Br ¨uckenkurs Mathematik f¨ur Mathematiker und Informatiker

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Prof. Dr. Martin Oellrich
Beuth Hochschule für Technik Berlin
Index
Brückenkurs Mathematik
für Mathematiker und Informatiker
Stand: WS 2016/17
Inhaltsverzeichnis
1 Zahlen
1.1 Verwendungen von Zahlen .
1.2 Mengen . . . . . . . . . . .
1.3 Natürliche Zahlen . . . . . .
1.5 Darstellung von Zahlen . . .
1.6 Eigenschaften von Zahlen . .
1.8 Konstante, Variable, Formel .
1.10 Zusammenfassung . . . . .
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3
3
4
5
6
9
11
12
2 Formeln und Regeln
2.2 Eigenschaften von Formeln
2.3 Regeln . . . . . . . . . . .
2.4 Gesetze . . . . . . . . . .
2.5 Definitionen . . . . . . . .
2.6 Formalisierungen . . . . .
2.7 Abkürzungen . . . . . . .
2.8 Eigenschaften von Regeln .
2.9 Regeln als Werkzeuge . . .
2.11 Zusammenfassung . . . .
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13
13
13
14
15
17
18
20
21
22
3 Umformungen
3.1 Arten von Gleichungen . . . . . .
3.2 Eigenschaften von Umformungen
3.3 Bekannte Umformungen . . . . .
3.4 Anwendungen von Umformungen
3.6 Zusammenfassung . . . . . . . . .
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24
24
25
26
27
29
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1
Abkürzung, 18
Anzahl, 5
Stellenwertsysteme, 7
Syntax, 11
Basis, 7
Binärsystem, 7
Bruch, 17
Test, 24
Umformung, 25
Variable, 11
Darstellung, 6
Definition, 15, 24
Dezimalsystem, 7
Division, 17
Wahrheitswert, 24
Zahl
diskrete, 5
kontinuierliche, 6
natürliche, 5
Zahlenstrahl, 6
Ziffernfolge, 7
Ziffernsystem, 6
Forderung, 24
Formalisierung, 17
Formel, 11
Gesetz, 14
Assoziativ-, 14
Distributiv-, 15
Kommutativ-, 14
Hexadezimalsystem, 7
Kehrwert, 16
Konstante, 11
Menge, 4
leere, 5
Nummern, 3
Operand, 11
Operator, 11
Potenz, 21
Prioritätskonvention, 12
Quantitäten, 3
Rechenoperationen, 9
Regel, 13, 25
römisches System, 8
2
1 Zahlen
1.2 Mengen
Wir kennen alle den alltäglichen Begriff der Zahl. Und wir wissen auch, dass sie viel
mit Mathematik zu tun haben.
Eine Quantität kann nach 1.1.2 eine Anzahl sein. Was wird denn gezählt? Antwort:
1.1 Verwendungen von Zahlen
Beispiele: Studierende im selben Kurs, Einwohner derselben Stadt, Autos auf demselben Parkplatz.
Eine solche Gruppe von Objekten mit einer gemeinsamen Eigenschaft nennen wir
eine Menge. Diese Objekte heißen dann die Elemente der Menge. Beispiele:
Zahlen begegnen uns in zwei verschiedenen Verwendungen:
1. als Nummern: das sind Namen aus Ziffern. Beispiele:
unterscheidbare Objekte, die eine gemeinsame Eigenschaft besitzen.
• Hausnummern, Telefonnummern
• Matrikelnummern, Ausweisnummern,
• Kundennummern, Kartennummern
• Artikelnummern, Bestellnummern
• Raumnummern, IP-Nummern etc.
Mit Nummern wird kaum gerechnet. Sie dienen als einfaches System, um Namen für viele einzelne Objekte zu erzeugen. Das hat mit Mathematik wenig zu
tun.
2. als Quantitäten: das sind Anzahlen oder Größen. Beispiele:
c dasKochrezept.de
• Studierende im Kurs, Einwohner einer Stadt
• Längen, Zeiten, Gewichte
• Geld etc.
Quantitäten sind abstrakte Eigenschaften von Objekten. Sie machen diese vergleichbar und berechenbar. Hier liegen die Arbeitsfelder der Mathematik!
3. Es gibt einige Mischformen, bei denen mit Nummern ansatzweise verglichen
oder gerechnet wird. Beispiele:
• Hausnummern: sind ein Maß für Abstände zwischen Häusern derselben
Straße
• Zeitdaten: geben eine Chronologie an
• Wartenummern: geben eine Reihenfolge an, sind ein Maß für die Wartezeit.
Nur einfache mathematische Aspekte werden angewandt, die keine tieferen Kenntnisse erfordern.
Wir beschäftigen uns im weiteren nur mit Quantitäten.
Wir haben keine Schwierigkeit, die abgebildeten Objekte zu Mengen zusammen zu
fassen, also ihre gemeinsame Eigenschaft zu erkennen:
• eine Menge von gleichen, gleichschenkligen Dreiecken
• eine Menge von Pfeilen mit Startpunkt
• eine Menge von waagerechten Balken
• eine Menge von (Bildern von) Küchengemüsen
• eine Menge von gleichseitigen Vierecken
• eine Menge von Drittel-Kreissegmenten
• eine Menge von rechtwinklig begrenzten Strecken.
Außerdem können wir erkennen, welche gemeinsame Eigenschaft all diese Mengen
wiederum besitzen: sie enthalten genau drei Elemente.
→ Das ist eine typisch menschliche Fähigkeit. Nur wenige besonders intelligente Tiere können das
3
4
in Grenzen auch.
Alternativ können wir aus denselben Objekten andere Mengen bilden:
• eine Menge von 9 linienhaften Objekten: die 3 Pfeile, die 3 Balken und die
3 Strecken
• eine Menge von flächenhaften Objekten: die 3 Dreiecke, die 3 Kreissegmente
und die 3 Vierecke
• eine Menge von räumlichen Objekten: die 3 Gemüse (also jetzt nicht deren Bilder).
Auch hier besteht eine gemeinsame Eigenschaft der ersten beiden Mengen darin,
jeweils neun Elemente zu enthalten, auch wenn die Elemente untereinander nicht
vergleichbar sind.
Wollen wir eine Menge mathematisch angeben, so schreiben wir ihre Elemente als
Kommaliste zwischen ein geschweiftes Klammerpaar. Beispiel: { rot, gelb, blau }.
Es gibt einen Sonderfall: die sog. leere Menge, die gar kein Element enthält. Das
scheint auf den ersten Blick unsinnig, da das Wesen einer Menge doch ist, Objekte
zu enthalten. Was aber ist, wenn es kein einziges Objekt gibt, das die vorgegebene
Eigenschaft besitzt? Beispiele:
Die Menge aller fliegenden Autos ist leer.
