Auswirkungen globaler Wertschöpfung auf deutsches Industrie- und Produktdesign unter besonderer Betrachtung der Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung Susanne Schade Dissertation zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Philosophie im Fachbereich Kunst und Design der Universität Duisburg-Essen. geschrieben von Dipl. Designerin Susanne Schade, geboren am 03.August 1967 in Ulm. Disputation: 14.November 2007 Gutachter: Prof. Dr. Cordula Meier Prof. Stefan Lengyel 2 Unterstützt durch ein Stipendium des Mathilde-Planck-Promotionsprogramms. 3 Abstract Das Schlagwort 'Globalisierung' umschreibt einen Trend, der geprägt ist durch die rasante Entwicklung der Computer- und Informationstechnologien und den Aufbruch kommunistischer Macht- und Wirtschaftssysteme in einen markt- und standortorientierten Wettbewerb. Folgeerscheinungen von Globalisierung und den damit einhergehenden ökonomischen und sozialen Verschiebungen sind unter anderem die Stagnation, bzw. Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in den Industrieländern, die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich und eine erkennbare Konzentration von Macht und Reichtum auf verhältnismäßig wenige Familien (Brasilianisierung). Die globale Verschiebung von Produktion und Entwicklung an für die Unternehmen interessante Standorte wie z.B. Asien, hat für das heimische Zuliefer- und Dienstleistungsgewerbe erhebliche Konsequenzen. Um ökonomische Führungspositionen im Weltmarkt zu verteidigen und/oder wieder an die Spitze aufzuschließen, fordern Politiker und Wirtschaftsexperten die gezielte Förderung von Innovation und Potential. Dazu gehört auch deutsches Produkt- und Industriedesign, das nach seiner Blütephase in den achtziger Jahren durch die enge Koppelung an die deutsche Industrie mit den Auswirkungen ökonomischer und struktureller Veränderungen konfrontiert ist. Ziel der Forschungsarbeit ist es, die Veränderung des Anforderungsprofils an Industrie- und Produktdesigner in den letzten zwei Jahrzehnten zu untersuchen. Hierbei wird der Fokus auf kleine bis mittlere Designbüros gelegt, die als externe Designdienstleister vorwiegend für den deutschen Mittelstand tätig sind. Folgende Hauptthesen werden untersucht: 1. Der harte internationale Wettbewerb erfordert optimierte Entwicklungsabläufe. Demzufolge werden die externen Designer zur Integration in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen gezwungen. 2. Dezentrale Entwicklungs- und Konstruktionsprozesse in den Unternehmen wirken sich strukturell auf die Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung aus. 3. Der Einsatz moderner Kommunikations- und Computertechnologien verändert Zeitrahmen, Budgets, Entwurfsmethoden und anschließende Ausarbeitungsschritte der externen Produktdesigner. 4. Der globale Markt und hochtechnologisierte Herstellungsmöglichkeiten erfordern neben interkulturellen Designstrategien die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem User als 'Prosumenten'. Strukturell ist die Forschungsarbeit in die Bereiche Recherche, Experteninterviews und Auswertung gegliedert. Die theoretische Recherche untersucht zunächst Ausbildung, Arbeitsmarktsituation, Umfeld und Stellenwert von Produkt- Industriedesignern und knüpft über die Schnittstellenthematik im Bereich Design und Konstruktion an die Ingenieure als wichtige Ansprechpartner im Entwicklungsprozess an. Im Besonderen werden an dieser Stelle Arbeitsabläufe aufgezeigt, die den Einsatz von CADTechnologien und Entwurfs- und Datenmanagement in dezentralen Entwicklungs- und Produktionseinheiten wiederspiegeln. In allen angesprochenen Themengebieten werden Faktoren und Auswirkungen der Globalisierung mitberücksichtigt. Experteninterviews und Unternehmensprofile unterstützen und ergänzen die theoretische Recherche. Die Auswertung der Interviews, gekoppelt an die Rechercheergebnisse beleuchtet Stellenwert, Anforderungen und Wettbewerbssituation der Produkt- und Industriedesigner und lässt Rückschlüsse auf zukünftige Ausbildungsstrategien zu. 4 Vorwort Nach mehr als zehn Jahren Berufspraxis als Industriedesignerin habe ich mich entschlossen diese Forschungsarbeit zu schreiben. Die Veränderungen meines Berufsbildes schienen mir, im Vergleich zu dem, was ich im Studium gelernt hatte, gravierend. Durch die langjährige praktische Arbeit in einem selbständigen Designbüro mit vorwiegend mittelständischen Kunden habe ich Einblicke in Produktplanungs- und Produktionsstrukturen gewonnen, die sich mittlerweile fast sämtlich innerhalb globaler Wertschöpfungsketten abspielen. Die Designer, die für die Industrie tätig sind, kommen immer mehr in Not, potentielle Auftraggeber oder Stellen zu finden. Ein Trend, der mir von Kollegen und Hochschulabsolventen schon vor dieser Arbeit bestätigt wurde. Welche Chancen haben deutsche Designer in einem globalen Umfeld? Wie verändern sich die Arbeitsprozesse und die Kundenstrukturen? Welche Rückschlüsse implizieren diese Veränderungen in Bezug auf die Designausbildung und das Berufsbild des Industriedesigners? In Gesprächen mit Kollegen kam immer wieder die Befürchtung zu Tage, dass mit der Abwanderung großer Teile der Industrie, vor allem der Konsumgüterindustrie, die Auftragslage für Industrie- und Produktdesigner immer spärlicher würde. Zudem stehen kleinere bis mittlere Designbüros unter einem extremen Wettbewerbsdruck durch die nationale und zunehmend auch internationale Designkonkurrenz. Da das Berufsbild Industrie-/Produktdesigner stark beeinflusst wird durch die Anforderungen der Industrie und in diesem Zusammenhang durch die Zusammenarbeit mit Ingenieuren und Marketingleuten macht es Sinn, sich unter anderem mit der 'anderen Seite', den Auftraggebern und 'Entwurfsumsetzern' näher zu beschäftigen. Besonders in meinen Blickpunkt ist hier die Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung gerückt. Die Aufgabe, sich mit der aktuellen Situation der Industrie- und Produktdesigner im Zusammenhang mit globalen Strukturen auseinanderzusetzen, und der Drang eigene Erfahrungen wissenschaftlich zu untermauern, bewog mich dazu, mich für das Mathilde-Planck-Promotionsstipendium zu bewerben, das in Zusammenarbeit mit der Hochschule Duisburg-Essen und der Hochschule Ulm diese Dissertation ermöglichte. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei Frau Prof. Dr. Birgit Meyer, Hochschule für Sozialwesen Esslingen und bei Frau Prof. Dr. Constance Engelfried, Fachhochschule München, für die kompetente Unterstützung meiner Arbeit in den Promotionszirkeln bedanken. Herr Prof. Stefan Lengyel hat schon meine Diplomarbeit an der Universität Duisburg-Essen betreut, und nun bedanke ich mich für das große Vertrauen, das er immer in mich gesetzt hat. Frau Prof. Dr. Cordula Meier hat mich durch ihre Ratschläge bei der Durchführung des Promotionsverfahrens und als persönliche Ansprechpartnerin an der Universität DuisburgEssen unterstützt. Dank auch an Herrn Prof. Dr. Wolfgang Rieger, Herrn Prof. Dr. Werner Schweizer und Herrn Prof. Gottfried Göbel und den Professoren der Fakultät Maschinenbau und Fahrzeugtechnik insgesamt für die Unterstützung meiner Design- und Forschungsaktivitäten an der Hochschule Ulm. 5 Insbesondere Ralph Heidemann und Werner Hamberger, Mitarbeiter der Hochschule Ulm, hatten immer ein offenes Ohr für mich. Große Unterstützung erhielt ich von meinen Gesprächspartnern aus der Industrie und den Designern, die mir durchweg genügend Zeit und Offenheit für interessante und ergiebige Gespräche entgegenbrachten. Für die theoretischen Recherchen stand mir neben den Bibliotheken und dem Internet das HfG-Archiv der Stadt Ulm offen. Die Leiterinnen Frau Marcela Quijano und Frau Dr. Dagmar Rinker versorgten mich mit der nötigen Literatur und standen mir im Gespräch zur Seite. Nicht zu vergessen ist meine Familie, insbesondere mein Sohn Maximilian und meine Eltern, die mir bezüglich des organisatorischen Spagats zwischen Designbüro und Dissertation tatkräftig zur Seite standen. Meine Schwester Anja und meine Freundinnen Birgit, Stefanie und Gertrud haben mich durch die Höhen und Tiefen einer solchen Arbeit begleitet und mir immer wieder geholfen das Pensum zu bewältigen, vielen Dank. 6 Inhaltsverzeichnis Abstract.......................................................................................................................................4 Vorwort.......................................................................................................................................5 1 Einleitung.................................................................................................................................9 2 Industrie Designer, Knechte der Markenstrategen?...............................................................14 2.1 Ausbildung ....................................................................................................................16 2.1.1 Historie...................................................................................................................16 2.1.2 Designausbildung in der Diskussion......................................................................24 2.1.3 Lehrangebot an deutschen Designhochschulen .....................................................26 2.1.4 Der Bologna-Prozess..............................................................................................28 2.1.5 Ziele und Methoden der Designausbildung an deutschen Designschulen..............29 2.1.6 Ranking...................................................................................................................33 2.1.7 Resumee: Deutsche Designausbildung...................................................................35 2.1.8 Internationaler Vergleich........................................................................................38 2.2 Arbeitsmarkt...................................................................................................................41 2.3 Arbeitsfelder...................................................................................................................46 2.4 Arbeitsmethodik/Designforschung.................................................................................48 3 Industriedesign:Teil der Wertschöpfungskette in der Produktentwicklung ................52 3.1 Designmanagement........................................................................................................54 3.2 Organisation des Designprozesses.................................................................................56 3.3 Die Zusammenarbeit mit externen Designern................................................................58 3.4 Design als Marketinginstrument.....................................................................................60 3.4.1 Marketing als Stabsstelle........................................................................................60 3.4.2 Trend- und Zukunftsforschung...............................................................................62 3.4.3 Marktforschung.......................................................................................................63 3.5 Innovationsmotor Design?.............................................................................................65 3.5.1 Geschmacksmuster, Patente...................................................................................66 3.5.2 Wettbewerbe...........................................................................................................68 4 Produktdesign im globalen Umfeld.......................................................................................71 4.1 Kulturorientiertes Produktdesign...................................................................................72 4.2 User-Centered Design – kundenindviduelle Designkonzepte........................................81 4.3 Designer im globalen Wettbewerb am Beispiel China...................................................87 5 Ingenieure: Historie, Ausbildung, Arbeitsfelder, Arbeitsmarkt.............................................90 5.1 Historie...........................................................................................................................92 5.2 Ausbildung.....................................................................................................................93 5.3 Arbeitsfelder...................................................................................................................95 5.4 Arbeitsmarkt...................................................................................................................97 5.5 Ingenieur: ein Beruf im Wandel.....................................................................................99 5.6 Designingenieure..........................................................................................................101 6 Die Akteure an der Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung............................105 6.1 Vergleichende Betrachtung der Berufsbilder Designer und Ingenieur.........................107 6.2 Computer Aided Design...............................................................................................114 6.3 Die Schnittstelle Industriedesign und Konstruktion.....................................................120 6.3.1 Integrierte Produktentwicklung............................................................................120 6.3.2 Designstellenwert im Unternehmen ....................................................................121 7 6.3.3 Ökonomische Randbedingungen für Design, Entwicklung und Produktion im globalen Umfeld............................................................................................................126 6.3.4 Design und Entwicklung in der 'Basar-Ökonomie Deutschland'..........................129 7 Firmenprofile und Interviews...............................................................................................136 7.1 BEURER GmbH & Co KG..........................................................................................137 7.2 UHLMANN Pac-Systeme GmbH & Co. KG...............................................................144 7.3 GARDENA AG............................................................................................................150 7.4 Firmenprofile mittelständischer Unternehmen und die Schnittstelle zum Design.......156 7.4.1 WANZL Metallwarenfabrik GmbH.....................................................................156 7.4.2 BRITAX RÖMER Kindersicherheit GmbH ........................................................159 7.4.3 ROBERT BOSCH GmbH, Betrieb Murrhardt.....................................................161 7.4.4 KÄSSBOHRER GELÄNDEFAHRZEUG AG....................................................163 7.4.5 ROSCHIWAL und Partner Ingenieur GmbH.......................................................168 8 Inhaltliche Aus- und Bewertung der Interviews in den Unternehmen.................................173 8.1 Einordnung der Unternehmensstrategien in globale Wertschöpfungsstrukturen ........174 8.1.1 Unternehmsentwicklung in Deutschland am Beispiel der aufgeführten Unternehmen..................................................................................................................174 8.1.2 Internationale Unternehmensstrategien................................................................177 8.2 Design und Konstruktion/Entwicklung im Zusammenspiel.........................................181 8.3 Anforderungen der befragten Unternehmen an die Industriedesigner..........................186 9 Gespräche mit Industrie-/Produktdesignern.........................................................................190 9.1 DEUTSCH DESIGN....................................................................................................191 9.2 STERNFORM PRODUKTGESTALTUNG................................................................194 9.3 ZIMMERMANN PRODUKTGESTALTUNG............................................................196 9.4 DESIGNPRAXIS DIENER..........................................................................................200 9.5 PRODESIGN................................................................................................................204 10. Auswertung der Interviews und Gespräche mit den Designern........................................207 10.1 Arbeitsprozesse..........................................................................................................208 10.2 Erfahrungen mit Designakzeptanz und Zusammenarbeit in den Unternehmen.........214 10.2.1 Stellenwert und Akzeptanz der Designer in den Unternehmen..........................214 10.2.2 Zusammenarbeit mit den Ingenieuren in den Unternehmen...............................217 10.3 Auseinandersetzung mit dem Berufsbild und -umfeld der Industriedesigner............222 10.3.1 Designausbildung...............................................................................................222 10.3.2 Arbeitsmarkt.......................................................................................................224 10.3.3 Berufsbild und Außenwirkung...........................................................................226 10.3.4 Der globale Wettbewerb.....................................................................................228 11. Resumee............................................................................................................................230 12. Ausblick............................................................................................................................237 Schlussbemerkung...................................................................................................................240 Quellenverzeichnis..................................................................................................................242 Anhang....................................................................................................................................259 8 1 Einleitung „Die Zukunft ist der Raum des Design. Die Vergangenheit ist bereits geschehen und Entwurfsakten somit verschlossen. Design ist nur möglich in einer Gestimmtheit von Zuversicht und Hoffnung. Wo Resignation, das heißt keine Aussicht auf Zukunft herrscht, gibt es kein Design.“ Gui Bonsiepe1 Wir befinden uns wirtschaftlich wie auch gesellschaftlich in einer Umbruchphase. Nach Zeiten kontinuierlichen Wirtschaftswachstums in Deutschland müssen wir uns nach der Jahrtausendwende an Stagnation, Abbau der Sozialleistungen und an die Konkurrenz internationaler Wettbewerber gewöhnen. Es wird viel diskutiert über den Wirtschaftsstandort Deutschland, über Ausbildung und Einsparungen in allen Bereichen. Gleichzeitig fordert die Politik die Unternehmen auf, in Forschung und Entwicklung zu investieren, Potentiale zu erkennen und umzusetzen. Zu diesen Potentialen gehört auch deutsches Design und speziell Industrie-, bzw. Produktdesign, von der Gesellschaft anerkannt und beachtet, von der Politik als wichtiges Instrument im globalen Konkurrenzkampf erkannt. So formulierte der bayerische Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu die Stärken von Design in seiner Rede anlässlich des Bayerischen Staatspreis für Nachwuchsdesigner 2004: „Design - kommuniziert Einstellungen und Lebensstil, - weckt Bedürfnisse und Begehrlichkeiten bei übersättigten Konsumenten, - prägt die Unternehmenskultur, - visualisiert Produkteigenschaften, - schafft Gebrauchsvorteile und - kann zum wirtschaftlichen Erfolg verhelfen. Erfolgreiches Marketing ist ohne konsequente Designstrategie nicht mehr denkbar.“2 Auch wenn viele deutsche Unternehmen Design als Erfolgsfaktor anerkennen, besteht für die Industriedesigner das Problem, dass eine große Zahl potentieller Auftraggeber die Gestaltung ihrer Produkte entweder den Sparmaßnahmen opfert oder erst gar nicht einsetzt, nach dem Motto: 'das machen wir selber'. Ein weiterer kritischer Faktor für das Berufsfeld der Industriedesigner ist durch die Konzentration global agierender Großkonzerne gegeben. Deutschlands Designlandschaft ist geprägt durch viele kleine Ein- bis Fünfmanndesignbüros, die ihre Kunden bisher vorwiegend aus dem deutschen Mittelstand akquirierten. Dieser schrumpft jedoch, am gravierensten im Konsumgüterbereich, durch Insolvenzen oder Übernahmen durch internationale Investoren, die sukzessiv in den deutschen Markt eindringen. Eine der Folgen der Globalisierung, der weltweiten Verflechtung der Wirtschaft. Weitere negative Auswirkungen wie die Abwanderung von Industrie, der darauf folgende Zusammenbruch des Arbeitsmarktes, globaler Wettbewerb, der Umbruch in Renten- und Sozialsystemen und gesellschaftliche wie politische Orientierungslosigkeit begründen die kollektiv pessimistische Haltung der letzten Jahre in Deutschland. 1 BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, (i.f.z.: BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen), 1996, 26. 2 WIESHEU, OTTO, DR., Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vertreten durch Staatssekretär Hans Spitzner, Rede anlässlich des Bayerischen Staatspreis für Nachwuchsdesigner 2004, (i.f.z.: DR. WIESHEU, OTTO , Rede anlässlich des Bayerischen Staatspreis für Nachwuchsdesigner 2004), online im Internet: URL: http://www.bayern-design.de/02_magazin/01_news_press/documents/RedeWiesheu.pdf, 2, [Stand 13.12.2005]. 9 Ernst Ulrich von Weiszäcker weist darauf hin, dass Globalisierung allerdings kein neues Phänomen sei, man denke an die Ursprünge in den Jahrhunderten der Seefahrer und an die Kolonialzeit des 19. Jahrhunderts. Technischer Fortschritt und moderne Kommunikation führten zu einer politisch aktiv herbeigeführten wirtschaftlichen Verflechtung der Staaten und Völker.3 „Die frühen 90er Jahre waren durch zwei einschneidende Ereignisse bzw. Trends gekennzeichnet, die zu einem qualitativen Sprung in der Internationalisierung des Wirtschaftsgeschehens führten: 1. die dramatische Entwicklung der Computer- und Informationstechnik; [...] 2. der Zusammenbruch des sozialistischen Systems in Osteuropa und in seinem Gefolge der Übergang vom vorwiegend politisch definierten Systemwettbewerb (zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus) zum vorwiegend ökonomisch definierten Standortwettbewerb nahezu aller Staaten mit einander.“4 In einer globalen Wirtschaft verschieben sich Produktionsabläufe dahin, wo die Randbedingungen für Unternehmer interessant sind. Produkte werden vor allem im Konsumgüterbereich nicht mehr selbst entwickelt, sondern eingekauft, deutsche Hersteller werden zu Händlern, Großunternehmen lagern ihre Produktionsstätten aus. Entfernungen scheinen keine Rolle zu spielen, die Welt wird zum Dorf. „Gegenwärtig ist die industrielle Produktion grundlegenden Veränderungen ausgesetzt. Durch die enge meist als Globalisierung bezeichnete Vernetzung der weltwirtschaftlichen Güter-,Informations- und Kapitalströme kann die Güterproduktion leichter als noch vor wenigen Jahren weltweit verteilt organisiert werden. Die Informations- und Kommunikationstechnologie erleichtert Steuerung und Koordination verteilter Produktionsanlangen. Neue, offensive Wettbewerber bieten Produktionsbedingungen zu weit niedrigeren Kosten als Deutschland. Die Herstellung von Produkten ist damit einem enorm verschärften Kostendruck ausgesetzt. Gleichzeitig ändert sich das Nachfrageverhalten. Käuferinnen und Käufer orientieren sich an schnelleren Produktwechseln und verlangen immer stärker auf individuelle Wünsche abgestimmte Produkte.“5 Die Auswirkungen in den Bereichen Produktplanung, Design und Konstruktion sind schon lange spürbar, rasant beschleunigt durch neue Technologien in der Computertechnik, Kommunikation und Produktion. Schon in meiner Diplomarbeit 'Design im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie' habe ich mich intensiv mit dem Wandel der Randbedingungen für Design beschäftigt. Meine Berufspraxis als Produktdesignerin zeigt mir aktuell die grundlegenden Veränderungen des Arbeitsprozesses in der Produktentwicklung. In dieser Forschungsarbeit dokumentiere ich meine Beobachtungen aus der Praxis als Industriedesignerin und stelle diese in folgenden Schritten in einen wissenschaftlichen Zusammenhang. 3 Vgl. VON WEISZÄCKER, ERNST ULRICH, Was ist Globalisierung und wie erklärt sie sich?, in: www.globalisierung-online.de. (i.f.z.: VON WEISZÄCKER, ERNST ULRICH, Was ist Globalisierung und wie erklärt sie sich?), online im Internet: URL: http://www.globalisierungonline.de/info/text2.php, [Stand 19.01.2006]. 4 VON WEISZÄCKER, ERNST ULRICH, Was ist Globalisierung und wie erklärt sie sich? 5 BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHNUNG, Produktionsforschung, Lösungen aus Deutschland für Produktion und produktionsnahe Dienstleistungen, online im Internet: URL: http://www.bmbf.de/de/686.php, [Stand 19.01.2006]. 10 I. Zielsetzung der Forschungsarbeit: Meine Untersuchungen beziehen sich konkret auf die Veränderungen der Anforderungen an die Industriedesigner in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren. Faktoren wie die Verlagerung von Produktion ins Ausland und der erhöhte Konkurrenzdruck im Inland zwingen die Designer zur Integration in die Wertschöpfungsprozesse der Unternehmen, die einen reibungslosen Ablauf des Prozesses der Produktplanung und Realisierung fordern. Besonders an der Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion werden die Auswirkungen globaler Organisationsstrukturen deutlich. Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen werden umstrukturiert, Ingenieure werden immer mehr zu Organisatoren von Entwicklungsprozessen und nehmen häufig Mittlerpositionen zwischen Design und Produktion in Asien ein. Designer müssen selbsterklärende Datensätze erstellen, die von den Konstrukteuren in Asien 'modifiziert ' werden, und sie müssen in vielen Fällen damit leben, dass Ihnen die Entwürfe als Datensatz aus der Hand genommen werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Veränderung der Arbeitsabläufe ist die Einführung von CAD-Systemen und die weltweite Vernetzung über das Internet. Hier spielt Datenmanagement, vor allem bei der Weitergabe von Datensätzen an Konstruktion und Produktion, eine große Rolle. Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Dokumentation der Veränderung der Arbeitsprozesse der externen Industriedesigner (vgl. A. Little6), die vorwiegend mit mittelständischen Kunden zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang befasse ich mich im besonderen mit der Schnittstelle Industriedesign und Entwicklung/Konstruktion. Abb.1: Die Schnittstelle Design und Konstruktion/Produktion im globalen Umfeld Die Auswertung dieser Untersuchung lässt Rückschlüsse auf die Anforderungen an die Designer zu. Ändert sich das Berufsfeld? Welche Fähigkeiten sind notwendig um mit der Herausforderung globaler Arbeitsprozesse umzugehen? Welche Veränderungen in der Ausbildung befähigen die Akteure im globalen Berufsumfeld zu bestehen? 6 Vgl. LITTLE, ARTHUR, D., Praxis des Design-Managements, 1990. 11 II. Recherche Um sich einen aktuellen Überblick über die berufliche Situation von Designern in Deutschland zu verschaffen, ist es notwendig, aktuelle Ausbildungsstrukturen zu untersuchen. Beispielhaft werden die Studiengänge im Bereich Industrie- und Produktdesign erfasst. Die Auswertung von Vorlesungsverzeichnissen und Ausbildungsphilosophie und -zielen der Hochschulen wird einen Einblick in derzeitige Ausbildungsstrukturen ermöglichen. In weiteren Schritten setze ich mich mit der Arbeitsmarktsituation und dem Arbeitsfeld von Industriedesignern auseinander. Zu dieser Bestandsaufnahme gehört auch die Untersuchung des Stellenwerts von Design in Wertschöpfungsketten und in Management- und Marketingstrategien. Inwiefern Design als Innovationsmotor dienen kann, lässt sich schwer belegen. Designwettbewerbe, die Zahl von Geschmacksmusteranmeldungen und die Designer selbst geben Auskunft darüber. Um die Schnittstelle Industriedesign und Entwicklung/Konstruktion näher zu beleuchten, beschäftige ich mich in einem Kapitel mit den Ingenieuren, den direkten Ansprechpartnern der Designer im Unternehmen in der Umsetzungsphase von Entwürfen. Besonders wichtig ist hierbei die Frage nach Konkurrenzverhalten und Kompetenz beider Akteure im Produktentwicklungsprozess. Dies führt direkt zur Schnittstelle Industriedesign und Entwicklung/Konstruktion. Wichtigstes Werkzeug in der Kommunikation Designer/Ingenieur ist das CAD7 geworden. Wie gehen die Designer mit dieser Herausforderung um und welche Systeme werden von der Industrie gefordert und von den Designern eingesetzt? Neben der Einführung von CAD-Systemen beeinflussen weitere Faktoren aus dem Umfeld der Schnittstelle Design und Konstruktion die Arbeitsprozesse, wie zum Beispiel die Frage nach der Integration und Stellenwert von Design im mittelständischen Unternehmen und den ökonomischen Randbedingungen für Design und Entwicklung in einer globalen Wettbewerbssituation. Zu meinen Recherchemethoden möchte ich anmerken, dass die Internetrecherche einen großen Anteil haben wird. Die Themen Arbeitsmarkt und Globalisierung sind so aktuell, dass viele Informationen über das 'www'8 verbreitet werden. Zudem publizieren inzwischen fast alle relevanten Zeitschriften, Fachzeitschriften, öffentlichen Stellen und Forschungsinstitute ihre Ergebnisse über das Internet. III.Unternehmensprofile und Interviews Beispielhaft werden mittelständische Unternehmen aufgeführt, deren Struktur (national/ international) und die Schnittstelle zum Design dargestellt. Im Rahmen dieser Unternehmensprofile führe ich Gespräche mit Entwicklungsleitern und Ingenieuren über deren Zusammenarbeit mit Industriedesignern, deren Erfahrungen und Einschätzungen des Stellenwertes von Design im Unternehmen und den Auswirkungen globaler Unternehmensstrukturen auf das Design. In diesem Zusammenhang werden Fragebögen an ausgesuchte Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen verteilt. Diese beinhalten Fragen zur Bewertung von Design und der Zusammenarbeit mit Designern. 7 8 CAD: Computer Aided Design www: world wide web 12 Durch Gespräche und Interviews mit Industriedesignern, bzw. Inhabern von Designbüros unterstütze ich die vorangegangenen Recherchen zu Ausbildung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmethodik von Designern und dokumentiere so die Veränderungsprozesse der letzten Jahre. IV.Auswertung / Folgerungen Die Befragungen und Interviews werden hinsichtlich der Aussagen über Veränderungen der Rahmenbedingungen für das Praktizieren von Industriedesign und für die Zusammenarbeit von Designern und Ingenieuren in der Produktentwicklung ausgewertet. Dies lässt Rückschlüsse auf die Anforderungen an die Designer und Konstrukteure in der täglichen Praxis zu. Wie verändert sich die Schnittstelle an sich? Welche Bereiche und Kompetenzen überschneiden sich? Welche Formen der globalen und regionalen Teamarbeit sind praktikabel? Wie werden strategische, konzeptionelle und transkulturelle Kompetenzen vermittelt? Welche regionalen Nischen und Chancen eröffnen sich für designorientierte Unternehmen? Die Auswertung der Interviews und Gespräche lässt Rückschlüsse auf Ausbildungsstrukturen zu, und gibt Hinweise darauf, in wie weit Lehrangebote modifiziert werden sollten. V. Schema Abb 2.: Dissertation: Schematische Darstellung Anmerkung Um den Lesefluss zu verbessern wird in dieser Arbeit auf eine Differenzierung der geschlechtlichen Form von Tätigkeitsbezeichnungen verzichtet. Die männliche Form (Designer, Künstler, Ingenieur) umfasst stellvertretend alle Geschlechter. 13 2 Industrie Designer, Knechte der Markenstrategen? Gerhard Cordes hat schon 1991 in einem Gespräch mit der Zeitschrift form+zweck beklagt, dass gründliche Gestaltungsarbeit 'schnellem Verpackungsdesign', also 'Styling' weichen muss. Ein Aspekt, der sich heute, mehr als fünfzehn Jahre später, zum Alltagsgeschäft vieler Industriedesigner entwickelt hat. In erster Linie hat der globale Wettbewerb bewirkt, dass die Entwicklungszeiten von Produkten dramatisch verkürzt wurden. Desweiteren spielt die weltweite Zuliefererindustrie eine große Rolle für grundlegende Veränderungen in der Produktplanung. Komplette technische Innenleben werden aus Kostengründen zugekauft, so dass der Designer9 die Produkte tatsächlich nur noch von außen gestalten kann. Eine Einflussnahme auf die Struktur und Ergonomie der Produkte ist so nicht mehr möglich. Die Kostenreduzierung in der Produktentwicklung hat die Konkurrenzsituation der selbständigen Designbüros erheblich verschärft, die Designabteilungen größerer Unternehmen werden teilweise abgebaut und/oder auf Standorte im Ausland konzentriert. Die Diskussion um das Berufsbild der Industriedesigner wird angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vehement geführt. Da Cordes eine interessante und auch heute noch gültige 'Diagnose' stellt, zitiere ich das Interview in Auszügen: „form+zweck Ein guter Grund über die Neuformulierung des Berufsbildes nachzudenken, ist durch die enttäuschten Erwartungen und den nachfolgenden Frust über die Wirkungsmöglichkeiten des Designers gegeben. Gibt es neben der Enttäuschung und Desillusionierung noch weitere Gründe? Cordes Woran die Produktgestaltung (das Industrie-Design) krankt - eine ganz unsystematische Diagnose: Das Entscheidende ist immer mehr die Neuheit, nicht die Funktion: allgemein sinkendes Interesse an den praktischen Gebrauchseigenschaften eines Produkts (Novogrip). Zunehmendes Auseinanderklaffen von praktischer und ästhetischer Funktion ('Schönheit muss leiden' und, umgekehrt: 'Das kann doch gar nicht so gut funktionieren, wie es aussieht!'). Das Interesse an Produktergonomie schwindet, das an Software wächst (IAO-Erfahrung). Die Sequenzierung (Virilio) lässt die Produkte schon beim Kauf veraltet aussehen. Die Wettbewerbsprodukte 'alt aussehen' zu lassen, ist auch das Ziel der Designer, (Hand aufs Herz). Die Vermodungs- und Verkunstungstendenzen nehmen zu. Verlagerung des Produktnutzens vom praktischen Gebrauchswert auf ideelle 'Werte': Erlebnis (cyber space), Markenzugehörigkeit (Klotz: form follows fiction), Mediendesign. Tendenz zum virtuellen Produkt. Die durch den internationalen Wettbewerb angespornte Beschleunigung der Produktentwicklungen lässt keine Zeit mehr für gründliche Gestaltungsarbeit, sondern verlangt den schnellen Verpackungsdesigner. Die relative Verbilligung vieler Produkte, aber auch von Möbeln, verleiten zum unüberlegten Spontankauf. Der Vertrieb nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Zahl und Umfang der Verkäufe bzw. Abschlüsse bestimmen die Produktentwicklung. Kein Interesse an Langlebigkeit. Inszenierung wird immer wichtiger und skurriler. (Beispiel: Präsentation des 'Staatspreises Baden-Württemberg', 'Otto-Dix-Ausstellung'.) 9 Im Rahmen der Dissertation werden die Bezeichnungen Designer, Produktdesigner und Industriedesigner / Industrial Designer gleichwertig verwendet im Sinne der Definition: „Die Dienstleistung Produktdesign, auch Industriedesign (engl: Industrial Design) genannt, befasst sich mit den Produkten, die uns umgeben. Dabei werden im allgemeinen zwei Produkt-Kategorien unterschieden: Konsum-, sowie Investitionsgüter. Für beide gilt: Der Designer bekommt von einem Hersteller den Auftrag, ein Produkt (neu) zu gestalten, oder er stellt sich selbst eine Aufgabe, deren Ergebnis er dann später einem Hersteller anbietet. Grundlegende Anforderung, die der Industrial Designer bei seiner Arbeit berücksichtigen muss, ist die Umsetzbarkeit seines Entwurfs in einen industriellen Fertigungsprozess. Er ist nicht Gestalter von Unikaten, sondern von Produkten, die in einer seriellen (Massen)-Produktion hergestellt werden.“ AKADEMIE.DE.NETLEXIKON, Produktdesign Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon, online im Internet: URL: http://www.lexikon-definition.de/Produktdesign.html, [Stand 27.06.2006]. 14 Die Kommerzialisierung des Berufes nimmt weiter zu (Messeaktivitäten, Anzeigen in der 'form', 'Designer-Saturdays', Mediengeilheit usw.). [...] Indienstnahme des Designs durch PR-Strategen (Flut von Wettbewerben, Sponsoring usw.) [...] Der Industrialismus produziert ständig ein gigantisches Feuerwerk, dessen schönste Raketen die Designerleistungen sind. Eine der Folgen: häufigster Berufswunsch junger Leute ist 'Design' (alle Sparten) geworden. Eine andere Folge: weitere Steigerung des Konsumismus (als neuester Kompressor fungiert das 'japanische Beispiel'). Identitätskrise der Designer - Ausdruck der Krise des Industrialismus. (Zerstörung der globalen Ressourcen, der Kulturen, unserer Gesundheit (Allergien), der Gerechtigkeit (Nord/WestSüd/Ost-Gefälle) usw.). Wie lange wollen/müssen sie noch die Dekorateure auf der untergehenden Titanic sein?“ (28. November 1991)10 Zusammenfassend stellt Cordes folgende 'Krankheitssymptome' am Berufsstand der Industriedesigner fest: 1. Funktion und Ergonomie eines Produktes verlieren an Stellenwert gegenüber dem Styling. 2. Durch den internationalen Wettbewerb angeheizt, verkürzen sich die Produktzyklen und Lebenszeiten in einem Maße, dass von den Herstellern weder nachhaltige Produktentwicklung, noch langlebiges Design gefragt ist. 3. Der Konsument unterstützt diesen Trend, indem er zu Billigprodukten greift. 4. Vertrieb und Marketing dominieren die Produktentwicklung. 5. Design im Sinne von Styling liegt im Trend, das heißt Design wird immer mehr kommerzialisiert und von PR-Strategen vereinnahmt. 6. Design als Trendberuf führt zu einer quantitativen jedoch nicht qualitativen Ausweitung der Designausbildung 7. Der Berufsstand steckt als Ausdruck der Krise des Industrialismus in einer Identitätskrise. Diese Aufzählung enthält größtenteils die Punkte, die ich in meiner Forschungsarbeit untersuchen werde. Um die Veränderungen des Berufsbildes Industriedesign dokumentieren zu können, ist es notwendig durch eine Bestandsaufnahme die Ausbildung, den Arbeitsmarkt die Arbeitsfelder und die Arbeitsmethodik der Designer zu untersuchen. Besonderes Augenmerk lege ich in diesem Teil der Dissertation auf das Thema Designausbildung, denn die Auswertungen der Recherchen und Befragungen der folgenden Kapitel werden Hinweise ergeben, wie eine den heutigen globalen Anforderungen angemessene Designausbildung aussehen kann. 10 CORDES, GERHARD, Von Rotwein und Brezeln zu Sekt und Kaviar, in: form+zweck 6, 1991, online im Internet: URL:http://www.formundzweck.com/titel.php?6+100+von_rotw, [Stand 27.06.2006]. 15 2.1 Ausbildung Die UNO-Dekade 'Bildung für nachhaltige Entwicklung 2005-2014'11 bietet neben der aktuellen PISA-Diskussion um Bildung den Rahmen, unsere Ausbildungsmöglichkeiten und -konzepte zu überdenken und in eine Richtung voranzutreiben, die den Anforderungen einer nachhaltigen globalen Entwicklung unserer Umwelt angepasst ist. Eine weitere grundlegende Entwicklung ist die Umstellung unseres Hochschulwesens auf das 'Bachelor-Master-System', das einen internationalen Vergleich erlaubt. Auch hier ist an den Hochschulen ein Denkprozess im Gange, der alte Strukturen und Lehrinhalte zur Diskussion freigibt. Dies gilt auch für die Designausbildung in Deutschland, die sich allerdings Zeit ihres Bestehens in einer fortwährenden Diskussion befindet. Wir blicken auf historische Wurzeln der Designausbildung in Deutschland zurück, die auch heute noch sehr prägend für die Lehrinhalte an deutschen Designschulen sind. Um die Entwicklung des Industriedesigns und der Lehre zu verstehen, ist ein Exkurs in die Geschichte des Entwerfens notwendig. 2.1.1 Historie Handwerk und Manufaktur Die Entwicklung des Handwerks ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Entwerfens. Erst mit der Arbeitsteilung, der Trennung von Hand- und Kopfarbeit konnten sich 'Entwurfsspezialisten' mit handwerklicher Vorbildung entwickeln. Die Emanzipation des Handwerks, die Entstehung von Meisterbetrieben und das Erwachsen „des durch den Fernhandel mächtig gewordenen Kaufmannskapitals“12 im frühen Mittelalter schaffte eine Wettbewerbssituation für das Handwerk, das sich durch Zechen und Zünfte zu schützen suchte. Der Kaufmann beherrschte bald das ökonomische Gefüge durch seine Stellung als Auftragnehmer bei den Kunden und als Auftraggeber für das Handwerk. Bernd Meurer und Hartmut Vincon beschreiben die beherrschende Rolle der Kaufleute im Mittelalter in ihrer Veröffentlichung 'Industrielle Ästhetik' folgendermaßen: 11 „Die Zielsetzung besteht darin, die nachhaltige Entwicklung in die Erziehungssysteme zu integrieren - von der Grundschule bis zur Universität wie auch in der Erwachsenenbildung und in der nicht-formellen Bildung. Jede und jeder soll sich der Komplexität und der Verbindungen der Probleme bewusst werden, die unsere Zukunft bedrohen - Armut, Konsumismus, Umweltverschmutzung, unkontrollierte Urbanisierung, galoppierende Demographie, Ungleichheit der Geschlechter, Gesundheitsprobleme, bewaffnete Konflikte und Verletzungen der Menschenrechte. Diese Vision der Erziehung privilegiert ein globales und interdisziplinäres Konzept, um die für eine nachhaltige Zukunft erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen zu entwickeln sowie neue Werte, Verhalten und Lebenshaltungen zu fördern.“ UNESCO, SCHWEIZ, online im Internet: URL: http://www.unesco.ch/workd/bildung_weltdekade_frame.htm, [Stand 13.12.2005]. 12 MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, (i.f.z.: MEURER, BERND/VINCON HARTMUT, Industrielle Ästhetik), 1983, 10-11 16 „1. Die ökonomische Abhängigkeit des Produzenten vom Käufer seiner Ware, dem Kaufmann bildet sich heraus. 2. Die einzelnen Handwerker geraten dadurch auch gegenseitig in verstärkte Konkurrenz. 3. Durch die zunehmende Monopolisierung des Handels werden Eingriffe des Handelskapitals in die Art der handwerklichen Arbeit möglich: z.B. Einseitigkeit, d.h.Spezialisierung der handwerklichen Tätigkeit oder / und Einflüsse auf die Gebrauchswertproduktion und schließlich allmähliche Auflösung handwerklicher Produktionsweise überhaupt, also Trennung des Produzenten von seinen Produktionsmitteln.“13 Die handwerkliche Produktionsweise veränderte sich in in zwei Richtungen. Im sogenannten 'Verlagssystem' fand sich eine frühe Variante der Lohnarbeit. Kaufleute wandten sich mit ihren Aufträgen an Handwerker oder an Lohnwerker. Das manufakturelle System vereinigte verschiedene Handwerker, Warenabsatz und Produktion unter einem Dach. Die herangezogenen Arbeiter verrichteten ihre Tätigkeiten lohnabhängig, „der Kapitalist stellt [...] die Produktionsmittel zur Verfügung und schießt Rohstoffe vor. Hier handelt es sich unverhüllt um Lohnarbeit.“14 In der Manufaktur entstand durch die Arbeitsteilung der Bereich der Entwurfsarbeiten. Die angestellten Entwerfer waren in ihrer Stellung als Teilarbeiter Arbeitszwängen wie der Produktion einer bestimmten Quantität an Entwürfen unterworfen. Erst auf Grundlage der 'Entwurfsteilarbeiter' konnte sich der selbständige Entwerfer entwickeln. Diese Form der Teilarbeit als Kopfarbeit setzte in zunehmendem Maße eine andere Qualifikation als die der Handarbeit voraus. Diese wurde durch eine akademische Ausbildung gefördert. Das Entstehen von Kunstakademien in der Mitte des 16. Jahrhunderts erhob die Akademiker in einen höheren Stand als die Handwerker und förderte deren gesellschaftliches Ansehen. Die Ausbildung an den Akademien war eine künstlerisch-wissenschaftliche, auf Basis handwerklicher Vorkenntnisse. In Deutschland wurden Ende des 17. Jahrhunderts die ersten Akademien etabliert. Damit festigte sich das Berufsbild des Entwerfers vom Teilarbeiter zum Selbständigen. „Für Deutschland ist aus dem 18. Jahrhundert die Berufsbezeichnung Dessinateur (Musterzeichner) bekannt und belegt.“15 Industrialisierung Wachsende Märkte, zunehmender Wettbewerb, steigender Warenumsatz und die Verbilligung der Industrieerzeugnisse führten zu wachsender Arbeitsteilung und Produktivität in den Manufakturen. Die Erhöhung der Produktivität wurde zunehmend durch Maschinen erreicht, in einem Maße, dass das industrielle Kapital das bisher dominierende Handelskapital überflügelte. „Entwurfstätigkeit wird mehr und mehr in den Produktionsprozess einbezogen bzw. als spezifische Tätigkeit in den manufakturellen und schließlich industriellen Produktionsprozess notwendig. Der wachsende Bedarf an Produktionsmitteln hat eine ständige Steigerung der Entwurfsproduktion zur Folge.“16 Technische Faktoren, die zur Steigerung der Warenproduktion dienten, rückten mehr und mehr in den Vordergrund, es fand eine Spezialisierung der Wissenschaften und Technologien statt, was auch für die Entwerfer Auswirkungen hatte. 13 Ebenda. MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 15. 15 MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 19. 16 MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 24. 14 17 Im 18. Jahrhundert spaltete sich beispielsweise aufgrund der Mechanisierung der Funktionsbereich des Architekten in Entwurf und Konstruktion/Durchführung eines Bauvorhabens. Die Konstruktion übernahmen alsbald die Ingenieure. Diese Spaltung hatte für die Ausbildung eine Spezifizierung in Architektur- und Ingenieurschulen zur Folge. Das Berufsbild des industriellen Entwerfers entwickelte sich im 19. Jahrhundert aus Teilaspekten des Wissens der Kunsthandwerker, Künstler, Architekten und der Ingenieure. Eine spezifische Designausbildung wird es erst im 20. Jahrhundert geben. Der Bedarf an Entwurfstätigkeiten, auch im industriellen Bereich, wurde aus den Reihen der Architekten, Ingenieure, Kunsthandwerker und technischen Zeichner abgedeckt. Es folgte die Zeit des Kapitalismus und der Massenproduktion. Die Qualität der industriell hergestellten Güter war oft sehr schlecht, die Gestaltung willkürlich. Deutschland blamierte sich auf der Jahrhundertausstellung in Philadelphia 1877 mit qualitativ minderwertigen und schlecht gestalteten Billigprodukten. Historisierende Ornamente und Dekore standen in keinem Verhältnis zur Funktion und Aussage der Industrieprodukte. „Neben dem alltäglichen Angebot von billigem Schund und pathetischer Ostentation, das, wie z.B. der Name 'Edwardian Baroque' verrät, nicht nur im wilhelminischen Deutschland zu finden ist, etabliert sich in den zwei Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg eine unprätentiös von Zweckmäßigkeit geprägte industrielle Alltagskultur. In Deutschland entfaltet sich damals das, was wir heute 'sachliche Gestaltung' nennen, geradezu beispielhaft für Europa.“17 Deutschland lernte von den Engländern, die ein halbes Jahrhundert zuvor den industriellen Aufschwung erlebten, in ökonomisch, technischer und sozialpolitischer Hinsicht. Die Einsicht, dass positive Arbeitsbedingungen eine positive Arbeitshaltung förderten und damit die Leistungsfähigkeit der Betriebe steigerten, wurde von Firmen wie AEG und SIEMENS unter anderem in der Architektur der Firmengebäude umgesetzt. Die Unternehmen erkannten zunehmend: „das Angebotsprinzip [bedarf] der Warenpropaganda durch Werbung und Produktgestaltung.