Zur Ethik des Unternehmertums Vortrag von Max Schön, Unternehmer in Lübeck; Vorstand der Stiftung „Unternehmertum“ & Mitglied „Die Familienunternehmer – ASU“ www.maxmax.de; www.asu.de 40 Jahre FH Lübeck, 8.10.2009 Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und sehr geehrter Herr Kowalski. Gestern erhielt ich folgende Mail „Sehr geehrter Herr Schön, Sie halten einen Vortrag über Ethik in der Wirtschaft. Die Wirtschaft ist im Wettbewerb für den Markterwerb – lokal und global. Und weiter, Wirtschaft sei nie behilflich, so sei nun mal die Wirtschaft. Wirtschaft habe auch nichts mit Politik zu tun. Sie sei etwas für hartgesottene und nichts für zittrige. Kurzum: Wirtschaft und Ethik das ginge nicht zusammen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube heute denken viele so oder ähnlich. und sie fühlen sich bestätigt durch das, was gerade in der Finanzwirtschaft geschieht. Ich werde darauf eingehen. Und ich werde sie hoffentlich am Ende heute davon überzeugen können, dass Wirtschaft & Politik, dass Markt & Ethik sehr wohl etwas miteinander zu tun haben, sehr wohl viel Gutes für die Menschen tun können. 2 Dass aber ein „irgendwie dahin-wirtschaften“ nicht zu einem guten Resultat führt. Nein, ganz im Gegenteil: Es braucht eine innere Orientierung, es bedarf einer ethischen Grundhaltung und es braucht strenge Marktregeln und einen robusten Ordnungsrahmen. Im folgenden spreche ich nun nicht über irgendeine Art der Wirtschaft, sondern über unser Wirtschaftssystem, dem der Marktwirtschaft. Zur Marktwirtschaft gehört unzweifelhaft eine ganz bestimmte Ethik. Und zwar nicht eine Ethik, die teilt und wieder teilt, bis alle möglichst gleich viel - oder besser gesagt: gleich wenig - haben. Nein, zu unserer Sozialen Marktwirtschaft gehört vielmehr eine Ethik, die mehrt, die Knappheiten überwindet, die zusätzliche Freuden stiftet - und die Mangel vermindert: Das ist die Ethik des Unternehmens. Und im Mittelpunkt dieser Ethik steht jemand, der neben dem Wissenschaftler und dem Techniker die moderne Welt geschaffen hat: Der Unternehmer. In den letzten Jahrhunderten ist es durch die Tatkraft und den Mut von vielen, vielen Unternehmern gelungen, überall dort wo sie durchdringen konnten, die Armut als Massenerscheinung zu überwinden. Es leben heute überall dort, wo es die Marktwirtschaft als herrschendes Ordnungsmuster gibt, mehr Menschen auf einem höheren Lebensniveau 2 3 und sie leben länger als in irgendeinem anderen Abschnitt unserer Geschichte. Wenn und insoweit es Elend auf der Welt gibt und gab, so waren es in aller Regel nicht Unternehmer sondern Politiker, die mit ihren Kriegen und ihrer oft kurzsichtigen Einmischung ins Wirtschaftsleben die Katastrophen verursachten. Politiker, die auch heute immer wieder mit Problemen kämpfen, die sie selbst maßgeblich mit verursacht haben, z. B. Staatsverschuldung, Rente, Gesundheit – ja und auch die Finanzkrise zu einem ganz bemerkenswerten hohen Anteil. Darum möchte ich hier heute einige Worte über die Stellung der Unternehmer und der unternehmerischen Ethik in einer Marktwirtschaft vortragen. --------------------------------------------Zu den offenbar unausrottbaren Missverständnissen in dieser ethischen Debatte gehört die Behauptung, dass Markt und Unternehmertum an sich keine sozialverträglichen Institutionen seien. Vielmehr müsse der um das Gemeinwohl besorgte Staat die Unternehmer durch sein Sozial-, Arbeits-, Steuer- und Standesrecht usw. erst dazu machen. Der Unternehmer wird häufig als eine Art Raubtier dargestellt, dessen Gefährlichkeit nur durch umfassende staatliche Regulierung abgemildert werden kann. Das erstaunliche an dieser fehlgerichteten Denkart ist, dass wir uns diese Debatte zu einem Zeitpunkt leisten, an dem der Wohlfahrtsstaat europäischen Typs vielerorts völlig überschuldet ist, vor lauter Schulden fast gar nicht mehr politisch