PwC Economics Newsletter Risiko Rabattsystem

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PwC Economics Newsletter
Risiko Rabattsystem
Ausgabe 1, Januar 2008
Verbot missbräuchlicher
Rabattgewährung
Finanzielles Risiko durch Rabattsysteme
Rabattsysteme stellen für viele Unternehmen ein wesentliches Vertriebs- und
Marketinginstrument dar. Im Falle marktmächtiger Unternehmen können aber
bestimmte Preisnachlässe einen Verstoß gegen das europäische oder deutsche
Wettbewerbsrecht darstellen, welcher mit durchaus empfindlichen Strafen
geahndet wird. Bereits in zahlreichen Fällen wurden Geldbußen verhängt.
Gerade erst haben sich die Privatsender-Gruppen ProSiebenSat.1 und RTL zur
Zahlung von Bußgeldern in Höhe von insgesamt 216 Mio. EUR mit dem
Bundeskartellamt geeinigt, da die Werbezeitvermarkter der Sendergruppen
kartellrechtswidrige Rabattverträge geschlossen hatten. Im März dieses Jahres
wurde vom Europäischen Gerichtshof die Entscheidung der Europäischen
Kommission im Fall British Airways bestätigt, dass die Fluglinie aufgrund eines
unzulässigen Rabattsystems eine Strafe in Höhe von 6,8 Mio. EUR bezahlen
1
muss. Die Fälle verdeutlichen das wirtschaftliche Risiko, das
kartellrechtswidrige Rabattsysteme in sich bergen. Idealerweise sollten
Preisstrategien daher bereits bei der Konzeption hinsichtlich der Auswirkungen
auf den Wettbewerb untersucht werden.
Nachfolgend werden zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen für
Rabattsysteme erläutert und anhand eines Beispiels die Wirkung eines
Rabattsystems auf den Wettbewerb dargestellt. Anschließend zeigen wir,
anhand welcher Kriterien der Einfluss eines Rabattsystems auf den Wettbewerb
und eine mögliche Missbrauchswirkung geprüft werden können. Derartige
Analysen können bei einer Auseinandersetzung mit Wettbewerbsbehörden,
aber auch im Vorfeld bei der Gestaltung eines zielorientierten und
rechtskonformen Rabattsystems eingesetzt werden.
Verbot des Missbrauchs von Marktmacht
Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist gemäß Art. 82 EGVertrag sowie § 19 GWB verboten. Ein erster Anhaltspunkt für eine
marktbeherrschende Stellung ist der Marktanteil des Unternehmens. Die
Europäische Kommission geht bei einem Marktanteil von über 50% und einem
erheblichen Abstand zu den Wettbewerbern davon aus, dass
Marktbeherrschung sehr wahrscheinlich ist. Bei 40 bis 50% Marktanteil ist die
Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung wahrscheinlicher als bei unter
40%. Unter 25% liegt in der Regel keine marktbeherrschende Stellung vor. Das
Bundeskartellamt vermutet gemäß § 19 Abs. 3 S. 1 GWB bereits bei einem
Marktanteil von einem Drittel, dass eine marktbeherrschende Stellung vorliegt.
Für eine abschließende Beurteilung ist eine Analyse im Einzelfall erforderlich.
Gemäß europäischer Rechtsprechung haben Unternehmen mit einer
beherrschenden Stellung eine besondere Verantwortung dafür, dass ihr
2
Verhalten wirksamen und unverfälschten Wettbewerb nicht beeinträchtigt.
Zwar nimmt der Umstand, dass ein Unternehmen eine beherrschende Stellung
innehat, diesem nicht das Recht, seine eigenen geschäftlichen Interessen zu
wahren; es ist aber kein Verhalten zulässig, das auf eine Verstärkung oder
einen Missbrauch der beherrschenden Stellung abzielt. 3 Insofern ergeben sich
1
Urteil des EuGH vom 15. März 2007, Rs. C-95/04, British Airways/Kommission.
Urteil des EuGH vom 9. November 1983, Rs. 322/81, Rn. 57, Michelin/Kommission.
3
Urteil des EuGH vom 14. Februar 1978, Rs. 27/76, Rn. 189, United Brands/Kommission.
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klare Einschränkungen, wie beherrschende Unternehmen Rabatte setzen
dürfen.
Beispielfall
Zielrabatte
Aus Sicht der Unternehmen sind solche Rabatte besonders effektive
Preisinstrumente, die beim Erreichen bestimmter Umsatz- oder
Absatzschwellen rückwirkend auf alle Verkäufe gewährt werden. Abbildung 1
zeigt einen derartigen Preisnachlass: Werden 50 Produkte abgesetzt, gewährt
Hersteller A einen Rabatt von 10% auf den bisherigen und künftigen Umsatz. In
dem markierten Bereich vor dem Erreichen der Umsatzschwelle besteht damit
für die Nachfrager ein besonders großer Anreiz, die Absatzschwelle zu
erreichen, weil sich dadurch eine größere Menge für einen insgesamt
geringeren Preis beziehen lässt.
.
Abbildung 1 - Rückwirkender Rabatt bei Überschreiten einer Umsatzschwelle
EUR
10% rückwirkender
Rabatt
Umsatz
50
Menge
500
450
Die wettbewerbliche Wirkung hängt unter anderem von dem Umfang des
Rabatts und den Absatzschwellen ab. Bezieht ein Abnehmer in jedem Fall die
Menge von dem Hersteller, die zum Erreichen der Schwelle erforderlich ist, hat
das Rabattsystem keine Wirkung auf den Wettbewerb. Das Gleiche gilt, wenn
die Schwelle sehr hoch gesetzt wird und nicht erreicht werden kann. Liegt die
Schwelle dagegen nahe dem erwarteten Nachfragevolumens eines Abnehmers,
ist der Effekt auf den Wettbewerb deutlich stärker. Abbildung 2 veranschaulicht
die mögliche Wirkung auf einen Wettbewerber.
