CLUB APOLLO 13, 12. Wettbewerb Aufgabe 1 Wie hoch ist der Turm und wo bin ich? Diese Apollo-Aufgabe wird vom Fachbereich Geodäsie und Geoinformatik der Leibniz Universität Hannover gestellt. Ihr wollt mehr über den Studiengang Geodäsie und Geoinformatik erfahren? Dann besucht uns im Internet unter www.gug.uni-hannover.de oder auf Facebook unter http://www.facebook.com/FakultaetBauUndGeoUniHannover. Die Vermessung der Welt ist eine moderne Wissenschaft; neben klassischen Messwerkzeugen benutzen Geodätinnen, Geodäten, Geoinformatikerinnen und Geoinformatiker moderne Satellitentechnologien zur Fernerkundung und Positionsbestimmung. Sie entwickeln automatische, computergestützte Verfahren zur Erfassung, Verarbeitung, Analyse und Visualisierung raumbezogener Informationen. Die Geodäsie und Geoinformatik umfasst dabei Fragestellungen der Raumplanung und Stadtentwicklung und die Erstellung von Geoinformationssystemen inklusive der Datenbeschaffung, dem Datenmanagement und der Visualisierung der Daten, um sie vielfältig nutzbar zu machen. Die Wissenschaftler/innen aus diesen Fachbereichen sind an der Entwicklung von Navigationssystemen für Fahrzeuge beteiligt, sie messen die Verformung von Staudämmen oder die Verschiebung der Kontinentalplatten und den Meeresspiegelanstieg. Geodäsie und Geoinformatik beinhalten eine Mischung aus mathematisch-physikalisch geprägter Ingenieur- und Geowissenschaft mit engen Bezügen zu den Rechts-, Umwelt- und Gesellschaftswissenschaften. Die Aufgaben a) Wie hoch ist der Turm? (10 Punkte) Eine klassische Aufgabe der Geodäsie und Geoinformatik besteht darin, Objekte geometrisch zu erfassen, also deren Lage und Form zu bestimmen. In vielen Fällen sind diese Objekte nur schwer oder gar nicht zugänglich, was die Vorgehensweise bei der Vermessung bestimmt. Vor einem solchen Problem standen z. B. die alten Griechen, als sie versuchten die Höhe der ägyptischen Pyramiden zu bestimmen. Sie nutzten die Strahlen der Sonne und wendeten dann den Strahlensatz an. Aufgabe a.1 Verwendet dieses elementare geometrische Verhältnis der Strecken, um die Höhe eines Turmes oder eines sonstigen hohen Gebäudes in eurer Nähe zu bestimmen. Dokumentiert euer Experiment. Wiederholt eure Messung für unterschiedliche Sonnenstände Abbildung 1: Strahlensatz zur Höhenmessung. und vergleicht die Ergebnisse. Aufgabe a.2 In der Geodäsie werden für derartige Aufgaben üblicherweise Tachymeter verwendet. Man spricht dann von einer trigonometrischen Höhenbestimmung, da man die Winkelbeziehungen im Dreieck 1 ausnutzt. Mit einem Tachymeter lassen sich vertikale und horizontale Winkel sowie Strecken zwischen Punkten sehr schnell und genau bestimmen, daher auch der Name, der dem Griechischen entspringt (tachýs = schnell, métron = Maß). Im Folgenden soll ein/e Ingenieur/in die Höhe (HR) eines Windrades gegenüber einer für geodätische Anwendungen einheitlichen Bezugsfläche (Höhe über Normalnull HNN) bestimmen. Die MessR 2 anordnung ist in Abbildung 2 dargestellt. Von dem Standpunkt A wurden die Zenitwinkel zA (von 1 2 Horizontalwinkel sind Winkel, die in einer waagerechten Ebene, Vertikalwinkel solche, die in einer lotrechten Ebene gemessen werden. Zenitwinkel sind an der Lotrichtung ausgerichtete Winkel (gezählt von der