“18 Reformbewegungen Noch bevorzugte das konservative Bürgertum aufwändige historisierende Formen im häuslichen Bereich. Vor allem dort, wo man Prestige zeigen wollte, konnte sich eine sachliche Gestaltung lange nicht durchsetzen. Aufwändige kunsthandwerkliche Arbeiten im Einrichtungsbereich standen im Gegensatz zu den ärmlichen Möblierungen bei den Arbeitern. Preisgünstige Möbel und Gebrauchsgüter waren von schlechter Qualität und Gestaltung. Reformbewegungen bildeten sich: Vertreter des Sozialismus und der Gewerkschaften forderten eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und in diesem Zuge einfache, preiswerte, 'ehrliche' Gebrauchsgegenstände für die Arbeiter. Vertreter des Bildungsbürgertums störten sich an den Gegensätzen von historisierenden Formen zu moderner Fabrikation. Vertreter aus dem Handel beklagten die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der Produkte auf dem Markt. Die Arts and Crafts Bewegung in England, deren bekanntester Vertreter William Morris (1834-96) ist, forderte handwerklich hergestellte Gebrauchsgegenstände auf hohem ästhetischen Niveau. 17 18 MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 24. MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 116. 18 Klar gegliederte Formen, Ornamente und Materialien aus der Natur prägten die Gestaltung. Die Arts and Crafts Bewegung beeinflusste maßgeblich den Jugendstil und später die Philosophie des Deutschen Werkbundes und des Bauhaus. Der Jugendstil (1895-1914) propagierte die Hinwendung zur Natur durch eine Formensprache, die sich organisch geschwungener Linien und stilisierter Pflanzenformen bediente. Der Jugendstil bezog sich vorwiegend auf die freie Kunst, die alle Lebensbereiche durchdringen sollte und bezog Stellung gegen die Massenproduktion. Die Moderne Die Entwicklung zur Moderne ist vor allem einzelnen Architekten und Gestaltern zuzuschreiben, die sich als Pioniere durch individuelle Formen, theoretische Überlegungen zur Funktion von Gegenständen und der positiven Haltung gegenüber der Industrie einen Namen machten. Bekannte Vertreter der Moderne sind Charles Rennie Mackintosh, Gustav Klimt, Otto Wagner, Frank Lloyd Wright und Louis H. Sullivan, der den Leitspruch 'form follows function' prägte. In Deutschland wurde der Deutsche Werkbund 1907 von Künstlern, Architekten, Unternehmern und Vertretern des öffentlichen Lebens (z.B. Peter Behrens, Walter Gropius) nach dem Vorbild der Arts and Crafts Bewegung, jedoch mit der Anerkennung moderner industrieller Produktion gegründet. Die Ziele der Vertreter des Deutschen Werkbundes waren, deutsche Produkte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen, industrielle Produkte künstlerisch zu gestalten, mit Anspruch an die Qualität, schlicht und auch für den einfachen Bürger erschwinglich. Später spaltete der Streit um die Typisierung den Werkbund in zwei Lager. Die Verfechter der Typisierung des Entwurfs standen für das industrielle Entwerfen und die Vervielfältigung und können als Vorreiter für modernes Industriedesign angesehen werden, während das andere Lager die individuelle, künstlerische Arbeit bevorzugte.19 Die Industrialisierung zeigte deutliche Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft. Der Kampf um die Vormachtstellung auf dem Weltmarkt führte unter anderem zum Ausbruch des I.Weltkrieges, (1914). Revolutionsstimmung herrschte in ganz Europa und führte zur Oktoberrevolution in Russland (1917) und zur darauf folgenden Novemberrevolution in Deutschland (1918). Es entwickelten sich in Deutschland Bestrebungen zum Aufbau einer neuen, klassenlosen Gesellschaft, sozialistisches Gedankengut durchdrang die Arbeiterschaft. In der Bildungsgesellschaft waren Tendenzen zur Versöhnung von Handarbeit und Kopfarbeit, Kunst und Technik zu erkennen. Der Künstler sollte als 'Universalgestalter' wirken und als Reformer die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Veränderung nutzen. Avantgardekünstler und Gestalter betätigten sich auf allen Gestaltungsebenen: Sie entwarfen Plakate, Buchumschläge, neue Typographie, Möbel, Gebrauchsgegenstände und Gebäude.20 Das Bauhaus (1919-1933) Walter Gropius gründete 1919 mit der Zusammenlegung der Sächsischen Kunstgewerbeschule und der Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst eine Schule mit dem Namen Staatliches Bauhaus in Weimar. Im Gründungsmanifest forderte Gropius, dass Architekten, Bildhauer und Maler sich 'zurück zum Handwerk' orientieren müssten. Er stellte sich gegen den Kapitalismus und verklärte die handwerkliche Produktionsweise.21 19 Vgl. HAUFFE, THOMAS, Dumont Schnellkurs Design, 1995, 60ff. Vgl. Ebenda. 21 Vgl. MEURER, BERND/VINCON, HARTMUT, Industrielle Ästhetik, 128. 20 19 Die Überwindung des Historismus durch eine klare Formensprache und eine neue Einheit von Kunst, Handwerk und Industrie waren klare Ziele des frühen Bauhaus.22 Aus heutiger Sicht wegweisend für die Designausbildung war die völlig neue Organisationsund Ausbildungsstruktur. Grundlage war die Vorlehre, die zweckfreies Experimentieren mit Farbe, Form und Material ermöglichen sollte. Nach der Vorlehre entschieden sich die Studierenden für eine der verschiedenen Werkstätten: Schreinerei, Töpferei, Metall, Glas, Bühnenbild, Fotografie und Werbegrafik. Die gleichberechtigte Ausbildung der handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten wurde so gefördert. In der Anfangsphase lehrten Vertreter der traditionellen kunsthandwerklichen Richtung der Ausbildung (Paul Klee, Oskar Schlemmer, Johannes Itten). Unter dem Einfluss von De Stijl entwickelte sich dann Anfang der 20er Jahre eine elementare und funktionelle Formensprache. Ein neuer Lehrer – Laszlo Moholy-Nagy – gestaltete in der Metallwerkstatt industrietaugliche Möbel aus Stahlrohr, Sperrholz und Industrieglas. Mit dem Umzug des Bauhaus nach Dessau (1925) wurde Marcel Breuer Leiter der Möbelwerkstatt, und es fand eine Schwerpunktverlagerung der Lehrinhalte auf Industriedesign und Architektur statt. In dieser Zeit entstanden Möbel und Gebrauchsgegenstände, die heute als Klassiker gelten und immer noch, teils als Duplikate, vertrieben werden. 1928 wurde Hannes Meyer neuer Direktor des Bauhaus, baute den Bereich der Architektur aus und integrierte neue Fächer wie Psychologie, Soziologie und Ökonomie in den Lehrplan. Die Lehre des Bauhaus wurde zu dieser Zeit immer politischer, vor allem auf Betreiben Meyers hin, der soziale Aspekte in die Entwürfe, vor allem in der Architektur, einfließen ließ. Dieser wurde 1930 entlassen. Ludwig Mies van der Rohe übernahm seine Nachfolge und musste das Bauhaus 1933 unter dem Naziregime schließen. Hochschule für Gestaltung Ulm Nach dem Bauhaus war die Hochschule für Gestaltung in Ulm (Eröffnung 2.Oktober 1955) eine der wichtigsten Einrichtungen für Designausbildung weltweit. „Die Hochschule für Gestaltung Ulm war ein internationales Zentrum für Lehre, Entwicklung und Forschung im Bereich der Gestaltung industrieller Erzeugnisse. [...]An der Ulmer Schule wurden Lehrstoff und Lehrmethoden für ein neues Berufsbild, das des Designers, erarbeitet. Das stetig weiterentwickelte pädagogische Konzept ist zu einem Modell geworden, das nach wie vor in der Designausbildung Relevanz hat.“23 Das Besondere an dieser Schule, die 15 Jahre existierte, war sicherlich der stetige interne Wandel und die permanente Diskussion über die Lehrinhalte und -methoden. Die Veröffentlichungen des HfG Archivs Ulm zeigen die Struktur und Geschichte der Hochschule in einem Phasenmodell, das sich teilweise auf Otl Aicher stützt. Am Anfang standen Inge Scholl und Otl Aicher, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges für die Idee engagierten, „durch politische Bildung und Gestaltung der Umwelt [...] [könne] demokratische[s] Denken gefestigt und die Entstehung einer neuen Kultur gefördert werden.“24Mit Gründung der Geschwister-Scholl-Stiftung, die als Trägerin der künftigen HfG Ulm fungierte, war der Grundstein für eine politisch und geisteswissenschaftlich orientierte Schule in Ulm gelegt, die durch die konzeptionelle Einbeziehung von Max Bill immer mehr zu einer 'Hochschule für Gestaltung' wurde. Finanzielle Unterstützung erhielten die Initiatoren durch John Mc Cloy, der für Deutschland zuständige amerikanische Hochkommissar, die norwegische Europahilfe und die Bundesfinanzdirektion. 22 Vgl. HAUFFE, THOMAS, Dumont Schnellkurs Design, 1995, 74 ff. HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte, (i.f.z.: HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte ), online im Internet: URL: http://hfg-archiv.ulm.de/die_hfg_ulm/geschichte.html [Stand 13.12.2005], 1. 24 HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte, 2. 23 20 Beginn (1953-55) An der Hochschule für Gestaltung Ulm wurde anfangs im Sinne der Fortführung der Tradition des Bauhaus gelehrt. Vor allem die Grundlehre war zu Beginn in ihrer Bedeutung und ihren Inhalten stark vom Bauhaus und ehemaligen Bauhäuslern wie Nonne-Schmidt, Peterhans, Albers und Itten geprägt. Allerdings nahm die Kunst eher eine instrumentalisierte Rolle im Rahmen einer gestalterischen Grundlehre ein. Der einjährige gemeinsame Grundkurs gab den Studierenden die Möglichkeit, zunächst gemeinsam zweckfrei und experimentell zu arbeiten, bevor sie sich für eine Fachrichtung entschieden: Information, Visuelle Gestaltung (später Visuelle Kommunikation), Produktform, Architektur oder Stadtbau. Immer wurde den Studierenden neben der fachbezogenen Ausbildung ihre Verantwortung in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht vermittelt, was sich inhaltlich in den Fächern Soziologie, Ökonomie, Politik, Psychologie und Philosophie wieder spiegelte. Abb 3.: Ausbildungsschema für die Hochschule für Gestaltung, 195125 'Technologisches Design'(1956-58) Max Bill, erster Rektor an der HfG und Verfechter der Bauhaus-Tradition, verließ 1957 die Schule nach inhaltlichen Auseinandersetzungen. Er machte der Auffassung jüngerer Dozenten wie Aicher, Maldonado, Gugelot und Zeischegg Platz, die eine enge Verbindung von Gestaltung und Wissenschaft anstrebten. Es begann eine Phase der Öffnung gegenüber der Industrie. „[...]mit der Einrichtung der 'Entwicklungsgruppen' öffnete man sich gezielt der Industrie. Die Entwicklungsgruppen funktionierten wie eigenständige Designbüros innerhalb der Hochschule. Viele der dort entstandenen Entwürfe gingen sofort in Produktion - zu den erfolgreichsten zählen die Audiogeräte für die Firma Braun, das Erscheinungsbild der Deutschen Lufthansa und die Züge für die Hamburger Hochbahn. Diese Industrieaufträge brachten einen starken Erfahrungsrückfluss in die Lehre und prägten die Hochschule und ihren Ruf entscheidend.“26 25 HFG ARCHIV ULM , HfG / Geschichte, Timeline, online im Internet: URL: http://hfg-archiv.ulm.de/die_hfg_ulm/geschichte.html [Stand 13.12.2005]. 26 HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte, 6. 21 Die große Ausstellung der HfG im Herbst 1958 markierte im Besonderen diese Periode der Schaffung von Produkten und Produktsytemen nach neuesten wissenschaftlichen und technologischen Erkenntnissen. Der Gestalter agierte als Partner der Industrie, nicht mehr als federführender Künstler. Die für das Bauhaus noch so wesentliche Einbeziehung der Kunst und künstlerischen Methoden in alle Gestaltungsbereiche wurde ausgeklammert zugunsten einer Umweltgestaltung, die sich nahezu ausschließlich auf die technischen und technologischen Bedingungen des industriellen Herstellungsprozesses bezog. Der ungeheure Nachholbedarf an materiellen Gütern, der Wunsch nach Wohlstand ließ im Nachkriegsdeutschland die Massenproduktion zum Motor des Wirtschaftswachstums werden. „Die Nachkriegszeit war restlos fixiert auf den Kult der Dinge, den Glanz und die Aura zeitgemäßer Schönheit, wie sie sich in Objekten vergegenständlichte. Der Glanz der Dinge war im Grunde nichts als die Spur der in sie eingeschriebenen Vernunft ihrer Macher und deren Tun erwies die überlegene Manipulation der Dinge für die unbegrenzt sich entwickelnden Bedürfnisse. Alles wurde dieser Epoche zu solchem Ding.“27 Die Abteilung Produktgestaltung setzte sich zum Ziel Studenten auszubilden, die in der Lage waren, „alle Faktoren zu integrieren, die an dem Gestaltungsprozess eines Produktes teilhaben: funktionelle, kulturelle, technologische und wirtschaftliche Faktoren.“28 Die Konzeption von neuen Gebrauchsweisen und das gestalterische Denken in geschlossenen Produktlinien war die Ausbildungsphilosophie. 'Kybernetisches Design und Positivismus' (1959-61) Die Verwissenschaftlichung der Designausbildung wurde vor allem durch Dozenten wie dem Mathematiker Horst Rittel, dem Soziologen Hanno Kesting und dem Industrial Designer Bruce Archer vorangetrieben. Sie forcierten eine Methodik, die streng auf mathematischen Operationen basiert. Analytische Vorgehensweisen dominierten zeitweise die Gestaltung, was intern zu massiven Auseinandersetzungen führte. „Otl Aicher, Hans Gugelot, Walter Zeischegg und Tomás Maldonado widersetzten sich dieser Entwicklung und betonten dagegen, dass Gestaltung mehr als nur 'analytische Methode' sein muss.“29 'Wertbestimmtes Design Programmdesign' (1962-66) „Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gestaltung, zwischen Theorie und Praxis wird angestrebt. Neue Gebiete, wie Massentransport, Elektronik und ökologische Themen prägen den Unterricht.“30 Eine große Wanderausstellung, die 1963 zunächst in Ulm und Stuttgart gezeigt wurde, präsentierte die Ergebnisse aus dem Unterricht. Letztendlich führten die internen Auseinandersetzungen und die hohe Verschuldung der Geschwister-Scholl-Stiftung dazu, dass mit der Streichung der Zuschüsse vom Landtag im November 1968 der Hochschulbetrieb unter Protest Ende 1968 eingestellt werden musste. 27 RECK, HANS ULRICH, DR., Von der geschmeidigen Regellosigkeit der Regeln, (i.f.z.: RECK, HANS ULRICH, DR., Von der geschmeidigen Regellosigkeit der Regeln), 2002, online im Internet: URL: http://www.khm.de/kmw/kit/pdf/regellosigkeit_regeln.pdf, [Stand 13.12.2005], 89. 28 LINDINGER, HERBERT (Hsg.), Hochschule für Gestaltung Ulm, Die Moral der Gegenstände, (i.f.z.: LINDINGER, HERBERT, Hochschule für Gestaltung Ulm, Die Moral der Gegenstände), 1987, 69. 29 HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte, 7. 30 HFG ARCHIV ULM, HfG / Geschichte. 22 Gui Bonsiepe äußert sich in seiner Veröffentlichung 'Interface. Design neu begreifen' zur Schließung der HfG Ulm: „Nach einer wohlmeinenden Lesart wird in der Schließung der hfg – der wohl dümmsten kulturpolitischen Entscheidung in der BRD – ein glückliches Zusammentreffen von innerer Ermüdung und äußerem politischen Widersinn gesehen, das den Ruf der hfg gerettet und ihr eine heroische Aura verliehen habe [...]. Daß die Schließung der hfg aber weniger von der Sorge um akademische Qualität als von Motiven einer vergeltenden Strafaktion bestimmt wurde, läßt sich an der seinerzeit von der Landesregierung Baden-Württemberg formulierten Auflage ablesen, daß in die Nachfolgeinstitution – das Institut für Umweltgestaltung – keiner der ehemaligen festangestellten Dozenten der hfg aufgenommen werden durfte.“31 Bonsiepe bedauert, dass es nicht gelingt, „das Experiment hfg in eine Postgraduate-Institution zu verwandeln mit dem Ziel, das bis heute nicht gefüllte Vakuum der Designstudien und der Designforschung zu füllen.“32 Unbestritten hat die HfG Ulm wesentliche Grundsteine für die Designausbildung und die berufliche Praxis der Designer gelegt. Bonsiepe zählt die wichtigsten, „die Prägung des Designdiskurses und die Auswirkung auf Ausbildung und berufliche Praxis“33 auf:34 1. Institutionalisierung der Gestaltung als autonome Domäne. 2. Thematisierung der modernen industriellen Zivilisation als kulturelle Manifestation. 3. Versachlichung der Ausbildung mit dem programmatischen Ansatz, zu den wissenschaftlichen Disziplinen eine Brücke zu bauen. 4. Präzision des Tätigkeitbereiches Industrial Design. 5. Pflege eines pragmatischen Technikverständnisses, „das sich einerseits gegen die aus der geisteswissenschaftlichen Tradition kommende Zivilisationskritik und andererseits gegen den Technikoptimismus etwa Buckminster Fullers wendete.“35 Der wissenschaftliche Lehransatz der HfG Ulm findet sich heute in der Regel in allen Stundenplänen deutscher Designausbildung wieder. Vor allem an den Universitäten wird der Bezug zu den Wissenschaften gepflegt, obschon es schwierig war und ist, das Design in herkömmliche Hochschulstrukturen zu integrieren, da sich Design laut Bonsiepe gegen das Erkenntnisideal und Praxisverständnis der Universitäten, gegen das Technikverständnis von technischen Hochschulen und gegen das Ideal ästhetischer Erfahrung von Kunsthochschulen setzt.36 Die Diskussion um Ausbildung und Stellenwert von Design wird weiterhin vehement geführt und an den einzelnen Hochschulen je nach Philosophie und Leitung in verschiedene Richtungen ausgelegt. 31 BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, 156-161. Ebenda. 33 Ebenda. 34 Vgl. Ebenda. 35 Ebenda. 36 Vgl. Ebenda. 32 23 2.1.2 Designausbildung in der Diskussion Globalisierung und Internationalisierung beeinflussen die Modernisierungsdebatte um die deutschen Hochschulen. In rezessiven Zeiten muss die Politik die Brücke zwischen Sparhaushalt und Innovationsförderung schlagen. Der internationale Wettbewerb zwingt den Staat dazu, bildungspolitisch neue Ressourcen zu bilden, um Innovationen und neue Ideen aus diesem Bereich für Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen. Dies kann nicht mit kurzfristigen Maßnahmen erreicht werden. Erst eine umfassende Auseinandersetzung mit den Anforderungen einer kosmopoliten Ordnung, nicht nur wirtschaftspolitisch, sondern auch unter Einbeziehung sozialer und gesellschaftlicher Umstrukturierungen, bringt nachhaltige Konzepte für die Zukunft von Bildung und Forschung hervor. Thomas Rurik und Harald Setzer von der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd sehen die Gestalter in der Zukunft in einer wichtigen Rolle als „Motor der Modernisierung von Gesellschaften.[...] Ihre verantwortungsvolle Aufgabe liegt in der kulturellen Organisation und Orientierung des Alltags.“37 Für die Ausbildung bedeutet dies unter anderem, den zukünftigen Anforderungen an die Gestalter Rechnung zu tragen, die durch den strukturellen Wandel und Paradigmenwechsel bestimmt sein werden. Rurik und Setzer halten unter anderem eine Internationalisierung der Studiengänge für unerlässlich: „vor allem Fremdsprachenkompetenz, Kompatibilität der Zertifizierungen, Synchronisation der Curricula, Leistungspunktesysteme usw. - legt eine modularen Aufbau des Studiums nahe.“38 (Siehe hierzu auch Kapitel 2.1.4 'Der Bologna-Prozess'). Michael Erlhoff geht in seinen 'Sieben Thesen zum Studium von Design' wesentlich weiter: Er kritisiert die Erhöhung der visuellen Bildwelten in unserer bürgerlichen Gesellschaft, der das Design seinen Aufstieg zu verdanken hat. „ [U]nd ist [...] damit in die Falle getappt, unter dem Aspekt blinden Gehorsams jeglichen Mist zum Glänzen zu bringen [...]. So frönt man hier der Bildungssucht nach Ersichtlichkeit und jubelt in glamourösen Schauen selbst noch in jenen Ausbildungsstätten, denen man lediglich als Orten von Einbildung ansichtig wird, aufbewahrt in bunten Vitrinen.“39 Die Schaffung von fachspezifischen wissenschaftlichen Disziplinen, ursprünglich im19. Jahrhundert durch merkantile und kapitale Interessen entstanden, verdrängte den Gedanken einer universalen Ausbildung zugunsten einer Ausbildungsstruktur, die einem „Supermarkt von Einzelteilen“40 entspricht. Erlhoff bezeichnet das Design, das sich um die Jahrhundertwende etablierte, als „per definitionem völlig undisziplinierbare und undisziplinierte Disziplin [...], die wesentlich auf Vermittlung und Verknüpfung implizierte und anstrebte, [...] die den Zusammenhang von Erfahrung und Öffentlichkeit oder von Impression und Kompetenz und von Hand und Kopf neu zu verlebendigen suchte.“41 37 RURIK, THOMAS/SETZER, HARALD, Design im Kontext internationaler Hochschulentwicklung, (i.f.z.: RURIK, THOMAS/SETZER, HARALD, Design im Kontext internationaler Hochschulentwicklung), in: formdiskurs, 5, II, 1998, 12. 38 RURIK, THOMAS/SETZER, HARALD, Design im Kontext internationaler Hochschulentwicklung,14. 39 ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design, (i.f.z.: ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design), in: formdiskurs, 5, II, 1998, 26. 40 Ebenda. 41 ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design, 28. 24 Trotz dieser Kernkompetenzen entwickle sich das Design in eine „kunstgewerbliche Spießigkeit von Idyllen [...], oder es plumpste bar jeglichen Selbstbewusstseins mitten hinein in die kapitale Zwangslage, nur das sei lebensfähig im Rahmen ökonomisch-akademischer Evolution, was präzise definierbar und definiert sei.“42 Erlhoff bedauert diese Entwicklung, zumal damit ein entscheidender Wesenszug des Designs verloren gehe, „nämlich Eigenschaften der Vernetzung und Vermittlung, der Koordination und Kooperation, der Qualität sogar eines genialischen Dilettantismus.“43 Er geht sogar soweit, die Eigenständigkeit des Designstudiums in Frage zu stellen, zugunsten einer Integration von Design per se in jede Fachdisziplin. „Design ist eine Grundtätigkeit mit kapillaren Verästelungen in alle menschlichen Tätigkeiten, so dass kein Beruf das Monopol auf Design beanspruchen kann.“44 Damit folgt er der These Bonsiepes: „Design ist eine Domäne, die sich in jedem Bereich menschlicher Kenntnis und Praxis manifestieren kann.“45 Erlhoff plädiert wie Bonsiepe für eine Herauslösung des Designs aus den eng gesteckten Entwurfsdisziplinen zugunsten eines offen integrierenden Studiums. Er verlangt die Akzeptanz von nicht linearen Ausbildungswegen und Biografien, die sich durch ihre Einsichten in verschiedenste Bereiche auszeichnen. Vehement spricht er sich gegen die 'Grundlagen' im Designstudium aus, die „Behauptung von Grundlagen taugt zumal im Design lediglich zur Sicherung eines Status Quo, ignoriert die Veränderung von Arbeit und Studium, verödet alles, verbarrikadiert sich im Geborgenen und missversteht Ausbildung als gezielte Domestizierung der Auszubildenden.“46 Design bietet in seinen Augen die Möglichkeit neuen wissenschaftlichen Arbeitens als integrierendes, verknüpfendes Element ohne starre Regeln. Dazu ist es notwendig eine „Qualität von Designforschung zu erarbeiten“47 und jedem Designstudierenden eine „professionelle Promotion“ zu ermöglichen, mit dem Ziel Wissen zu schaffen. „Ausbildung ist nur dann erfolgreich, wenn an deren Ende die Ausgebildeten klüger, praktischer und erfolgreicher werden, als die Ausbildenden.“48 Die Meinungen über die Inhalte der Designausbildung werden kontrovers diskutiert, was in Zeiten des Wandels auch notwendig ist. Inwieweit sollen altbewährte Strukturen und Inhalte beibehalten werden? Sind nicht die historischen Wurzeln wichtig zur Identifikation mit der eigenen Kultur? Welche Lehrinhalte sind überholt und hemmen geradezu die Entwicklungsdynamik in der Ausbildung? Welche neuen Aspekte müssen hinzukommen, um international zu bestehen? Im Rahmen meiner Ausführungen werde ich in Bezug zur täglichen Arbeitspraxis von Designern und Unternehmen, in der Art der Zusammenarbeit der einzelnen Disziplinen und mit Berücksichtigung globaler Strukturen nach Antworten suchen. Um einen aktuellen Stand der Lehrinhalte deutscher Designhochschulen zu erhalten habe ich die Lehrangebote zusammengefasst und analysiert. 42 Ebenda. Ebenda. 44 BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, 25-26. 45 Ebenda. 46 ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design, 32. 47 ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design, 36. 48 ERLHOFF, MICHAEL, Letzte Lockerung. Sieben Thesen zum Studium von Design, 38. 43 25 2.1.3 Lehrangebot an deutschen Designhochschulen Die Bezeichnungen der Studiengänge sind alphabetisch geordnet und den Veröffentlichungen der Hochschulen entnommen. Sie beziehen sich alle auf das Fachgebiet, das ich im Folgenden als Industrial und/oder Produkt Design bezeichne. Die Studiengänge, die mit * gekennzeichnet sind, sind in technischen Fachbereichen wie Maschinenbau angesiedelt oder behandeln Design als Teilaspekt in der Produktentwicklung. Studiengänge Design Universität Universität Industrial Design Produkt-Design Technisches Design* Design und Fertigung* Abschluss Universität Duisburg-Essen Diplom Bergische Universität Wuppertal Diplom Universität der Künste Berlin Diplom Universität Kassel Diplom Bauhaus-Universität Weimar Diplom Technische Universität Dresden Diplom Universität Stuttgart Diplom Technische Universität Kaiserslautern Master Studiengänge Design Kunsthochschule Kunsthochschule Abschluss Architektur und Design Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Diplom Design/Integral Studies Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Master Industrial Design Hochschule für Bildende Künste Braunschweig Diplom Hochschule für bildende Künste Hamburg Diplom Industriedesign Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle Bachelor Intergriertes Design Hochschule für Künste Bremen Diplom Produkt-Design Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Diplom Produktdesign Kunsthochschule Berlin-Weißensee Hochschule für Gestaltung Diplom Hochschule für bildende Künste Hamburg Diplom Hochschule der Bildenden Künste Saar Diplom Staatliche Akademie der Bildenden Künste Produktdesign/Produktgestaltung/Industrie Design Stuttgart Produktgestaltung Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main 26 Diplom Diplom Studiengänge Design Fachhochschule / University of Applied Sciences Fachhochschule Abschluss Hochschule Anhalt (FH) Hochschule für angewandte Wissenschaften Bachelor Fachhochschule Köln, University of Applied Sciences Cologne Diplom (FH) Fachhochschule München - Munich University of Applied Sciences Bachelor Fachhochschule Münster Diplom (FH) Hochschule Wismar, University of Technology, Business and Design Diplom (FH) European Studies in Design Fachhochschule Köln University of Applied Sciences Cologne Bachelor/Master Gestaltung Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen Bachelor Industrial Design Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), University of Applied Sciences Bachelor Design Design* Hochschule Pforzheim Gestaltung, Technik und Recht Bachelor Industrie-Design Muthesius Kunsthochschule Bachelor Industriedesign Fachhochschule Darmstadt, University of Applied Sciences Diplom (FH) Integriertes Produktdesign Fachhochschule Coburg Hochschule für Technik, Diplom (FH) Wirtschaft, Sozialwesen und Gestaltung Integrated Design Hochschule Anhalt (FH) Hochschule für angewandte Wissenschaften Master Produkt-Design Fachhochschule Hannover (FHH), University of Applied Sciences and Arts Bachelor Produktdesign Fachhochschule Potsdam, University of Applied Sciences Bachelor / Master Fachhochschule Potsdam, University of Applied Sciences Diplom (FH) Fachhochschule Aachen Bachelor Produktgestaltung Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) Diplom (FH) Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd Bachelor Material und Produktdesign* Fachhochschule Frankfurt am Main - University of Applied Sciences Bachelor of Engineering Maschinenbau und Design* Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshafen Bachelor of Engineering Produktentwicklung und Produktion* Fachhochschule Düsseldorf Bachelor Sustainable Design* Hochschule Magdeburg-Stendal, University of Applied Sciences Master Abb.4: Lehrangebot an deutschen Designschulen49 49 Vgl. STUDIEN‐& BERUFSWAHL, www.studienwahl.de, Studiengang, Stichwortsuche 'Design', online im Internet: URL: http://www.studienwahl.de/index.aspx, [Stand 28.06.2006]. 27 2.1.4 Der Bologna-Prozess Der Aufstellung zu entnehmen ist die Unterteilung der Hochschulen in die Sparte der Universitäten, Kunsthochschulen und Akademien und in den Bereich der Fachhochschulen. Die Unterschiede zwischen Fachhochschulen und Universitäten werden kleiner, vor allem durch das vermehrte Angebot der Fachhochschulen von Master-Abschlüssen in dreisemestrigen Aufbauprogrammen. Auf Basis eines international anerkannten 'Master-of-Science-Abschlusses', kann der Doktortitel über eine Promotion an einer klassischen Universität angestrebt werden. Die Tabelle (Abb.4) zeigt, dass einige Hochschulen mehrfach aufgeführt sind. Dies ist auf das Parallelangebot an Diplom-, Bachelor- und Masterstudiengängen zurückzuführen. Im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses Mitte der neunziger Jahre wurden in Europa die hochschulpolitischen Weichen dafür gestellt, dass Studienstrukturen und Abschlüsse international verglichen werden können. Die Reformen beziehen sich vor allem auf die Einführung der Studienstufen 'Undergraduate' (Bachelor) und 'Graduate' (Master) in Verbindung mit Leistungspunkten zur Bewertung. „Die Studienstrukturreform richtet sich im Kern auf die Vergleichbarkeit der Studiengänge bezüglich ihrer Abschlüsse und Studiendauern. Studiengänge in Europa sollen dergestalt strukturiert werden, dass sie nach drei bis vier Jahren Regelstudiendauer mit einem ersten Ab schluss (entsprechend dem Bachelor) und nach ein bis zwei Jahren Regelstudiendauer mit einem zweiten Abschluss (entsprechend dem Master) schließen. Die Einführung von Stufen wird insbesondere mit der besseren Vergleichbarkeit der Studiengänge im internationalen Kontext begründet.“50 Abb.5: 'Mögliche Studienwege'51 50 SCHWARZ‐HAHN, STEFANIE/REHBURG, MEIKE, Bachelor und Master in Deutschland. Empirische Befunde zur Studienstrukturreform, (i.f.z.: SCHWARZ‐HAHN, STEFANIE/REHBURG, MEIKE, Bachelor und Master in Deutschland. Empirische Befunde zur Studienstrukturreform), Hsg.: Wissenschaftliches Zentrum für Berufs- und Hochschulforschung, Universität Kassel 2003, online im Internet: URL: http://www.bmbf.de/pub/bachelor_und_master_in_deutschland.pdf, [Stand 28.06.2006]. 51 Vgl. NETZWERK, WEGE INS STUDIUM, Bachelor und Master. Neue Studienabschlüsse an deutschen Hochschulen, Hg.: Hochschulrektorenkonferenz (HRK), online im Internet: URL: http://www.wege-ins-studium.de/studienstruktur.html, [Stand 28.06.2006]. 28 Leistungspunkte sollen die Studienstrukturen übersichtlicher und planbarer machen. Weitere Reformmaßnahmen, wie die Qualitätssicherung der Ausbildung in europäischer Zusammenarbeit und Förderung europäischer Netzwerke bzgl. Curriculumentwicklung, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen sowie integrierte Studien-, Ausbildungs-, Forschungsund Mobilitätsprogramme werden eingeleitet. Die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes von 1998 hat rechtlich die Möglichkeit zur Einführung von Studiengängen mit neuen, international kompatiblen Abschlussgraden und Leistungspunktsystemen eröffnet . Das bedeutet, dass “[...] den Akteuren auf Hochschulebene ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit bezüglich der Ausgestaltung der neuen Studiengänge eingeräumt worden ist, die Qualitätssicherung der neuen Studiengänge (u.a. durch Akkreditierung) einen hohen Stellenwert erhalten hat und als 'lernendes System' die Studienstrukturreformen prozessorientiert begleiten soll.“52 Die Einführung von internationalen Abschlüssen fallen also insofern ins Gewicht, da sie möglicherweise merkbare Auswirkungen auf die Formulierung der Studienziele, -methoden und -inhalte der einzelnen Hochschulen haben. Momentan überwiegen bei den Universitäten noch die Diplomabschlüsse, die Fachhochschulen sind schneller mit der Umsetzung der Reform. Dies erkennt man neben den häufig auftretenden Bachelor- und Masterstudiengängen auch an der Umbenennung der Bezeichnung 'Fachhochschule' zu 'Hochschule' oder 'University of Applied Sciences'. Die Unterschiede in der Methodik und Lehre von Universitäten und Fachhochschulen sind historisch gewachsen. Grundsätzlich wird an Universitäten mehr geforscht, als an Fachhochschulen, die in dem Ruf stehen, praxisorientierter zu arbeiten. 2.1.5 Ziele und Methoden der Designausbildung an deutschen Designschulen Die Hauptintension deutscher Designausbildung an den Hochschulen ist nach wie vor die Gestaltung von Produkten und Produktsystemen in Reflexion und Reaktion auf gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen. Nicht 'l'art pour l'art', sondern der dienende Bezug zu unserer Umwelt ist ein Leitmotiv an der Universität Duisburg-Essen, die eine sehr klar strukturierte und wissenschaftlich orientierte Designausbildung anbietet. „Industrial Design heißt für uns, Technik durch Gestaltung sinnvoll in soziokulturelle Zusammenhänge einzubetten. Es gilt, die Form- und Gebrauchsqualitäten der Objekte neu zu definieren und dabei den Menschen als soziales Wesen mit individuellen Bedürfnissen verantwortungsvoll einzubeziehen. Hierzu ist eine genaue Analyse aller am Gestaltungsprozess beteiligten Faktoren nötig, aus der sich das Design als Synthese von ökologischen, technologischen, wirtschaftlich, sozialen und ästhetischen Aspekten entwickelt.“53 Wissenschaftliches, künstlerisches und technisches Arbeiten wird gerade an den Universitäten eng miteinander verknüpft, und es bestehen auf Basis des breiten Studienangebotes vielerlei Möglichkeiten, Erkenntnisse und Problemstellungen theoretischer Art zu vertiefen. Großen Wert wird hierbei auf eine interdisziplinäre und teamorientierte Arbeitsweise gelegt, Grundlage auch für einen generalistischen, integrativen Ansatz der Designausbildung. 52 SCHWARZ‐HAHN, STEFANIE/REHBURG, MEIKE, Bachelor und Master in Deutschland. Empirische Befunde zur Studienstrukturreform. 53 UNIVERSITÄT DUISBURG‐ESSEN, Industrial Design.Tradition, online im Internet: URL: http://www.uni-duisburg-essen.de/home/fb/fb4/id/studium/ziele/de_index.shtml, [Stand 30.06.2006]. 29 “Die Entwurfsaufgaben der ersten beiden Semester sind nicht disziplinär angelegt, ab dem dritten Semester können die Studierenden selbst entscheiden, aus welchen Lehrbereichen sie ihre Entwurfsprojekte wählen. Zur Auswahl stehen: Industriedesign, Ausbau- und Möbeldesign, Design textiler Produkte, Systemdesign[....]Dass diese vier Lehrbereiche innerhalb eines Studiengangs zusammengehalten werden, ist eine Spezialität der Produkt-Design Ausbildung in Kassel.“54 Auch „das Bildungskonzept der HBKsaar ist projektorientiert, das heißt es beruht auf dem Prinzip des Zusammenführens unterschiedlicher Disziplinen und Kompetenzen. So werden permanent neue, grenzüberschreitende Lehr- bzw. Studienprojekte entwickelt.“55 In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist der Trend zu einer individuellen Ausbildung, einige Hochschulen werben mit der Förderung eines 'individuellen Kompetenzprofils' der Studierenden. Das heißt, „dass jeder der Studierenden mit einer ganz eigenen Vorbildung und Interessenlage das Studium beginnt. Mit dem Wissen und den Erkenntnissen, die sie sich im Laufe des Studiums aneignen, bilden sie ihre persönlichen Kompetenzprofile aus.“56 Dieser Trend zum individuellen 'samplen' von Ausbildungssegmenten verschiedener Fachrichtungen in der Designausbildung folgt dem gesellschaftlichen Megatrend der Individualisierung, dem Bedürfnis nach eigener Identität. So sehen auch die Lehrenden an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig die „Entwicklung der Designstudierenden zu kreativen, eigenständigen Persönlichkeiten, die sich kritisch und ganzheitlich mit den Funktionen des Designs in unserer Gesellschaft auseinander setzen“57, als Voraussetzung Problemlösungen zu finden. Design als einen Lösungsansatz zur Bewältigung heutiger und zukünftiger Lebenssituationen zu sehen, als Vorbildfunktion und Eingriff in die Umwelt, impliziert die Bewältigung komplexer Gestaltungsprobleme, das Begreifen ganzheitlicher Zusammenhänge, eine übergreifende Gestaltung der Umwelt. Schon die Hochschule für Gestaltung Ulm definierte sich über das Schlagwort der 'Umweltgestaltung': „Auch die Hochschule für Gestaltung Ulm richtete sich auf 'environmental design' aus. [...] Der Schritt von einer Utopie der normativen Lebensveränderung zu einer wissenschaftlich gegründeten Technologie eines Lebensentwurfs, der sich als perfekte Einpassung von Modellierungsmechanismen in eine systemtheoretisch kompatible Laufumgebung verstand. [...]Nicht mehr um eine interventionistische Politik eines extensional, eines entgrenzenden Kunstbegriffs ging es, sondern um die intensive wie intensionale Nutzung progredienter Technologien zur pragmatischen Verbesserung des Lebens.“58 Wir begreifen unsere Umwelt heute als ein System, das neben der wissenschaftlichen Dimension mit vielen komplexen Wirkungsweisen und Prozessen operiert. Der rein wissenschaftlich systematische Ansatz, der zeitweise an der HfG Ulm gelehrt wurde, wird dieser Umwelt nicht gerecht. Neben wissenschaftlichen Methoden werden längst die 'soft skills' gefördert, wie zum Beispiel Empathie, Menschenkenntnis, Kreativität, Teamfähigkeit, Integrationsbereitschaft und Kommunikationsverhalten. 54 KUNSTHOCHSCHULE KASSEL, Studiengänge/Produktdesign, (i.f.z.: KUNSTHOCHSCHULE KASSEL Studiengänge/Produktdesign), online im Internet: URL: http://www.kunsthochschule-kassel.de/uebersicht/?&fb=pd, [Stand 30.06.2006]. 55 HOCHSCHULE DER BILDENDEN KÜNSTE SAAR, Studium, online im Internet: URL: http://134.96.77.91/studium.html, [Stand 30.06.2006]. 56 KUNSTHOCHSCHULE KASSEL, Studiengänge/Produktdesign. 57 HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE BRAUNSCHWEIG, Studium, online im Internet: URL: http://www.hbk-bs.de/home/ID_Studium.html, [Stand 28.06.2006]. 58 RECK, HANS ULRICH, DR., Von der geschmeidigen Regellosigkeit der Regeln, 89. 30 Gerade diese Fähigkeiten ermöglichen es uns, Daten und Fakten zu bewerten und unter gesellschaftlich normativen Gesichtspunkten einzuordnen. Dass der Einsatz neuester Technologien ein absolutes 'must' an den Hochschulen ist, begründet sich nicht nur aus einer globalen wirtschaftlichen Konkurrenzsituation, sondern auch aus der revolutionären Ausweitung an Möglichkeiten, Prozesse zu beschleunigen und zu verändern. So hat die Verbreitung von CAD (Computer Aided Design)-Systemen im Industriedesign zu einer Revolution und Umstrukturierung von Arbeitsabläufen geführt. Ohne den Einsatz von CAD und modernen Kommunikationsmitteln wäre das moderne Berufsbild des Industriedesigners nicht mehr vorstellbar. „Die Tätigkeitsfelder der Produktgestaltung befinden sich in einem konstanten Wandel. Der klassische Bereich des Entwerfens von Produkten und Objekten hat sich durch Digitalisierung weitreichend verändert. Die dabei zu bewältigenden Prozessketten vom Entwurf über die Konstruktion, das Prototyping, die Produktion bis hin zur Distribution sind ohne Computerunterstützung (CAD/CAMTechnologien) nicht mehr vorstellbar.“ (HfG Offenbach)59 Das Berufsfeld der Designer wird von einigen Hochschulen als flexibel, ohne starre Grenzen beschrieben, was wiederum für eine breitgefächerte Ausbildung spricht. Dies erfordert zudem eine große Fähigkeit zur Kommunikation, das Vermögen, sich einerseits über die Produktsprache auszudrücken und andererseits mit den am Arbeitsprozess Beteiligten zu kommunizieren. Gerade die Berührung mit den unterschiedlichsten Disziplinen in der Konzeption, Gestaltung und Umsetzung eines Designprojektes erfordert flexible Denkstrukturen, Anpassungsfähigkeit, Kommunikationsbereitschaft und ein interdisziplinäres, prozessorientiertes Arbeiten. Die Hochschule für Künste Bremen „verfolgt [...] methodisch und inhaltlich ein spezielles Modell, das einerseits eine breit angelegte Grundlagenkompetenz der Gestaltung vermittelt und andererseits zu einer individuellen Schwerpunktbildung anregt. Nicht die Trennung der Teildisziplinen des Design, sondern das Zusammenführen und die Interdisziplinarität ist das Motto des integrierten Studiums. [...]Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen an die gestaltete Umwelt. Ziel einer derart ausgerichteten Studienprogramms sind nicht die Objekte, sondern das Verhältnis, das sich zwischen Subjekt (Nutzer, Betrachter, Entscheider, Anwender) und Objekt herstellen lässt. Verantwortliche Designer mit Fähigkeiten zur Lösung heutiger und zukünftiger Gestaltungsprobleme sind das Ausbildungsziel des Studiengangs Integriertes Design.“60 Die Technische Universität Dresden grenzt sich bewusst und grundsätzlich von einer beliebigen Vorstellung des Berufsbildes 'Designer' ab: „Wir sehen in der Fähigkeit zur Gestaltung ein wertvolles Vermögen. Wertvoll heißt: es ist selten, es ist begehrt, in ihm steckt Arbeit, es beruht auf Grundsätzen. In Zeiten, in denen sich jeder ein Designer nennen darf, hängen wir die Trauben eben etwas höher.“61 Die Fachhochschulen bemühen sich insbesondere um ein eigenes Ausbildungsprofil, das dem modernen Berufsleben Rechnung trägt. Am häufigsten erwähnt wurde eine interdisziplinäre, 59 HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG OFFENBACH, Studium, online im Internet: URL: http://www.hfg-offenbach.de/w3.php?nodeId=184, [Stand 30.06.2006]. 60 HOCHSCHULE FÜR KÜNSTE BREMEN, Integriertes Design, online im Internet: URL: http://www.hfk-bremen.de/ [Stand 03.07.2006]. 61 HOCHSCHULE FÜR TECHNIK UND WIRTSCHAFT DRESDEN, online im Internet: URL: http://www.htw-dresden.de/~gwww/dremo/dremo.html, [Stand 03.07.2006]. 31 team- und projektorientierte Arbeitsweise im Rahmen einer integrativen Designausbildung, die in Bezug zu gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen steht. Die Fachhochschulen brechen viel häufiger mit dem System des klar abgegrenzten Grundlagenstudiums der Universitäten, so beschreibt die Fachhochschule Köln ihr Vorgehen: „Aufheben der Grundlehre oder des Grundkurses. Aufheben der Trennung von Studierender verschiedener Studienjahre. Die Studierenden arbeiten vom ersten Semester an in projektorientierten Teams. Die Studierenden schreiben sich zu Beginn des Semesters in Projekte ein, unabhängig davon, in welchem Studienjahr sie sich befinden. Projekt- und teamorientiertes Studium. Es handelt sich also nicht um einen Spezialistenstudiengang, sondern um ein die bestehenden Ausbildungsprogramme flankierendes Ausbildungskonzept.“62 So liegt das Hauptanliegen nicht mehr nur bei der Gestaltung von Produkten und Produktsystemen, sondern bezieht sich mehr auf konkrete Themenkomplexe und deren Gestaltungserfordernissen. Ob zum Schluss ein Produkt, ein Prozess oder eine Dienstleistung herauskommt ist sekundär. Design wird hier als Lösungsansatz menschlicher Probleme und Bedürfnisse gesehen. Überschneidungen der dinglichen und virtuellen Welt erfordern vernetzte Lösungswege, die die Zusammenführung unterschiedliche Designdisziplinen, die Kommunikationsfähigkeit und das Verständnis bezüglich der anderen am Gestaltungsprozess Beteiligten voraussetzen. „Virtuelle Entwicklungsprozesse – auch in Verbindung mit Objekt und Raum – immaterielle Produkte einer Wissens- und Kommunikationsgesellschaft, Information und Interaktion zwischen Menschen–lokal und global–sind komplexe, sich zunehmend vernetzende Arbeitsfelder in denen Absolventinnen und Absolventen unseres Fachbereichs ihre beruflichen Herausforderungen finden.“ (FH Münster)63 Dieser offene Lehransatz ermöglicht eine große Flexibilität im Angebot von Studienprojekten und der Zusammenarbeit mit verschiedensten Partnern aus Wirtschaft und Kultur. Grundsätzlich ist die Vielzahl an Bildungsangeboten der Hochschulen im Industrie-/ Produktdesignbereich für den Studienanwärter ein Feld, in dem er sich kaum alleine zurecht finden kann. Zudem vermittelt die Quantität des Angebots das Bild eines florierenden Berufsstandes. Im Allgemeinen wird der Überbegriff 'Design' kaum in seine Sparten definiert, und ein sehr verschwommenes Berufsbild trägt dazu bei, dass viele Studienanwärter keine genaue Vorstellung von den Tätigkeiten der Industriedesigner haben. Die Hochschulen spiegeln in ihrer Lehre verschiedene Auffassungen von Industrie- und Produktdesign wieder, und so muss sich der Interessent neben der Beurteilung des Fächerangebots ideologisch der einen oder anderen Vision von Design anschließen. Eine neutrale, übergeordnete Definition des Berufsbildes scheint nicht scharf konturiert zu existieren. So weiß der Studierende meist nicht, was 'hinten rauskommt'. Das Magazin FOCUS hat eine Rankingliste über Designhochschulen erstellt, die bei der Wahl der Ausbildungsstätte helfen soll: 62 FACHHOCHSCHULE KÖLN UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES, KISD. Diplomstudiengang, online im Internet: URL: http://kisd.de/diplomstudiengang.html [Stand 03.07.2006]. 63 FACHHOCHSCHULE MÜNSTER UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES, Über Uns, online im Internet: URL: http://www.fh-muenster.de/fb7/ueberuns/index.php?p=0, [Stand 30.06.2006]. 32 2.1.6 Ranking Produktdesign / Industrialdesign64 Uni Ort Endergebnis FH Schwäbisch Gmünd Spitzengruppe, 64 Punkte HS Pforzheim Spitzengruppe, 62 Punkte Akademie Stuttgart Spitzengruppe, 61 Punkte Uni Wuppertal Spitzengruppe, 57 Punkte HfG Karlsruhe Spitzengruppe, 55 Punkte Muthesius KHS Kiel Spitzengruppe, 54 Punkte HBK Braunschweig Spitzengruppe, 53 Punkte KHS Berlin Mittelgruppe HfK Bremen Mittelgruppe FH Coburg Mittelgruppe FH Darmstadt Mittelgruppe HS Anhalt Dessau Mittelgruppe Uni Essen Mittelgruppe Giebichenstein Halle Mittelgruppe HBK Hamburg Mittelgruppe KHS Kassel Mittelgruppe HfG Offenbach Mittelgruppe HS für T. u. W. Reutlingen Mittelgruppe HBK Saarbrücken Mittelgruppe Uni Weimar Mittelgruppe FH Aachen Schlussgruppe HS für T. u W. Dresden Schlussgruppe KS Wandsbek Hamburg Schlussgruppe FH Hannover Schlussgruppe HS Magdeburg Schlussgruppe FH Mainz Schlussgruppe FH Münster Schlussgruppe FH Potsdam Schlussgruppe Westsächsische HS Zwickau Schlussgruppe Abb.6: FOCUS Hochschulranking65 64 „Im Ranking dargestellt sind jene Ausbildungsstätten, die sich an der Umfrage beteiligt hatten. Zusätzlich in die Tabelle aufgenommen, aber nicht gewertet wurden Hochschulen mit besonders gutem Ruf, die jedoch nicht an der FOCUS-Umfrage teilnehmen wollten.“ LANGNER, MARC/MENZEL, STEFANIE, FOCUS Daten, Kreative Studiengänge, Das Recherchedesign, (i.f.z.: LANGNER, MARC/MENZEL, STEFANIE, FOCUS Daten, Kreative Studiengänge, Das Recherchedesign), Kreative Studiengänge Bildung FOCUS Online in Kooperation mit MSN, online im Internet: URL: http://focus.msn.de/bildung/bildung/kreativ, [Stand 04.07.2006]. 65 UNIVERSITÄT WUPPERTAL, Ranking, online im Internet: URL: http://www.fbf.uni-wuppertal.de/Studiengaenge/Industrial_Design/p_pics/Ranking%20Kreativ.pdf, [Stand 06.07.2006]. 33 Bewertungskriterien Bewertet wurden grundständige Studienangebote mit Bachelor-,Diplom- oder vergleichbarem Abschluss. Als kreativ wurden Studiengänge definiert, „wenn Studienbewerber vor Studienbeginn ihre künstlerische Befähigung nachweisen müssen. Dies kann beispielsweise durch eine Mappe, einen Eignungstest oder Gespräche mit Professoren erfolgen.“66 Eine Expertenrunde bestimmte vier zu untersuchende Cluster, die Fachrichtungen: 1. Kommunikation 2. Bewegte Medien 2. Produkt 3. Freie Kunst Unter 'Produkt' fielen die Bereiche Produktdesign, Automobildesign, Interface-Design, Modedesign und Textildesign. Folgende Kriterien wurden zur Bewertung angesetzt: 1. Reputation bei Lehrenden: Interviews mit Professoren, Bewertung der angebotenen Studiengänge. 