Dr. Michael Freiherr v. Keyserlingk-Eberius Farbatlas Wildkrankheiten 353 Farbfotos 4 Inhalt 1 Parasiten 6 1.1 Endoparasiten (Innenparasiten) 6 1.1.1 Protozoen (Einzeller) 6 1.1.1.1 Kokzidiose 6 1.1.1.2 Toxoplasmose 7 1.1.1.3 Sarkosporidiose 9 1.1.1.4 Trichomonadose und Histomonadose 10 1.2 Trematoden (Saugwürmer) 13 1.2.1 Leberegelbefall (Fasciolose) 13 1.3 Cestoden (Bandwürmer) 16 1.3.1 Befall mit Echinococcus multilocularis (Kleiner Fuchsbandwurm) – Alveoläre Echinokokkose 17 1.3.2 Bandwurmfinnenbefall 19 1.4 Nematoden (Rundwürmer) 21 1.4.1 Spulwürmer (Askariden), Hakenwürmer (Ankylostomiden) 21 1.4.2 Magen-Darm-Strongyliden (MDS oder Magen-Darmfadenwürmer) 23 1.4.3 Lungenwurmbefall 26 1.4.4 Trichinellose (Trichinose) 28 1.5 Ektoparasiten (Außenparasiten) 30 1.5.1 Befall mit Räudemilben 30 1.5.2 Befall mit Haar- und Federlingen 34 1.5.3 Fliegenlarvenbefall 35 1.5.4 Zeckenbefall 37 1.5.5 Haut- und Rachendassellarvenbefall 40 1.5.6 Lausfliegenbefall 43 2 Bakterien 45 2.1 Brucellose 45 2.2 Tularämie 48 2.3 Pseudotuberkulose (Yersiniose) 51 2.4 Pasteurellose 54 2.5 Leptospirose 57 2.6 Staphylokokken-Infektion (Staphylokokkose) 60 2.7 Clostridiosen 62 2.7.1 Botulismus 62 2.8 Listeriose 64 2.9 Aktinomykose 65 2.10 Tuberkulose und Geflügeltuberkulose 68 2.11 Moderhinke 71 2.12 Salmonellose 73 2.13 Milzbrand 75 5 3 Viren 77 8.3 3.1 Tollwut (Rabies, Lyssa) 77 3.2 Klassische (Europäische) Schweinepest 80 8.3.1 Übersäuerung (Azidose) des Panseninhaltes 144 8.3.2 Schaumige Gärung (Tympanie) 146 3.3 Calici-Virusinfektionen der Hasen und Wildkaninchen (RHD, EBHS, „China-Seuche“) 83 9 Verletzungen 148 9.1 Straßenverkehr 148 3.4 Myxomatose 87 9.2 Schussverletzungen 152 3.5 Aviäre Influenza (Vogelgrippe) 89 9.3 Wilderei – Jagdfrevel 156 3.6 Vogelpocken 90 9.4 Rivalenkämpfe 165 3.7 Blauzungenkrankheit 92 9.5 3.8 Staupe 95 Verbrennungen und elektrische Energie (Blitzschlag und Freileitungen) 167 3.9 Leukose 97 9.6 Anflugverletzungen an Drahtzäune 173 4 Pilze 100 9.7 Fremdkörper 176 4.1 Aspergillose 100 4.2 Histoplasmose 103 10 5 Tumorerkrankungen 106 Merkmale, die eine amtliche Fleischuntersuchung erfordern, sog. Bedenkliche Merkmale 180 6 Anomalien und Missbildungen 116 Verdauungsstörungen 144 Service 201 7 Vergiftungen 128 8 Ernährungsschäden und Stoffwechselkrankheiten 138 Gesetzliche Grundlagen – Quellenangaben 201 Anleitung zum Verschicken von Untersuchungsmaterial 201 Anschriften von veterinärmedizinischen Untersuchungseinrichtungen in Deutschland 202 8.1 Abmagerung 138 Literaturhinweise 205 8.2 Eiweiß- und Fettstoffwechselstörungen 142 Bildquellen 205 Register 206 Impressum 208 45 2 Bakterien 2.1 Brucellose (Seuchenhaftes Verwerfen, Abort) Wesen der Erkrankung: Die Brucellose wird durch Bakterien hervorgerufen, die ein breites Wirtsspektrum haben und Erkrankungen bei nahezu allen Haus- und Wildtieren sowie dem Menschen entstehen lassen können. Hasen und Schwarzwild scheinen ein natürliches Erregerreservoir in der Wildbahn darzustellen. Erreger: Brucellen sind kokkoide Bakterien, die mit mehreren Arten bei Haus- und Wildtieren vorkommen. Sie sind vom Tier auf den Menschen übertragbar. Abb. 38 Hochgradig vergrößerte Hoden bei Brucellose, Hase. 46 Bakterien Abb. 39 Unverän- derter Hoden (oben, linkes Bild) im Vergleich mit einem bei einer Infektion mit Brucellen vergrößerten und – nach Eröffnen – vereiterten Hoden, Hase. Vorkommen: Wild: Hasen, Rot-, Reh-, Muffel-, Gams-, Schwarzwild, ferner bei Elch, Bison und Wapitihirsch. Haustiere: Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, Hund. Übertragung: Brucellen werden in großen Mengen mit dem Fruchtwasser, abortierten Feten und der Nachgeburt von infizierten Tieren ausgeschieden; ferner können sie mit der Milch oder über Kot und Urin in die Außenwelt gelangen. Die Infektion erfolgt über die Aufnahme kontaminierter Äsung, aber auch beim Saugakt über die Muttermilch. Weiterhin gelten eine Vielzahl von blutsaugenden Insekten als potentielle Überträger. Krankhafte Veränderungen: Am lebenden Tier: Können in der Regel nicht beobachtet werden. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium Abgeschlagenheit, Abmagerung und vermindertes Fluchtverhalten. Am toten Tier: Beim Hasen in erster Linie eitrige Hodenentzündungen, die ein- oder beidseitig auftreten und zu extremer Schwellung der Hoden führen können. Häsinnen zeigen eine eitrige Gebärmutterentzündung, oftmals mit abgestorbenen Früchten. Weiterhin können Eiterherde in Leber, Milz sowie in Lymphknoten und auch der Unterhaut nachgewiesen werden. Achtung: Die Brucellose ist als Zoonose vom Tier auf den Menschen übertragbar. Die Ansteckung erfolgt zumeist als Brucellose 47 Abb. 40 Vereiterte Kontakt- oder Schmierinfektion, wenn die Erreger beim Hantieren (Abbalgen, Zerwirken) mit infiziertem Wild über Hautverletzungen oder Schleimhäute aufgenommen werden. Erste unspezifische Krankheitsanzeichen sind eine hochfieberhafte Allgemeininfektion mit Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Erbrechen. Die chronische Form äußert sich in wellenförmig wiederkehrendem Fieber, Entzündung innerer Organe sowie Aborten bei Schwangeren. Beurteilung: Nachweislich erkrankte oder krankheitsverdächtige Tiere sind unschädlich zu beseitigen. Um Sicherheit bezüglich des Infektionsstatus im Besatz zu erhalten, empfiehlt sich die Einsendung an ein Untersuchungsinstitut. Bekämpfung: Die Bekämpfung einer schleichend verlaufenden Erkrankung gestaltet sich in der Wildbahn schwierig. Nach Erregerfeststellung im Besatz sollten Hasen nicht nur des eigenen, sondern auch der angrenzenden Reviere sorgfältig nach dem Erlegen auf die beschriebenen Organveränderungen untersucht und zur Bestätigung eines Verdachts zum Erregernachweis eingeschickt werden. Gebärmutter mit abgestorbener Frucht bei Brucellose, Häsin. 48 Bakterien 2.2 Tularämie (Hasen- oder Nagerpest) Wesen der Erkrankung: Der Erreger gehört zu einer für Abb. 41 Vergrö- ßerte Milz mit zahlreichen Eiterherden, links die ebenfalls vergrößerte Leber mit multiplen, graugelben Herden bei Tularämie, Hase. Tiere und Menschen hochinfektiösen Bakterienart mit einem breitgefächerten Wirtsspektrum. So wurde bisher weltweit bei etwa 120 Tierarten die Tularämie nachgewiesen. Erreger: Francisella tularensis mit mehreren Unterarten Vorkommen: Zahlreiche Nagerarten, insbesondere auch Hasen und Wildkaninchen sowie das Haarraubwild, zu deren Beutespektrum sie gehören; ferner landwirtschaftliche Nutztiere und Hunde, wenn auch diesbezüglich nur Tularämie 49 Abb. 42 Organ- wenige Fallberichte vorliegen. Darüber hinaus wurde der Erreger bei zahlreichen Wildvogelarten und dem Menschen nachgewiesen. Übertragung: Sie erfolgt direkt über Kontakt von Tier zu Tier, über die orale Aufnahme infizierter Beute(teile) und kontaminierte Äsung sowie über infizierte, blutsaugende Insekten, die die Erreger monatelang beherbergen können. Die unter guten Witterungsbedingungen vorkommende, sprunghafte Vermehrung von Kleinnagern, insbesondere Mäusen, soll das Infektionsrisiko vergrößern können. Krankhafte Veränderungen: Am lebenden Tier: Mattigkeit und mangelndes Fluchtverhalten wird bei Hasen und Wildkaninchen beschrieben, so dass diese Tiere leicht durch den Hund oder sogar per Hand gegriffen werden können. Am toten Tier: Je nach Krankheitsdauer treten unterschiedlich ausgeprägte Organveränderungen auf. Vor allem schwellung (Leber, Milz) und Abszessbildung (Nieren), Tularämie. 50 Bakterien Abb. 43 Geschwü- rige Hautveränderungen bei Tularämie, Mensch. Lymphknoten, Milz und Leber sind vergrößert und von zum Teil verkäsenden Eiterherden durchsetzt. Diese Organbefunde ähneln jedoch auch denen bei der Pseudotuberkulose, Pasteurellose und Staphylokokkeninfektion und lassen demzufolge keine präzise Diagnose zu, so dass die Einsendung an ein Untersuchungsinstitut unbedingt erforderlich ist. Achtung: Der Erreger der Tularämie ist auch für den Menschen ein hochinfektiöser Keim. Bereits geringste Bakterienmengen (10–50 Keime) sind für eine Infektion ausreichend, die bereits beim Abbalgen, Zerwirken oder auch nur beim Transport des Wildes durch Kontakt mit Haut oder Schleimhäuten sowie der Inhalation erregerhaltigen Mate-