Programmheft - spectaculum eV Hammelburg

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„Manager! Manager?“
Ist es nicht folgendes Bild, das viele von uns mit sich herumtragen?
„Im Sommer 2008 wurde die Kaste der Manager von der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) gegen öffentliche Kritik verteidigt. Der
Anlass: Die Siemens-Spitze zahlte Schmiergelder, bei der Telekom gab es
einen Schnüffelskandal, der Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel wurde vor
Fernsehkameras von einer Staatsanwältin abgeführt und wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe angeklagt – und die Öffentlichkeit begann,
über die Moral der Manager zu diskutieren.
Politiker, Bischöfe, Autoren von Leitartikeln, sogar Wirtschaftsjournalisten
und mittelständische Unternehmer gaben kritische Statements zum bunten
Treiben der Manager ab und fragten nach der charakterlichen Eignung für
Führungspositionen. Und da schrieb die FAS:
“Bitte aufhören mit dem Moralisieren,
Manager brauchen keine Moral”
(Aus: Petra Gerster, Christian Nürnberger, Charakter. Berlin 2010, S.17 ff)
Diese Vorstellung vom Manager wird an Stammtischen, in TVDiskussionen, in ungezählten Veröffentlichungen beschrieben und meist
emotional erörtert.
Um dieses Thema geht es in der spectaculum-Aufführung nicht!
Das Stück zeigt vielmehr Menschen, die arbeitslos sind. Es zeigt die
psychischen und sozialen Folgen dieses Schicksals, indem es die Gesetze
des globalen Arbeitsmarktes entlarvt und zwar am Beispiel von Personen,
die man landläufig nicht mit dem Thema Arbeitslosigkeit in Verbindung
bringt.
Durch die ungewohnte Perspektive entstehen komische, bisweilen skurrile
Szenen, die andererseits die Tragik der Situation verdeutlichen. Denn
obwohl die Zuschauer des Öfteren lachen werden, machen sich die
Personen nicht lächerlich. Die einst Mächtigen zappeln wie der Frosch, der
sich nicht aus dem Milchtopf befreien kann, der aber weiter strampelt in der
Hoffnung, dass aus der flüssigen Milch feste Butter werde.
Diese Manager trafen früher Entscheidungen ohne Emotionen, sonst
hätten sie nicht störungsfrei funktionieren können. Dabei ging sicher etwas
verloren – was nach der Entlassung erst in seiner Gänze deutlich wird.
Denn jetzt bleibt für diese Menschen, die sich überwiegend über ihre
Tätigkeit und Firma definierten, nur mehr eine schreckliche Leere.
Grußwort des Schirmherrn
Liebe Freunde von spectaculum,
sehr geehrte Gäste der Saalecker Schlossbühne,
mit TOP DOGS setzt spectaculum in diesem
Jahr einen neuen Akzent in der langen Tradition
von Freilufttheater am Hammelburger
Schlossberg.
Ein bekannter Autor, ein hochaktuelles Thema,
dargeboten von einer spielfreudigen
Schauspielerschar im Scheinwerferlicht der
Schlossbühne - was könnte an einem
Juniabend verlockender sein!
Gönnen Sie sich mit Freunden ein
interessantes, aufregendes kulturelles Erlebnis
im stilvollen Ambiente der Burganlage von
Schloss Saaleck.
Genießen Sie bei einem Glas Saalecker Wein
und kleinen regionalen Speisen die Atmosphäre
von Kunst und Geschichte, die seinesgleichen
sucht.
Einen angenehmen Aufenthalt wünscht Ihnen
Ernst Stross
Erster Bürgermeister
Zum Inhalt des Stückes
Urs Widmer beschreibt die Outplacement-Center:
“Outplacement-Büros sind eine amerikanische Erfindung
und leben von den Skrupeln der meisten Unternehmer,
hochkarätige und oft langjährige Mitarbeiter zu entlassen.