2. Reputation in Agenturen: Schriftlichen Umfrage von Kreativ- und Personalverantwortlichen in „den größten und umsatzstärksten Medienagenturen“. 3. Eigenangaben der Ausbildungsstätten: Umfrageportal im Internet; Rektoren, Ansprechpartner in der Fachrichtungen; Fragebögen mit den Kriterien: Betreuungsrelation, Ausstattung, Wettbewerbe.67 Diese Art der Rankings und die Bewertungskriterien werden allerdings kontrovers diskutiert. Dagmar Kudszus stellt im design report 9/06 in ihrem Artikel 'Das Objektivitätsdrama' die Frage, ob sich die Designausbildung hinreichend mit der Art Punktesystem, das auch FOCUS seinem Ranking zugrunde gelegt hat, bewerten lässt. Sie bemängelt, dass in den Fragebögen „[...] lediglich Fragen zur Quantität gestellt [werden], nicht aber zu qualitativen oder atmosphärischen Gegebenheiten.“68 Diese Aspekte seien jedoch in den schöpferischen Studiengängen von großer Bedeutung, auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Förderung der 'Soft Skills' immer mehr an Bedeutung in der Ausbildung gewinnt. 66 LANGNER, MARC/MENZEL, STEFANIE, FOCUS Daten, Kreative Studiengänge, Das Recherchedesign. Vgl. LANGNER, MARC/MENZEL, STEFANIE, FOCUS Daten, Kreative Studiengänge, Das Recherchedesign. 68 KUDSZUS, DAGMAR, Das Objektivitätsdrama, in: design report 9/06. 67 34 2.1.7 Resumee: Deutsche Designausbildung Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Universitäten und Kunsthochschulen formal noch überwiegend an den klassischen Diplomstudiengängen festhalten. Die Fülle des Fächer- und Ausbildungsangebots, die forschungsorientierte und wissenschaftliche Herangehensweise im Bereich Design ist zeitlich und inhaltlich schwer in den wesentlich kürzeren Bachelor-Studiengängen unterzubringen. Den Fachhochschulen kommet das Bachelor-/ Mastersystem mehr entgegen, denn die Studieninhalte im Designbereich sind in der Regel praxisorientierter und weniger wissenschaftlich angelegt. Zudem erfahren sie durch die Einführung der Master-Studiengänge eine Aufwertung der Abschlüsse. Im Überblick hat sich der Gedanke der Internationalität in den Studiengängen und trotz vermehrter Bachelor-Angebote nicht wirklich explizit gezeigt. Auffallend in diesem Zusammenhang ist die FH Köln, mit Ihrem Angebot von Bachelor- und Masterstudiengängen zusätzlich zum Diplom-Studiengang Design: „Der europäische Bachelor / Master-Studiengang »European Studies in Design« bereitet junge Designerinnen und Designer auf neue Herausforderungen in einem europäischen Berufsmarkt vor. Er ermöglicht ihnen, sich vielseitig und flexibel in aktuelle Problemstellungen einzuarbeiten, unterschiedliche kulturelle Kontexte zu analysieren und zu verstehen sowie Herausforderungen in einem internationalen Rahmen zu lösen. Eben diese Qualifikationen und eine erweiterte sprachliche Kompetenz und interkulturelle Erfahrung werden den Absolventinnen und Absolventen des Europäischen Bachelor / Master-Studienganges 'MEDes' bessere Berufschancen in einem internationalen Markt ermöglichen.“69 Die Fachhochschulen stehen den Universitäten in der Vielfalt ihrer Fächerangebote nicht nach, allerdings liegt es an der historischen Ausrichtung der Fachhochschulen, dass Fächer, die aus den Bereichen der Naturwissenschaften und Technik, Human- und Sozialwissenschaften, Kulturwissenschaften und Kunst stammen, meistens auf die Designstudierenden in Hinblick auf eine praxisnahe Ausbildung zugeschnitten sind. Das bedeutet, dass spezielle Inhalte oft nur im Überblick gestreift werden und eine wissenschaftliche Vertiefung fehlt. So erklären sich auch die bisher meist kürzeren Studienzeiten der Fachhochschulabsolventen. An den Universitäten und Kunsthochschulen müssen sich die Studierenden in einem sehr breiten Angebot zurechtfinden, das sich meist aus verschiedenen Fachbereichen speist. Es ist so allerdings möglich, Wissensgebiete um ein Vielfaches zu erweitern und sich zu spezialisieren. Zum Beispiel auf den Gebieten der Designtheorie, der Ergonomie oder im technischen Design. Das große Angebot an Designhochschulen in Deutschland ermöglicht den Studierenden in jedem Fall ein Studium nach individuellen Vorlieben und Schwerpunkten, was die Wahl der Inhalte, der Methodik und des Standortes betrifft. Zu den eigenständigen Designfachbereichen kommen in jüngster Zeit immer mehr Angebote technischer und wirtschaftlicher Hochschulen hinzu. Hier wird Produktdesign als Teil der technischen Produktentwicklung, bzw. im Rahmen der Betriebswirtschaft in der gesamtheitlichen Produktentwicklung gesehen. 69 FACHHOCHSCHULE KÖLN UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES, KISD, online im Internet: URL: http://kisd.de/medes.html?&lang=en%5C#477 [Stand 03.07.2006]. 35 Die Fachhochschule Frankfurt bietet zum Beispiel mit dem Studiengang 'Material- und Produktdesign' interdisziplinäres Arbeiten in den Bereichen Materialwissenschaften, Produktdesign und Computersimulation an: „In einer Zeit schnellen Wandels werden von Unternehmen immer kürzere Entwicklungszeiten für innovative hochtechnologische Produkte bei optimalem Materialeinsatz gefordert. [...]Darum muss ein entsprechendes Studium vor allem grundlagenorientierte, universelle und gleichzeitig interdisziplinäre Kenntnisse vermitteln. Interdisziplinarität wird vor allem dadurch erreicht, dass im Rahmen der Produktgestaltung ingenieurwissenschaftliche Methoden wie Strukturmechanik und computergestützte Konstruktion (CAD, CAE etc.) mit denjenigen des (Industrial) Design aufs engste verzahnt werden.“70 Mit der „Kombination von Industriedesign und modernen Methoden der Produktentwicklung mit dem Maschinenbau“ wirbt die Fachhochschule Oldenburg / Ostfriesland / Wilhelmshaven als „eine Spezialisierung [...], die sehr selten an Hochschulen angeboten wird“71, für den Bachelor-Studiengang 'Maschinenbau und Design'. Die Technische Universität Dresden bietet im Fachbereich Maschinenbau die Fachrichtung 'Technisches Design' an und bildet somit 'Design-Ingenieure' aus, die „im Industrieunternehmen [...] die fächerübergreifende Vermittlung zwischen Konstruktion, Design, Arbeits- und Fertigungsvorbereitung, sowie Marketing [...] und den Gesamtentwurf technischer Produkte [...] übernehmen [sollen].“72 „Designingenieure“ werden in den Unternehmen unter anderem an der Schnittstelle Design und Konstruktion eingesetzt. Dies zeigt exemplarisch ein Jobangebot von MIELE: „In der Position als Assistent des Leiters unserer Design-Abteilung sind Sie die Schnittstelle zwischen den Bereichen Design und Konstruktion. Sie begleiten Design-Projekte in organisatorischer Hinsicht und sind Ansprechpartner für das Design-Team für die Beurteilung und Umsetzung der technischen Realisierbarkeit im Bereich Vorentwicklung. [...]Sie haben Ihr Ingenieur-Studium mit dem Schwerpunkt Maschinenbau und dem Aufbaustudium "Design" (Designingenieur) oder Ihr Design-Studium mit dem Aufbaustudium "Maschinenbau" (Ingenieurdesigner) bereits abgeschlossen. Darüber hinaus verfügen Sie über technologische Kenntnisse und haben Erfahrung auf dem Gebiet Projektmanagement gesammelt.[...]“73 Der Konkurrenzkampf unter den Hochschulen, die Produkt-/Industriedesign als eigenständige Ausbildung und /oder Teilaspekt eines technischen oder betriebswirtschaftlichen Studiums anbieten, wird zum einen durch die Angebotsvielfalt und zum anderen durch die zunehmende Vergleichbarkeit der Studienstrukturen und -abschlüssen durch den Bologna-Prozess härter. In Deutschland wird jedoch kaum über die Quantität, als überwiegend über die Qualität der Designhochschulen diskutiert. 70 FACHHOCHSCHULE FRANKFURT AM MAIN, Material- und Produktdesign, online im Internet: URL: http://www.fb2.fh-frankfurt.de/MAP/Downloads/MAP.pdf, [Stand 03.07.2006]. 71 FACHHOCHSCHULE OLDENBURG/OSTFRIESLAND/WILHELMSHAFEN, online im Internet: URL: http://www.fh-oow.de/studium/pdf_bm/sf/sf_b_maschinenbau_design_emd.pdf, [Stand 30.06.2006]. 72 TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN, Fakultät Maschinenwesen, Technisches Design, online im Internet: URL: http://www.tu-dresden.de/mw/studium/navi_index_studium.html, [Stand 03.07.2006]. 73 MIELE & CIE. KG, Stellenangebote von StepStone, online im Internet: URL: http://www.stepstone.de/offers/offer_detail.cfm?click=yes&id=440597, [Stand 18.09.2006]. 36 Im Rahmen der Trendstudie 'Design 2010, Wettbewerbsfaktor Design'74 der BBE Unternehmensberatung Köln zieht der Autor Frank A. Reinhardt im Zusammenhang mit der deutschen Designausbildung nach der Befragung von deutschen Unternehmen folgende Schlüsse: „Nachdenklich muss aber vor allem die Aussage zum Ausbildungsstand der Designer machen: Nur 9,6 Prozent der Unternehmensvertreter halten ihre Ausbildung für ausreichend. Die Analyse der Schwachpunkte der Designdienstleistungen zeigt die Integrationsfähigkeit in den Unternehmensprozess an erster Stelle. Doch solche Aufgaben – vor allem auf dem Feld konzeptioneller und marketingspezifischer Arbeit –sind nur mittelbar mit der eigentlichen Designleistung verbundene Funktionen, auf die der primär kreativ Geschulte nur im Ausnahmefall genügend vorbereitet sein kann. Damit dürfte die Forderung nach einem integrierten Designmanagement (als einem zusätzlichen, wirtschaftsorientierten Spezialisierungsbereich innerhalb oder außerhalb der Unternehmen) neben einer Modernisierung der Ausbildungsinhalte in Zukunft oberste Priorität haben.“75 Was bedeutet dies für die Designausbildung? Es gibt Stimmen, die neben den wirtschaftsorientierten Bereichen eine generell stärkere Integration der Wissenschaften in die Designausbildung fordern. Von den Designern wird verlangt, die rasanten technologischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen in ihrer Aktualität nachzuvollziehen und ihre Gestaltungsabsichten in reale, umsetzbare Projekte zu übersetzen. Dies spricht für betriebswirtschaftliche und technische Schwerpunkte in der Ausbildung. Neben den wissenschaftlichen, rationalen Komponenten umfasst der Gestaltungsprozess jedoch auch emotionale und künstlerische Komponenten, die den Moment erfassen, wenn eine Idee Gestalt gewinnt und kommuniziert wird. „In dem Begriff Gestaltung steckt der unübersetzbare Begriff der Gestalt. Damit ist immer beides gemeint: Emotionalität und Rationalität, Intuition und Deduktion, Kopf und Bauch. Gestalt ist ein integrativer Begriff und Gestaltung muss als integrierendes Vorgehen verstanden werden. Vom Designer zu verlangen, dass er die Komplexität der Welt auf ein handhabbares Maß reduziert, heißt, ihn völlig zu überfordern oder ihm eine gottgleiche Kompetenz zuzuweisen. Von der Rettung der Welt vor Komplexität war nie die Rede.“(Martin Scholz) 76 Design beschäftigt sich grundsätzlich mit Gestaltung, die von technischen, soziologischen, kulturellen und politischen Randbedingungen und Entwicklungen beeinflusst wird. Die Vermittlung von wissenschaftlichem Arbeiten ist eine wichtige Ausbildungsgrundlage, da in der Entwurfsarbeit methodisch-wissenschaftliches Arbeiten zum Beispiel im Rahmen der Recherche, der Dokumentation und in der technischen Umsetzung der Gestaltungsidee beinhaltet ist. „Aber zum Entwurf gehören auch die Phasen des Zweifels, der Unsicherheit und des Gefühls, dass die Lösung noch nicht gefunden wurde, verbunden mit dem ebenso deutlichen Gefühl, dass man eben nicht weiß, wie weiter vorzugehen ist. Wissenschaftliche Methoden helfen hier nicht weiter. Aber die Intuition lässt sich durchaus schulen.“77 Martin Scholz von der HBK Braunschweig plädiert an dieser Stelle für die Einbindung von Methoden und Vorgehensweisen, die in der Psychologie und Pädagogik längst etabliert sind. 74 REINHARDT, FRANK, A., Designtheorie: Eierlegende Wollmilchsau. Was erwartet der Unternehmer vom Designer?, (i.f.z.: REINHARDT, FRANK, A., Designtheorie: Eierlegende Wollmilchsau), in: design report, 6/2002, online im Internet: URL: http://www.design2010.de/Design2010_dt.pdf, [Stand 04.07.2006]. 75 REINHARDT, FRANK, A., Designtheorie: Eierlegende Wollmilchsau. 76 SCHOLZ, MARTIN, Kreation und Wissenschaft, (i.f.z.: SCHOLZ, MARTIN, Kreation und Wissenschaft), in: design report Heft 1/2004, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=153899&template_id=1487 [Stand 04.07.2006]. 77 Ebenda. 37 Er bezeichnet das Wissen um sich selbst, die persönlichen Fähigkeiten, das Arbeitsverhalten als grundlegende Voraussetzung für die kreative Arbeit. Einige Hochschulen versuchen mit dem Begriff des 'individuellen Kompetenzprofils' Studenten zu werben. Zu dieser Ausprägung der eigenen Persönlichkeit gehört die Fähigkeit, auf Unbekanntes zuzugehen, eine Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Lebensmodellen zu entwickeln. Neugierde und Toleranz sind Voraussetzungen, um auch in interkulturellen Zusammenhängen agieren zu können. 2.1.8 Internationaler Vergleich Gebiet Anzahl USA/Canada 222 (USA 200) Europa 208 (United Kingdom 32, Deutschland 32, Italien 23, Frankreich 19, Spanien 14, Holland 10, Rußland 10) Asien 171 (Südkorea 59, China 35, Japan 19) Latein Amerika 95 (Brasilien 23, Mexiko 18) Afrika 13 Abb.7: Anzahl der Designhochschulen im internationalen Vergleich78 Im internationalen Vergleich weist Deutschland eine sehr hohe Dichte an Designhochschulen auf und liegt als Teil Europas quantitativ knapp hinter USA/Canada. Asien liegt an dritter Stelle, was die Anzahl betrifft, vergleicht man jedoch die Größe der Gebiete, so ist die Dichte an Schulen wesentlich geringer. Auffällig bei diesem internationalen Vergleich ist Südkorea, das mit 59 Schulen heraussticht. Schon die HfG Ulm war eine internationale Schule, was die Besetzung der Lehrenden und der Studierenden angeht. Ihre Ausstrahlung war international, insofern Lehrer und Absolventen die Philosophie und Ideen der Ulmer Schule in die Welt hinaustrugen und an verschiedenen Orten lehrten. So findet sich in den Lehrplänen der internationalen Hochschulen, ob in Indien oder in den USA, ähnliche Lehrmethoden, basierend auf die gestalterische Grundlehre des Bauhaus und der wissenschaftlichen Arbeitsmethodik der HfG Ulm. Gui Bonsiepe, Absolvent der Hochschule für Gestaltung Ulm (Abt. Information), Designer, Autor und Dozent, beschäftigt sich mehrfach mit dem 'Ulmer Modell in der Peripherie'. 78 Vgl.INTERNATIONAL DIRECTORY OF DESIGN, Industrial & Product Design Colleges & Universities. online im Internet: URL: http://www.penrose-press.com/idd/search_db.php?REGION=NONE&ACTION=&SUBJECT= NONE&TYPE=school, [Stand 13.12.2005]. 38 Die gedanklichen Ansätze der HfG Ulm, insbesondere „die Tatsache, daß sie [die HfG Ulm] mit Leidenschaft versuchte, das Design zu einer begründbaren Tätigkeit zu machen“, waren für die Studenten aus Chile, Argentinien, Brasilien, Kuba und Mexiko wichtig, insbesondere unter der Fragestellung: „Was kann ein Designer in der Peripherie tun? [Und] wie kann er durch seine Tätigkeit kulturelle Identität prägen?“79 Das Thema kulturelle Identität hat heute, in einer zunehmend globalen Umgebung, an Wichtigkeit gewonnen. Die grundsätzliche Auseinandersetzung mit neuen Designauffassungen und kulturellen Eigenheiten ist zum Beispiel an der Temasek Design School in Singapur aus dem Fächerkatalog ersichtlich. Hier wird Design auch als Möglichkeit gesehen, Menschen emotional zu berühren und zu bereichern. Produkte sollten 'culturally wise' sein, sich also kulturellen Besonderheiten anpassen. Der Fächerkatalog besteht unter anderem aus Vorlesungen wie 'Cultural Anthropology' und 'National Education'80. Die Deutschen haben zu ihrer nationalen Identität immer noch ein zwiespältiges Verhältnis und scheuen deshalb wohl dererlei Lehrinhalte. Im Rahmen der Globalisierung wird es jedoch immer wichtiger, sich regional zu spezialisieren und typische nationale Werte und Besonderheiten hervorzuheben. Gleichzeitig ist die Öffnung nach außen wirtschaftlich überlebenswichtig. Die Estonian Academy of Arts zum Beispiel bereitet ihre Designstudenten explizit auf den europäischen Arbeitsmarkt vor. In Hinblick auf internationale Anforderungen sollten die Studierenden Auslandssemester und die Mitarbeit an internationalen Projekten vorweisen. „Shortterm special projects instructed by teachers from abroad broaden the mind as well as introduce the teaching methods of European design schools and provide additional experience for competing in the international labour market as a designer.“81 Noch sind viele der Universitäten in den peripheren Ländern, so auch in Asien, nicht in der Lage, umfassend eine Elite auszubilden, die fähig ist, eine moderne Industriekultur zu schaffen. Dennoch haben diese Länder erkannt, dass nur der Faktor Innovation die industrielle Dynamik hervorbringt, die sie zu 'Technologieerneuerern' und unabhängigen Produzenten macht. Und mit aller Kraft wird die fehlende didaktische Leistung ins Land geholt, zum Beispiel nach China. Ausbildung hat in China einen hohen Stellenwert und so wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Ausbildung an westliche Standards anzugleichen, „so liegt die Zahl der Hochschulabsolventen in China zurzeit bei 3 Millionen pro Jahr. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen bewegt sich die Rate zwar im niedrigen Promillebereich, die Dynamik der Entwicklung ist aber nicht zu unterschätzen. In China sind in den vergangenen Jahren über 500 Colleges entstanden; das heißt, die Zahl der Absolventen wird absolut und auch prozentual schnell weiterwachsen.“ (Jürgen Dormann)82 Obwohl die Pädagogik an die des 19.Jahrhunderts erinnert, mit Frontalunterricht und kritiklosem Lernen der Studierenden, spricht die wachsende Anzahl der Designhochschulen in der 79 BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, 146. Vgl. TEMASEK DESIGN SCHOOL, online im Internet: URL: http://www-des.tp.edu.sg/, [Stand 13.12.2005]. 81 ESTONIAN ACADEMY OF ARTS, Product Design, online im Internet: URL: http://www.artun.ee/index.php?lang=eng&main_id=358, [Stand 04.07.2006]. 82 DORMANN, JÜRGEN, Präsident des ABB-Verwaltungsrates, Die Ausbildung als Standortvorteil, in: Neue Zürcher Zeitung,, Zürich 10.Mai 2005, online im Internet: URL: http://www.nzz.ch/2005/05/10/ki/articleCQE72.html, [Stand 04.07.2006]. 80 39 Republik für sich. Noch müssen die Lehrer lernen, wie Professor Klaus Lehmann, ehemaliger Rektor der State Academy of Art and Design Stuttgart in seinem Vortrag anlässlich der Tagung 'China – Gefahr oder Chance' in Stuttgart83 berichtet. Er selbst ist seit 1985 in China als Lehrer an verschiedenen Designhochschulen tätig und bildet unter anderem chinesische Designdozenten aus. Noch seien chinesische Designer nicht in der Lage, für andere Märkte als Gestalter tätig zu sein, sie entwickelten sich jedoch – mit ausländischer Hilfe – enorm schnell. Klaus Lehmann antwortet in einem Interview auf die Frage, ob es sinnvoll sei, die (chinesische) Konkurrenz von morgen auszubilden: „Ja, wenn wir es nicht tun, andere Nationen stehen parat, die Chinesen holen sich know how, pädagogisches und didaktisches Wissen von wo sie es bekommen. Wenn wir uns hier engagieren, schaffen wir 'good will', Beziehungen, Freundschaften, professionelle Beziehungen. Wir haben in China großes Ansehen.“84 83 84 'China – Gefahr oder Chance'. Tagesworkshop des VDID am 14.Juni 2005 in Stuttgart. LEHMANN, KLAUS, in einem schriftlichen Interview zum Thema Designausbildung in China, 05.Juli 2005. 40 2.2 Arbeitsmarkt Gerade die Vielzahl der Designhochschulen in Deutschland hat eine Überschwemmung des Arbeitsmarktes mit Designern aller Fachrichtungen zur Folge. Ob Grafik-, Industrie- oder Screendesigner, alle suchen nach Abschluss ihrer Ausbildung eine Arbeitsstelle, zumeist im Inland oder im deutschsprachigen Ausland. Der Designer Rido Busse bringt die Brisanz des Themas in einem Interview im design report 2/05 auf den Punkt: das Problem bestehe darin, „dass wir zu viele Industriedesigner ausbilden – an die 400 pro Jahr. Tatsächlich werden nur rund 50 Leute gebraucht. Der Rest macht 'ne Kneipe auf.“85 Obwohl Industriedesign im Allgemeinen und speziell im Konsumgüterbereich gerade im globalen Wettbewerb ein wichtiger Faktor ist, haben Berufseinsteiger große Probleme, sich zu etablieren. Hier in Deutschland und Europa haben wir es de facto mit dem Exodus von Produktion ins Ausland zu tun. Dazu kommt die Entstehung von Megakonzernen, die international agieren und global strukturiert sind. Auf dem Sektor mittelständischer produzierender Unternehmen erleben wir eine Pleitewelle in besorgniserregendem Ausmaß, bzw die Vereinnahmung kleinerer Firmen durch Großkonzerne. Dadurch, dass die kleinen bis mittleren Unternehmensstrukturen dezimiert werden, fallen Arbeitsplätze im angegliederten Dienstleistungsbereich weg. Industriedesigner sind davon besonders betroffen. Sie haben in ihrer Ausbildung gelernt, in enger Zusammenarbeit mit Marketing, Produktion und Vertrieb Produkte zu entwickeln. Diese Plattform wird ihnen jedoch mit der Abnahme des produzierenden Gewerbes entzogen. Stellenangebote für Nachwuchsdesigner sind national rar gesät, und international ist die Konkurrenz groß. Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) hat schon 1997 in seinem 'Statusbericht Design und Innovation' konstatiert, dass die Nachfrage nach Design, obwohl zunehmend als Innovationsfaktor erkannt, nicht steigt. „Von Designbüros wird berichtet, daß Designer oft erst nach dem Abschluß der technischen Produktentwicklung zur 'Verschönerung' hinzugezogen werden. Unternehmen scheuen die Kosten, die durchgängiges professionelles Design erfordert.“ Von einem sehr begrenzten Arbeitsmarkt ist die Rede. Schon 1997 kommen auf jährlich etwa 2000 Design-Hochschulabsolventen nur etwa 150 bis 300 offene Stellen.86 Diese Stellen setzen sich aus Angeboten aus der Industrie, bzw. aus mittleren bis größeren Designbüros zusammen. Wobei Designbüros in vielen Fällen Jobs intern vergeben, das heißt über Kontakte innerhalb der Designszene. 85 BUSSE, RIDO, Besuch bei..., in: design report, Heft2/2005, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=162879&template_id=3113, [Stand 06.07.2006]. 86 Vgl. KORTE, SABINE/MENGEL, STEFAN, Statusbericht Design und Innovation, Düsseldorf 1997 (ifz.:KORTE, SABINE/MENGEL, STEFAN, Statusbericht Design und Innovation.), online im Internet: URL: http://www.vdi.de/vdi/pdf/tz/publikation/design/sbdes.pdf, 39, [Stand 19.12.2005]. 41 Das Unimagazin hat in seiner Ausgabe 1/2003 anhand von stichprobenartigen Beispielen aufgezeigt, wie gering der tatsächliche Einstellungsbedarf von Industriedesignern ist: Unternehmen Einstellungsbedarf pro Jahr Fachrichtung Arbeitsbereich Spezialkennt- Einstellungskriterien nisse Miele & Cie. GmbH & Co. Industriedesign Design CAD CAD, PC-und Kreativität, soziale Kompetenz, Entwurfssicherheit Grafikrogramme 1 Noten, Praktika, soziale Kompetenz Vorwerk Elektrowerke GmbH u. Co. KG - Industriedesign Produktentwicklung Artec Design 1 bis 2 Industriedesign Industriedesign CAD BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH - Industriedesign Design / Produktentwicklung Interesse für Design-Kompetenz, technische Marketing und Grundkenntnisse, 3DVertrieb Vorstellungsvermögen, CAD, gutes Formgefühl ALNO AG - Produktdesign ProduktentIndustriedesign wicklung Möbeldesign Vielfalt, zeich- Soziale Kompetenz, Teamfänerische Fähig- higkeit,Vorkenntnisse,Offenkeiten heit Geistige Flexibilität,Teamfähigkeit, Selbstbewußtsein, Auftritt Abb.8: Einstellungsbedarf von Industriedesignern Stand 200387 Der geringe Einstellungsbedarf an Industriedesignern in Deutschland und das Hervorbringen zahlreicher Designabsolventen spiegelt sich tendenziell in der Arbeitslosenstatistik wieder: Die Entwicklung der arbeitslosen bildenden Künstler und Gestalter, die durch die Arbeitslosenstatistik erfasst werden, zeigen folgende Abbildungen: Abb.9: Die Entwicklung der arbeitslosen bildenden Künstler und Gestalter mit Hochschulabschluss (Universität)88 87 Vgl. UNIMAGAZIN, 1/2003, online im Internet: URL: http://www.unimagazin.de/200301/02.pdf [Stand 13.12.2005]. 88 ISA, Informationssytem Studienwahl und Arbeitsmarkt, Überblick Bildenden Kunst, Design/Arbeitsmarkt, online im Internet: URL:http://www.uni-essen.de/isa/fg_kunst/gestalt/gestalt_am_frm.htm [Stand 13.12.2005]. 42 Abb.10: Die Entwicklung der arbeitslosen bildenden Künstler und Gestalter mit Hochschulabschluss (FH)89 Bis 2002 blieben die Arbeitslosenzahlen der Erwerbstätigen mit Universitäts- oder gleichwertigem Abschluss konstant und lagen bei rund 2.000. Ab 2002 stiegen die Zahlen um rund 20 % gegenüber dem Vorjahr. Dieser negative Trend setzte sich in 2003 fort. „[...] Ein ähnliches Bild zeigen die Arbeitslosenzahlen der bildenden Künstler und Designer mit einem Fachhochschuldiplom, allerdings mit etwas stärkeren Schwankungen in den Jahren bis 2001 und einem wesentlich höheren Anstieg in 2002 (fast 50 % gegenüber dem Vorjahr). Auch in dieser Gruppe stiegen die Arbeitslosenzahlen in 2003 noch einmal kräftig an. Besonders davon betroffen sind Designer, die unmittelbarer von der konjunkturellen Lage der Unternehmen abhängen.“90 Die Zahl der Selbstständigen unter den Industriedesignern hat in den letzten Jahren konstant zugenommen, da immer weniger Firmen bereit sind, die Kosten für angestellte Designer zu übernehmen. Gerade im Designbereich findet sich ein unerschöpfliches Reservoir an neuen Selbständigen und 'Freelancern', „[...] die mit den Technologien der Zukunft vertraut und risikobereit sind, unbekannte Märkte zu erobern und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen, hier erscheint die Vision von der 'selbstbestimmten Eigenarbeit' besonders ausgeprägt, die sich auch bei Misserfolg auf Märkten nicht vom Ziel abbringen lässt und mit der traditionellen Erwerbsarbeit als 'Brotarbeit' nur im Notfall Kompromisse schließt, und hier finden sich auch viele niedrig bezahlte Dienstleistungen, die ohne zusätzliche Transferleistungen oder andere Einkommensquellen nicht zu einem akzeptablen Leben reichen.“91 Viele mittelständische Unternehmen spüren die Rezession deutlich, die Umsätze schwinden und somit die Bereitschaft und die Möglichkeit, zu investieren. Im VDI Statusbericht heißt es: „Unternehmen sind aus Kostengründen gegenwärtig offenbar wenig bereit, im Bereich Design Risiken einzugehen. Daher wird Design entweder nicht professionell ausgeführt oder mit schon etablierten Partnern weiterentwickelt und auf neue Produkte übertragen. Daher ist es für neu gegründete Designbüros nicht leicht, sich am Markt zu etablieren.“92 89 Ebenda. Ebenda. 91 HAAK, CARROLL/SCHMID, GÜNTHER, Arbeitsmärkte für Künstler und Publizisten –Modelle einer zukünftigen Arbeitswelt?, Hrsg.:Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, online im Internet: URL: http://skylla.wz-berlin.de/pdf/1999/p99-506.pdf, 2, [Stand 13.12.2005]. 92 KORTE, SABINE/MENGEL, STEFAN, Statusbericht Design und Innovation, 40. 90 43 Auch die Designstudierenden sorgen sich um ihre Zukunft: „Bei den Industriedesignern sieht es momentan auch nicht so rosig aus, von den letzten beiden Semestern die bei uns ( FH Darmstadt ) Diplom gemacht hatten, hatte danach nur einer eine feste Anstellung [...]. Momentan klagt aber die ganze Designbranche über Umsatzeinbussen und ausbleibende Aufträge, da ist es eigentlich egal was man macht.“93 Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der design report in seiner 12.Ausgabe 2005 mit dem Thema 'Chancen für junge Gestalter'94. Christian Schönwetter, Autor der Einleitung zu diesem Themenkomplex hat „[...] die Probe aufs Exempel gemacht – am 31.Oktober [2005] um 16.30 Uhr. Wie sieht der Arbeitsmarkt für junge Industriedesigner aus?“95 Er musste sich mit einer mageren Ausbeute zufrieden geben, über die Bundesagentur für Arbeit fand er kein Stellenangebot, über die Fachmedien wie design report und form vier Stellenangebote [Zeitraum über einen Monat]. Er rechnete zudem die ungefähre Zahl der Hochschulabsolventen im Bereich Industrie-, Produktdesign des letzten Jahres hoch und kam auf 751 potentielle Jobsuchende pro Jahr. Diese Diskrepanz in Angebot und Nachfrage nahm der design report zum Anlass, eine Diskussionsrunde96 zum Thema „[...] wie die Hochschulen auf die prekäre Situation am Arbeitsmarkt reagieren und welche Qualifikationen ein Absolvent heute unbedingt mitbringen sollte, [...]“97 einzuberufen. Der design report stellt ein Überangebot an Designabsolventen fest und konstatiert, dass die Stellenausschreibungen in den letzten Jahren um rund die Hälfte zurückgegangen sind. Es wird das Pardoxon zur Diskussion gestellt, dass dennoch der Berufsverband der Industriedesigner (VDID) angibt, „die Chancen für Designer seien eigentlich hervorragend.“98 Die Frage nach den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufslaufbahn eines Designers wird aufgeworfen. Zusammenfassung der Diskussionsbeiträge Nils Holger Moormann: Er sieht Designer als „Experten für Vielschichtiges“ und damit die Chance, „dass Designer noch überall unterkommen können“, beklagt aber, dass die Designabsolventen schlechte Markt- und Kulturkenntnisse hätten. Er sieht Kreativität nach wie vor als „das höchste Gut“. Christoph Böninger: Er definiert Design als Lösungssuche mit der Industrie weit über die Gestaltung von Produkten hinaus und plädiert für eine erweiterte Designausbildung in den Bereichen Soziologie, Kulturwissenschaften, Management und Marketing. Zukünftig sieht er die Designer als Prozessgestalter in einer globalen Unternehmensstruktur. Nur mit der Fähigkeit, Strukturen zu analysieren, „[...] werden sie am Ende des Tages auch wieder Produkte gestalten können, die nachhaltig sind.“ 93 PRECORE NET, Forum für Designstudenten, online im Internet: URL: http://www.precore.net/forum/viewtopic.php?t=581&sid=c9bb10e3d628bf2e9145fea64ee0c9e3, [Stand 21.12.2005]. 94 DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter, (i.f.z.: DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter.), Heft 12/2005, 18ff. 95 SCHÖNWETTER, CHRISTIAN, Einleitung, Chancen für junge Gestalter, in: design report, Heft 12/2005, 18. 96 Teilnehmer: Nils Holger Moormann (Produktion, Vertrieb Möbel), Carmen Greutmann (Designbüro in Zürich, Professur), Henrik Hornung (Studierender Produktdesign Uni Kassel), Christoph Böninger (Designafairs), Hansjerg Maier-Aichen (Produktgestalter, Gründer Authentics, Professur Hochschule für Gestaltung Karlsruhe), Christine Bachmann ( Studierende Produktgestaltung Hochschule für Gestaltung Offenbach). 97 DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter, 18. 98 DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter, 20. 44 Hansjerg Maier-Aichen: Ihm fehlt das Fundament in der Designausbildung, wozu er zum Beispiel Kunst und Architektur zählt. Er hält die Sprachkenntnisse der Absolventen (z.B. Englisch) nicht für ausreichend. Als künftige Herausforderung sieht Maier-Aichen den strukturellen Wandel der Unternehmen, die keine Unternehmerpersönlichkeiten mehr ausbildeten, sondern Manager, die mehr Kompetenzen (künstlerisch, naturwissenschaftlich) von den Desigern forderten. Und als weitere Herausforderung, die „Wiedereroberung“ des Massenproduktes, -marktes, die Aufgabe qualitativ hochwertige Massenware zu entwickeln: „Das ist die Chance der Designer in den nächsten 10 bis 20 Jahren. Dafür müssen wir die Studenten heute präparieren, [...]“. Carmen Greutmann: Sie fordert eine „breite“ Designausbildung, um gerade in kleineren Unternehmen eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen zu können.99 Insgesamt fordern die Diskussionsteilnehmer ein aktiveres Verhalten der Studierenden ein, das dem Gestaltungsprozess nicht nur Neugierde zu Grunde legt, sondern auch eine generelle Offenheit gegenüber der heimischen und anderen Kulturen. Auch die praxisbezogene Arbeit in der Industrie wird als wichtig erachtet. In dieser Diskussionsrunde wird allerdings das Thema der arbeitssuchenden Designer wenig beleuchtet. Genaue Angaben zu Zahlen und Fakten zu diesem Punkt erhält man weder vom VDID noch von der Arbeitsagentur. Diskutiert werden müssten nicht nur die qualitativen Veränderungen in der Ausbildung, sondern auch die Frage nach der Quantität. Wenn die erwähnten Schätzungen von Absolventen und Jobangeboten (751 zu ca. 50) nur annähernd stimmt, dann müsste gemäß dem Angebot- und Nachfrageprinzip die Designausbildung in ihrer Gesamtheit reformiert werden (Anzahl der Ausbildungsangebote, Regulierung der Aufnahmen, Absolventenzahlen, usw.). 99 Vgl. DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter, 20ff. 45 2.3 Arbeitsfelder Man kann von zwei Grundideologien im Industrie-/ Produktdesign ausgehen. Die in der Moderne verwurzelte Designstrategie, in demokratischer Weise ansprechende Güter für die Masse zu produzieren, setzte sich vor allem nach dem 2. Weltkrieg in Europa durch. Hier geht es in erster Linie darum, die Bedürfnisse der Menschen nach Dingen zu befriedigen. An erster Stelle steht hier der Besitz eines Produktes. Angeheizt durch Politik und Werbung konnte in der Nachkriegszeit der enorme Nachholbedarf an Gütern effizient befriedigt werden. Der 'run' auf dererlei Massengüter, die sich vor allem durch ihren niedrigen Preis auszeichnen, ist auch heute noch ungebrochen. Die Wachstumsraten von ALDI und IKEA sprechen für sich. Jede Bewerbung eines neuen Sortiments, bei ALDI sogar 2x jede Woche, löst einen Ansturm auf die Filialen aus. Dieses Konsumverhalten wird vermehrt angeregt, durch die Vielfalt an erschwinglichen Produkten, mit denen uns der asiatische Markt überschwemmt. „Demgegenüber steht jedoch die tief in der bürgerlichen Ethik verwurzelte Qualitätsmentalität, nach der hochwertige, gut gestaltete Produkte ein Leben lang halten sollen. Auf diese traditionelle Produktions- und Konsummoral stützt sich heute noch ein großer Teil der vorwiegend mittelständischen Industrie und Dienstleistungswirtschaft.“ (Frank A. Reinhardt)100 Beide Produktphilosophien, die der Billiganbieter und die der Markenartikler, stehen sich gegenüber, wobei auch hier die Grenzen verschwimmen. Der Kostenfaktor spielt die entscheidende Rolle. Es sind nicht die Designkosten, die die Produkte verteuern, es sind die bekannten Größen wie Produktionskosten und -auflagen, sowie die Lohnnebenkosten. Diejenigen mittelständischen Unternehmen, die mit Qualitätsprodukten am Markt sind, müssen sich zudem gegen billige Kopien wehren. Dabei profitieren die meist asiatischen Anbieter von der effektiven Nutzung und Vervielfältigung von Design und Technik. Haben sie einmal ein technisches Prinzip entwickelt, wird dies in verschiedensten Hüllen, Designs, weltweit an mehrere Einkäufer ausgeliefert. Nicht selten bedienen sich auch große Markenunternehmen dieser Zulieferpraxis und ordern in großen Stückzahlen. Große Unternehmen kaufen längst weltweit ihre Komponenten zu oder produzieren selbst an günstigen Standorten. Die Designstrategie wird meist zentral gelenkt und von einer eigenen Designabteilung umgesetzt. Die kleineren Unternehmen fahren sehr häufig eine Mischstrategie: Manche Produkte, vor allem im Niedrigpreissegment werden komplett inklusive Design zugekauft. Andere, für das Unternehmen wichtige Produktsegmente werden teilweise selbst entwickelt und gestaltet, um einen technologischen Vorsprung zu erhalten oder um eine Nische zu besetzen. Das ist wiederum ein klarer Marktvorteil kleinerer flexibler Unternehmen. Sie können schneller auf den Markt reagieren und Nischen ausfüllen. 100 REINHARDT, FRANK, A., Design als strategischer Wettbewerbsfaktor, Supplement zur 2. aktualisierten und erweiterten Ausgabe der BBE-Trendstudie Design 2010, ( i.f.z.: REINHARDT, FRANK, A., Design als strategischer Wettbewerbsfaktor), online im Internet: URL: http://www.design2010.de/Design2010_su1.pdf , 7, [Stand 13.12.2005]. 46 Frank A. Reinhardt, Autor der 'BBE-Trendstudie Design 2010' mit dem Titel: 'Design als strategischer Wettbewerbsfaktor', resümiert also: „Das Rezept müsste also lauten, eine klare Profilierung auf spezifische Designsegmente vorzunehmen, Farbe zu bekennen und sich auf die originären Tugenden der Marke festzulegen: Glaubwürdigkeit – sowohl in der Corporate Identity als auch in der Preisargumentation – und einen eigenen Stil.“101 Was bedeutet dies für die Designer und ihre Arbeit? Für das Tätigkeitsfeld an sich gelten die bekannten Definitionen: Prinzipiell entwerfen Industriedesigner Produkte, die unter industriellen Bedingungen hergestellt werden. Dies können zum einen Konsumgüter sein, die in der Masse produziert werden. Zum anderen gestalten Industrie Designer auch Investitionsgüter, die hoch komplex sind. Dazu zählen neben Maschinen und Anlagen auch Automobile und andere Fahrzeuge. „Die Dienstleistung Produktdesign, auch Industriedesign (engl: Industrial Design) genannt, befasst sich mit den Produkten, die uns umgeben. Dabei werden im allgemeinen zwei Produkt -Kategorien unterschieden: Konsum-, sowie Investitionsgüter. Für beide gilt: Der Designer bekommt von einem Hersteller den Auftrag, ein Produkt (neu) zu gestalten, oder er stellt sich selbst eine Aufgabe, deren Ergebnis er dann später einem Hersteller anbietet. Grundlegende Anforderung, die der Industrial Designer bei seiner Arbeit berücksichtigen muß, ist die Umsetzbarkeit seines Entwurfs in einen industriellen Fertigungsprozess. Er ist nicht Gestalter von Unikaten, sondern von Produkten, die in einer seriellen (Massen)-Produktion hergestellt werden.“102 Im Investitionsgüterbereich ist die wirtschaftliche Lage nicht zuletzt durch gute Zahlen im Export zufriedenstellend. Bisher sahen klassische Maschinen- und Anlagenbauer nicht unbedingt die Notwendigkeit, ihre Produkte gestalten zu lassen. Hier sorgt der Weltmarkt zunehmend für Konkurrenzdruck und auch diese Branche ist vor globalen 'Outsourcing-Prozessen' nicht verschont: „Der Maschinen- und Anlagenbau bildet gegenwärtig noch immer das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Aber, einer Umfrage des Beratungsunternehmens Roland Berger und der Universität Aachen zufolge wollen 90 Prozent der Unternehmen aus diesem Bereich bis 2009 Teile ihrer Produktion aus Kostengründen ins billigere Ausland verlagern. Ähnliches gilt für die Automobilzulieferer.“103 Maschinen sind im Gegensatz zu Konsumgütern keine Sympathieträger.104 Sie überzeugen eher durch technische Raffinesse und Leistungsdaten. Innovationen im technischen Bereich müssen jedoch auch visuell transportiert werden. Immer häufiger führt Design auch in diesem Bereich zur Kaufentscheidung. Da hier jedoch meist mit niedrigen Stückzahlen und langer Lebensdauer geplant wird, ist das Betätigungsfeld und das Auftragsvolumen für Industriedesigner begrenzt. Der Konsumgüterbereich ist von den Auswirkungen der Globalisierung hochgradig betroffen. Wie schon mehrfach erwähnt, trifft die Auslagerung von Produktion oder gar die Umstrukturierung der Hersteller zu Händlern, die Industriedesigner besonders hart. Die großen Markenunternehmen ziehen ihre Designabteilungen zusammen, und dies meist nicht in Deutschland. Design kommt in diesem Bereich immer seltener aus Deutschland. Deutsche Designer müssen sich Strategien erarbeiten, wie sie im globalen Wettbewerb ihr Berufsfeld verteidigen. 101 Ebenda. AKADEMIE.DE.NETLEXIKON, Produktdesign Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon, online im Internet: URL: http://www.lexikon-definition.de/Produktdesign.html, [Stand 06.07.2006]. 103 MATTIS, HANS, WERNER, Entscheidend ist, dass das Produkt gefällt und der Gebrauchswert stimmt, in: absatzwirtschaft online, 24.02.2005, online im Internet: URL: http://www.absatzwirtschaft.de/psasw/fn/asw/sfn/buildpage/cn/cc_vt/id/31982/aktelem/PAGE_1003205/ page1/ PAGE_1002979/ page2/PAGE_1003000/hp/1/, [Stand 28.02.2005]. 104 Vgl. Ebenda. 102 47 2.4 Arbeitsmethodik/Designforschung Die Auffassung, wie Gestaltungsprozesse ablaufen sollen und welche Komponenten und Randbedingungen dabei zu beachten sind, hat sich im Laufe der letzten 50 Jahre geändert. Nicht nur im Konsumbereich ist aus der Designdevise 'form follows function', 'form follows fun' oder 'form follows emotion' geworden. Grundsätzlich ist die Gestalt eines Produktes das Ergebnis eines ganzheitlichen Problemlösungsprozesses. „Das erste, was wir lernen müssen, ist, die Form nicht als Gegenstand, res, zu sehen, sondern als Prozessphase eines Systems, das heißt, als zeitliche Struktur“ (Holger van den Boom)105 Konzeptionelle Problemlösungen stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Designers. Es geht hierbei neben der Erschaffung eines Dinges um dessen Handlungsbezug oder die Art der Benutzung. Der Designer beeinflusst also maßgeblich die Handlungen des Benutzers. Neben dieser konzeptionellen, problemlösenden Arbeitsweise steht heute in zunehmenden Maße jedoch auch die Integration der Gestaltungsprozesse, bzw. der Gestaltungsergebnisse in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen im Vordergrund. Die Auftraggeber legen heute neben der konzeptionellen Entwurfsarbeit größten Wert auf die reibungslose Umsetzung der Entwürfe. Experimente sind seltener geworden. Die Designwissenschaft beschäftigt sich mit Designmethodik und Designtheorie mit einem konkreten Praxisbezug. „Sicher kann und muss selbst disziplinäre Designtheorie nicht immer und unmittelbare Praxisbezüge belegen. Trotzdem haben wir uns damit auf einen schwierigen Mittelweg eingelassen, bei dem die theoretische Reflektion nur so weit getrieben wird, wie sie für die Designpraxis von Interesse ist und überschaubar bleibt. Das mag theoretisch für Philosophen oder Soziologen zu oberflächlich erscheinen. Diese Kritik müssen wir aber aushalten, wenn wir als Designer Theoriefragen selbst in die Hand nehmen und sie nicht weiter fachfremden Wissenschaftlern überlassen wollen.“106 Prof. Dr.Cordula Meier nimmt in einem Artikel im design report 3/02 grundsätzlich Stellung zur Frage „Braucht Design Theorie?“107 Designwissenschaften haben immer da den Bezug zur Praxis, wo Gestalter ausgebildet werden. Und die Designer fordern die Unterstützung ihrer praktischen Arbeit durch die Theorie. „In kaum einem Bereich aber ist die Diskrepanz zwischen der Erwartung der Praxis und den Entwürfen der Theorietreibenden so groß wie im Felde des Designs. [...] In Seminaren und Diskussionen keimt der Verdacht auf, dass schlichtweg einfachste Erwartungen unerfüllt bleiben. Designtheorie soll – so ein oft formulierter Anspruch – endlich eine verbindliche Hilfe für den Entwurfsprozess schaffen.“108 Cordula Meier formuliert jedoch den weitergehenden Anspruch der Designtheorie als „Antwort auf ein wissenschaftliches Bedürfnis, das Bedürfnis, Gestaltungsprozesse zu analysieren." Also eine Herauslösung der Theorie aus rein produkt- und entwurfsbezogenen Betrachtungsweisen, hin zu einem Ansatz, der „Wissen, Urteil und Orientierung von reiner purer Information“ unterscheidet und eine Rolle spielt „[...]innerhalb der Beliebigkeit und des Anything goes in einer auch virtuellen Designwelt.“109 105 VAN DEN BOOM, HOLGER, Designwissenschaft, in: Öffnungszeiten, Papiere zur Designwissenschaft, Nr. 1/96, 6-8. 106 GROS, JOCHEN/MANKAU, DIETER/FISCHER, RICHARD, Grundlagen einer Theorie der Produktsprache, 1984, Band 4: Jochen Gros, Symbolfunktionen, 5. 107 MEIER, CORDULA, DR.; Braucht Design Theorie?, in: design report 03/02, 74-76 108 Ebenda. 109 Ebenda. 48 Die Theorie als Grundlage für den interdisziplinären, wissenschaftlichen Diskurs, als Orientierung für die Praktiker, „[...] sie kann [...] den Zauber erläutern, der Designobjekte im besten Fall umgibt.“ Exemplarisch führe ich die von Wolfgang Jonas aufgestellten Design-Spezifika als Grundlage für die daraus resultierende Designmethodik auf:110 - „Design ist generativ “, also ein Problemlösungsprozess; - „Design ist illustrativ, auf die Vermittlung einmaliger, exemplarischer Phänomene zielend“, (keine 'Spezialsprache' jedoch eine universell verständliche 'Produktsprache'); - „Design ist integrativ “, befasst sich mit ganzheitlichen Konzepten ohne starre Grenzen; - „Design ist kontext-sensitiv “, bezieht sich auf komplexe Zusammenhänge zwischen Artefakt und Umgebung und deren permanente Veränderungen;111 Abb. 11: Design als Interface-Disziplin.112 - „Design ist antizipativ “, zukünftige Situationen / Szenarien projektierend; - „Design ist nutzen-orientiert, mit Fokus auf Funktion, Sinn, Glück, 'Lebensqualität', oder was auch immer. Das Schlagwort von der 'human-centredness' verschleiert, dass dieses so genannte 'Humane' nicht fassbar ist. Weder vollständig, noch genau. Es verteilt sich über inkompatible Teilsysteme des Organischen / Psychischen / Sozialen (Luhmann 1984).“ Jonas zitiert Dirk Baecker, der den Bereich der „Schnittstellen zwischen Technik, Körper, Psyche und Kommunikation [...] in Differenz setzt,“ und dort ein Raum für „Experimente des Designs“ schafft und diese Situation als „split causality“ beschreibt.113 110 Vgl. JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, (i.f.z.: JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument), 31 Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/Jonas.pdf, 1-5, [Stand 13.12.2005]. 111 Ebenda. 112 Vgl. JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, 2-4. 113 Vgl. BAECKER, DIRK, Wie steht es mit dem Willen Allahs?, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2000), Heft 1, S. 145-176, zitiert in: Jonas,Wolfgang, Designforschung als Argument. 49 Abb. 12: 'Split causality'114 „Design agiert an den Bruchstellen, den 'gaps', dieser fundamentalen systemischen Eigensinne und versucht die Unwahrscheinlichkeit ihrer Überbrückung mit unscharfen Konzepten wie Kreativität, Subjektivität, Ästhetik, Mode, Geschmack, Trend, etc. zu vertuschen. Um diese Diagnose noch zu verschärfen, kann man formulieren: Design agiert als Parasit (Serres 1980) des Interfaces Artefakt – Kontext.“115 Abb. 13: Design als Parasit116 In welchem Maße kann die Designforschung für den aktiven Designprozess einen Beitrag leisten? Jonas nimmt hier Bezug auf ein Modell von Christopher Frayling117 und unterteilt die Designforschung in drei Bereiche: - - „Research about Design“: Beobachter, die den Gegenstand möglichst nicht verändern, z.B. Designphilosophie, Designgeschichte, Designkritik, usw. - „Research for Design“: den Designprozess unterstützend, z.B. Markt-, Trendforschung, usw. - „Research through Design“: den Forschungsgegenstand gestaltend. 114 Vgl. Ebenda. Vgl. Ebenda. 116 Vgl. Ebenda. 117 FRAYLING, CHRISTOPHER, Research in Art and Design, in: Royal College of Art Research, Paper #1 1993/4, zitiert in: Jonas, Wolfgang, Designforschung als Argument. 115 50 Es findet also immer eine Interaktion zwischen dem aktiven Designprozess, der als forschendes und entwerfendes Vorgehen etwas aus sich selbst heraus schafft und den beobachtenden Forschern statt. Designforschung kann als Argument für die Designpraxis verstanden werden: „Forschung macht Design nicht notwendigerweise besser, aber Forschung dient der Entwicklung von Design [...].