handlungsfähig ist. 3 4 Die Tatsache, dass der Sozialismus osteuropäischen Typs bereits vor zwei Jahrzehnten Insolvenz anmelden musste, hat in Deutschland leider nicht zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Ethik unserer Marktwirtschaft geführt. Dass mit dem Untergang des Sozialismus auch über einen bestimmten Typ Ethik gerichtet worden ist, dass ist vielen Bürgern deshalb nicht deutlich geworden. Leider! Der Niedergang wichtiger Ökonomien Westeuropas steht im Zeichen einer betrüblichen Dominanz sozialistischer Ethik. Wir sprechen von „sozialem Teilen“, „sozialer Gerechtigkeit“, von „Solidarität“. Doch wer in dieser sehr üblichen Traditionslinie argumentiert der zeigt, dass er die ordnungstheoretische Diskussion seit der Aufklärung nicht wirklich durchdrungen hat. Lassen Sie uns deshalb einmal zurückblicken, zu den Begründern der modernen Marktwirtschaftslehren: Die Vertreter der schottischen Moralphilosophie des 18. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Adam Smith und David Hume, sahen in der Marktwirtschaft ein Emanzipationsprogramm für den „kleinen Mann“. Der „sozial schwache“ Arbeiter konnte damals nur seine Arbeitskraft, seine Fähigkeiten und seinen Willen zum Aufstieg sein Eigentum nennen. Von einer freiheitlichen Marktwirtschaft hingegen erwarteten die Begründer der marktwirtschaftlichen Theorie 4 5 - durch die Beseitigung der regiden Zunftordnungen Aufstiegsmöglichkeiten zur selbständigen Arbeit; - sie erwarteten, dass Tagelöhner, deren Einkommen durch Lohntaxen und Beschränkungen der Freizügigkeit damals künstlich niedrig gehalten wurde, ein marktgerechtes Einkommen erhalten sollten; - und: sie gingen davon aus, dass durch die Aufhebung der Monopole und Privilegien der Feudalherren, Zünfte, Fabrikanten und Handelsgesellschaften, den Bürgern die Lebenshaltung verbilligt werden sollte. Kurzum: Dieses „Freiheitsprogramm“ sollte allen Marktteilnehmern Dienste und Waren zum möglichst niedrigsten Preis bescheren und allen sollte der am Markt ermittelte gerechte Ertrag ihrer Arbeit zu Teil werden. Diese Grundideen waren, wie ich finde, ausgezeichnet. Und wir finden diese freiheitliche Bewusstseinshaltung noch heute in dem Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“. Doch zurück zur schottischen Schule und zu Adam Smith: Der durch Moral, Recht, Wettbewerb und Streben nach Anerkennung gebändigte Eigennutz war nach Ansicht der Anhänger der schottischen Schule der stärkste Motor für das allgemeine Wohl. Allgemeinwohl verstanden als bestmögliche Versorgung der Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen, hervorgebracht durch umfassende Handlungsfreiheit der Bürger. Den „Erfindern“ der Marktwirtschaft war klar, dass die moralischen Institutionen der Marktwirtschaft, nämlich: 5 6 - der Respekt vor dem Eigentum und der Persönlichkeit des anderen, - das Halten von Versprechungen & Ehrlichkeit und Fairness die Grundlagen des Markthandelns sind. Außerhalb dieser Regeln gibt es keinen freien Tausch, sondern nur den unberechenbaren Kampf aller gegen alle. Marktwirtschaft hat immer Regeln. Es gibt gar keinen Marktplatz ohne diese Regeln. Alles andere ist Anarchie und nicht „liberal“ oder“ „neo-liberal. Bsp. Finanzkrise: Anarchie! Abwesenheit von Regeln Abwesenheit von Transparenz Abwesenheit von Verantwortung Es ist deshalb spannend die Frage zu stellen, wie es zu einem solchen Missverständnis kommen konnte, einem scheinbaren Gegensatz von Unternehmertum versus Gemeinwohl?! Hier der Egoismus der Marktwirtschaft – besonders das Profitstreben der Unternehmer –, dort die Grundsätze der Moral und das „Gemeinwohl“. Ich denke, die ethische Debatte hat vielfach nicht begriffen, dass der Markt mit seinen moralischen Institutionen an sich ethisch in Ordnung ist, an sich „sozial“ ist. 6 7 Und wenn ich an dieser Stelle von „sozial“ spreche, dann meine ich damit: nützlich für die Masse der Menschen. Ein wichtiger Grund für dieses Missverständnis ist m. E., dass schlicht nicht gesehen wird, dass es zwei grundverschiedene Arten von Ethik gibt, und dass wir in unserem Alltag mit beiden leben, sie aber auf gar keinen Fall nicht miteinander verwechseln dürfen. Das eine ist die Ethik des „Teilens“ und der gemeinsamen Ziele: Sie hat ihren Ursprung in der Familie und im engeren Freundeskreis und ist auch in dieser Sphäre die legitime und grundlegende Ethik. Wir können sie heute weniger denn je entbehren. Allein hier kann echte „soziale Wärme“ entstehen und finden wir jene tiefen gefühlsmäßigen Befriedigungen, von denen wir leben. In einer Familie spielt das marktwirtschaftliche Leistungsprinzip keine Rolle. Es wird hier „jedem nach seinen Bedürfnissen“ gegeben und es wird nicht nach seinem Beitrag zum Familiensozialprodukt zugeteilt. Hier ist auch die „Solidarität“ etwas ganz natürliches und bedarf keines besonderen Zwanges, da die Familie durch Sympathie, durch Liebe und Zuneigung zusammengehalten wird. Ich frage mein Kind nicht nach seiner „Leistung“, bevor ich es versorge. Ich gebe ihm, was es braucht, und ohne vorher zu fragen, welche Gegenleistung ich dafür bekommen kann. Der Fehler des Sozialismus und des Wohlfahrtsstaates und ihrer Morallehre ist es nun, diese sympathische Ethik des Teilens auf die Ebene einer komplexen Marktwirtschaft zu übertragen, gar auf globale Märkte, 7 8 obwohl sich die Menschen hier gegenseitig gar nicht kennen und der Verkehr nur durch ganz abstrakte Regeln vermittelt wird. Hier, auf dem Markt, in der Gesellschaft, - wo man nicht als Familienvater oder Freund, sondern als Unternehmer für Fremde tätig ist – kann es nicht Aufgabe sein, das unternehmerische Vermögen mit seinen Kunden zu „teilen“ und seine Produkte der „Gesellschaft“ zu schenken. Das Ergebnis hiervon wäre nur, dass das Unternehmen vom Markt verschwindet und dabei auch der Unternehmer arbeitslos würde. Am Ende würden alle verarmen. Eine Ethik des brüderlichen Teilens, eine Solidaritätsethik, kann also gar nicht die Maxime der Marktwirtschaft und des unternehmerischen Handelns sein. Hier ist eine andere Ethik die richtige: Die Ethik des Mehrens. Leider hat diese Einsicht, ich möchte sagen, den Urinstinkt der Gemeinschaften gegen sich. Für diese Ethik des Mehrens lassen sich nicht so leicht Urgefühle mobilisieren, wie für diese Urethik des „Teilens“. Es gibt die Ihnen allen geläufige Geschichte vom fränkischen Ritter Martin, der, als er einen frierenden Bettler am Wegesrande sah, seinen Mantel mit dem Schwerte teilte und dem Bettler die eine Hälfte davon herunterreichte. Für diese Tat wurde er heilig gesprochen. Aber ist dieses Teilen wirklich die bestmögliche Antwort auf ein soziales Problem? 8 9 Beim Treffen mit dem nächsten Bettler bliebe dem Ritter noch ein Viertel seines Mantels, danach ein Achtel, schließlich würde er selber betteln müssen um einen Mantel oder eine Decke. Ein unternehmerischer Martin würde wohl eher hingehen, eine Mantelfabrik gründen, Mäntel produzieren und dem Bettler einen Arbeitsplatz anbieten, so dass er sich nun einen Mantel kaufen könnte anstatt darum betteln zu müssen. Hier haben Sie Ethik und das Ethos des Unternehmers! Ich frage Sie, welche Ethik stiftet einen größeren Nutzen? Denn dafür ist ja alle Ethik da. Sie soll dazu beitragen, die menschliche Wohlfahrt zu vermehren. Hier der Bettler mit dem halben Mantel auf der Straße, dort ein neu geschaffener Arbeitsplatz, mit einem Arbeitnehmer, der von seiner Arbeit leben . Die Antwort kann nicht zweifelhaft sein. Im Falle Martins haben wir zwar einen Heiligen mehr und vorübergehend einen Armen weniger. Ein Wohlstandsproblem lösen wir so jedoch nie! Ich könnte dies auch am Beispiel der Mutter Teresa abwandeln, die völlig zu Recht viel gepriesene Personifikation des selbstlosen Teilens. Sie