschend meinen Eltern begegnet.
b.
Die konnten es kaum glauben.
c.
Wir hatten uns vor vielen Jahren zuletzt gesehen.
d.
Das hat uns gut gefallen.
Aufgabe 5: Ergänzung C, Konj
Zwei weitere Worarten sind die Subjunktion (C) und Konjunktion (Konj), z. B. weil (C), und (Konj).
Bilden Sie jeweils drei Sätze mit diesen Wörtern und versuchen Sie, die Stellung im Satz dieser Wörter
zu beschreiben.
19. Dezember: Syntaktische Funktionen
(Duden, 2016, Abschnitte 1.1–1.4)
Aufgabe 1: Satzgliedbestimmung
• Bestimmen Sie die geklammerten Konstituenten in (23) hinsichtlich ihrer topologischen Eigenschaften.
• Geben Sie bei „echten“ Satzgliedern die Funktion mit an.
• Bestimmen Sie alle Konstituenten nach ihrer Form (Einzelwörter → Wortart, Phrasen → Phrasentyp).
Halten Sie Ihre Beobachtungen in der folgenden Tabelle fest.
11
(23)
a.
[ Der Bruder [ des Direktors ] ] [ backt ] [ am Sonntag ] [ [ frische ] Brötchen ]
b.
[ Dass [ er ] [ dreist ] lügt ] stört [ mich ]
c.
Wir hoffen [ auf eine baldige Antwort ]
d.
Ich habe [ dir ] versprochen [ dass ich danach [ zu dir ] komme ]
e.
[ Dieser Schande ] wird [ man ] sich immer erinnern
f.
Ich weiß nicht [ [ wann ] er kommt ]
g.
Die Sache, [ die hier behandelt wird, ] bedarf [ einer schnellen Einigung [ über das weitere
Vorgehen ] ]
Konstituente
Topologie
Funktion
Form
Satzglied
Aktant
NPN om
Beispiel
a.
Der Bruder des Direktors
Beispiel
des Direktors
Gliedteil
NPGen
backt
am Sonntag
frische Brötchen
frische
b.
dass . . . lügt
er
dreist
mich
c.
auf . . . Antwort
d.
dir
dass . . . komme
zu dir
e.
dieser Schande
man
f.
wann . . . kommt
wann
g.
die . . . wird
einer . . . Vorgehen
über . . . Vorgehen
Aufgabe 2: Aktant vs. Adverbial
Überlegen Sie anhand von Beispielen, durch welche syntaktischen Kategorien Aktanten und Adverbiale im
Satz typischerweise realisiert werden. Zeigen Sie anhand von Beispielen, dass die typischen Realisierungen
von Aktanten auch Adverbiale sein können und umgekehrt.
12
Bestimmen Sie die kursiven Konstituenten in (24) nach ihrer syntaktischen Funktion. Gibt es Ambiguitäten?
(24)
a.
Gustav wartet auf den Zug.
b.
Gustav wartet auf dem Bahnsteig.
c.
Gustav hängt an dem Notebook.
d.
Der Flyer hängt an der Pinnwand.
e.
Gustav rechnete mit den Fingern.
f.
Gustav rechnete mit dem Notebook.
g.
Er sitzt den ganzen Tag am Computer.
h.
Er verbringt den ganzen Tag am Computer.
Aufgabe 3: Gliedteile
Markieren Sie alle Gliedteile (Attribute) in (25). Geben Sie die jeweilige syntaktische Kategorie an.
(25)
a.
Hans hat gestern im Computershop ein tolles Notebook gesehen.
b.
Der Verleih ihres Notebooks an einen ungeübten Hacker schockierte dessen Besitzerin zutiefst.
c.
Gustav hat seinen Kindern ein superschnelles Notebook geschenkt, das aus der Sammlung
von Computern seiner Nachbarin stammt.
9. Januar: Lexikalische Projektionen
(26)
a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
Bücher lesen
kranke Männer
lila Socken
gutes Olivenöl benutzen
laute Tiere fürchten
weil Katzen Erdbeereis mögen
weil Peter süße Sultaninen aß
Aufgabe 1: Orientierung I
Bestimmen Sie jedes Wort in (26) nach seiner Wortart (N, V, A, C). Bestimmen Sie jeweils den Kopf
der in (26) gegebenen Konstituenten.
Aufgabe 2: Orientierung II
Überlegen Sie, welche Konstituenten in (26) sich in kleinere Konstituenten zerlegen lassen. Bestimmen
Sie jeweils die Köpfe.