Kein oberster Boss feuert seine rechte Hand mit Vergnügen,
umso weniger, als jeder Konflikt, der aus der Entlassung
folgt, dem Ansehen der Firma schaden kann. Also
versuchen viele Unternehmer, die Wucht der Entlassung
abzufedern, indem sie dem Entlassenen bei der Suche nach
einem Job helfen. Dafür zahlen sie gut und gern 30 000
Euro und mehr. Ein Outplacement-Büro ist keine
Stellenvermittlung, unterstützt aber logistisch und (vor allem)
affektiv den Stellensuchenden …
(Denn) eine Entlassung löst immer einen Gefühlswirbel aus.
Auch und gerade die Gutbezahlten in Top-Jobs geraten aus
der Fassung. Sie, die Unersetzlichen, werden von einem
Tag auf den anderen nicht mehr gebraucht. Plötzlich
verlieren sie all die Symbole ihres Status´, deren Wichtigkeit
sie bis dahin gar nicht bemerkt hatten. Firmenkreditkarten,
Firmenauto, freier Zugang zu den VIP-Lounges in den
Flughäfen dieser Welt sind nur so lange Kinkerlitzchen, als
man über sie verfügt. Was aber, wenn einen die Kellner im
In-Lokal plötzlich so behandeln, als sei man der PizzaKuriere? Wer kann so etwas locker wegstecken? …
Jede und jeder versucht also die Kränkung der
Kündigung in den Griff zu kriegen: Die
Verlassenheits- und Vernichtungsängste klein zu halten, die Schatten
des sozialen Todes wegzuzaubern
sowie die Erkenntnis der eigenen
Verwundbarkeit“
(Theater Neumarkt Zürich:
Top Dogs, Entstehung – Hintergründe - Materialien)
Ein Tag im Outplacement Center “New Challenge Company” “NCC”:
die Abfolge der therapeutischen Maßnahmen
Szenentitel
Therapie / Thematik
Gipfelkonferenz
Einem Neuankömmling, ahnungslos und deshalb (zunächst
noch) selbstbewusst, werden die Grundprinzipien des NCC
erklär.t
Heute sind wieder
die Churchills
gefragt
Rollenspiel, das in dem Moment in einen emotionalen
Ausbruch umschlägt, als klar wird, dass unwillkürlich die
Realität nachgespielt wurde.
Die Schlacht der
Wörter
Aggressionsabfuhr. Die Arbeitslosen schlagen sich die
Begriffe um die Ohren, die sie in Arbeitsmarktberichten
ständig lesen, die sie früher selbst unreflektiert verwendet
haben.
Camp
Gruppentherapie: Jeder Klient berichtet davon, wie er seine
eigene Entlassung erlebt hat
Rollen- und Perspektivwechsel: Der psychisch völlig
gebrochene Kandidat muss als Chef auftreten und sich
selbst entlassen
Manöverkritik: In ihr offenbaren die Figuren ihre
Betroffenheit und ihre Verletzungen.
PAUSE
Blöde Kuh
Paartherapie: Die Ehepartner sollen im Dialog ihre
Erwartungen und Enttäuschungen erkennen, weshalb die
Rollen getauscht werden.
Träume
Die Teilnehmer berichten von ihren persönlichen Visionen
und Wunschvorstellungen, allesamt geprägt durch das
Erlebnis der Entlassung.
Die große Klage
Kampfübungen sollen der körperlichen Ertüchtigung
dienen und letztlich dem Aufbau eines neuen
Selbstwertgefühls.
Sie sind aber verknüpft mit einem Konglomerat aus
Firmennamen und Bibelzitaten, welche die Angst und
Hilflosigkeit der Betroffenen trotz aller gespielten Stärke
zeigen.
So bleiben nur noch die …
Märchen
… als manifeste Sehnsüchte der Menschen; sie gipfeln in
einer „Utopie vom Menschen“.
Abschied
Erfolg des NCC: Eine Klientin erhält einen neuen Job –
Wobei sich die Frage von selbst stellt, ob es sich hierbei um
ein Happy End handelt.