war eine der prominentesten Vertreterinnen der Ethik des Teilens. Eine großartige Frau! Ein Vorbild an Hilfsbereitschaft und Fürsorglichkeit. Doch die Ethik des barmherzigen Verteilens nach der sie handelte, lässt sich nicht auf unser ganzes Wirtschaften als Handlungssystem 9 10 übertragen. Wer sollte dann noch die Güter erzeugen, die dann verteilt würden? Ein allgemeines Herrschen der Ethik des Teilens würde zum Ende der Zivilisation führen. Wenn Lebensmittel-Discounter wie Aldi, Lidl usw. die Lebenshaltung verbilligten, so war dies sozial nützlicher als ein noch so gut organisiertes staatliches Sozialprogramm. Aldi und Lidl haben die verfügbaren Güter durch ihre Firmenpolitik in Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten und ihren Mitarbeitern für die Massen vermehrt und damit Armut dauerhaft massiv gemildert. Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich habe nichts gegen Samariter, nichts gegen Stiftungen und bin ein scharfer Verfechter des Grundsatzes, dass denen, die sich nicht selber helfen können, über den Staat, geholfen werden muss. Doch ich finde nicht, dass man darüber immer noch & immer wieder streiten müsste. Das bezweifelt doch niemand ernsthaft mehr! Bei einer Politik jedoch, die sich selbst als Sozialpolitik bezeichnet, sich im Wesentlichen aber nur aufs Umverteilen konzertiert und dann auch noch mit dem vorhandenen nicht auskommt und deshalb permanent zusätzlich Schuldenberge aufhäuft, gewinnen die Bürger im Allgemeinen nichts. Jede Ausgabe des Staates, jedes Sozialprogramm beruht, wie der Begründer der deutschen Sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard es einmal formulierte, auf einem Verzicht des Bürgers. Das Geld wandert bei der Sozialpolitik nur von der einen in die andere Tasche des Bür10 11 gers. Die Umverteilungskosten sind dabei gigantisch, ein großer Teil des Staatsapparates lebt davon: Zunächst heißt es Steuern und Abgaben zahlen, sodann erhält man auf Antrag ein Teil seines Geldes wieder „von oben“ zurück, wenn man einen bestimmten Haustyp baut, eine bestimmte Anzahl von Kindern hat, einen von oben ausgewählten steuerbegünstigten Anlagefond kauft usw., usw. Die Ethik des Unternehmerischen geht von einem anderen Ansatz aus: Von der elementaren Pflicht jedes Lebewesens zur Selbsterhaltung zunächst. Ein Unternehmer unternimmt etwas, um sich und die Seinen über Wasser zu halten. Er kann dies in einer Marktgesellschaft nur tun, indem er anderen (in der Regel Fremden) einen nützlichen Dienst erweist. Dies ist der geniale Trick, den Adam Smith als Wirkung einer „unsichtbaren Hand“ beschrieb. Selbsterhaltung durch den Dienst für andere! Auf einem solchen Markt sind die besonders erfolgreich, die sich am meisten den Bedürfnissen ihrer Kunden anpassen, am meisten Nutzen produzieren. Oder wie Georg Simmel es einmal formulierte: „Der Konkurrenz gelingt unzählige Male, was sonst nur der Liebe gelingt: das Ausspähen der innersten Wünsche eines Anderen, bevor sie ihm noch selbst bewusst geworden sind. Die antagonistische Spannung gegen den Konkurrenten schafft bei dem Kaufmann die Feinfühligkeit für die Neigung des Publikums bis 11 12 zum einem fast hellseherischen Instinkt für die bevorstehenden Wandlungen seines Geschmacks, seiner Moden, seiner Interessen... Die moderne Konkurrenz, die man als den Kampf aller gegen alle kennzeichnet, ist oft zugleich der Kampf aller um alle. Das Ethos des Wirtschaftslebens in einer freien Gesellschaft lautet: Mache etwas aus deiner Begabung, deinen Talenten, deinem Eigentum! Dies im Wettbewerb mit anderen, die das gleiche wollen und müssen. In einer freien Gesellschaft wird auch noch der stärkste Unternehmer den Märkten, seinen Kunden und ihren Bedürfnissen dienstbar. Er kann nur etwas aus sich machen, nur wachsen, in dem er Anderen nützliche Dienste erweist. Service als Dienst am Nächsten: Wer am