Richtung zum Zenit). Club Apollo 13 Aufgabe 1 / 24.09.2012 B Punkt A zum Rotor R) sowie zA (von Punkt A nach Punkt B) gemessen und auch die entsprechenA R den Zenitwinkel zB und zB . Ebenfalls wurde die Schrägstrecke sAB zwischen A und B sehr genau bestimmt. Die Instrumentenhöhen HA und HB wurden mit einem Zollstock bestimmt. Ebenfalls liegen A B genaue Höhen über NN für die Messpunkte A (HN ) und B (HN ) vor. Die Messelemente sind in Tabelle 1 noch einmal zusammengefasst. Hinweis: Geodäten geben Winkel oft in der Einheit [gon] an (von griechisch: „gonia“ = Winkel). Ein Vollkreis hat danach 400 gon und 1 gon entspricht also 0.9 °. Abbildung 2: Messanordnung zur Bestimmung der Turmhöhe im vertikalen Hilfsdreieck. sAB sBA B zA A zB R zB R zA HA HB A HN B HN 52,4571 [m] 52,4568 [m] 99,0462 [gon] 100,9723 [gon] 67,9033 [gon] 78,1358 [gon] 1,575 [m] 1,514 [m] 49,6245[m] 50,4728 [m] Tabelle 1: Zusammenstellung der Messelemente im vertikalen Hilfsdreieck. Aufgaben zu a.2 i. Berechnet aus den gegebenen Daten die Höhe der Rotorachse über der Bezugsfläche NN mithilfe des Standpunktes A sowie mit dem Standpunkt B. Hinweis: Denkt an die Winkel- und Streckenbeziehungen in Dreiecken. ii. Erklärt euren Lösungsweg mithilfe von Skizzen. iii. Welche Ursache könnten unterschiedlich bestimmte Höhen haben? Club Apollo 13 Aufgabe 1 / 24.09.2012 b) Ein Turm auf der Erdkugel (10 Punkte) In der Abbildung 2 ist eine ebene (planare) Bezugsfläche angegeben. Da unsere Erde aber annähernd eine Kugel ist, können wir immer nur bis zum Horizont sehen. Es stellt sich die Frage, wie weit der Horizont für eine/n 1,78 m große/n Monteur/in (Augenhöhe) ist, die/der auf einer Plattform in Höhe des Rotorblattes aus Aufgabe a) steht. Hierzu ist zunächst der Radius der Erde notwendig, der wieder durch Messungen bestimmt wird. An dieser Stelle greifen wir auf die historischen Messungen vom Begründer der wissenschaftlichen Geodäsie, Eratosthenes (276 – 195 v. Chr.) zurück. Seine Messungen fanden zwischen Alexandria und Syrene (Assuan) statt, zwei Städte, die annähernd auf einem Meridianbogen liegen. Während die Sonne zur Sonnenwende in Syrene genau senkrecht stand, Abbildung 3: Querschnitt zur Bestimmung des Erdradius nach Eratosthenes. wurde in Alexandria mit Schattenstäben der Zenitwinkel der Sonne gemessen (vgl. Abbildung 3). Mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln wurde die Entfernung der beiden Städte auf ∆G =925.000 m bestimmt. Der gemessene Winkel in Alexandria betrug γ =7° 12' (sieben Grad, zwölf Minuten) bzw. 7,20° (oder 8,0 gon). Aufgabe b.1 Vervollständigt die Abbildung 3 und bestimmt den historischen Erdradius R. Um wie viel Prozent weicht dieser Wert von dem aktuellen Wert R = 6378 km ab? Aufgabe b.2 Berechnet die Entfernung zum Horizont („letzter sichtbarer Punkt“) für eine/n 1,78 m große/n Monteur/in (Augenhöhe), die/der auf der Höhe des Rotorblattes auf einer Plattform steht. Geht davon aus, dass die/der Monteur/in horizontal, also geradeaus, schaut. Hinweis: Sofern ihr Schwierigkeiten bei der Lösung der vorherigen Aufgabe a.2 hattet, verwendet bitte den aktuellen Wert für den Erdradius R (R=6378 km) und/oder die Höhe der Plattform (H = 100m). c) Indirekte Positionsbestimmung (10 Punkte) – Für Profis In