Eingeschoben zwischen einzelne Szenen sind Gangübungen, in denen den Top
Dogs das sichere Auftreten wieder beigebracht werden soll. – Das Ergebnis
erinnert aber eher an groteske Marionetten, die sich an den Drill gewöhnen und
sich anpassen sollen.
Claudia Albrecht-Schübel
zuvor Chefin des Caterings der Lufthansa
Dr. Sebastian Fickert
zuvor Projektleiter
Birgit Schreiber
zuvor Finanzanalystin
Horst Sollfrank
Dieter Moschinsky
zuvor Bereichsleiter Freizeitkultur
zuvor Personachef
Die Personen:
Die handelnden Figuren sind, wie bei der Uraufführung, nach den
Schauspielern benannt, die sie spielen.
Elisabeth Lamprecht
Sandra Eichelbrönner
zuvor Börsenmaklerin
Assistentin der NCC
Wolfgang Althoff
zuvor Bereichsleiter Finanzwesen
Stefania Eideloth
Assistentin der NCC
Anne Rauschmann
in zweiter Rolle: Frau von Horst Sollfrank
Psychologin, Projektleiterin /
Beraterin der NCC
Zeit und Ort der Handlung:
Heute und hier, d. h. innerhalb unserer
Gesellschaft, weshalb die Spieler auch
keine fiktiven (Bühnen-)Namen tragen.
Bühne:
der Aufbau der Bühne entspricht
diesem Gedanken: Die Handlung spielt
sich inmitten der Zuschauer ab.
Inszenierung / Regie
Werner Bergmann
Bühnenbild
Wolfgang Althoff
Souffleuse
Gertrud Bergmann
Frisuren / Schminken
Frisör Schnittpunkt:
Petra Richter und Team,
Eva Loewens
Technik
Holger Augsburg, Ralf Deinlein,
Nic Schultheis, André Wiese
Kostüme / Requisiten
Gertrud Bergmann
Kartenvorverkauf
Tourist Info Hammelburg
Getränke / Imbiss
Eberhard Kisslinger und Team
Zum Autor
und zu dem Erfolg seines Stückes
Urs Widmer,
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geboren 1938 in Basel
Studium der Germanistik, Romanistik und
Geschichte in Basel, Montpellier und Paris
Tätig als Verlagslektor, freier Autor, Literaturkritiker und
Übersetzer – Mitbegründer des Verlags der Autoren
Veröffentlicht Erzählungen, Hörspiele, Romane, Essays,
Theaterstücke – und erhält zahlreiche Literaturpreise
1996 Uraufführung Top Dogs
Der Autor beschreibt den Entstehungsprozess dieses Stückes
wie folgt:
„Wir begannen unsere Expedition (d.h. die Recherche zu diesem
Stück) in der Annahme, eine uns durchaus nahe Welt noch
etwas genauer kennenlernen zu wollen, und wir beendeten sie
mit dem Gefühl, einen unbekannten Kontinent bereist zu haben.
Ganz eigene Länder mit fremden Sitten und Gebräuchen. Wir
hatten uns mit einer neuen Sprache vertraut gemacht,
Schrecknisse und auch Tugenden kennengelernt, von denen wir
zuvor keine Ahnung hatten“.
(Dieter Wrobel: Top Dogs, Oldenbourg Interpretationen)
Top Dogs wurde 1996 in Zürich uraufgeführt, wo auch der Autor
heute lebt. Dieser vermerkt aber ausdrücklich: „Gewiss muss ein
Theater an einem anderen Ort, in einem anderen Land manche
Textstellen den dort gegebenen Verhältnissen anpassen“.
(Theater Neumarkt, a.a.O.)
Das Stück feierte riesige Erfolge auf allen bedeutenden
deutschen Bühnen. Der Grund liegt offensichtlich darin, dass es
einen Nerv der Zeit trifft und diesen mit Witz darstellt. „Und ein
klein wenig Schadenfreude ist beim Publikum natürlich auch
dabei: Schon tröstlich zu wissen, dass es „die da oben“ auch
jederzeit treffen kann“
(Urs Widmer, Top Dogs, Klappentext)
Urs Widmer erhielt für dieses Stück (neben vielen anderen
Auszeichnungen) den „3 sat – Innovationspreis“, den
„Mühlheimer Dramatiker – Preis“ und wurde 1997 von der
Zeitschrift Theater heute als Autor des Jahres
ausgezeichnet.