Aufgabe 3: Baumstrukturen I
Tragen Sie Ihre Erkenntnisse aus den Orientierungsaufgaben zusammen, indem Sie die Konstituenten in
(26) in Strukturbäumen darstellen.
Beispiel: Bücher lesen
(27)
Bücher lesen
Bücher
13
lesen
Aufgabe 4: Baumstrukturen II
Ergänzen Sie in den Strukturbäumen an den untersten Knoten die Wortartenmerkmale. Wie in der
Wortbildung auch, wird das Merkmal des Kopfes an den nächst-höheren Knoten projiziert (übertragen),
wodurch phrasale Kategorien entstehen. Markieren Sie diese Kategorien.
Beispiel: Bücher lesen
(28)
VP
Bücher lesen
N
Bücher
V
lesen
16. Januar: Funktionale Projektionen
Aufgabe 1: NPs?
Betrachten Sie den folgenden Datensatz. Bestimmen Sie die morphosyntaktischen Merkmale der Konstituenten und überlegen Sie, welche Wörter Köpfe sind.
(29)
a.
ein kleiner Hund
b.
c.
eine kleine Katze
ein kleines Kind
d.
der kleine Hund
e.
die kleine Katze
f.
das kleine Kind
Aufgabe 2: Strukturbäume
Stellen Sie die Konstituenten in (30) in Strukturbäumen dar. Annotieren Sie Phrasentypen und Projektionsstufen.
(30)
a.
die kranken Männer
b.
eine lila Socke
c.
ein Buch lesen
d.
in der Nacht einen Rettich schälen
e.
vor dem Essen auf den Bus warten
f.
weil meine kleine Katze Erdbeereis mag
g.
dass Peter wegen seiner Allergie keine süßen Sultaninen isst.
14
23. Januar: Sätze
Aufgabe 1: Nebensatz
Stellen Sie den Nebensatz in (31) in einem Strukturbaum dar.
(31)
dass der Mann einen schönen Hut besitzt.
Aufgabe 2: Fragesatz
Streichen Sie in Ihrem Baum die Subjunktion. Lassen Sie uns annehmen, dass es im deutschen Lexikon
ein C gibt, das phonologisch leer ist (nicht ausgesprochen wird), semantisch die Information Fragesatz
trägt und syntaktisch eine Bewegung des Verbes von V nach C auslöst (quasi ein V in seiner Valenz
trägt).
Zeichnen Sie den entsprechenden Baum und tragen Sie die Verbbewegung ein.
Aufgabe 3: V2-Satz
Lassen Sie uns nun annehmen, dass es im deutschen Lexikon ein C gibt, das phonologisch leer ist, semantisch die Information Aussagesatz trägt und syntaktisch – genau wie das Fragesatz-C – eine Verbbewegung
von V nach C auslöst. Nehmen wir weiterhin an, dass dieses C zusätzlich eine DP verlangt, die in als
Spezifizierer verkettet.
Wir haben keine DP mehr übrig, die noch nicht synaktisch „verbaut“ ist. Es bleibt nur, eine beliebige
DP aus dem bestehenden Material auszuwählen und sie in den Spezifizierer zu bewegen.
Zeichnen Sie zwei entsprechende Strukturbäume und tragen Sie alle Bewegungsoperationen ein.
30. Januar: Zusammenfassung
In dieser Sitzung wird das Seminar zusammengefasst. Bringen Sie dazu bitte alle Fragen mit, die jetzt
noch offen sind.
15
Hinweise Kurzpräsentationen
Die Kurzpräsentationen sollen max. 10 Minuten dauern. Planen Sie genügend Vorbereitungszeit ein und
stellen Sie ggf. im Vorfeld Fragen (Mail/Sprechstunde), wenn Sie nicht weiterkommen.
Struktur der Präsentation
Bevor Sie auf den eigentlichen Textinhalt eingehen, umreißen Sie kurz die Hauptaussage Ihrer Passage
und/oder die wichtigsten vorgestellten Begriffe. Während Sie auf den Textinhalt eingehen, erklären Sie
vor allem die Beispiele. Nachdem Sie auf den Text eingegangen sind, fassen Sie ihn nochmals zusammen.
Dadurch werden Sie möglicherweise das Gefühl haben, sich unnötigerweise zu wiederholen. Die so entstehende Redundanz ist aber günstig für das Verständnis bei den Zuhörenden und ermöglicht ggf. eine
anschließende Diskussion.