Die Menge aller bellenden Fische ist leer.
Die Menge aller 10 km hohen Berge (auf der Erde) ist leer.
Wir lassen diese spezielle Menge zu und bezeichnen sie mit dem Symbol ∅ .
→ Es gibt nur eine leere Menge, egal welche Objekte sie nicht enthält.
1.3 Natürliche Zahlen
Mengen spielen in der Mathematik eine zentrale Rolle. Sie sind — wie oben zu sehen
— die Grundlage für den Begiff der Anzahl: sie ist ein genaues Maß für die Größe
einer endlichen Menge.
→ ”Endlich“ ist ein Fachbegriff, der hier nicht vertieft werden soll. Er meint anschaulich: begrenzt
viele, aufzählbare Elemente.
Die als Anzahlen vorkommenden Zahlenwerte sind die natürliche Zahlen. Sie entstehen intuitiv durch das Abzählen der Mengenelemente von selbst:
0, 1, 2, 3, 4, 5, . . .
0
1
2
3
4
5
Diskretheit bedeutet nicht, dass Zahlen in einer Reihenfolge gleicher Abstände stehen müssen. Z.B. sind die bekannten Primzahlen diskret, denn sie halten einen Mindestabstand von 1 ein. Sie folgen aber in unregelmäßigen Abständen aufeinander.
Es gibt auch kontinuierliche Zahlen, die keine solchen Sprünge machen oder Lücken
lassen. Zwei solche Zahlen können einen beliebig kleinen Abstand haben. Hier erhalten wir als Anschauung eine ganze Linie, jeder Punkt darauf bedeutet eine Zahl:
0
1
2
3
4
5
Diese Linie heißt deshalb auch der Zahlenstrahl. Die senkrechten Markierungen
und die Pfeilspitze dienen der Orientierung. Mit diesen Zahlen können wir z.B. genaue Werte von physikalischen Größen angeben, die nicht aus Mengen entstehen.
→ diskret bzw. kontinuierlich zu sein ist eine Eigenschaft einer Zahlenmenge, nicht von einzelnen
Zahlen.
→ Wenn eine diskrete Menge von Werten einen sehr kleinen Mindestabstand besitzt, ist es einfacher,
die einzelnen sehr nahe beieinander liegenden Punkte durch eine durchgehende Linie zu zeichnen.
Das ist aber nur eine Frage der Praktikabilität, nicht des Prinzips. Die Menge bleibt diskret.
1.4 Aufgabe. (Übungen zu Zahlen und Mengen.)
1.5 Darstellung von Zahlen
Eine Zahl ist eine abstrakte Vielheit“, die wir auf verschiedene Weise notieren
”
können. Alle solchen Darstellungen sehen verschieden aus, meinen aber ein und
dieselbe Zahl. Beispiel:
sechs
6
VI .
→ Das ist wie das Wort für ”ich“ in verschiedenen Sprachen: ich, I, je, yo, jag, ego . . . Die Wörter
sind verschieden, meinen aber alle meine selbe Person.
• das Wort sechs“ ist eine sprachliche Darstellung (auf Deutsch)
”
• die Ziffer 6“ ist eine symbolische Darstellung (auf Arabisch)
”
• die Kombination VI“ ist eine implizite Darstellung (auf Römisch), die eine
”
Addition der Ziffern V und I meint. Der Zahlenwert wird durch eine implizite
Rechenvorschrift gegeben. Sie ist wie ein Code, den wir kennen müssen.
Null ist die Anzahl Elemente der leeren Menge.
Die natürlichen Zahlen sind diskret, d.h. sie bezeichnen Werte, die sich um eine
bestimmte kleinste Differenz (hier 1) unterscheiden. Wir können sie als Punkte auf
einer geraden Linie veranschaulichen:
Es wird unpraktisch, für beliebig große Zahlen einzelne Symbole zu definieren. Jedes
Ziffernsystem ist deshalb überwiegend implizit. Verschiedene Systeme unterscheiden sich nur in ihren Bildungsregeln. Beispiel:
5
6
29
11101
1D
XXIX .
Es gibt eine enge Beziehung zwischen Binär- und Hexadezimalsystem, weil 16 =
24 ist: jede Vierergruppe von Binärziffern, gelesen von rechts her, entspricht direkt
einer Hex-Ziffer:
Diese vier Ziffernfolgen sind nach verschiedenen Systemen gebildet:
1. 29“: im Dezimalsystem haben die ersten zehn Zahlen die Symbole 0–9, die
”
wir Dezimalziffern nennen. Größere Zahlen werden durch eine implizite Vorschrift dargestellt:
0000 0001 0010 0011 0100 0101 0110 0111
binär
hexadez.
0
1
2
3
4
5
6
7
binär
1000 1001 1010 1011 1100 1101 1110 1111
hexadez.
8
9
A
B
C
D
E
F
29 = 2 · 10 + 9 · 1 .
Das Dezimalsystem ist weltweit unter Menschen üblich. Sind keine weiteren
Hinweise gegeben, ist dieses System gemeint.
Im obigen Beispiel:
1|11012 = 1 D16 .
2. 11101“: im Binärsystem haben die ersten beiden Zahlen die Symbole 0 und 1.
”
Größere Zahlen werden implizit dargestellt:
4. XXIX“: im römischen System sind alle Ziffern gleichberechtigt und stehen
”
für nicht benachbarte Werte. Die sieben bekanntesten sind:
11101 = 1 · 16 + 1 · 8 + 1 · 4 + 0 · 2 + 1 · 1 .
In diesem System arbeiten alle elektronischen Rechenmaschinen.
I = 1, V = 5, X = 10, L = 50, C = 100, D = 500, M = 1000 .
3. 1D“: im Hexadezimalsystem haben die ersten 16 Zahlen die Symbole 0, . . . ,
”
9, A, . . . , F. Größere Zahlen werden implizit dargestellt:
Sie werden subtrahiert oder addiert, je nachdem, ob eine ggf. nachfolgende Ziffer größer ist oder nicht1 :
1D = 1 · 16 + 13 · 1 .
XXIX = +X + X − I + X = 1010 + 1010 − 110 + 1010 = 2910 .
Dieses System verwenden Informatiker zur Darstellung von Speicherinhalten.
Es ist also ein relatives System. Es wird auf alten Inschriften verwendet, manchmal auch auf den ersten Seiten in Büchern.
Diese drei sind sog. Stellenwertsysteme. In ihnen ist die absolute Position einer
Ziffer innerhalb der Folge signifikant, weil jede Position einen festen Stellenwert
besitzt. Stellenwerte werden bestimmt von der Basis des Systems und nehmen aus
historischen Gründen von rechts nach links zu. Sie beginnen bei 1 und werden immer
mit der Basis multipliziert:
Basis Ziffernvorrat
Name
dezimal
10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
2 01
binär
hexadezimal
16 0 . . . 9 A B C D E F
b 0 1 . . . (b-1)
allgemein
...
