Volltext

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Aus dem Veterinär-Anatomischen Institut
der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig
und
dem Anatomischen Institut
der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Einfluss des clostridialen C3 Toxins auf die Dendritenmorphologie und Spinebildung
von CA1 Pyramidenzellen in Hippocampus-Schnittkulturen der Maus
- eine quantitative lichtmikroskopische Untersuchung
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doctor medicinae veterinariae (Dr. med. vet.)
durch die Veterinärmedizinische Fakultät
der Universität Leipzig
eingereicht von
Thorsten Hintze
aus Freiburg im Breisgau
Leipzig, 2010
Mit Genehmigung der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig
Dekan:
Prof. Dr. Uwe Truyen
Betreuer:
Prof. Dr. Johannes Seeger
Prof. Dr. Bernd Heimrich
Gutachter:
Prof. Dr. Johannes Seeger, Veterinär-Anatomisches Institut, Universität
Leipzig
Prof. Dr. Bernd Heimrich, Institut für Anatomie und Zellbiologie, AlbertLudwigs-Universität Freiburg
Prof. Dr. Michael Stoffel, Abteilung Veterinäranatomie, Vetsuisse Fakultät,
Universität Bern, Schweiz
Tag der Verteidigung: 5. Oktober 2010
II
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Fragestellung ............................................................................................... 1
2 Literaturübersicht................................................................................................................. 3
2.1 Einführung...................................................................................................................... 3
2.2 Rho GTPasen .................................................................................................................. 4
2.3 Initialisierung und Auswachsen von Neuriten............................................................. 6
2.4 Einwirkung der Rho Aktivität auf die Dendriten- und Spinebildung....................... 7
3 Tiere, Material und Methoden........................................................................................... 10
3.1 Versuchsplanung .......................................................................................................... 10
3.2 Schnittkulturen............................................................................................................. 10
3.2.1 Tiere ........................................................................................................................ 10
3.2.2 Herstellung der Schnittkulturen .............................................................................. 11
3.2.3 Inkubation................................................................................................................ 11
3.3 Biocytinfüllung der Pyramidenzellen ......................................................................... 12
3.4 Fixierung und Visualisierung der Pyramidenzellen ................................................. 12
3.5 Resultierende Behandlungsgruppen........................................................................... 13
3.6 Lösungsansätze ............................................................................................................. 16
3.7 Quantitative Auswertung der dendritischen Parameter .......................................... 17
3.7.1 Rekonstruktion der CA1 Pyramidenzellen.............................................................. 17
3.7.2 Analyse der Daten ................................................................................................... 18
3.8 Statistische Tests........................................................................................................... 18
4 Ergebnisse ............................................................................................................................ 20
4.1 Allgemeine Befunde zu den CA1 Pyramidenzellen................................................... 20
4.2 Morphologie der hippocampalen CA1 Pyramidenzellen ......................................... 20
4.2.1 Serumhaltige Kontrollgruppe .................................................................................. 21
4.2.2 Serumfreie Kontrollgruppe ..................................................................................... 23
4.2.3 C3 bot Toxinbehandelte Experimentalgruppe......................................................... 24
III
4.3 Quantitative Analyse.................................................................................................... 27
4.3.1 Dendritenlänge ........................................................................................................ 28
4.3.1.1 Gesamtlänge der Basaldendriten ...................................................................... 28
4.3.1.2 Gesamtlänge der Apikaldendriten .................................................................... 29
4.3.2 Verzweigungspunkte............................................................................................... 30
4.3.2.1 Anzahl der Verzweigungspunkte der Basaldendriten ...................................... 30
4.3.2.1 Anzahl der Verzweigungspunkte der Apikaldendriten .................................... 30
4.3.3 Anzahl der Spines.................................................................................................... 31
4.3.3.1 Anzahl der Spines der Basaldendriten ............................................................. 31
4.3.3.2 Anzahl der Spines der Apikaldendriten ........................................................... 32
4.3.3.3 Gesamtzahl der Spines ..................................................................................... 33
4.3.4 Spinedichte ............................................................................................................. 34
4.3.4.1 Spinedichte der Basaldendriten ........................................................................ 34
4.3.4.2 Spinedichte der Apikaldendriten ...................................................................... 35
4.3.4.3 Spinedichte der gesamten Zelle........................................................................ 36
4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................. 37
5 Diskussion ............................................................................................................................ 39
5.1 Einführung in die Problemstellung ............................................................................ 39
5.2 Bewertung des experimentellen Ansatzes .................................................................. 40
5.3 Evaluierung der Ergebnisse ........................................................................................ 41
6 Zusammenfassung............................................................................................................... 44
7 Summary .............................................................................................................................. 46
8 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 48
Anhang .................................................................................................................................... 57
Danksagung............................................................................................................................. 60
IV
Verwendete Abkürzungen
ABC
Avidin-Biotin-Peroxidase-Komplex
ACSF
artificial cerebrospinal fluid
aqua bidest.
aqua bidestillata
BME
basal medium Eagle
CA1
Cornu ammonis Region 1
CA3
Cornu ammonis Region 3
C3 bot
C3 Exoenzym von Clostridium botulinum
DAB
Diaminobenzidintetrahydrochlorid
DG
Gyrus dentatus (dentate gyrus)
DIV
days in vitro
GAP
GTPase activating proteins
GDI
guanine nucleotide dissociation inhibitors
GEF
guanine nucleotide exchange factors
MEM
minimum essential medium
MW
Mittelwert
P0
erster postnataler Tag
PB
Phosphatpuffer
PFA
Paraformaldehyd
SD
Standardabweichung
V
1 Einleitung und Fragestellung
Lokale Pyramidenzellen bilden die Hauptneurone des Hippocampus. Sie werden entsprechend
ihrer Position und Morphologie ihrer Dendriten in CA1 und CA3 Pyramidenzellen
differenziert. Ihre Dendriten besitzen postsynaptische Vorwölbungen, so genannte Spines,
welche in einem spezifischen Verteilungsmuster angeordnet sind.
Das Wachstum und die Entwicklung von Nervenzellen werden durch Rho-GTPasen
entscheidend beeinflusst. Um die Charakteristik dieser Einflussnahme näher untersuchen zu
können, wurde für diese Studie ein Agens gesucht, mit dessen Hilfe die Aktivität der kleinen
GTPasen manipuliert werden kann. Eine etablierte Methode zur Inaktivierung von Rho stellt
die Anwendung des C3 Toxins von Clostridium botulinum dar. Dieses Exoenzym wird von
C- und D-Stämmen des Bakteriums gebildet und inaktiviert Rho-Proteine durch ADPRibosylierung (AKTORIES u. FREVERT 1987, CHARDIN et al. 1989). Die resultierende
Eliminierung der Rho-Wirkung führt zur Dominanz seiner beiden Gegenspieler Rac und
Cdc42 und damit zur Entfaltung von deren Wirkung auf die Morphologie der Nervenzelle.
Diese Studie verfolgt das Ziel der qualitativen und quantitativen Analyse der
morphologischen Veränderungen von intrazellulär mit Biocytin gefüllten und dadurch
identifizierbaren CA1 Pyramidenzellen. Dabei wurden an organotypischen HippocampusSchnittkulturen der Maus, in denen sich bekanntermaßen Pyramidenzellen ähnlich entwickeln
wie in vivo (FROTSCHER et al. 1990), die Effekte der C3bot Toxin-Applikation auf die
Verzweigung der Dendriten sowie Anzahl und Dichte der dendritischen Spines untersucht.
Methodisch wurden mehrere Versuchsgruppen gebildet, um mögliche Effekte durch die
toxininduzierte Inaktivierung von Rho vergleichend nachweisen zu können. Um eine
Beeinflussung des C3 Toxins durch möglicherweise im Serum enthaltene Proteasen
ausschließen zu können, wurde die toxinbehandelte Zellgruppe serumfrei inkubiert. Bei
diesem Versuchsaufbau war im Vorfeld ungewiss, ob die verwendeten Schnittkulturen eine
serumfreie Inkubation unbeschadet überstehen und sich physiologisch entwickeln können.
Neben einer weiteren serumfrei inkubierten Gruppe, deren Funktion darin bestand,
auszuschließen, dass in der Toxingruppe möglicherweise zu beobachtende Effekte tatsächlich
auf das Toxin und nicht etwa auf Effekte durch den Serumentzug zurückführen sind, bildeten
normal serumhaltig inkubierte Schnittkulturen die Kontrollgruppe.
Die Inkubation dauerte 14 Tage, während die Dauer der Toxinexposition zwischen vier und
sechs Stunden betrug. Mit Hilfe eines Lichtmikroskops und eines Computers wurden
1
zweidimensionale Rekonstruktionen der biocytin-markierten CA1 Pyramidenzellen erstellt,
und die Gesamtlänge der Dendriten, die Anzahl der dendritischen Verzweigungspunkte sowie
die Gesamtzahl und Dichte der dendritischen Spines gemessen und statistisch zwischen den
Gruppen verglichen.
In vorangehenden Studien haben sich die Autoren mit der Untersuchung der Toxinwirkung
auf dissoziierte Zellen befasst, deren Typ teilweise nicht bestimmt wurde (AHNERTHILGER et al. 2004, PILPEL u. SEGAL 2004). Bisher nicht geprüft worden ist, ob das C3
Exoenzym auf Neurone, die sich im Gewebeverband befinden, die gleichen in der Literatur
beschriebenen Wirkungen ausübt oder ob es zu abweichenden Beobachtungen kommt.
Folgende Fragen sollten beantwortet werden:
1.
Überleben die hippocampalen Neurone einen kurzzeitigen Serumentzug, der vor
Applikation des C3 bot Toxins behandlungstechnisch unumgänglich ist?
2.
Führt die Behandlung mit dem C3 Toxin zu strukturellen Veränderungen der
Dendritenarchitektur?
3.
Kommt es nach der C3 Toxin-Behandlung zu Veränderungen in der Spinezahl bzw.
Spinedichte?
4.
Sind strukturelle Veränderungen an allen Dendritenabschnitten erkennbar oder
kommt es zu selektiven Veränderungen bestimmter Dendritenabschnitte?
2
2 Literaturübersicht
2.1 Einführung
Das Gehirn stellt das Steuerungszentrum aller kognitiven, motorischen und emotionalen
Funktionen dar. Es in der Lage, Informationen über unsere Umgebung aufzunehmen, zu
verarbeiten, weiterzuleiten und zu speichern. Zentrales strukturelles Element sind die
Nervenzellen oder Neurone. Schätzungen zufolge besitzt das menschliche Gehirn etwa 50 bis
100 x 109 Neurone. Diese sind über so genannte Synapsen auf komplexe Art und Weise
miteinander verschaltet. Trotz der Komplexität zeigen diese Verschaltungen oftmals ein hohes
Maß an Ordnung, was sich in der Ausbildung ganz bestimmter neuronaler Schaltkreise
widerspiegelt. Das gewährleistet die zielgerichtete Weiterleitung von Signalen und ermöglicht
die neuronalen Informationen korrekt zu verarbeiten und angemessen auf neuronale Stimuli
zu antworten. Die physiologische Reifung von Nervenzellen ist damit essentiell für die
normale Funktion des Zentralnervensystems. Entsprechend können Störungen der neuronalen
Differenzierung beziehungsweise der synaptischen Konnektivität die Signalübertragung
beeinflussen und sich in kognitiven Defiziten ebenso wie in motorischen oder emotionalen
Fehlfunktionen niederschlagen.
Ganz allgemein durchlaufen Neuronen nach ihrer Geburt und Wanderung zum Zielort
morphologische Veränderungen: Erstens die Ausbildung eines Dendritenbaumes, mit dem die
Zellen in der Lage sind, Informationen von anderen Neuronen aufzunehmen, und zweitens
das Auswachsen eines efferenten Axons. Über spezifische Kontaktstrukturen, die Synapsen,
findet die Übermittlung der Informationen statt. Im Bereich der Dendriten erfolgt durch zwei
verschiedene Lokalisationen der Synapsen eine Regulation des Informationstransfers.
Nervenfasern sind imstande, mit dem nachgeschalteten Dendriten entweder so genannte
Schaftsynapsen einzugehen oder präsynaptische Boutons an postsynaptischen Dornen, den
Spines, auszubilden. Allgemein gilt, dass Schaftsynapsen inhibitorische Synapsen darstellen,
wohingegen Spinesynapsen exzitatorische Verknüpfungen repräsentieren.
Eine Reihe von Krankheiten geht mit morphologischer Fehlentwicklung der Neurone einher.
So ist bekannt, dass bei gesicherter Diagnose bestimmter neurologischer oder psychiatrischer
Erkrankungen wie zum Beispiel Demenz, stärkerer Depression, Schizophrenie oder Epilepsie
eine geringere Dichte oder Missbildungen der dendritischen Spines zu beobachten sind. Diese
Veränderungen treten auch auf bei Zustand nach Traumata, chronischem Medikamenten3
missbrauch, sowie in Folge normalen Alterns (BLANPIED u. EHLERS 2004, FIALA et al.
2002, NIMCHINSKY et al. 2002). Bestimmte Erkrankungen führen zu einer Abnahme der
Spinedichte: Schizophrene Patienten zeigen eine Verarmung an Spines im Bereich des
präfrontalen Cortex (GLANTZ u. LEWIS 2001), während Patienten mit Epilepsie unter einem
Spinemangel im Hippocampus leiden (ISOKAWA 2000, SWANN et al. 2000, JIANG et al.