besten dient, macht die größten Profite“. In unserer sozialen Marktwirtschaft gilt diese Ethik nicht nur für den Unternehmer, sondern auch für den Arbeitnehmer. Auch der Arbeitnehmer muss anderen nützliche Dienste leisten, wenn er sich erhalten will. Die populäre Gegenüberstellung, von der auch unsere Sozialgesetzgebung vielfach ausgeht, vom selbstlosen Arbeitnehmer und vom egoistischen Unternehmer, den man deswegen möglichst hoch besteuern und arbeitsrechtlich einschnüren muss, ist grotesk. Ich wenigstens kenne genauso viele Gauner unter den Arbeitnehmern wie unter den Chefs. Die Unternehmer sind ethisch nicht besser oder schlechter als die Arbeitnehmer unseres Landes oder unser Stadt. Ich denke es wird immer deutlicher, dass damit die übliche Gegenüberstellung von Egoismus und Altruismus in sich zusammenfällt. Das, 12 13 was für den Unternehmer wie für den Arbeitnehmer subjektiv nützlich ist, ist es zumeist auch für die Gesamtheit: Eigeninteresse wird in allgemeinen Vorteil verwandelt. Es ist darum die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Unternehmers, ein „guter“ Unternehmer in dem Sinn zu sein, dass er nach den Grundsätzen des wirtschaftlichen Prinzips, den Mitmenschen eine möglichst nützliche Leistung erweist, sein Unternehmen fit hält und produziert. Die zentrale ethische Bedeutung des Unternehmers liegt darin, dass er, aus wohlverstandenem Eigennutz die Bedürfnisse anderer Menschen befriedigt, d. h. deren Leiden vermindert und ihre Freuden steigert. Er ist der professionelle Knappheitsüberwinder! Soweit er und in dem Maße er Knappheiten überwindet, darf er sich auch an dem Lohn dafür, dem „Gewinn“ erfreuen, bestehend aus Eigenkapitalverzinsung, Wagnisprämie und Unternehmerlohn! So ist es also die erste Pflicht und Schuldigkeit des Unternehmers, die vorhandenen Güter nicht zu „teilen“, sondern sie zu vermehren. Durch das „Teilen“ des Vorhandenen kommt nicht ein zusätzliches Brot auf den Markt. Entsprechend lautet der oberste Imperativ für den Unternehmer: Biete anderen Nutzen, dann werden auch die anderen dir Nutzen bieten. Nur wenn er dieser goldenen Regel folgt, kann er seiner sozialen Aufgabe als Unternehmer in einer arbeitsteiligen Tauschgesellschaft gerecht werden, wird die Wohlfahrt aller maximiert. Es ist die Pflicht des Unternehmers gute Gewinne zu machen. Verluste machen ist Sünde! 13 14 Dies ist die primäre soziale Verantwortung, die er hat – sie geht jeder anderen vor, denn von ihr ist seine Existenz ebenso wie die Wohlfahrt des Ganzen abhängig. Die Höhe des Gewinns ist ein Indikator dafür, in welchem Maße er Nutzen stiftet, dem Nächsten nützliche Dienste geboten hat. So geht der Gewinn in jeder beliebigen Höhe moralisch in Ordnung es sei denn, er beruht auf Betrug, Gewaltanwendung oder der monopolistischer Ausbeutung einer Machtstellung. Das Ethos des Unternehmers – seine innere Einstellung zu seinem Beruf – verlangt von ihm alles zu tun, was das Unternehmen blühen und wachsen lässt. Damit bietet er nicht nur anderen nützlichen Leistungen, sondern schafft auch Arbeitsplätze und Einkommen für seine Mitarbeiter. Es ist aber nicht seine primäre und schon gar nicht seine moralische Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen. Entsprechende Appelle der Politiker sind absurd. Gewiss ist es wünschbar, über das Unternehmerische hinaus, aus dem Unternehmenserfolg „Gutes zu tun“, z. B. Krankenhäuser zu stiften, die Künste zu unterstützen, eine wohltätige Stiftung zu errichten. Dies gehört aber zur Kür und nicht zur primären unternehmerischen Pflicht. Ein Unternehmer muss wählen dürfen, ob er stiftet oder reinvestiert. Viele tun beides gleichzeitig. Doch wenn ein Unternehmer das Stiften unterlässt, 40 – 50% in Form von Steuern abgibt und den Rest seines Gewinns in sein Unternehmen investiert und dadurch die Produktion verbilligt, tut damit nichts Anstößiges. 