“118 Die praktische Arbeitsmethodik der Industriedesigner definiert sich neben theoretischen Grundlagen immer auch aus den aktuellen Anforderungen der Auftraggeber und den technischen Umsetzungsmöglichkeiten. Der Designprozess lässt sich in vier Hauptbereiche einteilen: Research (Recherche und Analyse) Konzeption (Vorentwurf) Entwurf (Konstruktion & Visualisierung) Realisierung (Prototypenbau) 1) Recherche und Analyse Briefing oder Lastenheft: der Auftraggeber formuliert Wünsche und Anforderungen. Enthalten sind neben marketingspezifischen Informationen über Preis, Zielgruppe, Produktlinie und Konkurrenzprodukte, technische Anforderungen, die die einzubauende Technik, Material, Anschlüsse und Fertigungsart umschreiben (technische Komponenten liegen meist als CAD-Daten vor). Marktuntersuchung: meist ist neben den Informationen vom Marketing eine eigene Recherche bzgl Designs, Trends und Innovationen im Umfeld des zu gestaltenden Produktes notwendig. Die sich daraus ergebenden Schlüsse und Folgerungen dienen meist als weitere Anhaltspunkte für die Produktgestaltung. 2) Konzeption und Vorentwurf In der Konzeptphase wird auf Basis der gesammelten Informationen Ideenfindung betrieben. Dies erfolgt durch Gespräche im Team, Skizzen, Vormodelle, Ergonomieuntersuchungen und formale Konzepte. Alternativen und Variantenbildungen stehen im Vordergrund. 3) Entwurf und Visualisierung Die Entwurfsphase erfordert die Optimierung des Konzeptes und die Ausarbeitung aller formalen Details sowie die Festlegung verwendeter Materialen, Farben und Oberflächen. Meist werden die Ergebnisse der Vorüberlegungen aus Zeit- und Kostengründen sehr schnell digitalisiert. Gängige Praxis ist die Eingabe der Entwürfe in ein CAD-System unter Verwendung der bereitgestellten Datensätze technischer Komponenten. Die CAD-Daten werden im Anschluss für die Präsentation optisch aufbereitet. Designmodelle, die bis zu Fotoanschauungsmodellen perfektioniert werden können, sind für die Entscheidungsfindung sehr hilfreich, werden jedoch aus Kostengründen oft eingespart. 4) Realisierung und Prototypenbau In dieser Phase sind Abstimmungen in der Detailkonstruktion mit Zuliefer- und Fertigungsfirmen notwendig. Es erfolgt eine teilweise Bemusterung der Teile und die Detailabstimmung beim Prototypenbau. Die Aufgabe des Designers/Designteams liegt in der Begleitung des Projektes in all seinen designrelevanten Punkten bis zur Fertigstellung des Prototypen. Dies beinhaltet auch die technische Abwicklung und Begutachtung des Prototypen bis zur Nullserie und Serienfertigung. 118 JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, 7. 51 3 Industriedesign:Teil der Wertschöpfungskette in der Produktentwicklung In vielen Produktbereichen ist eine technische Pattsituation entstanden. Produkte werden in ihren technischen und funktionalen Eigenschaften vergleichbar. Damit wird Design zum strategischen Erfolgsfaktor. Dennoch wird laut einer Untersuchung zur Marketing- und Designkompetenz bayerischer Unternehmer, die vom bayerischen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde, Design nicht immer der erforderliche Stellenwert zugeordnet. Absatzsteigerungen durch gutes Design halten nur 36% der größeren Unternehmen für möglich. „Als sehr wichtig beurteilen von den befragten Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten: Grafik-Design (für Prospekte, Kataloge) zu 48 %, Corporate Design (für Gestaltung des Gesamtauftritts des Unternehmens) zu 40 %, Web-Design (für Internet-Auftritt) zu 32 %, Messe-Design zu 19 %, Produkt-Design zu 14 %, Verpackungs-Design zu 8 %.“119 In diesem Zusammenhang liegt das Produkt-Design mit 14% in der Wichtigkeit weit hinter Werbung und Kommunikation. Ein erstaunliches Ergebnis, wenn man die Aussagen von Wirtschaftsexperten und Politikern heranzieht, die den Stellenwert von Produkt-/Industriedesign vor allem im globalen Wettbewerb als wesentlich höher ansehen. Das Ergebnis spiegelt jedoch in etwa die Realität wieder, wenn man die Etats vor allem kleinerer bis mittlerer Unternehmen für Werbung und die für Produkt-Design und Entwicklung vergleicht. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie: „[...] ca. zwei Drittel dieser Entscheidungsträger beurteilen die derzeitige Designqualität in ihren Unternehmen zwar als gut, halten sie aber noch für verbesserungswürdig. Für die Produktgestaltung bedeutet dies, dass sie nur in etwa 5 % aller Fälle optimal ist.[...] Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Designer wird von beiden Seiten als unbefriedigend empfunden und muss dringend verbessert werden. Lediglich 16% der Großunternehmen (mit 500 und mehr Beschäftigten) sind mit der Zusammenarbeit mit ihrem Design-Büro 'sehr zufrieden', 54% stufen sich als 'zufrieden' ein, 26% als teilweise zufriedenstellend. Umgekehrt können Design-Büros angesichts des zunehmenden Kostendrucks oft nicht mehr ausreichend auf Kundenwünsche reagieren.“120 Die Aussagen dieser Studie zeigen, dass der Stellenwert des Produktdesign noch längst nicht von der Mehrheit der Unternehmen als 'sehr wichtig' eingeschätzt wird, und die Potentiale in dieser Richtung noch nicht voll ausgeschöpft werden. Im internationalen Vergleich sind unsere Wirtschaftsunternehmen und Dienstleistungseinrichtungen effizient organisiert. Andererseits leben wir in einer Zeit von Firmenpleiten, Massenentlassungen, Management-Fehlleistungen und Umstrukturierungen. Unternehmen stehen im Spannungsfeld zwischen den Zielen Kundenzufriedenheit, Ressourcennutzung und Kosten. 119 120 WIESHEU, OTTO,.DR., Rede anlässlich des Bayerischen Staatspreis für Nachwuchsdesigner 2004, 2-3. Ebenda. 52 Abb.14: 'Das magische Dreieck' nach Freidinger121 Die individuelle Ausrichtung eines Unternehmens in diesem magischen Dreieck wird aus den strategischen Erfolgsfaktoren des Unternehmens abgeleitet. Die Geschäftsprozesse im Unternehmen werden mit Hilfe von sogenannten Prozessführungsgrößen gestaltet. Neben der Kundenorientierung ist die Betrachtung der Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen ein wichtiger Aspekt. „Mit der hohen Kapitalbindung und den meist sehr hohen Anteilen von Einkaufsteilen in den Herstellkosten wird das Managen der Wertschöpfungskette im Unternehmen immer wichtiger für das wirtschaftliche Überleben von Firmen. Betrachtete Wertschöpfungsketten sind z.B. die Produktentstehung und die Kundenauftragsabwicklung [...]. Abnehmende Anteile an eigener Wertschöpfung bedingen exzellentes Management der eingesetzten Mittel. Geringe Fehler in der Planung führen schnell zu Abwertungen / Verschrottungen / ungängigen Gütern und damit zu hohen Verlusten und zum evtl. Absturz der Firma in Konkurs und Vergleich.“122 Die Wertschöpfungskette (Supply Chain) stellt ein integriertes Organisationsgebilde (Netzwerk) dar, „das als gesamtheitlich zu betrachtendes Leistungssystem spezifische Wirtschaftsgüter für einen definierten Zielmarkt hervorbringt. Verflechtung von Organisationen (Lieferanten, Produzenten, Zwischenhändler und Kunden).“123 Alle Tätigkeiten eines Unternehmens, vom Produktdesign über die Konstruktion, die Herstellung und den Vertrieb stellen in ihrer Summe die Wertkette des Unternehmens dar. „Nach außen hin ist diese Unternehmenswertkette eingebunden in die Wertketten von Lieferanten, Vertriebskanälen und Kunden. Dieses oft das gesamte Netz der Volkswirtschaft umfassende Netz wird als Wertsystem bezeichnet.“(Vergl. Freidinger)124 121 FREIDINGER, ROBERT, DR., Geschäftsprozesse im Unternehmen, Vorlesung (i.f.z.: FREIDINGER, ROBERT, DR., Geschäftsprozesse im Unternehmen), online im Internet: URL: http://www.freidinger.de/GP/GP.html, [Stand 13.12.2005]. 122 Ebenda. 123 WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN, Teil 9; Supply Chain Strategy.ppt, online im Internet: URL: http://prodman.wu-wien.ac.at/download/unterweger/Teil9.ppt, 3, [Stand 13.12.2005]. 124 Vgl. FREIDINGER, ROBERT, DR., Geschäftsprozesse im Unternehmen. 53 3.1 Designmanagement „[Es] ist auffällig, dass Unternehmen mit hoher Designorientierung und langjährig konsequenter Ausrichtung ihrer Produktstrategien am Wettbewerbsfaktor Design eine signifikant hohe Exportquote aufweisen können. Design fungiert also als marktübergreifende Konsumsprache."125 Damit Produkte international erfolgreich sind, ist es notwendig, die Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden zu kennen. Das Designmanagement als operatives Instrument hat hierbei die Aufgabe, „die sogenannten 'hard facts' Funktionalität, Produzierbarkeit, Stückzahl und Preis, mit seinen 'soft facts' emotionaler Aufladung, spannende Funktionalität, Eigenständigkeit und technische Faszination mit der jeweiligen Lebenswelt der anvisierten Zielgruppe zu verbinden."126 Nur wer seinen Kunden kennt, kann Produkte entwickeln, die am Markt nachgefragt werden. Hierbei reicht es nicht aus, die geforderte Technik und Qualität umzusetzen. Der Mehrwert muss für den Kunden erkennbar sein. Durch ein Design, das die 'hard facts' visualisiert und dem Kunden somit begreifbar macht, kann dies erreicht werden. „Das Top Management hat verstanden, dass zwei Punkte für den strategischen Einsatz von Design sprechen: Die Produkt- und Markendifferenzierung auf einem gesättigten Markt und die im Vergleich zur technischen, die preiswertere und schnellere ästhetische Alleinstellung."127 Design ist somit kein unnötiger Kostenerzeuger. Vielmehr ist es möglich, durch die Integration von Design in die Produktplanung eine gewissen Preisstabilität zu erreichen. Immer mehr Unternehmen sehen Design als marktstrategisches Werkzeug im globalen Wettbewerb. Design als Erfolgsfaktor benötigt konsequente unternehmensstrategische Planung von Designressourcen und Designmanagement. Markterfolg durch Design setzt eine integrierte Designstrategie voraus, die sich auf die gesamtunternehmerischen Aktivitäten auswirkt. „Im Designmanagement geht es darum, alle Designressourcen in einem Unternehmen synergetisch zu nutzen und Designaktivitäten in ihren ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Vernetzungen zu überblicken, zu steuern und zu überwachen. Nicht allein die Gestaltung einzelner Produkte oder Produktsysteme steht im Vordergrund des Interesses, sondern die Kommunikation der Marke(n) und der gesamten Unternehmensidentität. Designmanagement nimmt daher vermehrt Einfluss auf die Unternehmenskommunikation und die Unternehmenskultur.“128 Designmanagement lässt sich nach Allan Topallian129 , britischer Unternehmensberater, in zwei Ebenen aufgliedern, in eine strategische und in eine operationale. 125 REINHARDT, FRANK, A., Design als strategischer Wettbewerbsfaktor, 11. BUCK, ALEX/ VOGT, MATTHIAS, Design Management: Was Produkte erfolgreich macht, (i.f.z.: BUCK, ALEX/ VOGT, MATTHIAS, Design Management: Was Produkte erfolgreich macht), in: Design Management, 1996, 13. 127 REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer. Entwurf technischer Produkte im Spannungsfeld zwischen Konstruktion und Design.(i.f.z.: REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer), 2005, 129. 128 HAMMER, NORBERT, DR., Designmanagement, (i.f.z.: HAMMER, NORBERT,DR., Designmanagement), online im Internet: URL: http://vfh.informatik.fh-ge.de/module/mediendesign/demo/mediendesign3/MAN_Demo.pdf, 4, [Stand 08.09.2006]. 129 Vgl. TOPALIAN, ALLAN, Designmanagement, in: Münchener Designtage 1984, 65-68. 126 54 Strategisches Designmanagement beinhaltet eine langfristige Design- und Innovationsplanung und Corporate Design, das heißt, eine Designphilosophie, auf deren Grundlage Designaktivitäten geplant werden. Die operationale Ebene bezieht sich auf das Projektmanagement von Designprojekten, unter Einbeziehung aller Beteiligten.130 Die Hauptaufgaben des Designmanagements sieht Arthur Little darin, "ein interdisziplinäres Entwicklungsteam zu bilden, in dem die Unternehmensfunktionen Marketing, Design, Entwicklung, Konstruktion und Produktion ihre Vorstellungen über neue Produkte einbringen können."131 Abb.15: Zusammensetzung eines interdisziplinären Entwicklungsteams Design Management als Schnittstelle der funktionsübergreifenden Prozesse muss eine koordinierende Aufgaben übernehmen und alle Bereiche in den Designprozess integrieren. Durch die Verbindung zur Entwicklung und technischen Forschung wie in Abbildung 15 dargestellt wird deutlich, dass Designmanagement nicht nur bezüglich des Gestaltungsprozesses stattfindet. Es muss vielmehr schon im Anfangsstadium der Produktentwicklung eingebunden werden. "Im Design Management wurden Instrumente entwickelt, um Design in bestehende Abläufe der Unternehmen zu integrieren, diese transparenter zu machen, legitimierbarere, konsensfähige Entscheidungen herbeizuführen und einen hohen Grad an unternehmensinternem Know-How bezüglich erfolgreicher Produktentwicklung zu verankern."132 130 Vgl. HAMMER, NORBERT, DR., Designmanagement, 5. LITTLE, ARTHUR, D., Praxis des Design-Managements, 49. 132 BUCK, ALEX/ VOGT, MATTHIAS, Design Management: Was Produkte erfolgreich macht, 13. 131 55 3.2 Organisation des Designprozesses In der Unternehmenshirarchie sollte das Designmanagement 'Chefsache' sein. Als Mitglied der Geschäftsführung oder mit direktem Kontakt zum Vorstand bildet der Designmanager die Schnittstelle zwischen Design, Marketing, Konstruktion und Produktion. Die Einbindung von Design innerhalb des Unternehmens kann nach Arthur D. Little133 folgendermaßen klassifiziert werden: Interne Designabteilung Interne Designabteilung, die mit externen Designern zusammenarbeitet Interne Designabteilung, die auch Aufträge externer Auftraggeber annimmt Externe Designer, die alle anfallenden Designaufgaben übernehmen Interne Designabteilung Die interne Designabteilung setzt sich aus Mitarbeitern des Unternehmens zusammen. Hier werden die neuen Designs unter Einbindung anderer am Designprozess beteiligten Abteilungen konzipiert. Der Designprozess umfasst meist alle Schritte von der Recherche bis zum Prototypenbau. Je nach Größe und Produktsortiment des Unternehmens setzten sich die Mitarbeiter dieser Abteilung zusammen. Solche internen Designabteilungen finden sich in der Automobilindustrie z.B. DAIMLER CHRYSLER, BMW, AUDI, ect oder bei Konzernen wie PHILIPS. Da die Designabteilung in die unternehmensstrategische Planung integriert ist, können in diesem Rahmen Kontrollmechanismen oder sogenannte 'Meilensteine' installiert werden, die rechtzeitig Fehlentwicklungen im Gesamtzusammenhang sichtbar machen und Entwicklungsfortschritte dokumentieren. Dies kann kürzere Entwicklungszeiten und mögliche Kostenersparnisse bedeuten. Vor allem komplexe Designaufgaben, zum Beispiel die Konzeption eines Automobils, Interieur und Exterieur, können in diesem Verbund von Designabteilung und anderen relevanten Unternehmensbereichen umfassend und koordiniert gelöst werden. Ein möglicher Nachteil interner Designabteilungen besteht in einer gewissen Trägheit und der mangelnden Auseinandersetzung mit der Umwelt draußen. Prozesse und Strukturen sind eingefahren und standardisiert, was sich möglicherweise in einem geringeren Innovationspotential ausdrückt. Um dies zu umgehen, arbeiten einige interne Designabteilungen mit externen Designern zusammen. Interne Designabteilung, die mit externen Designern zusammenarbeitet Externe Designbüros bzw. Designer werden schwerpunktmäßig in die konzeptionelle Gestaltungsarbeit eingebunden, die internen Designabteilungen arbeiten im Folgenden an der Ausarbeitung. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter der internen Designabteilung die Schnittstelle zu den übrigen Unternehmensbereichen darstellen. Konfliktpotentiale zwischen internen und externen Designern sind durchaus gegeben und gewünscht, da dies eine Art Wettbewerbssituation schafft, die dem Ergebnis dienen kann. Die Koordination der internen und externen Aktivitäten ist aufwendiger und die Kosten sind höher bei Dieser Mischform, als bei einem rein internen Prozess. Als optimal kann sich allerdings die Verbindung der organisatorischen Kenntnisse der internen Mitarbeiter und die Erfahrungen in anderen Produktbereichen der externen Designer erweisen. 133 Vgl. LITTLE, ARTHUR, D., Praxis des Design-Managements. 56 Interne Designabteilung, die auch Aufträge externer Auftraggeber annimmt Es gibt einige Beispiele von Unternehmen, die ihre Designabteilung 'outgesourct' haben. In diesem Fall agiert die Designabteilung als Profit Center, ist also für die Eigenfinanzierung verantwortlich und stellt so ihre Designdienstleistungen auch anderen Auftraggebern zur Verfügung. Der interne Erfahrungsschatz wird durch Erkenntnisse aus anderen Projekten bereichert und das Innovationspotential erhöht. Die SIEMENS-Designabteilung zum Beispiel funktionierte nach diesem Muster.134 Externe Designer, die alle anfallenden Designaufgaben übernehmen Überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen, die sich eine eigene Designabteilung nicht leisten können oder wollen, bedienen sich externer Designer, die alle anfallenden Designaufgaben übernehmen. Meist fungieren diese auch als Designberater, unterstützend für das Marketing. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit muss in diesem Fall von beiden Seiten gewährleistet sein, denn die Weitergabe von vertraulichen Informationen an Dritte, seien es weitere Auftraggeber der externen Designer oder Designmitbewerber muss ausgeschlossen sein. Der Informationsfluss zwischen den Mitarbeitern des Unternehmens und den Designern sollte ohne Hindernisse funktionieren. Die Arbeitsmittel, gerade bezüglich der Weitergabe von Design-/Konstruktionsdaten sollten harmonieren. Die einzelnen Entwicklungsschritte müssen genau vorbesprochen und immer wieder kontrolliert werden. Je besser die Designer im Vorfeld mit Informationen ausgestattet sind, desto besser die spezifischen Designlösungen. Ein Briefing oder Lastenheft seitens des Auftraggebers ist ein adäquates Mittel, Informationen und Wünsche weiterzugeben. Gerade die unterschiedlichsten Designerfahrungen mit verschiedenen Auftraggebern seitens der externen Designer führen zu Synergien und innovativen Lösungen. Die Koordination kann aufwändiger sein, die Kosten in vielen Fällen geringer, als eine eigene Designabteilung aufrecht zu erhalten. Zudem hat der Auftraggeber den Vorteil, Projekte, die nicht zu seiner Zufriedenheit laufen, abzubrechen und neue Entscheidungen auch bezüglich des Designers zu treffen. Ein weiterer Nutzen kann in der Vermarktung der Designprodukte über den Namen ihres bekannten Schöpfers liegen. Einige durchaus große Unternehmen ziehen sich für bestimmte Designproduktlinien bekannte Designer hinzu, um über dessen Image mehr Aufmerksamkeit für die Produkte zu erhalten. Diese strahlen dann zudem auf die unteren Produktlinien ab. So hat B/S/H eine 'Edel-Hausgeräte-Linie' mit PORSCHE DESIGN entwickelt. An dieser Stelle ergänze ich die Klassifizierung von Little um einen weiteren Punkt: Externe Designer, die punktuell anfallende Designaufgaben übernehmen Gerade im Konsumgüterbereich haben vor allem kleinere und mittlere Unternehmen ohne eigene Designabteilung Mischstrategien entwickelt, wie sie bei relativ überschaubarem Kosten- und Entwicklungsaufwand ihre Produktsortimente pflegen. Sie arbeiten mit externen Designern an den wichtigen, höherpreisigen Produktlinien. In den niederpreisigen Segmenten werden aus Kostengründen ganze Produkte zugekauft und in das Gesamtsortiment eingegliedert. Diese Produkte werden also vom Zulieferer designed und in der gewünschten Ausführung geliefert. Diese Vorgehensweise ist für viele Unternehmen mittlerer Größe das Mittel der Wahl, um konkurrenzfähig zu bleiben. 134 Im Jahr 2000 wurde aus der 'Siemens Design und Messe GmbH' die Designagentur 'Designafairs', die mit Siemens als Hauptauftraggeber Dependencen in China und USA unterhält. Nach aktuellen Informationen im design report 9/06 geht die Agentur „nach dem Verlust des Etats für Siemens-Handys [...] einer ungewissen Zukunft entgegen.“ Nachdem Siemens die Handysparte an den taiwanesischen Hersteller BenQ verkauft hatte und nun auch Designafairs „verscherbeln“ wollte, mussten 20 Mitarbeiter gehen. MEYER, KLAUS, Kollateralschäden, in: design report 9/06, 7. 57 3.3 Die Zusammenarbeit mit externen Designern Mario Gagliardi, Managementberater und Designer135, beschreibt die Zusammenarbeit zwischen Designer und Unternehmen und legt das Design Briefing als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Kooperation zugrunde. Neben der Abklärung des Arbeitsumfanges und der Kosten soll es „als Inspiration und Ansatz zur Problemlösung wirken, es soll die Ausgangssituation, das Problem und den Weg erklären, Ziele setzen und Messkriterien für den Erfolg beschreiben.“136 Im Falle einer erstmaligen Zusammenarbeit steht am Anfang die Auswahl des Designers/ Designbüros. In diesem Fall werden vorab die Kompetenzen geklärt wie Ausbildung, Referenzen, Größe des Büros und in vielen Fällen die Branchenerfahrung. Die spielt, so Gagliardi in den meisten Fällen eine missverstandene Rolle: „Innovative Lösungen kommen häufig dadurch zustande, dass Designer mit einem für sie neuen Bereich konfrontiert werden. [...] Viele Designer sind durch neue Aufgaben und Herausforderungen besonders motiviert, während die lang dauernde Spezialisierung in einem engen Arbeitsfeld den sogenannten Tunnelblick fördert.“137 Diese branchenübergreifende Arbeitsweise fördert die Ausschöpfung von Synergien aus anderen Bereichen und kann für das Unternehmen durchaus neue Aspekte und Lösungsansätze bedeuten. Viel wichtiger als die Branchenerfahrung ist nach Gagliardi Organisationserfahrung, die sich in den strukturellen Prozessen der Produktentwicklung bemerkbar macht. Kann sich der Designer problemlos in firmenspezifische Abläufe einfügen? Ist er generell mit den Anforderungen des Marktes, der Fertigung und der Unternehmensökonomie vertraut? Diese Punkte entscheiden letztendlich über den Projekterfolg. Neben den Kompetenzen des Designers spielt die Designkompetenz des Unternehmens eine wichtige Rolle. Bei strategisch wichtigen Designprojekten sind vor allem die Entscheider des Unternehmens gefragt, bei kleineren und mittleren Unternehmen meistens die Inhaber und Geschäftsführer. In die Projektabwicklung sollten Marketing, Vertieb und Konstruktion eingebunden sein. Je nach Wichtigkeit des Projekts können auch Projektmanager und Konstruktionsleiter die Entscheiderrolle übernehmen. Das Design Briefing ist für alle Beteiligten der Leitfaden durch das gesamte Designprojekt. Im günstigsten Falle werden die Designer von Anfang an mit eingebunden und können so schon im Anfangsstadium an innovativen Prozessen mitwirken. Gagliardi vergleicht das Design Briefing mit einem „Hilfsmittel für die erfolgreiche Navigation zum Ziel.“138 mit den drei Komponenten Ausgangspunkt, Weg, Ziel. Für den Ausgangspunkt stellt er folgenden Fragenkatalog auf: 135 GAGLIARDI, MARIO, Managementberater und Designer, Chefdesigner bei LG, Professor an der Internationalen Designuniversität in Seoul, Dozent an der London Business School. 136 GAGLIARDI, MARIO, Mit dem Design Briefing zum Unternehmensziel, (i.f.z.: GAGLIARDI, MARIO, Mit dem Design Briefing zum Unternehmensziel), April 2003, Hsg. Die österreichische Designstiftung, online im Internet: URL: http://www.kleinerundbold.com/cmadmin/cmadmin_upload/Design_Briefing.pdf, 1-7, [Stand 13.12.2005]. 137 Ebenda. 138 Ebenda. 58 Der Ausgangspunkt/Wo stehen wir? Budget für das Projekt Deadlines Firmengeschichte, Firmenstruktur Mission and Vision derzeitiges Produktportfolio/ Serviceportfolio vorhandene Marktstruktur, derzeitiger Marktanteil Marktausdehnung, derzeitige Gesamtmarktgröße Entwicklung der Kennzahlen, Profitabilität derzeitiger Produktions/Serviceablauf, Technologie Konkurrenzstruktur, Hauptkonkurrenten Benchmarking Änderungen im Konsumentenverhalten Änderungen im Marktumfeld Fallende/unzufriedenstellende Umsätze Fallende Profitabilität Verlieren von Marktanteilen Schlechtes/nicht vorhandenes Image Unzufriedene Kunden Unzureichende Umweltverträglichkeit oder Behindertengerechtheit139 Diese Informationen sind für das Designprojekt wichtig und sollten dem Designer neben technischen Eckdaten, Projektdauer und Kosten ebenfalls zur Verfügung stehen, insbesondere dann, wenn es sich um eine erstmalige Zusammenarbeit handelt: je mehr Information und Kommunikation zwischen Designer und Unternehmen stattfindet, desto größer die Chancen, dass der Designer die Wünsche und Anforderungen des Auftraggebers zielgenau umsetzen kann. Die Projektplanung sollte die Schritte und Phasen enthalten, die nötig sind, um zum gegebenen Zeitpunkt den Fortschritt des Projektes bewerten zu können. Üblich sind die Schritte: Research (Recherche und Analyse), Konzeption (Vorentwurf), Entwurf (Konstruktion & Visualisierung) und Realisierung (Prototypenbau). Nach jeder Phase sollten die daraus resultierenden Ergebnisse diskutiert und bewertet werden. Diese sogenannten Zwischenpräsentationen müssen so aufbereitet/visualisiert sein, dass auch die nicht unmittelbar im Designprozess involvierten Diskussionsteilnehmer in der Lage sind, die Ergebnisse zu bewerten. Diese Zwischenschritte sind in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen, denn zu diesem Zeitpunkt können Entscheidungen relativiert, neue aktuelle Erkenntnisse in das Projekt eingebunden oder, im schlimmsten Fall, Projektabläufe abgebrochen werden. Auch der Designer sollte sich über Investitions- und Folgekosten seiner Projekte im Klaren sein. Dieser Punkt führt in einigen Fällen der Zusammenarbeit zwischen externen Designern und Unternehmen zu Enttäuschungen. Oft, weil von beiden Seiten der Folgeaufwand und die Probleme bei der Umsetzung der Designentwürfe unterschätzt wurde. Design ist dann erfolgreich, wenn es ohne große Probleme realisiert werden konnte und sich auf dem Markt gut verkauft! Oder wie Gagliardi formuliert: „Ein erfolgreiches Design wird immer ein positiver Beitrag zur Wertschöpfungskette sein.“140 139 140 Ebenda. Ebenda. 59 3.4 Design als Marketinginstrument Die Verknüpfung von Design und Marketing ist in den letzten Jahren ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Marktpositionierung von Produkten geworden. Die Kommunikationsfähigkeit der Vertreter beider Bereiche entscheidet über den Erfolg in der Produktplanung. Für den Designer, ob extern oder intern, ist es entscheidend zu wissen, welche Strategien das Marketing in der Produktpolitik verfolgt. Der Produktplanungsprozess gestaltet sich in der Praxis oft völlig unterschiedlich, je nachdem ob das Unternehmen in einem Kernbereich Produkte differenziert, verbessert oder der Konkurrenz einen Schritt voraus sein möchte oder ob sich die Unternehmensführung entscheidet, in ein völlig neues Marktsegment vorzudringen. 3.4.1 Marketing als Stabsstelle Marketing als systematische Methode, Unternehmensentscheidungen markt- und kundenorientiert zu treffen, ist eine betriebswirtschaftliche Funktion, die an Bedeutung in unserer modernen Konsumwelt stetig zugenommen hat. Aus dem deutschen Begriff 'Absatzwirtschaft' entwickelte sich das 'Marketing' in den sechziger Jahren zu einem absatzpolitischen Instrumentarium mit den Schwerpunkten Verkauf und Werbung. Der Wandel der Absatzmärkte von einer Mangelwirtschaft zu einem Käufermarkt, in dem der Kunde die Wahl hat, die Angebote zu überprüfen und gegeneinander abzuwägen, etablierte das Marketing als ein Instrument zur Absatzförderung.141 Beispiele strategischer Marketingziele : „(Entweder horizontale/vertikale Diversifikation142 oder Spezialisierung) • Beispiele für Marktdurchdringung (Penetration): • Erhöhung der Produktverwendung und Markentreue bei bestehenden Kunden durch Cross Selling. • Gewinnung bisheriger Nichtverwender • Gewinnung neuer Kunden von Mitbewerbern • Beispiele für Marktentwicklung (Abschöpfung): • Erschließung zusätzlicher, räumlicher Absatzgebiete • Eindringen in andere Verwendungsbereiche • Orientierung an neuen Zielgruppen“143 Die strategischen Vorgaben aus dem Marketing sind für die Produktgestalter wichtig, und sollten in jedem Briefing stehen, beschneiden die Designer jedoch häufig auch in ihrer Kompetenz, ihre Entwürfe selbst in einen strategischen Zusammenhang zu stellen. Oft beschränken die Vorgaben aus Marketing und Technik die Designer sogar in einem Maße, dass es kaum möglich ist, innovative Gestaltungsansätze zu finden. Eine gestalterische Idee für ein Produkt oder eine Produktlinie entsteht nicht im luftleeren Raum, der Entwerfer nutzt durchaus die strategischen Instrumente, die sich das Marketing angeeignet hat. 141 Vgl. WIKIPEDIA, Enzyklopädie im Internet, Markting, online im Internet: URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Marketing#Marketingziele, [Stand 08.09.2006] 142 Diversifikation: Einführung einer neuen Produktlinie, Ausweitung des Sortiments 143 WIKIPEDIA, Enzyklopädie im Internet, Markting, online im Internet: URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Marketing#Marketingziele, [Stand 08.09.2006]. 60 In der Nachkriegszeit, als sich Produktdesign in Deutschland in der Industrie etablierte, übernahmen vor allem bei mittelständischen Unternehmen Designbüros Beratungsleistungen hinsichtlich der Produktplanung und Sortimentsgestaltung. In den achtziger Jahren, als das Schlagwort Corporate Design in den Unternehmen grassierte, war es in vielen Fällen die Aufgabe der 'Hausdesigner', die CI-Strategien aufzuzeigen und umzusetzen. Diese Bereiche sind zumindest für die kleineren bis mittleren Designbüros inzwischen fast völlig weggefallen: das Marketing übernimmt große Teile der Recherchearbeit (Marktrecherche) und Produktplanung, die Entwicklungsabteilung kümmert sich um produktspezifische technische Merkmale (technische Recherche) und externe Dienstleister wie Markt-und Trendforschungsinstitute beraten die Unternehmen hinsichtlich der Wünsche und Bedürfnisse ihrer Endkunden. Dies ist eine notwendige Entwicklung, denn die Designer können in einem globalen Markt nicht die umfassende Übersicht behalten. Dennoch ist es eine Kernkompetenz der Designer, interdisziplinär und vernetzt zu denken und die Einzelteile des Informationspuzzles aus Marketing und Technik in eine Entwurfsstrategie zu übersetzen. Diese gedankliche und kreative Leistung zeigt sich dann in einem gelungenen Entwurf, wird aber als Dienstleistung an sich in vielen Fällen nicht extra honoriert. Eine effektive und sinnvolle Vorgehensweise ist die, Marketing, Technik und Design tatsächlich als gleichberechtigte Partner anzusehen und im Vorfeld einer Produktentwicklung die Recherchen und Konzepte aller drei Bereiche einzufordern. So kann schon von Beginn an der folgende Entwicklungsprozess koordiniert, Aufgaben verteilt und Missverständnisse vermieden werden. Abb.16: Aufgabenverteilung in der Recherchephase „Marketing braucht Design: Denn die anspruchsvolle Aufgabe des Marketing – eine überlegene Leistung gegenüber dem Wettbewerb zu schaffen – ist nur durch vom Kunden wahrnehmbare Differenzierungspotentiale wirkungsvoll zu lösen. Nur wenn man seine herausragenden Qualitäten sichtbar macht – wie zum Beispiel technologische Kompetenz – kann man den bestehenden und potentiellen Kunden diese Qualität glaubhaft vermitteln und eine Identifikation mit dem Produkt und Unternehmen aufbauen.“144 144 MÖLLER, GÜNTHER, Design braucht Marketing – Marketing braucht Design, (i.f.z.: MÖLLER, GÜNTHER, Design braucht Marketing – Marketing braucht Design Designmanagement), in: Design Management, 1996, 57. 61 Günther Möller, studierter Produktdesigner und seit 1995 bei der d...c Unternehmensberatung tätig, beschreibt in seinem Beitrag 'Design braucht Marketing – Marketing braucht Design' die Abhängigkeiten beider Berufsfelder voneinander. Auch Design sei abhängig vom Marketing, „[d]enn Design darf nicht willkürlich und isoliert betrachtet, sondern muss auf der Basis umfassender Markt- und Positionierungsanalysen systhematisch und entwickelt werden.“145 Die Markt- und Trendforschung soll den Aufschluss über das Markt- und Kundenverhalten geben. Meist repräsentiert durch Institute und einzelne 'Trendgurus', die als externe Dienstleister die Unternehmen beraten. 3.4.2 Trend- und Zukunftsforschung Matthias Horx gilt als einflussreichster Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum. Nach seinem Studium u.a. der Soziologie und seiner Arbeit als Autor, gründet er 1993 mit Peter Wippmann das 'TRENDBÜRO HAMBURG'. Kunden wie PHILIPP MORRIS und Beiersdorfer schließen umfangreiche Beratungsaufträge ab. Drei Jahre später verlässt Horx das TRENDBÜRO und gründet das ZUKUNFTSINSTITUT in Frankfurt. Zusammen mit weiteren Zweigstellen in Deutschland, Österreich und England, bildet es ein erfolgreiches 'Think Tank' der Wirtschaft und Politik. Das ZUKUNFTSINSTITUT definiert den Begriff 'Trend' als einen Wandlungsprozess.146 Neben dem Aufspüren der auftretenden Veränderungs-Phänomene, liegt die Hauptaufgabe der Trendforschung darin, sie richtig einzuordnen. Das ZUKUNFTSINSTITUT unterscheidet drei Arten von Trends: Megatrends, Konsum- und soziokulturelle Trends und Produkttrends.147 Den Begriff 'Megatrend' prägte John Naisbitt, Begründer der modernen Zukunftsforschung, 1980 mit der Erscheinung seines gleichnamigen Buches. Die Langlebigkeit der 'Megatrends' erkennt man daran, dass die darin veröffentlichten Prognosen und Denkmodelle, laut Matthias Horx noch heute, 25 Jahre später, aktuell sind. Neben ihrer langanhaltenden Gültigkeit müssen sie weitere Voraussetzungen erfüllen: Ihre Auswirkungen müssen neben dem Konsumbereich auch in Lebensbereichen wie Politik und Gesellschaft regional und global spürbar sein. 'Konsumtrends und soziokulturelle Trends' erstrecken sich über eine Zeitspanne von 5-8 Jahren. Sie spiegeln das Lebensgefühl der Gesellschaft im soziologischen Wandel wieder. Jüngste Beispiele hierfür waren die 'Wellness Welle' und der 'Geiz-ist-Geil'-Trend. Letzterer wird gerade von der 'Cheap und Chic' Bewegung abgelöst.148 Hingegen kann man 'Produkttrends' als „flüchtige, oberflächliche und marketinggesteuerte Phänomene"149 bezeichnen, die an eine Saison gebunden und durch Werbemaßnahmen steuerbar sind. Zukunftsforschung ist laut Horx weniger die Generierung exakter Vorhersagen geht, als die Annahme um „evolutionäre Wahrscheinlichkeiten".150 145 Ebenda. Vgl. ZUKUNFTSINSTITUT, FAQ zur Trend- und Zukunftsforschung, (i.f.z.: ZUKUNFTSINSTITUT, FAQ zur Trend- und Zukunftsforschung), online im Internet: URL: http://www.zukunftsinstitut.de/presse/interwiev.php, [Stand 13.12.2005]. 147 Ebenda. 148 WENZEL, EIKE, Cheap & Chic: Billig alleine ist nicht genug, in: persönlich, Februar 2005, 12. 149 ZUKUNFTSINSTITUT, FAQ zur Trend- und Zukunftsforschung. 150 Ebenda. 146 62 Anhand von 'Szenarien', 'Was-wäre-wenn-Annahmen' sollen die Wechselwirkungen der einzelnen Faktoren begreifbar(er) werden. Die Fähigkeit durch den 'Blick in die Zukunft' die Gegenwart besser zu verstehen, bezeichnet Horx als „Future Fitness" 151, die er als absolute Voraussetzung für Unternehmen sieht, die auch langfristig erfolgreich sein wollen. Den Zukunftsforschern stehen verschiedene Werkzeuge für den Blick in die Zukunft zur Verfügung. An erster Stelle steht das Internet. Es ermöglicht einen immer schnelleren und umfassenderen Zugang zu Datenmengen. Daneben entwickeln Zukunftsforscher ganzheitliche Zukunftsmodelle, wie das 'Sphärensystem' des Zukunftsinstituts. Das historische Tiefenwissen über Zivilisationsentwicklungen und -brüche und die Weiterentwicklung der Szenario-Technik runden die heutiger Arbeit der Trendforscher ab. Das zentrale ZUKUNFTSINSTITUT versteht sich hierbei als 'Think Tank' und führt die Ergebnisse der verschiedenen internationalen Institute zusammen, gleicht sie ab und entwickelt daraus Prognosen für den Markt. Neben individuell ausgerichteten Consulting-Veranstaltungen bietet das ZUKUNFTSINSTITUT einen 'Trendletter' an, der über zukünftige wirtschaftliche, technische, politische und kulturelle Entwicklungen informiert. Hierfür werden Daten aus unterschiedlichen Medien gesammelt, ausgewertet und Prognosen über Trends bezüglich Verbraucherverhalten und Absatzmärkten erhoben. Wie groß die Nachfrage an zukunftsweisenden Trendprognosen ist, sieht man am großen Angebot an Beratungsleistungen und den vielen, hochpreisigen Büchern, die zum Thema 'Zukunft und Trendforschung' erhältlich sind. Dirk Lubkowiz, tätig in der Marktforschung, relativiert jedoch die Ergebnisse der Trendforschung: „Nicht umsonst erleben die 'Trendpäpste' seit Jahren einen nicht nachlassenden Boom. Doch ihre Wegweiser in die Zukunft lassen die Entscheidungsträger im Unternehmen bei konkreten Problemen […] im Stich.".152 Deshalb rät er, neben der Trendforschung, zu einem klassischen Instrument: "Elegante Stichworte wie 'cocooning' und 'ferne Mythen' können leider die mühselige 'Arbeit' der Markt- und Zielgruppenbeobachtung sowie 'Praxisnähe' einer Recherche von Branchen und Produkttrends nicht ersetzen."153 3.4.3 Marktforschung Bei Produktneuentwicklungen und dem Relaunch bestehender Marken sucht das Marketing nach Entscheidungshilfen. Maßnahmen in der Produktplanung können nicht aus einem 'Bauchgefühl' heraus entschieden werden. Für solch weitreichende, immer öfter sich auch global auswirkende Entscheidungen braucht das Marketing Informationen, basierend auf verlässlichen, qualitativen Marktdaten, um kundenorientiert handeln zu können. Die GfK ist eines der größten Marktforschungsunternehmen weltweit. Die 'Ad Hoc', die 'Markt- und die Testmarktforschung' werden von Nürnberg aus gesteuert. In Zusammenarbeit mit eigenen Gesellschaften und Beteiligungsunternehmen in unterschiedlichen Ländern agiert die GfK global. 151 Ebenda. LUBKOWITZ, DIRK, Markt- und Trendforschung im Design Mangement. (i.f.z.: LUBKOWITZ, DIRK, Markt- und Trendforschung im Design Mangement.), in: Designmanagement, Frankfurt am Main, 1996, 127. 153 Ebenda. 152 63 Zur Datenerhebung bedient sie sich unterschiedlicher selbst entwickelter oder weiterentwikkelter Instrumente, die laut Eigenangaben „selbst in vielen nationalen und internationalen Untersuchungen ihre Aussagekraft unter Beweis gestellt und sich als verlässliche Entscheidungshilfe für das Marketing erwiesen haben.“154 Die GfK spricht von 8 Schritten zum 'kontrollierten Markterfolg'.155 Aufgabenstellung des Marketing 1. Marktsegmentierung und Identifikation von Marktchancen und Erfolgsfaktoren 2. Markenpositionierung 3. Konzeptentwicklung 4. Konzeptauswahl 5. Produktentwicklung 6. Preisgestaltung 7. Werbemitteloptimierung 8. Testmarkt, Volumenprognose, Marketing-Mit-Optimierung MARKETINGEINFÜHRUNG Marken- und Kampagnencontrolling Abb.17: 'Die 8 Schritte zum Markterfolg'156 Die Abbildung zeigt, dass es die GfK auch den Bereich der 'Produktentwicklung' mitaufführt. Damit dringt sie spätestens in den Kompetenzbereich der Produktgestaltung ein. Hier muss zumindest die reibungslose Kommunikation zwischen GfK/Marketing und Design funktionieren. Eigentlich sollte das Design schon bei der 'Konzeptentwicklung' und der 'Konzeptauswahl' eine Rolle spielen. Wenn Gestalter und Marketing/Marktforschung gleichberechtigt agieren, kann man zu folgendem Ergebnis kommen: „Wie sich gezeigt hat, stellt die Markt- und Trendforschung im Bereich Design-Management ein zentrales Werkzeug dar, um einen berechenbaren Produkterfolg zu gewährleisten."157 154 GFK, Ad Hoc Research, GfK Testmarktforschung, (i.f.z.: GFK, Ad Hoc Research, GfK Testmarktforschung), online im Internet: URL: http://www.gfk.de, [Stand: 14.12.2005]. 155 Vgl. Ebenda. 156 Vgl. GFK, Ad Hoc Research, GfK Testmarktforschung. 157 LUBKOWITZ, DIRK, Markt- und Trendforschung im Design Mangement, 133. 64 3.5 Innovationsmotor Design? Das weltweite Überangebot sich einander ähnelnder Produkte und der aggressive Druck der Konkurrenz wird immer mehr zum Problem für Produzenten und Vertreiber. Die Vergleichbarkeit in preislicher und technologischer Hinsicht verlangt den Unternehmen identitätsprägende Produkt- und Unternehmensaktivitäten ab. Es gibt Bereiche, wo die Ausstattung von Produkten mit weiteren technischen Leistungen eher zur Verunsicherung des Kunden als zur Differenzierung im Wettbewerb beiträgt. „Gewiss hängt überragende Leistung auch von hoher technologischer Kompetenz und betrieblicher Effektivität ab, aber ertragsstark wird ein Unternehmen erst durch eine einzigartige und unverwechselbare Marktstellung. Und diese geht aus einem System identitätsprägender Produkt- und Unternehmensaktivitäten hervor. Der Druck auf Unternehmen, sich in ihren Zielmärkten als vertrauensvoller und unverwechselbarer Partner zu qualifizieren und das auch zu kommunizieren, wächst. Das Unternehmensimage beziehungsweise die Marke wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil.“158 Doch angesichts der Informationsüberlastung durch die Medien und abgedroschener Werbeslogans besteht die Gefahr, dass die Kommunikationsstrategien der Unternehmen in der Vergleichbarkeit untergehen. Nur die Interaktion zwischen Firmenphilosophie und Produktsortiment, die einheitlichen Aussagen in Produkt- und Firmensprache und ein ganzheitliches stimmiges Bild führen zum Erfolg. „Die individuelle Präferenzbildung im Kaufentscheidungsprozess erfolgt schon heute primär über die Beurteilung und das Image der Produkte und Dienstleistungen selbst. Wettbewerbsvorsprünge werden maßgeblich durch den gezielten Aufbau von Produkt- und Unternehmensidentitäten erzielt.“159 An dieser Stelle kommt dem Produktdesign die besondere Bedeutung zu, neben der Qualität und der technologischen Kompetenz der Produkte auch unternehmensphilosophische Aspekte über die Produktsprache zu kommunizieren. Einer der Hauptnutzen des Designs liegt in der Fähigkeit, die Belange der Kunden in die Produktplanung und letztlich über den Entwurf in das Produkt selbst hineinzubringen. Weitere Stärken sind: – Design kann als Schnittstelle zur Integration vorhandener Ideen und Potentiale des Unternehmens genutzt werden. – Design kommuniziert Ideen und Identität des Unternehmens, 'bringt sie auf den Punkt' und vermittelt diese intern und extern. – Design fördert Innovation, Synergien und Wissenstransfer und verbindet dies mit den Unternehmensaktivitäten wie Konstruktion, Produktion und Vertrieb. Das Produktdesign ist in der Produktentwicklung eine zentrale Schnittstelle, an der unterschiedlichste Informationen zusammenlaufen, gebündelt, ausgewertet und verarbeitet werden. Die Schnittstelle Design verbindet die verschiedenen Unternehmensbereiche und deren Anforderungen und Wünsche bzgl der Produktplanung und -entwicklung. Gerade die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Faktoren Technik, Marketing,Vertrieb und Produktion öffnet ein weites Feld für Innovationen, die sich aus den synergetischen Prozessen der Designentwicklung ergeben. Die Anzahl von Geschmacksmusteranmeldungen in Deutschland bzw Europa gibt Hinweise auf den Einsatz von Produktdesign als Innovations- und Wettbewerbsinstrument. 158 MÖLLER, GÜNTHER, Senior-Consultant, design.net AG, Frankfurt am Main, Corporate Identity, Teil 1: Corporate Identity und Corporate Image, (i.f.z.: MÖLLER, GÜNTHER, Corporate Identity), online im Internet: URL: http://www.innovation-aktuell.de/kv1004-01.htm, [Stand 14.12.2005]. 159 Ebenda. 65 3.5.1 Geschmacksmuster, Patente Der Geschmacksmusterschutz hat seinen Ursprung im 18. Jahrhundert, als wegen zunehmenden Wettbewerbes in Mitteleuropa das Bedürfnis nach angemessenem Schutz von ästhetischer Form- oder Farbgebung auftrat. Das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen von 1876 sollte eine rechtsverbindliche Absicherung gegen Nachahmung darstellen und einen Anreiz zur Investition in die Produktgestaltung bieten. Mit geringfügigen Änderungen und der Novellierung im Jahr 1986 gilt es noch heute. „In der Bundesrepublik Deutschland gilt- wie in vielen anderen Ländern – der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Neue Erzeugnisse und Produktverbesserungen, Marken und Zeichen dürfen normalerweise nachgeahmt werden, ohne dass der Plagiator zur Rechenschaft gezogen werden kann – es sei denn, dass besondere Schutzrechte bestehen oder andere Umstände vorliegen, die Nachahmung rechtswidrig machen.“160 Somit wirkt nur die rechtzeitige Anmeldung von gewerblichen Schutzrechten schützend vor Nachahmung. Der Gemeinsame Markt der Europäischen Gemeinschaft und die verstärkte Konkurrenz durch global agierende Wettbewerber machen es notwendig, die Marktposition gerade der kleinen und mittleren Unternehmen abzusichern und auszubauen. Die optische Gestaltung eines Produktes ist häufig das einzige Unterscheidungsmerkmal zu Konkurrenzprodukten und beeinflusst oft maßgeblich die Kaufentscheidung. Ein Geschmacksmuster schützt das Produktdesign, das ein Produkt aufwertet und ihm einen hohen Wiedererkennungswert verleiht. „Durch ein Geschmacksmuster wird die ästhetische Gestaltung (Design) eines Gegenstandes, Modells oder Musters geschützt. Die Palette der Möglichkeiten reicht dabei von Gegenständen des täglichen Bedarfs über das Äußere von Maschinen oder Fahrzeugen bis zu Flächenmustern von Stoffen oder Tapeten oder typographischen Schriftzeichen. Als Geschmacksmuster können Produkte geschützt werden, die neu sind, Eigentümlichkeit aufweisen und gewerblich anwendbar sind.“161 Entscheidend sind Neuheit, Eigentümlichkeit, gewerbliche Anwendbarkeit und „ein Geschmacksmuster muss eine schöpferische Eigenart besitzen und damit auf einer individuellen, selbstständigen Leistung beruhen.“162 Die Eintragung des Geschmacksmusters erfolgt beim Deutschen Patentamt. Die Laufzeit trägt max. 20 Jahre. 160 RADLMEIER, MICHAEL, Schutzrechte, Fachakademie für Holzgestaltung GAP, Referat, 15.11.2000, online im Internet: URL: http://www.lernen-iminternet.de/Schwarzes_Brett/Referate_pdf/Referat_Patent1.pdf, 3, [Stand 10.07.2006]. 161 GÖTZ, BRUNO, Technisches Informationszentrum der Landesgewerbeanstalt Bayern LGA, Nürnberg, Patentbroschuere. (i.f.z.: GÖTZ, BRUNO, Patentbroschuere ), Februar 2003, online im Internet: URL: http://www.stmwivt.bayern.de/pdf/technologie/Patentbroschuere.pdf, 15, [Stand 14.12.2005]. 162 Ebenda. 66 „Das geistige Eigentum gewinnt in unserer globalisierten Welt immer mehr an Bedeutung. Schutzrechte fördern Innovationen“163, stellt Dr.Jürgen Schade, Präsident des Deutschen Patent- und Markenamtes fest. So formuliert er im Vorwort des Jahresberichts 2005: „Deutschland – Land der Ideen. Die Initiative der Bundesregierung zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 soll unseren Gästen eine wesentliche Stärke des Standortes Deutschland zeigen: den Einfallsreichtum und die Innovationskraft unserer Erfinder, unserer Wissenschaftler, unserer Wirtschaft. Dass auch das vergangene Jahr wieder ein Jahr der Ideen war, bestätigen die Anmeldezahlen bei den gewerblichen Schutzrechten. Die Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen sind spürbar gestiegen. Die Markenanmeldungen gingen nochmals deutlich nach oben und der Abwärtstrend bei den Geschmacksmustern ist gestoppt.“164 Aussagekräftig für die Designaktivitäten der Unternehmen sind die Geschmacksmusteranmeldungen, denn diejenigen, die neue Produkte auf den Markt bringen, versuchen in den meisten Fällen über die Schutzrechte auch das Design zu schützen. Abb.18: Entwicklung der Geschmacksmusteranmeldungen bis 2005165 Dr.Jürgen Schade schreibt, der Abwärtstrend bei den Geschmacksmustern sei gestoppt. In der Entwicklung der Geschmacksmusteranmeldungen bis 2005 kann man seit 1999 einen deutlichen Abwärtstrend erkennen. Dies könnte ein Hinweis auf insgesamt weniger Designaktivitäten der Unternehmen in den letzten Jahren sein. Mutmaßlich auch eine Auswirkung der Umstrukturierungen durch Unternehmensveräußerungen und -pleiten im Mittelstand, die in den letzten Jahren für ein schlechtes Investitionsklima auch in Sachen Design sorgten. 