Inhaltsverzeichnis V.II Informationsmaterial 1. Infektionsgefährdung bei beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitsdienst und bei Pflegeberufen ................................ S. 2 2. Infektionsgefährdung beim beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen .......................................................... S. 15 3. Infektionsgefährdung beim beruflichen Umgang mit Tieren sowie bei Tätigkeiten im Freien und in entsprechenden Bereichen der Lebensmittelindustrie ................... S. 35 Literatur ........................................................................... S. 14, S. 34, S. 70 Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz www.lua.saarland.de Telefon: (0681) 8500-0 E-Mail: [email protected] Stand 01/2012 MUTTERSCH_30- Seite 1/70 Fax: (0681) 8500-1384 Infektionsgefährdung bei beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitsdienst und bei Pflegeberufen Allgemeiner Teil Werdende Mütter sind bei beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege erhöhten Infektionsgefährdungen ausgesetzt. Hierdurch können sie und die Leibesfrucht ernsthaft akut oder chronisch erkranken bzw. durch die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen Schaden nehmen. Beim Umgang mit kontaminierten verletzungsträchtigen Instrumenten und bei invasiven Tätigkeiten besteht ein erhöhtes Risiko einer Infektion. Studien haben aktuell gezeigt, dass dieses Risiko durch Verwendung stichsicherer Systeme zwar reduziert, aber nicht ausreichend beseitigt werden kann. Deshalb ist weiterhin ein Beschäftigungsverbot für diesen Bereich erforderlich. Grundsätzlich darf eine werdende Mutter keinen Kontakt zu Patienten mit Fieber unklaren Ursprungs oder mit Durchfallerkrankungen haben. Bei Patienten mit bereits gesicherten Infektionskrankheiten ist unter Berücksichtigung der Ansteckungswege, der Risikogruppe nach BioStoffV und der Abwehrlage der werdenden Mutter ihr Einsatz im Einzelfall zu entscheiden. Einzelheiten dazu sind mit dem/der zuständigen Betriebsarzt/ärztin zu klären. Nach Teil 2 des Anhangs der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedW) (www.gesetze-im-internet.de/arbmedvv/index.html) hat der Arbeitgeber für Beschäftigte in „Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen, insbesondere von Kindern, sowie in Forschungseinrichtungen und Laboratorien bei Tätigkeiten mit bestimmten in Spalte 1 aufgeführten biologischen Arbeitsstoffen unter in Spalte 3 definierten Expositionsbedingungen" arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und ihnen ggf. entsprechende Impfungen anzubieten. Impfungen während der Schwangerschaft sind in der Regel nicht möglich, mit Ausnahme der Influenzaimpfung. Die Durchführung von Pflichtuntersuchungen ist Voraussetzung für die Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung mit der entsprechenden Tätigkeit. Im Folgenden werden Ausführungen zu einigen für diesen Bereich relevanten Infektionserkrankungen, möglichen Impfungen und zur postexpositionellen Prophylaxe (PEP) gemacht. Mehr zu Krankheiten und zu aktuellen Impfempfehlungen findet sich auf den Internetseiten des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de). Bezüglich der typischen „Kinderinfektionskrankheiten" wird auf Kapitel E.V.2 verwiesen. MUTTERSCH_30- Seite 2/70 Anhang E E V/1 I. Zytomeqalie (Humanes Cytomeqalovirus - HCMV) 1. Erreger Das Zytomegalievirus ist ein DNA-Virus, das zur Gruppe der Herpesviren gehört. Es wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Zytomegalievirus ist weltweit verbreitet. In Entwicklungsländern sind bis zu 100 % der Bevölkerung infiziert, in den Industriestaaten zwischen 40 % und 70 %. Die Durchseuchung der Bevölkerung der Industriestaaten erfolgt zweiphasig: Ein erster Gipfel wird in den ersten zwei bis drei Lebensjahren durch Infektionen während oder kurz nach der Geburt erreicht, so dass bis zum 6. Lebensjahr 5 % bis 30 % der Kinder durchseucht sind. Zu einem zweiten Erkrankungsgipfel kommt es durch Sexualkontakte zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Das Virus gelangt in den Körper: über Schleimhautkontakte mit Urin, Speichel, Tränen, Muttermilch, Vaginalsekret, Blut u. a., durch Übertragung auf die Leibesfrucht während der Schwangerschaft bzw. der Geburt, beim Stillen über die Muttermilch oder parenteral (über Blut oder Organtransplantationen). 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt vier bis acht Wochen. Danach wird das Virus in Urin, Speichel, Muttermilch, vaginalen Sekreten und Samen ausgeschieden. Jede Person mit einer HCMV-Infektion - auch einer ohne Krankheitszeichen - kann das Virus übertragen. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist zeitlich schwer eingrenzbar, da es sowohl bei Erstinfektionen als auch bei Reaktivierungen zur Virusausscheidung kommt, die über Monate bestehen bleiben kann. Die Infektion von Neugeborenen führt im Allgemeinen zur stärkeren und längeren chronischen Virusausscheidung als eine spätere Infektion. Kinder mit Abwehrschwäche scheiden das Virus länger und intensiver aus als gesunde Kinder. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Erst- und Reinfektionen bzw. Reaktivierungen verlaufen bei gesunden Menschen zumeist ohne Auftreten von Krankheitserscheinungen. Bei abwehrgeschwächten Menschen kann eine Infektion mit dem HCMV schwere Krankheitsbilder mit Fieber, Lymphknotenschwellungen, Leberentzündung, Hirnhautentzündung, Lungenentzündung u. a. auslösen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Etwa 1 % (0,3 % - 2,5 %) aller Neugeborenen ist mit dem Virus infiziert. Bei Erstinfektion der werdenden Mutter kommt es in 35 % bis 50 % der Fälle zu einer Übertragung auf die Leibesfrucht, bei einer Reaktivierung einer schon vor- MUTTERSCH_30- Seite 3/70 Anhang E E V/1 bestehenden Infektion nur in 0,2 % bis 2 % der Fälle. Bei der Zytomegalie handelt es sich somit um die häufigste angeborene Infektion. Bei etwa 7 % bis 10 % der infizierten Säuglinge kommt es zu einer Erkrankung mit z. T. bleibenden Schäden (z. B. geistige Retardierung, Schwerhörigkeit bis zur Taubheit, Bewegungsstörung), an deren Folge etwa 10 % der erkrankten Kinder versterben. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut oder Virusnachweis in Urin, Rachenabstrich, Blutkultur. Eine durchgemachte Erkrankung bietet keinen sicheren Schutz vor einer zweiten Infektion mit einem anderen Virustyp. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Es gibt zurzeit keinen Impfstoff. PEP: Die Gabe von Immunglobulinen bzw. von antiviral wirksamen Substanzen ist möglich. Das Vorgehen ist im Einzelfall vom Arzt nach strenger Risikoabwägung zu entscheiden. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Da eine Schutzimpfung zurzeit nicht möglich ist, müssen alle werdenden Mütter besonders intensiv zu den Übertragungswegen (Vorsicht: Virusübertragung durch Urin, Speichel, Tränen und Blut) und den sich daraus ergebenden Hygienemaßnahmen beraten werden. Grundsätzlich sollten werdende Mütter vom Wickeln freigestellt werden, auch bei älteren, behinderten Kindern. Ob werdende Mütter ohne Antikörperschutz beruflichen Umgang mit Kindern bis zum dritten Geburtstag (d. h. dem vollendeten dritten Lebensjahr) haben dürfen, ist im Einzelfall zu klären. II. Virusgrippe (Influenza) 1. Erreger Erreger der Influenza sind Orthomyxoviren, die in die Typen A, B und C unterteilt werden. Wegen der wechselnden Eigenschaften der Erreger und der Gefahr der Entstehung von Epidemien ist ein Überwachungssystem auf nationaler und internationaler Ebene aufgebaut worden. Die Influenza-Viren werden nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Influenzavirus-Infektionen sind weltweit verbreitet. Die Krankheit kann sporadisch, geografisch begrenzt und epidemisch auftreten, wobei sich die einzelnen Epidemien deutlich in ihrem Schweregrad voneinander unterscheiden. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung der Influenzaviren erfolgt vorwiegend durch Tröpfchen, die ausgeatmet bzw. ausgehustet werden. Die Ansteckungsrate ist hoch. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt im Allgemeinen 1 - 2 Tage, kann aber bis 4 Tage dauern. MUTTERSCH_30- Seite 4/70 Anhang E 5. E V/1 Dauer der Ansteckungsfähigkeit Bei der saisonalen Influenza beträgt sie im Allgemeinen 3 - 5 Tage ab Auftreten der ersten Symptome, kann aber bis zu 7 Tagen andauern und in seltenen Fällen sogar länger sein. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Der Verlauf der Erkrankung variiert stark und kann von geringen Symptomen bis zu schwersten tödlichen Verläufen reichen. Häufig ist die Erkrankung durch plötzlich auftretendes hohes Fieber über 39° C, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Schweißausbrüche, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und trockenen Reizhusten gekennzeichnet. Komplikationen können in jedem Lebensalter auftreten, betreffen jedoch vorrangig Personen mit Grundkrankheiten. Eine gefürchtete Komplikation ist die primäre Lungenentzündung, die bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen innerhalb weniger Stunden zum Tod führen kann. Relativ häufig entwickelt sich eine Lungenentzündung durch zusätzliche bakterielle Besiedelung. Weitere Komplikationen können Gehirnhautentzündung und Herzmuskelentzündung sein. 7. Risiken während der Schwangerschaft Fehlbildungen der Leibesfrucht sind bislang nicht eindeutig bewiesen. Bei Schwangeren gilt, dass das Risiko einer schweren Influenzaerkrankung mit voranschreitender Schwangerschaft steigt (RKI). 8. Diagnostik In der Regel Bestimmung von Virusbestandteilen im Blut oder im Rachenabstrich. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gegenüber der saisonalen Influenza gehört die Schutzimpfung, die jährlich - vorzugsweise in den Monaten September bis November - durchgeführt werden sollte. Im Falle einer drohenden Epidemie ist eine Impfung auch zu einem anderen Zeitpunkt möglich und sinnvoll. Gesunde Menschen sind dadurch i. d. R. weitgehend geschützt. Wegen der wechselnden Eigenschaften des Virus erscheint jedes Jahr ein aktualisierter Impfstoff. Zielgruppen der Impfung sind laut der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut u. a. Personen, die durch ihren Beruf in erhöhtem Maß einer Infektion ausgesetzt sind oder selbst durch ihre Tätigkeit die Infektion auf andere übertragen können, z. B. Beschäftigte in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege mit Kontakt zu Patienten oder infektiösem Material und in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr. Die STIKO empfiehlt seit dem Jahr 2010, alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem 1. Trimenon zu impfen. PEP: Es bestehen verschiedene Behandlungsansätze, die jedoch nur zum Teil bei werdenden Müttern durchgeführt werden können. MUTTERSCH_30- Seite 5/70 Anhang E E V/1 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei regionalen Epidemien (siehe www.influenza.rki.de/agi und zuständige Landesbehörde) größeren Ausmaßes und ggf. bei Ausbruch der Erkrankung in der Einrichtung ist für nicht geimpfte werdende Mütter ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Liste E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). IM. Hepatitis A 1. Erreger Hepatitis A wird durch das Hepatitis A-Virus (HAV) verursacht. Es handelt sich um ein RNA-Virus aus der Familie der Picornaviren. Die Virusvermehrung erfolgt wahrscheinlich ausschließlich in den Leberzellen. Der Erreger wird über den Darm ausgeschieden. Charakteristisch für das HAV sind seine ausgeprägte Umweltstabilität, hohe Thermostabilität und hohe Desinfektionsmittelresistenz. Nach BioStoffV wird das Virus in Risikogruppe 2 eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Verbreitung erfolgt weltweit. In Entwicklungsländern ist die Durchseuchung sehr hoch. Der Anteil der „Reisehepatitis" in Deutschland wird auf 50 % geschätzt. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung erfolgt gewöhnlich fäkal-oral (Aufnahme über den MagenDarm-Trakt) durch Kontakt- oder Schmierinfektion entweder auf direktem Weg mit Erregern, die mit dem Stuhl ausgeschieden wurden oder indirekt durch verseuchte Lebensmittel (besonders häufig Muscheln oder Austern sowie fäkalgedüngtes Gemüse und Salate) oder Gebrauchsgegenstände, über verseuchtes Trinkwasser oder Badewasser. Ausbrüche betreffen deshalb überwiegend Kindereinrichtungen und Schulen oder werden geografisch lokalisiert beobachtet. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit liegt zwischen 15 und 50 Tagen (im Durchschnitt 25 bis 30 Tage). 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Erkrankte Personen sind ein bis zwei Wochen vor und bis zu einer Woche nach Auftreten der Gelbsucht ansteckend. Auch bei Verläufen ohne Gelbsucht und ohne typische Krankheitszeichen muss mit einer Ansteckungsfähigkeit gerechnet werden. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Die HAV-Infektion verläuft meist ohne typische Krankheitszeichen und Komplikationen. Ein Übergang in chronische Formen wird nur ausnahmsweise beobachtet. Die Krankheit beginnt mit unspezifischen Magen-Darm-Beschwerden und allgemeinem Krankheitsgefühl. Im weiteren Verlauf kann es zur Gelbsucht mit Lebervergrößerung kommen. Bei insgesamt 0,01 % bis 0,1 % der Patienten kommt es zu schwersten akuten Verläufen, deren Häufigkeit mit dem Alter ansteigt und die insbesondere bei MUTTERSCH_30- Seite 6/70 Anhang E E V/1 Vorgeschädigten (z. B. Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C) zu beobachten sind. 7. Risiken während der Schwangerschaft Bei werdenden Müttern kann die HAV-Infektion wegen der Übertragbarkeit auf die Leibesfrucht zum Abort, zur Früh- sowie zur Totgeburt führen1. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Durchgemachte Erkrankungen führen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Danach hat er u. a. für Beschäftigte in Einrichtungen für behinderte Menschen und auf Kinderstationen bei Tätigkeiten mit regelmäßigem Kontakt mit Stuhl im Rahmen der Pflege von Kleinkindern sowie der Betreuung von behinderten Menschen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Hepatitis A zu veranlassen und ihnen ggf. eine entsprechende Impfung anzubieten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut eine Hepatitis-A-Impfung für u. a. folgenden Personenkreis: HA-gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst (inkl. Küche, Labor, technischer und Reinigungs- bzw. Rettungsdienst) Personal in Kindertagesstätten, Kinderheimen (inkl. Küche und Reinigung) u. ä., Personal in psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte sowie in Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime PEP: Die Gabe eines schützenden Immunglobulins ist im Einzelfall vom Arzt zu entscheiden. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter ohne Antikörperschutz müssen zur Hygiene besonders unterwiesen werden. Die Übertragung des Erregers kann weitgehend durch das konsequente Vermeiden einer fäkal-oralen Schmierinfektion, vor allem also durch das Tragen von Handschuhen bei potenziellem Kontakt mit Ausscheidungen und durch eine effektive Händehygiene, d. h. Desinfektion mit einem geeigneten Händedesinfektionsmittel, vermieden werden. MUTTERSCH_30- Seite 7/70 Anhang E E V/1 IV. Hepatitis B (zusätzlich Hepatitis D) 1. Erreger Hepatitis B wird durch das Hepatitis B-Virus, ein kleines DNA-Virus aus der Familie der Hepadnaviren hervorgerufen. Das Virus wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingeordnet. Das Hepatitis D-Virus, ein Delta-Virus auch der Risikogruppe 3**, kann sich als defektes Virus nur bei gleichzeitigem Vorhandensein des Hepatitis B-Virus vermehren und damit eine Erkrankung hervorrufen. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Hepatitis B-Virus ist weltweit verbreitet mit hoher Durchseuchung in Entwicklungsländern und speziellen Risikogruppen (z. B. Drogenabhängige, Homosexuelle, Dialysepatienten). Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten, wobei 5 % bis 7 % der Weltbevölkerung chronisch infiziert sind. In Deutschland stellt die Hepatitis B weiterhin, obwohl eine Schutzimpfung möglich ist, die häufigste berufsbedingte Erkrankung dar. Eine zusätzliche Infektion mit dem Hepatitis D-Virus ist in Deutschland selten. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Es handelt sich bei der Hepatitis B um eine sehr ansteckende Erkrankung, bei der bereits kleinste Mengen von erregerhaltigem Blut zur Infektion führen können, wenn dieses - auch über kleinste - Verletzungen der Haut oder Schleimhaut in den Körper gelangt. Der Erreger findet sich jedoch in geringeren Konzentrationen auch in Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma, Vaginalsekret und Muttermilch. Daraus ergeben sich folgende Übertragungswege: parenteral (Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn) über Nadelstichverletzungen, Transfusionen, Verletzungen, von der Mutter während der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht, während der Geburt auf das Neugeborene oder durch Stillen, über ungeschützten Geschlechtsverkehr. Körperkontakte im alltäglichen sozialen Miteinander sowie die gemeinsame Benutzung sanitärer Einrichtungen stellen kein Infektionsrisiko dar. Die Hepatitis D hat die gleichen Übertragungswege und kann sich in seltenen Fällen auf eine bestehende Hepatitis B aufpfropfen. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 40 bis 200 Tage, im Durchschnitt 60 bis 90 Tage. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit ist abhängig von der Viruskonzentration im Blut (Virämie) und besteht bei chronischen Verläufen u. U. lebenslang. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Bei der Hepatitis B-Infektion kommt es zu akuten und chronischen Leberentzündungen mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Krankheitsverläufen. Sie beginnt mit unspezifischen Symptomen wie z. B. Gelenkschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen. Bei einem Drittel der Erkrankten kommt es dann zu der typischen Gelbsucht. Aus ca. 5 % bis 10 % der akuten Fälle entwickelt sich eine chronische Verlaufsform, mehr als 90 % heilen vollständig aus. Häufig entsteht MUTTERSCH_30- Seite 8/70 Anhang E EV/1 die chronische Hepatitis, ohne dass vorher eine Erkrankung bemerkt wurde. Sie kann zur Leberzirrhose und zu einem Leberzellkarzinom führen. Eine zusätzliche Hepatitis D-Infektion führt zu besonders schweren Verläufen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Hepatitis B-Virus-infizierte Frauen können das Virus vor oder während der Geburt in bis zu 95 % auf ihr Kind übertragen; durch prophylaktische Maßnahmen können 90 % dieser Infektionen verhindert werden. Angeborene oder kurz nach der Geburt erworbene Hepatitiden beim Kind verlaufen besonders oft chronisch. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern bzw. Virus-Nachweis im Blut. Eine ausgeheilte Hepatitis B-Virusinfektion hinterlässt eine lebenslange Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Danach hat er in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen und Betreuung von behinderten Menschen einschließlich der Bereiche, die der Versorgung bzw. der Aufrechterhaltung dieser Einrichtungen dienen sowie im Notfall- und Rettungsdienste arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Hepatitis B zu veranlassen und ggf. eine Impfung anzubieten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut diese Impfung für u. a. folgenden Personenkreis: HB-gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst (inkl. Labor, technischer Reinigungs-/Rettungsdienst) sowie Personal psychiatrischer Fürsorgeeinrichtungen/Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime, Durch Kontakt mit infiziertem Blut oder infizierten Körperflüssigkeiten Gefährdete, Auszubildende und Studenten andere Personen, mit möglichem Kontakt mit infiziertem Blut oder infizierten Körperflüssigkeiten (Gefährdungsbeurteilung), z. B. Müllentsorger, industrieller Umgang mit Blut(produkten), ehrenamtliche Ersthelfer, Polizisten, Sozialarbeiter und (Gefängnis-) Personal mit Kontakt zu Drogenabhängigen, durch Kontakt mit HBsAg-Trägern in einer Gemeinschaft (Kindergärten, Kinderheime, Pflegestätten, Schulklassen, Spielgemeinschaften) gefährdete Personen PEP: Eine PEP nach potenziellem Kontakt mit dem Hepatitis B-Virus ist möglich und im Einzelfall vom Arzt zu entscheiden. Näheres dazu ist den jeweils aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut zu entnehmen. MUTTERSCH_30- Seite 9/70 Anhang E E V/1 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr (invasive Tätigkeiten und Umgang mit kontaminierten verletzungsträchtigen Gegenständen) sowie Blutkontakt sind zu vermeiden. V. Hepatitis C 1. Erreger Hepatitis C wird durch ein RNA-Virus aus der Familie der Flaviviren hervorgerufen und nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Virus ist weltweit verbreitet mit hoher Durchseuchung in Entwicklungsländern und speziellen Risikogruppen (z. B. Drogenabhängige, Homosexuelle, Dialysepatienten). In Deutschland liegt die Durchseuchung der Bevölkerung bei mindestens 0,4 %. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Der Erreger findet sich hauptsächlich im Blut, jedoch in geringeren Konzentrationen auch in Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma, Vaginalsekret und Muttermilch. Die Infektion erfolgt meistens parenteral (Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn) über Nadelstichverletzungen, Transfusionen und Verletzungen. Das Übertragungsrisiko bei Nadelstichverletzungen ist geringer (um ca. eine Zehnerpotenz) als bei Hepatitis B. Andere Übertragungswege - von der Mutter während der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht, während der Geburt auf das Neugeborene, durch Stillen oder über ungeschützten Geschlechtsverkehr - sind deutlich weniger wahrscheinlich. Körperkontakte im alltäglichen sozialen Miteinander sowie die gemeinsame Benutzung sanitärer Einrichtungen stellen kein Infektionsrisiko dar. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 26 Wochen, im Mittel drei Monate. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit ist abhängig von der Viruskonzentration im Blut (Virämie) und besteht bei chronischen Verläufen u. U. lebenslang. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Bei der Hepatitis C-Infektion kommt es auch zu akuten und chronischen Leberentzündungen mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Krankheitsverläufen. Sie beginnt teilweise mit unspezifischen Symptomen eines Infektes. Bei einem Viertel der Erkrankten kommt es zu einer akuten, meist mild verlaufenden Leberentzündung, die nur selten mit einer Gelbsucht einhergeht. Etwa 75 % der Infektionen verlaufen primär ohne Krankheitszeichen. Jedoch kommt es in 50 % bis 80 % aller Infektionen zu einer chronischen Hepatitis. MUTTERSCH_30- Seite 10/70 Anhang E E V/1 7. Risiken während der Schwangerschaft Das Risiko der Übertragung des Hepatitis C-Virus von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft oder unter der Geburt ist geringer als bei Hepatitis B und beträgt abhängig von der Viruskonzentration im mütterlichen Blut 3 % bis 5 %. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern bzw. Virus-Nachweis im Blut. Inwieweit eine ausgeheilte Hepatitis C eine lebenslange Immunität hinterlässt, ist noch unklar. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Danach hat er in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen und Betreuung von behinderten Menschen einschließlich der Bereiche, die der Versorgung bzw. der Aufrechterhaltung dieser Einrichtungen dienen sowie im Notfall- und Rettungsdienste arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Hepatitis C zu veranlassen. Zurzeit sind weder Schutzimpfung noch PEP, lediglich eine frühzeitige Therapie nach einer Infektion, möglich. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr (invasive Tätigkeiten und Umgang mit kontaminierten verletzungsträchtigen Gegenständen) sowie Blutkontakt sind zu vermeiden. VI. HIV-Infektion (AIDS) 1. Erreger Die HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) wird durch zwei verschiedene Typen der humanen Immundefizienz-Viren (HIV-1 bzw. HIV-2), die zu den Retroviren gehören, hervorgerufen. Sie werden nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Viren sind weltweit verbreitet mit hoher Durchseuchung in Entwicklungsländern und speziellen Risikogruppen (z. B. Drogenabhängige, Homosexuelle). 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Hauptübertragungswege sind: parenteral (Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn) über Nadelstichverletzungen, Transfusionen, Verletzungen, von der Mutter während der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht, während der Geburt auf das Neugeborene oder durch Stillen, über ungeschützten Geschlechtsverkehr. Das Übertragungsrisiko bei Nadelstichverletzungen ist geringer (um ca. eine Zehnerpotenz) als bei Hepatitis C. Körperkontakte im alltäglichen sozialen Mit- MUTTERSCH_30- Seite 11/70 Anhang E E V/1 einander sowie die gemeinsame Benutzung sanitärer Einrichtungen stellen kein Infektionsrisiko dar. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt mehrere Wochen bis Monate. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit ist abhängig von der Viruskonzentration im Blut (Virämie) und besteht lebenslang. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Infektion mit dem HI-Virus führt zu einer Erkrankung des Immunsystems mit Schädigung der Lymphozyten, welche in verschieden Stadien verläuft. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Infektionsbereitschaft auch für Erreger, die normalerweise keine Erkrankung verursachen. Zudem wird das Nervensystem befallen. Das Vollbild der Erkrankung im letzten Stadium wird AIDS genannt. 7. Risiken während der Schwangerschaft Die HIV-Infektion der werdenden Mutter kann zu Frühgeburten führen. Das Risiko der Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf die Leibesfrucht beträgt 15 % bis 25 % und kann durch entsprechende Therapie auf unter 2 % gesenkt werden. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern bzw. Virus-Nachweis im Blut. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Eine Schutzimpfung ist zurzeit noch nicht verfügbar. PEP: Eine PEP nach potenziellem Kontakt mit dem HI-Virus muss zeitnah erfolgen (innerhalb von wenigen Stunden nach Verletzung) und wird in spezialisierten Zentren und Praxen abhängig von der Infektionswahrscheinlichkeit entschieden und ggf. durchgeführt. Konkrete Hinweise zur Vorgehensweise gibt das Robert-Koch-Institut. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr (invasive Tätigkeiten und Umgang mit kontaminierten verletzungsträchtigen Gegenständen) sowie Blutkontakt sind zu vermeiden. VII. Tuberkulose 1. Erreger Es handelt sich um stäbchenförmige, säurefeste Bakterien (Mykobakterien) aus der Familie der Mycobacteriaceae. Davon sind sechs Arten für den Menschen relevant, wobei die meisten Infektionen durch Mycobacterium tuberculosis verursacht werden, das nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingeordnet wird. MUTTERSCH_30- Seite 12/70 Anhang E E V/1 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Tuberkulose (Tbc) ist weltweit verbreitet mit hoher Durchseuchung in Entwicklungsländern. Besonders betroffen sind die afrikanischen Länder südlich der Sahara, der Süden und Osten Asiens und zunehmend die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Die Tbc ist heute weltweit die häufigste zum Tode führende Infektionskrankheit und die führende Todesursache bei HlV-Infizierten. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Infektion erfolgt fast immer durch feinste Exspirationströpfchen (Aerosole), die insbesondere beim Husten und Niesen freigesetzt werden. Insbesondere Patienten mit einer offenen Lungen-Tbc (der Krankheitsherd hat einen Anschluss an die Luftwege) husten große Erregermengen ab und stellen damit die Hauptinfektionsquellen dar. Andere Organtuberkulosen sind selten ansteckend. Die Ansteckungsrate ist abhängig von der Häufigkeit und Intensität des Kontaktes, der Menge der inhalierten Erreger und der Empfänglichkeit der exponierten Person. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt im Durchschnitt 6 - 8 Wochen. Nur ein Teil der Infizierten erkrankt tatsächlich an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist abhängig von der Erregerkonzentration im Atemtrakt. Unter einer wirksamen Behandlung sind Patienten nach zwei bis drei Wochen meist nicht mehr infektiös. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Tbc manifestiert sich bei etwa 80 % der Erkrankten als Lungen-Tbc, kann aber jedes Organ (Knochen, Gelenke und Nieren) befallen. Dementsprechend vielgestaltig präsentiert sich die Erkrankung. Die Erkrankung beginnt oft mit Appetitmangel, Müdigkeit, allgemeiner Schwäche, Fieber und vermehrtem, typischerweise nächtlichem Schwitzen. Dazu kommen Atembeschwerden und Husten. Der weitere Verlauf ist von vielen Faktoren abhängig. Komplikationen können an der Lunge und an anderen Organen auftreten. Bei Kleinkindern und abwehrgeschwächten Personen (u. a. HlV-Infizierten) kann es zu schwersten Krankheitsverläufen u. a. mit Hirnhautentzündung kommen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Das Risiko für die Leibesfrucht ergibt sich aus der Schwere der mütterlichen Erkrankung und den Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung. 8. Diagnostik und Immunität Die Diagnostik der Tbc erfolgt über spezielle Haut-Tests, Röntgen-Aufnahmen und Untersuchung von Sputum, Magensaft, Urin und anderen Körpersekreten auf den Erreger. Dabei kommen verschiedene Methoden zur Anwendung. Daneben existieren seit 2005 auch immunologische Testverfahren, die mittels einer Blutprobe im Labor durchgeführt werden (Interferon-Gamma Release Assays, IGRA). MUTTERSCH_30- Seite 13/70 Anhang E 9. EV/1 Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach der Biostoffverordnung sind auch bzgl. dieser Erreger für bestimmte Bereiche arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen vom Arbeitgeber zu veranlassen. Eine Impfung mit dem derzeit verfügbaren BCG-Impfstoff wird von der STIKO nicht empfohlen. Nach Kontakt zu infektiösen Patienten werden engmaschige Kontrolluntersuchungen und dann ggf. eine Behandlung durchgeführt. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Patienten ausgesprochen werden. Literatur: Die Informationen zu den verschiedenen Infektionskrankheiten wurden den jeweiligen Schriften des Robert Koch Instituts entnommen. 1 F. Hofmann, Wuppertal u. R. Jäckel, Berlin, Merkblättern Biologische Arbeitsstoffe, ecomed Verlag 2 Hoeprich, PD., Jordan, M., C, Ronald. A. R., Infectious Diseases, J. B. Lippincott Company 1994 3 Hahn, H., Falke, D., Kaufmann, S. H. E., Ullmann, U., Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1999 MUTTERSCH_30- Seite 14/70 Anhang E E V/2 Infektionsgefährdung beim beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen Allgemeiner Teil Werdende Mütter sind beim beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen erhöhten Infektionsgefährdungen ausgesetzt. Dies geht z. B. aus dem Merkblatt für Ärzte, Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen und Gesundheitsämter des Robert-Koch-Instituts „Empfehlungen für die Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen" http://www.rki.de hervor (s. auch Kapitel E.V.7 - Liste zu Wiederzulassungsfristen nach bestimmten Infektionskrankheiten). Viele dieser Erkrankungen verlaufen im Erwachsenenalter deutlich schwerer als in der Kindheit und können daher eine ernste Gefahr für die werdende Mutter oder die Leibesfrucht darstellen. Bei Tätigkeiten im Freien, insbesondere in Waldkindergärten, sind auch die unter TOP E.V.3 genannten Infektionsgefährdungen zu beachten. Nach Teil 2 des Anhangs der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) (www.gesetze-im-internet.de/arbmedvv/index.html) hat der Arbeitgeber für Beschäftigte in „Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Kindern sowie zur vorschulischen Kinderbetreuung, in denen regelmäßiger Kontakt zu Kindern besteht" arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken zu veranlassen und ihnen ggf. entsprechende Impfungen anzubieten. Impfungen während der Schwangerschaft sind in der Regel nicht möglich, mit Ausnahme der Influenzaimpfung. Die Durchführung von Pflichtuntersuchungen ist Voraussetzung für die Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung mit der entsprechenden Tätigkeit. Im Folgenden werden Ausführungen zu einigen für diesen Bereich relevanten Infektionserkrankungen, möglichen Impfungen und zur postexpositionellen Prophylaxe (PEP) gemacht. Mehr zu Krankheiten und zu aktuellen Impfempfehlungen findet sich auf den Internetseiten des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de). Grundsätzlich sind beim Auftreten von anderen Erkrankungen (z. B. Norovirus, Rotavirus, Campylobacter, Hand- und Fußseuche, Meningokokken) abhängig von den Übertragungswegen ggf. befristete Beschäftigungsverbote auszusprechen. Einzelheiten dazu sind mit dem/der zuständigen Betriebsarzt/ärztin zu klären. MUTTERSCH_30- Seite 15/70 Anhang E E V/2 I. Masern (Morbilli) 1. Erreger Das Masern-Virus ist ein RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviren und wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Masern-Virus ist weltweit verbreitet. In Entwicklungsländern, besonders in Afrika, gehören die Masern zu den zehn häufigsten Infektionskrankheiten mit einem hohen Anteil tödlicher Verläufe. In Deutschland ist die Häufigkeit der Masern deutlich zurückgegangen, doch kommt es immer wieder auch zu weiträumigen Ausbrüchen. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Masern - eine der ansteckendsten Krankheiten - werden im direkten Kontakt durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten sowie Niesen entstehen können, oder durch infektiöse Sekrete aus Nase oder Rachen übertragen. Das Masernvirus führt bereits bei kurzem Kontakt zu einer Infektion (Ansteckungsrate nahe 100 %) und löst bei über 95 % der ungeschützten Infizierten Krankheitszeichen aus. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 8 bis 10 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums, 14 Tage bis zum Ausbruch des Exanthems, im Einzelfall sind bis zu 21 Tage bis zum Exanthembeginn möglich. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit besteht etwa 9 Tage. Sie beginnt bereits 5 Tage vor Auftreten des Hautausschlags und hält bis 4 Tage nach Auftreten des Hautausschlags an. Unmittelbar vor Erscheinen des Hautausschlags ist sie am größten. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Masern beginnen mit Fieber, Bindehautentzündung, Schnupfen, Husten und Schleimhautveränderungen im Mund. Der Masernausschlag (bräunlichrosafarbene zusammenfließende Hautflecken) entsteht am 3. bis 7. Tag nach Auftreten der Symptome. Die Masernvirusinfektion führt zu einer ca. 6 Wochen andauernden Immunschwäche mit der Gefahr von zusätzlichen bakteriellen Infektionen. Außerdem können schwere Krankheitsverläufe auftreten, insbesondere eine Gehirnentzündung (Enzephalitis). Diese in 0,1 % der Fälle vorkommende Erkrankung endet bei 10 % bis 20 % der Betroffenen tödlich; bei etwa 20 % bis 30 % sind schwere Defektheilungen zu befürchten. 7. Risiken während der Schwangerschaft Masern in der Schwangerschaft stellen eine signifikante Ursache für Tod- und Frühgeburten dar. Werdende Mütter, die an Masern erkranken, haben ein erhöhtes Risiko, an einer Lungenentzündung zu erkranken bzw. zu versterben. Wenn Neugeborene während oder kurz vor der Geburt mit dem Masern-Virus angesteckt werden, so kann die Erkrankung sehr schwer verlaufen2. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. MUTTERSCH_30- Seite 16/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut für alle ungeimpften Personen in Einrichtungen mit erhöhter Ansteckungsgefahr wie Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwangerenbetreuung sowie in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter und in Kinderheimen die Masernimpfung mit einem dreifach wirksamen Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfstoff). PEP: Bei werdenden Müttern ohne Antikörperschutz ist die Gabe von schützendem Immunglobulin (Antikörper enthaltendes Serum) möglich, das jedoch nicht sicher wirksam ist und Nebenwirkungen haben kann. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz muss ein Beschäftigungsverbot für die gesamte Schwangerschaft ausgesprochen werden. Dies gilt für den beruflichen Umgang mit Kindern im Vorschulalter. Bei Tätigkeiten mit engem Körperkontakt (z. B. Behinderteneinrichtungen) ist auch jenseits des Vorschulalters ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. In Einrichtungen mit älteren Kindern (jenseits des Vorschulalters) ist bei Auftreten eines Erkrankungsfalles in der Einrichtung ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Kapitel E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). Weitere Beschäftigungsverbote können sich aus der jeweils aktuellen epidemiologischen Situation der Bundesländer bzw. der Impfrate der Kinder in der Einrichtung ergeben. II. Mumps - „Ziegenpeter" (Parotitis epidemica) 1. Erreger Das Mumpsvirus ist ein RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviren und wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Mumpsvirus ist weltweit verbreitet. Infektionen treten während des ganzen Jahres, jedoch gehäuft im Winter und im Frühjahr auf. In Deutschland kommt es zu Erkrankungswellen im Abstand von einigen Jahren. Unter dem Einfluss der zunehmend verbesserten Impftätigkeit verschieben sich die Erkrankungen ins Erwachsenenalter. Die Durchseuchungsrate beträgt im Erwachsenenalter mehr als 90 %. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, seltener durch mit Speichel kontaminierte Gegenstände. Die Ansteckungsrate liegt zwischen 40 % und 50 %. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 16 bis 18 Tage ( 1 2 - 2 5 Tage sind möglich). MUTTERSCH_30- Seite 17/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit ist 2 Tage vor bis 4 Tage nach Erkrankungsbeginn am größten. Insgesamt kann ein Infizierter 7 Tage vor bis 9 Tage nach Auftreten der typischen Schwellung der Ohrspeicheldrüse (Parotitis) ansteckend sein. Auch klinisch symptomlose Infektionen sind ansteckend. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Mindestens 30 % bis 40 % der Infektionen verlaufen ohne die typischen Symptome. Besonders bei Kindern unter fünf Jahren kann die Mumpsinfektion unter dem Bild einer grippeähnlichen Erkrankung ablaufen (40 % bis 50 % der Fälle). Das typische Erkrankungsbild ist eine Entzündung der Speicheldrüsen mit Schwellung. Schwere Krankheitsverläufe mit Komplikationen sind möglich, insbesondere eine Hirnhautentzündung (Meningitis), Brustentzündung oder Hodenentzündung (Orchitis). Mit zunehmendem Lebensalter werden schwere Verlaufsformen häufiger. 7. Risiken während der Schwangerschaft In der Schwangerschaft kann die Erkrankung, vor allem wenn sie während der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft auftritt, in bis zu 25 % der Fälle zu einem Spontanabort führen. Fetale Missbildungen und Frühgeburten sind nicht bekannt (WHO - Weekly epidemiological record - Nr. 7, 2007, 82). Während der Geburt erworbene Infektionen können beim Neugeborenen Lungen- und Hirnhautentzündungen verursachen3. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut für alle ungeimpften Personen in Einrichtungen mit erhöhter Ansteckungsgefahr wie Einrichtungen der Pädiatrie, in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter und in Kinderheimen die Mumpsimpfung mit einem dreifach wirksamen Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfstoff). PEP: Bei werdenden Müttern ohne Antikörperschutz ist die Gabe von schützendem Immunglobulin (Antikörper enthaltendes Serum) möglich, das jedoch nicht sicher wirksam ist und Nebenwirkungen haben kann. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz muss ein Beschäftigungsverbot für die gesamte Schwangerschaft ausgesprochen werden. Dies gilt für den beruflichen Umgang mit Kindern im Vorschulalter. Bei Tätigkeiten mit engem Körperkontakt (z. B. Behinderteneinrichtungen) ist auch jenseits des Vorschulalters ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. In Einrichtungen mit älteren Kindern (jenseits des Vorschulalters) ist bei Auftreten MUTTERSCH_30- Seite 18/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ eines Erkrankungsfalles bei den betreuten Kindern ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen, (s. Kapitel E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). Weitere Beschäftigungsverbote können sich aus der jeweils aktuellen epidemiologischen Situation der Bundesländer bzw. der Impfrate der Kinder in der Einrichtung ergeben. IM. Rinqelröteln (Ervthema infectiosum) 1. Erreger Das Parvovirus B 19 gehört zur Familie der Parvoviren und wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Virus ist weltweit verbreitet. In Regionen mit gemäßigtem Klima (Europa) werden Infektionen hauptsächlich im Spätwinter bis Frühsommer beobachtet. Im Abstand von etwa vier bis fünf Jahren treten kleine Epidemien in Gemeinschaftseinrichtungen auf. Der Häufigkeitsgipfel der Ringelröteln liegt im Schulalter. In den Industriestaaten haben 2 % bis 10 % der Kinder unter fünf Jahren eine Infektion durchgemacht, Personen über 20 Jahre zeigen in 40 % bis 60 %, über 70-jährige in über 85 % Antikörper gegen Ringelröteln. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung des Ringelröteln-Virus erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Die Ansteckungsrate beträgt ca. 50 %. Wenn sich eine werdende Mutter ohne Antikörperschutz mit dem RingelrötelnVirus infiziert, kann das Virus über die Plazenta auf die Leibesfrucht übertragen werden. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 7 bis 14, max. 21 Tage. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die infizierten Personen sind während der gesamten Inkubationszeit ansteckend. Mit Auftreten von Symptomen ist die Ansteckungsfähigkeit beendet. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Beim gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion meist ohne Krankheitserscheinungen oder wie ein grippaler Infekt. Bei Kindern im Vorschulalter zeigen sich in 15 % bis 20 % der Fälle die typischen Merkmale der Ringelröteln: Die Erkrankung zeigt sich zunächst an den Wangen, später an Körper und Gliedmaßen in Form von großen roten Flecken (etwa ab dem 12. Tag mit gelegentlichem Juckreiz). Die Infektion zeigt sich bei Frauen zu 60 % atypisch als eine Gelenkentzündung. 7. Risiken während der Schwangerschaft Untersuchungen der letzten Jahre zeigten, dass die Rate an fetalen Todesfällen bei werdenden Müttern, die während der ersten 20 Schwangerschaftswochen (SSW) akut mit Parvovirus B 19 infiziert werden, um 5,6 % erhöht ist. Akute Infektionen, insbesondere wenn sie zwischen der 8. und der 20. SSW erfolgen, können in seltenen Fällen auch zum Hydrops fetalis beim Fetus führen. Der MUTTERSCH_30- Seite 19/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ Hydrops fetalis entwickelt sich bei etwa 4 % der akuten Infektionen. Er tritt beim Fetus zwischen der 14. und 30. SSW auf. Meist liegt zwischen der akuten Infektion der werdenden Mutter und dem Auftreten der Symptome beim Fetus ein Abstand von 4 bis 8, in seltenen Fällen von bis zu 20 Wochen. Bei prospektiv untersuchten, akut B 19-infizierten werdenden Müttern ist gezeigt, dass ein Drittel der Hydrops fetalis-Fälle spontan reversibel und nicht therapiebedürftig ist, in zwei Drittel der Fälle entwickelt sich ein schwerer Hydrops fetalis. Ohne intrauterine Bluttransfusion über die Nabelschnurvene versterben diese Feten, mit intrauteriner Transfusion beträgt die Sterberate 20 %. Embryopathien mit nachfolgenden Missbildungen sind mit der Infektion nicht verbunden. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Es gibt zurzeit weder einen Impfstoff noch eine wirksame PEP. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne ausreichenden Antikörperschutz muss ein Beschäftigungsverbot bis zur 20. SSW ausgesprochen werden. Dies gilt für den beruflichen Umgang mit Kindern im Vorschulalter. Jenseits des Vorschulalters bzw. ab der 21 SSW ist bei Auftreten eines Erkrankungsfalles in der Einrichtung ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Kapitel E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). IV. Röteln (Rubella) 1. Erreger Das Röteln-Virus ist ein stabiles RNA-Virus aus der Familie der Togaviren, das nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft wird. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Röteln-Virus ist weltweit endemisch verbreitet. In Populationen, in denen nicht geimpft wird, erfolgen 80 % bis 90 % der Infektionen im Kindesalter. Aufgrund der Impfungen hat sich in Deutschland das Altersmaximum für die Infektion ins junge Erwachsenenalter verschoben (Ausbrüche z. B. bei Rekruten). In Deutschland hält die Viruszirkulation aufgrund unzureichender Durchimpfung der Bevölkerung an, und es kommt weiterhin zu angeborenen Rötelnerkrankungen. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung des Röteln-Virus erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Wenn sich eine werdende Mutter ohne Antikörperschutz mit dem Röteln-Virus infiziert, kann das Virus über die Plazenta auf die Leibesfrucht übertragen werden. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 14 bis 21 Tage. MUTTERSCH_30- Seite 20/70 Anhang E E V/2 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit besteht bereits eine Woche vor Ausbruch des Ausschlags und dauert bis zu einer Woche nach dem Auftreten des Ausschlags. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Röteln sind eine klassische „Kinderkrankheit". Etwa 50 % der Infektionen im Kindesalter verlaufen ohne erkennbare Krankheitszeichen. Die Erkrankung ist durch einen kleinfleckigen Hautausschlag gekennzeichnet, der im Gesicht beginnt, sich über Körper und Gliedmaßen ausbreitet und nach ein bis drei Tagen verschwindet. Weiter können Kopfschmerzen, leicht erhöhte Temperaturen, Lymphknotenschwellungen, ein leichter Katarrh der oberen Luftwege und eine Augenbindehautentzündung auftreten. Seltene (jedoch mit zunehmendem Lebensalter der erkrankten Person häufigere) Komplikationen sind entzündliche Gelenkerkrankungen, Bronchitis, Mittelohrentzündung, Gehirnentzündung, entzündliche Erkrankungen des Herzmuskels sowie eine erhöhte Blutungsneigung. 7. Risiken während der Schwangerschaft Eine Rötelnerstinfektion im ersten bis vierten Schwangerschaftsmonat kann zur Fehlgeburt, zu einer späteren Frühgeburt oder einem angeborenen Rötelnsyndrom mit Defekten an Herz, Augen und Ohren führen, dem Gregg-Syndrom. Je früher die Infektion stattfindet, desto schwerer und häufiger sind die Schäden. So löst eine Infektion der Leibesfrucht in der vierten Schwangerschaftswoche (SSW) das Vollbild der Erkrankung aus, während z. B. durch eine Infektion in der 20. SSW eine isolierte Taubheit entstehen kann. Die Gesamtletalität dieses Syndroms beträgt 15 % bis 20 %. Kinder, die im Mutterleib oder bei der Geburt infiziert werden, sind hochinfektiös und können das Virus für ein Jahr und länger über Lunge und Urin ausscheiden. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut für alle ungeimpften Personen in Einrichtungen mit erhöhter Ansteckungsgefahr wie Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwangerenbetreuung sowie in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter und in Kinderheimen die Rötelnimpfung mit einem dreifach wirksamen Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMRImpf stoff). Bei Frauen sollte nachfolgend der Impferfolg kontrolliert werden. Wirksame Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Rötelninfektionen existieren nicht. PEP: Die STIKO empfiehlt zurzeit keine PEP bei werdenden Müttern ohne Antikörperschutz. MUTTERSCH_30- Seite 21/70 Anhang E E V/2 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz muss ein Beschäftigungsverbot bis zur 20. SSW ausgesprochen werden. Dies gilt für den beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr. Ab der 21. SSW ist bei Auftreten eines Erkrankungsfalles bei den betreuten Kindern ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Kapitel E.V/7 - Wiederzulassungsfristen). V. Windpocken (Varizella) / Gürtelrose (Herpes Zoster) 1. Erreger Das Varizella-Zoster-Virus (VZV), das beide Erkrankungen verursacht, gehört zur Familie der Herpesviren und wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Varizellen sind weltweit verbreitet. In Deutschland sind Varizellen unter den Infektionskrankheiten im Kindesalter mit etwa 700.000 Fällen im Jahr am häufigsten. Die meisten Kinder haben schon im Schulalter einen Antikörperschutz. Bei über 95 % aller Erwachsenen sind Antikörper gegen das VZV vorhanden. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung des Virus erfolgt aerogen durch virushaltige Tröpfchen, die beim Atmen oder Husten ausgeschieden werden (fliegende Infektion - das Virus kann große Strecken zurücklegen!), wobei die Ansteckungsrate mehr als 90 % beträgt. Ferner ist eine Übertragung durch virushaltigen Bläscheninhalt oder virushaltige Krusten als Schmierinfektion möglich und zwar sowohl bei Windpocken als auch bei Gürtelrose. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit kann 8 bis 28 Tage betragen, sie liegt in der Regel bei 14 bis 16 Tagen. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit beginnt 1 bis 2 Tage vor dem Auftreten des Ausschlags und endet 7 Tage nach Auftreten der letzten Bläschen. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Nach uncharakteristischen Vorzeichen (1 bis 2 Tage vor Krankheitsbeginn) beginnt die Windpocken-Erkrankung mit einem juckenden Hautausschlag und Fieber bis über 39 °C für einen Zeitraum von 3 bis 5 Tagen. Die Bläschen erscheinen zuerst am Oberkörper und im Gesicht und können schnell auf andere Körperteile unter Einbeziehung der Schleimhäute und behaarten Kopfhaut übergreifen. Bei Neugeborenen und abwehrgeschwächten Menschen können sich jedoch schwere Krankheitsverläufe - nicht selten mit tödlichem Ausgang - entwickeln. Eine sehr schwerwiegende Komplikation ist die Varizellen-Lungenentzündung. Sie tritt häufiger bei Erwachsenen (bis 20 %) als bei Kindern auf und beginnt gewöhnlich 3 bis 5 Tage nach Krankheitsausbruch. Nach einer Windpocken- MUTTERSCH_30- Seite 22/70 Anhang E E V/2 Infektion bleibt das Virus lebenslang in den Nervenzellen des Menschen. Es kann später durch verschiedene Mechanismen (z. B. bei Abwehrschwäche) reaktiviert werden und führt dann zum Krankheitsbild der Gürtelrose. 7. Risiken während der Schwangerschaft Eine Windpocken-Erkrankung bei Erwachsenen kann besonders schwer verlaufen. Bei einer Erstinfektion während der Schwangerschaft kann das Virus auf die Leibesfrucht übertragen werden und in 1 % bis 2 % das fetale Varizellensyndrom (angeborene Missbildungen) hervorrufen, das durch Hautveränderungen, Erkrankungen des Nervensystems, Augenschäden und Skelettanomalien gekennzeichnet ist. Für das Neugeborene besteht bei einer Erkrankung der Mutter innerhalb von 5 Tagen vor bis 2 Tage nach der Geburt ein Ansteckungsrisiko mit sehr schweren Verläufen und einer Letalitätsrate bis zu 30 %. Bei endogenen Reaktivierungen des Virus, d. h. einer Gürtelrose der Mutter, wurde keine Schädigung der Leibesfrucht beschrieben. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut die Windpockenimpfung für Frauen ohne Antikörperschutz mit Kinderwunsch, für seronegatives Personal im Gesundheitsdienst, insbesondere in den Bereichen Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Intensivmedizin und im Bereich der Betreuung von Immundefizienten sowie bei Neueinstellungen in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter. PEP: Bei werdenden Müttern ohne Antikörperschutz ist eine Gabe von schützendem Immunglobulin (Antikörper enthaltendes Serum) innerhalb der ersten 96 Stunden nach Kontakt möglich, das jedoch nicht sicher wirksam ist und Nebenwirkungen haben kann. Ansonsten kann bei nicht schwangeren Beschäftigten ohne Antikörperschutz eine Impfung innerhalb der ersten fünf Tage nach Kontakt die Erkrankung unterdrücken. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz muss ein Beschäftigungsverbot für die gesamte Schwangerschaft ausgesprochen werden. Dies gilt für den Umgang mit Kindern bis zum 10. Lebensjahr. Jenseits dieser Altersgrenze ist bei Auftreten eines Erkrankungsfalles in der Einrichtung ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Kapitel E.V.7 Wiederzulassungsfristen) MUTTERSCH_30- Seite 23/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ Falls eine Umsetzung einer werdenden Mutter ohne Antikörperschutz in einen Bereich ohne Kontakt zu Kindern möglich ist, muss auf strikte räumliche Trennung geachtet werden, da es sich bei Windpocken um eine luftgetragene Infektion handelt. Außerdem dürfen werdende Mütter ohne Antikörperschutz keinen Körperkontakt zu Personen mit Gürtelrose (Herpes Zoster) haben. VI. Zytomegalie (Humanes Cytomegalovirus - HCMV) 1. Erreger Das Zytomegalievirus ist ein DNA-Virus, das zur Gruppe der Herpesviren gehört. Es wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Zytomegalievirus ist weltweit verbreitet. In Entwicklungsländern sind bis zu 100 % der Bevölkerung infiziert, in den Industriestaaten zwischen 40 % und 70 %. Die Durchseuchung der Bevölkerung der Industriestaaten erfolgt zweiphasig: Ein erster Gipfel wird in den ersten zwei bis drei Lebensjahren durch Infektionen während oder kurz nach der Geburt erreicht, so dass bis zum 6. Lebensjahr 5 % bis 30 % der Kinder durchseucht sind. Zu einem zweiten Erkrankungsgipfel kommt es durch Sexualkontakte zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Das Virus gelangt über Schleimhautkontakte mit Urin, Speichel, Tränen, Muttermilch, Vaginalsekret, Blut u. a., durch Übertragung auf die Leibesfrucht während der Schwangerschaft bzw. der Geburt, beim Stillen über die Muttermilch oder parenteral (über Blut oder Organtransplantationen) in den Körper. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt vier bis acht Wochen. Danach wird das Virus in Urin, Speichel, Muttermilch, vaginalen Sekreten und Samen ausgeschieden. Jede Person mit einer HCMV-Infektion - auch einer ohne Krankheitszeichen - kann das Virus übertragen. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist zeitlich schwer eingrenzbar, da es sowohl bei Erstinfektionen als auch bei Reaktivierungen zur Virusausscheidung kommt, die über Monate bestehen bleiben kann. Die Infektion von Neugeborenen führt im Allgemeinen zur stärkeren und längeren chronischen Virusausscheidung als eine spätere Infektion. Kinder mit Abwehrschwäche scheiden das Virus länger und intensiver aus als gesunde Kinder. MUTTERSCH_30- Seite 24/70 Anhang E E V/2 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Erst- und Reinfektionen bzw. Reaktivierungen verlaufen bei gesunden Menschen zumeist ohne Auftreten von Krankheitserscheinungen. Bei abwehrgeschwächten Menschen kann eine Infektion mit dem HCMV schwere Krankheitsbilder mit Fieber, Lymphknotenschwellungen, Leberentzündung, Hirnhautentzündung, Lungenentzündung u. a. auslösen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Etwa 1 % (0,3 % - 2,5 %) aller Neugeborenen ist mit dem Virus infiziert. Bei Erstinfektion der werdenden Mutter kommt es in 35 % bis 50 % der Fälle zu einer Übertragung auf die Leibesfrucht, bei einer Reaktivierung einer schon vorbestehenden Infektion nur in 0,2 % bis 2 % der Fälle. Bei der Zytomegalie handelt es sich somit um die häufigste angeborene Infektion. Bei etwa 7 % bis 10 % der infizierten Säuglinge kommt es zu einer Erkrankung mit z. T. bleibenden Störungen (z. B. geistige Retardierung, Schwerhörigkeit bis zur Taubheit, Bewegungsstörungen), an deren Folgen etwa 10% der erkrankten Kinder versterben. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut oder Virusnachweis in Urin, Rachenabstrich, Blutkultur. Eine durchgemachte Erkrankung bietet keinen sicheren Schutz vor einer zweiten Infektion mit einem anderen Virustyp. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Es gibt zurzeit keinen Impfstoff. PEP: Die Gabe von Immunglobulinen bzw. von antiviral wirksamen Substanzen ist möglich. Das Vorgehen ist im Einzelfall vom Arzt nach strenger Risikoabwägung zu entscheiden. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Da eine Schutzimpfung zurzeit nicht möglich ist, müssen alle werdenden Mütter besonders intensiv zu den Übertragungswegen (Vorsicht: Virusübertragung durch Urin, Speichel, Tränen und Blut) und den sich daraus ergebenden Hygienemaßnahmen beraten werden. Grundsätzlich sollten werdende Mütter vom Wickeln freigestellt werden, auch bei älteren, behinderten Kindern. Ob werdende Mütter ohne ausreichenden Antikörperschutz beruflichen Umgang mit Kindern bis zum dritten Geburtstag (d. h. dem vollendeten dritten Lebensjahr) haben dürfen, ist im Gesundheitswesen im Einzelfall zu klären, während bei der Kinderbetreuung, die auf soziale Kontakte ausgerichtet ist, immer ein generelles Beschäftigungsverbot gilt. VII. Keuchhusten (Pertussis) 1. Erreger Bordetella pertussis ist ein Bakterium, das eine Vielzahl von Giften produziert. Nach BioStoffV wird es in Risikogruppe 2 eingestuft. Die Vermehrung der Bordetellen erfolgt auf der Oberfläche der Atemwegsschleimhäute. MUTTERSCH_30- Seite 25/70 Anhang E E V/2 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das höchste Vorkommen wird in Mitteleuropa im Herbst und Winter beobachtet. Früher eher eine Kinderkrankheit, wird in den letzten Jahren zunehmend eine Verschiebung der Erkrankungen in das Jugend- und Erwachsenenalter deutlich. So betreffen nur noch 0,8 % der Erkrankungen Kinder im ersten Lebensjahr. Rund 48 % aller Erkrankten sind älter als 25 Jahre. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Infektion erfolgt durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt. Auch gegen Keuchhusten geimpfte Kinder können nach Keuchhusten-Kontakt vorübergehend Träger von Bordetella sein. Die Ansteckungsrate beträgt in nicht geimpften Populationen 25 % bis 50 % in Schulen und 70 % bis 100 % in Familien1. In Staub, Kleidung u. a. kann der Erreger 3 bis 5 Tage überleben1. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 7 bis 14, max. 20 Tage. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Ansteckungsfähigkeit beginnt am Ende der Inkubationszeit, erreicht ihren Höhepunkt während der ersten beiden Wochen der Erkrankung und klingt dann allmählich ab (insgesamt etwa 3 Wochen). Bei Durchführung einer antibiotischen Therapie verkürzt sich die Dauer der Ansteckungsfähigkeit auf etwa fünf Tage ab Beginn der Therapie. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Keuchhusten ist in der Regel eine Erkrankung über mehrere Wochen bis Monate. Der typische Keuchhusten wird in drei Stadien eingeteilt: 7. Stadium catarrhale (Dauer 1 bis 2 Wochen): Es ist durch grippeähnliche Symptome gekennzeichnet. Stadium convulsivum (Dauer 4 bis 6 Wochen): In diesem Stadium kommt es zu anfallsweise auftretenden Hustenstößen, die häufig mit Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einhergehen. Die Attacken können sehr zahlreich sein und treten gehäuft nachts auf. Das typische Keuchen besteht in der Hälfte der kindlichen Fälle. Fieber fehlt oder ist nur geringfügig ausgeprägt. Stadium decrementi (Dauer 6 bis 10 Wochen): Es kommt zum allmählichen Abklingen der Hustenanfälle. Komplikationen können insbesondere im ersten Lebensjahr auftreten. Die häufigsten Komplikationen sind Lungenentzündungen und Mittelohrentzündungen. Plötzliche Todesfälle können, insbesondere bei Säuglingen, vereinzelt auftreten. Risiken während der Schwangerschaft Bei werdenden Müttern verläuft die Erkrankung nicht schwerer und ist mit Antibiotika im ersten Stadium behandelbar. Jedoch ist eine Provokation von Wehen durch Hustenanfälle möglich. Eine Übertragung auf die Leibesfrucht kommt nicht vor. Gefährdet sind dagegen wegen des schweren Verlaufs der Erkrankung Früh- und Neugeborene bzw. Kinder im ersten Lebensjahr. MUTTERSCH_30- Seite 26/70 Anhang E E V/2 8. Diagnostik und Immunität Wegen der begrenzten Dauer der Immunität sowohl nach natürlicher Erkrankung - etwa 15 bis 20 Jahre - als auch nach vollständiger Impfung - etwa 10 Jahre - sind Jugendliche und Erwachsene wieder neu infizierbar. Eine Bestimmung von spezifischen Antikörpern ist im Einzelfall abzuwägen. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut die Keuchhustenimpfung für das Personal im Gesundheitsdienst sowie in Gemeinschaftseinrichtungen. PEP: Für enge Kontaktpersonen besteht die Empfehlung einer Prophylaxe mit Antibiotika, z. B. Erythromcin. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei Auftreten der Erkrankung bei den betreuten Kindern ist ein befristetes Beschäftigungsverbot für werdende Mütter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz auszusprechen (s. Liste E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). VIII. Scharlach und andere Erkrankungen durch ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A 1. Erreger Es handelt sich um Bakterien, beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, die Gifte produzieren können. Sie werden nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Rachen- und Hautinfektionen durch diese Bakterien sind weltweit verbreitet. Sie gehören zu den häufigsten bakteriellen Erkrankungen im Kindesalter und weisen einen Gipfel in der Altersgruppe der 4- bis 7-jährigen auf. Ausbrüche sind allerdings auch in allen anderen Altersgruppen möglich. Die Zahl der akuten Scharlach-Erkrankungen in Deutschland wird auf 1 bis 1,5 Millionen pro Jahr geschätzt. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Scharlach und andere durch A-Streptokokken verursachte Erkrankungen werden hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen, selten durch Hautkontakte, verunreinigte Lebensmittel und Wasser. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt 1-3 Tage, selten länger. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Patienten mit einer akuten Streptokokken-Infektion, die nicht spezifisch behandelt wurde, können bis zu 3 Wochen ansteckend sein. Nach Beginn einer wirksamen antibiotischen Therapie erlischt die Ansteckungsfähigkeit nach 24 Stunden. MUTTERSCH_30- Seite 27/70 Anhang E E V/2 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Scharlach zählt zu den Erkrankungen, die durch die Gift-Produktion des Bakteriums vermittelt werden. Die Infektion zeigt sich meist als eine Halsentzündung, die von einem charakteristischen Hautausschlag begleitet wird. Der Scharlachausschlag beginnt am ersten oder zweiten Krankheitstag am Oberkörper und breitet sich unter Aussparung der Handinnenflächen und Fußsohlen aus. Zu den zusätzlichen Symptomen gehören die Blässe um den Mund herum und die Himbeerzunge. Der Hautausschlag verschwindet nach 6 bis 9 Tagen. Einige Tage danach kommt es zur Abschuppung der Haut, insbesondere der Handinnenflächen und Fußsohlen. Andere A-Streptokokkeninfektionen verlaufen als eitrige Halsentzündungen, Hautentzündungen, Nierenbeckenentzündungen oder bakterielle Allgemeininfektionen (Sepsis). Als Spätfolgen von A-Streptokokkeninfektionen kann es zu rheumatischen und Herz- bzw. Nieren-Erkrankungen kommen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Für die Leibesfrucht bestehen keine speziellen Risiken. 8. Diagnostik und Immunität Eine dauerhafte Immunität gegenüber allen beta-hämolysierenden Streptokokken existiert nicht. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Eine Schutzimpfung ist nicht möglich. Die Behandlung mit geeigneten Antibiotika ist i. d. R. auch bei werdenden Müttern möglich. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei Auftreten eines Erkrankungsfalles bei den betreuten Kindern ist ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Liste E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). IX. Virusgrippe (Influenza) 1. Erreger Erreger der Influenza sind Orthomyxoviren, die in die Typen A, B und C unterteilt werden. Wegen der wechselnden Eigenschaften der Erreger und der Gefahr der Entstehung von Epidemien ist ein Überwachungssystem auf nationaler und internationaler Ebene aufgebaut worden. Die Influenza-Viren werden nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Influenzavirus-Infektionen sind weltweit verbreitet. Die Krankheit kann sporadisch, geografisch begrenzt und epidemisch auftreten, wobei sich die einzelnen Epidemien deutlich in ihrem Schweregrad voneinander unterscheiden. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung der Influenzaviren erfolgt vorwiegend durch Tröpfchen, die ausgeatmet bzw. ausgehustet werden. Die Ansteckungsrate ist hoch. MUTTERSCH_30- Seite 28/70 Anhang E E V/2 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt im Allgemeinen 1 - 2 Tage, kann aber bis 4 Tage dauern. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Bei der saisonalen Influenza beträgt sie im Allgemeinen 3 - 5 Tage ab Auftreten der ersten Symptome, kann aber bis zu 7 Tagen andauern und in seltenen Fällen sogar länger sein. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Der Verlauf der Erkrankung variiert stark und kann von geringen Symptomen bis zu schwersten tödlichen Verläufen reichen. Häufig ist die Erkrankung durch plötzlich auftretendes hohes Fieber über 39° C, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Schweißausbrüche, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen, Halsschmer zen und trockenen Reizhusten gekennzeichnet. Komplikationen können in jedem Lebensalter auftreten, betreffen jedoch vorrangig Personen mit Grundkrankheiten. Eine gefürchtete Komplikation ist die primäre Lungenentzündung, die bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen innerhalb weniger Stunden zum Tod führen kann. Relativ häufig entwickeln sich Lungenentzündungen durch zusätzliche bakterielle Besiedelung. Weitere Komplikationen können Gehirnhautentzündungen und Herzmuskelentzündungen sein. 7. Risiken während der Schwangerschaft Fehlbildungen der Leibesfrucht sind bislang nicht eindeutig bewiesen. Bei Schwangeren gilt, dass das Risiko einer schweren Influenzaerkrankung mit voranschreitender Schwangerschaft steigt (RKI). 8. Diagnostik In der Regel Bestimmung von Virusbestandteilen im Blut oder im Rachenabstrich. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gegenüber der saisonalen Influenza gehört die Schutzimpfung, die jährlich - vorzugsweise in den Monaten September bis November - durchgeführt werden sollte. Im Falle einer drohenden Epidemie ist eine Impfung auch zu einem anderen Zeitpunkt möglich und sinnvoll. Gesunde Menschen sind dadurch i. d. R. weitgehend geschützt. Wegen der wechselnden Eigenschaften des Virus erscheint jedes Jahr ein aktualisierter Impfstoff. Zielgruppen der Impfung sind laut der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut u. a. Personen, die durch ihren Beruf in erhöhtem Maß einer Infektion ausgesetzt sind oder selbst durch ihre Tätigkeit die Infektion auf andere übertragen können, z. B. Beschäftigte in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege mit Kontakt zu Patienten oder infektiösem Material und in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr. Die STIKO empfiehlt seit dem Jahr 2010, alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem 1. Trimenon zu impfen. MUTTERSCH_30- Seite 29/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ PEP: Es bestehen verschiedene Behandlungsansätze, die jedoch nur zum Teil bei werdenden Müttern durchgeführt werden können. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei regionalen Epidemien (siehe www.influenza.rki.de/agi und zuständige Landesbehörde) größeren Ausmaßes und ggf. bei Ausbruch der Erkrankung in der Einrichtung ist für nicht geimpfte werdende Mütter ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen (s. Liste E.V.7 - Wiederzulassungsfristen). X. Hepatitis A 1. Erreger Hepatitis A wird durch das Hepatitis A-Virus (HAV) verursacht. Es handelt sich um ein RNA-Virus aus der Familie der Picornaviren. Die Virusvermehrung erfolgt wahrscheinlich ausschließlich in den Leberzellen. Der Erreger wird über den Darm ausgeschieden. Charakteristisch für das HAV sind seine ausgeprägte Umweltstabilität, hohe Thermostabilität und hohe Desinfektionsmittelresistenz. Nach BioStoffV wird das Virus in Risikogruppe 2 eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Verbreitung erfolgt weltweit. In Entwicklungsländern ist die Durchseuchung sehr hoch. Der Anteil der „Reisehepatitis" in Deutschland wird auf 50 % geschätzt. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung erfolgt gewöhnlich fäkal-oral (Aufnahme über den MagenDarm-Trakt) durch Kontakt- oder Schmierinfektion entweder auf direktem Weg mit Erregern, die mit dem Stuhl ausgeschieden wurden oder indirekt durch verseuchte Lebensmittel (besonders häufig Muscheln oder Austern sowie fäkalgedüngtes Gemüse und Salate) oder Gebrauchsgegenstände, über verseuchtes Trinkwasser oder Badewasser. Ausbrüche betreffen deshalb überwiegend Kindereinrichtungen und Schulen oder werden geografisch lokalisiert beobachtet. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit liegt zwischen 15 und 50 Tagen (im Durchschnitt 25 bis 30 Tage). 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Erkrankte Personen sind ein bis zwei Wochen vor und bis zu einer Woche nach Auftreten der Gelbsucht ansteckend. Auch bei Verläufen ohne Gelbsucht und ohne typische Krankheitszeichen muss mit einer Ansteckungsfähigkeit gerechnet werden. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Der Verlauf der HAV-Infektion ist sehr häufig ohne typische Krankheitszeichen und komplikationslos. Ein Übergang in chronische Formen wird nur ausnahmsweise beobachtet. Die Krankheit beginnt mit unspezifischen Magen-DarmBeschwerden und allgemeinem Krankheitsgefühl. Im weiteren Verlauf kann es zur Gelbsucht mit Lebervergrößerung kommen. MUTTERSCH_30- Seite 30/70 Anhang E E V/2 Bei insgesamt 0,01 % bis 0,1 % der Patienten kommt es zu schwersten akuten Verläufen, deren Häufigkeit mit dem Alter ansteigt und die insbesondere bei Vorgeschädigten (z. B. Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C) zu beobachten sind. 7. Risiken während der Schwangerschaft Bei werdenden Müttern kann die HAV-Infektion wegen der Übertragbarkeit auf die Leibesfrucht zum Abort, zur Früh- sowie zur Totgeburt führen1. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Durchgemachte Erkrankungen führen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Danach hat er u. a. für Beschäftigte in Einrichtungen für behinderte Menschen und auf Kinderstationen bei Tätigkeiten mit regelmäßigem Kontakt mit Stuhl im Rahmen der Pflege von Kleinkindern sowie der Betreuung von behinderten Menschen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Hepatitis A zu veranlassen und ihnen ggf. eine entsprechende Impfung anzubieten. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut eine Hepatitis-A-Impfung für u. a. folgenden Personenkreis: HA-gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst (inkl. Küche, Labor, technischer und Reinigungs- bzw. Rettungsdienst) Personal in Kindertagesstätten, Kinderheimen (inkl. Küche und Reinigung) u. ä., Personal in psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte sowie in Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime. PEP: Die Gabe eines schützenden Immunglobulins ist im Einzelfall vom Arzt zu entscheiden. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter ohne ausreichenden Antikörper- bzw. Impfschutz müssen zur Hygiene besonders unterwiesen werden. Die Übertragung des Erregers kann weitgehend durch das konsequente Vermeiden einer fäkal-oralen Schmierinfektion, vor allem also durch das Tragen von Handschuhen bei potenziellem Kontakt mit Ausscheidungen und durch eine effektive Händehygiene, d. h. Desinfektion mit einem geeigneten Händedesinfektionsmittel, vermieden werden. Grundsätzlich sollten werdende Mütter nicht Wickeln und nicht beim Toilettengang begleiten. Bei Auftreten der Erkrankung bei den betreuten Kindern ist ein befristetes Beschäftigungsverbot für werdende Mütter ohne ausreichenden Antikörper bzw. Impfschutz auszusprechen (s. Kapitel E.V.7- Wiederzulassungsfristen). MUTTERSCH_30- Seite 31/70 Anhang E E V/2 XI. Hepatitis B-, Hepatitis C-, Hl-Virusinfektion 1. Erreger Diese drei Infektionen werden durch verschiedene Viren hervorgerufen: die Hepatitis B durch das Hepatitis B-Virus, ein kleines DNA-Virus aus der Familie der Hepadnaviren, die Hepatitis C durch ein RNA-Virus aus der Familie der Flaviviren, die HIV-Infektion (AIDS) durch zwei verschiedene Typen der humanen Immundefizienz-Viren (HIV-1 bzw. HIV-2) aus der Familie der Retroviren. Alle drei Viren werden nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Viren sind weltweit verbreitet mit hoher Durchseuchung in Entwicklungsländern und speziellen Risikogruppen (z. B. Drogenabhängige, Homosexuelle, Dialysepatienten). 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Hauptübertragungswege sind: parenteral (Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn) über Nadelstichverletzungen, Transfusionen, Verletzungen, von der Mutter während der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht, während der Geburt auf das Neugeborene oder durch Stillen, über ungeschützten Geschlechtsverkehr. Körperkontakte im alltäglichen sozialen Miteinander sowie die gemeinsame Benutzung sanitärer Einrichtungen st ellen kein Infektionsrisiko dar. Die Ansteckungsrate der Viren ist sehr unterschiedlich, wobei die Infektionswahrscheinlichkeit mit dem Hepatitis B-Virus (abhängig von der VirusKonzentration zwischen 30 % und 100 %) um ca. eine Zehnerpotenz höher ist als mit dem Hepatits C-Virus und diese ca. eine Zehnerpotenz höher ist als mit dem HI-Virus. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt mehrere Wochen bis Monate. 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist abhängig von der Viruskonzentration im Blut (Virämie) und besteht bei chronischen Verläufen u. U. lebenslang. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Bei der Hepatitis B- und der Hepatitis C-Virusinfektion kommt es zu akuten und chronischen Leberentzündungen mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Krankheitsverläufen. Bei bereits bestehender chronischer Hepatitis kommt es durch eine Infektion mit einem anderen Hepatitis-Erreger zu besonders schweren Krankheitsverläufen. MUTTERSCH_30- Seite 32/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ Die Infektion mit dem HI-Virus führt zu einer Erkrankung des Immunsystems mit Schädigung der Lymphozyten, die in verschieden Stadien verläuft. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Infektionsbereitschaft auch für Erreger, die normalerweise keine Erkrankung verursachen. Zudem wird das Nervensystem befallen. Das Vollbild der Erkrankung im letzten Stadium wird AIDS genannt. Alle drei Viren können in unterschiedlichem Maße das Entstehen von bösartigen Tumoren begünstigen. 7. Risiken während der Schwangerschaft Hepatitis B-Virus-infizierte Frauen können das Virus vor oder während der Geburt in bis zu 95 % auf ihr Kind übertragen; durch prophylaktische Maßnahmen können 90 % dieser Infektionen verhindert werden. Das Risiko der Übertragung des Hepatitis C-Virus ist deutlich geringer und beträgt abhängig von der Viruskonzentration im Blut der Mutter 3 % bis 5%. Angeborene oder kurz nach der Geburt erworbene Hepatitiden beim Kind verlaufen besonders oft chronisch. Die HIV-Infektion der werdenden Mutter kann zu Frühgeburten führen. Das Risiko der Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf die Leibesfrucht beträgt 15% bis 25% und kann durch entsprechende Therapie auf unter 2% gesenkt werden. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern bzw. Virus-Nachweis im Blut. Eine ausgeheilte Hepatitis B-Virusinfektion hinterlässt eine lebenslange Immunität. Inwieweit eine ausgeheilte Hepatitis C eine lebenslange Immunität hinterlässt, ist noch unklar. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedW hat der Arbeitgeber die im allgemeinen Teil dieses Kapitels genannten Pflichten. Danach hat er in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen und Betreuung von behinderten Menschen einschließlich der Bereiche, die der Versorgung bzw. der Aufrechterhaltung dieser Einrichtungen dienen sowie im Notfall- und Rettungsdienst arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzgl. Hepatitis B und Hepatitis C zu veranlassen und ggf. eine Hepatitis B-Impfung anzubieten. Zurzeit ist lediglich ein Impfstoff gegen das Hepatitis B-Virus verfügbar. Daneben empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-KochInstitut diese Impfung für u. a. folgenden Personenkreis: HB-gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst sowie Personal psychiatrischer Fürsorgeeinrichtungen/Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime, durch Kontakt mit infiziertem Blut oder infizierten Körperflüssigkeiten Gefährdete, Auszubildende und Studenten MUTTERSCH_30- Seite 33/70 Anhang E __________________________________ E V/2__________________________________________ andere Personen, mit möglichem Kontakt mit infizierten Blut oder infizierten Körperflüssigkeiten (Gefährdungsbeurteilung), z. B. ehrenamtliche Ersthelfer, Sozialarbeiter, durch Kontakt mit HBsAg-Trägern in einer Gemeinschaft (Kindergärten, Kinderheime, Pflegestätten, Schulklassen, Spielgemeinschaften) gefährdete Personen. PEP: Eine PEP nach potenziellem Kontakt mit dem Hepatitis B-Virus ist möglich und im Einzelfall vom Arzt zu entscheiden. Näheres dazu ist den jeweils aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RobertKoch-Institut zu entnehmen. Eine vorbeugende Maßnahme nach einer Exposition mit dem Hepatitis CVirus steht bisher nicht zur Verfügung, jedoch kann sehr frühzeitig mit einer entsprechenden Therapie begonnen werden. Eine PEP nach potentiellem Kontakt mit dem HI-Virus ist möglich und im Einzelfall vom Arzt zu entscheiden (vgl. www.rki.de). 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr sowie Blutkontakt sind zu vermeiden. Beim beruflichen Umgang mit jugendlichen Drogenabhängigen und Straftätern ist ein generelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Je nach Gefährdungsbeurteilung ist auch bei der Betreuung von behinderten Kindern und Jugendlichen ein generelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Literatur: Die Informationen zu den verschiedenen Infektionskrankheiten wurden den jeweiligen Schriften des Robert Koch Instituts entnommen. 1 F. Hofmann, Wuppertal u. R. Jäckel, Berlin Merkblätter Biologische Arbeits stoffe ecomed Verlag 2 Hoeprich, PD., Jordan, M., C, Ronald. A. R. Infectious Diseases J. B. Lippincott Company 1994 3 Hahn, H., Falke, D., Kaufmann, S. H. E., Ullmann, U. Medizinische Mikrobiolo gie und Infektiologie Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1999 MUTTERSCH_30- Seite 34/70 Anhang E E V/3 Infektionsgefährdung beim beruflichen Umgang mit Tieren sowie bei Tätigkeiten im Freien und in entsprechenden Bereichen der Lebensmittelindustrie Allgemeiner Teil Werdende Mütter sind beim beruflichen Umgang mit Pflanzen, Tieren und deren Produkten einer erhöhten Gefährdung durch biologische und toxische / sensibilisierende Stoffe ausgesetzt. Hierdurch können sie und die Leibesfrucht ernsthaft akut oder chronisch erkranken bzw. durch die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen Schaden nehmen. Nach Teil 2 des Anhangs der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedW) (www.gesetze-im-internet.de/arbmedvv/index.html) hat der Arbeitgeber für Beschäftigte in „Forschungseinrichtungen und Referenzlaboratorien, die regelmäßige Tätigkeiten mit Kontaktmöglichkeit zu infizierten Tieren/und Proben, Verdachtsproben bzw. krankheitsverdächtigen Tieren sowie zu erregerhaltigen oder kontaminierten Gegenständen oder Materialien, wenn dabei der Übertragungsweg gegeben ist, verrichten", arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und ihnen ggf. entsprechende Impfungen anzubieten. Impfungen während der Schwangerschaft sind in der Regel nicht möglich. Die Durchführung von Pflichtuntersuchungen ist Voraussetzung für die Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung mit der entsprechenden Tätigkeit. Im Folgenden werden Ausführungen zu einigen für diesen Bereich relevanten Infektionserkrankungen, möglichen Impfungen und zur postexpositionellen Prophylaxe (PEP) gemacht. Mehr zu Krankheiten und zu aktuellen Impfempfehlungen findet sich auf den Internetseiten des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de). Die im nachfolgenden Text genannten Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe sowie die Beschlüsse des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe sind im Internet auf den Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter: Themen von A - Z, Biologische Arbeitsstoffe, veröffentlicht (www.baua.de). I. Borreliose (Lyme-Disease) 1. Erreger Borrelien sind gramnegative schraubenförmige, aktiv bewegliche Bakterien. Der Erreger wird nach der Biostoffverordnung (BioStoffV) in die Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Borrelien kommen weltweit in Zecken vor. Die Zecken halten sich in der Niedrigvegetation bis zu 1,5 m Höhe auf. In Deutschland besteht überall eine Infektionsgefährdung. Da die Durchseuchung der Zeckenpopulation sehr unter- MUTTERSCH_30- Seite 35/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ schiedlich ist, kann man von bestimmten Endemiegebieten sprechen. So sind in Endemiegebieten 10 % - 20 % der Zecken mit Borrelien infiziert. Jährlich treten 30.000 bis 60.000 Neuerkrankungen auf. Das Naturreservoir des Erregers sind wildlebende Nager, Igel, Reh, Rotwild, Vögel. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Der Erreger wird durch den Stich bzw. Saugakt der infizierten Zecken übertragen. Eine Übertragung durch Mutterkuchen ist auch möglich. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt im ersten Stadium zwischen drei Tagen und fünf Wochen, bis zum Stadium 2 und 3 mehrere Monate bis Jahre. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen 50 % der Infektionen verlaufen völlig symptomlos. Die Borreliose kann in drei Stadien ablaufen, wobei die verschiedenen Krankheitsstadien ineinander übergehen, sich überlappen oder ganz fehlen können. Im ersten Stadium (meist in den Sommermonaten) entsteht an der Stelle des Zeckenstiches eine Rötung, die sich ringförmig vergrößert und in der Mitte abblasst, unter Umständen begleitet von grippeartigen oder meningitisartigen Krankheitserscheinungen. Einige Wochen bis Monate nach Beginn der Erkrankung können Hirnhaut-, Hirn- und Nervenentzündungen auftreten. Im dritten Stadium treten verschiedene Gelenkentzündungen, Herzmuskelentzündungen, Hautveränderungen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems auf. 6. Risiken während der Schwangerschaft Eine Erregerübertragung auf den Fetus ist möglich. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist zu Beginn der Schwangerschaft höher als im weiteren Verlauf. Etwa bei 30 % der infizierten werdenden Mütter kann es zu Schädigungen in der Schwangerschaft kommen. Hierzu gehören: Aborte, Fruchttod, Erkrankungen (Hautausschlag, Schwerhörigkeit, Blindheit, Herzrhythmusstörungen, Atemweginfekte) des Neugeborenen, Missbildungen (Wasserkopf, Fingermissbildung). 7. Diagnostik und Immunität Die Diagnose erfolgt durch Einholung der Krankengeschichte in Verbindung mit dem Erregernachweis bzw. Nachweis spezifischer Antikörper. Mehrmalige Infektionen sind möglich. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedVV hat der Arbeitgeber für Wald- und Forstarbeiterinnen mit Tätigkeiten in niedriger Vegetation und ggf. für Beschäftigte in Forschungseinrichtungen/Laboratorien arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen. Grundsätzlich sollte durch Tragen von geeigneter Kleidung und durch Insektenabwehrmittel jeglicher Zeckenbiss vermieden werden. Nach einem Aufenthalt MUTTERSCH_30- Seite 36/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ im Freien sollte der Körper nach Zecken abgesucht und ggf. Zecken möglichst rasch entfernt werden. Die Bisswunde muss sorgfältig desinfiziert werden. Die Zecken können ins Labor eingesandt werden und dort auf Antigen untersucht werden. Bei positivem Befund ist eine prophylaktische Antibiotikatherapie abzuwägen. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Vermeidung von Tätigkeiten in Zeckenbiotopen mit Niedrigvegetation (z. B. Büsche, Farne, hoch gewachsenes Gras etc.). II. Brucellose (Mb. Bang, Maltafieber) 1. Erreger Es handelt sich um ein unbewegliches stäbchenförmiges Bakterium aus der Familie der Brucellaceae. Der Erreger (Brucella) wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Brucellen sind weltweit verbreitet, wobei in Deutschland der Erreger ausgerottet ist. Die Brucellose wird in Deutschland gelegentlich durch importierte Lebensmittel oder importierte infizierte Rinder, Ziegen, Schafe und andere Tiere (Mittelmeerraum) eingeschleppt. Die Möglichkeit, sich hier zu infizieren, ist äußerst gering. Eine gehäufte Infektionsrate weisen Mittelmeerurlauber auf. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die infizierten Tiere (Kühe, Ziegen, Schweine, Schafe, aber auch Hunde und Hasen) scheiden den Erreger mit der Milch, dem Stuhl, dem Urin und bei der Geburt aus. Die Menschen infizieren sich durch direkten, engen Kontakt (durch Atemtröpfchen oder über die Haut) mit erkrankten Tieren oder deren Ausscheidungen. Infektionen können auch bei Verzehr von nicht ausreichend erhitzter Milch und Milchprodukten, Weichkäse sowie rohem Fleisch und Fleischprodukten erworben werden. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt eine Woche bis mehrere Monate, in der Regel aber 5 bis 60 Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Erkrankung verläuft in drei Stadien. Sie beginnt mit grippeähnlichen Beschwerden. Nach einer beschwerdefreien Zeit kommt es zu hohem Fieber mit typischen Fieberschüben, die 1 - 3 Wochen anhalten. Dabei werden verschiedene Organe befallen (Leber mit Gelbsucht, Herz, Haut sowie das zentrale und periphere Nervensystem). Die Sterblichkeit der unbehandelten Erkrankung liegt bei ca. 2 %. 6. Risiken während der Schwangerschaft Eine Übertragung durch Muttermilch auf Säuglinge ist möglich. Brucellosekranke Mütter dürfen deshalb nicht stillen. Eine antibiotische Therapie in der Schwangerschaft ist nicht möglich. MUTTERSCH_30- Seite 37/70 Anhang E E V/3 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Erregernachweis oder Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Nach durchgemachter Erkrankung besteht eine langanhaltende Immunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Einhaltung der Hygienevorschriften. Hände desinfizieren und danach gründlich waschen; Tragen von geeigneter Schutzkleidung (z. B. Gummihandschuhe mit hohen Stulpen, Schutzschuhe, flüssigkeitsdichte Schürze). Desinfektion kontaminierter Gegenstände und Wäsche mit geeigneten Desinfektionsmitteln aus der Liste des Robert-Koch-Instituts. Kein Verzehr von nicht pasteurisierten Milchprodukten, Rohmilch oder Schafs- und Ziegenkäse. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Keine Tätigkeit bzw. kein Kontakt mit erkrankten oder verdächtigen Tieren. Eine antibiotische Therapie in der Schwangerschaft ist nicht möglich. IIl. BSE (Bovine Sponqiforme Enzephalopathie) und andere TSE (Transmissible Sponqiforme Enzephalopathien) 1. Erreger Zurzeit wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Erregern um Prionen handelt, infektiöse, fehlgefaltete Körpereiweiße. Diese Erreger sollen verschiedene übertragbare (transmissible) Erkrankungen, die zu schwammartigen (spongiformen) Veränderungen des Gehirns (Enzephalopathie) bei Tieren und Menschen führen, hervorrufen. Der relevanteste ist der BSE-Erreger des Rindes. Sie werden nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) TSE-Erreger kommen weltweit beim Tier (Rind, Schaf, Ziege, Hirsch, Elch, Nerz, Katze, Gazelle) vor. BSE-Erreger beschränkten sich zunächst auf England und breiteten sich über exportiertes Tiermehl bzw. Rinder nach Europa und in Einzelfällen nach Kanada, Oman und den Falklandinseln aus. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Allgemein wird die Aufnahme mit der Nahrung als Hauptübertragungsweg beim Tier und vermutlich auch beim Menschen angesehen. Tätigkeitsabhängig ist eine Aufnahme von TSE-Erregern möglich: über die Schleimhäute des Mundes und der Nase, über die Schleimhäute der Augen, durch Verschlucken und bei Verletzungen der Haut (insbes. Schnitt- und Stichverletzungen). Mit einer Gefährdung wird nur gerechnet beim Umgang mit sog. Risikomaterialien (Schädel, einschließlich Gehirn und Augen, Mandeln, Wirbelsäule mit Rückenmark und Teilen des Darms (lleum) sowie beim Umgang mit Tiermehlen als Dünger (Gartenbau). MUTTERSCH_30- Seite 38/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt vermutlich mehrere Jahre bis Jahrzehnte. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Bei transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE) handelt es sich um infektiöse Erkrankungen des Zentralen Nervensystems mit einer Degeneration von Nervenzellen. Der Tod tritt innerhalb von 2 Monaten bis 2 Jahren nach Beginn der Krankheitszeichen ein. Es werden verschiedene Krankheitsbilder unterschieden, wobei die beiden folgenden für Europa relevant sind: Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) bei Rindern; Scrapie oder Traberkrankheit bei Schaf und Ziege. Es muss damit gerechnet werden, dass BSE als Ursache für die neue Variante der Creutzfeldt-Jacob-Erkrankung beim Menschen in Betracht kommt, die gekennzeichnet ist durch das Auftreten von Psychosen (Persönlichkeitsstörungen), Muskelkrämpfen und später Bewegungsstörungen und Muskelsteife. Eine Behandlung ist nicht möglich; die Erkrankung endet immer tödlich. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität Exakte Diagnosemöglichkeiten sind erst nach dem Tod des erkrankten Individuums anwendbar. Dabei werden besondere, fehlgefaltete Eiweiße im Gehirn von Mensch oder Tier nachgewiesen. Testverfahren für die Diagnostik von BSE-Infektionen bei Tieren während der langen Inkubationszeit befinden sich erst in der Entwicklung. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Eine Impfung gegen diese Erkrankungen ist nicht möglich. Zu den Arbeitsschutzmaßnahmen hat der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe die Beschlüsse 602 und 603 veröffentlicht. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit Risikomaterial von erkrankten oder verdächtigen Tieren ausgesprochen werden, insbesondere wenn dabei eine Verletzungsgefahr besteht. IV. Campylobacter 1. Erreger Es handelt sich um spiralige bis gewundene stäbchenförmige Bakterien der Gattung Campylobacter mit verschiedenen Untergruppen, die alle nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft sind. In Deutschland ist der Campylobacter jejuni am häufigsten. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Diese Erreger kommen weltweit vor. Besonders häufig treten die Erkrankungen beim Menschen in warmen Sommermonaten auf. MUTTERSCH_30- Seite 39/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Das hauptsächliche Reservoir sind Wildtiere, insbesondere Wildvögel (Enten, Gänse, Möwen). Eine Übertragung kann auch von Geflügel sowie anderen Haustieren ausgehen. Das Reservoir für Campylobacter fetus stellen vor allem Schweine und Rinder dar. Campylobacter werden überwiegend durch die Nahrung, z. B. nicht ausreichend durchgegartes Geflügelfleisch, rohe Milch und Milchprodukte oder durch mit Oberflächenwasser kontaminiertes Trinkwasser sowie infizierte Haustiere übertragen. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 2 bis 7 Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Viele Infektionen verlaufen ohne Krankheitszeichen. Ansonsten treten akute Durchfallerkrankungen unterschiedlichsten Ausmaßes auf, denen Fieber und Allgemeinbeschwerden häufig vorausgehen. Dabei kann es zu krampfartigen Bauchschmerzen, selten zu blutigem Durchfall kommen. Eine seltene schwere Komplikation stellt das Guillain-Barre-Syndrom, eine aufsteigende Lähmung der Gliedmaßen, dar. Selten kann es zu septischen Allgemeininfektionen kommen. Dies ist insbesondere auch bei Campylobacter fetus der Fall, meist bei abwehrschwachen Menschen. Noch seltener sind Hirnhaut-, Herz-, Venen-, Gelenksentzündungen und Abszesse. 6. Risiken während der Schwangerschaft Werdende Mütter weisen eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Erregern von Lebensmittelinfektionen auf, also auch gegenüber Campylobacter3. Bei werdenden Müttern kann es durch Infektion mit Campylobacter fetus zu fieberhaften Aborten oder zu Frühgeburten kommen. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Nachweis des Erregers im Stuhl. Eine Immunität ist nicht bekannt. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Strenge lebensmittelhygienische Maßnahmen sind einzuhalten. Bei der Geflügelhaltung, Schweine- und Rinderhaltung, Schlachtung und der Milchgewinnung ist auf eine strenge Betriebshygiene zu achten. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Erkrankte oder verdächtige Tiere und deren Ausscheidungen sind zu meiden. Beim Umgang mit rohem Fleisch und Rohmilch ist auf konsequente Hygienemaßnahmen zu achten. MUTTERSCH_30- Seite 40/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ V. Chlamydien-Infektionen (Papageienkrankheit, Psittakose, Ornithose) 1. Erreger Es handelt sich um unbewegliche Bakterien aus der Familie der Chlamydiaceae. Die Erreger sind Zellparasiten. Es gibt drei verschiedene Arten, die für die Menschen gefährlich sind. Der Erreger der Papageienkrankheit gehört zu der Gattung Chlamydia psittaci und wird nach BioStoffV in die Risikogruppe 3 eingestuft. 2. Vorkommen Der Erreger ist weltweit verbreitet. Die natürlichen Wirte sind Vögel und fast alle Haus- und Wildtiere. Insbesondere die Stämme von papageienartigen Vögeln sind für die Menschen gefährlich. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Tauben und Vögel von Tierfarmen sind als Infektionsquelle für den Menschen bedeutsam. Der Erreger ist bei Raumtemperatur bis ca. vier Wochen infektiös. Die infizierten Vögel sind entweder symptomlos oder schwer krank. Sie scheiden den Erreger mit Speichel, Urin und Kot aus. Die Übertragung auf den Menschen (insbesondere bei Kontakt zu infizierten Vögeln) erfolgt: durch unmittelbare Berührung der Vögel, durch Einatmen des infektiösen Staubes, durch Kontakt mit den Ausscheidungen infizierter Tiere, durch Schmierinfektion von Säugetieren. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt etwa eine bis vier Wochen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Erkrankung verläuft unterschiedlich schwer, vom einfachen grippeähnlichen Infekt bis zur schweren Lungenentzündung mit Todesfolge. 6. Risiken während der Schwangerschaft Das Gefährdungspotential für den Menschen ist in der Mehrzahl der Fälle gering einzuschätzen. Wichtige Ausnahme stellen Infektionen von werdenden Müttern mit Chlamydia abortus dar. Der Erreger hat eine hohe Affinität zum Mutterkuchen und kann bei werdenden Müttern eine grippeähnliche Erkrankung verursachen, in deren Verlauf es zum Abort oder zur Totgeburt kommt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Die Bekämpfung dieser Tierseuche ist tierseuchenrechtlich geregelt. Die Einzelheiten der Bekämpfungs- und Schutzmassnahmen sind der Verordnung zum Schutz gegen die Psittakose und Ornithose: PsittakoseV http://www.qesetzeim-internet.de/psittakosev/BJNR010550970.html festgelegt. Weitere Hinweise sind in der TRBA 230 zu finden. MUTTERSCH_30- Seite 41/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter dürfen keinen Kontakt mit erkrankten oder verdächtigen Tieren wie Vögeln und Ziegen haben. VI. Escherichia coli 1. Erreger Der Erreger, Escherichia coli ist ein Stäbchen der Gattung Escherichia. Beim Menschen kann es Entzündungen der Nieren und Harnwege, Gallenblasenentzündungen und Sepsis hervorrufen. Bei Neugeborenen kann der Erreger Sepsis und Meningitis hervorrufen. Einige Stämme können Darmerkrankungen auslösen bzw. zählen zu den wichtigen Erregern von Lebensmittelinfektionen. Sie sind sehr umweltstabil, können in saurer Umgebung überleben und Gifte bilden. Der Erreger der EHEC wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3**, andere in die Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Der Erreger kommt weltweit vor. Beim Menschen findet man Escherichia coli als Bestandteil der normalen Stuhlflora. Wiederkäuer, vor allem Rinder aber auch Schafe und Ziegen sind ebenfalls ein wichtiges Reservoir. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Der Mensch infiziert sich durch Schmierinfektion (faekal-oral) sowie durch Kontakt zu o. g. infizierten Tieren oder durch Verzehr von unzureichend erhitzten Lebensmitteln (Rohmilch, Hackfleisch und sonstige Lebensmittel). Die Infektionsdosis ist sehr gering (weniger als 102 Keime). 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt meist 1 - 3 Tage, kann aber auch bis zu 8 Tagen dauern. Stuhl und Abwasser enthalten im Allgemeinen Escherichia coli. Bei darmpathogenen Keimen besteht eine Ansteckungsfähigkeit, solange der Erreger im Stuhl nachgewiesen wird. In der Regel dauert die Keimausscheidung hier 5 - 1 0 (bis 20) Tage, kann aber (besonders bei Kindern) auch über einen Monat betragen. Ausscheider von EHEC dürfen nach § 34 Abs. 2 IfSG im Regelfall Gemeinschaftseinrichtungen bis zum Vorliegen von drei aufeinander folgenden negativen Stuhlproben (Abstand 1 - 2 Tage) nicht besuchen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Viele Infektionen verlaufen klinisch stumm. Bei enteropathogenen Colistämmen treten bei etwa einem Drittel leichte, wässrige Durchfälle mit Bauchkrämpfen auf. Bei 10 % - 20 % der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine blutige Darmentzündung mit Fieber. Schwere Komplikationen treten in wenigen Fällen auf. Zu den Komplikationen zählen: das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit Zerstörung der roten Blutkörperchen, Blutgerinnungsstörungen und Nierenschädigungen bis Nieren-versagen, MUTTERSCH_30- Seite 42/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ die thrombotischthrombozytopenische Purpura (TTP) mit Zerstörung der Blutplättchen und roten Blutkörperchen gefolgt von Hautblutungen und Befall des Nervensystems. 6. Risiken während der Schwangerschaft Harnwegsinfektionen können in der Schwangerschaft gehäuft auftreten, wenn der normale Harnfluss durch die Schwangerschaft behindert ist. Bei werdenden Müttern kann die Infektion mit EHEC lebensbedrohlich verlaufen und zu Nierenversagen führen. Die Sterblichkeit ist besonders im Kindesalter hoch (1 % 5 %). 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Erregerisolierung aus Urin, Blut, Galle, Liquor, Stuhl bzw. durch Bestimmung von Antikörpern gegen EHEC aus Blut. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Persönliche Hygiene (Tragen von Handschuhen beim Umgang mit Exkreten), Meiden des Kontaktes zu Abwasser und Abfall. Sorgfältige Einhaltung von Hygienevorschriften beim Umgang mit Lebensmitteln. Kein unmittelbarer Kontakt zu den Tieren in Streichelzoos oder auf Bauernhöfen (kein Gesichtskontakt, gründliches Händewaschen!). Milch sollte nicht in rohem Zustand, sondern nur nach Wärmebehandlung verzehrt werden (Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung ist es rechtlich untersagt, rohe oder nicht ausreichend erhitzte Milch an Verbraucher abzugeben). 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Strengste Hygienemaßnahmen und kein Umgang mit EHEC-Erkrankten. VII. Fischtuberkulose (Schwimmbadqranulom, Fischzüchtergranulom) 1. Erreger Der Erreger, Mycobacterium marinum, ist ein unbewegliches Stäbchen aus der Familie der Familie Mycobacteriaceae. Er wird nach BioStoffV in die Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Der Erreger ist weltweit verbreitet, besonders in tropischen Bereichen. Reservoir sind die Fische. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Der Erreger gedeiht in unzureichend gechlortem und warmem Wasser. Bei Kontakt mit verunreinigten stehenden Gewässern dringt er in oberflächliche Hautwunden. In Deutschland kann man sich hauptsächlich bei Arbeiten an/in schlecht gepflegten Aquarien und privaten Schwimmbädern anstecken. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt zwei bis vier Wochen. MUTTERSCH_30- Seite 43/70 Anhang E E V/3 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Beschwerden treten am Ort der Verletzung, am häufigsten auf der Haut der Hände bzw. Arme, Ellenbogen und Füße auf. Hier entstehen blaurote schmerzlose Knötchen, die manchmal erst nach ein bis zwei Jahren abheilen und Narben hinterlassen. Gelegentlich treten am Arm in einer Reihe mehrere dieser Knoten auf als Folge einer Ausbreitung der Erreger über die Lymphbahnen. Oft sind auch tiefe Strukturen betroffen (Gelenks- und Knochenmarksentzündungen). 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. In der Schwangerschaft sind die Therapiemöglichkeiten eingeschränkt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Erregernachweis in der Kultur. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Eine Impfung gegen diese Erkrankung ist nicht möglich, daher sind z. B. bei Reinigungsarbeiten geeignete Schutzhandschuhe zu tragen. Auf Symptome bei den Fischen ist zu achten. Kranke Fische dürfen nicht mit ungeschützten Händen angefasst werden. Die Wasserqualität ist zu gewährleisten. Becken nicht „überbesetzen". 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Einhaltung der allgemeinen Hygienemaßnahmen. VIII. Frühsommer-Meninqoenzephalitis (FSME) 1. Erreger Erreger ist ein Flavivirus, welches zur Familie der Flaviviridae gehört. Es handelt sich dabei um das zentraleuropäische Zeckenenzephalitis-Virus, das nach BioStoffV in Risikogruppe 3 (**) eingestuft wird. 2. Vorkommen (Epidemiologie) FSME-Virus übertragende Zecken kommen in vielen europäischen Ländern, Russland und in Asien vor. Wesentliche Verbreitungsgebiete in Deutschland liegen in Baden-Württemberg und Bayern. Endemiegebiete liegen ebenfalls im südlichen Hessen (Odenwald), im LK Birkenfeld in Rheinland-Pfalz und in vereinzelten Landkreisen in Thüringen. Jährlich wird in einer Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins - in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Ausführungen in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am RKI (STIKO) - eine aktualisierte Darstellung der Risikogebiete in Deutschland in einer Einteilung nach Kreisgebieten als Grundlage für gezielte präventive Maßnahmen publiziert (www.rki.de). In diesen Gebieten sind Zecken in unterschiedlicher Häufigkeit (von < 0,2 % bis > 2 %) mit dem Virus befallen. Das primäres Erregerreservoir sind Kleinsäugerpopulationen, insbesondere Mäuse, aber auch Vögel, Rehe und Rotwild. MUTTERSCH_30- Seite 44/70 Anhang E E V/3 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Übertragung erfolgt durch Zeckenstich, sehr selten durch virusinfizierte Milch von Ziegen und Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen. Eine Infektion von Mensch zu Mensch gibt es nicht. Zecken halten sich bevorzugt in Wäldern, in nicht zu trockenen Lagen, in hohem Gras und Gebüsch sowie in losem Laub auf (bis 1,5 m Höhe). Nur 40 % der mit FSME-Virus-Infizierten erinnern sich an einen Zeckenstich! 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt gewöhnlich 7 - 1 4 Tage, in Einzelfällen bis zu 28 Tagen. Erkrankte sind nicht ansteckend. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Frühsommer-Meningoenzephalitis führt zur Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des Zentralnervensystems. Sie kann mit leichten grippeähnlichen Symptomen (10 % - 30 %) verlaufen und zu Dauerschäden wie Lähmungen führen. Bei ca. 1% der Erkrankten mit ZNS-Beteiligung führt die Erkrankung zum Tode. Ca. 70 % der Patienten bleiben ohne Symptome. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Eine spezifische antivirale Therapie ist nicht verfügbar. 6. Risiken während der Schwangerschaft Hier stehen die Gefährdungen der werdenden Mutter selbst und die eingeschränkten Therapiemöglichkeiten im Vordergrund. Sonstige Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel erfolgt eine Bestimmung von spezifischen Antikörpern in Blut/Gehirnflüssigkeit mit Beginn der zweiten Krankheitsphase. Zu Beginn der Erkrankung ist eine Virusisolierung aus Blut/Gehirnflüssigkeit möglich. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedVV hat der Arbeitgeber in Endemiegebieten Beschäftigten in Land-, Forst- und Holzwirtschaft, Gartenbau, Tierhandel und Jagd bei regelmäßige Tätigkeiten in niederer Vegetation und in Wäldern und bei Tätigkeiten mit regelmäßigem direkten Kontakt zu freilebenden Tieren und ggf. für Beschäftigte in Forschungseinrichtungen/Laboratorien arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und ggf. eine Impfung anzubieten. Grundsätzlich sollte durch Tragen von geeigneter Kleidung und durch Insektenabwehrmittel jeglicher Zeckenbiss vermieden werden. Nach einem Aufenthalt im Freien sollte der Körper nach Zecken abgesucht und ggf. Zecken möglichst rasch entfernen werden. Die Bisswunde muss sorgfältig desinfiziert werden. Eine postexpositionelle Immunprophylaxe ist nicht möglich. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Vermeidung von Tätigkeiten in Zeckenbiotopen mit Niedrigvegetation (z. B. Büsche, Farne, hoch gewachsenes Gras etc.). MUTTERSCH_30- Seite 45/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ IX. Hantavirus 1. Erreger Hantaviren gehören zur Familie der sogenannten Bunyaviridae. Es gibt ca. 12 verschiedene Hantavirustypen weltweit, die sich hinsichtlich der von ihnen ausgelösten Infektionen unterscheiden. Die in Mitteleuropa vorkommenden Typen gehören nach BioStoffV meist zur Risikogruppe 2, seltener zur Risikogruppe 3. 2. Vorkommen Epidemiologie In Mittel- u. Nordeuropa kommen insbesondere der Puumula- und der Dobravatyp, weltweit der Seoultyp vor. Jeder Typ hat einen „eigenen" Nager, an dessen Verbreitungsgebiet er gebunden ist. Hauptüberträger sind in Mitteleuropa die Rötelmaus, Brand-/Gelbhalsmaus und verschiedene Ratten. Ca. 1 % - 2 % der Bevölkerung in Deutschland haben Antikörper gegen Hantaviren. Die Zahl der jährlich in Deutschland geschätzten Fälle liegt bei ca. 600 - 1200. Gebiete mit gehäuften Fällen liegen im Münsterland und der nördlichen Eifel, in Nordbaden, Unterfranken und auf der Schwäbischen Alb. Eine berufliche Gefährdung besteht aufgrund der Übertragungswege bei beruflichen Tätigkeiten mit erhöhter Staubentwicklung im Bereich Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tierpflege, Zoohandel, Veterinärmedizin ggf. auch beim Umgang mit Labormäusen oder Laborratten, besonders in Endemiegebieten. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die infizierten Nager erkranken selbst nicht, scheiden aber große Virusmengen mit Kot, Urin oder Speichel aus. Der Mensch infiziert sich durch direkten oder indirekten Kontakt mit diesen Ausscheidungen, vor allem durch Einatmen von virushaltigen Staubpartikeln, z. B. bei Aufenthalt in alten Scheunen, Dachböden und Lagerhallen, beim Ausbringen von Gartenerde, durch Nagerbisse oder kontaminierte Lebensmittel. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die klassische Hantavirusinfektion hat eine Inkubationszeit von 1 2 - 2 4 Tagen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die meisten Infektionen verlaufen ohne Symptome oder als grippaler Infekt. Etwa 30 % der Infektionen mit dem Puumula-Virus zeigen klinische Symptome, wobei unspezifische Symptome wie Fieber, Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen dominieren. In wenigen Fällen kommt es zu Nierenfunktionsstörungen bzw. zum akuten Nierenversagen. In Ausnahmefällen kann es zu einer lebensbedrohlichen, hochfiebrigen Erkrankung mit ausgedehnten Blutungen im Bereich der Haut, Lunge, Magen-Darm-Trakt und Nieren mit Nierenversagen kommen. Die Sterberate beträgt hierbei je nach Virustyp 1 % -10 %. 6. Risiken für die Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel erfolgt eine Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Allerdings bilden nur ca. 60 % - 70 % der mit dem Puumulatyp infizierten Personen während der akuten Krankheitsphase nachweisbare spezifische Antikörper. MUTTERSCH_30- Seite 46/70 Anhang E E V/3 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Impfstoffe gegen Hantaviren durchlaufen derzeit die vorklinische Testphase. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Da das größte Risiko für eine Hantavirusinfektion bei Kontakt mit Mäusen, Ratten oder deren Ausscheidungen, insbesondere durch Staub besteht, ist ein Kontakt mit erkrankten oder verdächtigen Tieren bzw. die Exposition gegenüber deren Ausscheidungen zu verhindern. X. Hasenpest (Tularämie) 1. Erreger Es handelt sich um ein unbewegliches stäbchenförmiges Bakterium aus der Familie der Brucellaceae. Der Erreger (Francisella tularensis) wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Bakterium kommt auf der nördlichen Hemisphäre in Russland, Japan, USA und Kanada vor. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Als Reservoir dienen vor allem Hasen, Wildkaninchen, Biber, Schildzecken, landwirtschaftliche Nutztiere und Haustiere (insbesondere Katzen). Eine Ansteckung ist möglich über: Einatmen von infektiösem Staub, Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial, Verzehr von nicht ausreichend erhitztem, kontaminiertem Fleisch (Hasen) bzw. Wasser, Stechmücken oder Zecken und Tierbisse. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 2 -10, in der Regel 3 Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Das Krankheitsbild ist abhängig von der Eintrittspforte des Erregers. Es variiert von schmerzlosen Hautgeschwüren mit hohem Fieber, Lymphknotenschwellungen, Lungenentzündungen, Beteiligungen des Verdauungstraktes bis zu schwersten Verläufen mit einer Sterberate von bis zu 10 % ohne Behandlung. 6. Risiken während der Schwangerschaft Für die Leibesfrucht bestehen keine speziellen Risiken. Eine Behandlung mit Antibiotika ist in der Schwangerschaft problematisch. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt zu einer Teil-Immunität. MUTTERSCH_30- Seite 47/70 Anhang E E V/3 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) In Deutschland ist kein Impfstoff zugelassen. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Meiden von erkrankten oder verdächtigen Tieren und deren Ausscheidungen, Beachtung von Hygienemaßnahmen beim Umgang mit Fleisch aus Endemiegebieten. XI. Hepatitis E 1. Erreger Hepatitis E wird durch das Hepatitis E-Virus (HEV) verursacht. Es handelt sich um ein RNA-Virus aus der Familie der Hepeviridae. Nach oraler Aufnahme des Virus gelangt das Virus in die Leber. Dort findet die Virusvermehrung statt. Der Erreger wird über den Darm ausgeschieden. Nach BioStoffV wird das Virus in Risikogruppe 2 eingeordnet. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Zurzeit sind 4 Genotypen bekannt, die weltweit unterschiedliche Verbreitungen aufweisen. In den Endemiegebieten in Südost- und Zentralasien, im Nahen Osten, Nord- und Westafrika sowie Mittelamerika macht die Hepatitis E ca. 25 % aller Hepatitiden aus. Hierbei handelt es sich vor allem um Infektionen mit den rein humanpathogenen Genotypen 1 und 2. In den Industrieländern einschließlich Deutschland wurden in den letzten Jahren vermehrt autochthone Infektionen mit den Hepatitis E Genotypen 3 und 4 beobachtet. Diese Genotypen kommen nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Schweinen (Haus-/Wildschwein) vor. Bei Infektionen mit diesen Genotypen handelt es sich somit um Zoonosen. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Das Virus wird fäkal-oral übertragen; kontaminiertes Trinkwasser und schlechte hygienische Verhältnisse sind im Wesentlichen für die Verbreitung der HEVGenotypen 1 und 2 in den Endemiegebieten verantwortlich. In den Industrieländern einschließlich Deutschland, in denen v. a. die Genotypen 3 und 4 beobachtet werden, sind die relevanten Übertragungswege noch weitgehend unbekannt. Der Verzehr von rohen infizierten Innereien und nicht ausreichend gegartem Fleisch vom Schwein/Wildschwein scheint nach ersten Studien eine bedeutende Rolle zu spielen. Die Erreger werden mit dem Stuhl ausgeschieden. 4. Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich 4 - 5 Wochen (15-64 Tage). 5. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Erkrankte Personen sind ein bis zwei Wochen vor und bis zu einer Woche nach Auftreten der Gelbsucht ansteckend. Auch bei Verläufen ohne Gelbsucht und ohne typische Krankheitszeichen muss mit einer geringen Ansteckungsfähigkeit gerechnet werden. 6. Krankheitsbild mit Komplikationen Der Verlauf der HEV-Infektion ist sehr häufig ohne typische Krankheitszeichen und komplikationslos. Die Krankheit beginnt mit unspezifischen Magen- MUTTERSCH_30- Seite 48/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ Darm-Beschwerden und allgemeinem Krankheitsgefühl. Im weiteren Verlauf kann es zur Gelbsucht mit Lebervergrößerung kommen. Schwere akute Verläufe bei Infektionen mit den Genotypen 1 und 2 kommen mit einer Häufigkeit von bis zu 1 % in allen Altersgruppen vor. Nach einigen Monaten kommt es immer zu einer spontanen Ausheilung. 7. Risiken während der Schwangerschaft Infektionen mit den HEV-Genotypen 1 und 2 können während der Schwangerschaft zu besonders schweren Verläufen bei der werdenden Mutter führen. Im frühen Stadium der Schwangerschaft kommt es häufig zu Spontanaborten. Bei Infektionen im zweiten und letzten Trimenon kommt es gehäuft zu Fehlgeburten und erhöhter Neugeborenensterblichkeit. Eine Infektion im 3. Trimenon ist bei der werdenden Mutter mit einer hohen Letalität (20 %) verbunden. Inwieweit auch Infektionen mit den Genotypen 3 und 4 zu diesen Komplikationen führen können, ist noch nicht bekannt. 8. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Durchgemachte Erkrankungen führen zu lebenslanger Immunität. 9. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Es gibt zurzeit weder einen Impfstoff noch eine wirksame PEP. 10. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter müssen zur Hygiene besonders unterwiesen werden. Die Übertragung des Erregers kann weitgehend durch das konsequente Vermeiden einer fäkal-oralen Schmierinfektion, vor allem also durch das Tragen von Handschuhen bei potenziellem Kontakt mit Ausscheidungen und durch eine effektive Händehygiene, d.h. Desinfektion mit einem geeigneten Händedesinfektionsmittel, vermieden werden. XII. Katzenkratzkrankheit 1. Erreger Der Erreger, Bartonella henselae, ist eine kleine Bakterie aus der Familie der Bartonellaceae. Der Erreger wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen Weltweit sind etwa ein Drittel aller Hauskatzen mit dem Erreger symptomlos infiziert, insbesondere junge Tiere, seltener Hunde und Eichhörnchen. Auch in Deutschland sind Katzen offensichtlich mit "Bartonella henselae" infiziert. Die infizierten Katzen erkranken nicht, sie sind nur Wirtsorganismen. Der Erreger wird mit Blut, wo er in roten Blutkörperchen lebt, ausgeschieden. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Durch bloßen Kontakt zu Katzen, aber auch durch Kratzen oder Beißen der Katze bzw. durch Insektenstiche (z. B. Katzenfloh) kommt es zu Infektionen von Menschen. MUTTERSCH_30- Seite 49/70 Anhang E E V/3 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt ein bis zwei Wochen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen An der Eintrittstelle (Kratzstelle) bildet sich zuerst ein gerötetes Knötchen, gefolgt von Lymphbahnentzündung mit eitriger Lymphknotenentzündung. Nur bei einem Drittel der Infizierten entwickeln sich Fieber und generelle Infektionszeichen. Die Erkrankung heilt spontan nach zwei Monaten aus. Schwere Komplikationen treten selten auf. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Nachweis von Antikörpern im Blut sowie Erregernachweis durch Anzüchtung. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Direkten ungeschützten Kontakt bzw. Kratzverletzungen durch Katzen vermeiden. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen. XIII. Klassische Geflüqelpest (aviäre Influenza) und atypische Geflügelpest (Newcastle-Disease) 1. Erreger Die beiden Erkrankungen werden durch zwei verschiedene Viren hervorgerufen: die klassische Geflügelpest durch ein Influenza-A-Virus aus der Familie der Orthomyxoviren, die atypischen Geflügelpest durch das Newcastle-Disease-Virus aus der Familie der Paramyxoviren. Beide Viren werden nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Erreger sind weltweit verbreitet. Infektionen treten bei allen Geflügelarten, insbesondere bei Hühnern und Puten, sowie Wildvögeln und Tauben auf. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Infizierte Tiere scheiden die Viren in hohen Konzentrationen mit ihren Körperausscheidungen (Kot, Speichel, Tränenflüssigkeit) aus. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt sowohl luftgetragen als auch durch Schmierinfektion über die Schleimhäute. Bei der Newcastle-Disease kann eine Infektion auch von unsachgemäßem Umgang mit dem Impfstoff bzw. den geimpften Tieren (bis 15 Tage nach Impfung) herrühren. MUTTERSCH_30- Seite 50/70 Anhang E E V/3 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt mehrere (1 - 4) Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Beide Erkrankungen können eine schwere Bindehautentzündung der Augen hervorrufen; in Einzelfällen kann es auch zu teils schweren grippeähnlichen Allgemeinsymptomen kommen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern oder Virusbestandteilen im Blut bei gleichzeitig vorhandener Infektionsquelle. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe= vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Die genaue Vorgehensweise nach Kontakt mit erkrankten oder verdächtigen Tieren wird vom Robert-Koch-Institut unter www.rki.de und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter Beschluss 608 beschrieben. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter dürfen nicht in Kontakt mit erkrankten oder verdächtigen bzw. frisch geimpften Tieren und dem Impfstoff kommen. XIV. Leptospirosen 1. Erreger Leptospiren gehören zur Familie der Leptospiraceae (gramnegative Spirochäten). 2. Vorkommen Der Erreger ist weltweit verbreitet, überwiegend in feuchtem Milieu, insbesondere in stehenden Gewässern (Abwässer, Süßwasserseen) und ggf. Ställen (Schweinekoben). Als Reservoir dienen Nagetiere (Hasen, Ratten und Mäuse), Fuchs, Igel, aber auch viele Haus- und Nutztiere. Diese scheiden den Erreger jahrelang mit Urin aus. In Deutschland erkranken jährlich etwa 30 Menschen. Epidemien können bei Überschwemmungen vorkommen. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Ansteckung erfolgt über verletzte Haut bzw. Schleimhaut bei gleichzeitigem Kontakt mit kontaminiertem Wasser bzw. Urin. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 2 - 2 0 Tage. MUTTERSCH_30- Seite 51/70 Anhang E E V/3 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Krankheit verläuft in zwei Stadien. Am Anfang treten Fieber und Übelkeit, begleitet von Waden- und Rückenschmerzen auf. In der zweiten Phase tritt eine Organmanifestation mit schweren Leber-, Nieren- und Hirnschäden auf. Die Krankheit dauert unbehandelt ca. 10 Tage, kann aber lebensbedrohlich werden und in bis zu 30 % auch tödlich enden. 6. Risiken während der Schwangerschaft Der Erreger kann auf die Leibesfrucht übertragen werden und zu Totgeburt, Frühgeburt und Gehirnhautentzündungen führen. Eine Ansteckung ist auch über die Muttermilch möglich. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Erregernachweis mittels Anzucht sowie mit Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Nach einer durchgemachten Erkrankung tritt eine typspezifische Immunität auf. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Zurzeit ist kein Impfstoff für Menschen auf dem deutschen Markt. Bei beruflicher Exposition ist das Tragen von wasserdichter Schutzbekleidung und Beachtung von Hygienemaßnahmen erforderlich. Regelungen dazu finden sich in der TRBA 220 „Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen". Vermeidung von Kontakt mit Nagetieren. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei werdenden Müttern muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren ausgesprochen werden. Für Tätigkeiten in Klärwerken, in der Abfallwirtschaft oder bei der Probennahme von Oberflächenwasser besteht ein Beschäftigungsverbot. XV. Listeriose 1. Erreger Listerien sind kurze bewegliche Stäbchen der Gattung Listeria. Als Krankheitserreger ist nur Listeria monocytogenes beim Menschen von Bedeutung. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Der Erreger kommt weltweit vor, vor allem in der Landwirtschaft (Kompost, Erde, Pflanzen) und im Oberflächen- und Abwasser. L. monocytogenes kommt häufig im Kot von Tieren (Rinder, Schafe, Schweine, Hühner, Hunde, Katzen, Rehe, Pelztiere, Vögel, Kaltblüter, Insekten, Zoo- und Labortiere), aber auch im Stuhl gesunder Menschen (Ausscheider) vor. Sie kann auch außerhalb des tierischen Körpers überleben und sich bei Temperaturen von - 0, 4 bis + 54 Grad Celsius, also auch im Kühlschrank und im Gefrierbereich, weitervermehren. Das Vorkommen von Listeriose-Erkrankungsfällen in Deutschland ist wegen fehlender Daten nur schwer einzuschätzen. In den Jahren 2001 und 2002 wurden 213 bzw. 222 Erkrankungen gemeldet. Jährlich erkranken 30 - 40 Neugeborene. Etwa 90 % der Erwachsenen sind immun. MUTTERSCH_30- Seite 52/70 Anhang E E V/3 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Eine Ansteckung von Menschen erfolgt durch Kontakt mit infizierten Tieren und Erde, durch Nahrungsaufnahme von infizierten tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln wie z. B. Milch, Rohmilchprodukten, Käse, Butter, rohem Fleisch und Fleischerzeugnissen, Gemüse und Salat, durch Einatmen von infektiösem Staub z. B. beim Reinigen von Ställen sowie durch Schmutz- und Schmierinfektionen. Eine Erregerübertragung während der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht und während der Geburt auf Neugeborene ist möglich. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 3 - 7 0 Tage bei Lebensmittelinfektionen und 1 - 3 Tage bis 4 Wochen bei Tierinfektionen. Der Erreger kann mehrere Monate über den Stuhl ausgeschieden werden. Bei infizierten Müttern sind Listerien noch 7 - 1 0 Tage nach der Entbindung im Urin und in Geburtssekreten nachweisbar. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Schwere der Erkrankung ist abhängig von den Abwehrkräften der Erkrankten. Bei Abwehrgesunden verläuft die Infektion meist ohne Krankheitszeichen oder mit milden grippeartigen Symptomen. Es kommt zur Besiedlung des Darmtraktes. Bei Abwehrgeschwächten, z. B. Neugeboren und werdenden Müttern, beginnt die Erkrankung mit Fieber, starken Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Nackensteifigkeit. Die Listeriose kann jedes Organ befallen und zu Blutvergiftungen, Leber-, Herzmuskel-, Hirnhaut- und Gehirnentzündungen führen. Die Sterblichkeitsrate liegt bei 30 %. 6. Risiken während der Schwangerschaft Werdende Mütter und Neugeborene gehören zum gefährdeten Personenkreis. Werdende Mütter haben ein zwölffach höheres Risiko zu erkranken als die Durchschnittsbevölkerung. Schwangerschaftslisteriose: Infektionen in der Frühschwangerschaft führen zu Abort oder Totgeburt. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft können grippeähnliche Symptome bei der werdenden Mutter auftreten. Bei einer Infektion des ungeborenen Kindes kann es zu Tot- oder Frühgeburt kommen. Der Erreger kann über den Mutterkuchen auf das ungeborene Kind bzw. währen der Geburt auf das Neugeborene übertragen werden. Im letzten Schwangerschaftsdrittel oder während der Geburt kann es zu Neugeborenenlisteriose kommen. Treten die Symptome in der ersten Lebenswoche auf, spricht man von einer Frühinfektion. Diese Neugeborenen haben eine Trinkschwäche, leiden unter Krampfanfällen, Atemnot, Hautveränderungen, Durchfall, Erbrechen, Vergrößerung von Leber und Milz sowie Blutvergiftung. Infektionen unmittelbar bzw. während der Geburt führen in der zweiten Lebenswoche zu eitrigen Gehirn- und Hirnhautentzündungen. Die Sterblichkeit der Neugeborenen ist hoch. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Erregernachweis aus Blut, Eiter, Stuhl, Vaginalabstrich. Nach einer durchgemachten Erkrankung bleibt eine Teilimmunität. MUTTERSCH_30- Seite 53/70 Anhang E E V/3 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Eine Impfung gegen diese Erkrankungen ist nicht möglich. Auf strikte Einhaltung von Hygienevorschriften beim Umgang mit Lebensmitteln und erkrankten oder verdächtigen Tieren ist zu achten. Persönliche Hygiene und wasserdichte geeignete Schutzkleidung bei Kontakt mit Abwasser und Oberflächenwasser sind ebenfalls erforderlich. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Für werdende Mütter sind alle Tätigkeiten verboten, bei denen ein ungeschützter Kontakt zu erkrankten oder verdächtigten Tieren besteht. Verboten ist das Abschmecken von rohen tierischen Produkten (Köchinnen). Strenge Einhaltung von Hygienevorschriften beim Umgang mit Lebensmitteln, Tieren, Wasser, Abwasser, Oberflächenwasser, Erde. XVI. Lymphozytäre Choriomeninqitis (LCM) 1. Erreger Der Erreger ist das lymphozytäre Choriomeningitis-Virus (LCM-V). Er wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Diese Krankheit ist weltweit verbreitet, wobei lokale Endemieherde vorkommen. Hauptwirte sind junge Mäuse, Labormäuse, Zwerghamster, Hamster, Meerschweinchen im Alter zwischen 3 und 6 Monaten. Nicht alle infizierten Tiere erkranken auch mit Krankheitsanzeichen. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Das Virus wird über Harn, Kot und Speichel des infizierten Tieres ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt durch Einatmen der Viren, durch direkten Kontakt mit befallenen Tieren oder deren Ausscheidungen, durch Verschmieren auf der Haut und Kontamination von Speisen, über blutsaugende Insekten 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 6 - 1 3 Tage, bei Infektionen durch Biss- und Kratzwunden 36 Stunden. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Infektion kann symptomlos oder wie ein leichter grippaler Infekt verlaufen. Bei schweren Formen kommt es zu Fieber mit Gehirnhaut- und Hirnentzündungen, die nach wenigen Tagen wieder abklingen. Sie kann aber zu Bewusstseinstrübung, Lähmungen und Todesfällen führen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Bei Infektionen bis zur 14. Schwangerschaftswoche kann es zu Totgeburten kommen. Ab der 15. Woche bis zum Ende der Schwangerschaft können in Einzelfällen Hirnentzündung, Missbildungen und Fehlgeburten auftreten. Bei Neugeborenen kommt es zu geistiger und körperlicher Unterentwicklung und Krampfanfällen. MUTTERSCH_30- Seite 54/70 Anhang E E V/3 7. Diagnostik und Immunität In der Regel durch Nachweis von spezifischen Antikörpern und Virusisolierung aus Blut. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Einhaltung von strengen Hygienemaßnahmen. Betroffen sind überwiegend Tierzüchter, Laboranten, Beschäftigte in Tierhandlungen und Zoos. Regelungen für Beschäftigte in Laboratorien bzw. Versuchstierhaltung sind in der TRBA 120 „Versuchstierhaltung" und in der TRBA 100 „Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" zu finden. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Nur Umgang mit gesichert nicht infektiösen (pathogenfreien) Tieren und deren Ausscheidungen. XVII. Mikrosporie 1. Erreger Die Mikrosporie wird durch Hautpilze der Gattung Microsporum ausgelöst. Derzeit sind ca. 16 Microsporumarten bekannt. Sie werden nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen Die Mikrosporie kommt weltweit vor. Bekannt sind die mediterranen „Mikrosporieländer", aus denen häufig Microsporum canis eingeschleppt wird. Microsporum canis und Microsporum gypseum sind häufige Erreger von Hautpilzerkrankungen bei Kleintieren wie Hunden, Katzen, Meerschweinchen, Hamstern, aber auch bei größeren Haustieren wie Pferden und Kälbern. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Mikrosporie ist eine hochansteckende Hautpilzerkrankung, die in Deutschland meist vom Tier auf den Menschen übertragen wird (sogenannte zoophile Dermatophyten). Die primären Infektionsquellen sind hierzulande meist Hunde und Katzen. Ferner ist eine Infektion von Mensch zu Mensch über kontaminierte Gegenstände oder aber über Parasiten wie Flöhe und Milben möglich. Die infizierten Tiere, insbesondere Katzen, zeigen häufig keinerlei Symptome. Bei Katzen sind über 90 % der Pilzinfektionen durch Microsporum canis verursacht, beim Hund ca. 50 %. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt mehrere Tage bis wenige Wochen. 5. Krankheitsbild und Komplikationen Man unterscheidet zwei Krankheitsbilder, eines im Bereich der Kopfhaut, das andere im Bereich der nicht von Kleidung bedeckten Hautareale. Betroffen ist die Hornschicht der Haut und die Haare. Hier breiten sich kleine gerötete juckende Stellen mit einem dunkleren Randwall ringförmig aus. Auf behaarter MUTTERSCH_30- Seite 55/70 Anhang E___________________________________ E V/3 __________________________________________ Haut kommt es zum Abbrechen der Haare und zum Entstehen von haararmen Arealen (abgemähte Wiese). Die Kopfhaut darunter wirkt durch eine feine Schuppung wie bestäubt. Die Hauterscheinungen heilen in der Regel spurlos ab. Typischerweise sind die Hauterscheinungen in erster Linie an den Stellen zu beobachten, an denen direkter Tierkontakt bestand. Bei immungeschwächten Personen und Kindern kann es zum Organbefall kommen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. Eine Behandlung der werdenden Mutter muss als problematisch angesehen werden, weil verschiedene Medikamente in Verdacht stehen, bei der Leibesfrucht Schädigungen auszulösen bzw. ernsthafte Nebenwirkungen bei der werdenden Mutter verursachen zu können. 7. Diagnostik und Immunität Die Diagnostik wird mittels mikroskopischer Untersuchung der Schuppen/Krusten und Haare gestellt. Eine Anzüchtung der Erreger ist über mehrere Wochen möglich. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Beim Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren oder Menschen sind adäquate Hygienemaßnahmen erforderlich. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter dürfen keinen Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren haben. XVIII. Milzbrand (Anthrax) 1. Erreger Der Bacillus anthracis ist ein bekapseltes sporenbildendes Stäbchen aus der Familie der Bacteriaceae. Er wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Der Bacillus anthracis ist weltweit vor allem in Viehzuchtgegenden, besonders in wärmeren Klimazonen, verbreitet, kommt aber auch in Klärwerken vor, die vor 1970 Gerbereiabwässer verarbeitet haben. Die Sporen sind sehr umweltresistent und können im Boden und Tierprodukten jahrzehntelang überleben. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Milzbranderkrankungen sind in Deutschland sehr selten. Hautmilzbrand: Die Infektion erfolgt durch Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminierten tierischen Materialien (Organe, Fell, Häute, Wolle, Knochenmehl) bzw. Fliegenbiss. Die Sporen dringen über kleine Hautverletzungen ein. MUTTERSCH_30- Seite 56/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ Lungenmilzbrand: Die Inhalation erfolgt über sporenhaltigen Staub oder Aerosole, zum Beispiel beim Schlachten, Gerben oder Schafe scheren. Darmmilzbrand: Die Infektion erfolgt durch orale Aufnahme der Sporen mit ungenügend gekochtem Fleisch oder Innereien von erkrankten Tieren. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 2 - 7 Tage, meist innerhalb von 48 Stunden nach Infektion. Milzbrand wird durch Kontakt mit erkrankten oder verstorbenen Tieren sowie durch tierische Rohstoffe übertragen. Die Sporen sind Jahrzehnte und länger lebensfähig. 5. Krankheitsbild und Komplikationen Milzbrand ist eine akut verlaufende Infektionskrankheit der pflanzenfressenden Säugetiere, die von diesen auf den Menschen übertragen werden kann. In 95 % der Fälle handelt es sich um Hautmilzbrand (schmerzlose, oft zerfallende Knötchen) mit evtl. Lymphknotenbeteiligung bis zu starken Allgemeinsymptomen, dann fortgeleiteter Schmerz. Die Sterblichkeit liegt unbehandelt zwischen 5 % und 20 %; bei rechtzeitiger Antibiotikatherapie bestehen gute Heilungsaussicht. Lungenmilzbrand: Nach grippeähnlichen Symptomen Lungenentzündung mit hohem Fieber, das rasch tödlich verläuft. Darmmilzbrand: Blutiges Erbrechen, blutiger Durchfall, Ascites, in 25 % 100 % tödlich, auch unter Antibiotikatherapie. Komplikationen sind eine tödlich verlaufende, mit Blutungen verbundene Hirnhautentzündung oder Hirnentzündung bei 5 % der Patienten sowie eine Milzbrandblutvergiftung mit hohem Fieber, Kreislaufkollaps und Herzrhythmusstörungen, die innerhalb von 3 - 5 Tagen zum Tode führen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Risiken während der Schwangerschaft ergeben sich aus der Schwere der Erkrankung. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Nachweis des Erregers aus Hautläsionen, Sputum oder Stuhl bzw. Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Eine durchgemachte Erkrankung führt im Allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Siehe Beschluss 604 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe. Die vorgeschlagene Chemoprophylaxe/Behandlung mit Doxycyclin oder Ciprofloxacin ist in der Schwangerschaft nicht möglich. Zurzeit gibt es keinen in Deutschland zugelassenen Impfstoff zur Milzbrandprophylaxe. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Kein Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren, nicht sterilisierten Tierhäuten, -feilen, -ledern aus Endemiegebieten, keine Arbeit bei der Sanierung von kontaminierten Klärwerken. Generelles Beschäftigungsverbot im Milzbrandlabor. MUTTERSCH_30- Seite 57/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ XIX. Pasteurellosen 1. Erreger Die Pasteurella multocida ist ein kurzes Stäbchen. Es wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft 2. Vorkommen (Epidemiologie) Die Pasteurella multocida kommt weltweit bei Haus- und Wildtieren als Bestandteil der normalen Rachenflora vor und kann bei diesen Tieren gelegentlich Blutvergiftungen hervorrufen. Gefährdete Berufe sind Tierhalter, Tierärzte, Tierpfleger, Tierzüchter, Landwirte, Schlachthofpersonal. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Der Erreger wird durch Bisse und Kratzverletzungen auf den Menschen übertragen. Bei engem Kontakt sind Schmierinfektionen möglich. Auch eine Aufnahme über die Atemwege und orale Aufnahme ist möglich. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt Stunden bis14 Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Pasteurella multocida verursacht Wundinfektionen mit Beteiligung der Lymphknoten, Sehnen und kleinen Gelenke. Als Komplikation kommt es zu Hirnhautentzündung und Knochenmarksentzündung. Bei Einatmung kann es zu chronischer Bronchitis, Bronchienerweiterungen und Asthma kommen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität Züchtung des Erregers aus Abstrich, Eiter, Punktat, Liquor, Sputum, Blut, Operationsmaterial. Eine Serologie wird meist nicht durchgeführt. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Beachtung von Hygienemaßnahmen bei Umgang mit Tieren, operative Wundversorgung bei Biss- und Kratzwunden. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Keine Tätigkeit mit erkrankten oder verdächtigen Tieren. XX. Q-Fieber 1. Erreger Das Q-Fieber wird durch Coxiella burnetii (unbewegliches stäbchenförmiges Bakterium) hervorgerufen. Der Erreger wird nach BioStoffV in die Risikogruppe 3 eingestuft. MUTTERSCH_30- Seite 58/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ 2. Vorkommen Der Erreger kommt in Australien, USA, Kanada, Deutschland, besonders Baden-Württemberg, der Schweiz, Frankreich, England, Spanien vor. Er wird von Leder-Zecken auf Schafe, Kühe oder Rehe, selten auch Haustiere übertragen. Es bestehen örtlich begrenzte Naturherde. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Übertragung des Erregers erfolgt durch Einatmung von infiziertem Staub oder Tröpfcheninfektion bei direktem oder indirektem Kontakt mit infizierten Tieren und deren getrockneten Ausscheidungen oder Mutterkuchen sowie durch Genuss von Rohmilchprodukten. Eine Übertragung auf die Leibesfrucht wird selten beschrieben. Betroffene Berufe sind Schäfer, Tierpfleger, Tierärzte, Nahrungsmittelindustrie (Verarbeitung von nicht pasteurisierter Milch), Pathologiepersonal, Personen, die sich beruflich auf infizierten Weiden aufhalten. Der Erreger kann auch durch Aerosole beim Transport von Tiermist übertragen werden. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 39 Tage (im Allgemeinen drei Wochen). Tierherden sind oft dauerhaft infiziert und Ausscheider. Im Frühjahr und Frühsommer ist die Ansteckungsgefahr erhöht, da bei der Geburt infizierte Mutterkuchen abgegeben werden. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Erkrankung kann symptomlos oder akut mit plötzlichem Fieberanstieg über 40° C mit starker Allgemeinsymptomatik auftreten. 30 % - 50 % der Patienten erkranken an einer interstitiellen Lungenentzündung. Erkrankungen anderer Organe sind möglich, wie z. B. der Hirnhäute, der Leber, aber auch des Mutterkuchens oder der Hoden. Chronisch kann es zu Herzinnenhautentzündung und Leberentzündung kommen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Infektionen der Leibesfrucht sind beschrieben. Es ergeben sich Einschränkungen der Therapie in der Schwangerschaft. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut bzw. Erregernachweis. Eine durchgemachte Erkrankung führt im allgemeinen zu lebenslanger Immunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Keine Aufnahme von Rohmilch und Rohmilchprodukten, wenn eine Erkrankung nicht ausgeschlossen werden kann oder der Tierbestand nicht geimpft ist. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Kein Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren (insbesondere deren Mutterkuchen) und deren Ausscheidungen (Mist). Kein Aufenthalt auf Schafweiden/-ställen in Endemiegebieten. MUTTERSCH_30- Seite 59/70 Anhang E E V/3 XXI. Rotlauf (Erysipeloid) 1. Erreger Der Schweinerotlauf wird durch ein stäbchenförmiges Bakterium aus der Gattung Erysipelothrix hervorgerufen. Es wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen Der Erreger kommt weltweit bei allen Haussäugetieren, Geflügel, Fischen und Reptilien, Krabben und anderen Meeresfrüchten vor und kann im feuchten und warmen Milieu mehrere Monate überleben. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Der Rotlauf ist eine hauptsächlich im Sommer und Herbst beim Schwein auftretende, meist akut verlaufende Infektionserkrankung, die auch beim Menschen vorkommen kann. Die Infektion des Menschen erfolgt durch Verletzung mit infiziertem Material oder kontaminierten Instrumenten, beim Verarbeiten von Rohfleisch und -fisch sowie Meeresfrüchten. Schweine können den Erreger über Harn und Kot schon vor Auftreten der Erkrankung ausscheiden. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 2 - 7 Tage. Die Tiere sind während der Inkubationszeit infektiös und können ohne Krankheitssymptome den Erreger ausscheiden. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Das Erysipeloid ist eine meist örtlich begrenzte, peripher fortschreitende Rötung. Als seltene Komplikationen sind Gelenkbeteiligungen, Blutvergiftung oder Herzklappenentzündung beschrieben. 6. Risiken während der Schwangerschaft Die Risiken ergeben sich aus der Schwere der Erkrankung bzw. der Komplikationen. 7. Diagnostik und Immunität Der Erreger kann aus Abstrichmaterial angezüchtet werden. Die Erkrankung hinterlässt eine erregerspezifische Immunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maß nahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Beim Umgang mit erkrankten Tieren oder infiziertem Material müssen Schutzhandschuhe getragen werden. In Deutschland sind die Schweinebestände i. d. R. geimpft. Auf Hygienemaßnahmen ist beim Umgang mit möglicherweise kontaminierten Lebensmitteln zu achten. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Kein Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren. Die Impfungen der Schweine dürfen nicht von werdenden Müttern durchgeführt werden. MUTTERSCH_30- Seite 60/70 Anhang E E V/3 XXII.Salmonellosen (Enteritissalmonellen, akute Gastroenteritis) 1. Erreger Die etwa 2.000 unterschiedlichen Salmonellen sind stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae, die Magen- und Darmerkrankungen (Lebensmittelvergiftungen) hervorrufen. Sie sind nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. Die Überlebensdauer im Abwasser liegt in Abhängigkeit von der Temperatur bei mehreren Wochen bis Monaten, in Schlamm, Abfall und Erdboden über mehrere Monate bis Jahre. Im trockenen Milieu, z. B. in Staub oder getrockneten Lebensmitteln (Trockenmilch, Gewürze) können Salmonellen Monate bis mehrere Jahre überleben. 2. Vorkommen Die Erreger kommen weltweit im Stuhl von Tieren, in Oberflächenwasser und Abwasser, in Abfällen sowie in Fleisch- und Eiprodukten vor. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Infektion erfolgt meist oral über Lebensmittel, nur in einzelnen Fällen durch direkten Kontakt mit ausscheidenden Tieren. Eine hohe Keimzahl (100.000 bis 1 Billion Bakterien) ist erforderlich. Infektionen treten gehäuft bei Kindern bis 4 Monate auf. Auch ältere und abwehrschwache Menschen sind gefährdeter als die Normalbevölkerung. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 5 - 7 2 Stunden. Dauerausscheider kommen vor (2 %o - 50 %o der Bevölkerung), 3 % der Haustiere sind infiziert. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Krankheitszeichen sind u. a. Erbrechen, Übelkeit, wässrige Durchfälle und Fieber. Die Erkrankungen treten häufig in Form von Kleinraumepidemien auf. Auslöser sind meist mit Salmonellen verunreinigte Fleisch- und Eiprodukte. 6. Risiken während der Schwangerschaft Werdende Mütter weisen eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Erregern von Lebensmittelinfektionen auf, also auch gegenüber Salmonellen. Die ggf. erforderliche Therapie ist in der Schwangerschaft problematisch. 7. Diagnostik und Immunität Die Bakterien lassen sich aus Stuhl anzüchten. Eine Salmonellenerkrankung bewirkt nur eine auf den speziellen Salmonellenstamm begrenzte Teilimmunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Beim Umgang mit Tieren und Lebensmitteln ist die strenge Einhaltung von allgemeinen Hygienemaßnahmen notwendig. Ein Impfstoff ist nicht verfügbar. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Das Abschmecken von Lebensmitteln muss unterbleiben, ansonsten sind die Hygienemaßnahmen konsequent durchzuführen. MUTTERSCH_30- Seite 61/70 Anhang E E V/3 XXIII. Tierpocken 1. 2. Erreger Es handelt sich um verschiedene Pockenviren, von denen nur einige Krankheitswert für Menschen haben. Die Viren unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wirtsspektrums und ihres Vorkommens. Für Deutschland können folgende Viren relevant sein: Kuhpocken-Viren (Orthopoxviren), die nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft werden, Affenpocken-Viren (Orthopoxviren), die nach BioStoffV in Risikogruppe 3 eingestuft werden, Elefantenpocken (Orthopoxviren), Kamelpocken (Orthopoxviren), Melkerknoten = Pseudokuhpocken-Viren (Parapoxviren), die nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft werden und Orfviren (Parapoxviren), die nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft werden. Vorkommen (Epidemiologie) Kuhpockenviren kommen natürlicherweise nur in Europa und südlich des Urals bei Rindern, Katzen und Zootieren vor. Affenpockenviren sind auf den tropischen Regenwald West- und Zentralafrikas beschränkt und haben als natürliche Wirte Nagetiere und Affen. Elefantenpocken kommen bei Elefanten vor, Kamelpocken bei Kamelen, Pseudokuhpockenviren sind weltweit verbreitet und gehen von Rindern aus und Orfviren kommen ebenfalls weltweit vor und befallen Schafe, Ziegen und Wild. Aus ihren natürlichen Reservoirs können diese Viren in andere Gebiete importiert werden (z. B. Auftreten der Affenpocken in Amerika). 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit infizierten Tieren, durch Biss, Kontakt mit tierischem Blut und Sekreten, Nahrungsaufnahme und Tröpfcheninfektion. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 4 Tage bis max. 3 Wochen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Zunächst kommt es bei all diesen Virusinfektionen zu unspezifischen Symptomen wie Fieber und Lymphknotenschwellungen. MUTTERSCH_30- Seite 62/70 Anhang E E V/3 Bei Kuh- und Affenpocken zeigen sich dann lokalisiert typische Pockenähnliche Bläschen und Pusteln, die eine Kruste bilden und schlecht heilen. Orfläsionen sind großknotig und schmerzhaft. Ein Befall der Augen kann zur Blindheit führen. Melkerknoten sind kirschrote halbrunde, feste Knoten, die relativ schmerzlos sind. Die Prognose ist im Allgemeinen als günstig zu bewerten. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten in der Schwangerschaft sind nicht bekannt. 7. Diagnostik und Immunität Der Erreger wird direkt oder nach Anzüchtung mikroskopisch dargestellt. Verschiedene Antikörpertests sind ebenfalls durchführbar. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe= vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Zurzeit ist kein Impfstoff für den Menschen auf dem deutschen Markt zugelassen. Das Impfen von Zootieren muss von der zuständigen Landesbehörde genehmigt werden. PEP: Die Gabe von Immunglobulinen bzw. von antiviral wirksamen Substanzen ist möglich, deren Wirksamkeit aber ungewiss. Das Vorgehen ist im Einzelfall vom Arzt nach strenger Risikoabwägung zu entscheiden. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren ausgesprochen werden. XXIV. Tollwut (Rabies) 1. Erreger Das Tollwut-Virus ist ein RNA-Virus aus der Familie der Rhabdoviren, Genus Lyssa-Viren. Es wird nach BioStoffV in Risikogruppe 3** eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Das Virus ist weltweit verbreitet, wobei wenige Länder wie Australien, Japan, Schweden, Großbritannien und Irland tollwutfrei sind. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Infizierte Tiere (Hunde, Katzen, Füchse, Fledermäuse, Marder, Dachse etc.) scheiden das Virus bereits 3 - 1 0 Tage vor den ersten Krankheitszeichen und dann während der Erkrankung mit dem Speichel aus. Die Ansteckung erfolgt meist über verletzte Haut bei Biss- oder Kratzwunden, seltener über intakte Schleimhäute. Auch eine luftgetragene Infektion, insbesondere in Fledermaushöhlen, ist möglich. MUTTERSCH_30- Seite 63/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 5 Tage bis mehrere Jahre, in der Regel 60-140 Tage- 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen Beschwerden an der Eintrittspforte des Erregers, später kommen starke Kopfschmerzen, Erbrechen und Fieber hinzu. Das Endstadium ist durch eine ausgeprägte Scheu vor Wasser und Licht mit Krämpfen gekennzeichnet. Die Erkrankung verläuft immer tödlich, zumeist durch Lähmung der Atemmuskulatur. 6. Risiken während der Schwangerschaft Das Risiko für die Leibesfrucht ergibt sich aus dem tödlichen Verlauf der mütterlichen Erkrankung. 7. Diagnostik und Immunität Der Virusnachweis ist aus dem Speichel infizierter Personen bzw. dem Gehirn verdächtiger Tiere möglich. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Nach Teil 2 des Anhangs zur ArbMedVV hat der Arbeitgeber für Beschäftigte in Gebieten mit Wildtollwut, die regelmäßigen Kontakt zu freilebenden Tieren haben bzw. ggf. für Beschäftigte in Forschungseinrichtungen/Laboratorien, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und eine Impfung anzubieten. PEP: Nach einer potenziellen Exposition ist ggf. unverzüglich mit der PEP zu beginnen, konkrete Hinweise dazu gibt das Robert-Koch-Institut (www.rki.de). 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter ohne Antikörperschutz muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren bzw. Tiermaterialien für die gesamte Schwangerschaft ausgesprochen werden. XXV. Toxoplasmose 1. Erreger Toxoplasma gondii ist ein einzelliger Parasit, der zu den Sporozoen gehört. Der Erreger wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Toxoplasma gondii ist weltweit einer der häufigsten Parasiten des Menschen sowie der Haus- und Wildtiere. Der Parasit wird von frisch infizierten Katzen (Hauptwirt) mit dem Kot in Form von sogenannten Oozysten (Eier) ausgeschieden. Diese sind sehr widerstandsfähig und können auf dem Fell und im Erdreich überdauern oder werden durch Wind oder Staub verteilt und können von Menschen oder von Schlachttieren (insbesondere Schweinen) aufgenommen werden. MUTTERSCH_30- Seite 64/70 Anhang E E V/3 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Die Übertragung erfolgt durch Genuss von zystenhaltigem rohem oder ungenügend gebratenem Fleisch oder anderen Fleischprodukten (Roh- oder Teewurst), vor allem von Schwein und Lamm (z. B. Mett, Tartar) bzw. durch direkten oder indirekten (z. B. Gartenerde) Kontakt mit infektiösem Katzenkot (z. B. beim Reinigen von Katzenklos oder durch Streicheln der Katzen). Im Allgemeinen nimmt die Durchseuchung beim Menschen in jedem Lebensjahrzehnt um ca. 10 % zu, bei den 60 - 65-jährigen beträgt sie bis 70 %. Die Übertragung auf die Leibesfrucht erfolgt über den Mutterkuchen. Bei Schlachtfleisch im Kühlraum bleiben Toxoplasmazysten bis 30 Tage lebensund infektionsfähig, Oozysten aus Katzenkot oder Gartenerde bis zu einem Jahr. Durch Erhitzen auf > 70°C oder Tieffrieren auf - 20°C werden die Zysten abgetötet. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt ca. 1 - 3 Wochen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen 80 % - 90 % der Infektionen verlaufen unbemerkt, ohne Krankheitssymptome. Nur in seltenen Fällen kommt es zur Erkrankung, der sogenannten Toxoplasmose mit grippeähnlichen Symptomen und Lymphknotenvergrößerung. Bei abwehrschwachen Personen kommt es selten zur Herzmuskelentzündung, Hirnhautentzündung oder Lungenentzündung. 6. Risiken während der Schwangerschaft Bei der Erstinfektion von werdenden Müttern verläuft diese im Allgemeinen Symptom los. In seltenen Fällen erkrankt die werdende Mutter an Toxoplasmose mit grippeähnlichen Symptomen. Mit der Dauer der Schwangerschaft nimmt einerseits die Wahrscheinlichkeit der Übertragung auf das Ungeborene zu, andererseits die Schwere des Krankheitsbildes ab. Bei der Leibesfrucht kann es zu schweren Schäden des Zentralnervensystems (z. B. Wasserkopf, Entzündungen des Gehirns, geistige Fehlentwicklung) Augenveränderungen (bis zur Erblindung) sowie zur Fehl- oder Totgeburt kommen. Spätschäden durch Toxoplasmoseinfektionen des Kindes während der Schwangerschaft können erst nach Monaten oder Jahren auftreten (z. B. geistige Verlangsamung, Augenveränderung). Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass im Jahr bis 1.500 Kinder durch Toxoplasmoseinfektionen während der Schwangerschaft geschädigt werden. 7. Diagnostik und Immunität In der Regel erfolgt die Bestimmung von spezifischen Antikörpern im Blut. Bei Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft eine Toxoplasmoseinfektion durchlebt haben, besteht bei erneutem Erregerkontakt während der Schwangerschaft keine Gefahr für die Leibesfrucht. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Eine Impfung ist derzeit nicht möglich, deshalb ist die Beachtung von hygienischen Maßnahmen entscheidend. MUTTERSCH_30- Seite 65/70 Anhang E 9. E V/3 Konsequenzen für den Mutterschutz Bei werdenden Müttern ohne Antikörperschutz müssen bestimmte berufliche Tätigkeiten untersagt werden: kein Verzehr/Abschmecken von rohem oder nicht völlig durchgegartem Fleisch sowie rohen Fleischprodukten (z. B. Tartar, Hackfleischteig, Rohoder Teewurst); Beachtung strenger Hygienemaßnahmen beim Umgang mit rohem Fleisch, rohem Gemüse und Obst sowie bei Garten- oder Erdarbeiten; kein Umgang mit Katzen und Katzenkot, wenn die Exposition gegenüber Oozysten nicht sicher auszuschließen ist. XXVI. Trichophytie (Borken-, Knötchen- oder Glatzflechte) 1. Erreger Derzeit sind ca. 26 Trichophytonarten bekannt. Trichophyten zählen zu den Hautpilzen (Dermatophyten). Nach der BioStoffV werden sie in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen Die Trichophytie ist weltweit verbreitet. Es gibt Arten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden (zoophile Trichophyton-Arten) und solche, die von Menschen übertragen werden (anthropophile Arten). Aus mediterranen Ländern werden häufig zoophile Arten eingeschleppt, viele anthropophile Arten aus westeuropäischen Ländern, Afrika und den USA. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate Neben Direktkontakt mit Tieren wie z. B. Hund, Katze, Maus, Kaninchen, Chinchilla, Ratte, Meerschweinchen, gelegentlich Pferd, Rind, Schaf, Schwein und Zootieren überträgt sich der Erreger auch indirekt über kontaminierte Gegenstände (Käfige, Bürsten, Kämme, Decken) oder über Parasiten wie Flöhe und Milben. Infizierte Tiere zeigen oft keinerlei Symptome, sind aber trotzdem Ansteckungsquellen. Die Ansteckung der extrem infektiösen zoophilen Arten überwiegt gegenüber den weit harmloseren antropophilen Dermatophyten deutlich. Die Ansteckungsfähigkeit besteht solange, bis die Überträger (Tier oder Mensch) sicher kuriert sind. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit schwankt zwischen 14 Tagen und 4 Wochen. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Bevorzugte Infektionsstellen beim Menschen sind die Haut und Haare von vornehmlich unbedeckten Körperteilen wie z. B. des Kopfes und der Gliedmaßen. Die Erreger rufen beim Mensch in erster Linie oberflächliche Hautpilzerkrankungen mit Hautrötung, Schuppung und Bläschenbildung hervor, wobei die Herde eine Randbetonung aufweisen. Ein Mitbefall von Haaren und Nägeln ist möglich. Seltener kommt es zu akut entzündlichen, tief greifenden Prozessen (Abszesse, knotig-tumoröse Verdickungen, Lymphknotenverdickungen). Eine Son- MUTTERSCH_30- Seite 66/70 Anhang E___________________________________ E V/3__________________________________________ derform, ausgelöst durch Trichophyton schönleinii führt zur dauerhaften Kahlköpfigkeit (Erbgrind). In seltenen Fällen, insbesondere bei immungeschwächten Personen, kann es zum Organbefall kommen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Besonderheiten für die Schwangerschaft sind nicht bekannt. Als problematisch muss die teilweise über viele Wochen andauernde innerliche und/oder äußerliche Behandlung angesehen werden, weil verschiedene dieser Medikamente im Verdacht stehen, Missbildungen bei der Leibesfrucht zu verursachen bzw. ernsthafte Nebenwirkungen bei der werdenden Mutter auszulösen. 7. Diagnostik und Immunität Die Diagnose wird mittels mikroskopischer Untersuchung der Schuppen/Krusten, Nägel und Haare gestellt. Eine exakte Bestimmung des Erregers ist nur durch Anzüchtung über mehrere Wochen möglich. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorübergehende Maßnahmen nach Exposition gegenüber Krankheitserregern) Beim Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren oder Menschen sind adäquate Personenschutzmaßnahmen erforderlich. Zurzeit sind Impfstoffe für Tiere, nicht aber für Menschen erhältlich. Auch Kleidung, Liegedecken, Kämme, Bürsten usw. sind mit pilzabtötender Desinfektion zu behandeln. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Werdende Mütter dürfen keinen Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren haben, wenn eine Infektion nicht sicher ausgeschlossen ist. XXVII Tuberkulose bei Tieren 1. Erreger Es handelt sich um verschiedene säurefeste, stäbchenförmige Bakterien, das Mycobacterium tuberculosis, bovis (nach BioStoffV Risikogruppe 3), das Mycobacterium avium und africanum (nach BioStoffV Risikogruppe 2) u. a. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Mycobacterium bovis ist weltweit verbreitet. In Deutschland spielt die dadurch ausgelöste Rindertuberkulose nur noch eine untergeordnete Rolle, weil der Rinderbestand weitestgehend tuberkulosefrei ist. Mycobacterium avium kommt ubiquitär in Haustieren, bes. Geflügel und Schweinen, aber auch in Erdreich, Oberflächenwasser und Lebensmitteln vor. Mycobacterium africanum kommt vor allem bei Affen vor. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die Übertragung erfolgt in der Regel über den Verzehr von roher Milch und Rohmilchprodukten sowie rohem Fleisch infizierter Tiere. Selten sind Infektionen über erregerhaltigen Staub oder Kontakt mit infizierten Tieren. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt 4 - 6 Wochen, selten auch länger. MUTTERSCH_30- Seite 67/70 Anhang E E V/3 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die beim Menschen ausgelöste Erkrankung zeigt sich bei Aufnahme über die Nahrung als Darmtuberkulose, bei Hautkontakt als Hauttuberkulose und bei Inhalation von infektiösem Staub als typische Lungentuberkulose. Diese Krankheitsbilder zeigen nach Infektion mit dem Mycobacterium avium einen milderen Verlauf als nach Infektion mit den anderen beiden Erregern. 6. Risiken während der Schwangerschaft Die Therapie in der Schwangerschaft ist problematisch. 7. Diagnostik und Immunität Es wird versucht, den Erreger direkt mikroskopisch oder nach Anzüchtung darzustellen bzw. auf molekularer Ebene zu typisieren. Zur Frühdiagnostik werden verschiedene Hauttests sowie eine Röntgen-Untersuchung angewandt. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe = vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Regelungen finden sich in der TRBA 230 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft und vergleichbaren Tätigkeiten". 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Bei einer werdenden Mutter muss ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit erkrankten oder verdächtigen Tieren ausgesprochen werden. XXVIII. Wundstarrkrampf (Tetanus) 1. Erreger Der Erreger (Clostridium tetani) ist ein sporenbildendes Stäbchen aus der Familie der Bacillaceae, der nur unter Luftabschluss überlebensfähig ist. Demgegenüber sind die Sporen dieses Erregers sehr umweltresistent. Er wird nach BioStoffV in Risikogruppe 2 eingestuft. 2. Vorkommen (Epidemiologie) Der Erreger ist weltweit verbreitet. 3. Infektionsweg und Ansteckungsrate (Kontagiosität) Die umweltresistenten Tetanussporen finden sich in Staub, in Erde, tierischen Exkrementen z. B. von Pferden u.a. Sie können über kontaminierte Wunden, auch kleinste Verletzungen durch Dornen, Verbrennungen, Bissverletzungen oder Stiche in den Körper eindringen. Die Erkrankung wird durch das von den Tetanussporen gebildete Gift (Tetanustoxin) verursacht. 4. Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit Die Inkubationszeit beträgt einen Tag bis mehrere Monate, in der Regel 3 - 2 1 Tage. 5. Krankheitsbild mit Komplikationen Die Erkrankung beginnt häufig mit einem Spannungsgefühl im Wundgebiet oder im Bauchraum. Typischerweise kommt es dann zu einer Verkrampfung der Kaumuskulatur und im späteren Verlauf weiterer Körpermuskeln, insbesondere der MUTTERSCH_30- Seite 68/70 Anhang E___________________________________ E V/3 __________________________________________ Rumpf- und schließlich auch der Arm- und Beinmuskulatur. Unbehandelt sterben 30 % - 90 % der Patienten, vor allem ältere Menschen, an Atemlähmung, Lungenentzündung oder komplizierenden Zweitinfektionen. 6. Risiken während der Schwangerschaft Das Risiko für die Leibesfrucht ergibt sich aus der Schwere der mütterlichen Erkrankung. 7. Diagnostik und Immunität Die Diagnosestellung erfolgt aufgrund des klinischen Bildes. Eine durchgemachte Erkrankung hinterlässt keine Immunität. 8. Prävention / PEP (Postexpositionsprophylaxe= vorbeugende Maßnahmen nach Exposition gegenüber einem Krankheitserreger) Eine Tetanus-Schutzimpfung wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut für die Bevölkerung empfohlen. Nach der Grundimmunisierung im Säuglingsalter sind Auffrischimpfungen alle 10 Jahre erforderlich. PEP: Im Verletzungsfall ist bei unzureichendem oder unklarem Immunschutz eine unverzügliche passive und/oder aktive Impfung erforderlich und vom Arzt durchzuführen. 9. Konsequenzen für den Mutterschutz Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr sind grundsätzlich zu vermeiden. Beim Umgang mit Erdreich sind geeignete Schutzhandschuhe zu tragen. Auf Hygienemaßnahmen ist zu achten. MUTTERSCH_30- Seite 69/70 Anhang E___________________________________ E V/3 __________________________________________ Literatur: Allgemein Robert Koch Institut: Infektionskrankheiten A - Z - www.rki.de Hofmann, F., Handbuch der Infektionskrankheiten, ecomed Verlagsgesell schaft Hofmann, F., Jäckel, R., Merkblätter Biologische Arbeitsstoffe, ecomed Ver lagsgesellschaft Krauss, H. et. al., Zoonosen, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Deut scher Ärzteverlag Köln 1997 Borreliose MacDonald, A.B. Zentralblatt Bakteriol. Mikrobiol. Hyg (A) 1986:263:189-200 Friese, K., Schäfer, A., Hof, H., Infektionskrankheiten in Gynäkologie und Geburtshilfe; Springer Verlag, 2003 Campylobacter Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 01/02 Lebensmittelbedingte Erkrankungen in Deutschland www.rki.de Fischtuberkulose Leuenberger, R., Bodmer, T., Klinische Präsentation und Therapie der Mycobacterium-marinum-lnfektion anhand von 12 Fallbeispielen; Dtsch. med. Wschr. 125(2000), 7 - 1 0 Katzenkratzkrankheit Haimerl, Michael, Untersuchungen zur Seroprävalenz von BartonellaSpezies und Afipia felis bei Katzen in Deutschland; Dissertation Univ. München, Vet. - Med. Fakultät, WS 98 - 99 Listeriose Hof, H., Listeriose: Was Ärzte über Infektionsrisiken und Erkrankung wissen sollten, Bundesgesundheitsblatt 7 (1999) 558-561 MUTTERSCH_30- Seite 70/70