1998). Bei chronisch neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Morbus
Parkinson liegen im Frühstadium der Erkrankung oft Spineverlust oder andere dendritische
Veränderungen vor (SELKOE 2002). Im Gegensatz dazu führt chronischer Abusus von
Kokain und Amphetaminen zu einer erhöhten Spinedichte in der Hirnregion, die mit
Suchterkrankungen assoziiert ist, dem Nucleus accumbens (NORRHOLM et al. 2003,
ROBINSON u. KOLB 1999). Außerdem bestehen Zusammenhänge zwischen einigen
erblichen Formen der mentalen Retardierung mit Defekten in der Proteinexpression, die die
Spineentwicklung und deren Aufrechterhaltung reguliert (DÖLEN u. BEAR 2005).
Verschiedene pathologische Veränderungen der Spines führen zu unterschiedlicher klinischer
Symptomatik der einzelnen Erkrankungen, weil die Spinemorphologie in engem
Zusammenhang mit der synaptischen Funktion steht (CALABRESE et al. 2006).
Erkrankungen des Zentralnervensystems sind bislang vergleichsweise unbefriedigend
therapierbar. Grundlagenforschung in diesem Bereich kann zu weiteren Erkenntnissen führen
und letztendlich neue und aussichtsreiche Therapieformen auf den Weg bringen.
2.2 Rho GTPasen
Seit einigen Jahren gibt es eine Reihe von Hinweisen, wonach Proteine der Rho-Familie der
GTPasen sowie verwandte Moleküle an neuronalen Differenzierungsprozessen maßgeblich
beteiligt
sind.
So
kontrollieren
Rho-GTPasen
sowohl
Dendritenwachstum
und
–differenzierung als auch das Axonwachstum, steuern die axonale Wegfindung und sind für
Bildung und Aufrechterhaltung der dendritischen Spines verantwortlich (LEEMHUIS et al.
2007). Aufgrund ihrer großen Bedeutung für die genannten Vorgänge ist es keineswegs
verwunderlich, dass Mutationen der die Regulatoren und Effektoren der Rho-GTPasen
codierenden Gene mit neurologischen Leiden in enger Verbindung stehen (GOVEK et al.
2005).
4
Die Rho-Familie der kleinen GTPasen stellt eine Untergruppe der übergeordneten Familie der
Ras-GTPasen dar (VAN AELST u. D'SOUZA-SCHOREY 1997, HALL 1998). Neben Rho
(RhoA, RhoB, RhoC) gehören Rac (Rac1, Rac2, RacE), Cdc42 und weitere GTPasen zur
Rho-Familie (VAN AELST u. D'SOUZA-SCHOREY 1997, BURRIDGE u. WENNERBERG
2004). RhoA, Rac und Cdc42 sind an der Spinebildung und der Bestimmung ihrer Gestalt
maßgeblich beteiligt (NEWEY et al. 2005).
Rho GTPasen sind niedrig-molekulare Guanin-Nukleotid-bindende Proteine, die als binäre
Schalter fungieren. Durch das Umschalten einer einzigen GTPase können mehrere
verschiedene Signalübertragungswege miteinander koordiniert aktiviert werden. Um diese
komplexen zellulären Prozesse zu steuern, nutzen die GTPasen einfache biochemische
Mechanismen. Sie wechseln zwischen zwei konformativen Zuständen hin und her: Im aktiven
Status an GTP und im inaktiven Status an GDP gebunden. Durch Hydrolyse wird GTP in
GDP umgewandelt. Im „eingeschalteten“ Status (GTPgebunden) interagieren die Rho
GTPasen mit einem von etwa 60 Zielproteinen und generieren solange ein Signal, bis der
Schalter durch Hydrolyse wieder auf „aus“ gestellt wird (MACKAY u. HALL 1998). Dieses
Prinzip hat sich im Laufe der Evolution fortentwickelt, so dass Säugerzellen über mehrere
hundert solcher GTPasen verfügen.
Das Genom des Menschen verfügt über die Information zur Bildung von über 60 GTPaseAktivatoren (guanine nucleotide exchange factors, GEFs) und über 70 -Inaktivatoren (GTPase
activating proteins, GAPs), was auf eine sehr sorgfältige Kontrolle des „Rho-Schalters“
hindeutet. Die GEFs aktivieren die GTPasen, indem sie den Austausch von gebundenem GDP
zugunsten von GTP fördern (SCHMIDT u. HALL 2002). Im Gegenzug arbeiten die GAPs als
negative Regulatoren der GTPasen, indem sie die intrinsische Rate der GTP-Hydrolyse einer
GTPase erhöhen (BERNARDS 2003, BERNARDS u. SETTLEMAN 2004). Als weitere
Negativ-Regulatoren fungieren die so genannten guanine nucleotide dissociation inhibitors
(GDIs), die den Austausch von GDP gegen GTP verhindern und außerdem die intrinsische
GTPase-Aktivität von GTP-gebundenen GTPasen hemmen (ZALCMAN et al. 1999,
HOFFMAN et al. 2000). Die Erkenntnis, dass konstitutiv-aktive und dominant-negative
Mutanten derselben Rho-GTPase abnormale Phänotypen verursachen können, unterstreicht
die Bedeutung einer strikten Regulation der Rho-GTPase-Aktivität für die normale zelluläre
Funktion. Ferner kommt der Fähigkeit, zwischen der aktiven GTP-gebundenen und inaktiven
GDP-gebundenen Form zu wechseln, eine besondere Bedeutung zu (LUO et al. 1994).
Aktivierte, GTP-gebundene Rho-GTPasen interagieren mit spezifischen Effektormolekülen,
um Signale zu übermitteln (BUCHSBAUM et al. 2002, BUCHSBAUM et al. 2003).
5
Am intensivsten aus der Rho-Familie der kleinen GTPasen sind RhoA, Rac1 und Cdc42
erforscht worden. Charakteristisch für sie ist ihr bedeutender Einfluss auf das
Aktinzytoskelett. Untersuchungen an kultivierten Fibroblasten haben gezeigt, dass die
Aktivierung von RhoA, Rac1 und Cdc42 einen Umbau des Aktinzytoskeletts im Sinne einer
Bildung von Stressfasern, fokalen Adhäsionen, Lamellipodien beziehungsweise filopodischen
Mikrospikes zur Folge hat. Es gibt außerdem Hinweise, dass sie neben der vorstehend
beschriebenen Funktion der Regulation des Aktinzytoskeletts einen bedeutsamen Einfluss auf
die Zellpolarität, Membrantransportbahnen und die Aktivierung von Transkriptionsfaktoren
haben. Darüber hinaus wirken sie regulatorisch auf Zellproliferation und neuronale
Differenzierung (BAGRODIA et al. 1995, COSO et al. 1995, MINDEN et al. 1995, ZHANG
et al. 1995, BROWN et al. 1996, VAN AELST u. D'SOUZA-SCHOREY 1997, HALL 1998).
Für die Neuritenbildung sind die Rho-GTPasen unabdingbar. Die Untersuchung, in welcher
Art und Weise die
Beeinflussung der Rho-GTPasen zu einer Veränderung der
Neuritenbildung führt, ist ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Arbeit.
2.3 Initialisierung und Auswachsen von Neuriten
Durch die Regulation der zytoskelettalen Reorganisation und der mikrotubulären Orientierung
üben Rho-GTPasen einen tief greifenden Einfluss auf die Neuritogenese aus.
Membranrezeptoren werden durch extrazelluläre Signalmoleküle aktiviert. Im Verlauf der
daraufhin einsetzenden Neuritogenese wachsen zylindrische Fortsätze aus dem Zellkörper der
Neuronen, aus denen sich später die Axone beziehungsweise Dendriten herausbilden.
Entsprechend ihrer genetischen Codierung entwickelt jede Neuronenpopulation ihre Neuriten
individuell verschieden. In jedem Fall verliert die Zelle ihre ursprünglich runde Gestalt durch
die Ausbildung einer oder mehrerer Wachstumsknospen, aus denen sich jeweils ein Neurit
entwickeln wird. Für den Prozess der Entstehung und der weiteren Entwicklung der Neuriten
sind koordinierte Wechselwirkungen notwendig zwischen dem Aktinzytoskelett einerseits,
das die Energie für das Zellwachstum bereitstellt, und dem mikrotubulären Netzwerk, das der
Stabilisierung und dem Erhalt der Neuriten dient, andererseits (DA SILVA u. DOTTI 2002).
Die Rho GTPasen üben zum Teil gegensätzliche Effekte auf das Nervenzellwachstum aus:
Während Rho die Initialisierung der Neuriten verhindert und darüber hinaus deren Retraktion
bewirkt, fördern Rac und Cdc42 die Herausbildung von Lamellipodien und Filopodien und
sind damit für die Schaffung von Nervengewebe essentiell (TIGYI et al. 1996, KOZMA et al.
6
1997, KRANENBURG et al. 1997, SEBÖK et al. 1999, BROUNS et al. 2001, FUJITA et al.
2001). Dieses Prinzip der antagonistischen Wirkung mag in der Modulation von neuronalen
Fortsätzen, die für die Wegfindung der Neuriten und die synaptische Plastizität wesentlich
sind, eine gewichtige Rolle spielen. Beispielsweise steigert konstitutiv-aktives Rac1
beziehungsweise reduziert dominant-negatives Rac1 die Neuritenausdehnung in dissoziierten
Hippocampusneuronen der Ratte (SCHWAMBORN u. PÜSCHEL 2004). Konstitutiv-aktives
Rho hingegen blockiert das Auswachsen von Neuriten von kultivierten hippocampalen
Neuronen (DA SILVA et al. 2003, SCHWAMBORN u. PÜSCHEL 2004). Durch die
Ausschaltung von Rho durch C3 Exoenzym wird sowohl in Hippocampusneuronen der Ratte
als auch in Hinterwurzelganglien des Huhnes die Neuritenentfaltung begünstigt (JIN u.
STRITTMATTER 1997, SARNER et al. 2000, DA SILVA et al. 2003, FOURNIER et al.
2003).
Als wichtigste Information erschließt sich aus vielen Studien, dass die Rho GTPasen für die
Neuritenbildung von Primärneuronen von substantieller Bedeutung sind und eine präzise
Regulation der Prozesse für die physiologische Reifung von Nervenzellen erforderlich ist.
2.4 Einwirkung der Rho Aktivität auf die Dendriten- und Spinebildung
Die Dendriten bilden eine komplexe baumähnliche Struktur aus. Damit sind sie in der Lage,
Informationen von anderen Neuronen zu empfangen und zu verarbeiten. JAN u. JAN (2001)
haben beschrieben, dass der Grad der dendritischen Verzweigung annähernd der
Größenordnung des Informationsflusses an das Neuron entspricht. Während des Prozesses der
Dendritenausbreitung bilden sich stetig winzige fadenähnliche Gebilde, die Filopodien, aus
und ziehen sich wieder zurück. Sie bleiben bestehen, wenn eine Stabilisierung in dem Sinne
eintritt, dass das Maß der Neubildung dasjenige des Rückzugs übertrifft. Aus dieser Zunahme
an Substanz resultiert eine räumliche Ausdehnung des Neurons (CLINE 2001, VAN AELST
u. CLINE 2004).
Untersuchungen haben gezeigt, dass konstitutiv-aktives Rho drastisch das Wachstum des
Dendritenbaums von Pyramidenzellen in organotypischen Schnitten des Hippocampus der
Ratte (NAKAYAMA et al. 2000) und kultivierten Hippocampusneuronen von Ratte und
Maus reduziert (AHNERT-HILGER et al. 2004, PILPEL u. SEGAL 2004). Hingegen erhöht
die dominant-negative Rho-Mutante signifikant die Wachstumsrate des Dendritenbaums und
damit seine Ausdehnung in kultivierten Hippocampusneuronen der Maus (AHNERTHILGER et al. 2004). Dieser negative Einfluss von Rho spiegelt sich in zahlreichen
7
Modellsystemen wider, und zwar nicht nur im Bereich der Wirbeltiere sondern auch der
Wirbellosen (RUCHHOEFT et al. 1999).
Ein frühes Entwicklungsstadium der Spines stellen die Filopodien dar. Sie sind winzige
Vorwölbungen der Dendritenmembran, lang und dünn in ihrer Gestalt, mit weniger F-Aktin
als die Spines. Filopodien befinden sich auch an den Wachstumsknospen der Dendriten, wo
sie unabhängig von neuronaler Aktivität für Wachstum und Verzweigung der Dendriten
sorgen. Die als frühes Stadium der Spines am Dendritenschaft sitzenden Filopodien sind
hingegen für ihre Weiterentwicklung von neuronaler Aktivität abhängig (PORTERACAILLIAU et al. 2003). Sie befinden sich im steten Wechsel zwischen Wachstum und
Rückzug, um die Begegnungschance mit wachsenden Zielaxonen zu erhöhen. Sie haben eine
durchschnittliche Lebensdauer von nur etwa zehn Minuten (ZIV u. SMITH et al. 1996).
Sobald der Kontakt zu einem Axon hergestellt ist, bildet sich entweder physikalisch in Form
von Zell-Zell-Adhäsion oder chemisch über lokal freigesetzte Signale eine synaptische
Verbindung aus. Reifungsschritte schließen sich an. Während der gesamten Synaptogenese ist
eine Kommunikation zwischen den wachsenden prä- und postsynaptischen Teilen der
Synapse erforderlich (GODA u. DAVIS 2003). Die Filopodien werden schließlich durch
Spines ersetzt (MATUS 2005), die im Vergleich zu den Filopodien eine gut abgegrenzte
Kopf- und Halsstruktur aufweisen (HARRIS 1999, HERING u. SHENG 2001). Das
Zytoskelett sowohl der Spines als auch der Filopodien basiert vorwiegend auf Aktin.