2005 scheint der Rückgang zunächst gestoppt. Dies ist möglicherweise auf ein sich langsam besserndes Wirtschaftsklima in Deutschland zurückzuführen. 163 SCHADE, JÜRGEN, DR., in: Jahresbericht 2005 des Deutschen Patent- und Markenamtes, (i.f.z.: SCHADE, JÜRGEN, DR., Jahresbericht 2005 des Deutschen Patent- und Markenamtes), online im Internet: URL: http://www.dpma.de/veroeffentlichungen/jahresbericht05/dpma_jb_2005.pdf, 3, [Stand 10.07.2006]. 164 Ebenda. 165 Vgl. DEUTSCHES PATENT‐ UND MARKENAMT, Entwicklung der Geschmacksmusteranmeldungen, zur Verfügung gestellt von Dr. Jürgen Schade, 27.04.2006. 67 Abb.19: Anteil angemeldeter ausländischer Muster166 Das Patentamt gibt an: „Der Anteil angemeldeter ausländischer Muster ist auf 23,1% (2004:18,1%) gestiegen, 76,9% (2004: 81,9%) der angemeldeten Muster kamen aus dem Inland. 51,7% der angemeldeten ausländischen Muster stammen aus Österreich, 18,4% aus Italien und 10,5% aus den USA.“ Der Anstieg der ausländischen Anmeldungen kann aus der globalen Wettbewerbssituation resultieren. Immer mehr ausländische Anbieter drängen auf den deutschen Markt, mit qualitativ hochwertigen und wertvoll gestalteten Produkten und lassen sich diese schützen. Die asiatischen Länder sind in dieser Aufstellung zu vernachlässigen, obwohl sie den deutschen Markt mit Konsumgütern überschwemmen. 3.5.2 Wettbewerbe Deutschland ist das Land der Designpreise. Mit mehr als 30 Wettbewerben, die von Designzentren, Ministerien, Verbänden und Firmen regelmäßig ausgeschrieben werden und bis zu 250 Einzelauszeichnungen, die es auf jeder der Veranstaltungen zu gewinnen gibt, vermarktet Deutschland seine Designer international. Darüber hinaus finden unzählige Talentwettbewerbe für den Nachwuchs statt, die von staatlicher Seite gefördert werden. Die hohe Teilnehmerzahl sichert den Initiatoren die Berechtigung, die Designer zu vermarkten. Nach einer GfK Online-Umfrage im Auftrag von iF International Forum Design wurden internationale Designwettbewerbe durch deren Teilnehmer bewertet. „Die Teilnahme an Designwettbewerben generell ist für Designer und Hersteller von großer Bedeutung: knapp die Hälfte der Befragten nehmen regelmäßig an Designwettbewerben teil, wobei die Teilnahmequote bei den Designern (58%) höher ist als bei den Herstellern (38%). Darüber hinaus nimmt ein weiteres Drittel der befragten Zielgruppe gelegentlich an diesen Wettbewerben teil (Designer:35%. Hersteller: 29%).“167 166 167 Vgl. DEUTSCHES PATENT‐ UND MARKENAMT, Jahresbericht 2005. GFK, Marktforschung, Internationale Designwettbewerbe im Meinungsbild der Teilnehmer, (i.f.z.: GFK, Marktforschung: Internationale Designwettbewerbe im Meinungsbild der Teilnehmer), im Auftrag der International Forum Design GmbH Hamburg, April/Juni 2002, online im Internet: URL: http://www.ifdesign.de/img/rsc/downloads/pdfs/presse_ueber_gfkstudie_d.pdf, 4, [Stand 14.12.2005]. 68 Selbständige Designer erhoffen sich durch die Teilnahme an Wettbewerben trotz hohen Aufwandes und Kosten eine Steigerung ihres Bekanntheitsgrades national und international. Umso wichtiger ist es, an Wettbewerben teilzunehmen, die tatsächlich international beachtet werden. Laut Gfk Umfrage „liegt der iF Design award an erster Stelle: 98% der in die Untersuchung einbezogenen Design-Fachleute ist der Wettbewerb bekannt. An zweiter Stelle folgt der red dot award, Essen.“168 Der iFdesign award ist ein seit 1954 jährlich ausgerichteter Designwettbewerb mit mehr als 1.800 Anmeldungen aus 30 Ländern pro Jahr. Die iF International Forum Design GmbH bietet sich neben der Ausrichtung des iFdesign award auch als Dienstleister für Unternehmen, Institutionen und politischen Parteien an. Leistungen wie die Organisation von individuellen Designwettbewerben, designorientierten Verkaufsschulungen, Unterstützung bei Messeauftritten, Seminaren oder anderen Events zeigen einen Dienstleistungssektor auf, der rund um die Designer und Designleistungen an sich aufgebaut wurde. Der red dot award wird vom Designzentrum Nordrhein Westfalen vergeben. Mit über 4.000 Anmeldungen aus insgesamt 40 Ländern zählt der red dot design award zu den größten Designwettbewerben weltweit. Neben der Ausschreibung des red dot award widmet sich das Designzentrum Nordrheinwestfalen als eingetragener Verein folgenden Aufgaben: „Zweck des Vereins ist die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Bildung betreffend Design, die Förderung der Erziehung betreffend den Umgang mit Design sowie die Förderung der Designkunst und Designkultur. Dieser Satzungszweck wird verwirklicht unter anderem durch Ausstellungen im In- und Ausland, Vorträge und Beratungen zu designrelevanten Themen und Fragestellungen, Veranstaltung von internationalen wissenschaftlichen Kongressen zu Theorie und Geschichte des Designs."169 Der Bundespreis Produktdesign ist die höchste deutsche Design-Auszeichnung und wird vom Rat für Formgebung/ German Design Council im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie alle zwei Jahre vergeben. Der Nutzen von Designpreisen ist vor allem im globalen Wettbewerb eher fraglich. Peter Zec, Geschäftsführer des Design Zentrum Nordrhein Westfalen „sieht den Nutzen von Designpreisen ohnehin eher in der internen Wirkung. Ein Preis sei ein wirksames Instrument, um die in Unternehmen immer noch vorhandenen Barrieren und Vorurteile gegenüber Design abzubauen.“170 Die Vermarktung von Designpreisen funktioniert in den meisten Fällen national. International sind die europäischen Designauszeichnungen bei den Endverbrauchern nicht bekannt. So existieren zahlreiche anerkannte Wettbewerbe, die im eigenen Land bekannt sind, wie zum Beispiel der Industrial Design Excellence Award (IDEA) in USA, in Japan der G Selection of Good Design Products (G-Mark) und in Italien der Compasso d´Oro. Eine international vermarktete und anerkannte Auszeichnung, also den 'Design-Oscar' gibt es nicht. Bekannte Wettbewerbe wie if oder red dot dienen in vielen Fällen als Bewertungskriterium für die Aufnahme in 'Design-Ranking-Listen', also als verlängertes PR-Instrument für die Designer. 168 Ebenda. DESIGNZENTRUM NORDRHEIN WESTFALEN, Designzentrum, Aufgaben, online im Internet: URL: http://www.red-dot.de, [Stand 10.07.2006]. 170 WIRTSCHAFTSWOCHE 32/99, Jagd nach Trophäen, 70-72. 169 69 Andere, von den Unternehmen selbst individuell ausgeschriebene Wettbewerbe, zielen häufig auf die Befruchtung eigener Designstrategien durch die Impulse der eingereichten Arbeiten. Eine direkte Umsetzung der Entwürfe oder gar eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem relevanten Unternehmen stellt sich in den wenigsten Fällen heraus. Desweiteren zu erwähnen sind die nichtöffentlichen Ausschreibungen von Unternehmen, die die Zusammenarbeit mit Designbüros projektweise oder längerfristig suchen. Es hat sich bei dem großen Angebot von Designdienstleistungen eingebürgert, mehrere Büros zu internen Wettbewerben einzuladen, meist schon mit einer konkreten Aufgabenstellung, um den passenden Partner für Designfragen zu gewinnen. Was früher eher im Agenturbereich üblich war, hat sich heute auch bei der Suche nach einem Industriedesigner etabliert. Insgesamt spricht die Vielzahl an deutschen Wettbewerben für eine aktive nationale Designlandschaft und zeichnet Designinnovationen aus. Man sollte jedoch bedenken, dass die Teilnahme an Designwettbewerben kostenaufwändig ist und viele kleinere Designbüros diese Kosten scheuen. Und vielen mittelständischen Auftraggebern ist es eine Designauszeichnung nicht wert, sich anzumelden. Tobias Timm schreibt in der Süddeutschen Zeitung über 'die teure Form'171 und kritisiert die Kosten, die für die Teilnehmer und Gewinner von Designwettbewerben anfallen. So beschreibt er den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland nicht als „Preis, den man erhält - sondern nur der Preis, den man bezahlt.“ Er führt zum Beispiel die Kosten auf, die man zu entrichten hat, wenn man nominiert wird: „Als die Grafikdesignerin Gudehus jedoch die Teilnahmebedingungen für den Designpreis las, verwandelte sich ihre Freude in Wut. Denn für die endgültige Teilnahme am Wettbewerb um die Auszeichnungen in Gold und Silber müsste Gudehus trotz Nominierung erst einmal 210 Euro an die Ausrichter überweisen. Und falls sie dann tatsächlich eine der 25 Auszeichnungen gewinnen sollte, wären sogar 2900 Euro fällig.“172 Obwohl die 'offizielle Design-Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland' jährlich vom Staat subventioniert würde, sei sie wohl „eher eine zentrale Maßnahme zur Geldbeschaffung“173, kritisiert Timm. Er ist der Ansicht, „ein Bundes-Designpreis sollte so ausgestattet sein, dass er die Gestalter fördert und nicht zur Kasse bittet.“174 Er erwähnt in diesem Zusammenhang auch red dot und if award, die so kostspielig für die Teilnehmer seien, dass sich die Gestalter an sich, die Teilnahme kaum leisten könnten. Die Hersteller und die Industrie nutzten die Preise als 'Marketingtool'. Es ist also fraglich, ob die ausgeschriebenen Designpreise tatsächlich die kreative Elite und innovativen Urheber im Designbereich fördern. Zusammenfassend kann Design den Innovationsmotor 'füttern' und trägt zu innovativen Prozessen bei. Sei es als Folge der interaktiven Zusammenarbeit verschiedener Akteure an der Schnittstelle Design oder als Innovationsträger selbst. Allerdings sind die einzelnen Designer und Büros von ihren Auftraggebern insofern abhängig, dass in den Unternehmen ein Klima geschaffen werden muss, das Innovationsleistungen seitens der Designer zulässt und diese als gleichberechtigte Partner anerkennt. Die Schutzrechte sollen diese Leistungen sichern und die Urheberrechte stärken. Designwettbewerbe können dazu beitragen, die Ergebnisse solcher Prozesse öffentlich zu honorieren. 171 TIMM, TOBIAS, Die teure Form, 6.Juli, 2006 in: Süddeutsche Zeitung Nr. 153, 11. Ebenda. 173 Ebenda. 174 Ebenda. 172 70 4 Produktdesign im globalen Umfeld Dieses Kapitel basiert unter anderem auf die Teilnahme an dem von Dr.Christoph Stehr geleiteten Seminar 'Intercultural Training'175 und an dem Tagesworkshop des VDID: 'China – Gefahr oder Chance'176. Intercultural Management ist ein weites Feld, und ich grenze das Thema insoweit ein, dass ich Position und Strategien der Produktdesigner und deren Auftraggeber im globalen Umfeld beschreibe. Generell kann man bezüglich Produktstrategien im globalen Kontext von zwei Basisströmungen sprechen, die die Produktgestaltung beeinflussen: kundenindividuelle, und kulturorientierte Produkte, wobei sich die Bereiche überschneiden können. Die Designer und Unternehmen als Akteure im interkulturellen Kontext von globalen Produktentwicklungsstrategien sind „mit einer immer heterogeneren Nutzergruppe und einem zunehmend kulturübergreifenden Nutzungskontext für ihre Produkte konfrontiert.“177 Traditionell wurden Produkte lokal konzipiert und genutzt. „Sind Quell- und Zielkultur identisch, ergeben sich allein aus diesem Zusammenhang noch keine Bedienprobleme.“178 Im Rahmen globaler wirtschaftlicher Verflechtungen und Wertschöpfungsketten wollen alle Hersteller von den internationalen Märkten profitieren und ihre Produkte nicht nur global fertigen, sondern auch vertreiben. Wird ein Produkt unter lokalen Aspekten gestaltet und entwickelt, kann es in einem anderen kulturellen Kontext zu Verständnis- und Bedienungsproblemen kommen. Die Softwarebranche als großer internationaler Vertreiber beschäftigt sich seit den 90er Jahren ausführlich unter dem Stichwort 'Usability' mit interkulturellem Design. 175 STEHR, CHRISTOPH, DR., Intercultural Training, Seminar an der Hochschule Ulm, 28.04.2006 bis 06.05.2006. 176 VDID, China – Gefahr oder Chance, Tagesworkshop am 14.Juni 2005 in Stuttgart. 177 HU BERLIN, Psychologie: Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine Systemen, (i.f.z.: HU BERLIN, Psychologie: Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine Systemen), online im Internet: URL: http://www3.psychologie.hu-berlin.de/ingpsy/alte%20Verzeichnisse%20-20Arb1/Lehrveranst/Seminar/ Psych_Technik/Kultur/kultur_und_mms.html, [Stand 14.06.2006]. 178 Ebenda. 71 4.1 Kulturorientiertes Produktdesign Zunächst ist die Definition des Kulturbegriffs notwendig, wobei es keinen einheitlichen Ansatz gibt. Nach Pia Honold179 manifestieren kulturelle Modelle den Begriff Kultur, die sich durch folgende Faktoren, die „Wahrscheinlichkeiten für Art und Weise der Wahrnehmung, des Denkens und des Handels angeben“, beschreiben lassen:180 • Lokalisationsfaktor: Kultur definiert Mitglieder einer Gruppe in Abgrenzung zu Mitgliedern anderer Gruppierungen. Dabei ist Kultur nicht unbedingt ortsabhängig, und jede Person darf auch mehreren Kulturen angehören. • Funktionsfaktor: Kultur schafft ein Orientierungssystem (Richtlinien, Gesetze, Wertvorstellungen) und ein Handlungsfeld (persönliche Ziele, Lebensweise, Gruppenzugehörigkeit). • Gestaltfaktor: Kulturelle Modelle unterscheiden sich in ihrer Reichweite (z.B. Determiniertheit) und daher auch in ihrer Bedeutung (z.B. ihrem Einfluß) auf eine Kultur. • Dynamikfaktor: Jedes Individuum erwirbt eigene kulturelle Modelle durch Interaktion mit seiner Umwelt und mit anderen Kulturen. Diese Modelle sind jedoch nicht starr, sondern werden ebenso durch Handeln und Erleben beeinflußt, wie sie Wahrnehmung, Denken und Handeln des Individuums beeinflussen. Durch Akkomodation und Assimilation werden kulturelle Modelle nachhaltig verändert.“181 Daniel Görlich unterteilt den Kulturbegriff zudem in die Aspekte der 'Kulturellen Umgebung' und der 'Kulturellen Mentalität'. Mit 'Kultureller Mentalität' umschreibt Görlich psychologische und verhaltensbedingte Eigenschaften von Individuen, wie zum Beispiel Symbol-Verständnis und Farbbedeutungszuordnung. Die 'Kulturelle Umgebung' bezieht sich auf zum Beispiel technologische Entwicklungen, Bildungsstandard, Gesetzesapparat und physikalische Faktoren wie z.B. das Klima. Transportiert man Produkte und technische Systeme aus der Ursprungskultur in andere Kulturkreise, so läuft man Gefahr, dass „es zu einer kulturellen Überschneidungssituation [kommt]: Das Modell des Entwicklers [...] passt durch unterschiedliche kulturelle Orientierungssyteme nicht unbedingt zu den Modellen der Benutzer der Zielkultur.“182 Aus dieser Problemstellung ergeben sich für die global agierenden Unternehmen folgende Strategien: 1. Produkte werden im lokalen Kontext entwickelt und kulturelle Merkmale bewusst eingearbeitet, um eine eindeutige Produktdifferenzierung zum globalen Wettbewerb zu erhalten. Als plastisches Beispiel dazu berichtet Wolfram Elwert auf der VDID-Tagung in Stuttgart über seinen Versuch als Designer für einen chinesischen Küchenhersteller auf die landestypischen Kochzeremonien einzugehen und diese in seine Entwürfe einzubeziehen. So machte er sich Gedanken über freistehende Küchenelemente, da aus seiner Sicht im teilweise tropischen Klima Chinas Einbauelemente aus hygienischen und Materialgründen nicht sinnvoll erschienen. Desweiteren recherchierte er über das traditionelle Wokkochen und baute dies als Möglichkeit mit ein. 179 HONOLD, PIA, Interkulturelles Usability Engineering, 2000. Vgl. GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen, (i.f.z.: GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen) online im Internet: URL: http://www3.psychologie.hu-berlin.de/ingpsy/alte%20Verzeichnisse%20-% 20Arb1/Lehrveranst/Seminar/Psych_Technik/Kultur/Paper_Goerlich.pdf, 3-4, [Stand 10.07.2006]. 181 GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen, 3-4. 182 HU BERLIN, Psychologie: Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine Systemen. 180 72 Sehr überrascht war er über die Reaktion seiner chinesischen Auftraggeber, die diesen Arbeitseinsatz nicht zu schätzen wussten. Sie wollten 'original' europäische hochwertige Einbauküchen als Statusobjekte kopieren. Die Wokkochstelle wurde nicht akzeptiert. Es gibt eine Reihe von erfolgreichen Produkten, die weltweit nachgefragt werden, weil sie aus einer bestimmten Kultur kommen. So ist 'Made in Germany' noch immer gefragt, wie unsere Autoindustrie zeigt. Gerade Exklusivprodukte verlangen nach dem Besonderen, dem Traditionellen und dem Unterschied zur Masse. In diesem Fall werden eventuelle Bedien- oder Verständnisprobleme von den Nutzern in Kauf genommen. 2. Produkte werden für den globalen Kontext konzipiert, „es wird eine einzige Benutzerschnittstelle entwickelt und so gestaltet, dass sie von einer globalen Benutzergruppe angewendet werden werden können.“183 Dieses Vorgehen kann zum Beispiel bei großen Franchise-Ketten wie MC-Donalds oder bei Großkonzernen wie Sony beobachtet werden. „Kulturelle Globalisierung tritt hier vor allem als globale Kulturindustrie auf und bringt eine Angleichung kultureller Symbole und Lebensformen hervor. Die eine Welt erscheint als Waren-Welt. Als 'McWorld' (Benjamin Barber) oder 'McDonaldisierung“ (George Ritzer) wird diese Tendenz kultureller Globalisierung abkürzend bezeichnet. Da die allermeisten multinationalen Konzerne ihren Ursprung und Hauptsitz in den USA haben, wird für diese Ausbreitung westlicher Konsum- uns Kulturwaren oft synonym von der 'Amerikanisierung' gesprochen.“184 Bernd Wagner beschreibt in seinem Text 'Kulturelle Globalisierung' das Phänomen der 'Amerikanisierung', als eine von amerikanischen Großkonzernen gesteuerte imperialistische Strategie, die Welt mit Konsumprodukten zu beherrschen. Ein globales Objekt ganz anderer Art zeigt eine solche Omnipräsenz, dass ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen wurde: Der weiße Plastikstuhl. Auf der Webseite functionalfate.org185 werden Geschichten und Bilder rund um das auf der ganzen Welt verbreiteten Plastikmöbel gesammelt. Hier wird der weiße Plastikstuhl unter anderem „zum Zeugen weltpolitischer Schlüsselszenen [...]: Ein erboster Yassir Arafat hält irgendwo im Westjordanland die Reste eines Plastikstuhls in die Kameras, der bei einem Angriff des israelitischen Militärs zu Bruch gegangen war - [...]“186 Der weiße Plastikstuhl tauchte vor etwa dreißig Jahren auf, präsent und doch „ursprungslos [...] aus der anonymen Tiefe der Industriegeschichte und [hat] weder Designer noch Logo vorzuweisen - [...]“. 187Dieses 'Non-Design-Objekt' eroberte die Welt ungehindert und wuchert als global player mit anonymen Ursprung. Die Massenfertigung, der geringe Preis und die Verbreitung im Handel verhalfen dem Gartenstuhl zu einem Erfolg in größten Stückzahlen. Als Kunststoffspritzteil gefertigt wird er auf teuren Maschinen in großer Masse hergestellt, die dann, wenn sie amortisiert sind in die Dritte Welt verkauft werden, wo weiter produziert wird. Deshalb findet man den weißen Plastikstuhl in deutschen Gärten, sowie im Hinterhof einer Kneipe in Brasilien. 183 Ebenda. WAGNER, BERND, Kulturrelle Globalisierung, Text im Rahmen des Seminars 'Intercultural Training'. 185 FUNCTIONALFATE.ORG, online im Internet: URL: http://www.functionalfate.org, [Stand 10.07.2006]. 186 DÜKER, RONALD, Das globale Objekt. (i.f.z.:DÜKER, RONALD, Das globale Objekt.), in: Netzeitung.de, 03.12.2004, online im Internet: URL: http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=784&item=315548 [Stand 14.06.2006]. 187 Ebenda. 184 73 Im Gegensatz zur Coca-Cola-Flasche symbolisiert der weiße Plastikstuhl „das Emblem einer Globalisierung, die kein Zentrum mehr zu kennen scheint.“188 Der weiße Plastikstuhl und die Coca-Cola-Flasche sind globale Produkte, die man überall auf der Welt erwerben kann. Die Cola-Flasche eine Designikone, der Plastikstuhl ein Objekt „formaler Unausgegorenheit“189. Es gibt Prognosen, die besagen, dass „die Benutzerfreundlichkeit von Maschinen im 21.Jahrhundert durch die Globalisierung derart beeinflusst wird dass zukünftige Systeme nur noch als benutzerfreundlich und kundenorientiert bezeichnet werden können, wenn sie kulturorientiert gestaltet werden.“ 190 Der Produktgestalter hat die Möglichkeit interkulturelle Aspekte über die kultrellen Dimensionen nach Hofstede und nach Trompenaars und Hamden-Turner in die Produktgestaltung miteinzubeziehen. Die Suche nach kulturellen Dimensionen ist Forschungsgegenstand interkultureller Forschung. Durch diese kulturellen Dimensionen lassen sich Kulturen klassifizieren und die Unterschiede analysieren. Verschiedene Autoren und Forscher begründen die Grundlagen der kulturellen Dimensionen. „Mit am bekanntesten, und auch am meisten angewandt, sind die Dimensionen von Hofstede (1991) und Trompenaars und Hampden-Turner (1997). Ihre Dimensionen wurden u.a. von Schwartz, der Chinese Culture Connection, Fiske und anderen unabhängig validiert und ergänzt.“191 Individualismus/Kollektivismus (Individualism/Collectivism) nach Hofstede Die Individualismus/Kollektivismus Dimension Hofstedes beschäftigt sich vor allem mit der Ausrichtung innerhalb einer Gesellschaft auf das Individuum oder auf die Gruppe. „In einer individualistisch ausgeprägten Gesellschaft steht das Individuum im Vordergrund: Es ist wichtig 'seinen Weg zu gehen', 'gegen den Strom zu schwimmen'. Nicht umsonst proklamierte der Amerikaner (die USA sind die individualistischst orientierte Kultur) Frank Sinatra 'I did it my way!'. Die Chinesen kontern mit dem Sprichwort 'Der Nagel der herausragt wird in das Brett gehämmert' - denn in dieser kollektivistisch ausgeprägten Gesellschaft steht die Gruppe als Gesamtheit im Vordergrund, und ist wichtiger als die Selbstverwirklichung der Gruppenmitglieder.“192 Diese Dimension lässt sich bei der Produktgestaltung vor allem bei der Komplexität der Bedienung berücksichtigen: in einer individualistischen Gesellschaft wie der unseren sind die Konsumenten aber auch die Benutzer im beruflichen Umfeld daran gewöhnt, selbstständig und autonom Entscheidungen zu treffen. Dies impliziert auch, sich zwischen verschiedenen, mehreren Möglichkeiten zu entscheiden. Für die Benutzeroberfläche eines Konsumgutes oder einer Maschine bedeutet das, dass dem User durchaus komplexere Bedienungsabläufe zugemutet werden können. Eingeschränkt wird dieser Umstand durch die immer größer werdende Gruppe der Senioren, die sich eine einfache Bedienung wünschen. In einem kollektivistischen System, wie zum Beispiel China funktionieren Arbeitsprozesse nur in kleineren übersichtlichen Einheiten: die Arbeiter an den Maschinen werden einseitig und weisungsgebunden ausgebildet und besitzen kein tieferes Technologieverständnis. 188 Ebenda. Ebenda. 190 GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen, 4. 191 INTERCULTURAL NETWORK, Kulturelle Dimensionen. (i.f.z.: INTERCULTURAL NETWORK, Kulturelle Dimensionen), online im Internet: URL: http://www.interculturalnetwork.de/einfuehrung/kulturelle_dimensionen.shtml, [Stand 19.06.2006]. 192 Ebenda. 189 74 Hier bevorzugen die Arbeitgeber einfache, geradlinige Bedienstrukturen. Jedoch die Konsumenten holen auf in China: je mehr der Wohlstand Einzug hält, desto schneller gewöhnen sich gerade die jungen Chinesen an westliche Technologie im Konsumgüterbereich. Maskulinität/Femininität (Masculinity/Femininity) nach Hofstede Unterschieden wird in zwei gegensätzliche,'geschlechtsspezifische' Eigenschaften von Kulturen. Feminine Kulturen lassen sich mit den Eigenschaften „Mitgefühl, Toleranz, sozialer Ausrichtung und einer gewissen Sympathie für den Schwächeren“ beschreiben. „Ein Paradebeispiel für eine feminine Kultur ist die niederländische Kultur sowie die skandinavischen Länder.“193 „Maskuline Kulturen auf der anderen Seite sind mehr durch die 'kriegerisch-männlichen' Eigenschaften gekennzeichnet: Nur der/das beste zählt, Toleranz und Mitgefühl spielen eine untergeordnete Rolle. Geschlechterrollen sind relativ strikte getrennt. Als typische maskuline Kulturen gelten z.B. die USA, Japan, Deutschland und Italien.“194 Diese Eigenschaften lassen sich insofern auf Produkte und deren Umfeld übertragen, da sie neben weiblichen und männlichen Gestaltungsmerkmalen (weich/hart) vor allem beim Verkauf der Produkte eine Rolle spielen. So streben maskuline Kulturen nach Statussymbolen, wie dem Sportwagen, der Rolex usw. Diese Erkenntnis lässt sich im Design durch die Übertragung der Formensprache von Luxusgütern auf Massenartikel nutzen. Unsicherheitsvermeidung, bzw. Risikobereitschaft (Uncertainty Avoidance) nach Hofstede „Kulturen wie die Amerikanische, aber auch Großbritannien, Schweden und Dänemark empfinden Risiko eher als Herausforderung als als bedrohlich. Nicht zuletzt, sind z.B. amerikanische Banken dafür bekannt, daß sie z.B. Kredite einfach vergeben und damit selbstverständlich ein erhöhtes Risiko eingehen. In Ländern wie Griechenland, Spanien, Italien und Deutschland sieht die Situation anders aus: Risiko bedeutet Bedrohung. So ist z.B. das deutsche Ausbildungssystem eine wahre Hommage an die Unsicherheitsvermeidung: Selbst zum Verkaufen von Brötchen gibt es eine Ausbildung. Diese Vorstellung ist z.B. in Großbritannien absurd - wo z.B. jemand der Französisch studiert hat durchaus als Berater in einer Bank arbeiten kann.“195 Übertragen auf die Produktkultur kann diese Dimension bedeuten: was fremd ist, ist bedrohlich. Ein Beispiel sind die Koch- und Essgewohnheiten in verschiedenen Ländern: in Spanien und Portugal wird „fast ausschließlich auf die erprobte einheimische Küche zurück gegriffen - in jedem Supermarkt in Großbritannien kann man hingegen Zutaten für Indische, Chinesische und eine Vielzahl anderer Speisen ohne Probleme bekommen.“196 Unter Umständen muss sich das Design in Ländern mit hoher Unsicherheitsvermeidung mehr an konservative und gewohnte Bilder der Konsumenten anpassen. 193 Ebenda. Ebenda. 195 Ebenda. 196 Ebenda. 194 75 Machtdistanz (Power Distance Index) nach Hofstede Welche Hierarchien herrschen in den Kulturen vor? Welche Akzeptanz zeigen die Menschen gegenüber der Macht von Institutionen und Organisationen? In Ländern wie China und Japan wird eine hohe Machtdistanz gewahrt, Respekt gegenüber den Vorgesetzten und Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ist oberstes Gebot. „In Amerika, am anderen Extrem, ist dies nicht notwendigerweise der Fall: Respekt vor Macht oder Einfluss ist relativ gering. So wurde z.B. Clinton's Affäre offen in den Medien ausgeschlachtet - ganz im Gegensatz zu der unehelichen Tochter Mitterands in Frankreich. In beiden Fällen waren die Tatsachen der Presse sehr wohl bekannt - aber in einer Kultur die relative wenig Respekt vor Mr President hat, gibt es wenig Gründe diesen nicht offen anzugreifen. In Frankreich war Messieur le President eher immun gegen eine öffentliche Debatte.“197 Kulturen mit kleiner Machtdistanz erlauben den Menschen vor allem im beruflichen Bereich, ihre Persönlichkeit zu entfalten, flache Hirarchien fordern Teamarbeit ohne die Stellung der Teampartner in den Vordergrund zu stellen. Mobilität und Individualität am Arbeitsplatz haben so Auswirkungen auf die Gestaltung und Konzeption der Arbeitsumgebung. Partikularismus und Universalismus (Universalism/Particularism) nach Trompenaars und Hamden-Turner Der Universalismus verkörpert die Suche nach der einen Wahrheit, während im Partikularismus verschiedene Versionen der Wahrheit zugelassen werden. „So gilt, z.B. für die meisten Amerikaner ihre Form der Demokratie als die erstrebenswerteste Form der Demokratie. Sie ist das universale Prinzip. Amerika exportiert diesen Universalismus auch weitreichend: McDonalds, Disneyland und CocaCola sind nur einige der Beispiele die sich eher etwas schwer tun partikularistische Methoden einzusetzen. Damit machten sich die Amerikaner nicht nur im partikularistischem Frankreich einige Feinde - sondern die gesamte Globalisierungsdiskussion dreht sich eigentlich um die Frage von Particularismus und Universalismus.“198 Universalistische Kulturen neigen zum Missionieren, so werden zum Beispiel an angelsächsischen Managementschulen vorwiegend als universal geltende ökonomische Prinzipien gelehrt. Für das Produktdesign bedeutet dies in ähnlicher Form eine Universalgestaltung, die möglichst viele Konsumenten anspricht. Ein (amerikanisches) Gestaltungsprinzip, das die 'global player' wie z.B. Sony oder Nintendo zur Designstrategie erklären. Neben den genannten Dimensionen zur Klassifizierung von Kulturen erweitert sich das Gebiet der interkulturellen Forschung in der aktuellen Diskussion fortlaufend. Die verschiedenen Dimensionen können nicht nur einzeln betrachtet werden, sondern ergeben im Zusammenspiel einen komplexeren Sinn. In Hofstedes Untersuchung finden sich Tabellen, die verschiedene Länder nach den kulturellen Dimensionen einklassifizieren. So kann man ablesen, welche Länder wo in der Skala stehen. 197 198 Ebenda. Ebenda. 76 Görlich zum Beispiel vergleicht in seiner Arbeit Südamerika, China, Indien, Indonesien und Korea bezüglich unterschiedlicher Ansprüche an Design und Ausstattung von Maschinen: Südamerika China Indien Indonesien Korea Übernahme von europäischen und amerikanischen Designs ohne Schwierigkeiten x Angst vor Fehlbedienung; Schulung wird vorausgesetzt x x x x Leistungsumfang x x x x Umfangreiches Zubehör/Ersatzteile x Umfassender Support vom Hersteller wird verlangt x x Langlebigkeit, hohe Qualität und Ausfallsicherheit x x Nachträgliche Programmierbarkeit x Einfluss auf die Gestaltung der Bedienbarkeit x Benutzerfreundlichkeit, übersichtliche Gestaltung x x x Abb.20: Ländervergleich bzgl. unterschiedlicher Ansprüche an Design und Ausstattung von Maschinen199 Dieser Tabelle kann grundsätzlich entnommen werden, dass Südamerika im Gegensatz zu den asiatischen Ländern keine Anpassungschwierigkeiten an europäische und amerikanische Designs aufweist, trotz rückständiger Technologieentwicklung. Dies liegt laut Görlich vor allem an den Nutzern selbst, die sich durch ein entsprechendes Bildungssystem an technologische Fortschritte schneller anpassen, und so Entwicklungen in relativ kurzer zeit nachvollziehen können. Sie sind in der Lage bestimmte Prozesse autonom zu steuern und Fehler selbst zu beheben. Anders die Arbeiter in Asien, die einseitig und weisungsgebunden ausgebildet werden und kein tieferes Technologieverständnis besitzen. Hier geht es um rudimentäre Bedienvorgänge an der Maschine, einfache Funktionen werden von vielen Bedienern ausgeführt. In unserer Arbeitswelt werden von den Anwendern wesentlich komplexere Bedienvorgänge und autonome Entscheidungen erwartet. Die Arbeiter sind hier umfassend ausgebildet und werden aus kostengründen möglichst rationell eingesetzt, was sich wiederum durch komplexere Bedienabfolgen und Aufgaben in der Gestaltung niederschlägt. Benutzerfreundlichkeit und eine übersichtliche Gestaltung sind hier wichtig. Grundsätzlich kann man bei kulturorientierten Designstrategien in drei Ansätze unterscheiden: „1. Lokalisation, d.h. die Entwicklung von kulturspezifischen Designs, Systemen und Maschinen für einen speziellen Zielmarkt bzw. eine spezielle Zielgruppe. 2. Globalisation, d.h. einen internationalen, kulturübergreifenden und daher kulturunabhängigen Standard für die Nutzung in allen Märkten. 3. Internationalisation, d.h. eine Basisstruktur mit der Absicht einer späteren, z.B. kulturabhängigen Anpassung an den Kunden. Jede mögliche Gestaltungsform muß dabei in den strukturellen und technischen Voraussetzungen der Basisstruktur bereits geschaffen worden sein.“200 199 200 Vgl. GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen, 5-8. GÖRLICH, DANIEL, Kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen, 3-4. 77 Interkulturelle Aspekte werden in einer globalen Wirtschaft immer wichtiger. Sei es in der Produktplanung und -gestaltung, oder in den Arbeitsprozessen an sich, die sich durch dezentrale Organisationsstrukturen aufsplitten. „Dabei müssen sich die einzelnen Teammitglieder heutzutage nicht einmal mehr persönlich begegnen: Durch die zunehmende Globalisierung arbeiten oftmals Mitglieder verschiedener Kulturen zusammen; multinationale Konzerne mit Zweigstellen rund um den Globus erreichen inzwischen die Bearbeitung eines einzigen Projektes in 24-Stunden-Schichten: Wenn in einem Land die Teams ihren Feierabend genießen, führen Teams in anderen Ländern ihre Arbeit fort.“201 Dies schlägt sich auch auf die Arbeitsabläufe an der Schnittstelle Design und Konstruktion nieder. Hier sind es vor allem die Ingenieure, die dafür Sorge tragen, dass die Entwürfe der Designer umgesetzt werden können. Sie haben in vielen Fällen mit internationalen Zulieferern in der Konstruktion und Produktion zu tun. Dementsprechend muss das Design selbsterklärende Datensätze zur Verfügung stellen, die im weiteren Verlauf von den Projektingenieuren verwaltet und weitergereicht werden. Zu den Schwierigkeiten, die dabei entstehen können, habe ich Stefan Maier und Heiko Hafner, beide Ingenieure und Projektleiter der Firma BEURER in Ulm, in einem Interview befragt202: Wie würden Sie die Kommunikation und den Arbeitsprozess mit den chinesischen Zulieferern beschreiben? Heiko Hafner, [HH]: „Bei den Lieferanten, die ich betreue funktioniert das nur bedingt. Am besten über aussagekräftige CAD-Daten, da bekommt man noch am ehesten was man will. Das Problem sind zum Beispiel Mock-Ups [Funktionsmodelle], die vom Zulieferer eigenmächtig geändert werden, was das Design betrifft. Und dann kann man fragen, warum habt Ihr das geändert und wenn man Glück hat, bekommt man eine Auskunft. Es ist sehr traurig, dass die Kommunikation nicht passt, ob das die Machbarkeit ist oder ein Konstruktionsproblem.“ Liegt das daran, dass die betreffenden chinesischen Ansprechpartner Sie nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, zum Beispiel aus ökonomischen Gründen? [HH]: „Nicht verstehen wollen aus Kostengründen und Bequemlichkeit oder Fertigungsproblemen. Es ist generell schwierig, die Gründe für die Kommunikationsprobleme rauszufinden.“ Kann es sein, dass die Kommunikation über eine so große Distanz generell nicht funktionieren kann? Stefan Maier, [SM]: „Es ist ein Mentalitätsproblem. Bei den Asiaten allgemein ist es so, wenn die einen Datensatz bekommen, dass die erstmal loslaufen. Sie ändern die Daten entsprechend ihren Vorstellungen und arbeiten die Dinge ab ohne sich mit den Verkaufsleuten, die ja unsere Ansprechpartner sind, abzustimmen. Dann schicken sie den Datensatz einfach wieder zu uns zurück. Und die Kunst ist, die an die Leine zu nehmen und ihnen klar zu machen, es läuft nichts ohne direkte Absprache mit uns. Eigentlich sollte die Zusammenarbeit von Projekt zu Projekt besser klappen aber in den chinesischen Firmen gibt es das große Problem der Fluktuation, dass Mitarbeiter häufig wechseln, und dann kann man wieder von vorne beginnen. Außerdem ist das Bewusstsein für Design und Ergonomie der Produktivität und den Kosten untergeordnet. Die Konstrukteure sind darauf getrimmt, möglichst schnell in die Werkzeuge zu gehen und die Termine, die Ihnen von den Salesleuten gemacht werden, einzuhalten. Also der Aufwand, der getrieben werden muss, um Qualität zu bekommen, ist dort dem Profit untergeordnet.“ 201 202 Ebenda. MAIER, STEFAN/HAFNER, HEIKO, Zusammenarbeit mit externen Zulieferern am Beispiel China, Interview im Hause beurer, 18.April 2006. 78 Das ist ja dann doch auch für Sie ein erheblicher Aufwand, wenn Sie alles kontrollieren und nachbessern müssen. Gibt es denn von Ihrer Firma Maßnahmenkataloge für die chinesischen Konstrukteure? [SM]: „Die haben unsere Designvorgaben, zum Beispiel in puncto Ergonomie und Bedienerfreundlichkeit, und unser Qualitätsniveau muss eingehalten werden. Es ist in der Vergangenheit schon oft passiert, dass die Zulieferer uns Designvorschläge gemacht haben, die wir abgelehnt haben, da sie nicht unserem Verständnis von Ästhethik und Qualität entsprochen haben. Und da muss sich der Zulieferer unseren Wünschen beugen.“ [HH]: „Es ist schwierig, einen Lieferanten zu erziehen. Innerhalb Deutschlands funktioniert das noch, die können Sie ja auch gleich greifen.“ [SM]: „Da setzen Sie sich ins Auto und fahren hin und können vor Ort Dinge mit der Konstruktion regeln. Allerdings hat die zeitliche und räumliche Distanz auch den Vorteil, dass sie nicht sofort reagieren müssen, und da können sich bestimmte Dinge erst einmal setzen bevor man in die nächste Besprechung geht.“ Haben Sie insgesamt das Gefühl, dass Sie den Prozess im Griff haben oder fühlen Sie sich ausgeliefert? [SM]: „Ich habe den Prozess im Griff. Ich muss mir schon entsprechend bewusst sein, wenn ich etwas sage, dass es dort unten funktioniert. Wenn ich das Gefühl habe, der Prozess entgleitet mir, dann ziehe ich die Notbremse. Dann wird alles gestoppt und die Verantwortlichen müssen sich noch einmal unterhalten. Wenn dann keine Einsicht da ist, dann geht das immer eine Ebene höher. Da muss von unserer Seite Druck aufgebaut werden, denn wir sind ja die Auftraggeber.“ Müssen Sie in so einer Situation dann auch kurzfristig nach China? [SM]: „Ja, das kommt öfters vor, dass mir gesagt wird, jetzt packen Sie Ihre sieben Sachen und klären Sie die Situation vor Ort. Und die Probleme in der Umsetzung können dann meist relativ schnell gelöst werden, wenn von oben [Geschäftsführung Zulieferer] interveniert wird. Das sind meist keine technischen Probleme, sondern es fehlt das Verständnis für Design und Qualität.“ Hängt dort dann alles an den Vorgaben von oben? [SM]: „Die einzelnen Mitarbeiter dort haben nicht das Gespür, das Mitdenken, sondern sie arbeiten nach Anweisung. Sie müssen sich das so vorstellen, dass die Büros, nicht so wie hier in Europa großzügig sind, und dass man einen relativ nahen Kontakt zu seinen Kollegen hat. Sondern es sind kleine Parzellen und jeder Konstrukteur ist für sich. Sie als Auftraggeber haben dann einen Ansprechpartner im Salesbereich und der koordiniert Ihre Angelegenheiten intern. Nur dieser Mitarbeiter ist kein Ingenieur, sondern ein Verkaufsleiter, und der hat überhaupt keinen Einblick in das [technische] Problem, das er auf seinen Schreibtisch bekommt. Er leitet das weiter, ein Konstrukteur erledigt das und schiebt es wieder zu ihm zurück. Dann wird das Ergebnis an uns geschickt, und an dieser Stelle passieren die Fehler und Missverständnisse.“ [HH]: „Letztendlich liegt es tatsächlich an unseren Kontaktpersonen, wie gut die das managen. Und diese Beziehung muss man aufbauen und die Ansprechpartner für unsere Denke sensibilisieren. Aber die delegieren eben auch nur und schicken uns die Daten oder Muster kommentarlos, und wir wissen oft überhaupt nicht, was ist falsch, was sind die Änderungen. Wir wissen oft nicht, warum wurde das eine oder andere Detail geändert. Da ist die Kommunikation wirklich schlecht.“ Und Sie können nicht direkt bei den Konstrukteuren nachfragen? [SM]: „Die können meistens kein Englisch. Und die Hirarchien sind sehr streng, da denkt dann vielleicht der Manager, er wird übergangen.“ 79 Welche Regeln müssen Sie in der direkten Ansprache per e-mail oder Telefon beachten? [HH]: „E-mails können knapp uns sachlich gehalten werden, mit den üblichen Höflichkeitsformeln [danke, best regards, usw.] bei jeder e-mail. Wir reden die Leute mit Vornamen an. Die Chinesen haben sogar spezielle englische Vornamen, da die chinesischen Namen für uns kompliziert sind.“ Was sagen Sie zu einer Aussage aus Ihrem Hause: „Die Chinesen lügen und verzögern [Projekte]“? [HH]: „Also 'lügen' würde ich nicht direkt sagen aber vielleicht 'schönreden'. Die Chinesen sind sehr eifrig und geben ihr Bestes, aber sie überschätzen sich und liefern unter dem Profitgedanken Zeitpläne ab, die unrealistisch sind. Und wenn das nicht klappt wird erst einmal nichts gesagt.“ [SM]: „Das liegt an der Scham, die unsere Ansprechpartner empfinden, wenn sie etwas nicht schaffen. Da muss man eine persönliche Beziehung aufbauen, um der persönlichen Betroffenheit, die in Verheimlichen umschlägt, entgegenzuwirken. Das ist die Kunst, ein Teamgefühl zu vermitteln, wenn Du schlechte Arbeit machst, geht es mir genauso schlecht....und das wird eigentlich auch angenommen. Persönliche Beziehungen sind wichtig, nur muss man aufpassen, da die Kontaktperson selbstverständlich ihrem Unternehmen verpflichtet ist.“ Liegt denn die Ursache für Verzögerungstaktiken nicht auch in einer Art Schaukelpolitik der chinesischen Zulieferer, da sie mehrere Auftraggeber gleichzeitig beliefern? [SM]: „Man spürt schon ganz deutlich, ob man bei einem A, B oder C-Lieferanten ist. Deswegen versuchen wir, in unserem Bereich maximal zwei Lieferanten was Niveau und Technologie betrifft, aufzubauen und exklusiv an uns zu binden. Und das muss dann auch von uns kontrolliert werden.“ Wie würden Sie Ihre persönlichen Kontakte beschreiben? [HH]: „Klar, man muss die Leute mit Respekt behandeln. Gastfreundschaft wird groß geschrieben.“ [SM]: „Je nachdem an was Sie Interesse haben, wird mit Ihnen gemacht, wie zum Beispiel eine Teezeremonie. Gearbeitet wird allerdings von morgens bis spät in die Nacht und es wird respektiert, wenn man dann zu müde ist, um noch groß wegzugehen. Kleine Gastgeschenke von beiden Seiten sind übrigens gut für das Teamgefühl. Und Sie müssen offen sein und Interesse an der Kultur zeigen, dann wird man Ihnen gegenüber sehr positiv reagieren und das führt wiederum zu erfolgreichen Projekten.“ Vielen Dank für das Gespräch. 80 4.2 User-Centered Design – kundenindviduelle Designkonzepte „Gott erschuf den Menschen heißt es in der Bibel. Das ist falsch. In Wirklichkeit hat Gott das Individuum erfunden. Wir haben nur 20'000 Jahre gebraucht, bis wir uns von der Masse zum Individuum entwickelt haben. Das liegt daran, dass das Individuum früher nicht gefragt war. Zu allem hat man Masse gebraucht. Um Pyramiden zu bauen, um in Galeeren gegen den Strom zu rudern, um Eisenbahnlinien durch Urwälder zu ziehen, um Kriege zu führen. Damit ist es jetzt vorbei. Heute braucht man zu allem das Individuum. Und die Macht der souveränen Individuen wird noch über alle Maßen ansteigen. Denn wir befinden uns mitten in einer neuen Ökonomie. Vorbei ist die Zeit der Massenproduktion, die eine Kultur von Dingen schuf, die nicht genau passten, nicht genau gefielen, nicht den gewünschten Dienst leisteten. Noch vor 10 Jahren waren die Produkte die Utopie des Kapitalismus. Heute sind es die Kunden und die Anbieter müssen Kundenwünsche erfüllen. Kundenwünsche - und sonst gar nichts.“203 Je unübersichtlichere Dimensionen unsere Umwelt annimmt, desto mehr sehnen wir uns nach individuellen, für uns maßgeschneiderten Rückzugsorten, die uns angesichts der Komplexität der Welt nicht klein und unwichtig erscheinen lassen. Die Vernetzung von Wissen und das ständige Bombardement mit Informationen ist für die Einen ein mentaler Abenteuerspielplatz der grenzenlosen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und für die Anderen eine Überschreitung ihrer Belastungsgrenzen, ein moderner Fluch. In dieser Informationsgesellschaft sind neue Organisationskonzepte mit Filterfunktionen gefragt, die uns vor dem 'Informations-Overkill' schützen. Große Medienkonzerne und Internetunternehmen (Bertelsmann, Suchmaschinen wie Google, usw.) übernehmen weitgehend die Kanalisierung von Information und sind damit zu einer ernst zu nehmenden höchst manipulativen Macht herangewachsen. Durch Werbeverträge an die produzierende Wirtschaft gekoppelt, vertreten sie die Interessen der Werbekunden und prägen somit maßgeblich die gesellschaftliche Vorstellung von Glück. Glücksgefühle, die unter anderem auftreten beim Kauf eines Produktes, das nicht nur unseren Intellekt anspricht, sondern auch unsere Gefühlsebene. Allein Funktionalität und Qualität sind auf dem globalen Markt keine überzeugenden Verkaufsargumente mehr. „Produkte, die als Marke bestehen wollen, werden nicht mehr allein durch die reine Funktion überzeugen. Sie müssen vielmehr zu Erfüllungsgehilfen individueller und emotionaler Anspruchshaltungen werden.“204 Dieser Anspruch macht aus uns Konsumenten 'Prosumenten'. Alvin Toffler205, amerikanscher Schriftsteller und Futuruloge, erfand den Begriff des 'Prosumenten', der sich aus den Wörtern Produzent und Konsument zusammen setzt. Im Rahmen des Wertschöpfungskreislaufes werden die Akteure Produzent und Konsument wiedervereinigt. Der 'Prosument' steuert aktiv Geld , Markt- und Designinformationen zum Produktionsprozess bei. Für die Gestalter und Produktentwickler stellen sich hierbei die Fragen: Wie weit können und sollen die individuellen Bedürfnisse der Kunden die Produkte beeinflussen? Wie weit geht das Territorium der Designer und wann bestimmt der Kunde die Gestaltung? Wie mündig und emanzipiert sind die Verbraucher wirklich? Führt nicht zu viel Auswahl zur 'Qual der Wahl'? Bis zu welchem Grad wollen die Kunden geführt werden? 203 LAMMOTH, FRIEDHELM, Die Marketing-Zukunft: Neue Kunden – neue Märkte – neue Werte, online im Internet: URL: http://www.im-marketing-forum.de/zeitschriften/pdf/down_2002-08_a.pdf, 2, [Stand 12.07.2006]. 204 FÖRSTER, ANJA/KREUZ, PETER, Different Thinking!, Frankfurt, 2005, 132. 205 TOFFLER, ALVIN, Schriftsteller und Futurologe, bekannte Arbeiten zur 'Digitalen Revolution', der 'Technologischen Singularität' und der 'Kommunikations-Revolution'. 81 „[...]Gestalte deinen Schuh so, dass er deine einzigartige Persönlichkeit zum Ausdruck bringt“206, verspricht uns nike. Der interessierte 'Prosument' hat die Möglichkeit im Internet (http://nikeid.nike.com) Basisschuhmodelle herauszusuchen und 'Designvarianten' zu bilden. Diese Designvarianten werden hauptsächlich über die Farbgebung einzelner Bereiche des Schuhs generiert. Perfekt visualisiert gibt diese Methode dem Kunden das Gefühl, selbst als Gestalter zu agieren. Ein Beispiel für kundenindividuelle Produkte, die als Vertreter der ersten Generation postindustrieller Produktstrategien als revolutionär gehandelt werden. Jochen Gros sieht in der 'Mass-Customization' eine Herausforderung für das Design, „in vielfacher Hinsicht vergleichbar mit der Industrialisierung[...]“207, die die Diskussion um die herstellungsgerechte Form aufwarf. Massenproduktion implizierte bisher unifomierte Produkte, die in hoher Stückzahl auf den Markt geschmissen, kaum Raum für individuelle Gestaltung zulassen. Freilich haben die Vertreter der Postmoderne, die Designkünstler und Querdenker der 70er und 80er Jahre und nicht zuletzt die Verbreitung von CAD-Systemen zu üppigeren, verspielteren Produktformen geführt, die die „vom Ornament gereinigte, die rein sachliche, die überindividuelle Form“208 der 60er Jahre abgelöst haben. Der Einsatz von intelligenten Materialien, Oberflächen und Fertigungsmethoden erlaubt eine Individualisierung der Produkte in den Grenzen von Variantenbildung und Produktdifferenzierung, gängige Praxis im Konsumgüterbereich: vorhandene technische Baugruppen werden über die Differenzierung der Außenschalen solange 'up-to-date' gehalten, bis die Konkurrenz mit einer verbesserten oder neuen Technologie auf den Markt kommt. Dies betrifft mittlerweile nicht nur die Produkte eines Unternehmens, sondern weitet sich durch die global agierenden Zulieferer gleich auf ganze Branchen aus, will heißen, dass in so manchem Markenprodukt die gleiche Technik drinsteckt, wie bei einem Discountprodukt. So ist es zum Beispiel kein Geheimnis mehr, dass sich hinter ALDI-Verpackungen in vielen Fällen Markenartikel verstecken. 