Verheerende Folgen, schwierige Prognose

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T H E M E N
D E R
Z E I T
BERICHTE
Umweltthema Erdbeben
Verheerende Folgen,
schwierige Prognose
Erdbeben erschüttern zurzeit große Teile der Erde. Präzisere Vorhersagen könnten helfen, Schäden einzudämmen.
D
ie meisten stärkeren Erdbeben sind tektonischer Natur.
Sie entstehen durch eine
plötzliche Verschiebung entlang einer
bereits existierenden Bruchzone, entweder an der Plattengrenze oder im
Inneren einer Platte. Die stärksten
Erdbeben treten an Plattengrenzen
auf, wovon vor allem Alaska, Japan
und Chile betroffen sind. Unter Platten versteht man die starren Teile der
Erdkruste und die darunter liegenden
Bereiche des oberen Erdmantels. Die
Strömung des flüssigen Gesteins im
Erdinneren treibt die Platten an. Entlang der so genannten ozeanischen
Rücken tritt das nachströmende flüssige Gestein am Meeresboden aus
und treibt die benachbarten Platten
einige Zentimeter pro Jahr weiter
auseinander. An den Plattengrenzen –
auch Kontinentalränder genannt –
taucht eine schwere ozeanische Platte
unter eine leichte kontinentale Platte.
Treffen zwei kontinentale Platten
aufeinander, kommt es zu einer Kollision. Die eine Platte kann sich nicht
mehr unter die andere schieben. Die
Kollision führt zu einer Stauchung der
Platten, wobei sich Gebirge bilden.
Dabei entstehen Bruchzonen, entlang
derer sich beispielsweise im alpinen
Raum Erdbeben ereignen.
Mexiko liegt über einer Subduktionszone. Hier taucht die Cocos-Platte, ein Teil des pazifischen Ozeanbodens, mit einer Geschwindigkeit von
rund sechs Zentimetern pro Jahr unter
die Nordamerikanische Platte in den
Erdmantel hinab. Seichtere, oft sehr
heftige Erdbeben bis etwa 70 Kilometer Tiefe werden dadurch ausgelöst,
dass die beiden Platten gegeneinander
reiben. Andere, meist schwache Erdbeben ereignen sich innerhalb der abtauchenden Platte. Diese ist kälter als
A-442
ihre Umgebung und reagiert auf Verformungen mit Bruch. Dieser Erdbebentyp tritt bis maximal 700 Kilometer Tiefe auf. In noch größerer Tiefe
ist die abtauchende Platte bereits so
weit aufgeheizt, dass sie Spannungen
durch langsames Fließen ausgleichen
kann. Weitere Erdbeben können sich
weit im Landesinneren und deutlich
über der eigentlichen Subduktionszone innerhalb der kontinentalen Kruste ereignen. Sie werden durch Ausgleichsbewegungen der unter Kompressionsspannung stehenden Kruste
oder durch den Aufstieg von Magma
im Bereich des vulkanischen Bogens
ausgelöst.
Aktuelle Beispiele sind die Beben
in der Türkei, in Taiwan und in Mexiko. Hier wird entlang einer Bruchzone
der Reibungswiderstand gegen den
durch die Platten übertragenen Druck
überschritten, und es kommt zu einer
plötzlichen Verschiebung, die einen
Spannungsabbau bewirkt und sich als
Erdbeben äußert.
Die Erdbebenauswirkungen an
der Erdoberfläche werden mit Hilfe
einer Intensitätsskala bewertet. In
den meisten Ländern, einschließlich
Deutschland, wird eine 12-stufige
Skala verwendet. Liegen hinreichend
viele Erdbeben-Wahrnehmungsberichte vor, kann man ihnen Intensitätswerte zuordnen, die so gewonnenen Daten in eine Landkarte eintragen und schließlich das Epizentrum
und die Epizentralintensität ermitteln. Als Isoseisten bezeichnet man
die Linien gleicher Erdbebenintensität, die es erlauben, Gebiete unterschiedlichen Schadens- oder Fühlbarkeitsausmaßes voneinander abzugrenzen. Der Gesamtbereich, in dem
die Erschütterungen fühlbar sind,
wird als Schüttergebiet bezeichnet.
Aus der Intensitätsverteilung kann
man auch Rückschlüsse auf die Herdtiefe des Erdbebens und die während
des Erdbebens freigesetzte seismische
Energie ziehen, und zwar ohne Zuhilfenahme von Instrumenten.
Seit Beginn des Jahrhunderts
werden Erdbeben in zunehmendem
Maß instrumentell erfasst. Mithilfe
von Seismometern können heute bereits sehr kleine Bodenbewegungen in
der Größenordnung von einigen Nano-
Weltweite Erdbeben der Stärke M >=5,0 in den letzten 12 Monaten
Diese Karte mit der Übersicht über die weltweiten Erdbeben innerhalb der letzten 12 Monate wird immer
dann automatisch aktualisiert, wenn sich irgendwo auf der Erde ein Beben mit einer Magnitude von 5,0 oder
größer ereignet hat.
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 8, 25. Februar 2000
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metern, also wenigen Milliardstel
Metern, erfasst werden.
Die von möglichst vielen Erdbebenstationen registrierten Seismogramme ermöglichen es unter anderem, den Erdbebenherd genau zu orten, Lage und Ausdehnung der aktiven Bruchfläche sowie Größe und
Richtung der Verschiebung zu bestimmen. Die instrumentellen Erdbebenaufzeichnungen sind zudem die
Grundlage für die Bestimmung der
Magnitude, die in den 30er-Jahren in
Kalifornien von Charles Richter eingeführt wurde – daher der Name
Richter-Skala. Die Magnitude stellt
ein logarithmisches Maß für die am
Erdbebenherd freigesetzte Schwingungsenergie dar, die aus den Seismogrammen berechnet wird.