...
...
...
Stellenwerte
1000 100 10
8
4 2
4096 256 16
b3 b2 b
Es werden nie vier oder mehr gleiche Ziffern nebeneinander verwendet. Ein
vierfaches Auftreten wird ersetzt durch eine Subtraktion vom nächstgrößeren
Wert. Beispiele:
IIII → IV, also 4 = 5 − 1
XXXX → XL, also 40 = 50 − 10
CCCC → CD, also 400 = 500 − 100 .
1
1
1
1
Die Darstellung bestimmter Zahlen ist im römischen System uneindeutig und
muss durch Zusatzregeln eindeutig gemacht werden. Beispiel: die 2910 könnte
römisch im Prinzip geschrieben werden als
Die Stellen werden mit dem Exponenten von b nummeriert. Die rechteste Stelle ist
die nullte. Die Darstellung z3 z2 z1 z0 zur Basis b bedeutet implizit die Zahl
XXIX = XIXX = IXXX .
z3 · b3 + z2 · b2 + z1 · b + z0 · 1 .
Die Zusatzregel lautet: die vorangestellte kleinere Ziffer (hier I“) steht an der
”
rechtest möglichen Position (hier XXIX“).
”
→ Zum Rechnen ist das römische System zu unpraktisch und verschwand deshalb zusammen
Wir unterscheiden verschiedene Stellenwertsysteme, wo nötig, durch Anhängen der
Basis als Index im Dezimalsystem:
2910 = 111012 = 1D16 .
mit der römischen Hochkultur.
1 die
7
genauen Regeln schränken hier weiter ein, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Römische Zahlen
8
1.6 Eigenschaften von Zahlen
Die drei Eigenschaften aller Zahlen sind:
1. sie haben einen Wert. Er ist abstrakt, läßt sich aber veranschaulichen z.B. durch
eine Streckenlänge:
Subtraktion: x − y
Gegeben sind zwei parallele Strecken der Längen x und y.
Lege das Ende (rechter Endpunkt) von y auf das Ende von x.
Ergebnis ist die Strecke zwischen Anfang von x und Anfang von y.
x
−
x
1
2
3
4
5
→ Dadurch wird eine Zahl konkret, wir verbinden mit ihr etwas ”Greifbares“. Das ist wichtig
für die dritte Eigenschaft.
2. sie sind vergleichbar. Von zwei Zahlen ist immer eine größer als die andere
oder sie sind gleich:
<
>
5
4
=
2
3
Zahlen schätzen lernen.
3. wir können mit ihnen rechnen. Sie werden durch Rechenoperationen zu neuen
Zahlen kombiniert. Wir betrachten die anschauliche Wirkungsweise der vier
Grundrechenarten.
Addition. x + y
Gegeben sind zwei parallele Strecken der Längen x und y.
Lege den Anfang (linker Endpunkt) von y auf das Ende (rechter Endpunkt)
von x.
Ergebnis ist die Strecke zwischen Anfang von x und Ende von y.
=
x
y
·
3
mathematische Objekte kennen lernen, die nicht vergleichbar sind, und diese Eigenschaft der
x
y
y
g
→ Das erscheint auf den ersten Blick keine Erwähnung wert. Es ist aber nicht sebstverständlich! Verschiedene Mengen z.B. sind nur sehr eingeschränkt vergleichbar. Sie werden noch viele
+
x−y
Multiplikation: x · y
Gegeben sind zwei zueinander rechtwinklige Strecken der Längen x und y.
Lege den Anfang (unterer Endpunkt) von x um eine Einheit rechts neben
den Anfang (linker Endpunkt) von y.
Zeichne eine Gerade g durch das Ende von x und den Anfang von y.
Zeichne eine zu x parallele Gerade h durch das Ende von y.
Ergebnis ist der Streckenabschnitt auf h zwischen y und dem Schnittpunkt
mit g.
x
3
=
y
x·y
=
y
x
1
y
Division: x ÷ y
Gegeben sind zwei zueinander rechtwinklige Strecken der Längen x und y.
Lege den Anfang (unterer Endpunkt) von x auf den Anfang (linker Endpunkt) von y.
Zeichne eine Gerade g durch das Ende von x und das Ende von y.
Zeichne eine zu x parallele Gerade h um eine Einheit links neben das Ende
von y.
Ergebnis ist der Streckenabschnitt auf h zwischen y und dem Schnittpunkt
mit g.
g
x
÷
=
h
x
y
x÷y
x+y
y
9
h
10
1
→ Rechenoperationen sind mechanische Anweisungsfolgen. Sie benennen die gegebenen Größen,
die Zwischenschritte und geben an, wo das Ergebnis ausgelesen wird. Genau so arbeitet jeder
Computer.
Die Symbole von Rechenoperationen heißen Operatoren, ihre gegebenen Größen
heißen Operanden. Beispiel:
x
linker Operand
+
y
Operator
xy = x · y .
Alle Klammern müssen selbst zulässige Formeln enthalten. Es gibt eine Prioritätskonvention, die Klammern sparen hilft:
·÷
rechter Operand
1.7 Aufgabe. (Übungen zu Darstellungen und Eigenschaften von Zahlen.)
1.8 Konstante, Variable, Formel
1. Ist der Wert einer Zahl bekannt, so heißt sie eine Konstante. Wir können sie
durch eine beliebige Darstellung angeben, siehe 1.5. Wir können sie unmittelbar
vergleichen und mit ihr rechnen. Beispiel:
4 · 5 + 1 < 4 · (5 + 1)
20 + 1 < 4 · 6
21 < 24
ja, stimmt.
vor
+−
vor
<=> .
→ Eine Konvention ist eine willkürliche Einigung, die man im Prinzip auch anders treffen könnte.
Beispiel:
a + b = cd − 1
ist dasselbe wie
(a + b) = ((c · d) − 1) .
Variablen werden durch Einsetzen von konkreten Werten zu Konstanten. Dadurch
werden Formeln ausführbar: x = 5 eingesetzt in 1.8.2 führt zu der Rechnung und
dem Ergebnis in 1.8.1. Wir können in Variablen aber auch beliebige Formeln einsetzen und dadurch neue Formeln erhalten.
1.9 Aufgabe. (Übungen zu Rechenoperationen und Formeln)
1.10 Zusammenfassung
• Eine Menge ist eine willkürliche Zusammenfassung von Objekten durch eine
gemeinsame Eigenschaft.
2. Ist der Wert einer Zahl unbekannt, so heißt sie eine Variable. Wir notieren sie
meist durch einen Buchstaben.
→ Allgemein geben wir einen Namen aus einer Buchstaben- und evtl. Ziffernfolge an, z.B.
temp, x1 , x2 .