Untersuchungen von BONHOEFFER u. YUSTE (2002) und LISMAN (2003) legen nahe,
dass die Rho GTPasen eine entscheidende Rolle bei Bildung, Fortbestand und physiologischer
Funktion der Spines spielen.
Der Austausch der vorhandenen Rho-GTPasen der Neuronen durch Mutanten ergibt
charakteristische Spine-Phänotypen. Dabei vermindert konstitutiv-aktives RhoA Spinedichte
und Spinelänge von Pyramidenzellen in Hippocampusschnitten von Ratte und Maus und
kultivierten Hippocampusneuronen der Ratte (NAKAYAMA et al. 2000, TASHIRO et al.
2000, PILPEL u. SEGAL 2004). Die Hemmung von Rho führt zu unterschiedlichen Effekten.
Durch die Inhibition von Rho mittels C3 Exoenzym kommt es zu einer Verlängerung des
Spinehalses, einer unerwarteten Verringerung der Spinedichte und einer erhöhten
Filopodiendichte in kultivierten Hippocampusneuronen der Ratte (PILPEL u. SEGAL 2004).
Darüber hinaus werden dadurch Dichte und Länge von Spines einiger Kortikal- und
Hippocampus-Pyramidenzellen der Maus in organotypischen Schnitten erhöht (TASHIRO et
al. 2000), obwohl dominant-negatives RhoA die Spinedichte von Pyramidenzellen aus
8
Hippocampusschnitten
der
Ratte
nicht
verändert.
Diese
widersprüchlichen
Forschungsergebnisse mögen darin begründet sein, dass lokale Unterschiede der RhoAAktivität auftreten.
Bisherige Forschungsarbeiten befassen sich mit der Untersuchung der Toxinwirkung auf
dissoziierte Zellen, deren Typ teilweise nicht bestimmt wurde (AHNERT-HILGER et al.
2004, PILPEL u. SEGAL 2004). Nicht untersucht worden ist, ob das C3 Exoenzym auf
Neurone, die sich im Gewebeverband befinden, die gleichen in der Literatur beschriebenen
Wirkungen ausübte oder ob es zu abweichenden Beobachtungen käme.
Zusammenfassend belegen die Untersuchungen, dass die Rho GTPasen eine herausragende
Rolle bei Bildung und Funktion von unterschiedlichsten Strukturelementen dieser
hochdifferenzierten Zellen spielen, vor allem durch die Regulation des zellulären
Zytoskeletts.
Außerdem kommt ihnen eine wichtige Funktion in der dendritischen und
synaptischen Plastizität zu, was als essentiell für Lernen und Gedächtnis angesehen wird. Ihre
große Bedeutung wird untermauert durch das Auftreten von zahlreichen Dysfunktionen des
Nervensystems in Verbindung mit Störungen der Rho GTPase-Signalgebung. Als Fernziel
besteht die Möglichkeit einer therapeutischen Intervention mit Ziel einer Beeinflussung der
Rho GTPase-Aktivität.
9
3 Tiere, Material und Methoden
3.1 Versuchsplanung
Im Rahmen der vorliegenden Dissertation sollte an identifizierten CA1 Pyramidenzellen in
kultivierten Hippocampusschnitten der Maus die Wirkung von clostridialem C3 Toxin auf die
Dendritendifferenzierung und die Spinebildung analysiert werden. Zur Darstellung der CA1
Pyramidenzellen wurden diese intrazellulär mit dem Tracer Biocytin gefüllt, um sie
anschließend bezüglich der Parameter Dendritenlänge, Dendritenverzweigung, Gesamtzahl an
Spines und Spinedichte zu vergleichen.
Es wurden drei unterschiedlich behandelte Untersuchungsgruppen gebildet. Gruppe 1 bestand
aus Hippocampuskulturen, die mit normalem serumhaltigem Kulturmedium inkubiert worden
waren. Da das Serum möglicherweise aktive Proteasen enthielt, die die Wirkung des Toxins
hätten beeinflussen oder neutralisieren können, bestand die zweite Gruppe aus Kulturen, die
zwölf Stunden vor der intrazellulären Füllung auf serumfreies Medium gewechselt worden
waren. Diese Gruppe diente als serumfreie Kontrolle. Die dritte Gruppe stellte die
Experimentalgruppe dar, welche unmittelbar vor der Tracerinjektion für vier bis sechs
Stunden mit 120 nM C3 bot Toxin inkubiert worden war. Auch bei dieser Gruppe wurde am
Abend vor dem Experiment das normale Medium durch serumfreies Medium ersetzt und vier
bis sechs Stunden vor dem Experiment das Toxin zugesetzt.
Die Bereitstellung der intrazellulär mit Biocytin gefüllten Zellen erfolgte durch Herrn PD Dr.
Rudi Deisz, Zentrum für Anatomie, Charité Universitätsmedizin, Berlin.
Das C3 bot Toxin wurde von Frau Prof. Dr. Gudrun Ahnert-Hilger, Zentrum für Anatomie,
Charité Universitätsmedizin, Berlin, zur Verfügung gestellt.
3.2 Schnittkulturen
3.2.1 Tiere
Zur Herstellung der Schnittkulturen wurden neugeborene C57 BL/6 Mäuse (P0-P1) der
Tierhaltung des Zentrums für Anatomie, Institut für Zellbiologie und Neurobiologie, Charité
Universitätsklinik, Berlin verwendet. Sie wurden entsprechend den Europäischen Richtlinien
für Tierschutz bei einem 12-Stunden-Tag-Nacht-Rhythmus bei konstanter Raumtemperatur
und –feuchtigkeit gehalten. Futter und Wasser standen ihnen ad libitum zur Verfügung.
Genehmigungsbescheid: Aktenzeichen T 0340/00
10
Genehmigende Behörde: Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische
Sicherheit Berlin
Sitz und Datum: Berlin, 12.02.2001
3.2.2 Herstellung der Schnittkulturen
Die hippocampalen Schnittkulturen wurden nach der in unserer Arbeitsgruppe etablierten
Methode hergestellt (SAVASKAN et al. 2002).
Die Mäuse wurden am ersten postnatalen Tag (P0) dekapitiert, die Kopfschwarte und die
Schnittfläche mit 100-prozentigem Isopropanol desinfiziert. Alle weiteren präparativen
Arbeitsschritte erfolgten unter sterilen Bedingungen. Unter einer Laminar Flow Bench
wurden zunächst Kopfhaut, Schädeldach und Hirnhäute jeweils mit frischem Präparierbesteck
entfernt. Anschließend wurde das Gehirn mit Hilfe eines Spatels aus der Schädelhöhle heraus
gehoben und in 4°C kaltes Präparationsmedium (Lösungsansätze, Nr. 1) überführt. Nachdem
die rostralen Gehirnanteile auf Höhe des Hypophysenstiels und die kaudalen Anteile auf Höhe
des Mittelhirns mit einem Skalpell abgetrennt worden waren, wurde ein Mediansagittalschnitt
gelegt und unter einer Stereolupe die Hippocampi beider Hemisphären herauspräpariert. Im
Anschluss wurde der mid-septotemporale Anteil des Hippocampus mit einem McIllwainTissue-Chopper in 400 µm dicke transversale Scheiben geschnitten. Mit zwei Spateln wurden
diese Schnitte vorsichtig von der Schneideunterlage abgehoben und in Präparationsmedium
überführt. Pro Hippocampus erhielt man durchschnittlich fünf Schnitte. Unter visueller
Kontrolle wurden diejenigen Hippocampusschnitte zur Kultivierung ausgewählt, die keine
sichtbaren Verletzungen aufwiesen. Die Schnitte wurden dann in einem Tropfen
Präparationsmedium auf einen Spatel aufgenommen und auf angefeuchtete Millicell CMMembran-Einsätze (Millipore 0,2 µm) übertragen. Die Einsätze wurden schließlich in 6-well
Platten
(Becton-Dickinson)
gelegt,
die
mit
jeweils
1200µl
Inkubationsmedium
(Lösungsansätze, Nr. 2) gefüllt waren.
3.2.3 Inkubation
Die Schnittkulturen wurden bei 37°C, 5% CO2 und 100% Luftfeuchtigkeit in einem
Zellkulturschrank 14 Tage lang inkubiert. Das Inkubationsmedium wurde dreimal pro Woche
gewechselt.
Kulturen,
die
als
serumfreie
Kontrolle
beziehungsweise
als
toxinbehandelte
Experimentalgruppe dienen sollten, wurden ca. 12 Stunden vor der intrazellulären Füllung
über Nacht auf serumfreies Inkubationsmedium (Lösungsansätze, Nr. 3) gesetzt. Dem
11
Medium der Kulturen der Toxin-Behandlungsgruppe wurden am Experimentaltag 120 nM
C3 bot zugegeben und es wurde für mindestens vier bis sechs Stunden inkubiert.
3.3 Biocytinfüllung der Pyramidenzellen
Zur Darstellung der CA1 Pyramidenzellen in ihrer Gesamtheit mit Dendritenbaum und Axon
wurden die Zellen am Inkubationstag (DIV) 14 mit dem anterograden Tracer Biocytin (1%ige
Lösung) intrazellulär gefüllt. Bei der Biocytinfüllung kam das Patch Clamp Verfahren zur
Anwendung. Eine Mikropipette aus Glas, die durch ein besonderes Herstellungsverfahren
unter vorsichtiger Erhitzung über einer Flamme und kontinuierlichem maschinellen Zug auf
einen Durchmesser ihrer Spitze von bis zu weniger als einem Mikrometer ausgezogen worden
war, wurde dabei vorsichtig auf die Zellkörpermembran der zu füllenden Zelle gesetzt. Die
Zelle befand sich dazu in einer Begasungskammer mit ACSF (Lösungsansätze, Nr. 4). Durch
Erzeugen eines leichten Unterdrucks wurde eine dichte Verbindung zwischen Glaswand und
Membran geschaffen, eine sogenannte „On-Cell“- Konfiguration. Verstärkte man nun den
Unterdruck oder legte man einen kurzen Spannungspuls an, wurde die Zellmembran
durchbrochen und die Glaspipette bildete in der „Whole-Cell“-Konfiguration eine Einheit mit
der ganzen Zelle. Zugleich wurde über die Pipette das gelöste Biocytin in die Zelle appliziert.
Biocytin, ein Komplex aus Biotin und Lysin, wurde dann über den aktiven axonalen
Transport anterograd bis in die Axonendigungen transportiert. Darüber hinaus verteilte es sich
im gesamten Dendritenbaum.
Anschließend wurden die aufgrund ihrer Lokalisation im Pyramidenzellband mit Biocytin
intrazellulär gefüllten CA1 Neurone für eine Stunde im Brutschrank reinkubiert, um den
axonalen Transport des Biocytins und seine Diffusion in die peripheren Dendritenabschnitte
zu ermöglichen.
3.4 Fixierung und Visualisierung der Pyramidenzellen
Der Reinkubation folgte die Fixation der Schnittkulturen. Dazu wurden die Zellkultureinsätze
in eine Petrischale mit 1%igem Paraformaldehyd (PFA) (Lösungsansätze, Nr. 7) und 1%igem
Glutaraldehyd (Lösungsansätze, Nr. 8) in 0.1 M Phosphatpuffer (PB) (Lösungsansätze, Nr. 5)
bei einer Temperatur von 4°C überführt und über Nacht bei Raumtemperatur stehen gelassen.
Am Folgetag wurde dreimal für jeweils 10 min mit 0,1 M PB gespült. Für eine Zeitdauer von
10 min wurden die Schnitte in 3% H2O2 in 0,1 M PB eingelegt und damit die endogene
Peroxidase inaktiviert. Es folgten 6 bis 8 Spülvorgänge in 0,1 M PB für jeweils 10 min.
12
Zur Detektion der biocytinmarkierten Zellen und ihrer Fortsätze kam die ABC-Methode
(HSU et al. 1981) zur Anwendung. Dazu wurden die Schnitte über Nacht mit dem Avidingekoppelten Meerrettichperoxidasekomplex ABC-Elite (Vector-Laboratories, Burlingame,
California, USA) (1:100 in 0,1 M PB) bei 4°C im Dunkeln auf dem Schüttler inkubiert.
Am folgenden Tag wurde wieder 6 bis 8x für jeweils 10 min in 0,1 M PB gespült.
Die Visualisierung der Zellen basiert auf einer Nickel-Kobalt-intensivierten DAB-Reaktion
(ADAMS 1981); die Schnittkulturen wurden jeweils zunächst in einer Lösung aus 0,07%igem
3,3’-Diaminobenzidintetrahydrochlorid (DAB) (Sigma), 15 µl Cobaltchlorid (CoCl2) und 20
µl Nickelammoniumsulfat (NiNH4SO4) in 5 ml DAB für 25 min vorinkubiert. Durch Zugabe
von 16,5 µl H2O2 (0.001%) wurde die Peroxidasereaktion in Gang gesetzt. Durch die
Peroxidasereaktion wird das farblose DAB zu einem schwarzblauen Reaktionsprodukt
umgewandelt. Der Ablauf dieser Färbereaktion wurde für 3 bis 5 min unter einem
Lichtmikroskop visuell kontrolliert und schließlich durch 3x Spülen für jeweils 10 min in 0,1
M kaltem PB gestoppt.
Im Anschluss wurden die Schnitte in einem Tropfen Aqua bidest. auf einen gelatinierten
Objektträger (Lösungsansätze, Nr. 6) aufgezogen und bei Raumtemperatur über Nacht
getrocknet.