Ein Erdbeben der Magnitude 7
weist somit eine circa 30-mal größere
Energie auf als ein Erdbeben der
Magnitude 6. Letzteres ist wiederum
30-mal energiereicher als ein Erdbeben der Magnitude 5. Das erklärt den
gewaltigen Unterschied im Zerstörungspotenzial zwischen Erdbeben
der Magnitude 5 und der Magnitude
7, da bei letzterem 1 000-mal mehr
seismische Energie freigesetzt wird.
Da aber die Erdkruste nur begrenzt
Deformationsenergie speichern kann,
ist eine Magnitude > 9 nicht möglich.
Dennoch wird die Richter-Skala oft
als nach oben offen bezeichnet, um sie
von der Intensitätsskala zu unterscheiden.
Langfristige Erdbebenvorhersagen sind möglich, kurzfristige nicht.
Langfristige Vorhersagen finden ihre
Anwendung in Erdbebengefährdungskarten und Baunormen. Eines
der Hauptprobleme bei Vorhersagen
ist der relativ kurze Zeitraum der vollständigen Datenerfassung, der eigentlich erst Anfang dieses Jahrhunderts
einsetzte. Starke Erdbeben sind seltene Ereignisse. Gerade diese liefern
aber den Seismologen besonders
wichtige Informationen. Betrachtet
man die vorhandenen Daten in geologischen Zeiträumen, stellen diese nur
eine Momentaufnahme der tektonischen Bewegungen dar. Ein weiteres
Problem sind die lokalen Unterschiede im Aufbau der Erdkruste. Außerdem laufen Verschiebungsvorgänge
entlang verschiedener Störungszonen
unterschiedlich ab.
Dr. Claus Rink
Leukämie-Therapie
Bessere Heilungschancen
Eine neue Stammzellen-Transplantationseinheit
entsteht derzeit am Universitätsklinikum Leipzig.
D
en ersten Spatenstich zum
Neubau einer KnochenmarkTransplantationseinheit am
Universitätsklinikum Leipzig setzte
José Carreras im Dezember 1999
selbst. Mit sechs Millionen DM fördert die Deutsche José Carreras
Leukämie-Stiftung e.V. das neue Zentrum, für das 16 Millionen benötigt
werden. Ohne diese Anschubfinanzierung hätte der Neubau wohl noch
lange auf sich warten lassen, würdigte
der zukünftige Leiter der Transplan-
tienten aus der Region zu helfen.
Schon seit Jahren ist die hämatologische Abteilung über die Grenzen hinaus bekannt: 1980 wurde hier die
erste HLA-idente Knochenmarktransplantation bei akuten Leukämien vorgenommen, 1981 folgten
die ersten autologen Knochenmarktransplantationen und 1992 die ersten
allogenen Knochenmarktransplantationen mithilfe haploidenter Familienspender und phänotypisch identer
Fremdspender unter dem damaligen
Leiter Professor Dr. med.
Werner Helbig.
Für ältere Patienten
birgt die erweiterte Behandlungskapazität in Leipzig große Hoffnung. Bereits seit einem Jahr wird
hier von Prof. Niederwieser
eine neue viel versprechende Transplantationsmethode für Patienten über 60
Jahre erfolgreich angewendet. Bisher konnte bei dieBeim ersten Spatenstich: José Carreras (Dritter von links) mit Ver- sen Patienten wegen der zu
tretern der Universität Leipzig und des Sächsischen Staatsministe- hohen Nebenwirkungsrate
und der häufigen, meist
riums für Wissenschaft und Kunst
Foto: Universität Leipzig
auch tödlich verlaufenden
tationseinheit, Professor Dr. med. immunologischen Reaktionen (TransDietger Niederwieser, die Spende.
plantat-gegen-Wirt-Reaktionen) die
In Leipzig besteht derzeit eine Transplantation nicht vorgenommen
akute Notsituation. Einerseits ist die werden. Es wird nun versucht, die Retraditionsreiche Abteilung Hämato- aktion der Transplantatzellen gegen
logie/Onkologie des Universitätskli- die Tumorzellen zu verstärken, aber
nikums Leipzig international bedeut- jene gegen die Wirtszellen zu verhinsam und nimmt neben der Patienten- dern. Durch die neue Transplantativersorgung auch die Rolle der Studi- onsart konnte bei Patienten, bei deenzentrale für neue interkontinentale nen sämtliche Behandlungen versagt
Therapien ein. Andererseits sind die hatten, die Leukämie wieder zurückbaulichen Voraussetzungen unzurei- gedrängt werden. Durch den Neubau
chend. Die ausgezeichneten Erfolge der Stammzellen-Transplantationskönnen nur durch massiven Mehrauf- einheit können die Zahlen der Transwand und Improvisation des Betreu- plantationen pro Jahr verdoppelt, die
erteams erreicht werden. Zwei Grün- Wartelisten abgebaut und die Engde für José Carreras, das Univer- pässe beseitigt werden. Ende dieses
sitätsklinikum Leipzig zu unterstüt- Jahres soll das Zentrum eröffnet
zen und damit nicht nur Leukämiepa- werden.
Dr. med. Eva A. Richter
Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 8, 25. Februar 2000
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