Wir können Vergleiche und Berechnungen nicht direkt ausführen, sondern müssen
sie durch Operatoren andeuten. Beispiel:
4 · x + 1 < 4 · (x + 1) .
Einen symbolischen Ausdruck aus Zahlen, Operatoren und Klammern nennen wir
eine Formel. Sie muss eine bestimmte Syntax (Rechtschreibvorschriften) einhalten,
um zulässig (sinnvoll auswertbar) zu sein. Falsche Beispiele:
x− ·y
xy+
x ÷ ( y −)
x · y) · z
Einzige Ausnahme: der Operator · darf weggelassen werden. Zwei hintereinander
stehende Zahlen werden also implizit multipliziert:
Vorzeichen muss vor x bzw. zwei Operatoren hintereinander
zwei Zahlen nacheinander bzw. + ohne rechten Operand
Vorzeichen muss vor y bzw. − ohne rechten Operand
Klammer bildet kein Paar.
11
• Wenn kein Objekt die geforderte Eigenschaft hat, ist die Menge leer.
• Eine natürliche Zahl ist die Anzahl Elemente einer endlichen Menge.
• Ein und dieselbe Zahl kann in verschiedenen Darstellungen angegeben werden:
sprachlich, symbolisch oder implizit.
• Die wichtigsten Darstellungen sind die Stellenwertsysteme.
• Je zwei Zahlen sind miteinander vergleichbar: entweder ist eine größer als die
andere oder beide sind gleich.
• Zahlen sind durch Rechenoperationen verknüpfbar, die nach bestimmten Regeln neue Zahlen ergeben.
• Wir müssen den Wert einer Zahl nicht immer kennen. Variablen werden durch
Einsetzen zu Konstanten.
• Eine Formel besteht aus Zahlen, Operatoren und Klammern. Sie muss eine
zulässige Syntax besitzen.
12
2 Formeln und Regeln
Es gibt fünf Arten von Regeln:
Gesetze:
Definitionen:
Formalisierungen:
Abkürzungen:
Umformungen:
Wie hängt der Bruttopreis eines Artikels von Nettopreis, Steuer und Rabatt ab?
Wie hängt der Zeitunterschied zweier Orte von ihrer Position auf der Erde ab?
Wie hängt ein Sparertrag von der Verzinsung ab?
In der Realität wirken viele Größen, die unser Leben beeinflussen, zusammen. Mathematik macht diese Zusammenhänge transparent und berechenbar. Um die Arbeitsweise der Mathematik zu verstehen, beginnen wir mit einfachen Beispielen.
2.1 Aufgabe. (Urlaub in New York)
werden als gültig angenommen bzw. gefordert
werden festgesetzt, um eine neue Bedeutung zu geben
drücken einen inhaltlichen Zusammenhang formal aus
fassen Anwendungen von anderen Regeln zusammen
wandeln eine Regel in eine andere um.
Viele Regeln haben einen eigenen Namen. Die meisten mathematische Sätze sind
durch Beweise abgesicherte, besonders wichtige Formalisierungs- oder Abkürzungsregeln.
Wir betrachten die ersten vier Regelarten im Folgenden genauer. Die letzte Art verdient ein eigenes Kapitel.
2.2 Eigenschaften von Formeln
Sie haben in den obigen Aufgaben konkrete Zahlen berechnet. Dies sind die vordergründigen Ergebnisse. Diese mögen stimmen oder nicht, es ist ihnen nicht anzusehen, woher sie kommen. Weil der Rechenweg verloren geht, sind Zahlen allein
kein Vergleich für Überlegungen. Außerdem müssen Sie eine ähnliche Aufgabe mit
anderen Inputdaten wieder ganz von vorn lösen.
Nun haben Sie zusätzlich Formeln angegeben, auf die Ihre Überlegungen führten.
Diese sind die hintergründigen Ergebnisse, denn sie enthalten die vollständige Struktur einer Berechnung. Das bedeutet drei wichtige Eigenschaften:
1. Eine Formel macht das genaue Zusammenwirken der Inputgrößen zum Ergebnis sichtbar. Dadurch wird die Berechnung nachvollziehbar. Das schafft einen
Konsens über die Korrektheit.
2. Eine Formel beschreibt ein Verhalten. Das erlaubt eine Voraussage, wie sich
das Ergebnis abhängig von den Inputgrößen verändert.
3. Mit Formeln können wir ähnliche Aufgaben schneller lösen, die sich nur in
den gegebenen Daten unterscheiden. Wir sparen die erneute Gedankenarbeit
und brauchen nur die neuen Daten einzusetzen.
→ Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass Sie in Formeln denken, nicht in Zahlen. Das Rechnen
kommt erst ganz am Schluss und kann auch von Maschinen erledigt werden.
2.3 Regeln
Wie können wir mathematische Erkenntnisse unmissverständlich ausdrücken?
Wie hängen verschiedene Größen voneinander ab?
Eine Regel ist ein mathematischer Vergleich (‘<’, ‘≤’, ‘=’, ‘6=’, ‘≥’, ‘>’) zweier
Formeln, der für alle möglichen Werte der Inputgrößen korrekt ist. Wir beschränken
uns in diesem Rahmen auf Gleichungen (‘=’).
13
2.4 Gesetze
Ein Gesetz ist eine Regel, die für bestimmte Objekte ohne Nachweis als korrekt
angenommen wird. Es gibt nur wenige Gesetze und sie haben immer einen Namen.
Die wichtigsten Gesetze für Zahlen x, y, z sind die folgenden:
(K)
(A)
(D)
x+y = y+x
(x + y) + z = x + (y + z)
x · (y + z) = x · y + x · z
x·y = y·x
(x · y) · z = x · (y · z)
(K) Kommutativ- oder Vertauschungsgesetz. Der Wert einer Addition oder Multiplikation hängt nicht von der Reihenfolge der Operanden ab. Beispiel:
3+5 = 8 = 5+3
3 · 5 = 15 = 5 · 3 .
Dieses Gesetz ist nicht so selbstverständlich, wie es aussieht. Für die Subtraktion und die Division gilt es nicht:
3 − 5 6= 5 − 3
3 ÷ 5 6= 5 ÷ 3 .
Sie werden später wichtige mathematische Objekte und Operationen kennen
lernen, die es auch nicht erfüllen.
(A) Assoziativ- oder Gruppierungsgesetz. Der Wert einer fortgesetzten Addition
oder Multiplikation hängt nicht von der Ausführungsreihenfolge der Operatoren ab. Beispiel:
(3 + 5) + 2 = 8 + 2 = 10 = 3 + 7 = 3 + (5 + 2)
(3 · 5) · 2 = 15 · 2 = 30 = 3 · 10 = 3 · (5 · 2) .