der Geodäsie und Geoinformatik können die Positionen von Objekten oftmals nur indirekt bestimmt werden. Für die Bestimmung der Koordinaten solcher Objekte werden Objekte verwendet, deren Positionen bekannt sind und mithilfe derer dann die gesuchte Koordinate abgeleitet werden kann. In der klassischen terrestrischen Vermessung werden als bekannte Objekte oftmals Koordinatenpunkte des sogenannten amtlichen Landesbezugssystems genutzt, deren Koordinaten in Datenbanken vorgehalten werden (je nach Koordinatensystem kartesische oder geografische Koordinaten). Die bekannten Punkte können dann im Folgenden beispielsweise genutzt werden, um neue Objekte zu vermessen und deren Koordinaten in einem bekannten System darzustellen, topographische Aufnahmen durchzuführen oder die sogenannten Netze des Landesbezugssystems zu verdichten. Aus den bekannten Punkten wird sozusagen rückwärts die gesuchte Position abgeleitet. Aufgabe c.1 Ähnlich verhält es sich im folgenden Beispiel der X-Y-Ebene (Abbildung 4). Von einem Standpunkt S werden die Winkel αn zu mehreren Punkten Pn gemessen. Außerdem ist die Lage der Punkte Pn bekannt. Bestimmt die Koordinaten des Punktes S . Club Apollo 13 Aufgabe 1 / 24.09.2012 Punkte X [m] 2250,00 Y [m] 3250,00 P2 3550,00 3600,00 P3 2850,00 2700,00 P1 Winkel α1 116,9501 gon α2 164,1382 gon α3 118,9117 gon Abbildung 4: Indirekte Positionsbestimmung - Messanordnung. Aufgabe c.2 Sind von einem Standpunkt die räumlichen Distanzen zu drei Punkten bekannter Position bekannt, kann daraus die Lage des eigenen Standpunktes bestimmt werden. Berechnet die Koordinaten des eigenen Standpunktes O. Punkte A B C Strecken AO BO CO X [m] 3888806.888 3880220.736 3892694.551 Y [m] 696452.798 701216.040 716297.039 Z [m] 4990808.120 4996997.005 4985590.542 16188.809 m 11562.454 m 12747.290 m Viel Erfolg bei der ersten Aufgabe! Club Apollo 13 Aufgabe 1 / 24.09.2012 Allgemeine Hinweise Einsendeschluss: Sonntag, 21. Oktober 2012, 19:59 Uhr. Gebt eure Lösungen über das Portal von uniKIK ab: http://www.unikik-portal.de/portal Zulässige Dateiformate sind: PDF für die zusammengeschriebene Lösung (mit eingebetteten Bildern), sowie unter Windows gängige Videoformate, die sich ohne Installation von zusätzlicher Software abspielen lassen. (Denkt bitte an die Korrektoren/innen und deren Rechner.) Die Dateien sollten nicht größer als 7,5 MB sein (Die Dateien können gezippt sein)! Bitte gebt auch euren Teamnamen, die Namen der Gruppenmitglieder sowie deren Schulen an. Bitte benennt eure angehängten Dateien nach dem Gruppennamen. ACHTUNG bei Zip-Dateien! Um sicher zu gehen, dass eure Dateien wirklich fehlerfrei, und für die Korrektoren/innen zu öffnen sind, solltet ihr eure Zip-Dateien etc. noch mal von eurem Account runterladen und öffnen. Dateien die sich nicht öffnen lassen, können nicht bewertet werden! Ihr könnt und solltet eure Lösung auch dann abgeben, wenn ihr nicht alle Fragen beantworten konntet, insbesondere die letzte Teilaufgabe (die Profi-Aufgabe) nicht gelöst habt! Vielleicht gelingt euch das ja bei den kommenden Aufgaben. Die Teilnahmebedingungen und weitere Informationen findet ihr unter: http://www.unikik.de/apollo13 Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Club Apollo 13 Aufgabe 1 / 24.09.2012