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Berechnung der wettbewerblichen Wirkung des Rabatts
Ein Abnehmer hat bei Hersteller A bisher 60 Einheiten eines Produktes zu
einem Gesamtpreis von 540 EUR (60 X 9 EUR) erworben. Er wird Waren eines
anderen Herstellers B nur beziehen, sofern seine Gesamtkosten für 60
Einheiten dadurch nicht ansteigen. Wie Abbildung 2 veranschaulicht, ist dies der
Fall, solange er bis zu 10 Einheiten zu einem Preis von 9 EUR bei Hersteller B
bezieht. Ab der elften Einheit verliert aber der Abnehmer den rückwirkenden
Rabatt von Hersteller A (vgl. Abbildung 1). Aus Sicht des Abnehmers lohnt sich
die Unterschreitung der Absatzschwelle nur, wenn der verlorene Rabatt (10%
auf den bisherigen Umsatz von 49 Einheiten = 49 EUR) durch den niedrigeren
Gesamtpreis des Herstellers B kompensiert wird. Um einen wettbewerbsfähigen
Preis zu erzielen, muss Hersteller B also bei einem Absatz von 11 Einheiten
einen Durchschnittspreis von 4,55 EUR anbieten. Mit steigendem Absatz bei
diesem Nachfrager erhöht sich der Wettbewerbspreis stetig bis er wieder 9 EUR
erreicht.
Ein derartiges Rabattsystem kann einen Wettbewerber daher dazu zwingen,
seine Preise deutlich zu reduzieren. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn diese
Wirkung dazu führt, dass der Markteintritt neuer Wettbewerber oder die
Marktanteilssteigerung existierender Anbieter verhindert wird.
Abbildung 2 - Wirkung des Rabatts von Hersteller A auf einen Wettbewerber
EUR
Erforderlicher Wettbewerbspreis eines
konkurrierenden Anbieters
9,00
4,55
10
Menge
60
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Analyse der
Rabattwirkung
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Prüfung der Vereinbarkeit
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Gestaltung eines Rabattsystems liegt in der
ökonomischen Prüfung und Rechtfertigung. Das Ziel einer derartigen
Untersuchung ist es, die tatsächlichen Auswirkungen der Rabatte auf
Wettbewerber und Konsumenten zu bestimmen. Mögliche Kriterien sind dabei
die folgenden:
● Umfang der betroffenen Marktnachfrage:
Für die Auswirkung auf den Wettbewerb ist zu prüfen, ob das Rabattsystem auf einen
wesentlichen Teil der Marktnachfrage Anwendung findet oder nur einzelne Abnehmer betrifft,
da durch eine große Marktabdeckung die Gefahr einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs
steigt.
● Gegenleistung:
Unproblematisch sind Rabattsysteme zu bewerten, für die das Unternehmen eine
entsprechende Gegenleistung erhält. Dies können zum Beispiel Rabatte für zeitnahe
Bezahlung (Senkung von Kapitalkosten) oder die gleichzeitige Bestellung größerer Mengen
(Senkung von Transportkosten) sein.
● Marktanteile der Wettbewerber:
Die Wettbewerbswirkung des Rabatts hängt entscheidend von der Höhe der Marktanteile der
Wettbewerber ab.
● Diskriminierung:
Wenn Rabatte Kunden in unangemessener Weise diskriminieren, stellt dies einen Missbrauch
einer marktbeherrschenden Stellung dar.
● Referenzperiode:
Je kürzer der Zeitraum der Gewährung von Rabatten, desto geringer ist in der Regel die
Beeinträchtigung des Wettbewerbs.
Die Europäische Kommission hat darüber hinaus den so genannten "ebenso
effizienten Wettbewerber"-Test (eeW-Test) konzipiert, dessen Anwendung die
Vereinbarkeit eines Rabattsystems mit den europäischen Wettbewerbsregeln
prüft. Die Idee des Tests besteht darin, dass die negative Wirkung der Rabatte
auf Wettbewerber nicht so groß sein darf, so dass "ebenso effiziente"
Unternehmen (wie der Rabattgeber) aus dem Markt gedrängt werden. Die
Anwendung dieses Test kann die Vorwürfe eines Missbrauchs einer
marktbeherrschenden Stellung durch ein Rabattsystem - aber auch anderer
möglicher Verdrängungspraktiken wie etwa Kampfpreise oder
Bündelungspraktiken - entkräften und den Nachweis einer Vereinbarkeit mit
dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstützen.
Diese Kriterien können zum einen bei möglichen Auseinandersetzungen mit den
Kartellbehörden überprüft werden. Zum anderen ist es empfehlenswert, als
Unternehmen mit einem als marktbeherrschend zu klassifizierenden Marktanteil
das Rabattsystem schon im Hinblick auf seine wettbewerblichen Wirkungen zu
konzipieren.
Ansprechpartner
Alfred Höhn
Potsdamer Platz 11
10785 Berlin
Tel.: (0 30) 2636-1204
[email protected]
Dr. Gisela Kramer
Marie-Curie-Straße 24-28
60439 Frankfurt am Main
Tel.: (0 69) 95 85-5862
[email protected]
Dr. Wolfgang Nothhelfer
Potsdamer Platz 11
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Tel.: (0 30) 2636-1366
[email protected]
Guido Koch
Potsdamer Platz 11
10785 Berlin
Tel.: +49 (30) 2636-1202
[email protected]
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