14
Wir können die Klammern deshalb weglassen und beim Rechnen eine beliebige Reihenfolge wählen. Auch dieses Gesetz ist nicht selbstverständlich. Für
Subtraktion und Division gilt es nicht:
(x − y) − z 6= x − (y − z)
(x ÷ y) ÷ z 6= x ÷ (y ÷ z) .
(D) Distributiv- oder Verteilungsgesetz. Wenn zwei Produkte einen gleichen Faktor
enthalten, können wir aus ihrer Summe ein Produkt machen und dabei eine Multiplikation sparen. Umgekehrt können wir eine geklammerte Summe auflösen
und dadurch auf die einzelnen Summanden zugreifen. Beispiel:
3 · (2 + 5) = 3 · 7 = 21 = 6 + 15 = 3 · 2 + 3 · 5 .
Die Klammern links müssen immer geschrieben werden, weil hier die Priorität
Punkt vor Strich“ (siehe 1.8) nicht gelten soll. Dieses Gesetz gilt auch für ‘−’
”
anstelle von ‘+’, jedoch nicht für ‘÷’ anstelle von ‘·’.
Die Wirkungen dieser Gesetze sind weitreichend! Durch wiederholte Anwendung
bekommen wir viel Freiheit zum Umformen. Zum Beispiel ist jede beliebige Reihenfolge von Summanden oder Faktoren möglich. Hier für drei Summanden, siehe
linke Spalte:
x+y+z
(A)
= (x + y) + z
(K)
(A)
(K)
(A)
(K)
(A)
(K)
(A)
= (y + x) + z = y + (x + z)
Zuvor eine Hilfsdefinition. Der Kehrwert einer Zahl x ist diejenige Zahl y, für die
gilt:
(Kw) x · y = 1 .
Beispiel: der Kehrwert von 2 ist 0.5, weil 2 · 0.5 = 1 ist.
Der Kehrwert hat die folgenden drei Eigenschaften:
1. Null ist die einzige Zahl, die keinen Kehrwert besitzt, weil
0 · y = 0 6= 1
ist für alle Zahlen y. Die Bedingung (Kw) ist nicht erfüllbar.
2. Es gibt für jede Zahl x 6= 0 genau einen Kehrwert, d.h. nur eine einzige Zahl y
erfüllt x · y = 1 . Wir sprechen deshalb von dem Kehrwert.
Nachweis. Kennen wir zwei Kehrwerte y1 , y2 für dieselbe Zahl x, so gilt für
beide die Bedingung (Kw):
x · y1 = 1
und
x · y2 = 1 .
Die beiden Produkte sind also gleich und wir können weiter schließen:
x · y1 = x · y2
x · y1 − x · y2 = 0
x · (y1 − y2 ) = 0 .
| − x · y2
(D)
Die Multiplikation — die wir nach Voraussetzung gut kennen — hat die Eigenschaft, dass sie nur dann Null liefern kann, wenn ein Faktor Null ist. So erhalten
wir im nächsten Schritt zwei getrennte Bedingungen:
= y + (z + x) = (y + z) + x
= (z + y) + x = z + (y + x)
x = 0
= z + (x + y) = (z + x) + y
(K)
= (x + z) + y .
Analog sind beliebige Klammerungen möglich (wieso?):
((w + x) + y) + z
w + ((x + y) + z)
(w + x) + (y + z) .
(w + (x + y)) + z
w + (x + (y + z))
oder
y1 − y2 = 0 .
Die erste, x = 0, hatten wir aber oben zuerst ausgeschlossen, weil die Null keinen Kehrwert besitzt. Deshalb muss die zweite Bedingung erfüllt sein und wir
bekommen das Gewünschte:
y1 = y2 .
Auf diese Weise entsteht eine neue Regel, da y1 , y2 für ganze Formeln stehen
können. Für ein Beispiel siehe 2.7.3.
3. Ist y der Kehrwert von x, so ist x der Kehrwert von y.
2.5 Definitionen
Eine Definition ist eine Regel, die durch eine Begriffsbildung entsteht.
Beispiel: Angenommen, wir können noch nicht dividieren, nur multiplizieren. Wie
können wir die Division definieren?
15
Nachweis. Ist y der Kehrwert von x, gilt (Kw): x · y = 1 . Wir zeigen, dass x der
Kehrwert von y ist, indem wir wieder (Kw) berechnen, diesmal mit vertauschten
Rollen:
(K)
(Kw)
y·x = x·y = 1 .
16
4. Um anzuzeigen, dass der Kehrwert von x abhängt, schreiben wir ihn als
statt y. Die Regel (Kw) wird dadurch zu
(Kw)
x·
1
= 1
x
Diese Regel macht aus einem inhaltlichen Zusammenhang (zwischen
den vier Strecken) einen formalen Zusammenhang (zwischen den vier
Variablen). Dadurch können wir mit realen Größen rechnen.
1
x
für x 6= 0 .
Achtung: die Schreibweise mit dem Bruchstrich ist die allgemein übliche. Sie
meint hier aber die reine Syntax (Schreibweise), keine Division. Die wollen wir
damit ja erst definieren.
Mit Hilfe des Strahlensatzes lassen sich z.B. Höhen berechnen, die nicht gemessen werden können:
Thales2 bestimmt die Höhe der Cheops-Pyramide.
Mit Hilfe dieses Begriffes können wir nun die allgemeine Division definieren:
Thales
5. Definition der Division zweier Zahlen x, y als sog. Bruch:
(Div)
x
1
:= x ·
y
y
h
für y 6= 0 ,
:=
lies: x geteilt durch y ist gleich x mal Kehrwert von y.“ Das Zeichen ‘:=
:=’ be”
deutet, dass der Seite des Doppelpunkts die andere Seite als Bedeutung zugewiesen wird. Es steht nur einmal in der Definition, nicht in der späteren Verwendung. Beispiel:
Beispiel
oben
3 (Div)
1
= 3·
= 3 · 0.5 = 1.5 .
2
2
Anmerkung: dieses Zeichen kommt mitunter auch umgekehrt als ‘=:’ vor. Das
passiert, wenn am Ende einer Überlegungskette ein neuer Begriff oder eine neue
Schreibweise hervor geht.
2.6 Formalisierungen
Eine Formalisierung ist eine Regel, die einen inhaltlichen Zusammenhang formal
ausdrückt.
1. Beispiel Strahlensatz.
a2
a1
=
b1
b2
(StS)
S
H
h
h
=
⇔ H = S· .
s
S
s
a
2. Beispiel erste binomische Formel.
b
a2
a
ab
(1BF) (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 .
b
ba
b2
Das Quadrat mit Flächeninhalt (a + b)2 zerfällt in 4 Teile der Größen a2 , ab,
ba und b2 (vergleiche 1.6). Die beiden Rechtecke sind symmetrisch zueinander
(gestrichelte Symmetrieachse) und haben deshalb denselben Flächeninhalt, d.h.
ba = ab . Also gilt:
(a + b)2 = a2 + ab + ba + b2 = a2 + 2ab + b2 .