Daraufhin erfolgte eine stufenweise Dehydrierung in einer aufsteigenden Alkoholreihe (30,
50, 60, 70, 80, 96, 100%, je 3 min), wobei die Kulturen auf dem Objektträger mit Alkohol
überschichtet wurden und dieser vorsichtig wieder abgesaugt wurde.
Zum Schluss wurden die Präparate mit Entellan überschichtet und mit einem Deckglas
eingedeckelt.
3.5 Resultierende Behandlungsgruppen
Aufgrund der experimentellen Anordnung ergaben sich drei Experimentalgruppen:
•
Serumhaltige Kontrollgruppe
•
Serumfreie Kontrollgruppe
•
C3 bot Toxin-behandelte Experimentalgruppe
13
Verworfen wurden diejenigen Zellen, bei denen die intrazelluläre Füllung zu sichtbaren
Schäden des Somas oder der Dendriten geführt hat. Außerdem wurden jene Zellen nicht
ausgewertet, bei denen es infolge einer Leckage zu unspezifischen DAB-Ablagerungen kam
und eine Auswertung nicht machbar war.
Auf einer Schnittkultur befanden sich ein bis maximal drei markierte CA1 Pyramidenzellen.
Zur Übersichtlichkeit sind die einzelnen Arbeitsschritte der Zellbehandlung beginnend von
der Inkubation der Kulturen bis zur Analyse der Biocytin-gefüllten Neurone in Abbildung 1
schematisch zusammengefasst.
Abbildung 1: Schematische Darstellung des experimentellen Protokolls
Dem Schema ist zu entnehmen, dass sich die 3 Experimentalgruppen (1, 2 und 3) erst gegen Ende
der Inkubationszeit unterscheiden: An DIV 13 wird bei den Kulturen der serumfreien Kontrollgruppe
sowie der toxinbehandelten Experimentalgruppe das normale Medium durch serumfreies Medium
ersetzt. An DIV 14 wird den Kulturen der Experimentalgruppe (3) 120 nM
zugesetzt. Die weiteren Abläufe sind in den 3 Behandlungsgruppen identisch.
14
C3 bot dem Medium
Zur Illustration der so gewonnenen CA1 Pyramidenzellen in hippocampalen Schnittkulturen
dient die Abbildung 2.
Abbildung 2: Beispiel einer hippocampalen Schnittkultur mit intrazellulär Biocytin-gefüllter CA1
Pyramidenzelle an DIV 14
Man erkennt neben dem Zellkörper (schwarzer Pfeil) deutlich den Apikaldendriten (weißer Pfeil) mit
seinen Verzweigungen. Am basalen Pol des Somas ist ein Basaldendrit zu erkennen.
Die Markierung (Punkte) umreißt das Pyramidenzellband (CA1, CA3) und den Gyrus dentatus (DG).
15
3.6 Lösungsansätze
1.) Präparationsmedium für Schnittkulturen: 50 ml Minimum Essential Medium (MEM)
(Gibco) in zweifacher Konzentration, sterilfiltriert, mit 1 ml Glutamin und 49 ml sterilem
Aqua ad injectione. Mittels 1 M NaOH auf einen pH-Wert von 7,35 eingestellt.
2.) Inkubationsmedium: 25 ml MEM (2x), sterilfiltriert, 25 ml Basal Medium Eagle (BME)
ohne Glutamin, 25 ml hitzeinaktiviertes Horse Serum (Gibco), 1 ml Glutamin und 3,125
ml 20% sterile Glukoselösung (0,625%) mit sterilem Aqua ad injectione auf 100 ml
aufgefüllt. Mittels steriler 1 M NaOH bzw. HCl wird der pH-Wert auf 7,2 bis 7,3
eingestellt.
3.) Serumfreies Inkubationsmedium: 50 ml MEM (2x), sterilfiltriert, 25 ml BME, 1 ml
Glutamin (200 mM), 3.125 ml 20% Glucose, mit 20,875 ml Aqua ad injectione auf 100
ml aufgefüllt. Mit sterilem 1 M NaOH wird der pH-Wert auf 7,2 bis 7,3 eingestellt.
4.) Medium der Begasungskammer: ACSF (artificial cerebrospinal fluid) [in mM: 124 NaCl;
3 KCl; 1,3 MgSO4; 1,24 NaH2PO4; 2,4 CaCl2; 26 NaHCO3; 10 d-Glukose; pH 7,4]. Das
Medium ähnelt in seiner Zusammensetzung dem Liquor cerebrospinalis und simuliert eine
natürliche Zellumgebung.
5.) 0,1 M Phosphatpuffer (PB): 28,4 g wasserfreies Na2HPO4 werden in 1000 ml Aqua bidest.
und 8,3 g NaH2PO4-H2O in 300 ml Aqua bidest. gelöst. Letztere Lösung wird zu ersterer
Lösung hinzu titriert, bis ein pH-Wert von 7,35 erreicht ist.
6.) Gelatinisierte Objektträger: Die Objektträger werden nach dem Spülen und vollständigen
Trocknen kurz in eine filtrierte Gelatinelösung eingetaucht und im Anschluss über Nacht
im Wärmeschrank bei 37°C getrocknet.
Gelatinelösung: 5 g Gelatine (Bloom 300) werden in 50 ml Aqua bidest. unter Erwärmung
gelöst, mit Aqua bidest. auf 1000 ml aufgefüllt und 0,5 g Chromalaun (CrK(SO4)2 x 12
H2O) sowie 10 mg Thymol zugegeben.
7.) Fixativ: 99 ml PB werden mit 1 ml Paraformaldehyd (PFA) versetzt.
8.) Glutaraldehyd 1%ig: 4 ml 25%iges Glutaraldehyd und 1 ml PFA in 95 ml PB
16
3.7 Quantitative Auswertung der dendritischen Parameter
3.7.1 Rekonstruktion der CA1 Pyramidenzellen
Die Schnittkulturen mit biocytingefüllten CA1 Pyramidenzellen wurden randomisiert
nummernkodiert, so dass die Rekonstruktion in einer Blindstudie durchgeführt wurde und
dem Experimentator nicht bekannt war, welche Schnittkultur welcher Experimentalgruppe
zuzuordnen war.
Zur Rekonstruktion der Biocytin-markierten CA1 Pyramidenzellen wurden diese mittels eines
Zeiss Axiophot Lichtmikroskops mit motorisiertem Kreuztisch bei 63facher Vergrößerung
des Objektivs mit Ölimmersionstechnik betrachtet und mit dem Programm Neurolucida
(Firma MicroBrightField) in ihrer x-, y- und z-Ausdehnung rekonstruiert. Neurolucida ist eine
spezielle Software zum Erstellen zwei- und dreidimensionaler anatomischer Abbildungen und
zur Rekonstruktion von Nervenzellen geeignet.
Mit Hilfe eines Joysticks werden unter visueller Kontrolle präzise Bewegungen des
motorisierten Tisches gesteuert und über eine Mikrometerschraube eine exakte Fokussierung
des Objektivs ermöglicht.
Per Digitalkamera wird das mikroskopische Bild der zu rekonstruierenden Struktur auf einen
Computerbildschirm übertragen.
Im Folgenden werden die wesentlichen Arbeitsschritte skizziert:
Mit der Rekonstruktion der Zelle wird am Zellkörper begonnen. Bei entsprechender
Einstellung wird die Kontur des Somas mit der Computermaus exakt auf dem Bildschirm
umfahren und diese Daten gespeichert. Im zweiten Schritt erfolgt die Erfassung der
Zellfortsätze. Die Software ist so konfiguriert, dass zwischen Axon, Basal- und Apikaldendrit
unterschieden werden kann. Analog zur
Vorgehensweise bei der Rekonstruktion des
Zellkörpers kann jeder Fortsatz in seinem Verlauf bis zum Ende verfolgt werden. Dabei kann
der Durchmesser jeden Fortsatzes parallel mit erfasst werden (diese Daten wurden nicht in die
Auswertung einbezogen).
Während der Rekonstruktion der Zelle wird stets die Einstellung der Z-Achse mit der
Mikrometerschraube reguliert, wodurch die Zellausläufer in ihrer dreidimensionalen
Ausdehnung durch die gesamte Tiefe des Schnittes verfolgt werden können. Als
Arbeitsvorgabe wurden nur Zellausläufer verfolgt, die mit dem Soma in Verbindung standen,
da eine Zuordnung eines isolierten Dendritensegments zu der zu rekonstruierenden Zelle nicht
zu treffen war, wenn mehrere Zellen pro Kultur Biocytin-gefüllt waren.
17
Nach jedem Verzweigungspunkt wechselt das Programm automatisch die Farbe des
rekonstruierten Abschnitts, so dass jeder Verzweigungsordnung konstant eine bestimmte
Farbe zugeordnet wird.
Als weitere Option des Systems können an beliebiger Stelle so genannte markers gesetzt
werden. Hier wurden sie dazu verwendet, um die Spines einzuzeichnen.
3.7.2 Analyse der Daten
Um sämtliche mit Neurolucida erarbeitete Daten zu analysieren, steht dem System ein
weiteres Programm desselben Herstellers, der Neuroexplorer, zur Verfügung. Er ist in der
Lage, jeden beliebigen Parameter einer rekonstruierten Zelle zu errechnen und tabellarisch
darzustellen. Aus der großen Fülle der Information wurden die für die Arbeit relevanten
Datentabellen ausgewählt und in Excel-Dateien exportiert.
3.8 Statistische Tests
Die statistische Auswertung wurde mit Hilfe des Statistikprogramms SAS 8.2 in der
Abteilung Biomathematik der Universität Freiburg (mit Unterstützung durch Herrn Prof. Dr.
Schulte Mönting) durchgeführt.
Zur Abklärung, ob die Behandlung mit C3 bot beziehungsweise der Serumentzug zu
quantitativen Effekten bei der Dendritenmorphologie beziehungsweise Spinezahl oder -dichte
führt, wurden folgende statistischen Tests durchgeführt.
Da für die Anwendung der Varianzanalyse normalverteilte Grundgesamtheiten mit gleichen
Varianzen Voraussetzung sind, wurde in dieser Analyse der nichtparametrische KruskalWallis Test (MONTGOMERY 2001) angewandt. Dieser Test eignet sich zum Vergleich
zwischen drei oder mehr unabhängigen Gruppen von Daten. Im Gegensatz zur parametrischen
Varianzanalyse verlangt er keine besonderen Voraussetzungen bezüglich der Datenverteilung
(z.B. Normalverteilung). Seine einzige Forderung ist das Vorliegen von ordinalskalierten
Variablen. Ähnlich wie andere nicht-parametrische Tests verwendet der Kruskal-Wallis Test
zur Berechnung der Statistik die Rangplätze der Daten anstatt ihrer Rohwerte. Da er keine
Vorgaben zur Verteilung der Daten macht, ist er allerdings nicht so stark wie die
Varianzanalyse.
18
Neben dem Kruskal-Wallis Test kam zur quantitativen Datenanalyse auch die
Varianzanalyse (HARTUNG u. ELPELT 1989), die eine Normalverteilung der
Grundgesamtheiten vorschreibt, zur Anwendung. Ermöglicht wurde ihre Anwendung durch
logarithmische Transformation der Daten. Dadurch wird eine definierte Verteilung der Daten
erzielt und die Voraussetzung der Normalverteilung ist erfüllt.
Wie auch der Kruskal-Wallis Test wurde die Varianzanalyse dazu verwendet, statistische
Hypothesen über signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten zu überprüfen.
Sowohl der Kruskal-Wallis Test als auch die Varianzanalyse zeigen an, ob zwischen drei oder
mehr unabhängigen Gruppen signifikante Unterschiede der Mittelwerte vorliegen. Allerdings
machen sie keine Aussage darüber, zwischen welchen beiden Mittelwerten ein signifikanter
Unterschied auftritt. Das zu bestimmen, ist die Aufgabe eines post hoc Tests. Der Tukey Test
(LINTON u. HARDER 2007), der für diese Analyse herangezogen wurde, stellt einen solchen
post hoc test dar, der einen paarweisen Vergleich der Mittelwerte durchführt, um die sich
signifikant unterscheidenden Gruppen anzuzeigen.
In den Graphiken werden signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Gruppen
wie folgt gekennzeichnet:
p < 0,05
(Irrtumswahrscheinlichkeit α < 5%)
*** p < 0,01
(Irrtumswahrscheinlichkeit α < 1%)
*
19
4 Ergebnisse
4.1 Allgemeine Befunde zu den CA1 Pyramidenzellen
Zur Rekonstruktion wurden nur Kulturen herangezogen, die keine Anzeichen von
Degeneration erkennen ließen.
Insgesamt sind für diese Arbeit 120 Slicekulturen angelegt worden. Bei der visuellen
Kontrolle unter dem Mikroskop wiesen 52 dieser Kulturen eine Biozytinmarkierung auf.
Einige Zellen waren aufgrund einer Leckage nicht vollständig gefüllt, sondern zeigten
stattdessen durch ausgelaufenes Biozytin einen dunklen Hof um den Zellkörper herum. Diese
unspezifischen Biocytinablagerungen machten eine Rekonstruktion unmöglich.
Unter allen rekonstruierten Zellen wurden aus jeder der drei Behandlungsgruppen
randomisiert 6 Zellen ausgewählt und deren Daten quantitativ analysiert.