14 15 Meine Damen und Herren, was bedeutet das gesagte nun ganz konkret für uns? Im Alltag in Lübeck? Heute, hier im Audimax? Hier in der Fachhochschule Lübeck? Nun, wir könnten ja ab sofort unsere eigene innere Haltung etwas verändern. Indem wir z. B. diejenigen, die etwas unternehmen wollen, dies auch tun lassen. Doch anstatt die Bürger machen zu lassen, reagieren wir mit Misstrauen, Vorsicht und Bürokratie. Ein Gutachten hier, eine Vorschrift dort, ein Ausschuss hier, eine neue Verordnung dort. Unsere Gesellschaft und unsere Politiker trauen uns Bürgern m. E. zu wenig zu. Wir brauchen jetzt aber, überall und an allen Stellen unserer Gesellschaft, unternehmerische Geister, die Dinge kraftvoll voranbringen und umsetzen. Die sich auch dann nicht scheuen einen neuen Weg einzuschlagen, wenn er schwierig und unbekannt ist. Auch wenn er nicht 5x abgesichert ist. Die ihn gehen, weil sie ihn für richtig halten. Weil sie von ihm überzeugt sind. Kurz: Klassische Unternehmer und Menschen mit Unternehmergeist. Diese unternehmerischen Menschen sind die geborenen Problemlöser. Sie haben gelernt, wie mit man knappen Ressourcen umgeht. Sie sind gelernte Knappheitsüberwinder. Und dann würde sich in diesem Lande und dieser Stadt auch wieder viel mehr bewegen. 15 16 Wir haben vielleicht nicht besonders viele dieser Menschen, aber es gibt sie und sie treten immer öfter an das Tageslicht. So dass wir ab morgen eigentlich nur zwei Dinge anders machen müssten: 1. Lassen sie uns doch uns über Menschen freuen, die etwas unternehmen wollen und die verantwortlich handelnd ans Werk gehen. Wer also bauen will, oder einen Verein gründen will, oder sich anschickt eine Gemeindekasse in Ordnung zu bringen oder eine Hochschule unabhängig zu führen, – der braucht unsere Unterstützung, unser Lob, unsere Hilfe. Ihm gebührt unser aller Achtung! 2. Hören wir auf zu mäkeln und mit den Regelwerken der Vergangenheit zu wedeln. Wir wissen, dass wir diese unternehmerischen Menschen brauchen, - die mit und die ohne eigenen Betrieb, - die mit und die ohne eigenem Kapital. Wir benötigen ihre Ideen, ihre Kraft, ihr Geld, ihren Mut und ihre Inspiration. Wie kann man diese beiden Punkte im täglichen Leben umsetzen? 16 17 Eigentlich ganz einfach: Wer eine Genehmigung braucht, erhält zukünftig nicht mehr eine Belehrung darüber, welche Regelwerke er beachten muss, sondern ihm wird Hilfe angeboten, sein Vorhaben schnell zu realisieren. Wer eine verantwortliche Position übernimmt, wird von uns geachtet und unterstützt - und nicht nur beneidet. Und Fehler darf er auch mal machen; das tun wir alle hier im Saale doch auch. Und das gleiche darf auch jeder private Bauherr oder Vereinsvorstand erwarten. Wer sich ab morgen in eine Debatte einbringt, - mit Verantwortungsbewusstsein und guten Initiativen-, der wird ab sofort nicht mehr als Störenfried angesehen und nicht aus dem Betrieb oder aus der Partei entfernt. Sondern man setzt sich respektvoll mit ihm und seinen Vorschläge auseinander, und man nimmt sie an, wenn sie besser sind als die alten. So viel Mut muss sein! Denn diese Menschen gehören jetzt auf die Chefstühle und auf die Parlamentssessel. Sie müssen an die Steuerräder gelangen dürfen, ihre Vorhaben realisieren dürfen, damit wir wieder in Schwung kommen, damit es wieder bergauf geht. FHL ist ein gutes Beispiel für solchen Unternehmergeist!! Und für eine gelungene Führung. 17 18 18 19 Meine Damen und Herren, nun werden Sie sich vielleicht sagen: OK. Das alles hört sich ja eigentlich ganz vernünftig an. Aber wer soll das alles machen? Wer soll das alles in Gang setzen? Wer soll sich da ab sofort anders verhalten, sich in die Politik einmischen, wer soll denn die Verantwortung für andere übernehmen und soll ab sofort die unternehmerischen Menschen unterstützen? Nun, genau das ist der Grund, warum ich heute hier zu Ihnen gesprochen habe. 19