Die Strecken a1 , a2 sind parallel,
dann ist
(StS)
s
Cheops-Pyramide
H
Auch diese Regel drückt einen inhaltlichen Zusammenhang formal aus.
a1
.
2.7 Abkürzungen
a2
b2
Der Winkel zwischen den Strahlen
spielt keine Rolle.
17
b1
Eine Abkürzung ist eine Regel, die die Anwendung anderer Regeln zusammen fasst.
Sie beschleunigt die Regelanwendung, weil wir den abgekürzten Weg“ nicht mehr
”
gehen oder überhaupt kennen müssen.
2 Thales
von Milet, ca. 625–547 v. Chr., griechischer Mathematiker und Philosoph
18
Also erfüllt das Produkt 1x · 1y ebenfalls die Kehrwertbedingung (Kw) für die
Zahl x·y . Wir kennen damit zwei Kehrwerte des Produkts und wissen aus 2.5.2,
dass diese gleich sind:
Beispiele:
1. Distributivregel für drei Summanden.
=
=
=
=
w · (x + y + z)
w · ((x + y) + z)
w · (x + y) + w · z
(w · x + w · y) + w · z
w·x+w·y+w·z .
(A)
(D)
(D)
(A)
Wir notieren nur Anfang und Ende dieser Kette als neue Regel:
(D3)
w · (x + y + z) = w · x + w · y + w · z .
2. Summe zweier gleichnamiger Brüche.
x y
+
z z
1
1
= x· +y·
z
z
1
= (x + y) ·
z
x+y
=
.
z
(Div) für z 6= 0
(D)
(Div)
Auch diese Formelkette wird abgekürzt durch ihr Anfang und Ende:
(BA1)
x y
x+y
+ =
z z
z
für z 6= 0 .
ist nach Definition 2.5.5 der Kehrwert von x · y . Wir beobachten nun:
1 1
(x · y) ·
(A)
·
x y
1 1
(K)
·
= x· y·
x
y
1
1
= x·
·y ·
(A)
x
y
1
1
· y·
(Kw)
= x·
x
y
=
1
·
1
= 1.
19
1
1 1
= ·
x·y
x y
für x, y 6= 0 .
Mit Abkürzungsregeln können wir weitere erarbeiten, etwa die folgende:
4. Produkt zweier Brüche.
w y
·
x z 1
1
· y·
= w·
x
z
1
1
= w·
·y ·
x
z
1 1
= w· y·
·
x
z
1 1
·
= (w · y) ·
x z
1
= (w · y) ·
x·z
w·y
=
.
x·z
(Div) für x, z 6= 0
(A)
(K)
(A)
(BM1) ← Abkürzung
(Div)
Diese Formelkette lautet abgekürzt:
(BM2)
3. Kehrwert eines Produkts.
1
x·y
(BM1)
w y
w·y
· =
x z
x·z
für x, z 6= 0 .
2.8 Eigenschaften von Regeln
In den Beispielen 2.3 wird deutlich, dass Regeln mehr sind als ihre Formeln:
1. Eine Regel drückt einen Zusammenhang zwischen zwei Formeln aus. Sie zeigt
unmittelbar, welche Größen in diesen Zusammenhang eingehen und auf welche
genaue Weise.
Beispiel Strahlensatz (2.3.1). In ihn gehen nur bestimmte Strecken ein, nicht
alle. Der Winkel geht nicht ein.
Beispiel Satz des Pythagoras (a2 + b2 = c2 ). In ihn gehen die Seitenlängen a, b, c
eines rechtwinkligen Dreiecks ein, die beiden anderen Winkel nicht.
20
2. Eine Regel kann umgeformt werden. Dadurch sind Rückschlüsse auf einzelne
Größen darin möglich.
2. Erste Erweiterung: n = 0 . Wenn x0 eine sinnvolle Potenz ist, so muss gelten:
x0 = x0 · 1
1
= x0 · x1 · 1
x
1
= (x0 · x1 ) · 1
x
0+1 1
= x
· 1
x
1 1
= x · 1
x
= 1.
Beispiel: Thales (2.3.1).
Beispiel Satz des Pythagoras. Wir können die Länge jeder Seite berechnen,
wenn wir die der anderen beiden kennen:
p
a = c2 − b2
3. Eine Regel erlaubt einen Austausch einer Formel oder Größe durch eine andere.
Dies erzeugt logischen Fortschritt und ist eine wichtige mathematische Technik.
Beispiele: siehe 2.7.
→ Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass Sie auch in Regeln denken. Sie sind die Werkzeuge zur
Arbeit mit Formeln.
2.9 Regeln als Werkzeuge
Angenommen, wir können nur multiplizieren, aber noch nicht potenzieren. Dann
können wir diese neue Rechenart durch bekannte Regeln aufbauen.
Es sei n ≥ 1 eine natürliche Zahl. Die n. Potenz der Zahl x ist definiert als
(Pot)
(P0)
(PM1)
ausrechnen
(Kw)
x0 = 1
für x 6= 0 .
3. Zweite Erweiterung: n < 0. Wir schreiben −n , um die Negativität deutlich
zu machen, und setzen darin natürliche Zahlen n ein. Wenn x−n eine sinnvolle
Potenz ist, so muss gelten:
n mal
Beispiel:
xn · x−n
= xn−n
(PM1)
ausrechnen
= x0
= 1.
(P0) für x 6= 0
Also erfüllt x−n die Kehrwertbedingung für xn und wir erhalten:
Wie können wir mit Potenzen rechnen? Wir brauchen neue Regeln.
1. Produkt zweier Potenzen mit gleichen Basen.
xm · xn
(Pot)
= (x · . . . · x) · (x · . . . · x)
| {z } | {z }
m mal
(A)
Auch diese einfache Gleichung ist also eine Abkürzungsregel:
xn := x · x · . . . · x .
| {z }
34 = 3 · 3 · 3 · 3 = 81 .
(Kw) für x1 6= 0
(A)
n mal
= x·...·x·x·...·x
|
{z
}
(Pot)
m + n mal
(PN)
x−n =
1
xn
für n ≥ 0, x 6= 0 .
→ Neue Begriffe werden in der Mathematik auf einfachen bekannten Begriffen aufgebaut. Die Regeln
dazu werden dann aus bekannten Regeln hergeleitet. Das Vorgehen in diesem Abschnitt werden Sie
oft wieder erkennen.
2.10 Aufgabe. (Übungen zur Anwendung von Regeln.)
2.11 Zusammenfassung
= xm+n ,
• In unserer Welt stehen viele Größen miteinander in einem quantitativen Zusammenhang. Eine Formel ist eine präzise Beschreibung für einen solchen Zusammenhang durch Rechenoperationen.
oder kurz:
(PM1) xm · xn = xm+n .