4.2 Morphologie der hippocampalen CA1 Pyramidenzellen
Die CA1 Pyramidenzellen aller drei Behandlungsgruppen zeigten unter dem Mikroskop
folgende für diese Zellart typische Merkmale: einen dreieckigen bis ovoiden Zellkörper, einen
Apikaldendriten und mehrere Basaldendriten. Alle Dendriten waren mehrfach verzweigt und
dicht mit postsynaptischen Dornen besetzt. Vom Soma abgehende Biocytin-gefüllte Axone
waren bei einem Großteil der Zellen sichtbar. Diese wurden nicht weiter analysiert.
Nachfolgend werden aus jeder der drei Behandlungsgruppen beispielhaft zwei CA1
Pyramidenzellen dargestellt.
Die Pyramidenzellen wurden bei unterschiedlicher Vergrößerung (10fache, 20fache und
63fache
Vergrößerung des Objektivs) digital photographiert und erfasst. Zu den
ausgewählten Beispielen von CA1 Pyramidenzellen wird auch die NeurolucidaRekonstruktion als Farbausdruck abgebildet. Da jeder Dendritenordnung eine Farbkodierung
zugrunde liegt, lässt sich somit der Grad der Differenzierung leicht erkennen.
20
4.2.1 Serumhaltige Kontrollgruppe
In der serumhaltigen Kontrollgruppe zeigten alle intrazellulär gefüllten und analysierten CA1
Pyramidenzellen ihre typische Erscheinungsform. Deutlich erkennbar war ein Apikaldendrit,
der sich distal vom Soma aufzweigte. Von ihm gingen mehrere Seitendendriten ab. Am
basalen Pol der Zellen entsprangen zahlreiche Basaldendriten. Alle Dendriten zweigten sich
in Dendriten weiterer Ordnungen auf. Sowohl Apikal- als auch Basaldendriten waren dicht
mit postsynaptischen Spines besetzt (siehe Abbildung 3B und C).
Abbildung 3: Biocytin-gefüllte CA1 Pyramidenzelle der serumhaltigen Kontrollkultur am DIV 14.
(A) Die Übersichtsaufnahme zeigt den intensiv angefärbten Zellkörper (schwarzer Pfeil) mit dem
Apikaldendriten (weißer Pfeil). (B) zeigt den in (A) eingerahmten Dendritenabschnitt des
Apikaldendriten bei hoher Vergrößerung. Deutlich sind einige postsynaptische Spines mit
ausgeprägtem Spinekopf zu erkennen (Pfeile). (C) Software-unterstützte Rekonstruktion derselben
CA1 Pyramidenzelle. Das Axon ist mit einem Pfeil gekennzeichnet. Die verschiedenen Ordnungen der
Dendritenverzweigung sind verschiedenfarbig abgebildet (Stammdendriten blau, Dendriten 2.
Ordnung gelb usw.). Die dendritischen Spines sind als kleine rote Punkte gekennzeichnet.
21
Abbildung 4: Zweites Beispiel einer CA1 Pyramidenzelle der serumhaltigen Kontrollgruppe
(A) Die in der Übersichtsvergrößerung dargestellte biocytingefüllte CA1 Pyramidenzelle zeigt im
Vergleich zu Abbildung 3 eine etwas unterschiedliche Morphologie. Der Apikaldendrit ist stärker
verzweigt, ebenso die beiden Basaldendriten, die an der linken Seite des Zellkörpers entspringen. Der
schwarze Pfeil zeigt auf das vom Soma abgehende Axon.
Es ist eine zweite Zelle des Pyramidenzellbandes zu sehen (weißer Pfeil), die jedoch eine
unvollständige Biocytinfüllung aufweist. Bei der Anwendung des Patch Clamp Verfahrens tritt
gelegentlich über ein Leck in der Zellmembran Biocytin aus, was zur perizellulären dunklen Färbung
durch das Reaktionsprodukt führt. Zellen wie diese wurden nicht in die Untersuchung mit einbezogen.
(B) zeigt den in (A) eingerahmten Abschnitt des Apikaldendriten bei stärkerer Vergrößerung. Ein
dichter Spinebesatz des Dendritenabschnitts ist erkennbar (Pfeile). (C) Rekonstruktion derselben CA1
Pyramidenzelle. Der Pfeil deutet auf das Axon.
22
4.2.2 Serumfreie Kontrollgruppe
Der zeitlich begrenzte Serumentzug führte nicht zum Absterben der hippocampalen
Schnittkulturen. Die intrazellulär mit Biocytin gefüllten CA1 Pyramidenzellen behielten unter
diesen in vitro Bedingungen ihre typischen morphologischen Merkmale. Ein Apikaldendrit
und mehrere Basaldendriten waren auch in dieser Behandlungsgruppe erkennbar.
Generell zeigte der Vergleich
der Mittelwerte für Dendritengesamtlänge (siehe Kapitel
4.3.1.1 und 4.3.1.2) und Spineanzahl (siehe Kapitel 4.3.3.1, 4.3.3.2 und 4.3.3.3) zwischen
dieser und der serumhaltigen Kontrollgruppe eine leichte Abnahme der Werte. Da diese
Parameter aber nicht signifikant abwichen, kann man folgern, dass der ca. zwölfstündige
Serumentzug keinen messbar schädlichen Einfluss auf die CA1 Pyramidenzellen ausgeübt
hat, welcher die Durchführbarkeit der Experimente in Frage gestellt hätte.
Abbildung 5: CA1 Pyramidenzelle der serumfreien Kontrollgruppe
(A) Übersichtsaufnahme: Der Zellkörper dieser CA1 Pyramidenzelle (schwarzer Pfeil) ist länglich
ovoid. Deutlich sichtbar ist wiederum die polare Ausrichtung des Dendritenbaums. Apikal entspringt
ein erst unverzweigter Stammdendrit (weißer Pfeil). Basaldendriten entspringen am gegenüber
liegenden Zellpol. Zusätzlich hat diese Zelle einen seitlich am Soma abgehenden Dendriten. Alle
Dendriten sind dicht mit Spines besetzt (B, C und D).
23
Abbildung 6: CA1 Pyramidenzellen der serumfreien Kontrollgruppe
(A) Zwei biocytingefüllte Zellen der CA1 Region. Die Apikaldendriten sind deutlich sichtbar, während
die Basaldendriten außerhalb der Fokusebene liegen (siehe schwarzen Pfeil und vergleiche C). Der
weiße Pfeil zeigt auf unspezifische Biocytin-Präzipitate. (B) In der Ausschnittsvergrößerung (Rechteck
in A) sieht man spinebesetzte Dendriten (Pfeil). (C) Rekonstruktion beider Nervenzellen aus (A) in
rekonstruierter Form. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit sind die beiden Zellen nicht in
ihrem originalen Abstand zueinander, sondern separat abgebildet. Man sieht deutlich, dass die
Pyramidenzellen in der Morphologie ihrer Dendriten variieren.
4.2.3 C3 bot Toxinbehandelte Experimentalgruppe
Diese Behandlungsgruppe wurde wie die serumfreie Kontrollgruppe 12 Stunden vor
Experimentbeginn (intrazelluläre Füllung mit Biocytin) unter Serumentzug inkubiert.
Zusätzlich wurden dem Medium 4 bis 6 Stunden vor Beginn 120 nM C3 bot zugegeben.
Alle Biocytin-gefüllten CA1 Pyramidenzellen dieser Gruppe zeigten eine polare Ausrichtung
mit Apikaldendrit und Basaldendriten. Die Dendriten waren mit Spines besetzt. Insgesamt
ähnelten die Zellen in ihrer Morphologie denen der serumfreien Kontrollgruppe. Dennoch
hatte die Zugabe des clostridialen Toxins Einfluss auf die Dendritenmorphologie und den
24
Spinebesatz. Die quantitative Analyse der jeweiligen Parameter ist im Ergebnisteil unter
Nummer 4.3 enthalten.
Abbildung 7: CA1 Pyramidenzelle der C3 bot-toxinbehandelten Experimentalgruppe
(A) In der Übersichtsabbildung ist eine der quantitativ analysierten Biocytin-gefüllten Pyramidenzellen
der hippocampalen CA1 Region dargestellt. In der Abbildungsebene ist das Soma des Neurons nicht
zu erkennen. Der schwarze Pfeil deutet auf den schwach verzweigten Apikaldendriten, der weiße Pfeil
auf einen Basaldendriten. Ein Axon ist nicht sichtbar. (B) Detailvergrößerung des in (A, oberer
Rahmen) eingefassten Dendritenabschnitts. Der dargestellte Ausschnitt beinhaltet sowohl apikale als
auch basale Dendritenabschnitte. Alle Dendritensegmente haben Spinebesatz (siehe Pfeil).
(C) Hohe Vergrößerung des in (A, unterer Rahmen) umfassten Abschnitts eines Basaldendriten mit
postsynaptischen Dornen (siehe Pfeil). (D) Neurolucida-Rekonstruktion dieser CA1 Pyramidenzelle.
Im Vergleich zur serumhaltigen Kontrollgruppe fällt ein wenig verzweigter Apikaldendrit auf.
25
Abbildung 8: 2. Beispiel einer CA1 Pyramidenzelle der C3 bot-toxinbehandelten Gruppe
(A) In der Übersicht sieht man deutlich den ovoiden Zellkörper, der am Apikalpol einen schwach
verzweigten Apikaldendriten entlässt (weißer Pfeil). Am gegenüberliegenden Pol des Somas
entspringen mehrere ebenfalls gering verzweigte Basaldendriten. Das Axon ist Biocytin-gefüllt und
schwach sichtbar (schwarzer Pfeil). (B) Abbildung des in (A) eingerahmten Abschnitts des
Apikaldendriten in der Detailvergrößerung. Vereinzelt sind postsynaptische Spines zu erkennen
(Pfeil). (C) Neurolucida-Rekonstruktion dieses Neurons
26
4.3 Quantitative Analyse
Mit Hilfe der Neuroexplorer-Software wurden für jede der in die quantitative Analyse
einbezogenen Zellen folgende Parameter berechnet:
•
Länge der Basaldendriten (gesamt)
•
Länge des Apikaldendriten (gesamt)
•
Anzahl der Verzweigungspunkte der Basaldendriten
•
Anzahl der Verzweigungspunkte des Apikaldendriten
•
Gesamtzahl der Spines
•
Anzahl der Spines an den Basaldendriten
•
Anzahl der Spines am Apikaldendriten
•
Spinedichte der gesamten Zelle
•
Spinedichte der Basaldendriten
•
Spinedichte des Apikaldendriten
Anhand der ausgewählten statistischen Tests (Kruskal-Wallis-Test, Varianzanalyse und
Tukey-Test)
wurden
Experimentalgruppen
die
Daten
(serumhaltige
auf
signifikante
Kontrollgruppe,
Unterschiede
serumfreie
zwischen
den
Kontrollgruppe
und
toxinbehandelte Gruppe) untersucht.
Genaue Angaben zu den statistischen Prüfverfahren sind dem Material- und Methodenteil,
Kapitel 3.8, zu entnehmen.
27
4.3.1 Dendritenlänge
4.3.1.1 Gesamtlänge der Basaldendriten
Die Pyramidenzellen der serumhaltigen Kontrollgruppe wiesen die längsten Dendritenbäume
auf basaler Seite auf (1838,38 µm ± 1043,89 µm, MW ± SD). Die serumfreie Kontrolle hatte
kürzere Basaldendriten (1651,55 µm ± 919,42 µm). Die C3 Toxin-Behandlungsgruppe zeigte
die kleinsten Werte für die Länge der Basaldendriten (1020,32 µm ± 357,61µm). Die
statistische Auswertung dieser Daten zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den
einzelnen Gruppen an: Der Kruskal-Wallis-Test ergab einen p-Wert von 0,14 und die
Varianzanalyse zeigte nach logarithmischer Tranformation der Daten einen p-Wert von 0,23
an. Unter Toxineinfluss waren die Basaldendriten zwar im Mittel kürzer, aber nicht
signifikant abweichend.
Abbildung 9: Graphische Darstellung der Gesamtlänge der Basaldendriten. Jedes Symbol steht für
den Wert eines der untersuchten Neurone. Die Querbalken entsprechen den Mittelwerten der
jeweiligen Behandlungsgruppe. Den Mittelwerten sind nach oben und unten die Werte für ihre
Standardabweichung zugeordnet.
28
4.3.1.2 Gesamtlänge der Apikaldendriten
Ähnlich sieht es bei der Betrachtung der Länge der apikalen Dendritenbäume aus. Bezüglich
dieses Merkmals unterschied sich die Serumkontrolle (2628,35 µm ± 1247,10 µm) sogar noch
eindrücklicher sowohl von der serumfrei kultivierten Kontrollgruppe (1218,51 µm ± 624,34
µm) als auch der C3 bot-toxinbehandelten Gruppe (1075,90 µm ± 597,25 µm). Hier ergab die
statistische Analyse der Daten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den
Gruppen. In Bezug auf die Länge der Apikaldendriten bestand zumindest jedoch eine starke
Tendenz zur Dendritenverkürzung unter serumfreien Kulturbedingungen, die unter
Toxineinfluss nochmals deutlicher wurde.
Eine etwaige toxinbedingte Wechselwirkung zwischen Apikal- und Basaldendriten (also eine
Verlängerung der einen Dendritenart bei gleichzeitiger Verkürzung der anderen) konnte durch
eine weitere Varianzanalyse ausgeschlossen werden.
Abbildung 10: Graphische Darstellung der Apikaldendriten-Gesamtlänge. Jedes Symbol steht für die
Länge eines Apikaldendriten. Der jeweilige Mittelwert der Gruppen ist als Querbalken, die
entsprechende Standardabweichung senkrecht dazu dargestellt.