Weitere Hinweise
Sie brauchen keine Angst zu haben, etwas falsch zu machen oder nicht erklären zu können: Sie dürfen
während Ihrer Präsentation zu jedem Zeitpunkt auch Fragen an mich oder in die Runde stellen.
Sie können (müssen nicht) Ihre Präsentation visualisieren (Powerpoint), das nötige Equipment ist
immer vor Ort.
16
Empfohlene Literatur
Diese Liste versteht sich als subjektive Auswahl von deutsch- und englischsprachiger Literatur, die ich
Ihnen zur Begleitung des Grammatikstudiums nahelegen möchte.
Allgemein
Duden (2016) ist in diesem Jahr in der neuen Auflage erschienen und in dieser Auflage empfehlenswert
zur Anschaffung – insbesondere für Lehrämter_innen. Der erste Blick in umfangreiche deskriptive Grammatiken ist zwar immer abschreckend, allerdings ist die Grammatik gut strukturiert und arbeitet mit
allgemein gebräuchlicher Terminologie.
Zu beachten sind zwei Dinge: (1) Der Wortartenansatz ist morphologisch, nicht syntaktisch. Das führt
gegenüber dem syntaktischen Ansatz zu anderen Auffassungen bzgl. der Adjektiv-Adverb-Abgrenzung.
Der syntaktische Ansatz wird ausbuchstabiert in Helbig (2003). (2) Der Phonembegriff ist allein über
Distinktivität definiert. Das führt gegenüber Hall (2000) zu einer komplizierteren Auffassung der Auslautverhärtung.
Eine insgesamt lesbarere und kürzere Fassung finden Sie in Schülerduden (2009). Problematisch ist
hier (neben den oben erwähnten Problemen) die Abgrenzung zwischen Pronomen und Artikeln, die auf
der unreflektierten Basis der Schulgrammatik vorgenommen wird.
Es ist schwierig, publizierte Einführungsliteratur zu empfehlen, die eine elegantere Beschreibung des
Deutschen bereithält, als Öhlschläger (2011). Viele Einführungen sind auf dem Markt, und wer sich für
ein bestimmtes Phänomen interessiert, für den lohnt sich der vergleichende Blick in diese Bücher.
Einen breiten alphabetischen Überblick über grammatische Terminologie und Phänomene bietet Bußmann (2003).
Generative Grammatik
Eine deutschsprachige generative Darstellung der deutschen Morphologie und Syntax bietet Sternefeld
(2009). Sehr viel kleinschrittiger und besser lesbarer arbeitet Adger (2003) v. a. zum Englischen, aber
auch sprachvergleichend das Deutsche einschließend.
Kontemplative Literatur
Viele Deutschlehrer und -lernende verbringen einen Teil ihrer Freizeit mit dem Studium des Werks von
Bastian Sick oder anderen sprachkritischen Autoren. Das kann ein lohnendes Unterfangen sein; der
präskriptive Ansatz dieser Literatur sollte aber unbedingt kritisch begleitet werden. In vielem, was hier
einfach als „falsch“ abgetan wird, findet man linguistisch herausfordernde Probleme und Fragestellungen.
Wer gerne seine Freizeit mit gut lesbarer populärwissenschaftlicher Literatur verbringen möchte,
dem sei ans Herz gelegt: der urkomische und gleichzeitig aufschlussreiche Blick eines Engländers auf das
Deutsche in Mark Twains The Awful German Language, die vergleichende Darstellung Dieter Wunderlichs
der Sprachen der Welt, die Auseinandersetzung mit präskriptiven Ansätzen in David Crystals The fight
for English und André Meinungers Antwort auf Bastian Sick, Sick of Sick.
17
Literaturverzeichnis
Adger, David. 2003. Core Syntax. Cambridge: CUP.
Bußmann, Hadumod. 2003. Lexikon der Sprachwissenschaft. Kröner.
Duden. 2016. Duden. Die Grammatik. Mannheim u. a.: Duden.
Dyer, Fred C. 2002. The biology of the dance language. Annual Review of Entomology 47. 917–949.
Hall, Tracy A. 2000. Phonologie. Eine Einführung. Berlin & New York: De Gruyter.
Helbig, Gerhard. 2003. Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht.
Schülerduden. 2009. Grammatik. Mannheim u. a.
Sternefeld, Wolfgang. 2009. Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Tübingen: Stauffenburg.
Öhlschläger, Günther. 2011. Einführung in die Sprachwissenschaft.
18
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