21
22
• In einer Formel spielen alle auftretenden Größen eine Rolle und alle nicht auftretenden keine.
• Eine Regel drückt einen Zusammenhang zwischen zwei Formeln kurz und präzise aus.
• Regeln haben verschiedene Herkunft, unterscheiden sich in der Art ihrer (formalen) Anwendung aber nicht.
• Regeln können mit Einschränkungen verbunden sein, z.B. x 6= 0 in (Kw). Diese müssen wir vor Anwendung der Regel immer prüfen bzw. ab dann in Kauf
nehmen!
• Eine Regel erzeugt logischen Fortschritt durch den Austausch einer Seite durch
die andere. Damit können wir neue Regeln herleiten.
3 Umformungen
Umformungen sind Regeln zur Arbeit mit Gleichungen. Es gibt auch Umformungen
für Ungleichungen, aber das führt hier noch zu weit.
3.1 Arten von Gleichungen
Das Gleichheitszeichen kann in vier Arten von Bedeutung vorkommen:
1. Regelanwendung: Fortgang einer Rechnung, den eine Regel erlaubt. Es wird
die linke Seite ersetzt durch die rechte. Beispiel:
3a 8
·
2 9a
(BM2)
=
3a · 8 (BE) 4
.
=
2 · 9a
3
Diese Bedeutung ist die normale“ und häufigste. Wir können die verwendeten
”
Regeln dazu schreiben, es ist aber nicht vorgeschrieben.
2. Definition: der Seite des Doppelpunkts wird eine neue, eigene Bedeutung zugewiesen, vgl. 2.5.5. Beispiel dort:
1
x
:= x · .
y
y
Diese Bedeutung machen wir immer durch den Doppelpunkt kenntlich.
3. Forderung: beide Seiten sind unabhängig voneinander und sollen durch Setzung von Variablen zur Übereinstimmung gebracht werden. Beispiel: für welchen Wert x ist x ◦C = x ◦F ? Ansatz mit der Umrechnungsformel 2.1.3:
5
· (x − 32) .
9
!
x =
Diese Bedeutung drückt eine Bedingung aus, die erfüllt werden soll. Das Ausrufezeichen wird oft weggelassen, obwohl es der Klarheit dienen würde. Ich
empfehle, es in der Formulierung eines Ansatzes immer zu schreiben.
4. Test: es wird geprüft, ob beide Seiten denselben Wert haben. Ergebnis ist ein
Wahrheitswert wahr oder falsch. Beispiel:
?
x · y = 1 (Kehrwertbedingung).
Diese Prüfung kann sich auf einzelne Werte beziehen oder auf eine Menge von
Werten:
• für x = 2, y = 0.5 ist das Ergebnis wahr.
• für x = 2, y = 3 ist es falsch.
23
24
• für y = 1x ist es wahr für alle x 6= 0 (x = 0 ist nicht zulässig); deshalb ist
(Kw) eine Regel.
• für y = x ist es falsch für die meisten x, also nicht für alle x 6= 0 wahr; es
gibt deshalb keine Regel x · x = 1 .
Diese Bedeutung Test kommt am zweithäufigsten vor. Eine Probe am Ende einer Wertberechnung ist ein typisches Beispiel. Ein Testergebnis kann für viele
Zwecke sinnvoll verwendet werden. Das Fragezeichen wird meist weggelassen,
obwohl es der Klarheit dienen würde. Ich empfehle, es immer dort zu schreiben,
wo ein Test zum ersten Mal schriftlich auftritt.
→ Ein Test ist im Grunde eine Rechenoperation mit dem Gleichheitszeichen als Operator. Wir
können damit den Begriff der Regel anders auffassen:
eine Regel ist ein Formelvergleich, der als Test immer wahr ergibt.
3.2 Eigenschaften von Umformungen
Wir wissen: eine Regel ist der Vergleich einer Formel mit einer anderen:
Regel
Formel 1 = Formel 2.
Hierbei bleiben die Werte der beiden Formeln immer gleich, denn das besagt die
Regel ja gerade.
Eine Umformung ist der Vergleich einer ganzen Gleichung mit einer anderen. Wir
⇔’ , lies äquivalent zu“:
notieren sie mit dem Zeichen ‘⇔
”
Umformung
Gleichung 1
⇔
Gleichung 2.
Dabei bleiben die Wahrheitswerte der beiden Gleichungen als Test immer gleich
(also nicht unbedingt wahr). Die Werte der beteiligten Formeln in den Gleichungen
können sich dabei verändern. Beispiel:
!
6x − 3 = 0
⇔ 6x = 3
⇔ x = 0.5 .
|+3
|÷6
Alle drei Gleichungen, aufgefasst als Test, sind nur beim Wert x = 0.5 wahr, sonst
falsch. Das liegt daran, dass die beiden Umformungen dieses Verhalten erhalten. Das
Lösen einer Gleichung beruht darauf, dass wir sie durch Umformungen in eine Gestalt bringen, in der die Lösung/en leicht abzulesen ist/sind. Weil die Umformungen
das Wahrheitswertverhalten erhalten, sind diese dann auch die Lösungen der Ausgangsgleichung.
25
Die Werte der Formeln links und rechts sind vor bzw. nach den Umformungen jeweils andere, wie wir z.B. durch Einsetzen von x = 1 sehen können.
Achtung: viele Umformungen müssen auf die Formelwerte in den Gleichungen achten! Evtl. müssen bestimmte Werte ausgeschlossen werden,
damit die Umformung korrekt ist. Das wird im Folgenden deutlich werden.
3.3 Bekannte Umformungen
Die bekanntesten Umformungen sind die folgenden. Die Variablen darin stehen für
beliebige Formeln.
1. Addition mit demselben Summanden:
x = y
⇔ x+z = y+z .
|+z
x = y
⇔ x−z = y−z .
|−z
Hier gibt es keine Einschränkung, x, y, z können beliebig sein. Dasselbe gilt für
die Subtraktion, da wir negative z addieren dürfen:
2. Multiplikation mit demselben Faktor:
x = y
⇔ x·z = y·z .
|·z
Hier gibt es eine wichtige Einschränkung: z 6= 0 . Null ist die einzige Zahl, die
das Testergebnis der Gleichung verändern kann: die falsche Gleichung 2 = 3
würde durch Multiplikation mit 0 zur wahren Gleichung 0 = 0 . Das darf nicht
passieren!