29
4.3.2 Verzweigungspunkte
4.3.2.1 Anzahl der Verzweigungspunkte der Basaldendriten
Am stärksten verzweigt waren die Basaldendriten der serumhaltig kultivierten CA1
Pyramidenzellen (23.83 ± 10,34 Verzweigungspunkte), während der Grad der Verzweigung
über die serumfrei kultivierte Kontrollgruppe (17,33 ± 10,23 Verzweigungspunkte) bis hin zur
toxinbehandelten Gruppe (10,50 ± 3,62 Verzweigungspunkte) stark abnahm. Im Rahmen der
statistischen Analyse zeigte der Kruskal-Wallis Test einen p-Wert von 0,07, die
Varianzanalyse von 0,08 an. In Bezug auf die Anzahl der basalen Verzweigungspunkte traten
also keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auf.
Abbildung 11: Graphische Darstellung der Verzweigungspunkte auf basaler Seite. Anhand der
Symbole ist die Anzahl der basalen Verzweigungspunkte aller untersuchten Zellen abzulesen. Die
Querbalken stehen für die Mittelwerte der einzelnen Behandlungsgruppen. Die Werte ihrer
Standardabweichungen sind senkrecht dazu eingezeichnet.
4.3.2.1 Anzahl der Verzweigungspunkte der Apikaldendriten
Die Serum-Kontrollgruppe wies stark verzweigte Apikaldendriten auf (21,83 ± 8,28
Verzweigungspunkte). Der Grad der Verzweigung nahm bei der serumfrei kultivierten
Gruppe ab (13,83 ± 3,43 Verzweigungspunkte). Die Abnahme war noch ausgeprägter nach
Toxinbehandlung (9,67 ± 5,89 Verzweigungspunkte). Beide statistischen Tests zeigten eine
30
signifikante Reduktion der apikalen Verzweigungspunkte in der toxinbehandelten Gruppe im
Vergleich zur serumhaltigen Kontrolle. Der Kruskal-Wallis Test ergab einen p-Wert von
0,037, die Varianzanalyse von 0,036. Die serumfreie Kontrollgruppe nahm laut Tukey-Test
eine indifferente Zwischenstellung ein und war somit von keiner der anderen beiden Gruppen
signifikant verschieden. Auch hier traten keine Wechselwirkungen zwischen apikaler und
basaler Seite auf, was durch eine weitere Varianzanalyse gezeigt werden konnte.
Abbildung 12 Graphische Darstellung der Verzweigungspunkte der Apikaldendriten. Die Mittelwerte
der drei Gruppen sind als Querbalken, ihre Standardabweichungen senkrecht dazu eingezeichnet.
* p ≤ 0,05
4.3.3 Anzahl der Spines
4.3.3.1 Anzahl der Spines der Basaldendriten
Bei der Analyse der Basaldendriten fiel der Unterschied zwischen den Gruppen bezogen auf
die Anzahl der Spines nicht so markant aus. Trotzdem besaßen auch hier die serumhaltig
inkubierten Pyramidenzellen die meisten Spines (350,67 ± 266,87). Die Gesamtzahl der
Spines an den Basaldendriten in der serumfrei inkubierten Kontrollgruppe betrug 339,00 ±
271,67. Am geringsten mit Spines besetzt waren die Basaldendriten der toxinbehandelten
CA1 Neurone (105,67 ± 91,85). Hier ergab die statistische Auswertung keine signifikanten
31
Unterschiede zwischen den verschiedenen Behandlungsgruppen. Der Kruskal-Wallis Test gab
einen p-Wert von 0,12, die Varianzanalyse von 0,09 an.
Abbildung 13: Die Anzahl der Spines der Basaldendriten graphisch dargestellt. Die Querbalken
kennzeichnen die Mittelwerte der jeweiligen Behandlungsgruppe, die senkrechten Balken ihre
Standardabweichungen.
4.3.3.2 Anzahl der Spines der Apikaldendriten
Bei diesem Parameter fielen bei Betrachtung der Werte deutliche Unterschiede zwischen den
drei Gruppen auf. Am dichtesten mit Spines besetzt waren die Apikaldendriten der
serumhaltigen Kontrollgruppe (561,00 ± 358,91). Der Mittelwert für die Anzahl der Spines
war um ca. 58% verringert (235,83 ± 127,29) für die serumfrei inkubierten Pyramidenzellen.
Eine weitere Abnahme der Spines an den Apikalendriten war bei der toxinbehandelten
Gruppe zu beobachten (109,50 ± 83,48). Die statistische Auswertung erbrachte signifikante
Unterschiede bezüglich des Parameters Spinezahl an Apikaldendriten. Unter Toxineinfluss
kam es zu einer signifikanten Abnahme im Vergleich zur serumhaltigen Kontrollgruppe mit
einer Irrtumswahrscheinlichkeit p von 0,032 (Kruskal-Wallis Test) beziehungsweise 0,030
(Varianzanalyse). Laut Tukey-Test wich die serumfreie Kontrollgruppe nicht signifikant von
einer der beiden anderen Gruppen ab.
32
Abbildung 14: Graphische Darstellung der Anzahl der Spines im Bereich der Apikaldendriten. Die
Querbalken kennzeichnen die Mittelwerte der jeweiligen Behandlungsgruppe. Ihnen sind nach oben
und unten die Werte ihrer Standardabweichung zugeordnet.
* p ≤ 0,05
4.3.3.3 Gesamtzahl der Spines
Die meisten postsynaptischen Dornen besaßen die Neurone der serumhaltigen Kontrollgruppe
(911,67 ≤ 560,39). Wie auch bei den vorherigen Parametern war eine Verminderung der
Spineanzahl über die serumfreie Kontrollgruppe (574,83 ≤ 378,81) bis hin zur
toxinbehandelten Gruppe (215,17 ≤ 161,72) zu beobachten. Auch in Bezug auf die
Gesamtzahl der Spines zeigte die toxinbehandelte Gruppe im Vergleich zur serumhaltigen
Kontrollgruppe eine signifikante Abnahme. Der Kruskal-Wallis Test ergab einen p-Wert von
0,020, die Varianzanalyse von 0,018.
Die serumfreie Kontrolle nahm laut Tukey-Test
wiederum eine indifferente Zwischenstellung ein.
33
Abbildung 15: Grafik der Gesamtzahl der Spines aller ausgewerteter CA1 Pyramidenzellen.
Mittelwerte und Standardabweichungen der Gruppen sind als Quer- bzw. vertikale Balken
eingezeichnet.
* p ≤ 0,05
4.3.4 Spinedichte
4.3.4.1 Spinedichte der Basaldendriten
Die Neurone der serumhaltig inkubierten Kontrollgruppe waren mit 0,18 ± 0,08 Spines/µm
am dichtesten Spine-besetzt. Die Besatzdichte nahm von der serumhaltigen zur serumfrei
inkubierten Kontrollgruppe mit 0,17 ± 0,08 Spines/µm leicht, zur toxinbehandelten Gruppe
dagegen stark ab (0,11 ± 0,08 Spines/µm). Die Mittelwerte der Behandlungsgruppen waren
nicht signifikant voneinander verschieden.
34
Abbildung 16: Graphische Darstellung der Spinedichte der Basaldendriten jeder der 18 untersuchten
Pyramidenzellen. Die Querbalken zeigen die Mittelwerte der jeweiligen Behandlungsgruppe an. Ihnen
sind nach oben und unten die Werte ihrer Standardabweichung zugeordnet.
4.3.4.2 Spinedichte der Apikaldendriten
In der serumhaltigen Kontrollgruppe hatten die Neurone eine mittlere Spinedichte von 0,19 ±
0,07 Spines/µm. Die serumfreie Kontrolle zeigte mit einem Mittelwert von 0,20 ± 0,08
Spines/µm eine leicht höhere Besatzdichte an. Mit 0,09 ± 0,05 Spines/µm waren die Neurone
der C3 bot Toxin-behandelten Gruppe am wenigsten dicht mit Spines besetzt. Statistisch
betrachtet war die Spinedichte der Apikaldendriten nicht signifikant unterschiedlich zwischen
den einzelnen Behandlungsgruppen. Für eine Ausdünnung der Spines durch die
Toxinbehandlung gab der Kruskal-Wallis Test eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,051, die
Varianzanalyse von 0,047 an. Obwohl der durch die Varianzanalyse ermittelte p-Wert das
Signifikanzniveau knapp unterschritt, zeigte der post hoc durchgeführte Tukey-Test keine
signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen an.
Auch in Bezug auf die Spinedichte traten keine statistisch nachweisbaren Wechselwirkungen
zwischen basaler und apikaler Seite auf.
35
Abbildung 17: Schaubild der apikalen Spine-Besatzdichte aller untersuchten Nervenzellen. Die
Querbalken zeigen die Mittelwerte der jeweiligen Behandlungsgruppe, die senkrechten Balken die
Werte ihrer Standardabweichung an.
4.3.4.3 Spinedichte der gesamten Zelle
Nicht nur absolut hatten die Neurone der serumhaltig inkubierten Untersuchungsgruppe eine
signifikant höhere Gesamtzahl an Spines als die Nervenzellen der toxinbehandelten Gruppe
(vergleiche 3.3.3.3). Auch für den Parameter Spinedichte ergab die Analyse signifikante
Unterschiede zwischen der Serumkontrolle mit 0,19 ± 0,04 Spines/µm und der Toxingruppe
mit 0,10 ± 0,06 Spines/µm. Die Zellen der serumfreien Kontrolle (0,18 ± 0,06 Spines/µm)
waren ähnlich dicht mit Spines besetzt wie die der serumhaltigen Kontrollgruppe.
Der durchschnittliche Abstand der Spines zueinander nahm unter Toxineinfluss signifikant zu
gegenüber der serumhaltigen Kontrolle. Der Kruskal-Wallis Test gab dafür eine
Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,049 an, die Varianzanalyse von 0,029. Laut Tukey-Test
verhielt sich die serumfreie Kontrollgruppe ein weiteres Mal indifferent.
36
Abbildung 18: Graphik der Gesamt-Spinedichte der 18 analysierten Pyramidenzellen. Die Querbalken
kennzeichnen die Mittelwerte der jeweiligen Behandlungsgruppe, die senkrechten Balken geben ihre
Standardabweichung an.
* p ≤ 0,05
4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Als wesentliche Ergebnisse konnten mehrere signifikante Unterschiede zwischen der
toxinbehandelten Experimentalgruppe und der serumhaltigen Kontrollgruppe festgestellt
werden. Die Behandlung mit dem clostridialen C3 Toxin führte zu einer signifikanten
Reduktion der dendritischen Verzweigung im Bereich der Apikaldendriten. Außerdem konnte
nach der Behandlung eine signifikant verminderte Anzahl der Spines sowohl an den
Apikaldendriten als auch an den Dendriten insgesamt (basal + apikal) beobachtet werden.
Auch im Hinblick auf die Spinedichte ergab die Toxinbehandlung im Vergleich zur SerumKontrollgruppe signifikant verminderte Werte bezogen auf das gesamte Neuron (basal +
apikal).
An den Basaldendriten war ebenfalls eine Verminderung der genannten Parameter zu
verzeichnen. Hier bewegten sich die Werte allerdings nicht im Bereich der statistischen
Signifikanz.
In Bezug auf die Dendritenlänge führte Toxineinfluss ebenfalls zu einer leichten, jedoch nicht
signifikanten Abnahme.
Die serumfreie Kontrollgruppe nahm stets eine indifferente Zwischenstellung ein.
37
Tabelle 1 vermittelt einen Überblick über die wesentlichen Ergebnisse der quantitativen
Analyse.
Merkmal
Gesamtlänge
Submerkmal
Statistik
Basaldendrit
nicht signifikant
p = 0.14
nicht signifikant
p = 0.07
Apikaldendrit
Beschreibung
Verzweigungspunkte
Basaldendrit
nicht signifikant
p = 0.07
Apikaldendrit
signifikant
p = 0.04
Basaldendrit
nicht signifikant
p = 0.12
Apikaldendrit
signifikant
p = 0.03
C3 Toxingruppe ist – verglichen
mit der serumhaltigen Kontrolle lediglich mit einem Fünftel der
Spines besetzt (*). Im Vergleich
zur serumfreien Kontrolle weisen
die toxinbehandelten Zellen im
Mittel immer noch weniger als die
Hälfte der Spines auf (n. s.)
Gesamt
signifikant
p = 0.02
C3 Toxin-Gruppe weist die
geringste
Spineanzahl
auf,
statistisch signifikant gegenüber
der serumhaltigen Kontrollgruppe
Basaldendrit
nicht signifikant
p = 0.17
Apikaldendrit
nicht signifikant
p = 0.05
Gesamt
signifikant
p = 0.049
C3
Toxingruppe
signifikant
schwächer
verzweigt
als
serumhaltige Kontrollgruppe
Anzahl der Spines
Spinedichte
Toxinbehandlung
bewirkt
signifikante
Reduktion
der
Spinedichte im Vergleich zur
Serum-Kontrolle. Auch gegenüber
der serumfreien Kontrolle Tendenz
zu weniger dicht spinebesetzten
Dendriten
Tabelle 1: Überblick der Ergebnisse der quantitativen Analyse, getrennt nach untersuchten
Parametern sowie Dendritentyp
38
5 Diskussion
5.1 Einführung in die Problemstellung
Dendriten stellen ein wichtiges strukturelles Element von Nervenzellen dar. Sie fungieren als
Zielstrukturen von Nervenfasern, die von anderen benachbarten beziehungsweise weiter
entfernten Neuronen stammen. So können Nervenfasern einerseits am Dendritenschaft
funktionelle Kontakte ausbilden. Diese so genannten Schaftsynapsen werden als
symmetrische inhibitorische Kontakte angesehen. Neben den Schaftsynapsen gibt es Kontakte
an speziellen Ausstülpungen des Dendritenbaums. Diese Ausstülpungen werden als
Protrusionen oder Spines bezeichnet. Zahlreiche Literaturbefunde belegen, dass diese Spines
postsynaptische Strukturen für exzitatorische Nervenfasern darstellen (MATUS 2005,
CALABRESE et al. 2006). Spines sind sehr dynamische Strukturen, die gebildet und
eingezogen werden können und unter dem Einfluss synaptischer Aktivität stabilisiert werden.