Angemessene Kleidung
Die Aufführungen finden auf einer Freilichtbühne statt, deren Zuschauerraum
nicht überdacht ist. Das sorgt einerseits für ein ganz besonderes Flair, hat aber
den Nachteil, dass der Zuschauer den Kapriolen des Wetters ausgesetzt ist.
Deshalb bitten wir unsere Gäste, ihre Kleidung der Witterung anzupassen.
Zuschauer, die Karten für die Reihen 1 – 8 besitzen, sollten bei schönem Wetter
ihre Sonnenbrille mitbringen.
Getränke und Imbiss
Vor der Aufführung bieten wir Ihnen einen Imbiss und Getränke an.
Während der Vorstellungen kein Ausschank – Wir bitten um Verständnis.
Nach der Aufführung laden wir Sie herzlich zu einem anregenden Gespräch –
gerne auch mit den Schauspielern – in den Felsenkeller ein (bei schönem
Wetter davor im Freien).
Toiletten
Die Toiletten für Damen und Herren finden Sie hinter dem Aussichtsturm über
den Innenhof des Schlosses. Ein schmaler Weg führt rechts des Turmeingangs
dorthin.
Zubringerbus
Um ein Verkehrschaos auf der engen und kurvenreichen Straße zum Schloss
Saaleck sowie hoffnungslos überfüllte Parkplätze dort zu vermeiden, bitten wir
Sie, nicht mit dem Auto den Schlossberg hoch zu fahren.
Ab dem Parkplatz Weihertorplatz bzw. ab dem Parkplatz Musikakademie wird
ein Bus die Zuschauer zur Schlossbühne bringen, der Fahrpreis beträgt 1 € pro
Fahrt.
Was geschieht bei schlechtem Wetter?
An jedem Spieltag wird um 17.30 Uhr entschieden, ob wir es wagen zu spielen.
Dabei sind wir mutig! Unter folgender Telefonnummer können Sie zwischen
17.30 und 18.30 Uhr erfragen, ob die Aufführung stattfindet oder nicht.
0170 / 6615957
Sollte eine Aufführung ausfallen, findet eine Ersatzvorstellung am 6. Juni 2011
um 19. 30 Uhr statt. Die gelösten Karten sind hierfür gültig. Wer den Ersatztermin nicht wahrnehmen kann, dem erstattet spectaculum natürlich die Kosten.
spectaculum dankt
Bürgermeister Ernst Stross und der Stadt Hammelburg, insbesondere der
Tourist-Info für die Übernahme des Kartenvorverkaufs,
dem Städtischen Bauhof für die Kultivierung des Geländes,
Herrn Martin Warmuth und dem Städtischen Weingut Hammelburg für die
Rücksichtnahme und die gute Zusammenarbeit,
Hannes Deinlein für Hilfe, wenn Not am Mann ist,
Lisa Schmitt für die Plakatgestaltung,
Peter Loewens als Fotograph der Aufführung,
Gartenbau und Floristik, Schlereth Paul, Inh. Christoph Schlereth, für Blumenund Pflanzenschmuck,
Heikes Blumenladen, für die Überlassung von Ausstellungsstücken,
Frisör Schnittpunkt, Petra Richter, für ausdrucksvolles Stylen und Gestalten der
Köpfe,
Bernhard Eichelbrönner für umfassende Unterstützung,
Allen Helfern von spectaculum, die in der Bewirtung, beim Aufbau der
Bühne und in irgendeiner Weiser im Vorfeld oder hinter den Kulissen
tätig sind – ohne euch würde keine Veranstaltung stattfinden!
Impressum:
Herausgeber:
Text:
Bilder und Layout:
spectaculum e.V.
Werner Bergmann
Christian Fenn
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