Dasselbe gilt für die Division, da z auch ein Kehrwert sein darf:
x = y
|·
1
für z 6= 0 (sonst nicht definiert)
z
1
1
⇔ x· = y·
(Div)
z
z
y
x
⇔
= .
z
z
Zwischen den letzten beiden Zeilen erfolgt streng genommen keine Umformung, sondern eine Regelanwendung auf beiden Seiten separat. Deshalb steht
vor (Div)“ kein ‘|’. Das ‘⇔’ vor der letzten Zeile ist trotzdem in Ordnung, weil
”
der Wahrheitswert ja erhalten wird.
26
3. Quadrieren:
2. Eine Gleichung mit Bruch. Aus der Aufgabenstellung ersehen wir direkt: es
muss x + 1 6= 0 sein und x − 1 6= 0, damit die beiden Formeln definiert sind.
Diese beiden Einschränkungen können nicht aufgehoben oder irgendwie überwunden werden und bleiben für den gesamten Lösungsweg gültig.
| ()2
x = y
⇔ x2 = y2 .
Auch hier gibt es eine Einschränkung: x und y müssen gleiches Vorzeichen
haben, d.h. xy ≥ 0 . Sonst kann das Testergebnis verändert werden: die falsche
Gleichung −2 = 2 würde durch Quadrieren zur wahren Gleichung 4 = 4 .
x2
= y2 .
Anmerkung: wenn x = y ist, dann gilt auch ohne diese Einschränkung
Aber eine Umformung muss in beide Richtungen korrekt sein. Wenn wir x, y
nicht kennen und nur x2 = y2 wissen, könnte auf der linken Seite auch x =
−y stehen. Um das auszuschließen, brauchen wir die Zusatzinformation glei”
che Vorzeichen“.
√
| ·
x = y
√
√
x = y.
Anmerkung: Quadrieren und Quadratwurzel sind im Grunde dieselbe Umformung, denn die Wurzel ist das Quadrieren in Richtung nach links gelesen. Die
Bedingung x ≥ 0 und y ≥ 0 reicht deshalb aus, weil dadurch x, y automatisch
gleiches Vorzeichen besitzen.
3.4 Anwendungen von Umformungen
1. Typische Auflösung einer einfachen Gleichung (aus 3.1.3):
⇔
⇔
⇔
⇔
| · 9 6= 0 → OK
(D)
| − 5x
| ÷ 4 6= 0 → OK
Diesen Wert setzen wir zur Probe ein in die Ausgangsgleichung:
? 5
9 · (−40 − 32)
−40 =
⇔ −40 = −40
Ergebnis: Lösung ist x = −40 .
(D)
| − 3x + 5
| ÷ 2 6= 0 → OK
→ OK.
Ergebnis: Lösung ist x = 4 .
Hier benötigen wir die noch stärkere Einschränkung x ≥ 0 und y ≥ 0 , da die
Wurzel sonst nicht definiert ist. Eine weitere Einschränkung ist nicht nötig.
x = 95 (x − 32)
9x = 5(x − 32)
9x = 5x − 160
4x = −160
x = −40 .
| · (x + 1)(x − 1) 6= 0 → OK
Diesen Wert setzen wir zur Kontrolle ein in die Ausgangsgleichung:
3
5
?
⇔ 1 = 1
=
4+1
4−1
4. Quadratwurzel:
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
5
3
=
x+1
x−1
5 (x − 1) = 3 (x + 1)
5x − 5 = 3x + 3
2x = 8
x = 4.
→ OK.
3. Eine Gleichung mit Wurzel. Hier gut aufpassen, welche Einschränkungen nötig
√
sind und was sie bewirken! Die Wurzel x ist nur für x ≥ 0 definiert. Außerdem dürfen die beiden Nenner nicht verschwinden, d.h. x+1 6= 0 und x−1 6= 0.
Da die linke dieser beiden Bedingungen bereits in der ersten (x ≥ 0) enthalten ist, müssen wir von Anfang nur die beiden anderen Einschränkungen voraus
setzen: x ≥ 0 und x − 1 6= 0.
√
√
x+1
x−1
=
| · (x + 1)(x − 1) 6= 0 → OK
x
+
1
x
−1 √
√
⇔ ( x + 1)(x − 1) = ( x − 1)(x + 1)
(D)
√
√
√
√
√
√
⇔ x x− x+x−1 = x x+ x−x−1 |−x x+ x+x+1
√
| ÷ 2 6= 0 → OK
⇔ 2x = 2 x
√
⇔ x = x
| ()2 gleiche Vorzeichen → OK
⇔ x2 = x
⇔ x = 1.
| ÷ x 6= 0 → Einschränkung!
Dieser Wert x = 1 ist zu prüfen gegen die getroffenen Einschränkungen:
1 ≥ 0
1 − 1 6= 0
→ OK
→ nein!
x = 1 ist also nicht Lösung. Gibt es deshalb keine?
Doch! Wir haben die weitere Einschränkung x 6= 0 machen müssen. Sie bedeutet aber nur, dass wir 0 im weiteren Lösungsweg nicht betrachten, weil ein
27
28
Umformungsschritt sie ausschloss. Sie bedeutet aber nicht, dass 0 keine Lösung
sein kann. Wir müssen x = 0 also noch extra betrachten und zur Probe in die
Ausgangsgleichung einsetzen:
√
√
0+1 ?
0−1
⇔ 1 = 1 OK.
=
0+1
0−1
Ergebnis: der ausgeschlossene Wert x = 0 ist tatsächlich die einzige Lösung.
Merke: die Einschränkungen einer Umformung beeinflussen nur
den Lösungsweg, nicht die Lösungsmenge!
Es gibt hier eine alternative Lösungsmöglichkeit, die keine neue Einschränkung
verursacht:
x2 = x
2
⇔ x −x = 0
⇔ x (x − 1) = 0
⇔ x = 0 oder x − 1 = 0 .
|−x
(D)
Produkt aufspalten
Wir machen uns die Eigenschaft der Multiplikation zu Nutze, dass sie nur dann
Null ergeben kann, wenn mindestens einer der Faktoren gleich Null ist. Wir bekommen zwei einfachere Gleichungen, die wir separat weiter verfolgen können.
Speziell hier ist nichts weiter zu tun: der Fall x − 1 = 0 war von Anfang an ausgeschlossen, sodass x = 0 als einzige Lösung verbleibt.
3.5 Aufgabe. (Übungen zu Umformungen.)
3.6 Zusammenfassung
• Eine Gleichung kann vier Arten von Bedeutung haben: Regelanwendung, Definition, Forderung, Test.
• Umformungen sind Regeln zur Ersetzung von Gleichungen. Dadurch können
wir diese auflösen.
• Umformungen lassen das Testverhalten einer Gleichung unverändert. Die Werte
der beteiligten Formeln dürfen sich dabei verändern.
• Manche Umformungen machen Einschränkungen, damit der Wahrheitswert garantiert gleich bleibt. Alles Nachfolgende gilt ggf. unter den gemachten Einschränkungen. Ausgeschlossene Werte sind dann extra zu prüfen.
29
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