Es gibt Literaturhinweise, dass es nach Blockade synaptischer Aktivität zu Veränderungen der
Form dieser Spines kommt (DRAKEW et al. 1998). Andererseits führt gesteigerte neuronale
Aktivität wie Langzeitpotenzierung ebenfalls zu Spinebildung an Dendriten (ENGERT u.
BONHOEFFER 1999, BONHOEFFER u. YUSTE 2002). Das heißt, Modulation der Aktivität
hat Einfluss auf den Spinebesatz der Dendriten und damit die Verschaltung zwischen den
Neuronen. Stabilisierung und Verdrahtung von Nervenzellen untereinander sind wichtige
Voraussetzungen für die normale Funktion des Zentralnervensystems. In der vorliegenden
Arbeit wollten wir nun der Frage nachgehen, inwieweit Neurotoxine in einer subletalen Dosis
von Nervenzellen toleriert werden beziehungsweise zu strukturellen Veränderungen führen.
Voraussetzung für eine detaillierte Analyse der Wirkung von clostridialem C3 Toxin war die
Identifikation von Neuronen, die standardisierte Exposition gegenüber dem C3 Toxin und die
Zugänglichkeit behandelter Neurone für eine quantitative Analyse.
Die Besonderheit dieser Arbeit besteht darin, dass die Untersuchungen an identifizierten
Neuronen durchgeführt worden sind. Bisherige Literaturbefunde zur Wirkung von C3 bot
beziehen sich auf die Arbeit an dissoziierten Neuronen und die Wirkung auf die Axone der
kultivierten Zellen (OLENIK et al. 1997, AHNERT-HILGER et al. 2004). Dies hat den
Nachteil, dass keine zellspezifischen Effekte beobachtet werden können.
39
5.2 Bewertung des experimentellen Ansatzes
Die hier vorgestellten Untersuchungen wurden an einem durch zahlreiche Literaturbefunde
gut etablierten Forschungsmodell der organotypischen Hirnschnittkulturen durchgeführt
(HEIMRICH u. FROTSCHER 1991, HEIMRICH u. FROTSCHER 1993a, HEIMRICH u.
FROTSCHER 1993b, ZAFIROV et al. 1994). In Untersuchungen von ZIMMER u.
GÄHWILER (1984) und FROTSCHER et al. (2000) wurden in den letzten Jahren zahlreiche
quantitative Analysen zu Spine- und Dendritenentwicklung durchgeführt und im normalen
Tier verglichen. In diesen Untersuchungen konnte gezeigt werden, wie in vivo die
Spineentwicklung stattfindet und wie die CA1 Pyramidenzellen ihre morphologischen
Merkmale beibehalten und als solche aufgrund des Dendritenbaums und Spinebesatzes
identifiziert werden können. Ausgehend von diesen Befunden gab es zusätzlich zahlreiche
Untersuchungen, in denen die in-vitro-Bedingungen experimentell modifiziert wurden, was
dann zu Veränderungen der neuronalen Morphologie beziehungsweise Konnektivität führte
(BRINKS et al. 2004, MAYER et al. 2005).
Die Möglichkeit, Hirnschnittkulturen unter standardisierten Bedingungen über einen längeren
Zeitraum kultivieren und Zellen aufgrund ihrer Morphologie und Lokalisation im Hirngewebe
identifizieren zu können, war eine wesentliche Grundlage dafür, strukturelle Veränderungen
nach C3 Toxin-Behandlung sowohl qualitativ als auch quantitativ zu erfassen.
Um den Einfluss der verschiedenen Behandlungsarten auf die Dendritendifferenzierung und
Spinebildung der hippocampalen CA1 Pyramidenzellen zu untersuchen, wurden drei
Untersuchungsgruppen gebildet. Die erste Gruppe umfasste Hippocampuskulturen, die in
serumhaltigem Kulturmedium inkubiert worden waren. Die zweite Experimentalgruppe
bestand aus Kulturen, deren Kulturmedium einige Stunden vor intrazellulärer Applikation des
Tracers Biocytin gegen serumfreies Medium ausgetauscht worden war, um eine mögliche
Beeinträchtigung des Toxins durch im Serum enthaltene Proteasen auszuschließen.
Toxinbehandelte Kulturen, die kurz vor der Toxininjektion ebenfalls serumfrei inkubiert
worden waren, bildeten die dritte Gruppe.
Bei einigen intrazellulären Füllungen mit Biocytin kommt es zum Auslaufen von Biocytin aus
der penetrierten Zelle. Dies führt nach DAB-Entwicklung zu einem hohen Hintergrund durch
unspezifischen Niederschlag um die mit Biocytin gefüllte Zelle. Damit sind sowohl eine
Rekonstruktion als auch die quantitative Erfassung der Spines nicht zuverlässig möglich. Die
betroffenen Zellen sind trotz Füllung nicht auswertbar und wurden nicht in die Analyse mit
40
einbezogen. Aus allen drei Gruppen konnten biocytingefüllte CA1 Pyramidenzellen für
Rekonstruktion und quantitative Analyse der dendritischen Parameter herangezogen werden.
Dies bestätigt, dass unter den gewählten in vitro-Bedingungen hippocampale Neurone ihre
morphologische Charakteristik beibehalten, wie dies in früheren Untersuchungen an
Schnittkulturen aus dieser Arbeitsgruppe schon gezeigt werden konnte (HEIMRICH u.
FROTSCHER 1991, FROTSCHER et al. 1995).
Die jeweiligen Gruppen zeigten entsprechend ihrer Behandlung unterschiedliche Effekte auf
Dendritenorganisation und Spinebesatz. Dies deutet auf einen Effekt nach Serumentzug
beziehungsweise C3 Toxin-Exposition hin.
Hierbei kommen mehrere beeinflussende Faktoren in Betracht: Der Serumentzug könnte die
intrazelluläre Füllbarkeit der Zelle mit Biocytin beeinträchtigen. Dieser Faktor ist insofern zu
vernachlässigen, da wir die Dendriten sowohl in den serumfreien sowie serumfreien und
zusätzlich toxinbehandelten Gruppen bis in ihre distalen Abschnitte mikroskopisch verfolgen
konnten. Ganz generell ist die intrazelluläre Biocytinfüllung eine viel genutzte und allgemein
anerkannte Methode zur Darstellung von Neuronen (IRINTCHEV et al. 2005).
Zum anderen könnte Serumentzug einen Mangel an Nährstoffen nach sich ziehen, was
letztendlich morphologisch sichtbare Veränderungen hervorrufen könnte. Da jedoch keine
signifikanten Unterschiede bezüglich Dendritenlänge, Anzahl der Verzweigungspunkte,
Anzahl der Spines und Spinedichte zu den Pyramidenzellen aus unbehandelten
Kontrollkulturen messbar waren, sind eventuelle Effekte zu vernachlässigen. Die Zugabe von
C3 Toxin führt zu signifikanten morphologischen Veränderungen beim Vergleich von
serumhaltig inkubierter Kontrollgruppe und C3 Toxin Behandlungsgruppe. Dies deutet darauf
hin, dass die Applikation von C3 bot maßgeblich Dendritenmorphologie und Spinebesatz
beeinflußt.
5.3 Evaluierung der Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden noch einmal die wichtigsten Befunde aus den
Untersuchungen
der
einzelnen
Behandlungsgruppen
Serumhaltige
Kontrollgruppe,
Serumfreie Kontrollgruppe sowie C3 bot Toxingruppe zusammengefasst und diskutiert.
Unabhängig von der jeweiligen Behandlung haben die CA1 Pyramidenzellen aller drei
Gruppen überlebt und wir konnten in allen Kulturen die Neurone durch intrazelluläre Füllung
mit Biocytin als CA1 Pyramidenzellen identifizieren. Tendenziell war festzustellen, dass alle
erfassten Werte der einzelnen Parameter in der serumfreien Kontrollgruppe verglichen mit der
serumhaltigen
Kontrollgruppe
abnahmen.
Die
41
geringen
Veränderungen
bezüglich
Dendritenlänge, Anzahl der Verzweigungspunkte, Anzahl der Spines und Spinedichte
zwischen den beiden serumhaltig bzw. serumfrei inkubierten Kontrollgruppen könnten
Effekte nach geänderter Nährstoffversorgung sein. Im Vergleich zwischen der serumhaltigen
Kontrollgruppe und der mit C3 bot Toxin behandelten Gruppe kam es gegenüber dem
Vergleich zwischen den beiden Kontrollgruppen zu einer noch stärkeren Verminderung von
Dendritenlänge, Anzahl der Verzweigungspunkte, Anzahl der Spines sowie Spinedichte. Über
alle analysierten morphologischen Parameter traten nur für einzelne signifikante Unterschiede
auf. Keine signifikanten Abweichungen waren hinsichtlich Länge der Apikaldendriten, Länge
der Basaldendriten, Verzweigungspunkte der Basaldendriten, Spineanzahl der Basaldendriten,
Spinedichte der Apikal- und Spinedichte der Basaldendriten zu beobachten. Demgegenüber
waren die Anzahl der Verzweigungspunkte und die Anzahl der Spines an den Apikaldendriten
signifikant verringert. Die ebenfalls signifikante Abnahme der Gesamtzahl der Spines und der
Gesamtspinedichte bei der C3 bot Toxin-Behandlungsgruppe im Vergleich zur serumhaltigen
Kontrollgruppe beruht vor allem auf den stark ausgeprägten strukturellen Unterschieden an
den Apikaldendriten. Dies lässt auf eine selektive Wirkung des C3 bot Toxins auf das
neuronale Kompartiment, den apikalen Dendritenbaum mit seinen postsynaptischen Spines,
schließen. Diese selektive Wirkung des Toxins deutet auf rezeptorvermittelte Effekte hin und
könnte durch unterschiedliche Rho-Rezeptoren bzw. Unterschiede in deren Verteilung
beruhen. Aus der Literatur gibt es Hinweise, dass das Toxin nicht ubiquitär, sondern an
bestimmten Zellkompartimenten wirkt. AHNERT-HILGER et al. (2004) untersuchten den
Einfluss von RhoA auf die dendritische beziehungsweise axonale Differenzierung in
dissoziierten Zellen. Sie konnten zeigen, dass Aktivierung von RhoA zu einer verstärkten
axonalen und gleichzeitig verminderten dendritischen Entwicklung führt. Umgekehrt hemmt
Inaktivierung
des
RhoA
durch
C3
Isoformen
axonales
Wachstum
und
fördert
Dendritenwachstum. Diese Befunde stehen in Widerspruch zu den vorliegenden
Untersuchungsergebnissen. Die Inaktivierung von RhoA durch das C3 Toxin hat zu einer
zwar nicht signifikanten jedoch tendenziellen Verkürzung der Dendriten geführt. Eine
mögliche Erklärung hierfür könnten die angewandten unterschiedlichen in vitro-Systeme sein.
In dissoziierten Kulturen werden unterschiedliche Neuronentypen aus embryonalem
Hirngewebe verwendet. Diese Neurone zeigen eine sehr starke morphologische Variabilität,
die eine Identifizierung des Neuronentyps nach morphologischen Kriterien weitgehend
unmöglich
macht.
Es
könnte
durchaus
möglich
sein,
dass
unterschiedliche
Neuronenpopulationen sehr unterschiedlich auf C3 bot Toxin-Behandlung reagieren.
Demgegenüber sind in dieser Untersuchung identifizierte CA1 Pyramidenzellen in
42
Hippocampusschnittkulturen analysiert und verglichen worden. Mit in Betracht gezogen
werden muss auch eine Wirkung des Toxins auf die in den Hippocampusschnittkulturen
vorhandene intrahippocampale axonale Projektion der Schafferkollateralen, welche die CA3
Pyramidenzellen mit den CA1 Neuronen verbinden und an den Dendriten der CA1
Pyramidenzellen endigen. Die Unterschiede, die wir an den Neuronen beobachtet haben,
könnten also auch Sekundäreffekte darstellen, die in Zusammenhang mit einer Toxinwirkung
stehen. In neueren Untersuchungen konnten solche Effekte von C3 bot auf Axonwachstum
und axonale Kollateralisation nachgewiesen werden (AHNERT-HILGER et al. 2004,
HÖLTJE et al. 2008).
Zusammenfassend konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass die Behandlung von
identifizierten hippocampalen CA1 Pyramidenzellen mit C3 bot Verzweigungsmuster und
Spinezahl selektiv am Apikaldendrit dieses Zelltyps verändert, jedoch keinerlei messbare
Wirkung an den Basaldendriten entfaltet. Dies deutet auf einen rezeptorvermittelten Effekt
des Toxins hin. Weiterführende Untersuchungen mit einem biologisch inaktiven C3 Toxin
von Clostridium botulinum sollen helfen zu klären, inwieweit das biologisch aktive Toxin in
direktem Zusammenhang mit diesen Veränderungen steht. Außerdem sollen weitere in vitro
Untersuchungen mit C3 bot Behandlung dazu dienen, den Signalweg, der zu diesen
morphologischen Veränderungen führt, näher zu charakterisieren.