'Mass-Customization' soll nun die kundenspezifischen Bedürfnisse der 'Prosumenten' mit der Massenfertigung verbinden, um so die Kundenbindung unter Ausschöpfung vor allem der Kostenvorteile der Massenproduktion zu festigen. Dies scheint eine Antwort auf die Kaufverweigerung einer übersättigten westlichen Gesellschaft zu sein. Es macht Spass, einen Turnschuh zu tragen, der durch individuelle Lieblingsfarben und eingestickten Namenszug glänzt, und wenn er noch mit einem individuell angepassten Fußbett ausgestattet ist, stimmt auch der Laufkomfort. Dies gilt ebenfalls für Maßanzüge, Armbanduhren und manche Möbel. In diesen Bereichen werden die Möglichkeiten der Individualisierung bei Massenprodukten immer weiter ausgereizt, jedoch: „Das kundenindividuelle Produkt ist kein völlig neuer Entwurf, sondern eine persönliche Variante. In der Mass-Customization wird damit auch nicht jeder Stuhl, jeder Tisch, jede Lampe immer wieder als große Geste und von Grund auf neu zu erfinden sein. 206 NIKEID.NIKE.COM, online im Internet: URL: http://nikeid.nike.com/nikeid/index.jhtml?ref=global_home#home, [Stand 12.07.2006]. 207 GROS, JOCHEN, Customization-Design und Art-Customization, in: design report 7+8/05, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=105865&template_id=2000, [Stand 28.09.2005]. 208 Ebenda. 82 Eher schon tendiert die kundenindividuelle Produktion zur kleinteiligen Differenzierung technisch ausgereifter, funktional bewährter [...] Produkttypen [...]“209, gibt dann auch Jochen Gros zu. Das heißt, wir bewegen uns weiterhin im Bereich der Differenzierungen, der Kunde kann sich seine persönliche Variante über Farb- und gegebenenfalls Materialauswahl und in einem ganz engen Rahmen über Formvarianten generieren. Ein wichtiger Aspekt der 'Mass-Customization' ist die Änderung der Betrachtungsweise von Produktplanung: Hier wird der Kunde aktiv aufgefordert, seine Wünsche in einem definierten Rahmen zu kommunizieren. Diese kundenspezifischen Informationen werden an die Produktentwicklung, also an das Design und die Konstruktion weitergeleitet und in einem vorgegebenen Kostenrahmen umgesetzt, bisher eine gängige Praxis im B-2-B (Business to Business) Bereich. Abnehmer einer größeren Stückzahl reden maßgeblich bei Design und Ausstattung eines Produktes mit. Als Großabnehmer von Elektrogeräten für Haushalt und Freizeit, fordert zum Beispiel Tchibo die Einhaltung von bestimmten Qualitäts- und Designmerkmalen von seinen Zulieferern. Die technische Basisausstattung eines Gerätes bleibt bestehen und dient unter anderem als Kalkulationsgrundlage. Das Design, in diesem Fall das Styling der Außenschalen, und bestimmte Features werden für den Großkunden 'individuell' gestaltet. Wie wird es nun in Zukunft gelingen, im B-2-C (Business to Customer) Bereich kostengünstige Massenprodukte sinnvoll zu individualisieren? Dies muss über die vom Kunden gesteuerte Farbgebung hinaus, in die formale Entwicklung hineingehen, sonst hält der Ansatz der 'Mass-Customization' zumindest für die Designer nicht das, was er verspricht. Das Ausreizen digitaler Technologien liegt nahe und beinhaltet eine Weiterführung der gängigen Praxis der Wertschöpfung dieser Möglichkeiten. Das bedeutet für das Design allerdings die totale Einpassung in eine komplexe Organisation von Produktentwicklungs- und Produktionsabläufen. Denn individuelle Kundenentscheidungen bezüglich der Produkte bedeuten neben einem aufwändigen 'Kundenwünscheerfassungswesen' auch die schnelle und kostengünstige Umsetzung in der Produktentwicklung. Ausgeklügelte CAD-Systeme mit integriertem PLM210 ermöglichen bereits heute die organisatorische Durchgängigkeit der Daten vom Entwurf bis hin zur Entsorgung eines Produktes. Das Design spielt in diesem Prozess eine wichtige aber sich ganz dem System unterordnende Rolle. Hier werden schnelle fertigungsgerechte Entwürfe am CAD erwartet. Bei der kundenindividuellen Massenproduktion wird dann zudem die Einarbeitung der Kundenwünsche verlangt. Grundlage müsste allerdings eine Art 'Formenbaukasten' sein, aus dem der Kunde seine bevorzugte Variante bilden kann. Dies wäre dann die eigentliche Designarbeit, die Grundlagen für die dem Kunden zumutbaren Entscheidungsprozesse zu schaffen, nach dem Prinzip: Jeder ist ein Designer! Und an diesem Punkt werfen sich doch Fragen auf, die die menschlichen Verhaltensweisen betreffen. 209 210 Ebenda. PLM steht für Product Lifecycle Management, intelligentes Management von Produktdaten von Entwurf über Produktion, Lagerhaltung, Qualitätssicherung, Vertrieb, Service bis zur Entsorgung eines Produktes. 83 Eine der wichtigsten Fragestellungen ist die nach den zumutbaren Entscheidungsspielräumen des 'Prosumenten', dem selbstbewussten, entscheidungsfreudigen und mündigen Kunden, der durch die Einspeisung seiner Wünsche und Informationen aktiv am Produktionsprozess teilnimmt. Wie hoch ist der Prozentsatz der Konsumenten, die das überhaupt wollen und können? Will die Masse nicht eher von den Marken, Stilikonen und Vorbildern in den Medien geleitet werden? Tatsache ist, dass Trends und Lifestyle von einer ganz kleinen Gruppe echter Individualisten generiert und in Form von Billigprodukten mit hohem Verbreitungsgrad auf das Gros der Verbraucher transferiert werden. Deshalb boomen ALDI, LIDL und IKEA und Co. Und die Plagiate aus Fernost. Ein Plagiat erhebt keinesfalls Anspruch auf Individualität, sondern will im Gegenteil die genaue Kopie des Vorbildes darstellen, um den Imagetransfer zu gewährleisten, kostengünstig. Das Imitieren von Vorbildern und deren Lifestyle gibt vielen Konsumenten die Sicherheit, nichts falsch zu machen. Bis zu welchem Punkt wird die Entscheidungsfreiheit als Plus empfunden und ab wann tritt Verunsicherung ein? Die Sportartikelhersteller nike und adidas wollen für ihre Kunden im Bereich von Sportschuhen mit individuellen Produkten einen Mehrwert schaffen, und dies in einem zumutbaren Rahmen. Die Entscheidung über die Farbgebung der Modelle hängt meist von persönlichen Vorlieben ab und ist deshalb relativ einfach zu treffen. Dies gilt auch für Aufschriften und Namenslogo und kann problemlos über das Internet ausgeführt werden. Die Grundform des Schuhs wird nicht verändert. Der Kunde erhält so, über Internet geordert, ohne großen Aufwand das Schuhmodell, das vielleicht auch Eminem trägt, mit einer persönlichen Note, wie ein Auto mit verschiedenen Ausstattungsvarianten. Das Anpassen das Fußbetts und der Laufsohle eines Schuhs ist schon ein Vorgang, der ohne Hilfe kaum bewerkstelligt werden kann. Hier hat der Kunde weder die technischen Mittel noch das Fachwissen des speziellen Dienstleisters. adidas bietet dies in seinen Fachgeschäften an. Auch hier basieren die dem Kunden abverlangten Entscheidungen auf für ihn beherrschbaren Grundlagen wie die Anatomie seines Fußes und dem Laufkomfort. Wenn wir davon ausgehen, dass es Basismodelle gibt, die variiert werden ohne dass die ganze Struktur verändert wird, das heisst, es wird mit Farbe, Applikationen und kleineren austauschbaren Einheiten gearbeitet, hat der Kunde neben den virtuellen Modellen im Internet immer noch die Möglichkeit, sich das Produkt in seiner Grundstruktur in Natura anzusehen, es anzufassen und es anzuprobieren. Und der so wichtige Charakter des Produktes wird nicht grundlegend verändert. Eine ganz andere Komplexität birgt der Gedanke des 'Formenbaukastens', der die Spielräume öffnet, ein Produkt in seiner formalen Struktur zu verändern. Komplex für die Designer und Entwickler, aber noch viel schwieriger für den Endkunden. Neben der Aufforderung an den Laien plötzlich als Entwerfer zu agieren, steht die Generierung der Varianten als virtuelle Modelle im Vordergrund der Kritik. Der interessierte Laie erhält durch Gruppieren von formschlüssigen Formelementen eine bestimmte Anzahl an Modellvarianten, die er jedoch nur am Bildschirm begutachten kann. Je nach Variantenvielfalt inklusive Farbe und Applikationen dürfte es kaum sinnvoll sein, jede Möglichkeit als echtes Modell nachzubilden und in Ladengeschäften auszustellen. Erfahrungswerte der Designer, die mit CAD arbeiten besagen, dass die Entscheidung für eine Produktvariante nicht am Bildschirm getroffen werden kann. 84 Selbst erfahrene Entscheider in den Unternehmen werden ohne Modell oder Prototyp keine Freigabe für die Produktion geben. So kann man auch vom Endverbraucher eine derartige Handlung nicht erwarten, denn sein privates Risiko ist relativ hoch. Er generiert selbst eine virtuelle Produktvariante, die er erst dann zu Gesicht bekommt, wenn er sie nach Bezahlung geliefert bekommt. Was ist, wenn ihm das Ergebnis nicht gefällt, wenn er sich sein individuelles Produkt anders vorgestellt hat? Dann kann er es nicht einmal zurückgeben! Inzwischen hat sich herausgestellt, dass nike mit den individuell gestaltbaren Schuhmodellen im Vergleich zu den Basismodellen, kaum Umsätze schreibt. Der Kunde möchte aus vielen Möglichkeiten auswählen, also in einem individualisierten Markt agieren. Jedoch hat er meistens weder Lust, noch Zeit, noch die Sicherheit, Produkte selbst zu gestalten, auch nicht in einem vorgegebenen Rahmen. Die Hilflosigkeit der Endkunden, sich in der überbordenden Produktwelt zurechtzufinden, ist eindeutig am Trend zu Beratungsleistungen zu erkennen. Ob es sich um Stiftung Warentest oder um Einrichtungs-, Lifestyle-, und Gesundheitsratgeber handelt, ob in Magazin-, Buchform oder als TV-Format, eine Welle von Beratungsdienstleistungen überflutet die Haushalte und wird dankbar angenommen. Neben den 'Supernannies' sind Einrichtungsexperten jede Woche auf allen TV-Sendern dabei, deutsche Wohnungen und Häuser zu 'verschönern'. Und genau hier spiegelt sich die Verunsicherung der Menschen wieder, die nicht einmal mehr für sich privat entscheiden können, was ihnen gefällt. Sie sind überfordert von einem Warenüberangebot und einer multimedialen Welt. Gerade deswegen sollte das Augenmerk der Designer darin liegen, Produkte so zu gestalten, dass sie in ihrer Anwendung und Ästhetik überzeugen. Der Begriff 'User Centered Design' beschreibt den Design-Prozess, der die Anwender von Anfang an miteinbezieht. Der Benutzer als Individuum ist Ausgangspunkt für eine Produktentwicklung und nicht ein Ding oder ein Sachzwang. Wichtige Kriterien für ein Produkt sind und bleiben in diesem Zusammenhang die Funktion, die Nützlichkeit, die Usability – ein Begriff aus der Softwareentwicklung für Gebrauchstauglichkeit- und der 'Joy-of-Use'. „Joy-of-Use bezeichnet das positiv subjektive Empfinden eines Benutzers in der Produktnutzung; dieser empfindet Freude bei der Benutzung. Der Begriff Joy-of-Use umfasst jedoch weitaus mehr als nur Freude. Er bezieht sich zunächst nur auf positive Affekte, impliziert als Anwendungskonzept in der Gestaltung aber auch das Vermeiden von negativen Empfindungen beim Benutzer und beschränkt sich nicht auf das Gestalten optischer Merkmale, sondern richtet den Fokus auf das Gestalten 'schön' funktionierender Produkte.“211 'Schön funktionierende Produkte', im Sinne einer positiven Empfindung beim Benutzen eines Produktes, bedürfen neben den technischen Voraussetzungen einer sorgfältigen Designarbeit. Diese hört nicht bei der Gestaltung der Außenschalen auf. Immer mehr moderne Geräte verbinden das Gehäuse und analoge Bedieneinheiten mit digitalen Komponenten. Die Displays vergrößern sich, und je mehr Funktionen hinzukommen, desto perfekter und selbsterklärender muss das Zusammenspiel von Tasten und Display und einer Produktgrafik, die Interpretationen von angezeigten Werten zulässt, sein. 211 REEPS, INGA, ELISABETH, Joy-of-Use – eine neue Qualität für interaktive Produkte, Masterarbeit an der Universität Konstanz, September 2004, online im Internet: URL: http://hci.uni-konstanz.de/downloads/JoyOfUse_Reeps.pdf., 7, [Stand 28.09.2005]. 85 Die Vorteile von User Centered Design und Usability drücken sich direkt in Kundenzufriedenheit aus: „Wer einmal einen Apple iPod mit irgendeinem anderen MP3-Player verglichen hat (oder 'normale Menschen' beobachtet hat, wie sie mit ihrem erste iPod umgehen) wird das sofort nachvollziehen können. Sony-Geräte sind auch ein schönes 'Gegenbeispiel'. Ich habe in den letzten Jahren diverse VAIO Laptops mein eigen genannt, einen MP3-Player (haha) sowie ein digitales Diktiergerät. Die Bedienung der Geräte selbst und speziell die zugehörige Software war teilweise grauenhaft. [...] Was Sony, leider mal wieder, nicht geschafft hat, ist die Balance zwischen dem, was sexy ist und Begehrlichkeit weckt, was kaufmännisch Sinn macht und dem, was die technische Brauchbarkeit eines Produkts ausmacht. Sony hingegen läßt seine Produkte scheinbar immer noch von Ingenieuren und Industrial Designern gestalten. Und ich wette, die verzichten sogar auf ehrliche Usability-Tests. Schon Tests mit fünf Usern hätten die gröbsten Kinken bei den Sony-Produkten, über die ich in den letzten Jahren geflucht habe, gefunden. Und ich wette, das umgekehrt Apple jede noch so kleine Designänderung am iPod oder seiner Software durch zig User checken und bewerten läßt. So macht man Produkte, die insanely great sind.“212 Dieser User macht seinem Ärger über quasi 'unbedienbare' Produkte Luft. Die 'Freude am Benutzen' stellt sich beim Nutzer erst ein, wenn die Symbiose aus selbsterklärender Bedienerführung und Ästhetik gelingt. Die Gebrauchstauglichkeit eines Produktes wird im Zuge der Verbindung von materiellen und virtuellen Bausteinen und Funktionen in einem Gehäuse immer wichtiger. Die Informationen und Bewertungen hinsichtlich der Bedienungsabläufe und Handhabung eines Produktes kommen vom Anwender selbst und müssen in alle Stufen des Designprozesses miteinbezogen werden. Das klassische Industriedesign wird sich dieser Evaluation durch den Nutzer öffnen müssen und Werkzeuge aus Wissenschaft, Soziologie und Psychologie in den Gestaltungsprozess einbinden. 212 NOTIZEN AUS DER PROVINZ, Insanely Great: Produktdesign Apple vs. Sony 08/16/2004, online im Internet: URL: http://notizen.typepad.com/aus_der_provinz/2004/08/insanely_great_.html, [Stand 20.09.2005]. 86 4.3 Designer im globalen Wettbewerb am Beispiel China Neben den erweiterten Randbedingungen für Gestaltungskriterien von Produkten bedeuten globale Strukturen auch eine Veränderungen der Stellung und Wettbewerbssituation der vielen selbständigen Produkt-/Industriedesigner. Sie sind direkt oder indirekt von den globalen Wertschöpfungsstrategien betroffen: direkt, da sie einer internationalen Konkurrenz an immer besser ausgebildeten Designern gegenüberstehen und indirekt durch ihre Industriekunden, die sich an globalen sourcing Prozessen beteiligen. In einem Tagesworkshop des VDID 'China – Gefahr oder Chance, wurde der Versuch unternommen durch Erfahrungsberichte der Referenten die Chancen für deutsche Designer auszuloten. „Nach Japan, Korea und Taiwan bildet sich das größte asiatische Land [China] inzwischen als eine besondere Herausforderung gegenüber der deutschen und der Weltwirtschaft aus. Ein Land welches im Vergleich zu Deutschland die 15-fache Bevölkerung aufweist und in welchem sich mehr als 250 Mio. Menschen in letzter Zeit zu Trägern einer neuen Industrienation entwickelt haben – nimmt Dimensionen an, die bedrohlich wirken. Doch gleichzeitig stellt genau die Größe und das zu entwickelnde Potential eine unglaubliche Chance für den deutschen Markt dar.“213 Für die Designer ist in erster Linie die Frage interessant: Wie kann ich mich im globalen Designumfeld behaupten, und wie realistisch sind die Chancen vom asiatischen Markt zu profitieren? Je mehr internationale Designdienstleister auf den nationalen deutschen Designmarkt drängen, um so schwieriger wird es für die kleinen Designbüros mitzuhalten, vor allem weil es sich bei den international agierenden Designunternehmen meist um große Agenturen handelt, die einen Fullservice im Designbereich (inklusive Kommunikationsdesign) anbieten und internationale Referenzen vorweisen können. Um so schwieriger ist es für die kleinen Büros, international Fuß zu fassen. Referent Ansgar Brossard ist Geschäftsführer der ID Design Agentur in Krailling mit Zweigniederlassungen in USA, Türkei und China. „ID-Design betreut schon seit zwei Jahren von Deutschland aus einige Kunden [in China]. [...] Ein ID-Design Joint Venture mit einem der größten Designunternehmen in China (Shengzhen und Shanghai) erlaubt neue Tätigkeitsfelder. Zwar wird „die Designkultur in China [...] öffentlich gefördert und die Bedeutung des Designs im Rahmen von Produktinnovation und Markterfolg voll anerkannt“214, Brossard sieht die Möglichkeiten für kleinere bis mittlere deutsche Designagenturen in China jedoch als begrenzt an. Grundvoraussetzung für geschäftliche Aktivitäten in China sei neben einem dicken finanziellen Polster und Geduld, das Anbieten von Full-Service-Leistungen. Vor allem Design und Engineering sei gefragt in China, das Gesamtpaket vom Entwurf über die Konstruktion und schließlich die Betreuung der Produktion. Als Designanbieter sei es absolut notwendig, sich mit den Produktionsbedingungen vor Ort auszukennen. Viele Entwürfe, die auf spezielle Herstellungsverfahren basieren, lassen sich in China nicht realisieren. Wirklich kostengünstig herzustellen sind niederkomplexe Produkte mit hohen Anteilen an Handarbeit. 213 214 VDID BROSCHÜRE, 'China – Gefahr oder Chance', zum Tagesworkshop am 14.Juni 2005 in Stuttgart. VDID BEGLEITHEFT, zum Tagesworkshop 'China – Gefahr oder Chance', am 14.Juni 2005 in Stuttgart. 87 Neben Kenntnissen der Fertigungsstandards seien folgende Punkte zu beachten, wolle man mit Chinesen Geschäfte treiben: 1. Geduld bei Verhandlungen, nie Druck ausüben, sonst werden die Gespräche abgebrochen! 2. Chinesen sind extrem geschäftstüchtig und fleissig! 3. Leben nach Konfuze 4. Höflichkeit und Respekt haben oberste Priorität, ein Chinese darf nie sein Gesicht verlieren! 1. Immer Gastgeschenke mitbringen und die Hirarchien beachten! 2. Immer Verhandeln! Niemals den genannten Preis akzeptieren! Anders kalkulieren! 3. Sich der extremen Sprachprobleme bewußt sein und sich einen vertrauensvollen Dolmetscher suchen. 4. Präsenz vor Ort zeigen! 5. Finanzieller Background Grundvoraussetzung, da große Investitionen über längere Zeiträume nötig (Verträge, Anwälte, Dolmetscher...) Ansgar Brossard sieht in China keinen Markt für kleinere Designbüros, da diese in den meisten Fällen weder eine Full-Service-Dienstleistung, noch den finanziellen Aufwand realisieren könnten. Designer, die als Einzelpersonen oder in kleinen Büroverbänden Jobs in China suchten, hätten auf längere Sicht keine Chance, sich lukrativ in China zu betätigen. Dies bestätigen auf dieser Tagung auch die Erfahrungen von anderen Referenten, die als Designer in China unterwegs waren: Rainer Zimmermann, Vizepräsident des VDID und Inhaber eines Designbüros berichtet von seiner Chinareise, die er mit anderen Designkollegen als „interessierter Designer, Verbandsvertreter und Kontakter“215 2004 unternommen hat. Auf eine Anfrage hin hielten die deutschen Designer an der Universität in Chengdu Vorlesungen ab und engagierten sich in mehreren Designprojekten, gegen freie Kost und Logis aber ohne Entlohnung. Nachfolgeprojekte, -aufträge konnten die beteiligten Designer nicht generieren. Ansgar Brossard bestätigt die Haltung in der chinesischen Industrie, wenn Design als Dienstleistung zugekauft wird, dann nur von namhaften großen Agenturen. Kleine Büros werden nicht ernsthaft beauftragt, zumal auch in China zunehmend Wert auf die Ausbildung eigener Produktgestalter gelegt wird. Ausbildung hat in China einen hohen Stellenwert und so wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Ausbildung an westliche Standards anzugleichen, „so liegt die Zahl der Hochschulabsolventen in China zurzeit bei 3 Millionen pro Jahr. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen bewegt sich die Rate zwar im niedrigen Promillebereich, die Dynamik der Entwicklung ist aber nicht zu unterschätzen. In China sind in den vergangenen Jahren über 500 Colleges entstanden; das heisst, die Zahl der Absolventen wird absolut und auch prozentual schnell weiterwachsen.“216 Prof. Klaus Lehmann aus Stuttgart ist seit 1985 als Designdozent in China tätig und gab zum Thema 'Designausbildung' in China ein schriftliches Kurzinterview217: 215 VDID BEGLEITHEFT, zum Tagesworkshop 'China – Gefahr oder Chance', am 14.Juni 2005 in Stuttgart. DORMANN, JÜRGEN, Präsident des ABB-Verwaltungsrates in: Neue Zürcher Zeitung: Die Ausbildung als Standortvorteil. Zürich, 10.Mai 2005. Online im Internet: URL: http://www.nzz.ch/2005/05/10/ki/articleCQE72.html [Stand 21.06.2006]. 217 LEHMANN, KLAUS, Designausbildung in China, schriftliches Interview, 05.Juli 2005. 216 88 Wie würden Sie den aktuellen Stand der chinesischen Designausbildung beschreiben? [KL]Klaus Lehmann: „Es ist große Mode, 270 Design-Ausbildungsstätten an Hochschulen in China, materiell gut mit Computern ausgestattet, didaktisch und methodisch schwach, viel zu akademisch, die Lehrer haben keine Praxis.“ Wie drückt sich dieser (Ausbildungsstand) in der Wettbewerbsfähigkeit chinesischen (Industrie)Designs aus? [KL]: „Sie lernen schnell, wissen mehr über uns als wir von Ihnen, können vordergründige Aufgaben lösen, haben aber keine Philosophie.“ Ist es sinnvoll, die (chinesische) Konkurrenz von morgen auszubilden? [KL]: „Ja, wenn wir es nicht tun, andere Nationen stehen parat, die Chinesen holen sich know how, pädagogisches und didaktisches Wissen von wo sie es bekommen. Wenn wir uns hier engagieren, schaffen wir "god will", Beziehungen, Freundschaften, professionelle Beziehungen. Wir haben in China großes Ansehen.“ Wie sollten Ihrer Meinung nach deutsche Designhochschulen auf die wachsende Konkurrenz an Designanbietern aus Ländern wie etwa China reagieren? Sollte sich die Ausbildung auf regionale und kulturelle Besonderheiten und Stärken referenzieren und/ oder sich mehr den globalen Anforderungen (Internationalität, Interkulturelles Training, "Weltdesign") öffnen? [KL]: „Wir sollten unsere Designausbildung poliglott angehen, Verständnis für andere Kulturen entwickeln, ausländische Studenten als Input betrachten, sie werden die Mittler zwischen den Kulturen sein. Aber wir müssen auch ein europäisches Selbstbewusstsein entwickeln. Die europäische Kultur ist eine Qualität, die uns nicht genügend bewusst ist aber als ein Beitrag zur internationalen Produkt-Kultur verstanden werden muss.“ Danke für das Interview. Ist es für deutsche Designer schwer, auf dem chinesischen Markt direkt tätig zu werden, kommen sie jedoch über ihre deutschen Auftraggeber in vielen Fällen in Berührung mit chinesischen Zulieferern in der Konstruktion und Produktion. Zwar nehmen potentielle deutsche Auftraggeber im Konsumbereich eher ab, aber hier liegen noch Möglichkeiten für die kleinen Designbüros, sich zu engagieren. Häufig lässt der Designkunde Design- und Marketingsstrategien vor Ort in Deutschland entwickeln und in produziert in China. In diesem Fall wird der Designer mit den oft unterentwickelten chinesischen Fertigungsmöglichkeiten konfrontiert und muss seine Designvorschläge daraufhin abstimmen. Ein weiteres Problem in der Zusammenarbeit mit chinesischen Konstrukteuren ist die Kommunikation über Datensätze, die bestimmten Anforderungen genügen müssen, um für die Weiterverarbeitung in der Konstruktion aussagekräftig zu sein. Solange die Designer die Möglichkeit haben, das Erscheinungsbild eines Unternehmens durch die Gestaltung von Produktlinien zu beeinflussen, ist die beständige Arbeit für ein Unternehmen noch lukrativ. Problematisch ist die Tatsache, dass immer mehr deutsche Hersteller Produkte komplett, inklusive Design und Verpackung, aus China zukaufen und so auch die Designleistungen an chinesische Designer abgeben. Diese Praxis zusammengenommen mit dem Schrumpfen des Nachfragemarktes für Designleistungen in Deutschland stellt eine ernsthafte Bedrohung für die deutschen Designer dar. 89 5 Ingenieure: Historie, Ausbildung, Arbeitsfelder, Arbeitsmarkt In diesem Kapitel möchte ich die Situation und Stellung der Ingenieure, der Teampartner der Produktgestalter im Produktentwicklungsprozess, näher beleuchten. Auch die Ingenieure sind von globalen Organisations- und Arbeitsstrukturen betroffen. Diese neue Form des internationalen Arbeitens fordert eine Öffnung der Ingenieursdisziplinen gegenüber Design, Marketing, Betriebswirtschaft und interkulturellen Prozessen. Zudem dürfen sie ihre Kerndisziplinen, wie zum Beispiel die Konstruktion nicht vernachlässigen, denn die internationale Konkurrenz wächst auch in diesem Berufsfeld kontinuierlich. 2002 legte der VDI218 eine Broschüre mit dem aktuellen Statusbericht zur Situation und den Perspektiven der Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland im Deutschen Bundestag vor. Auszug: „1. Ingenieure und Ingenieurinnen gehören langfristig zu den am intensivsten nachgefragte Akademikern. 2. Der Bedarf von Ingenieuren in den Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt sich besonders stark. [...] 5. Der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland ist durch die Auswirkungen des Fachkräftemangels gefährdet. 6. Ingenieure und Ingenieurinnen übernehmen ethische Verantwortung. 7. Die Integration beschäftigungsloser Ingenieure in den Arbeitsmarkt muss wegen der unverzichtbaren vorhandenen Erfahrung auch bei der Altersklasse über 55 Jahre angestrebt werden. 8. Berufliche Weiterbildung von Ingenieuren: das Zusammenspiel von persönlicher, betrieblicher und gesellschaftlicher Verantwortung. [...] 11.Ingenieurwissenschaftliche Curricula durch Vermittlung von Schlüsselqualifikationen anreichern. [...] 17.Zu einer optimalen Bedarfsanpassung bei neuen Berufsfeldern ist eine Reform der traditionellen Curricula erforderlich.“219 Ingenieurinnen und Ingenieure sind laut VDI langfristig nachgefragt am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig wird jedoch von einem Mangel an Ingenieuren gesprochen, der dazu führt, dass deutsche Unternehmen Probleme haben, freie Stellen für Ingenieure adäquat zu besetzen, trotz hoher Arbeitslosenzahlen. „Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden Ingenieure mit knapp 23 % mit Abstand als häufigster Mangelberuf überhaupt genannt. „Jedes zweite Unternehmen, das derzeit Stellen nicht besetzen kann, sucht dabei mindestens einen Ingenieur“, so das IW.“220 Dies liegt jedoch nicht nur an quantitativen Problemen, sondern es häufen sich die Aussagen von Unternehmen, dass neben dem Mangel vor allem auch mangelnde oder nicht die richtige Qualifikation das Problem sei. Dies bezieht sich auf mehrere Faktoren, wie zum Beispiel mangelnde Management-Erfahrung. Auch bei den Ingenieuren stellt sich derzeit die Frage, ob der momentane Ausbildungsstand noch den Ansprüchen einer globalen Wirtschaft genügt. 218 VDI: Verein Deutscher Ingenieure. VDI, Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland Situation und Perspektiven, 19-Punkte-Erklärung des VDI zur Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Düsseldorf, April 2002, online im Internet: URL: http://www.vdi.de/vdi/organisation/schnellauswahl/hauptgruppe/index.php, [Stand 12.07.2006]. 220 Ebenda. 219 90 Auch hier hat die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen Auswirkungen auf die Studienstruktur und gibt die Möglichkeiten, Inhalte und Ziele neu zu überdenken. Eine breit angelegte Studie das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 'Neue Ansätze für Ausbildung und Qualifikation von Ingenieuren“ ist 2001 der Frage neuer Qualifikationsanforderungen an Ingenieure nachgegangen. Fachlichen Kernkompetenzen der Ingenieure sollen durch andere Qualifikationen (Schlüsselqualifikationen) ergänzt werden. Die sogenannten Soft Skills wie Kommunikations- und Teamfähigkeit, Konfliktlösung und Entscheidungsfindung, Führungsfähigkeiten, Projektmanagement, Sprach- und Kulturkenntnisse gehörten neben einer ausgeprägten Dienstleistungsorientierung zu den erstrebenswerten Ausbildungszielen. Grundlagenwissen ist unerlässlich, sollte aber durch berufsübergreifende Kenntnisse (wie z.B. betriebswirtschaftliche Wissensbestände) und der Wahrnehmung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Faktoren flankiert werden. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen benötigen 'Allround-Techniker', die ohne lange Einarbeitungszeit flexibel verschiedenste Funktionen eines Ingenieurs übernehmen können. Um einen Einblick in das Berufsbild der Ingenieure zu erhalten, gehe ich wie bei den Designern kurz auf die Historie, die Ausbildung und die Arbeitsfelder ein. 91 5.1 Historie Designer und Ingenieure haben sich historisch gesehen aus den gleichen beruflichen Wurzeln, den Manufakturen entwickelt. Anfangs noch in einem Aufgabengebiet, der Mustererstellung und Produktionsvorbereitung tätig, spezialisierten sie sich im Laufe der Zeit durch fortschreitende Arbeitsteilung und Industrialisierung in die Fachdisziplinen Entwerfen und Konstruieren, ähnlich wie Architekten und Bauingenieure. Technische Grundlagen sind der gemeinsame Nenner aller Berufe, die mit dem Industrieprozess zu tun haben. Die Menschen schafften sich in jeder Entwicklungsstufe Werkzeuge und später Geräte und Maschinen, um sich den Lebenserhalt zu sichern. „Die Technik ist so alt wie der Mensch. Da, wo das zweckdienlich zugerichtete, wiederholt gebrauchte Gerät sich zeigt, muss man schließen, dass Menschen am Werke waren.“221 In der griechischen Antike kam es zu ersten Verbindungen von Wissenschaft und praktischer technischer Arbeit, vor allem in der Kriegstechnik, die von den Römern weiterentwickelt wurde. Dennoch zählte bis ins Mittelalter die handwerkliche Arbeit wenig, da Sklaven diese zu verrichten hatten. Erst mit der von der Kirche geförderten Überwindung der Sklaverei erblühte das Handwerk und technische Vorrichtungen zur Bewältigung der Handarbeit wurden entwickelt. Neben der starken Verankerung der Technik in der Praxis findet das handwerkliche und technische Schaffen Aufnahme in die Wissenschaftslehren des Mittelalters. „Die Menschen sind zur Vollendung berufen, aber sie sind noch unvollendet und der Entwicklung bedürftig. Die Wissenschaften sollen mithelfen bei dieser Entwicklung. Die Theoretik ist ein Mittel gegen die Unwissenheit, die Praktik (Ethik) gegen die Ungerechtigkeit des Willens, die Logik gegen die fehlerhafte Rede und endlich die Mechanik gegen unsere körperliche Unvollkommenheit. Alle aber dienen dem Menschen für seine Entwicklung zu Gott hin“222 Im späten Mittelalter ließ die zunehmende Macht des Bürgertums durch die Repräsentanz der Handwerker und Kaufleute wirtschaftliche, künstlerische und wissenschaftliche Entwicklungen, losgelöst von der Kirche, zu. Wirtschaftlich relevant ist die Entstehung der Manufakturen, die für den Handel im Auftrag der Kaufleute Waren produzierten. Nach Meurer und Vincon ist die Trennung von Hand- und Kopfarbeit und die Arbeitsteilung in den Manufakturen Grundlage für die Entwicklung der Berufsfelder der Entwerfer und der Konstrukteure. Der Glaube an den technischen Fortschritt stärkt das Ansehen der Ingenieure und Erfinder im Zeitalter der Mechanisierung im 19./20.Jahrhundert erheblich. Zahlreiche Erfindungen, zum Beispiel 1835 der Trommelrevolver von Colt, 1851 die Singer Nähmaschine, 1874 die erste elektrische Straßenbahn in New York, 1875 die Edison Glühbirne, das Mikrofon, 1876 das Telefon von Bell und die Schreibmaschine von Remington waren grundlegend für die Technisierung und den wirtschaftlichen Aufschwung in Amerika und Europa. In den meisten Fällen legten die Erfinder bei der Gestaltung ihrer Konstrukte selbst Hand an, das Berufsbild des Industrie Designers prägte sich erst im 20.Jahrhundert dezidiert aus. Wobei das englische Wort design im Gegensatz zum deutschen Begriff auch den konstruktiven Bestandteil der "Gestaltung" von Dingen umfasst. 221 KLEMM, FRIEDRICH, Kurze Geschichte der Technik, (i.f.z.: KLEMM, FRIEDRICH, Kurze Geschichte der Technik), Freiburg im Breisgau, 1961, 11. 222 KLEMM, FRIEDRICH, Kurze Geschichte der Technik, 43. 92 5.2 Ausbildung Die deutsche Ingenieurausbildung wird im Ausland anerkannt und ist von der Wirtschaft und Öffentlichkeit akzeptiert. Berufsakademien, Fachhochschulen und Universitäten bieten verschiedene Ausbildungprofile an. „Ziel jeder Ingenieurausbildung muss ein hinreichend breites ingenieurwissenschaftliches Fundament mit exemplarischer fachspezifischer Vertiefung sein, das zur Entwicklung nachhaltiger technischer Lösungen befähigt und anhält, das neben fachwissenschaftlichen Fähigkeiten die Kommunikationsfähigkeit mit den Nachbardisziplinen und den Naturwissenschaften sicherstellt, das wirtschaftswissenschaftliches und gesellschaftswissenschaftliches Grundwissen umfasst und auf diese Weise eine tragfähige Basis für lebenslanges Lernen bietet.“223 Die sichere Beherrschung fachlicher Grundlagen und die Nutzung des aktuellen fachlichen Anwendungswissens in einem der etablierten Ingenieurgebiete wird in den Fachhochschulen anwendungsbezogen gelehrt. Die Universitäten vermitteln eine breite theoretischen Basis mit fachlicher Vertiefung, die „dazu befähigt, bestehende Erkenntnisgrenzen in Theorie und Anwendung mit neuen methodischen Ansätzen zu erweitern.“224 Momentan bieten überwiegend die Universitäten die Möglichkeit zur Promotion und die dafür notwendige Forschungsinfrastruktur. Dies wird sich jedoch auch hier im Rahmen von Bachelor- und Masterstudiengängen ändern. Grundsätzlich angeboten werden Studienrichtungen, die so breit angelegt sind, dass sie eine nahezu universelle Einsetzbarkeit mit sich bringen, z.B. Allgemeine Elektrotechnik, Fertigungs- und Konstruktionstechnik (Maschinenbau). Alternativ können sich die Studierenden relativ eng spezialisieren, z.B. Schiffbau, Textiltechnik, Luft- und Raumfahrt (alle Maschinenbau) oder Festkörperelektronik (Elektrotechnik). Die Grundlagenblöcke Mathematisch-naturwissenschaftliche Grundlagen (MNG) und Technische Grundlagen (TG) dienen stellen eine dauerhafte Basis für die rasche Erschließung von neuem Spezialwissen dar und dominieren das Studium mit bis zu 60%. „Der dritte Block im Studium ist das 'Anwendungsbezogene Basiswissen' (ABW). Es verleiht dem Absolventen die erforderliche anfängliche Berufsfähigkeit, wie sie am Arbeitsmarkt erwartet wird.“225 Die Vermittlung von fachübergreifenden Qualifikationen ergänzt die fachliche Qualifikation zu einer Gesamtqualifikation von Ingenieuren und Ingenieurinnen. Zusatzqualifikationen wie 'Technisches Design' an der Hochschule Ulm sollen dazu beitragen, Einblicke in die Arbeitssystematik angrenzender Disziplinen zu ermöglichen. „Die Zusatzqualifikation erhebt ausdrücklich nicht den Anspruch, eine Designerausbildung zu ersetzen. Vielmehr soll ein Ingenieur ausgebildet werden, der sich besonders der Gestaltung der zu entwickelnden industriellen Produkte unter ästhetischen und ergonomischen Gesichtspunkten widmet. [...] Ziel ist auch, die Teilnehmer zu interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den innovativ tätigen Bereichen in den Unternehmen anzuregen. 223 DEUTSCHE FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT, Thesen und Empfehlungen zur universitären Ingenieurausbildung, 04.03.2004, online im Internet: URL: http://www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/2004/download/universitaere_ ingenieurausbildung. Pdf, 2-3, [Stand 14.12.2005]. 224 Ebenda. 225 VDI, Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Ingenieurausbildung in Deutschland, Düsseldorf, Juni 2004, online im Internet: URL: http://www.vdi.de/imperia/md/content/hg/VDI-Stellungnahme_zur_ Ingenieurausbildung_ 20042.pdf, 7, [Stand 14.12.2005]. 93 Auch die Ingenieurausbildung ist in der Diskussion. Neben dem Einfluss neuer Informationsund Kommunikationstechniken auf diese Studiengänge, fordern Berufs- und Wirtschaftsverbände im angesichts der fortschreitenden Öffnung der Märkte neben Fachwissen eine vermehrte Vermittlung von Methoden- und Sozialkompetenz, Sprach- und Medienkompetenz, Interkulturalität und Wertkompetenz. In einer Stellungnahme zur Konferenz 'Qualität deutscher Ingenieurausbildung im internationalen Wettbewerb', Berlin 03./04. Dezember 2003 macht Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner Präsident der Technischen Universität Darmstadt, folgende Aussagen:226 Um freien Wettbewerb zu ermöglichen, braucht das deutsche Hochschulsystem mehr Freiheiten, gekoppelt an Verbindlichkeiten und die Verantwortung, die eine Autonomie in der Festlegung von Einzelheiten der Ingenieurausbildung ermöglicht. „Internationalität und internationale Attraktivität kann durch viele Bausteine realisiert werden. Dazu gehören fremdsprachliche Angebote, Auslandsaufenthalte, Creditssystem, Stipendien und auch die Anpassung der Struktur der Studiengänge, wie die Einführung von gestuften Studiengängen.“227 Nur ständige Reformen und Erneuerung kann dem Anspruch einer zukunftsgerechten Ausbildung bei sich verändernden Randbedingungen gerecht werden. 226 Vgl. WÖRNER, JOHANN‐DIETRICH, DR., Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Stellungnahme zur Konferenz 'Qualität deutscher Ingenieurausbildung im internationalen Wettbewerb', Berlin 03./04. Dezember 2003, online im Internet: URL: http://www.gate-germany.de/downloads/konferenz_qualitaet/s-woerner_text.pdf, 1, [Stand 14.12.2005]. 227 Ebenda. 94 5.3 Arbeitsfelder In beinahe allen Branchen werden gut ausgebildete Ingenieure benötigt. Die Einsatzfelder lassen sich in die Hauptgruppen Elektrotechnik, Maschinenwesen, Verfahrenstechnik, Bergbau, Bauwesen und angrenzende Berufsfelder einteilen. Für die Schnittstelle Industrie Design sind folgende Bereiche relevant: Elektrotechnik Wichtige Zukunftstechnologien wie zum Beispiel Mikrorechner- und Kommunikationstechnologien basieren auf der Elektrotechnik. Branchen wie Automobiltechnik, chemische Industrie und Medizintechnik aber auch Mikrosystemtechnik, Multimedia und Telekommunikation rekrutieren Ingenieure aus dem Berich der Elektrotechnik. Verfahrenstechnik Die Verfahrenstechnik beschäftigt sich mit Anlagentechnik und chemischen wie biologischen Verfahren. Die Ingenieure werden vorwiegend in der Chemietechnik und Lebensmittelproduktion, sowie in der Umwelttechnik eingesetzt. Maschinenwesen (Fertigungs- und Produktionstechnik, Mechatronik, Maschinenbau, Fahrzeugtechnik) „Der Maschinenbau ist Hauptbeschäftigungsfeld für Ingenieure. Im Vergleich mit den wichtigsten anderen Branchen ist der Maschinenbau diejenige, bei der mit Abstand die meisten Ingenieure beschäftigt sind. Dementsprechend gut sind die Aussichten auf einen attraktiven Arbeitsplatz nach Abschluss des Maschinenbaustudiums. (Quelle: VDMA-Ingenieurerhebung 1998)“228 Abb.21:Verteilung der Ingenieure auf die wichtigsten Branchen229 „Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau gehört zu den 5 wichtigsten Branchen der Bundesrepublik. Exportorientierung bestimmt das Geschäft. Es dominieren kleine und mittlere Firmen, die häufig auf ihren Gebieten weltweit führend sind. Der Maschinenbau ist nicht von ungefähr Patentweltmeister, denn er investiert bis zu 10 % seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung (Quelle: VDMA).“230 228 HOCHSCHULE ULM, Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, Maschinenbau größter Arbeitgeber für Ingenieure, online im Internet: URL: http://www.fhulm.de/Fachbereiche/Maschinenbau/maschinenbau/index.mb.html, [Stand 13.07.2006]. 229 Ebenda. 230 HOCHSCHULE ULM, Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, Maschinenbau – der Patentweltmeister, 95 Abb.22: Patentanmeldungen des deutschen Maschinenbaus im internationalen Vergleich231 Die branchenungebundene Ausbildung im Grundstudium ermöglicht den Absolventen in fast jede Branche einzusteigen. Sie werden in zunehmendem Maße auch für Vertriebs- und Marketingaufgaben eingesetzt. online im Internet: URL: http://www.fh-ulm.de/Fachbereiche/Maschinenbau/maschinenbau/index.mb.html, [Stand 13.07.2006]. 231 Ebenda. 96 5.4 Arbeitsmarkt Eine aktuelle Einschätzung der Arbeitsmarktlage von Ingenieuren bietet die Studie 'Fachkräftemangel bei Ingenieuren? Aktuelle Situation und Perspektiven', erstellt von den VDI nachrichten in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Anders als im Designsektor sprechen hier Arbeitsmarktexperten schon seit Jahren von einem Mangel an technischen Fach- und Führungskräften. „Selbst in einer konjunkturschwachen Phase, wie sie zum Befragungszeitraum (Herbst/ Winter 2003) herrscht, haben 42% der Unternehmen Probleme, offene Positionen für Ingenieure zu besetzen. Dies betrifft Betriebe mit weniger als 500 Mitarbeitern signifikant stärker als größere Betriebe.[...] Geeignete Mitarbeiter fehlen aktuell vor allen Dingen im Bereich Forschung und Entwicklung und in der Konstruktion. 95% der befragten Betriebe hatten in den letzten fünf Jahren Einstellungsbedarf an Ingenieuren.“232 Als Ursache für den Mangel an geeigneten Stellenbewerbern gelten 'nicht die gesuchten Qualifikationen', 'fehlende Berufserfahrung' und zu geringe Bewerberzahlen. Unter anderem befürchten die Unternehmen durch den Mangel eine Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Verlangsamung von Innovationsprozessen: Abb.23: Negative Konsequenzen des Ingenieurmangels auf die Betriebe 233 Im Gegensatz zum Designbereich sind also die Berufschancen für einen gut ausgebildeten Ingenieur sehr gut. Vielmehr sehen die Unternehmen in dem Mangel an Ingenieuren die Gefahr des Verlustes der eigenen Wettbewerbsfähigkeit und erwarten eine Ausbildung, die sich interdisziplinärer orientiert, was zum Beispiel Managementfähigkeiten angeht und zielgerichtet auf die Anforderungen einer sich rasant verändernden globalen Umwelt eingeht. Zum Thema Ingenieurmangel und Qualifikation habe ich Dipl.-Ing.Ulrich Altstetter, Leiter des Zentralen Servicebereiches Anlagentechnik und Logistik bei den WIELAND WERKEN Ulm, befragt234: 232 VDI NACHRICHTEN, Fachkräftemangel bei Ingenieuren. Aktuelle Situation und Perspektiven, Düsseldorf, 2004, online im Internet: URL: http://www.vdi-nachrichten.com/library/pdf/studien/Fachkräftemangel_bei_Ingenieuren.pdf, 5-15, [Stand 14.12.2005]. 233 Ebenda. 234 ALTSTETTER, ULRICH, Ingenieurmangel, Interview am 22.06.2005. 97 Haben auch Sie bei WIELAND ein Problem mit dem viel diskutierten Mangel an Ingenieuren? Ulrich Altstetter, [UA]: „Ich habe die Zahlen aus der Personalabteilung: Demnach hatten wir bis 2003 einen deutlichen Bewerberrückgang. Seit 2003 können wir wieder einen deutlichen Anstieg verzeichnen. Was die Qualität angeht, sind allerdings sehr viele Bewerber dabei, die ich als qualitativ nicht so hochwertig, sondern eher als unterdurchschnittlich einstufen würde und insofern ist die Problematik den geeigneten Bewerber zu finden, entweder Glück oder harte Arbeit.“ Welche Anforderungen würden Sie an die Qualifikation von Ingenieuren generell stellen? [UA]: „Das ist sehr stark von der Stelle abhängig. Wir erwarten heute von einem Ingenieur eine hohe Flexibilität, das heißt, er muss bereit sein, auch mal ein Projekt im Ausland zu betreuen. Er muss auch bereit sein, innerhalb unserer deutschen Standorte bei Bedarf zu wechseln, unsere Standorte liegen zum Teil einige hundert Kilometer auseinander. Er muss lernbereit sein. Die jungen Leute bringen ja heute Einiges mit, aber bei der Halbwertszeit des Wissens, z.B. bei der Elektronik von ca. 2,5 Jahren, heißt es, dass der Mitarbeiter sich permanent weiterbilden muss, ich sehe das zum Einen als eine Holschuld des Mitarbeiters aber zum Anderen auch als Bringschuld des Unternehmens. Er muss ein aktiver Mensch sein. Die Leute müssen heute belastbar sein, jedes Unternehmen unterliegt dem Druck, sich wirtschaftlich zu optimieren. Es gibt unzählige Consulter, die darauf spezialisiert sind, das Personal in den Firmen nach unten zu drücken, und das heißt wir haben heute einfach bei höheren Anforderungen weniger Personal. Die zweite wichtige Komponente für einen Bewerber ist neben der Flexibilität die Belastbarkeit. Diese Belastung schwankt sehr stark, wir haben Phasen sehr hoher Belastung und dann wird es auch mal wieder etwas ruhiger. Aber wir haben einen sehr stark wechselnden Druck mit sehr anspruchsvollen Spitzen und man braucht eine hohe Flexibilität. Die Flexibilität im Ausland eingesetzt zu werden, verlangt gleichzeitig auch eine hohe Fremdsprachenkenntnis. Englisch, vertrags- und verhandlungssicher sollte ein Bewerber heute mitbringen, oder zumindest die Bereitschaft, sein Englisch aufzubessern. Das wird in der Zukunft immer wichtiger sein. Zudem befinden wir uns in einer Zeit, in der nicht mehr der Einzelne die Ergebnisse bringt, es sind immer Teams, deswegen: Flexibilität, Belastungs- und Teamfähigkeit sind die drei wichtigsten Dinge. Alles, was einem Mitarbeiter an Qualifikationen und Scheinen fehlt, sei es ein Sachverständigenschein, das kann er nachholen, das kann man ihm auch finanzieren, aber die Grundeigenschaften müssen da sein.“ Sind Sie der Meinung, dass die Ausbildung, also die Fachhochschulen und Universitäten das leisten, die Leute auf diese Dinge vorzubereiten? [UA]: „Ich bin immer wieder erstaunt, was die Hochschulen und Fachhochschulen alles anbieten und leisten, ich denke, es hängt mehr davon ab, ob einer diese Chancen nutzt oder ob er sie nicht nutzt. Die Angebote sind da, die Leute haben weitreichende Möglichkeiten, sich ein hohes Wissen anzueignen. Ich denke auch, dass die guten Leute, die sich bewerben, wirklich erstaunlich viel mitbringen. Wenn ich ein insgesamt schlechteres Niveau bei den Bewerbern feststelle, dann mache ich das nicht an den Hochschulen fest, sondern häufig ist es auch unsere Freizeitgesellschaft und vielleicht auch verloren gegangene Werte wie Disziplin, Konsequenz, was dazu führt, dass die jungen Leute die Angebote nicht in vollem Umfang nutzen.“ Vielen Dank für das Gespräch. 98 5.5 Ingenieur: ein Beruf im Wandel Auch in diesem traditionellen Berufsbild findet ein Wandel im Rahmen der neuen technologischen und globalen Veränderungen statt. „Der von den transnationalen Unternehmen getragene Globalisierungstrend sorgt dafür, daß inzwischen alle Stadien der Wertschöpfung - angefangen bei Forschung, Entwicklung, über das Marketing, das Produktdesign, die Fertigung, das Rechnungswesen, den Vertrieb bis zu Rechts- und Finanzdienstleistungen einem Prozess von "global sourcing" unterworfen sind. Das Management und insbesondere der Arbeitsmarkt für höherqualifizierte Tätigkeiten internationalisieren sich - mit der Folge, daß nationale Arbeitsstandards an Bedeutung verlieren.