43
6 Zusammenfassung
Thorsten Hintze
Einfluss des clostridialen C3 Toxins auf die Dendritenmorphologie und Spinebildung von
CA1 Pyramidenzellen in Hippocampus-Schnittkulturen der Maus - eine quantitative
lichtmikroskopische Untersuchung
Veterinär-Anatomisches Institut
Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig
und
Anatomisches Institut
Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Eingereicht im Februar 2010
47 Seiten, 18 Abbildungen, 1 Tabelle, 83 Literaturangaben, Anhang
Schlüsselwörter:
Hippocampus,
CA1
Pyramidenzellen,
Rho
Proteine,
C3
Toxin,
Hirnschnittkulturen
Lokale Pyramidenzellen sind die Hauptneurone des Hippocampus und können durch ihre
Position und die Morphologie ihrer Dendriten als CA1 und CA3 Pyramidenzellen identifiziert
werden. Die Dendriten der exzitatorischen Pyramidenzellen sind mit postsynaptischen
Vorwölbungen, den so genannten Spines, bedeckt, welche in einem spezifischen
Verteilungsmuster angeordnet sind. Neurotoxine wie das C3 Toxin von Clostridium
botulinum sind funktionelle Substanzen, die die neuronale Morphologie verändern und die
neuronale Funktion beeinflussen können. In dieser Studie wurden die morphologischen
Veränderungen von intrazellulär mit Biocytin gefüllten CA1 Pyramidenzellen qualitativ und
quantitativ analysiert. Die hippocampalen Schnittkulturen, in denen sich bekanntermaßen
Pyramidenzellen ähnlich entwickeln wie in vivo, wurden dazu herangezogen, die Effekte der
C3bot Toxin-Applikation auf die Verzweigung der Dendriten sowie Anzahl und Dichte der
dendritischen Spines zu untersuchen. Drei Gruppen von Zellen wurden verglichen: Erstens
Neurone, die in serumhaltigem Medium inkubiert worden waren, zweitens Nervenzellen, die
44
in einem Medium ohne Serum inkubiert worden waren und drittens Zellen, die unter
Serumentzug dem C3bot Toxin ausgesetzt worden waren. Die Inkubation dauerte 14 Tage,
während die Dauer der Toxinexposition zwischen vier und sechs Stunden betrug. Mit Hilfe
eines Computers wurden zweidimensionale Nachbildungen der biocytin-markierten CA1
Pyramidenzellen erstellt, und die Gesamtlänge der Dendriten, die Anzahl der dendritischen
Verzweigungspunkte und die Gesamtzahl und Dichte der dendritischen Spines gemessen und
statistisch ausgewertet. Signifikante Unterschiede wurden zwischen der mit C3 Toxin
behandelten Gruppe und der serumhaltig inkubierten Kontrollgruppe beobachtet. Diese
signifikanten morphologischen Veränderungen traten selektiv an den Apikaldendriten der
toxinbehandelten CA1 Pyramidenzellen auf. Aus der Behandlung resultierte eine Reduktion
der Anzahl apikaler Verzweigungspunkte, der Anzahl der apikalen Spines, der Gesamtzahl
(basal und apikal addiert) der Spines sowie der Gesamtspinedichte. Im Gegensatz dazu
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der toxinbehandelten Gruppe und der
ohne Serum inkubierten Kontrollgruppe, obwohl der Serumentzug im Vergleich zur
serumhaltig inkubierten Kontrollgruppe die Entwicklung der Zellen beeinflusste. Auf
Grundlage der beobachteten Veränderungen können wir schließen, dass die Behandlung mit
C3 bot einen starken Einfluss selektiv auf die Morphologie der Apikaldendriten ausübt. Der
Mechanismus, der dieser selektiven Empfindlichkeit der Apikaldendriten gegenüber dem C3
bot Toxin zugrunde liegt, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
45
7 Summary
Thorsten Hintze
Influence of Clostridium botulinum C3 toxin on dendrite morphology and spine formation of
CA1 pyramidal cells in hippocampal slice cultures of the mouse – a quantitative light
microscopic investigation
Institute of Anatomy, Histology and Embryology
Faculty of Veterinary Medicine, University of Leipzig
and
Institute of Anatomy
Faculty of Medicine, University of Freiburg
Submitted in February 2010
47 pages, 18 figures, 1 table, 83 references, appendix
Keywords: Hippocampus, CA1 Pyramidal Cells, Rho Proteins, C3 Toxin, brain slice cultures
Local Pyramidal cells are the principal neurons of the hippocampus and can be identified by
their position and their dendritic morphology as CA1 and CA3 pyramidal cells. The dendrites
of excitatory pyramidals are covered with postsynaptic protrusions the so-called spines, which
are arranged in a specific distribution pattern. Neurotoxins like the C3 toxin of clostridium
botulinum are functional substances which can alter the neuronal morphology and influence
neuronal function. In this study the morphologic changes of intracellular biocytin-filled CA1
pyramidal cells were qualitatively and quantitatively analysed. The hippocampal slice
cultures, wherein the pyramidal cells are known to develop similarly as in vivo, were used to
study the effects of C3 toxin application on dendritic branching and the number and density of
dendritic spines. Three groups of cells were compared, namely cells incubated in medium
containing serum, cells incubated in medium without serum and cells exposed to C3bot toxin
under serum deprivation. The duration of incubation accounted for 14 days, while the
exposition of the toxin was between 4 and 6 hours. Computer-assisted two dimensional
reconstructions of biocytin-labelled CA1 pyramidal neurons were performed and the total
46
length of dendrites, number of dendritic nodes, total number and density of dendritic spines
were measured and statistically evaluated. Significant differences were observed between the
group treated with the C3 toxin and the control group incubated with serum containing
medium. These significant morphological changes appeared selectively on apical dendrites of
treated CA1 pyramidal neurons. The treatment resulted in a decrease of the number of the
apical nodes, the number of the apical spines, the total (basilar and apical) number of spines
and the total spine density. In contrast there are no significant differences between the toxin
treated group and the control group without serum, although the deprivation of serum affected
the development of the cells in comparison to the control cells incubated with serum. Based
upon the observed changes we can conclude that C3bot treatment exerts a strong impact
selectively on apical dendrite morphology. The mechanism forming the basis of this selective
susceptibility of apical dendrites to C3bot requires further investigations.
47
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56
Anhang
Hier sind die Rohdaten aller in die Untersuchung aufgenommener Parameter der Nervenzellen
in jeweils aufsteigender Reihenfolge aufgeführt. Mittelwert und Standardabweichung der
einzelnen Gruppen sind außerdem abzulesen.
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
926,6 µm
1151,8 µm
1235,8 µm
1711,1 µm
2275,8 µm
3729,2 µm
1838,38 µm
1043,89 µm
Serumfreie Kontrolle
633,3 µm
720,3 µm
1145,1 µm
2338,9 µm
2414 µm
2657,7 µm
1651,55 µm
919,42 µm
C3 Toxin
680,7 µm
852,4 µm
887,3 µm
903,2 µm
1101,3 µm
1697 µm
1020,32 µm
357,61 µm
Tabelle A1: Gesamtlänge der Basaldendriten der 18 untersuchten Zellen
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
617 µm
1690,4 µm
2818,5 µm
3163,6 µm
3573,7 µm
3906,9 µm
2628,35 µm
1247,10 µm
Serumfreie Kontrolle
374,7 µm
781,3 µm
1029,3 µm
1326,2 µm
1712,5 µm
2087,1 µm
1218,51 µm
624,34 µm
C3 Toxin
534,8 µm
534,8 µm
985,6 µm
992,7 µm
1259,6 µm
2147,9 µm
1075,9 µm
597,25 µm
Serumfreie Kontrolle
3
10
14
22
24
31
17,33
10,23
C3 Toxin
5
8
10
12
13
15
10,5
3,62
Tabelle A2: Länge der Apikaldendriten
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
10
16
21
25
35
36
23,83
10,34
Tabelle A3: Anzahl der basalen Verzweigungspunkte
57
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
6
22
23
23
28
29
21,83
8,28
Serumfreie Kontrolle
9
10
15
16
16
17
13,83
3,43
C3 Toxin
2
4
10
11
13
18
9,67
5,89
Tabelle A4: Anzahl der Verzweigungspunkte auf apikaler Seite
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
112
114
253
254
682
689
350,67
266,87
Serumfreie Kontrolle
52
59
206
441
612
664
339
271,67
C3 Toxin
36
40
62
71
153
272
105,67
91,85
Tabelle A5: Anzahl der postsynaptischen Spines im Bereich der Basaldendriten
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
54
260
534
701
777
1040
561
358,91
Serumfreie Kontrolle
55
99
269
303
331
358
235,83
127,29
C3 Toxin
12
47
89
89
196
224
109,5
83,48
Tabelle A6: Anzahl der postsynaptischen Spines der Apikaldendriten
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
308
513
648
813
1459
1729
911,67
560,39
Tabelle A7: Gesamtzahl der postsynaptischen Spines
58
Serumfreie Kontrolle
107
158
509
799
881
995
574,83
378,81
C3 Toxin
48
87
151
242
267
496
215,17
161,72
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
0,12/ µm
0,22/ µm
0,30/ µm
0,18/ µm
0,09/ µm
0,15/ µm
0,18/ µm
0,08/ µm
Serumfreie Kontrolle
0,25/ µm
0,19/ µm
0,25/ µm
0,18/ µm
0,08/ µm
0,08/ µm
0,17/ µm
0,08/ µm
C3 Toxin
0,25/ µm
0,06/ µm
0,08/ µm
0,02/ µm
0,076/ µm
0,17/ µm
0,11/ µm
0,08/ µm
Serumfreie Kontrolle
0,13/ µm
0,13/ µm
0,15/ µm
0,18/ µm
0,27/ µm
0,32/ µm
0,20/ µm
0,08/ µm
C3 Toxin
0,02/ µm
0,09/ µm
0,09/ µm
0,09/ µm
0,09/ µm
0,18/ µm
0,09/ µm
0,05/ µm
Serumfreie Kontrolle
0,27/ µm
0,22/ µm
0,20/ µm
0,18/ µm
0,11/ µm
0,11/ µm
0,18/ µm
0,06/ µm
C3 Toxin
0,21/ µm
0,07/ µm
0,09/ µm
0,02/ µm
0,08/ µm
0,13/ µm
0,10/ µm
0,06/ µm
Tabelle A8: Spinedichte der Basaldendriten
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
0,09/ µm
0,15/ µm
0,19/ µm
0,20/ µm
0,22/ µm
0,29/ µm
0,19/ µm
0,07/ µm
Tabelle A9: Spinedichte der Apikaldendriten
Mittelwert
Standardabweichung
Serumhaltige Kontrolle
0,17/ µm
0,18/ µm
0,24/ µm
0,24/ µm
0,18/ µm
0,13/ µm
0,19/ µm
0,04/ µm
Tabelle A10: Gesamt-Spinedichte
59
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all jenen meinen Dank aussprechen, die mir in verschiedenster
Hinsicht geholfen und zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Als erstes möchte ich Herrn Prof. Dr. Johannes Seeger herzlich dafür danken, dass er gerne
als Doktorvater die Betreuung meiner Arbeit übernommen hat.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Bernd Heimrich für die Überlassung des Themas,
die Herstellung der Schnittkulturen und die nette Unterstützung in allen Arbeitsschritten der
Dissertation. Sehr herzlich möchte ich mich dafür bedanken, dass er stets für mich erreichbar
war und sich viel Zeit genommen hat. Eine bessere Betreuung hätte ich mir nicht wünschen
können.
Herrn Prof. Dr. Jürgen Schulte Mönting spreche ich meinen besten Dank für die
arbeitsintensive statistische Auswertung meiner Daten aus.
Frau Dr. Astrid Rollenhagen hat mich geduldig in die Handhabung der Neurolucida
eingearbeitet und mir einige Tricks und Kniffe gezeigt, die meine Arbeit sehr erleichtert
haben. Dafür vielen lieben Dank.
Herr Dr. Imre Vida stand mir immer dann sehr hilfsbereit zur Seite, wenn die Neurolucida
nicht so funktionierte, wie ich mir das von ihr wünschte. Vielen herzlichen Dank für diese
Unterstützung.
Bei Herrn Dr. Rudi Deisz bedanke ich mich sehr für die intrazelluläre Biocytinfüllung der
CA1-Pyramidenzellen.
Mein herzlicher Dank gilt auch Frau Prof. Dr. Gudrun Ahnert-Hilger, die freundlicherweise
das C3 bot Toxin zur Verfügung gestellt hat.
Ganz herzlich möchte ich mich bei meinem guten Freund Dr. Ralf Schmälzle bedanken, der
mir mit wertvollen Tipps zum Layout der Arbeit und Korrekturlesen sehr behilflich war.
Meinen Eltern möchte ich besonders herzlich dafür danken, dass sie mich während all der
Jahre des Studiums und der Promotion in jeder Hinsicht unterstützt haben. Darüber hinaus
war mir mein Vater bei der sprachlichen Durchsicht dieser Arbeit eine große Hilfe.
Zu guter Letzt möchte ich meiner Frau Virna für ihre Liebe danken, die mir für die Arbeit an
meiner Dissertation viel Kraft gab.
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