“235 Der Bereich Technik umfasst neben den unmittelbaren Fertigungs- und Montagevorgängen auch die Produktionsvorbereitung, die Produktplanung, die Materiallogistik, die Terminierung, die Planung der Produktionskapazitäten und die Qualitätskontrolle. Entwicklung und Konstruktion sind die wahren Werte in einer globalen Wirtschaft, die Produktion wird ausgelagert oder zugekauft. „Von einem wirklich neuartigen, globalen Charakter der Produktionsstrukturen lässt sich sinnvollerweise erst dann sprechen, wenn nicht nur einfache Herstellungsfunktionen verlagert werden, sondern zugleich eine weltweite Dezentralisierung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und eine entsprechende Neuverteilung der Kontrollfunktionen stattfindet. Ob Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten tendenziell künftig immer stärker global dezentralisiert werden, wird unterschiedlich beurteilt. Der Softwareanteil des gesamten Produktionsprozesses - d.h. Forschung und Entwicklung, Marketingstrategien, Finanzierungsmodalitäten, Vertriebswege und Vertriebspraktiken - wird zur eigentlichen Quelle von Produktivitätssteigerung, Wettbewerbsfähigkeit und schließlich zum geschäftlichen Erfolg.“236 Durch die zunehmende Vernetzung der Computerarbeitsplätze und Informationssysteme werden Organisation und Logistik komplexer. Die Anforderungen an die Produkte steigen, da sie weltweit sinnvoll benutzbar sein müssen. Die Kompatibilität von Komponenten und Baugruppen von technischen Objekten muss gegeben sein, um eine weltweite Austauschbarkeit zu garantieren. „Zum Einsatz kommen standardisierte Produktions- und Serviceeinheiten, welche nahezu unendlich kombinierbar sind. Die Beispiele reichen von Schraubverbindungen über elektronische Steuerungen bis hin zu komplexen Teilsystemen von flexiblen Fertigungssystemen. Die Softwarestandards sowohl der Betriebssysteme als auch der Anwendungssoftware der eingesetzten Computer müssen kompatibel sein.“237 Durch den globalen Einsatz von Produktionstechnik wird Wissensmanagement an Bedeutung gewinnen. Neueste CIM (computer integrated manufacturing) Technologien bewirken einen hohen Grad von Vernetzung zwischen Auftragsabwicklung, Produktentwicklung und Produktherstellung. 235 KOHNHÄUSER, ERICH, Internationalisierung der Ingenieurausbildung, FH Regensburg, online im Internet: URL: http://www.fh-regensburg.de/wir/oeffentlichkeit/veroeffentlichungen/grundsatzartikel/int_ing.htm [Stand 14.12.2005]. 236 Ebenda. 237 Ebenda. 99 Neben den komplexen globalen Organisationsstrukturen, die es zu beherrschen gilt, spielen Zeit- und Qualitätsmanagement eine entscheidende Rolle im Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt: „Der Faktor Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Gefordert werden immer kürzere Lieferzeiten, immer höhere Flexibilität. Die Produktlebenszeiten und Innovationszyklen werden immer kürzer. Auf Kundenwünsche muß sofort reagiert werden. Die Rüstzeiten sind bei Losgröße 1 gegen Null zu entwickeln. Neuerungen müssen schnellstmöglich vermarktet werden. Also kommt es darauf an, Schlüsseltechnologien gemeinsam mit strategischen Bündnispartnern schneller als die Konkurrenz in immer neuere Generationen von Produkten einfließen zu lassen und verbindliche Standards für die Konkurrenz zu setzen. Die Durchlaufzeiten der Produkte durch die Fertigung sind dramatisch zu verkürzen, die Nutzungszeiten für die teuren Produktionseinrichtungen zu erhöhen, um im internationalen Wettbewerb Kostenvorteile herauszuarbeiten.“238 Diese von Kohnhäuser beschriebene Komplexität des 'global sourcing' bestimmt die Anforderungen an Ingenieure und Designer und fordert die enge Verzahnung einzelner Segmente der Wertschöpfungskette. 238 Ebenda. 100 5.6 Designingenieure Auf die Anforderungen des 'global sourcing' reagiert die Fachhochschule Frankfurt am Main mit dem Bachelor-Studiengang 'Material und Produktdesign'. „In einer Zeit schnellen Wandels werden von Unternehmen immer kürzere Entwicklungszeiten für innovative hochtechnologische Produkte bei optimalem Materialeinsatz gefordert. Diese Produkte müssen kostengünstig und konkurrenzfähig sein, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Gegenstände des Gebrauchs- oder Investitionsgüterbereichs, z.B. in der Luftund Raumfahrtindustrie oder der Medizintechnik, handelt. Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, ist die Entwicklung und Gestaltung eines Produktes unter Einbeziehung neuer Materialien fast nur noch durch Computersimulationen möglich. Darum muss ein entsprechendes Studium vor allem grundlagenorientierte, universelle und gleichzeitig interdisziplinäre Kenntnisse vermitteln. Interdisziplinarität wird vor allem dadurch erreicht, dass im Rahmen der Produktgestaltung ingenieurwissenschaftliche Methoden wie Strukturmechanik und computergestützte Konstruktion (CAD, CAE etc.) mit denjenigen des (Industrial) Design aufs engste verzahnt werden.“239 Das Ausbildungsziel ist die Hervorbringung von Ingenieuren, „die Gebrauchsartikel (Produkte) jeglicher Art Werkstoff- (Material) und anwendungsgerecht computergestützt konzipieren, entwickeln (Design) und/oder fertigen“.240 Ingenieurwissenschaftliche Methoden und Industriedesign in einer Ausbildung zu verbinden, ist nicht neu, Universitäten wie Dresden und Stuttgart bieten diese Kombination in alter Tradition an. Über 40 Jahre gibt es an der TU Dresden (TUD) das 'Technische Design' an der Fakultät Maschinenwesen, als eigene Studienrichtung. Stuttgart, Delft, Kopenhagen und Trondheim präsentieren ähnliche Lehrangebote, allerdings nur im Nebenfach. Professor Johannes Uhlmann verweist auf den ganzheitlichen Anspruch des gestalterischen und technischen Entwurfsprozesses.241 Mit bestandenem Eignungstest nach dem viersemestrigen Maschinenbau-Grundstudium können sich die Ingenieursstudenten in die Vertiefungsrichtung 'Technisches Design' einschreiben. „'Der ganzheitliche Entwurf von Erzeugnissen erfordert ein breites Überblickswissen auf technischen Gebieten sowie die Fähigkeit, sich aufgabenorientiert in ein Spezialgebiet einzuarbeiten. Zudem sollen menschliche Belange wie das Äußere (als kommunikative Funktion) eines Produkts, dessen Handhabung und Gebrauch einbezogen werden'".242 Die Synthese von gestalterischem und natur-/ingenieurwissenschaftlichem Können wird hier praktiziert unter der Berufsbezeichnung 'Designingenieur'. Immer mehr technische Hochschulen bieten Industriedesign als Vertiefungsrichtung oder Zusatzqualifikation an, um den Ingenieuren in erster Linie das Verständnis für die Arbeitsweise der Designer zu vermitteln. 239 FACHHOCHSCHUL FRANKFURT AM MAIN, Material- und Produktdesign, online im Internet: URL: http://www.fb2.fh-frankfurt.de/MAP/Downloads/MAP.pdf, [Stand 03.07.2006]. 240 Ebenda. 241 MAIER, SUSANN, 40 Jahre 'Technisches Design' an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden, in: innovations report, Dresden, September 2000, online im Internet: URL: http://www.innovations-report.de/html/berichte/bildung_wissenschaft/bericht-2093.html, [Stand 13.07.2006] 242 Ebenda. 101 So schreibt die Hochschule Ulm bezüglich der angebotenen Zusatzqualifikation 'IndustrialDesign' ausdrücklich: „Diese Zusatzqualifikation erhebt ausdrücklich nicht den Anspruch, eine Designerausbildung zu ersetzen. Vielmehr soll ein Ingenieur ausgebildet werden, der sich besonders der Gestaltung der zu entwickelnden Produkte unter ästhetischen und ergonomischen Gesichtspunkten widmet.“243 Im Wettbewerb zu den Abgängern von Designhochschulen stehen allerdings die Designingenieure, die sich über einen Eignungstest und eine ausführliche Ausbildung in den Gestaltungsgrundlagen zu einem vollwertigen Gestalter entwickeln. Peter Koloch, seit 1991 Designer bei der Designpraxis Diener in Ulm hat an der Fachhochschule Ulm und an der Universität München studiert und sein Diplom im Bereich Werkzeugmaschinen gemacht. Nach kurzer Industrietätigkeit bei Maybach/MTU Friedrichshafen als Diplom Ingenieur beschloss er, an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart Investitionsgüterdesign zu studieren, das er mit seinem Diplom bei Prof. H.E. Slany abschloss. Zum Thema der Doppelausbildung Ingenieur/Designer befragt, hat er sich folgende Gedanken gemacht:244 Herr Koloch, wie kamen Sie auf die Idee, an Ihr Ingenieurstudium noch Design dran zu hängen? Peter Koloch, [PK]:„Der ganzheitlichere Ansatz bei Problemlösungen war hierbei ausschlaggebend. Im Maschinenbaustudium konstruiert man ein Getriebe mit 16 schaltbaren Drehzahlen, mit profilverschobenen Zahnflanken und steife Getriebewellen für schwingende Belastung. Dass dies ein Teil einer Ständerbohrmaschine ist, mit der ein kleiner Handwerker 25 Jahre lang zufrieden arbeiten soll, interessiert nicht. Mir war es wichtig, ein stimmiges Produkt zu schaffen, das durch die Anforderungen der späteren Benutzer determiniert wird, und nicht losgelöst vom Produktumfeld ein technisches Problem zu lösen. Generell bietet das Industriedesign-Studium diesen ganzheitlichen Ansatz auf einem technisch etwas banalisierendem Niveau. Naheliegend war es dann, den Maschinenbau mit dem Design zu verbinden...Und dann kam noch eine glückliche Fügung des Schicksals hinzu: Unser ehemaliger Ministerpräsident Lothar Späth postulierte: 'Die Produkte aus dem Ländle sollen schöner werden', was den Startschuss für den postgraduierten Studiengang 'Investitionsgüterdesign' in Stuttgart darstellte.“ Haben Sie zwei Seelen in der Brust? [PK]: „Gute Frage. Wenn ich zurückdenke, war das zu Beginn meiner Berufstätigkeit schon so. Aber ich habe sehr schnell die überraschende Erkenntnis gewonnen, dass nirgends so viel über 'Technik' gesprochen wird, als im Industriedesign. Designer sind wahre Fachleute in den Bereichen Fertigung und Werkstoffkunde (und noch einer ganzen Reihe technischer Disziplinen mehr). Nur, was da so alles behauptet wird, ist manchmal sehr abenteuerlich und entbehrt oftmals einer soliden Grundlage. In diesen Situationen merkte ich schon, dass da noch eine andere Seele in meiner Brust ist. Mein berufliches Umfeld heute, mit seinen sehr technisch gefassten Aufgabenstellungen, den Kunden in den verschiedenen Investitionsgüter-Branchen, lässt selten zu, dass man für das Spektakuläre, Visionäre plädiert und das Funktionierende, Fertigbare, Finanzierbare umsetzen muss, d.h. die angesprochene schizophrene Situation ist nicht an der Tagesordnung.“ 243 HOCHSCHULE ULM , Zusatzqualifikation Industrie-Design, Ziel, online im Internet: URL: http://www.fh-ulm.de/Fachbereiche/Maschinenbau/studium/index.stud.html, [Stand 13.07.2006]. 244 KOLOCH, PETER, Doppelausbildung Designer/Ingenieur, schriftliches Interview, Ulm, Januar 2006. 102 Gibt es ihrer Erfahrung nach zwischen beiden Disziplinen Konfliktpotentiale und wenn ja, wie kann man diese überbrücken? [PK]: „Ja! Es existiert ein latentes Konfliktpotential. Und zwar aus einer Ecke, aus der man dies zuerst nicht vermuten würde: Ein Konstrukteur übernimmt die Verantwortung für seine Arbeit. Die Erfüllung eines Pflichtenheftes muss rechtsbeständig nachweisbar sein. Er garantiert die Funktion in einem vorgegebenen Stückkostenrahmen. Ingenieurbüros agieren deshalb ausschließlich in der Rechtsform der GmbH. Vergleicht man dies mit der Situation der Verantwortung im Design, so herrscht ein eklatanter Unterschied. Vor diesem Hintergrund lässt sich das mitunter zögerliche Verhalten von Ingenieuren /Konstrukteuren, welches seitens des Designs gerne mit 'konservativ, innovationsfeindlich, traditionell' tituliert wird, recht gut nachvollziehen. Es lässt sich daran auch ganz gut nachvollziehen, warum die Geometriedaten eines Designentwurfs oft vom Konstrukteur nicht direkt übernommen, sondern nochmals nachgebaut werden. Kontrolle ist besser.“ Was müssen Ingenieure und Designer noch dazulernen? [PK]: „Es existieren eine ganze Reihe von Fähigkeiten, bei denen es sich lohnen würde, Ingenieure und Designer zu 'kreuzen'. Unnötige Distanzen stellen sich schon bei der Ausbildung ein. Z.B. sind die verbalen Fähikeiten des Designers oftmals besser entwickelt, da man im Studium Entwürfe vor Dozenten und Mitstudenten präsentieren und verteidigen muss. Auch das Halten von Referaten und die Teamarbeit fördert die Kommunikationsfähigkeit. In der Praxis können Designer ihre Ideen besser Verkaufen, als Techniker. Ein weiterer ganz problematischer Aspekt ist die geradezu irrwitzige Trennung beider Disziplinen in der Ausbildung. In Deutschland werden Designer ausgebildet, die durchaus in italienischen Produktwelten mittun könnten, von Tischbestecken über Schrankwände und Stühle bis zur Sonnenbrille. In Italien sind es bekanntlicherweise oftmals Architekten, die das Design machen. In Deutschland werden nun mal vornehmlich technische Produkte entwickelt, Geräte, Maschinen, Anlagen, Werkzeuge usw. Wer hier Arbeit finden will, sollte auch auf diesen Arbeitsmarkt vorbereitet werden! Die wichtigsten Hilfswissenschaften im Design sind nun mal die Ingenieurswissenschaften (und irgendwann auch die Wirtschaftswissenschaften). Diese Grundlagen werden im Designstudium sträflich veruntreut. Sie sind oftmals zu unwichtigen, da unattraktiven 'Scheinfächern' degradiert (und dies durchaus auch an Fachhochschulen für Technik!). Ich bin überzeugt, dass neben Designgrundlagenfächern, begleitend bis in die hohen Semester, technische Grundlagen vermittelt werden müssen, die da sein könnten: 1. Fertigungstechnik, mindestens zwei Semester, 2. Werkstoffkunde, 3. Technisches Zeichnen, 4, Konstruktion, 5. Maschinenelemente des Designs Positiver Nebeneffekt und ganz bewusste Absicht dieses 'harten' Programms wäre die Erlangung der Qualifikation als Technischer Zeichner oder Detailkonstrukteur im Rahmen des Industriedesign-Studiums. Dies wäre bei unserer heutigen Arbeitsmarktsituation für Designabsolventen eine Chance (statt unbezahlter Praktika als Dipl.-Designer). Ein Architekt kann ja auch als Bauzeichner einsteigen...Eine Art Notfallplan.“ 103 Sie sind überwiegend im Investitionsgüterbereich tätig. Wie reagiert man dort auf Ihre Doppelqualifikation? [PK]: „Da gibt es zwei recht unterschiedliche Reaktionen: 1. Man reagiert gar nicht. Und das ist auch schon das Beste, was einem Designer passieren kann. D.h. ich werde nicht als Designer der von einem anderen Stern kommt, wahrgenommen, sondern von Kundenseite, wenn dort Ingenieure am Tisch sitzen, als ihresgleichen mit erweitertem Horizont. Wenn ich etwas sage, so glaubt man mir. Das ist manchmal überraschend und evoziert eine gewisse Verantwortung. Beim Marketing ist das etwas anders. Die Argumente, einen Entwurf abzuschießen müssen seitens der Ingenieure stichhaltiger sein, denn da kann ja einer ihnen in die Karten schauen. Eine gewisse Unsicherheit ist hier am Anfang zu überwinden. Für die Nachakquirierung habe ich eine recht günstige Position; wenn die Designarbeit getan ist, lässt sich durchaus recht häufig noch ein Konstruktionsauftrag verbuchen. 2. Ein anderer, negativer Aspekt der Doppelqualifikation ist derjenige, dass leicht der Anschein entsteht, dass 'da einer von außen kommt, der mir als Konstrukteur den Job wegnehmen möchte'. Hier bedarf es dann eines manchmal langwierigen Prozesses der vertrauensbildenden Maßnahmen, dass dies nicht so ist, und nur eine gute Zusammenarbeit dem Designentwurf zum Durchbruch verhilft.“ 104 6 Die Akteure an der Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung Sucht man in der Literatur nach Aussagen zu Struktur und Organisation der Zusammenarbeit zwischen Designern und Ingenieuren, stößt man zunächst auf die Tatsache, dass dieses Thema im Gegensatz zur Schnittstelle Design – Marketing kaum behandelt wird. Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Einschätzung der Wichtigkeit und des Stellenwertes von Design- und Ingenieurleistungen und der tatsächlichen beruflichen Situation. Während Design im gesellschaftlichen Ansehen sehr hoch im Kurs steht, hat der Ingenieurberuf an Attraktivität verloren. Jens Reese, Industriedesigner, Designberater und Dozent, hat jüngst einen Diskurs zum Thema 'Ingenieur und Designer' herausgegeben, der im geschichtlichen Rückblick und mit Beschreibung der heutigen Situation des Arbeitsverhältnisses zwischen Ingenieuren und Designern die ambivalente Beziehung beider Disziplinen beleuchtet. Reese beschreibt die Situation zwischen Designern und Ingenieuren als Konkurrenzsituation, die durch unterschiedliche Interessenslagen entstanden ist. „Ist der Designer für den Ingenieur ein Konkurrent geworden, der ihm die Show stiehlt?“245 Eine berechtigte Frage, denn der 'Design- Hype', der in den achziger Jahren, von den Medien gepuscht, auf alle gesellschaftlichen Schichten übergegriffen hat, macht Design zum Star. Angefangen bei Markenkleidung über Einrichtungsgegenstände bis zu Haushaltsgeräten, von TCHIBO bis PORSCHE, kommen Konsumgüter ohne Design nicht mehr aus. Die Vermarktung von Trends und Lifestyle in den Medien, man denke nur an die Anzahl von Fernsehsendungen, die Einrichterteams in die Wohnungen von Zuschauern schicken um diese 'trendig' umzugestalten (S.O.S, Do-it-yourself), spiegeln uns eine Welt vor, die von Design durchdrungen ist. Wie sieht die Wirklichkeit aus? Glaubt man den Aussagen von Politikern und Vertretern großer Unternehmen wird „Design [...] aufgrund zunehmender Vergleichbarkeit technischer und funktionaler Merkmale von Produkten zur wichtigen Kernkompetenz, ohne die langfristiger Erfolg am Markt nicht möglich ist.“ (Dr.Otto Wiesheu)246 Mit dieser Aussage wird Design erhöht und über Technik und Funktion gesetzt. Dies trifft sicherlich in einigen Branchen und Unternehmen zu. Die Automobilindustrie ist ein Beispiel für den Einsatz von Design mit höchster Priorität. Auch im Bereich der Konsumgüter ist die Gestaltung der äußeren Form, die Materialität und das Markenprestige neben dem Preis ein wichtiges Verkaufsargument. Nur haben wir in Europa das Problem, dass gerade im Konsumgüterbereich die Produktion ausgelagert wird und das hiesige Design in vielen Fällen durch Zukauf oder von Designern vor Ort – also zum Beispiel in China – ausgehebelt wird. Profitierten in den 90er Jahren noch alle Designer, also auch kleinere unbekannte Büros vom hohen Prestige von Design, ist die lokale Nachfrage heute sehr gebremst. Es gibt bekannte Designer, die mit Ihrem Namen mit Starqualitäten weltweit agieren können und von den Unternehmen neben ihren Designleistungen als Werbeträger eingekauft werden. Bekannte Beispiele wie PORSCHE DESIGN für SIEMENS oder ROWENTA mit MORRISON bestätigen diesen Trend. 245 246 REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer, 13. WIESHEU, OTTO, DR, Grußwort, in: Reese, Jens, Der Ingenieur und seine Designer. 105 Ganz im Gegensatz zur Nachfrage nach Ingenieuren sieht der Arbeitsmarkt für Designer, insbesondere für Industriedesigner vor Ort schlecht aus. Bei den Ingenieuren fehlt der Nachwuchs, Studienabgänger werden noch in den Hochschulen beworben, wohingegen ganze Designabschlussklassen keine Jobs bekommen.247 Die Diskrepanz bei den Ingenieuren zwischen Nachfrage und deren 'Randständigkeit' scheint ein Problem zu sein, das „der Soziologe Nils Beckenbach, Universität Kassel, [beschreibt] und spielt auf deren Technikgläubigkeit, aber auch auf die zunehmende Skepsis der Bevölkerung gegenüber der Technik und die damit geringere Beachtung der Ingenieure in der heutigen Produktwelt an. Ob Auto, Schienenfahrzeug, Stuhl oder Lampe: im Mittelpunkt steht der Designer als 'Star', obwohl es die Produkte ohne das technische Know-How der Ingenieur so nicht geben würde.“248 247 Vgl. Kapitel '1.2 Arbeitsmarkt' (Designer) und Kapitel '4.1 Ingenieure: Historie, Ausbildung, Arbeitsmarkt, Arbeitsfelder' 248 REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer, 14. 106 6.1 Vergleichende Betrachtung der Berufsbilder Designer und Ingenieur Die Beziehung zwischen Industriedesignern und Ingenieuren ist verhältnismäßig jung, da es erst mit den Aktivitäten der HfG Ulm und der Gründung des 'Verbandes Deutscher Industrie Designer' (VDID), 1959 zu einer dezidierten Ausformulierung des Berufsbildes 'Industrial Designer' kommt. Per definitionem rückt der Berufsstand der Industriedesigner ab vom rein künstlerischen Arbeiten und verschreibt sich der Industrie. Eine Absage an die von der HfG kritisierten 'Stylisten', an kunsthandwerkliche Gestaltung und die klare Hinwendung zu Industrie und Technik. Damit wird die Schnittstelle Design – Konstruktion geschaffen. Abstrakt gesehen, kann man die Zusammenarbeit und Aufgabenteilung beider Disziplinen „als einen logischen, unvermeidlichen und sich damit natürlich ergänzenden Prozess [...] [bezeichnen]: Designer und Ingenieure entwerfen und konstruieren Produkte, die industriell serienmäßig hergestellt werden und Zweckmäßigkeit und Schönheit miteinander verbinden. Diese lehrbuchartige Definition schreibt dem Ingenieur im Begriff der Zweckmäßigkeit die Ratio, dem künstlerisch gebildeten Designer im Begriff der Schönheit die Emotion zu."249 Dies wäre eine klare Kompetenzentrennung, ist jedoch in der Realität weder gewollt noch machbar. Die Ingenieure auf die Ratio und die Designer auf die Emotion zu beschränken entspricht allerdings den Vorurteilen, mit denen Vertreter beider Berufsgruppen in der Praxis umgehen müssen. Aus historischer Sicht ist jedoch festzustellen, dass man beide Berufsbilder von ihrer Grundausprägung her gemeinsamen Wurzeln zuordnen kann. Die Intension beider ist eine Idee, einen geistigen Entwurf in eine für andere verstehbare Form, Sprache oder faktischen Entwurf umzusetzen. Grundlegend für den Weg zur Umsetzung ist das Potential, sich im Kopf Dinge, Konstruktionen und Szenarien (dreidimensional) vorzustellen, die bis dahin noch nicht existent sind und diese in die Realität zu überführen. In der Renaissance wurde der Begriff 'Disegno' geprägt, der „uns aus der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem so genannten Florentiner Akademie-Streit bekannt [ist]: Auf der einen Seite vertraten Benedetto Varchi und Vasari eine idealistische Position mit ihrer Behauptung, 'Disegno' sei als geistige Grundlage und Ursprung der Künste anzusehen. In Opposition dazu wurde 'Disegno' als Wissenschaft der regelgerechten Naturwiedergabe aufgefasst, d.h. Als eine praktische künstlerische oder kunsthandwerkliche Umsetzung von Naturbeobachtungen.“250 Aus diesen gegensätzlichen Standpunkten entwickelt sich mit der Zeit die Synthese, die Idee und Form durch eigenschöpferische Anteile im Umsetzungsprozess verbindet. 249 250 KUPETZ, ANDREJ, Geleitwort, Rat für Formgebung, in: Jens Reese: Der Ingenieur und seine Designer. EISELE, PETRA, DR., Design Forschung als transdisziplinäres Konzept, Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/EiseleDGTF.pdf, 3-4, [Stand 14.12.2005]. 107 „Das kann für unser heutiges Designverständnis zweierlei bedeuten: Erstens: gerade der Bereich zwischen Idee und Umsetzung- das was heute Designprozess heißt – ist interessant, da Design eben nicht nur die äussere Form, sondern immer auch die metaphysische Ideenkomponente beinhaltet. Und zweitens: obwohl sich der Begriff historisch gesehen verändert hat und immer noch verändert, können Konstanten ausgemacht werden, die auch heute in transformativen Zeiten Anhaltspunkte geben: Auch heute noch stellen Idee und praktische Umsetzung die beiden 'Pole' im Design dar, die es zu verbinden gilt. Der Einfall, die 'Idee' bildet noch immer die Grundlage für das Ausgeführte, für die Form. [...] So heißt ein Problem lösen immer, die Kluft zwischen Idee und Fakten mit „Design“ - mit einer Verknüpfung aus Phantasie und Praxis – zu überbrücken. Hier geht es dann – altmodisch ausgedrückt – eben auch um eine metaphysische Ebene, um ein schöpferisch-geistiges Prinzip, mit dessen Hilfe das Neue geschaffen werden kann.“251 Der Architekt Prof. F.G.Winter setzt sich 1972 in seiner Veröffentlichung 'Planung oder Design?' grundsätzlich mit den Begriffen Gestalt, Planung und Design auseinander und stellt argumentativ immer wieder die Beziehung zwischen Design und Technik, Kunst und Wissenschaften her. Wobei er Design als einen rationalen Planungsprozess sieht, der unter Einbeziehung aller Prozess beeinflussenden Faktoren und der von der Planung Betroffenen, auszuwählende Alternativen entwickelt. Die ästhetische Kreativität und Phantasie sind der kaum planbare Teil des Prozesses, das schöpferisch-geistige Prinzip. Winter geht von einem wissenschaftlichen Fundament einer Planung aus, das die „schöpferische Phantasie des Planenden entzündet“252 und spricht in diesem Zusammenhang von der Kombination einer wissenschaftlichen und technischen Basis mit der geistigen, vom Design ausgehenden Schöpfungskraft.253 Design fungiert also als Bindeglied, Vermittler und Koordinator zwischen Kunst und Wissenschaft und ist in der Lage, indem es in diesen künstlerisch-wissenschaftlichen Werkzeugkasten methodisch hineingreift, etwas Neues zu erschaffen, sich als emanziperte Kraft in Szene zu setzen. Diese Theorie zeigt jedoch auch die enge Verbindung zwischen Design, Kunst und Technik, die in unserer arbeitsteiligen Welt und auch in unserem sich in einzelne Fachbereiche abschottenden Hochschulsystem an Bedeutung verloren hat. Die Verbindung von Kunst und Wissenschaft repräsentieren die 'Künstleringenieure' in der Renaissance, universal gebildete Männer, die auf verschiedenen Gebieten neue Ideen entwickelten. Neben der Entwicklung von praktischen Anwendungen in der Militärtechnik und damit zusammenhängend im Festungsbau, beschritten die Universalgenies der Renaissance in Kunst, Wissenschaft und Architektur neue Wege. Leonardo da Vinci (1452-1519), Schöpfer der berühmten Mona Lisa, Maler von Weltruhm, betätigt sich auch als Bildhauer, Architekt, Kunsttheoretiker, Naturforscher und Ingenieur. "Der der Renaissancezeit eigene Drang, sich mit der sichtbaren Welt gestaltend auseinander zusetzen, offenbart sich uns besonders eindringlich in Leonardo da Vinci. Sein nüchterner Tatsachensinn, der verbunden ist mit einem ungemein entwickelten Vorstellungsvermögen, auch im Gebiete der technischen Gebilde, dann die unvergleichliche Fähigkeit, das Erschaute anschaulich zeichnerisch wiederzugeben, weiter das Streben, allgemeine Regeln mittels des Versuchs und unter der Anwendung der Mathematik in der Natur zu erkennen, und endlich seine [...] Vertrautheit mit den Eigenschaften der Materialien und den Möglichkeiten ihrer werkstattgerechten Bearbeitung machen ihn zu einem überragenden Ingenieur."254 251 Ebenda. WINTER, F.,G., Planung oder Design, 1972, 17. 253 Vgl. Ebenda. 254 KLEMM, FRIEDRICH, Kurze Geschichte der Technik, 1961, 69. 252 108 Die Leonardo da Vinci zugeschriebenen Eigenschaften, die ihn zu „einem überragenden Ingenieur" machten, gelten ebenso für den Designer: der Forschungs- und Gestaltungswille, die Umsetzung einer Idee mit Phantasie und anschaulichen Mitteln, deren Fertigbarkeit unter den Randbedingungen von Technik und Materialeigenschaften. Leonardo wird ein „ungemein entwickeltes Vorstellungsvermögen“ bescheinigt, auch dies eine Grundvoraussetzung für den Designer, der, genauso wie der Ingenieur, seine Ideen zunächst im Kopf bis zu dem Punkt entwickeln muss, an dem er in der Lage ist, diese zu kommunizieren. Auch Holger van den Boom und Felicidad Romero-Tejedor sehen in Leonardo da Vinci ein wichtiges historisches Vorbild für die Designer. „Leonardo hatte einen Blick für das Wesentliche, für die Essenz der Sache.[...] Leonardos Zeichnung analysierte, legte bloß, und wurde schließlich Erfindung und Entwurf [...].“255 Bei den 'Entwurfsteilarbeitern' (nach Meurer/Vincon), die sich im späten Mittelalter durch die Arbeitsteilung in den Manufakturen herausbildeten und eine wichtige Rolle bei der Standardisierung und Typisierung spielten, zeigt sich, dass Entwurf (Design) und Konstruktion anfangs sehr nahe beieinander lagen, wenn nicht gar in einer Person vereint waren. Erst die Spezialisierung und Arbeitsteilung durch die Industrialisierung grenzte die Tätigkeitsbereiche ab. Je komplexer die Industriegüter wurden, desto kleinteiliger wurden die Arbeitsschritte in Entwurf, Konstruktion und Produktion. Die Notwendigkeit der Trennung von Entwurf und Konstruktion in verschiedene Kompetenzbereiche wurde ab Mitte des 19.Jahrhunderts mit zunehmender Industrialisierung und internationalen Handelsbeziehungen deutlich. Die Weltausstellungen entwickelten sich zu internationalen Leistungsschauen, die die Konkurrenzfähigkeit der Industrieprodukte der teilnehmenden Nationen auf den Prüfstand stellten. 1876 standen die deutschen Industrievertreter mit ihren qualitativ minderwertigen und schlecht gestalteten Produkten auf der Weltausstellung in Philadelphia im Hagel der Kritik. „Der Historismus wurde dabei zunehmend als ästhetisches Hemmnis in der nationalen Konkurrenz empfunden.[...] Die Massenfabrikation brachte bereits moderne Gebrauchsgegenstände und Möbel hervor, die aber mit billigen historisierenden und nicht selten verkitschten nationalistischen Emblemen, Ornamenten und Dekoren verkleidet waren. Diese Massenartikel wiesen oft schlechte Qualität auf, waren unpraktisch und überproportioniert,[...].256 Hier entstand die Lücke, die das Fundament für Industrie Design bildete. Weder die Muster und Vorlagen der Musterzeichner, noch die technischen Entwürfe der Konstrukteure erfassten die Möglichkeiten, die sich durch neue Materialien und die Serienproduktion auftaten. Der 'link' zum Nutzer fehlte oft vollständig. In England, dem Mutterland der Industrialisierung, regten sich erste Widerstände gegen die minderwertigen Industrieprodukte. Die Herausgeber des 'Journal of Design' zwischen 1849 und 1852 (Prinz Albert und Henry Cole) verfolgten den Gedanken, über ästhetisch und qualitativ wertige Massengüter eine Art 'Geschmackserziehung' bei der Bevölkerung bewirken zu können. Die Folgerung, mit Produktgestaltung einen gesellschaftliche Wandel durch die ästhetische Erziehung in Form von Massengütern bewirken zu können, wird den Designern bis heute anhaften. 255 VAN DEN BOOM, HOLGER/ROMERO‐TEJEDOR, FELICIDAD, Design. Zur Praxis des Entwerfens. Eine Einführung, 2000, 35. 256 HAUFFE, THOMAS, Dumont-Schnellkurs Design, 1995, 38/39. 109 Mir der Gründung des Deutschen Werkbundes in Deutschland forderten Vertreter aus Wirtschaft, Kunst und öffentlichem Leben Industrieprodukte, die konkurrenzfähig, mit künstlerischem Anspruch gestaltet und erschwinglich sein sollten. Der Streit um die Typisierung, also den Entwurf von Vorlagen für die Serienproduktion und künstlerische Individualität, spaltete den Werkbund in zwei Fraktionen und wird noch lange erbittert in Designerkreisen ausgetragen. Die Verbindung zu den Ingenieuren und besonders zu den Konstrukteuren fand sich bei den Befürwortern der seriellen Fertigung, bei denen, die das Potential von Industrieproduktion früh erkannten. Peter Behrens, Mitbegründer des Werkbundes, setzte dessen Ziele umfassend bei der AEG als 'künstlerischer Beirat' um. „In der Zeit von 1907 bis 1914 revolutionierte Behrens das gesamte Erscheinungsbild des Unternehmens. Er entwarf Kataloge, Preislisten und elektrische Geräte ebenso wie Arbeiterwohnungen, Messestände und Fabrikgebäude. Alles ansprechend für den Käufer, aber (oder gerade deshalb) in betont sachlicher und funktionsgerechter Form.“257 Behrens war ein Universaltalent und Generalist, der sich ganz für seinen Auftraggeber, AEG, einsetzte, in der Rolle des federführenden Künstlers. Später (1953) wurde unter dem Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung Dr.Dipl.Ing.Friedrich Hämmerling eine 'Abteilung für Formgebung' aller Unternehmenserzeugnisse eingerichtet. Am Bauhaus, das anfangs noch sehr kunsthandwerklich ausgerichtet war, prägten van Doesburg und Moholy-Nagy nach dem 1.Weltkrieg eine funktionalistische und rationale Gestaltungsrichtung. Zusammen mit Mondrian, Rietveld und anderen gründete van Doesburg die holländische 'De Stijl' Gruppe, die sich bereits 1917 mit der ersten Ausgabe der Zeitschrift 'de stijl' zu einem progressiven Verhältnis zur technischen Umwelt und deren Gestaltungsmöglichkeiten bekannte. „Van Doesburg prägt in diesem Zusammenhang den Begriff der ‘mechanischen Ästhetik’. Die Umgestaltung der Welt sollte auf dem Weg dieser ‘mechanischen Ästhetik’ realisiert werden. [...] Das Mittel zur Realisierung dieser Weltumgestaltung im großen Maßstab soll die ‘Maschine’ sein.“258 Durch Meyer als neuen Leiter des Bauhaus ab 1928 gewann der sozialistisch motivierte Funktionalismus die Oberhand. Der Gedanke war, die industrielle Fertigung als Mittel einzusetzen, „um über ihre Einbeziehung in den Gestaltungsprozess die Kosten von Gebrauchsgütern zu senken und über ihre massenhafte Distribution eine Anhebung des Lebensstandards auf breiter Basis zu erreichen.“259 Diese Auffassung von Gestaltung führt uns über die Hochschule für Gestaltung Ulm in die endlosen Funktionalismusdebatten, die in den 60er Jahren eine Gegenbewegung auslösen. Der Ausgang des 2. Weltkriegs schaffte die politischen die ökonomischen Voraussetzungen für den Aufbau einer hochtechnisierten Wohlstandsgesellschaft. 257 HAUFFE, THOMAS, Dumont-Schnellkurs Design, 1995, 62/63. MEISSEL, TIMO, Design und Medienwandel, Magisterarbeit, 11.02.2004, online im Internet: URL: http://audio.uni-lueneburg.de/texte/ma-meisel-web.pdf, 15-17, [Stand 14.12.2005]. 259 Ebenda. 258 110 „Die neue Bundesrepublik verlangt nach einer eigenständigen ästhetischen Identität. Die 1955 in Ulm gegründete Hochschule für Gestaltung antwortet auf den braun-ledern-völkisch-pseudoklassizistischen Geschmack der Nationalsozialisten mit dem am Bauhaus entwickelten und im amerikanischen Bauhausexil vervollkommneten, cleanen ‚form-follows function‘- Ästhetizismus. Dem Ausstattungselan des Wiederaufbaus folgend, verzichtet Ulm sowohl auf eine kunsttheoretische Hinterfragung des Bauhaus-tradierten Gestaltungsrepertoires als auch auf eine offizielle Institutionalisierung künstlerischer Grundlagenforschung.“260 Adam Jankowski, Professor an der HfG Offenbach, kritisiert die Ulmer als 'Wasserträger der Industrie': „[...]Durch den Verzicht auf die permanente, kritische Infragestellung der herrschenden Schönheitsregularien und der sie produzierenden Lebensumstände, - durch die Trennung der Idee der Gestaltung vom Problem Kunst - transformiert die Ulmer Auffassung die Überzeugungsästhetik der künstlerischen Gestaltung in die Gefallensästhetik der industriellen Fertigung. Das Ulmer Modell ersetzt die künstlerischen Kreativitätskriterien für Gestaltung Prägnanz, Originalität, Lebendigkeit, Eigensinn, Irritation, Widerstand, Authentizität, Autonomie, Identität, [...] - durch Herstellungsgesetzmäßigkeiten der industriellen Warenproduktion und des Massenmarktes[...] Die Positionen des Erfindens, der Nachdenklichkeit und des unabhängigen Forschens werden geopfert. In Ulm wird Gestaltung domestiziert und auf die Funktion eines braven Dienstleistungsgewerbes reduziert.“261 Die HfG Ulm ist sicherlich in mancher Ausprägung radikal und einseitig. Sie hat jedoch den Weg bereitet, dass Design endgültig aus seinem 'goldenen Käfig der Kunst' ausbrach und sich zu einem modernen Berufsbild entwickeln konnte. Dies bedeutete für das Gros der Designer in den folgenden Jahren eine Eingliederung in industrielle Prozesse. Die Auseinandersetzung mit Industriedesign, also der Gestaltung von Serienprodukten und Maschinen ist immer wieder ein Thema für den VDI (Verband Deutscher Ingenieure). Schon 1949 befasst man sich in der Zeitschrift des Vereins beispielhaft mit der Gestaltung von Werkzeugmaschinen. 262: „Wie es in der Architektur und in der Kunst einen Stil und Modeerscheinungen gibt, so zeichnet sich beides auch in der Technik ab.“263 Die 'Schönheit Technischer Gestaltung' liege in einer sinngemäßen und zweckgerichteten Form, die sich durch „ [...] eine straffe Gliederung der Flächen, wobei man winklige Körperformen anstrebte“264 auszeichnet. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, „dass das wesentliche die technische Bewährung bleibt“265, eine klare Positionsbestimmung für eine Unterordnung der Gestaltung unter die Technik. „Das bedeutet nichts anderes, als dass der Ingenieur das letzte Wort hat und die Richtung bestimmen sollte.“266 Der sich anbahnende Konflikt zwischen Designern und Ingenieuren zeigt sich auch in den Äußerungen von Dipl.Ing.O.E.Kramer, VDI Berlin, zur Ingenieurtagung 'Technische Formgebung', 1954 in Bielefeld267. Er unterteilt in Geschmacksgüter und technische Industriegüter, die sich durch ihre konstruktive Komplexität unterscheiden. 260 JANKOWSKI, ADAM, Der Traum vom sozialen Fortschritt, HfG Offenbach, 2000, online im Internet: URL: http://www.hfg-offenbach.de/uniStaffInd.hfg?fdId=35&fdPage=6, [Stand 14.12.2005]. 261 Ebenda. 262 Vgl. REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer, 67. 263 ZEITSCHRIFT DES VEREINS DEUTSCHER INGENIEURE, 15.02.1949, Band 91, 73/74. 264 Ebenda. 265 Ebenda. 266 REESE, JENS, Der Ingenieur und seine Designer, 67/68 267 Vgl. Ebenda. 111 Während Geschmacksgüter durchaus von 'Künstlern' gestaltet werden könnten, solle bei den Industriegütern ausschließlich der Ingenieur neben der Konstruktion die Gestaltung übernehmen. Eine Haltung, die heute noch in vielen Maschinenbauunternehmen vorherrscht. Dem Designer wird die technische Kompetenz nicht zugetraut, selbst wenn er in die innere Konstruktion einer Maschine zumeist nicht eingreifen muss und will. In der Hochschule für Gestaltung Ulm sehen sich die Industriedesigner als Partner der Industrie, also als 'Teamkollegen' der Konstrukteure und Ingenieure. Umgekehrt wird den Designern ein 'Gestaltungrecht' nur in bestimmten Bereichen eingeräumt, deren Grenzen fließend sind. Die Konsumgüterindustrie erkennt schnell den Mehrwert durch Design, und so entwickelt dieser Berufsstand mit dem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum in Europa und Amerika ein Selbstbewusstsein, dass über die Antifunktionalismusbestrebungen der 60er und 70er Jahre, die Postmoderne der 80er und den Designboom der 90er beständig wächst. An diesem Punkt möchte ich kurz auf den Starkult rund um die Designer eingehen: Es gab und wird immer wieder Universaldenker, Genies und Generalisten geben, die sich individuell entwickeln, interdisziplinär denken und sich bedenkenlos aus dem 'Bauchladen' der Wissenschaften und Künste bedienen. Diese (Design-)Ikonen bewegen manchmal sehr viel, stoßen Entwicklungen an und geben Impulse. Große Unternehmen bedienen sich der 'Stars', um der internen Entwicklung neue Anstöße zu geben und/oder mit dem Namen zu werben. Der Bekanntheitsgrad eines Colani, Starck oder Morrison ist hoch genug, um ein ganz bestimmtes Bild von 'dem Designer' in der Öffentlichkeit zu prägen. Da die 'Designstars' in nahezu allen Bereichen der Konsumgüterindustrie bis übergreifend auf die Mode und andere angrenzende Bereiche tätig sind und durch ihre Werbewirksamkeit größte Möglichkeiten der Selbstinszenierung haben, werden sie wahrgenommen. In vielen Fällen als Allroundkünstler und Paradiesvögel. Die Tatsache, dass dieses Bild jedoch mit den 'Designworkern', die meist unbekannt der Industrie zuarbeiten, nicht übereinstimmt, setzt sich in der breiten Bevölkerung kaum durch. Daher existiert auch bei vielen Ingenieuren heute noch das alte Vorurteil, Industriedesigner seien 'Künstler und Bildchenmaler'. Dieses Vorurteil kann ansatzweise durch die Einbindung von Designinhalten in das technische Studium ausgeräumt werden. Allerdings gibt es neben alten Vorurteilen noch weiteren 'Sand im Getriebe' der Zusammenarbeit zwischen Industriedesignern und Konstrukteuren268. Ein Grund ist weitgehend in der Globalisierung zu suchen: der weltweite Wettbewerb und Konkurrenzdruck bewirkt zur Zeit in Europa und besonders in Deutschland eine Abwanderung von Arbeitsplätzen und eine damit einhergehende Stagnierung der Wirtschaft. Die Investitionsbereitschaft des Mittelstandes in Neuentwicklungen ist, obwohl dringend nötig, niedrig. Produkte müssen in kürzester Zeit neu 'gestylt' und auf den Markt gebracht werden. Die Ausgaben für die meist externen Designer werden in vielen Fällen aus dem Topf der Entwicklung, dem Entwicklungsetat getätigt. Damit wird den Konstrukteuren ein direkter Konkurrent um das Budget vor die Nase gesetzt. 268 Im Folgenden, und insbesondere bei der genauen Betrachtung der Schnittstelle Design und Konstruktion stelle ich vor allem den Bereich der Konstruktion bei den Ingenieuren heraus, da hier die meisten Berührungspunkte, vor allem mit CAD (Computer Aided Design), in der täglichen Arbeit existieren. 112 Dies muss zu Reibereien am Schnittpunkt Design/Konstruktion führen: Wer macht was und wie weit in die Tiefe gehend, will heißen: bis zu welchem Stadium konstruiert der Designer seinen Entwurf aus, ab welchem Punk und welche Qualität übernimmt der Konstrukteur? Das Ringen um Stunden, über die von beiden Seiten Rechenschaft abgelegt werden muss, lässt sich unter diesen Bedingungen nicht vermeiden. Die Designer sehen sich durch neue Technologien gefordert. Vor allem die durchgängige Einführung von CAD-Systemen in die Industrie in den letzten 15 Jahren hat die Designer in ihrer Freiheit der Wahl der Mittel erheblich beschnitten, die Designergebnisse kontrollierbar und vor allem nachvollziehbar gemacht. Der Datensatz, der zur Weiterverarbeitung an die Konstruktion weitergegeben wird, enthält im Optimalfall alle Informationen über den Weg der Erstellung und bietet den Konstrukteuren die Möglichkeit, zumindest konstruktive Designprozesse nachzuvollziehen. Dies ist für die Designer ein echtes Problem, die sich gerne mit dem Mythos der nicht logisch erklärbaren Idee umgeben, sozusagen als 'Artenschutzprogramm' gegen alle diejenigen, die an den Kompetenzen der Designer 'knabbern'. Desweiteren führt die Vergleichbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Datensätze bisweilen auch zu der Einstellung bei den Konstrukteuren, sie hätten mit CAD plötzlich die Möglichkeit, selbst zu gestalten. 'Computer Aided Design' lässt die Arbeitsbereiche der Designer und Konstrukteure zusammenwachsen, und so kommt es zu Kompetenzgerangel und Unklarheiten die spezifischen Aufgaben der Akteure betreffend. 113 6.2 Computer Aided Design 'Computer Aided Design', 'CAD', hat sich als Standardwerkzeug der Industriedesigner und Ingenieure etabliert. Für die Designer war die Umstellung ein schwieriger Prozess, zum Einen wegen den anfangs noch sehr hohen Anschaffungskosten, und zum Anderen determiniert die Arbeit am Computer die Wahl der Mittel im Entwurf erheblich. Dies ist in vielen Fällen jedoch auf die Nutzer selbst zurückzuführen, die kaum strategisch und umfangreich an CAD-Systemen ausgebildet werden. In der Designausbildung spielt CAD zwar eine Rolle, aber schon die Angebotsvielfalt verschiedener Systeme und fehlende CAD Standards machen es schwer, Designstudierende den richtigen Einstieg zu vermitteln. Das Thema 'CAD' ist in der zweiten Hälfte der 80er Jahre in Deutschland in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Gerade im Bereich der Produktentwicklung bewirkte der Einsatz von CAD Systemen im Laufe der Zeit und durch immer anwenderfreundlichere Versionen revolutionäre Umbrüche. 1969 wurde in den USA das erste kommerzielle 2D CAD-Programm zur zweidimensionalen Zeichnungserstellung eingeführt. Sein vorwiegendes Einsatzgebiet fand CAD zunächst im Maschinenbau. Miniaturisierung und Preissenkungen bei der Hardware trieben Anfang der 80er Jahre die Softwareentwicklung voran vor allem in den Bereichen: „- Büromanagement, - Projektkostenanalyse und -kontrolle, - Projektsteuerung und -management, - Flächenplanung und Gebäudeverwaltung, - Computergestütztes Entwerfen und Zeichnen, - Ingenieurplanung.“269 Mit den ersten Heimcomputern wurden 2D-CAD-Programme entwickelt, die jedoch die Vorgehensweise bei der Konstruktion verglichen mit der auf Papier nicht wesentlich änderte aber eine saubere Zeichnungserstellung ermöglichte.270 Bereits Mitte der 80er Jahre kamen die ersten 3D-CAD-Systeme auf den Markt, und die Industrie erhoffte sich eine Vereinfachung und Rationalisierung im Bereich der Zeichnungsund Konstruktionsaufgaben. Dies ist in einigen Berufsbereichen mit Vehemenz passiert. Klassische Konstrukteure und technische Zeichner mussten umgeschult werden und konnten teilweise eingespart werden. Im Industriedesign- und Architekturbereich sind CAD-Systeme, seit sie gegen Ende der achtziger Jahre immer erschwinglicher wurden, ein 'must' geworden. 'Computer Aided Design' wurde zunächst als Werkzeug für die Ingenieure und deren Anforderungen entwickelt. Daher rührt auch der logische Aufbau vieler CAD-Systeme, wie das Konstruieren in Baugruppen und die Anbindung an den Werkzeugbau. Aus diesem Grund tun sich viele Designer schwer, sich in die 'Denke' der großen Ingenieurssysteme hineinzufinden. „Folglich waren für die Designer eigene, das heißt auf die spezifischen Bedürfnisse des Designs zugeschnittene CAD-Systeme zu entwickeln. Aber diese Bedürfnisse des Designs sind heute genau so differenziert und durch unterschiedliche Schwerpunkte geprägt wie das ausufernde Angebot der CAD-Systeme. Die Entwicklung der 'CAD-Systeme für Designer' wurde daher zunächst einmal geprägt von einem relativ klar zu umreißenden Segment der Designpraxis mit höchsten Ansprüchen: dem Automobil- bzw. Fahrzeugdesign.“271 269 GLOSSAR.DE, online im Internet: URL: http://www.glossar.de/glossar/1frame.htm?http%3A//www.glossar.de/glossar/z_cad.htm [Stand: 14.12.2005]. 270 1982 kam AutoCAD für DOS auf den Markt 114 Aus diesem Bereich kommen die Schwerpunkte des dreidimensionalen Modellierens und die Visualisierung. Wie Eckart, Glos und Klober in ihrem Artikel 'Software: CAD für alle?', im design report beschreiben, handelt es sich hierbei jedoch um „High-End-Programme wie Alias [, die] benötigen Investitionen, fundiertes Training und ständige Übung.“272 Diese kostenintensiven Programme kommen außerhalb der Automobilindustrie meist nur in großen Designagenturen zum Einsatz. Die Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von 'Engineering' und 'Imageneering'. Gemeint ist zum einen das professionelle Konstruieren und Auslegen für die Fertigung, zum anderen Visualisierung in höchster Qualität. Für beide Fälle gibt es die angesprochenen großen Spezialistensysteme wie Pro/Engineer, CATIA, Unigrafics und Alias, die kostspielig und aufwendig in der Bedienung und Wartung sind. Für einzelne Designer und kleinere Designbüros noch Anfang der neunziger Jahre unerschwinglich und nicht praktikabel, auch wegen der fehlenden Spezialisten in den kleineren Büros. Die vielen Gestalter, die mehr oder weniger als Einzelkämpfer agieren, sind gut beraten mit einem „preiswerten, einfach und intuitiv zu bedienenden Mid-Range-Programm – mit präzisen Schnittstellen sowohl zum professionellen Engineering als auch zu spezialisiertem Imagineering.“273 Und hier liegen die Schwierigkeiten: bei der Auswahl des richtigen Systems, das die individuellen Arbeitsprozesse der Designer unterstützt und die Kommunikation mit den 'Weiterverarbeitern' der Daten durch die richtige Anbindung gewährleistet. Das Argument der Schnittstellen wurde und wird von vielen zugunsten der für Designer entwickelten Instrumente im CAD-Bereich unterschätzt. Ob im Investitionsgüter- oder im Konsumgüterbereich, die Entwicklungszyklen verkürzen sich im globalen Wettbewerb, Schnelligkeit am Markt ist gefragt, und das bedeutet für die Industriedesigner, die in industrielle Prozesse eingegliedert sind, eine möglichst perfekte Einpassung in die Prozesskette. Da CAD heute Stift und Papier, in vielen Fällen sogar den Designmodellbau, abgelöst hat und zu einem internationalen Kommunikations- und Organisationsmedium herangewachsen ist, bleibt den Designern nichts anderes übrig, als den Versuch zu unternehmen, alles für den Entwurf relevante aus diesem Medium herauszukitzeln. Im Übrigen determinierten auch Bleistift und Modellbau in vielen Fällen die Entwurfsmöglichkeiten. Dies sieht man an der Entwicklung der Produktformen, die sich von den geraden, kubischen, strengen und einfach fräsbaren Formen der siebziger/achtziger Jahre zu den überbordenden, aufgeblasenen Freiformgebilden der neunziger Jahre entwickelten. Der Trend heute geht wieder zu schlichteren geometrisch unaufwendigeren Gebilden, wohl eine Gegenreaktion auf die Tendenz, alle Möglichkeiten der Freiform einzusetzen. An der Formensprache der Produkte, vor allem im Konsumbereich, erkennt man die gesellschaftlichen, kulturellen und eben auch technologischen Entwicklungen, und hier machen sich ganz deutlich die Fortschritte der CAD-Technologie bemerkbar. Anfang der neunziger Jahre hatten die Hersteller der großen CAD-Systeme und deren Konkurrenz begonnen, 'Midrange-Systeme' auf den Markt zu bringen, die zwar vom Ansatz her genauso funktionieren, wie die großen, jedoch als 'Light-Version' in ihrer Komplexität eingeschränkt, günstiger angeboten werden können. 271 ECKART, PETER/GROS, JOCHEN/KLOBER, ANDREAS, Software: CAD für alle?, in: design report, Heft 12/2006, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=106021&template_id=3189, [Stand: 14.07.2005]. 272 Ebenda. 273 Ebenda. 115 Dies ermöglichte auch kleineren Designbüros den Einstieg, und sofort wurden die formalen Grenzen ausgereizt. Allein die Tatsache, dass CAD die Möglichkeit zu 'Rapidprototyping' beinhaltet, befreite die Designer von Flächen, die in der Modellbauwerkstatt handwerklich gar nicht oder nur mit großem Aufwand hergestellt werden können. So entstanden Toaster, Staubsauger und Kaffeemaschinen, die mit ihren überdimensionalen aufgeblasenen kissenähnlichen Formen auffielen. Die Käufer hatten genug von strengen Körpern und freuten sich an farbenfrohen weichen Gebilden. Nachdem die Technik durch die Miniaturisierung die Außenschalen der Produkte kaum noch formgebend beeinflusste, konnten sich die Designer am CAD austoben. CAD hat den Gestaltern und Entwicklern also die Möglichkeit gegeben, mit wesentlich weniger Zeitaufwand mehr Entwürfe und Varianten virtuell durchzuspielen, um sich dann für eine Lösung zu entscheiden. Leider sind der 'virtuellen Euphorie' sinnvolle Designwerkzeuge, wie der Modellbau, zum Opfer gefallen, bzw haben sich in der Prozesskette an eine andere Stelle (Prototyping) verschoben. Designmodellbau als entwurfsunterstützende Maßnahme ist vielen Designkunden zu teuer geworden, sie verlassen sich bei ihren Entscheidungen auf die virtuellen Bilder im Computer oder die ausgedruckten überarbeiteten Darstellungen der Entwürfe. Oftmals riskant, denn die künstlich erzeugte Räumlichkeit stellt Größe und Proportionen nicht in den richtigen Zusammenhang. Ein Modell, das mit allen Sinnen wahrnehmbar ist, enthüllt viel schneller seine Fehler und führt zu sicheren Entscheidungen. Früher war der Modellbau für den Designprozess unentbehrlich, heute liefert der Designer Daten ab, die dann meist von anderen Zulieferern im Ausland in Prototypen umgesetzt werden. Oft kommen die Gehäuseschalen schon aus den ersten provisorischen Werkzeugen, und jede Änderung bedeutet eine hohen Aufwand. Das heißt, die Bereitschaft, so lange an einem Entwurf zu arbeiten, bis er perfekt ist, wird dem Designer aus den Händen genommen, da er seine ersten Entwürfe, oftmals ohne Absicherung durch Modelle, aus der Hand gibt. Diese CAD-Entwürfe landen dann ohne Umweg bei den Konstrukteuren, die gleich schon alle Details für die Fertigung hineinkonstruieren und die Datensätze dann wieder zur Kontrolle zurückschicken, bzw. Prototypen anfertigen. Damit liegt nach relativ kurzer Zeit ein Ergebnis auf dem Tisch, das es allen Beteiligten schwer macht, an diesem Punkt noch Änderungen vorzunehmen. Die Designqualität leidet! Wie in so vielen Fällen wird auch hier wieder ein Umdenkprozess stattfinden: Man musste in den letzten 20 Jahren erst einmal mit den rasanten technologischen Entwicklungen im IT-Bereich Schritt halten und lernen mit diesen umzugehen. Erst jetzt können wir die Auswirkungen sehen und beurteilen. Dass es den Designkunden letztlich wesentlich mehr kostet, Änderungswünsche oder neue Erkenntnisse in einen Produktentwurf einfließen zu lassen, der kurz vor der Produktion steht, als zu einem Entwicklungszeitpunkt, da der Entwurf noch als Designdatensatz, sozusagen im Rohzustand existiert und Änderungen noch in der Hand des Designers liegen, ist eine so offensichtliche Tatsache, dass so manch einer sich doch wieder auf den Ablauf: Skizze, Entwurf, Modell, einlässt. Neben der Gefahr des Qualitätsverlustes im Entwurfs durch die Verkürzung der Prozesse mit CAD, stellt Computer Aided Design jedoch auch vor allem den Vorteil für die Designer dar, die ihr System beherrschen, relativ schnell Entwurfsvarianten zu bilden und mit geschultem Auge zu bewerten. 116 Vor der Eingabe der Daten ist nach wie vor eine intensive Auseinandersetzung mit dem Entwurf in Besprechung- und Skizzenarbeiten notwendig. CAD sollte als ein Werkzeug angesehen werden, mit dessen Hilfe der Designer exakt seine Vorstellungen umsetzen kann. Die CAD-Systeme auf dem Markt ermöglichen dies mit richtiger Schulung und vor allem mit Erfahrung weitgehend.274 Vorherrschend sind parametrische275 CAD-Systeme, die es dem Anwender ermöglichen, mit Volumenmodellen und Flächen zu arbeiten, diese zu verändern und die Änderungen in 2D Zeichnungen abzuleiten. Körper und Flächen werden direkt bearbeitet und durch Vermaßen variiert. Volumen kann hinzugefügt oder weggeschnitten werden. Die virtuellen Werkstücke können gedreht und von allen Seiten betrachtet werden, was dem Gestalter ein sofortiges Feedback seiner Aktionen liefert. Grundsätzlich „bestimmen [zwei Begriffe] die Softwarediskussion: 'Solid Modeller' und 'Surface Modeller'. Solid-Programme arbeiten volumenorientiert. Dank der Kanten eines Würfels sind alle Informationen über das Volumen des Würfels bekannt. Der Designer kann wie ein Bildhauer vorgehen. Sollen Kanten mit einem Radius verrundet oder Entformungsschrägen berechnet werden, errechnet das Programm auch diese Informationen. Komplexe Freiformflächen sind damit – mathematisch bedingt – schwieriger aufzubauen. 'Surface Modeller' arbeiten nicht mit Tiefeninformationen, sondern nur mit Oberflächen. Dadurch können Freiformflächen fast ohne Limitierung erzeugt werden. Die Programme nutzen die effiziente 'NURBS'-Datenstruktur (Non Uniform Rational B-Splines). Sind diese Programme mit den entsprechenden Render-Modulen ausgestattet, können damit virtuelle Welten photorealistisch generiert werden. Den Ansatz dieser beiden klassischen Programmstrukturen machen sich so genannte 'Hybrid Modeller' zu Nutze. Sie verbinden parametrische Solid-Informationen mit 'NURBS'- Technologie,[...]“ 276 Die großen Systeme mit vielen verschiedenen 'Tools' und 'Packages', wie CATIA, Pro/E und Unigraphics werden vorwiegend in der Industrie eingesetzt, da sie meist den ganzen Produktentwicklungsprozess bis zur Fertigung unterstützen. Die Integration von 'PLM – Product-Lifecycle-Mangement'277 - spielt hierbei eine immer größere Rolle. 274 Überblick über gängige Systeme im Anhang. „Von Parametrik spricht man bei einem CAD System, wenn es es ermöglicht Objekte die man erzeugt hat mit Hilfe von Eingabewerten nachträglich zu verändern. Objekte in einem CAD Sytem können Linien, Flächen oder Körper sein. Parametrik am Beispiel eines Quaders Ein Quader hat eine Länge eine Breite und eine Tiefe. Ändere ich nun nachträglich z.B. das Maß für die Breite eines Quaders, dann wird der dargestellte Körper mit den neuen Werten berechnet und geändert dargestellt. Im Gegensatz dazu steht das nicht parametrische arbeiten. Im genannten Beispiel würde der vorhandene Quader nicht durch ändern seiner Abmessungen vergrößert sondern es würde ein zusätzliches Stück angesetzt und mit dem vorhandenen Volumen zu einem Stück zusammen gefügt.“ CAD42, das Nachschlagewerk für Experten, online im Internet: URL: http://42.cad.de/index.php/Parametrik [Stand 14.12.2005]. 276 IHRIG, RONALD, Hammer oder Zange, in: design report Heft 11/2002, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=133205&template_id=3131, [Stand 25.07.2005]. 277 PLM: steht für Product Lifecycle Management, ein wohl von SAP geprägter Begriff. Gemeint ist das intelligente Management von Produktdaten von der 'Wiege' (Entwurf) über Produktion, Lagerhaltung (siehe auch SCM), Qualitätssicherung, Vertrieb, Service (siehe auch CRM), bis hin zur 'Bahre' (Entsorgung) eines Produktes, KURS.DE, online im Internet: URL: http://www.www-kurs.de/gloss_p.htm, [Stand 14.12.2005]. 275 117 Um zu beleuchten, welche der klassischen Ingenieursysteme heute vorwiegend in der Investitions- und Konsumgüterindustrie im Einsatz sind, habe ich aktuelle Stellenanzeigen für Konstukteure und Projektingenieure stichprobenartig nach den Anforderungsprofilen ausgewertet278. Die überwiegend geforderten 3D-CAD-Kenntnisse beziehen sich auf CATIA (ca 24 Prozent) und Pro/E (ca 22,6 Prozent) gefolgt von SolidWorks (ca 11,5 Prozent). CAD-Systeme wie Inventor und Solid Edge kommen mit etwa 6 Prozent an die Großen nicht mehr ran. Im Konsumgüterbereich setzen vor allem die US-Unternehmen und die asiatischen Firmen hauptsächlich Pro/E und SolidWorks im Rahmen von Konstruktion und Werkzeugbau ein. Je nachdem wie intensiv die Produktdesigner in die firmeninternen Produktentwicklungsprozesse eingebunden sind, ist es sinnvoll, in das gleiche System zu investieren. Es gibt inzwischen einige Designbüros, die mit diesen klassischen Konstruktionssystemen arbeiten und sie für ihre Zwecke der Gestaltung mit Erfolg nutzen. Hier steht die Einbindung in die Produktentwicklungsabläufe des Kunden im Vordergrund und ist mit der Arbeit im gleichen System zu 100 Prozent gewährleistet. In seinem form Artikel 'Für besseren Austausch'279 befasst sich der Autor Michael Wendenburg mit dem Datenaustausch zwischen verschiedenen CAD-Systemen bezogen auf die Schnittstelle zwischen Designer und Konstruktion. Beispielhaft führt er die Designbüros Henssler und Schultheiss Fullservice Produktdesign GmbH und Weinberg&Ruf auf, die mit Pro/E, bzw. SolidWorks arbeiten: „ Sicher gibt es noch komfortablere Programme, aber dafür haben die Oberflächen eine ungeheure Güte. Und sie lassen sich über die Parameter relativ einfach verändern, was für ihre weitere Bearbeitung einen enormen Vorteil darstellt.“280 Andreas Weinberg spricht von „speziellen Arbeitstechniken“281 in SolidWorks und schwärmt von den Geometrien und Oberflächen, die sich in der Konstruktion detailgenau umsetzen lassen. Es ist optimal auf der gleichen Softwarebasis wie die Kunden zu arbeiten, aber nicht immer durchzuhalten. Es gibt eine große Auswahl an CAD-Werkzeugen, die je nach Branche und Geldbeutel ausgewählt werden. So kommt es durchaus vor, dass sich ein Designbüro mit mehreren Kunden aus verschiedenen Branchen mit unterschiedlichen Systemen auseinander setzen muss. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, in einem System zu arbeiten und darauf zu achten, dass möglichst viele Schnittstellen (direkte, wie Standardschnittstellen) mit im Basispaket angeboten werden. Über die Standardschnittstellen (step, iges, stl...) muss man allerdings mit Verlusten der Datenqualität rechnen, wobei die Schnittstelle STEP in den meisten Fällen recht gut funktioniert. Für Visualisierung und Präsentation sind Cinema 4D und 3D Studio Max als Flächenmodellierer auf Polygonbasis im Einsatz. Die Oberflächenbeschaffenheit (mathematisch aus Dreiecken zusammengesetzt) eignet sich gut für Visualisierung (Photorenderings) und Animationen, reicht von der Qualität jedoch nicht Prototypen oder Werkzeuge aus. Diese polygonbasierten Flächenmodelle sind schwierig in ihrer Weiterverarbeitung. 278 REKRUTER.DE, 208 Stellenanzeigen in Rekruter.de, inklusive Datenbestand der Arbeitsagenturen, unter den Stichworten Konstrukteur / Projektingenieur, online im Internet: URL: http://www.rekruter.de, [Stand 12.07.05]. 279 WENDENBURG, MICHAEL, Für besseren Austausch, in: form Zeitschrift für Gestaltung, Heft 201/2005, S.76. 280 Ebenda. 281 Ebenda. 118 Sie können zwar über neutrale Schnittstellen wie z.B. IGES exportiert werden, verfügen aber nicht über eine Historie, die die nachfolgenden CAD-Programme, die zur Weiterkonstruktion eingesetzt werden (Pro/E, CATIA, SolidWorks), übernehmen können. Das heißt für den Konstrukteur, er kann das Designmodell nur sehr schwer ändern und muss es wahrscheinlich aus Gründen der Oberflächengüte sowieso neu aufbauen. Er hat hierbei bis auf die Modellkonturen keine Anhaltspunkte, wie der Körper oder das Flächenmodell aufgebaut wurde. Eine große Problematik hinsichtlich Effektivität des Konstruktionsprozesses und der Forderung der Designer an die Konstruktion, ihre Entwürfe detailgenau umzusetzen. Neben der Frage, welches CAD-System eignet sich am besten für die Industriedesignbüros mit oft sehr breit gefächerten Kundenstrukturen und -wünschen, spielt die Frage der Organisation der Arbeitsprozesse hinsichtlich des Datenmangement an der Schnittstelle Design und Konstruktion eine wichtige Rolle. Diese Strukturen werden im nächsten Kapitel untersucht. 119 6.3 Die Schnittstelle Industriedesign und Konstruktion Essentiell wichtig für den Erfolg eines Designprojektes ist die Phase der Umsetzung. In vielen Fällen aus der Praxis scheitern Zusammenarbeiten von Unternehmen mit Industriedesignern an den Problemen, die aus der fehlenden Integration von Design in die Unternehmensprozesse resultieren. Besonders an der Schnittstelle Design und Konstruktion treten unterschiedliche Faktoren auf, die den Prozess der Umsetzung von Produktentwicklung und -design stören können. Fehlende Grundinformationen und Kompetenzabgrenzungen bezüglich der Tätigkeiten und Aufgaben der Designer im Entwicklungsprozess und mangelnde Designplanung behindern einen reibungslosen Ablauf, führen zu Kompetenzgerangel und Vorurteilen der Projektpartner untereinander. In diesem Zusammenhang wird den Designern oft vorgeworfen, sie könnten nur 'Bildchen malen' oder unbrauchbare 'Punktewolken' am Rechner erzeugen, die schwer umsetzbar sind. Dieses Negativbild ist sicherlich in der Vergangenheit entstanden, als nur wenige selbstständige Produktdesigner in der Lage waren, sich teure (Ingenieurs-) CAD-Software mit komfortablen Schnittstellen zu leisten. Inzwischen, das zeigt auch die Umfrage bei den Unternehmen und Designern282, entscheiden sich viele Designbüros für Softwarepakete, die den reibungslosen Datentransfer und eine Weiterbearbeitung der Designdaten ermöglichen. Nicht zuletzt durch den Druck der Industriekunden, die die Designdienstleister unter anderem nach CAD-Ausstattung und -Kompetenz aussuchen. Wie können nun Designleistungen externer Designanbieter in die Unternehmensprozesse integriert werden? 6.3.1 Integrierte Produktentwicklung Der durch den scharfen globalen Wettbewerb verursachte Zwang zur Kürzung von Entwicklungszeiten- und kosten lässt integrierte Arbeitsweisen als Mittel zur Kosten- und Zeitreduktion immer mehr in den Mittelpunkt rücken. Der Ansatz der 'Integrierten Produktentwicklung' nach Boutellier/Völker beschreibt: – – – – – interdisziplinäre Teamarbeit mit frühem Einbezug externer Know-How Träger offene, vernetzte Kommunikationswege, die unvollständige Information zulassen fachbereichsübergreifende Teilprozesse mit geschlossenen Verantwortungskreisläufen Vorverlegung und Intensivierung der Planungsphase für eine schnelle Realisation mit wenig Änderungen Rationalisierung der Arbeitsschritte durch Weglassen, Zusammenlegen oder Parallelisieren283 Im Gegensatz zu einem stark arbeitsteiligen Produktentwicklungsprozess, in dem einzelne Spezialisten sequentiell ihre Aufgaben erledigen, zielt der integrative Ansatz auf eine hoch vernetzte Arbeitsweise, die eine zeitliche, wie auch eine Überlappung der Kompetenzbereiche beinhaltet. 282 283 Umfrageergebnisse im Rahmen der Forschungsarbeit ausführlich in Kapitel 7/8. Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign. Normstrategien zur Einbindung des Industriedesigns in die Integrierte Produktentwicklung, (ifz.: KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign), Dissertation Nr.2113, 1998, 16/17. 120 „Hierzu wird ein Kernteam gebildet, das den Entwicklungsprozess von der Idee bis zur Realisation begleitet. [...]Zur Unterstützung in den eigentlichen Fachbereichen greift das Kernteam auf ein erweitertes Entwicklungsteam/Fachteam zurück, in dem Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen vertreten sind.“284 Und diese Spezialisten müssen früh genug in den Planungsprozess eingebunden werden, so auch die Designer. Esther Kiss beschreibt jedoch in ihrer Dissertation 'Integriertes Industriedesign. Normstrategien zur Einbindung des Industriedesigns in die Integrierte Produktentwicklung' (1998), dass gerade dies in der Praxis nicht funktioniere: – – – – – die Industriedesigner werden in Planungsprozesse gar nicht oder zu spät einbezogen Entscheidungen werden in der Planungsphase ohne Bezug zum Produktdesign getroffen die Abstimmung zwischen externen Designprozessen und internen Entwicklungsabläufen fehlt Kompetenzen und Aufgaben des Designers im Entwicklungsteam sind nicht genau definiert und den Beteiligten erklärt der Schnittstelle Design und Konstruktion wird zu wenig Gewicht beigemessen285 Die meisten Unternehmen scheuen den Aufwand für eine Integration des Industriedesigns in die internen Prozesse. „Charakteristisch ist die fehlende Einsicht des Designers ins Gesamtprojekt, sowie eine restriktive Informationspolitik von Seiten des Auftraggebers.“286 6.3.2 Designstellenwert im Unternehmen Der Stellenwert von Produktdesign im Entwicklungsprozess hängt unter anderem von den Gestaltungsspielräumen für den Designer ab. In ihrer Forschungsarbeit stellt Esther Kiss den Bezug zwischen Anwender und Technologie zum Produkt als „Design-Trigger“287 dar. Sie unterscheidet in technologiegetriebene, anwendergetriebene und technologie- und anwendergetriebene Produkte288. Je höher der technologische Anteil eines Produktes, desto eher wird Design als Zusatzleistung betrachtet, als hingegen bei anwenderorientierten Produkten Design im Vordergrund steht. Diese Beziehung bewahrheitet sich teilweise in der Aufteilung in Konsumgüterbranche (anwenderorientiert) und Investitionsgüterbranche (technologieorientiert). Wobei der Bereich der technologie- und anwendergetriebenen Produkte die größten Zuwächse zu verzeichnen hat. Gerade die Kombination aus anspruchsvoller Technik und 'Usability', zum Beispiel bei Handys, Computern, Software usw. lockt den Konsumenten. In diesen Bereichen zählt Design eindeutig zur Kernkompetenz der Unternehmen. Einen weiterer Einflussfaktor auf den Stellenwert Design ist nach Esther Kiss das „vom Unternehmen verfolgte Gestaltungsziel“289. Sieht sich das Unternehmen als Design-Leader oder als Design-Follower290? 284 Ebenda. Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 22ff. 286 Ebenda. 287 KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 52ff. 288 Vgl. Ebenda. 289 Ebenda. 290 Vgl. Ebenda. 285 121 Im Bereich der mittelständischen Unternehmen kann man eine so klare Aufteilung schwer erkennen. Oft wird mit einer Mischstrategie gearbeitet, die einen eigenen Designstil in den hochwertigen neuen Sortimenten erkennen lässt, wo hingegen im Niedrig- bis Mittelpreissegment eher zurückhaltend im 'mainstream' operiert wird. Auch hier kommt es auf die Branche und die Stückzahlen an. Im Investitionsgüterbereich kann ein relativ 'vorsichtiger' gestalterischer Eingriff, gemessen an den hohen Umsetzungskosten und dem konservativen Auftritt der Konkurrenz große Auswirkungen auf den Unternehmensauftritt haben. Der dritte Faktor zur Bestimmung des Stellenwertes von Produktdesign im Unternehmen sind nach Esther Kiss die Wettbewerbsziele im Design, die die strategische Ausrichtung eines Unternehmens charakterisieren: Design-Differenzierung im Sinne von Produktdifferenzierung, Markenaufbau und Kundenbindung, Kostenführerschaft und Konzentration auf Schwerpunkte. Die Reduktion von Kosten durch den gezielten Einsatz von Produktdesign ist dann möglich, wenn Entwicklung, Design und Konstruktion so weit vernetzt arbeiten, dass Konzepte wie Modularisierung, Mehrfachnutzung und Reduktion von Teilen schon im Designprozess eingearbeitet werden.291 Abb.24: Wettbewerbsziele Design292 Die Wertschätzung von Design in der Führungsetage eines Unternehmens ist für die Implementierung von Design wichtig. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke, wie Design, Marketing,Vertrieb, Konstruktion und Produktion ist die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Produktentwicklungen. An diesen Nahtstellen trägt ein reibungsloser Ablauf erheblich zu Zeit- und Kostenersparnissen bei. Die Kombination der Faktoren „Design-Trigger“, Gestaltungsziele und Wettbewerbsziele ergibt den „Bezugsrahmen der Einflussfaktoren auf den Designstellenwert“293. 291 Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 63ff. Vgl. Ebenda. 293 Vgl. Ebenda. 292 122 Abb.25: Bezugsrahmen Designstellenwert im Unternehmen294 Im Rahmen der Forschungsarbeit konzentriere ich mich vor allem auf die Abläufe zwischen freien Designbüros und unternehmensinternen Konstruktions- und Entwicklungsabteilungen. Interessant in diesem Zusammenhang sind mittelständische in Deutschland ansässige Unternehmen und kleinere bis mittlere Industriedesignbüros, die von der Stagnation des Wirtschaftswachstums in Deutschland und den globalen Verschiebungen des Marktes besonders betroffen sind. Es gibt verschiedene Ansatzmöglichenkeiten, wie Unternehmen, ob aus dem Konsumgüterbereich oder aus der Investitionsgüterindustrie, agieren können, um tatsächlich mit innovativen Design- und Technikentwicklungen auf dem Weltmarkt mithalten zu können. Allerdings heißt hier die Devise für alle an einer Entwicklung Beteiligten, an einem Strang zu ziehen und die Möglichkeiten einer vernetzten integrativen Arbeitsmethodik auszuschöpfen. Bevor man die Schnittstelle Design und Konstruktion an sich betrachtet, müssen beide Gewerke zunächst im organisatorischen Gesamtzusammenhang einer Unternehmensstruktur gesehen werden. Marketing,Vertrieb, Forschung, Entwicklung, Konstruktion und Produktion, hirarchische Strukturen, sowie Entscheidungen von Einzelpersonen im Unternehmen beeinflussen den Bereich Design erheblich. Entwicklung und Konstruktion, wie auch Marketing und Vertrieb sind die Unternehmensbereiche, die in den meisten Fällen einen engen Kontakt zu den Designern unterhalten. In der Realisierungsphase von Projekten arbeiten sie meist eng verzahnt zusammen, so die Theorie. In der Praxis sieht es je nach Designbewusstsein der Unternehmensführung und der Anerkennung der Notwendigkeit von Design in allen Unternehmensbereichen unterschiedlich aus. Zudem haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Einführung von CAD in Design und Konstruktion und durch die Zunahme der Wichtigkeit von Trend- und Marktforschung Verschiebungen in der Aufgabenverteilung ergeben. 294 Vgl.: KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 53. 123 Abb.26: Verzahnung Marketing/Vertrieb, Produktdesign, Konstruktion/Produktion: Idealzustand Als sich Industriedesign nach dem 2.Weltkrieg im Wirtschaftswunder Deutschland etablierte, übernahmen Designer und Designbüros für die mittelständische Industrie neben der konkreten Entwurfsarbeit in vielen Fällen auch Beratungstätigkeiten betreffend Produktplanung und Sortiment. Die Inhaber selbst waren noch maßgeblich an Entwicklung und Entscheidungsprozessen beteiligt. Besonders in den achtziger Jahren entwickelten Designer in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen Corporate Design Konzepte, die sich auf alle Unternehmensbereiche und -tätigkeiten bezogen. Im Rahmen dieser Arbeit übernahmen die Industriedesigner auch die Ausarbeitung von Messe- und Präsentationskonzepten. Durch die fortschreitende Arbeitsteilung und den Gewinn an Bedeutung von Berufsfeldern wie Marketing und Markt- und Trendforschung wurden diese Tätigkeiten auf Spezialisten verlegt, die Designer mussten sich mit immer mehr Spezialdisziplinen arrangieren, Konfliktpotentiale waren vorprogrammiert. Im Bereich von Entwicklung und Konstruktion revolutionierten CAD-Systeme die Arbeitswelt, auch dies fand seinen Niederschlag in das Industriedesign. Vor der Einführung von CAD dienten vorwiegend Renderings und designtechnische (2D) Zeichnungen zur Kommunikation mit den Ingenieuren. Eine intensive Entwicklungsarbeit zwischen Designer und Konstrukteur war Voraussetzung für das Gelingen der Umsetzung der Entwürfe. Viele Designbüros arbeiteten mit technischen Zeichnern, die die Entwürfe normgerecht darstellten. Ein typischer Projektablauf untergliederte sich in: Designrecherche (Marktuntersuchung, Produktlinien; Sortiment), Skizzen, designtechnische Zeichnungen, Renderings, Modellbau, Änderungen der Zeichnungen und Modelle nach Bedarf. Anschließend wurden die Designzeichnungen und -modelle von den Konstrukteuren interpretiert und in normgerechte technische Zeichnungen oder in 2D-Programme umgesetzt. Die Darstellung und Umsetzung der Designentwürfe war ein erheblicher zeitintensiver manueller Arbeitsaufwand für Designer und Konstrukteur. Heute sind die Designer in vielen Fällen auf das Produzieren von Entwürfen und Ideen beschnitten. Marktuntersuchungen, Produktplanung und die Festlegung von Modellvarianten ist weitgehend Aufgabe des Marketings. Die Konstruktion und Visualisierung der Entwürfe erfolgt am Computer. Die Entwurfsdatensätze werden den Konstrukteuren überlassen. 124 Für die Auftraggeber bedeuten CAD und Computersimulation eine erhebliche Einsparung an Zeit und Kosten, denn aufwändige Zwischenschritte wie die Erstellung von Renderings und Zeichnungen in Handarbeit sind mehr oder weniger Abfallprodukte der CAD Systeme. Diese ermöglichen zudem relativ einfach Variantenbildung und Änderungen der Entwürfe, die oftmals nicht mehr vom Designer selbst, sondern von den Konstrukteuren durchgeführt wird. Designmodellbau war vor dem CAD-Boom ein wichtiges Visualisierungsmittel der Industriedesigner. Obwohl Designmodelle auch heute noch zur Ergänzung und Absicherung der Computersimulationen ein wichtiges Mittel darstellen, wird gerade in diesem Bereich bei den freien Designdienstleistern eingespart. Es werden zwar Prototypen erstellt, meist jedoch vom Hersteller selbst oder als Dienstleistung im „Konstruktions- und Produktionspaket“ eines externen Produzenten. Die Beschneidung der Aufgabenbereiche der Industriedesigner hat zur Folge, dass vielen Büros neben einer schwierigen Auftragslage 'das Fleisch' um die Entwurfsleistungen fehlt. Die Auftragsvolumen haben sich in den letzten zehn Jahren beinahe gedrittelt. Abb.27: Verzahnung Marketing/Vertrieb, Produktdesign, Konstruktion/Produktion: Tendenz 125 6.3.3 Ökonomische Randbedingungen für Design, Entwicklung und Produktion im globalen Umfeld Um konkrete Veränderungen an der Schnittstelle Design und Konstruktion feststellen zu können, muss man grundsätzlich auf die Randbedingungen der Globalisierung eingehen. Speziell im Kosumgüterbereich findet in hohem Maße eine Abwanderung von Produktion aus Deutschland statt. Hans-Werner Sinn, Mitarbeiter der CESifo GmbH, ein Verbindungsglied zwischen der volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilian-Universität München und dem ifoInstitut295, prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der „Basar-Ökonomie“296. Beschrieben wird damit die „Standortverlagerung der Industrie in Niedriglohnländer [...].“297 Sinn sieht diese Entwicklung im Gesamtzusammenhang mit Exportboom und innerer Wachstumsschwäche und als „[...] natürliche Konsequenz der Globalisierung und der internationalen Spezialisierung.“298 Seine Thesen sind durchaus umstritten, er selbst führt seine Kritiker, wie die Financial Times Deutschland, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, das DIW und andere auf. Besonders in der Kritik steht der Begriff 'Basar-Ökonomie'. Sinn untermauert die Tendenz der schleichenden Entwicklung Deutschlands in Richtung 'Basar-Ökonomie' mit der Verringerung der Fertigungstiefe des verarbeitenden Gewerbes zu Gunsten ausländischer Vorleistungen, also durch eine Verlagerung von Wertschöpfung ins Ausland.299 295 „Die CESifo GmbH verbindet die volkswirtschaftliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München und das ifo Institut mit der internationalen Forschungsgemeinschaft. Daneben unterstützt die CESifo GmbH das internationale CESifo Research Network, ein unabhängiges Forschungsnetzwerk, das mittlerweile fast 500 Mitglieder aus mehr als 20 Ländern zählt. Jedes Jahr organisiert die CESifo GmbH zahlreiche Konferenzen, Workshops und Seminare, die auf ideale Weise den Gedankenaustausch zwischen den Wissenschaftlern fördern. Besonders hervorzuheben sind die Area Conferences, das CESifo Venice Summer Institute und die Münchner Seminare Reihe. Zusammen mit der BMW Stiftung Herbert Quandt veranstaltet CESifo einmal im Jahr den Munich Economic Summit, wo Entscheidungsträger, Wissenschaftler und Medienvertreter aus der ganzen Welt dringende europäischen Wirtschaftsthemen diskutieren.“ CESIFO GMBH, online im Internet: URL: http://www.cesifo-group.de/portal/page?_pageid=36,34620&_dad=portal&_schema=PORTAL, [Stand 14.12.2005]. 296 „Die Basar-Hypothese besagt, dass der inländische Wertschöpfungsanteil an der Industrieproduktion, die so genannte Fertigungstiefe, zugunsten des Auslands fehlt und dass sich Deutschland zunehmend auf BasarTätigkeiten spezialisiert. Sie besagt nicht, dass der Wertschöpfungsanteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt fehlt, und schon gar nicht, dass die Wertschöpfung der Basare fehlt. Die Basar-Hypothese geht von der Erkenntnis aus, dass immer mehr deutsche Industrieunternehmen arbeitsintensive Teile ihrer Wertschöpfungsketten in ausländische Niederlassungen verlagern (Offshoring) oder bei Zulieferern aus dem Ausland kaufen (ausländisches Outsourcing), um dadurch den hohen deutschen Lohnkosten zu entkommen.“ SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland. Exportweltmeister oder Schlusslicht? Ifo Schnelldienst 6/2005, 58.Jahrgang, (i.f.z.: SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland), online im Internet: URL: http://www.cesifo-group.de/pls/portal/docs/PAGE/IFOCONTENT/NEUESEITEN/PUBL/ ZEITSCHRIFTEN/ZS-SD/ZS-SD-ABSTRACTS-CONTAINER/IFO_SCHNELLDIENST_2005/SD-62005.PDF, 2-6, [Stand 14.12.2005]. 297 Ebenda. 298 Ebenda. 299 Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 40. 126 Abb.28: Die Verringerung der Fertigungstiefe der deutschen Industrie300 Abbildung 28 zeigt „[...] die Fertigungstiefe der deutschen Industrie im Sinne ihres eigenen Wertschöpfungsanteils an ihrer Produktion in den Jahren 1970 bis 2003 [...].“ Der Rückgang des eigenen Wertschöpfungsanteils an der Industrieproduktion von 1994 bis 2003 um 4,4 Prozentpunkte (zwischen 1970 und 1994 um 1,8 Prozentpunkte) zeigt, dass die Wertschöpfung in diesem Bereich ins Ausland verlagert wurde. Der Graph zeigt allerdings seit 2002 einen gewissen Anstieg, was laut Sinn unter anderem eine Konsolidierungsphase bedeuten könnte, die auf den negativen Erfahrungen der deutschen Industrie basiert, dass mit der Verlagerung von Vor- oder Komplettprodukten ins Ausland auch eine Abwanderung von Know-How, also ein indirekter Technologietransfer einhergeht. Die Verringerung der Fertigungstiefe seit 1995 führt Sinn auf die verstärkte Öffnung der ehemals kommunistischen Länder zurück, die neben China gerade wegen ihrer Nachbarschaft zu Europa und durch die Osterweiterung der EU immer mehr europäische Investoren anlocken. „In großem Umfang hat sich auch der deutsche Mittelstand engagiert. Nach einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hatten bereits im Jahr 2002 etwa 60% der mittelständischen Unternehmen mit bis zu 5 000 Beschäftigten Standorte außerhalb der alten EULänder begründet.“301 300 301 Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 6. Ebenda. 127 Abb.29: Die Komponenten der Zunahme der Industrieproduktion302 Abbildung 29 macht deutlich, dass nur 11% des Zuwachses der Industrieproduktion seit 1995 in der deutschen Industrie selbst erzeugt wurden. Der größte Teil (89%) splittet sich in andere inländische Sektoren und in 51% aus dem Ausland. Sinn legt dar, dass Deutschland wegen seiner Nachbarschaft zu den osteuropäischen Niedriglohnländern vom „Basar-Effekt“ stärker betroffen sei, als andere Länder. Ein Hauptfaktor seien die hohen Arbeitskosten in Deutschland, die dem Globalisierungsdruck nachgeben müssten, soweit erforderlich. Hans-Werner Sinn sieht für Deutschland die Chance , „sich als Handelsdrehscheibe zwischen Ost und West eine neue Basis für weiteres Wachstum zu verschaffen. Die Vorstellung, dass unser Land seine reichhaltige Palette an Industrieprodukten weiter ausbaut und die Deutschen ihe Geld zunehmend durch die Entwicklung und die Endmontage der im Ausland vorfabrizierten Vorprodukte verdienen können, ist nicht irreal.“303 Abb.30: Arbeitskosten 2003304 302 Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 9. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 40. 304 Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 15. 303 128 6.3.4 Design und Entwicklung in der 'Basar-Ökonomie Deutschland' Im Konsumgüterbereich hat Design einen sehr hohen Stellenwert, denn viele Hersteller versuchen hauptsächlich durch Produktdesign, weniger durch technische Innovationen, und durch ihre Distributionsstrukturen Marktanteile zu erkämpfen. So stellt sich in vielen Fällen die Wertigkeit von Design, Marketing und Vertrieb als übergeordnet zu Entwicklung und Konstruktion dar. Die Mehrzahl deutscher Konsumgüterproduzenten hat den Wert der Einheit Design und Marketing erkannt, um sich gegenüber ausländischen Herstellern einen Marktvorteil zu verschaffen. Noch immer steht deutsches Design international hoch im Kurs, und der Konsument erhebt mit dem Kauf von Markenprodukten Anspruch auf Designqualität. Allerdings steht bei den Verbrauchern Markendenken im Widerspruch zu 'Schnäppchenkauf'. Dieses widersprüchliche Konsumverhalten spiegelt sich nicht in Käufergruppen wieder, sondern in ein und derselben Person, die im teuren GUCCI Mantel Olivenöl bei ALDI einkauft. Allerdings sind die Ansprüche der Kunden und damit auch der Billiganbieter, was das Design der Produkte betrifft, nicht mehr so einfach, wie zu Beginn des Booms auf der 'grünen Wiese'. Tchibo und Co fordern sehr wohl von ihren Lieferanten Produkte ein, die im 'mainstream' gestaltet sind. Deutsche Markenhersteller splitten ihre Sortimente vermehrt in Hochpreis- und Niedrigpreissegmente, mittlere Produktlinien fallen zunehmend weg. Die Hochpreisprodukte transportieren das Markenimage weiter und strahlen auf die Billigprodukte ab. In diesem Bereich sind die Unternehmen bereit, in Entwicklung und Design zu investieren. In den Niedrigpreissortimenten geht es um die Unterfütterung der Hochpreisprodukte mit Stückzahlen. Hier zählen vor allem die Aktivitäten des Vertriebs, Produkte schnell und in einer großen Menge unter Dach und Fach zu bringen. Die Abnehmer sind große Handelsketten, die die sogenannte Aktionsware an den Endkunden verkaufen. Die Designaktivitäten sind in diesem Segment sehr eingeschränkt. Kleinere Produktdifferenzierungen, durch Material- und Farbauswahl und minimale Veränderungen der Gehäuseschalen, ohne die technischen Bauteile in ihrer Position und Funktion anzutasten, bestimmen das Design. Eine Folgeerscheinung dieser verbreiteten Produktpolitik ist die zunehmende Vereinheitlichung der Gestaltung ganzer Produktsparten. In diesem Niedrigpreisbereich wird häufig komplett zugekauft, was bedeutet, dass auch das Design von den Produzenten in Asien mitgeliefert wird. Die Frage im Konsumgüterbereich ist also nicht ob, sondern wo designed wird, und wieviel Design bleibt in Deutschland? Und was bedeutet die zunehmende Auslagerung von Produktion und Konstruktion für die Arbeitsabläufe und Aufgabenbereiche an der Schnittstelle Design und Entwicklung ? 129 Abb.31: Design in dezentralen Unternehmensstrukturen In der Abbildung 30 fällt sofort auf, dass zwischen den Feldern Design/Marketing und ausgesourcter Konstruktion/Produktion eine Lücke entsteht, die sich schon durch räumliche Distanz auftut. Plant ein Unternehmen seine Produkte in Deutschland und kauft Konstruktion und Produktion im Ausland zu, muss es die Distanzen zwischen den einzelnen Organisationseinheiten überbrücken. Diese Mittlerposition nehmen vorwiegend Projektingenieure mit technischer und zum Teil betriebswirtschaftlicher Ausbildung und/oder Projektleiter aus dem Marketing ein. Hauptaufgaben von Planungs- und Projektingenieuren sind Arbeits- und Produktionsvorbereitung und Überwachung der Abläufe, indem sie Kosten, Termine und Ergebnisse kontrollieren. „Für ihre Aufgaben setzen sie CAD, Netzplan- und andere moderne Planungstechniken ein. Sie erstellen Ausführungsunterlagen nach technischen, betriebswirtschaftlichen, Umweltoder Rationalisierungsaspekten. Sie dokumentieren technische und betriebswirtschaftliche Projektdaten, werten diese aus und melden den Projektfortschritt laufend übergeordneten Stellen, z.B. der Geschäftsleitung.“305 Klassischerweise haben die Projektingenieure Maschinenbau, Fertigungstechnik, Elektrotechnik oder Wirtschaftsingenieur studiert. Zusätzlich bietet zum Beispiel der VDI Weiterbildungslehrgänge zum 'Projektingenieur VDI' an, die aus Modulen wie „Konkrete Planung von Projekten“, „Mit System zum marktfähigen Produkt“ und „Projekte auf Kurs halten“306 bestehen. Außerordentlich wichtig ist in dieser Position Kommunikationsfähigkeit. Sowohl firmenintern, wie auch in Richtung der Zulieferer im In- und Ausland. Der Projektingenieur muss im mittelständischen Unternehmensgefüge viele verschiedene Aufgaben bewältigen: 305 BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT, BERUFEnet, online im Internet: URL: http://berufenet.arbeitsagentur.de/bnet2/P/kurz_B6020135.html, [Stand 14.12.2005]. 306 PROJEKTMAGAZIN, Projektingenieur VDI, online im Internet: URL: http://www.projektmagazin.de/glossar/gl-0744.html, [Stand 14.12.2005]. 130 1. Arbeits- und Produktionsvorbereitung 2. Projektmangement 3. Grundlagenerstellung für Projektierung neuer Produkte 4. Ein- und Weiterführung der Neuprodukte im Markt 5. Entwicklung neuer Segmente und Anwendungen 6. Fachliche Zusammenarbeit mit Design, Vertrieb und Marketing 7. Technische Dokumentation 8. Technische Spezifikationen 9. Machbarkeits- Kostenabschätzungen 10. Ausarbeitung von Angeboten 11. Produktionsüberwachung 12. Kundenbetreuung / technischer Kundendienst 13. Berichtswesen 14. Personalführung Aus dieser Aufstellung307 kann man ersehen, wie sich die Ingenieure in Teilbereichen von ihrer klassischen Disziplin weg, hin zu Tätigkeitsfeldern bewegen, die eigentlich im Marketing und Managementbereich angesiedelt sind. Oft sind es nicht ausschließlich die Entwicklungsleiter, die organisatorische Aufgaben bewältigen, sondern auch die einzelnen Produkt- und Projektmanager, die den kompletten Planungs- und Umsetzungsprozess eines Produktes betreuen und so die Ansprechpartner für die Designer darstellen. Abb.32: Projektmangement: Designer/Projektingenieur Bearbeitet ein Designbüro mehrere Projekte, bedeutet dies in der Regel den Kontakt mit mehreren Projektingenieuren- /managern (PI/PM I, II, III, IV...), die für die einzelnen Projekte (A, B, C, D...) verantwortlich sind. Die Schnittstelle zur Entwicklungs- bzw. Konstruktionsabteilung ist schon durch die Anzahl der zu organisierenden Personen komplex. An dieser Stelle leidet in vielen Fällen die Kommunikation, da die projektrelevanten Informationen an viele Personen weitergeleitet werden müssen. In einer solchen Struktur werden Entscheidungen auf mehrere Personen verteilt, und die Entscheidungsprozesse verlangsamen sich. 307 Vgl. REKRUTER.DE, 208 Stellenanzeigen in Rekruter.de, inklusive Datenbestand der Arbeitsagenturen, unter den Stichworten Konstrukteur / Projektingenieur, online im Internet: URL: http://www.rekruter.de, [Stand 12.07.05]. 131 Im Gegensatz zu der einst schlanken Organisationsstruktur von mittelständischen Unternehmen, die als eigenständige Einheiten, meist inhabergeführt agierten, wird heute mit einem hohen Organisations- und Verwaltungsaufwand gearbeitet. Für die Designbüros bedeutete dies in der Vergangenheit oft den direkten Kontakt zum Inhaber, der die Entscheidungen über seine Produkte persönlich und relativ schnell fällte. Meist in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsleiter und dem Vertrieb, die noch im eigenen Hause angesiedelt waren. Heute gestalten sich vor allem Abstimmungsprozesse in der Projektphase als komplex, da eine Vielzahl an Personen beteiligt sind. Zur Komplexität einer solchen Organisationsstruktur kommt hinzu, dass die Unternehmensbereiche oft räumlich voneinander getrennt sind. Um global zu agieren, kann sich ein Unternehmen in Tochterunternehmen, Handels-, Vertriebsniederlassungen, und verschiedene Produktionsstandorte untergliedern. Dies ist inzwischen auch bei den Mittelständlern der Fall. Selten findet man erfolgreiche Hersteller auf dem Markt, die vom Design über die Entwicklung bis zur Produktion alle Funktionseinheiten auf einen Standort konzentrieren. Wolfgang Wagner, Geschäftsführer von Design 3 im Gespräch mit Thomas Edelmann im design report über seine Asienerfahrungen: „Am Beispiel von Telekommunikations- und Haushaltsgeräten macht Wagner die aktuelle Entwicklung deutlich. In diesen Branchen gibt es die eindeutige Tendenz, dass europäische Markenunternehmen ihre ehemals großen eigenen Entwicklungsabteilungen stark verkleinern. Deren Aufgabe besteht dann nur noch in der Koordination und Überwachung der inzwischen asiatischen Zulieferer, die häufig für die komplette Entwicklung, Konstruktion und Fertigung der Produkte verantwortlich sind.“ 308 Ein hohes Maß an Organisationsleistung muss eingesetzt werden, dass die globalen Prozesse funktionieren. Und diese zu erbringende Leistung wirkt sich auf die Aufgaben der Mitarbeiter aus. Die Projektingenieure kontrollieren in der Regel die Prozessabläufe rund um ein Produkt. Das heißt, sie sind in erster Linie die Ansprechpartner für die Designer, betreffend die Informationen bezüglich des Projektes. Häufig sind sie selbst jedoch nicht mehr für die Konstruktion zuständig. Und genau hier hat die größte Veränderung für beide Parteien stattgefunden. Die Designer liefern ihre Entwürfe meist als CAD-Datensatz beim Projektingenieur ab. Dieser leitet die Daten an einen Konstrukteur weiter, der jedoch meist nicht im eigenen Hause sitzt, sondern in einer externen Konstruktionsabteilung. Im Konsumgüterbereich, wo die Produktion vorwiegend in Asien angesiedelt ist, ist die Konstruktion meist beim Produzenten eingegliedert. Die Konstrukteure sitzen demnach extern und konstruieren die erhaltenen Entwurfsdaten bis zum Werkzeug aus. 308 EDELMANN, THOMAS, Erfahrungen in Asien, in: design report 1/2006, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=169491&template_id=3104, [Stand 17.07.2006]. 132 Was sind die Folgen für die Designer ? • Sie müssen sich in ihrer Arbeitsmethodik und Ausstattung der Datenschnittstelle des Kunden/Zulieferers anpassen: Das heißt, die Gestaltung muss ab einem bestimmten Punkt in Form von CAD-Daten konkretisiert werden. Hierbei gibt in vielen Fällen der Kunde, bzw. der Produzent das CAD-System vor. In Asien und Amerika sind für Elektrokleingeräte vorwiegend Pro/Engineer, Solid Works und/oder CATIA im Einsatz. Um Missverständnissen und Fehlern bei der Übernahme und Weiterverarbeitung der Entwurfsdaten vorzubeugen, reicht oft eine externe Datenschnittstelle nicht aus. Da der Konstrukteur in den meisten Fällen die Designdatenmodelle als eine Art Anleitung für den Aufbau eines eigenen Modells verwendet, ist für ihn die Historie eines solchen Datensatzes von großer Bedeutung. Und diese Historie überliefert sich nur über Direktschnittstellen. Sollte der Konstrukteur die Daten der Designer direkt weiterverwenden, um zum Beispiel ein Spritzgusswerkzeug zu konstruieren, müssen diese in einem qualitativ hochwertigen Zustand sein, was die Flächen und Geometrien betrifft. In der Vergangenheit haben sich die Konstrukteure oft über Entwurfsdaten von Designern beklagt, 'Punktewolken', die nur schlecht oder gar nicht weiterverarbeitet werden können. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, mussten sich die Designbüros kostspielige CAD-Systeme anschaffen, die es zu erlernen und zu beherrschen gilt. Das Problem hierbei ist die Frage, wie kann ein CAD-System so eingesetzt werden, dass es den kreativen Entwurfsprozess unterstützt und nicht behindert. • Die Designer müssen in der Lage sein, Datensätze zu schaffen, die selbsterklärend sind: Alles an Information muss rein! Der externe Konstrukteur bekommt einen Designdatensatz übermittelt und muss ihn so bearbeiten, dass hinterher das herauskommt, was Designer und Auftraggeber gemeinsam verabschiedet haben. Da der Konstrukteur das Modell meist, wie im oberen Abschnitt schon angedeutet, selbst noch einmal nachstellt, ergeben sich viele Spielräume, den Entwurf zu verändern. Je eindeutiger die Vorgabe, desto kleiner diese Spielräume. Die Historie und Abläufe der Erstellung des Designmodells geben annähernd genaue Anhaltspunkte. Wichtig für die reibungslose Umsetzung ins Werkzeug ist zudem die genaue Kenntnis des Designers im Bereich der Fertigungstechnik und der Materialien. Entformbarkeit, Werkzeugtrennung, Wandstärken, usw. müssen im Designdatenmodell beinhaltet sein, sonst wird der Entwurf nach Belieben 'fertigungsgerecht' umgestaltet. • Designer und Konstrukteur kommunizieren nicht direkt miteinander: Meist organisieren die Projektingenieure den Ablauf und übermitteln Informationen an Designer und Konstrukteure. Das konstruktive Gespräch zwischen den direkt an der Konstruktion des Produktes Beteiligten findet nicht oder über Umwege statt. Hierbei spielen sprachliche und kulturelle Eigenheiten eine große Rolle. Die Informationen, die wiederum der Designer erhält sind nur so gut, wie der Projektingenieur diese versteht und übermittelt. Das heißt, die konstruktiven und innovativen Prozesse, die in der direkten Diskussion zwischen Gestalter und Konstrukteur zu Verbesserungen und Änderungen einer Entwicklung führen können, bleiben aus. 133 • Die Eigendynamik der digitalen Produktentwicklung schließt den Designer von Folgeprozessen aus: Designer, die in die digitale Wertschöpfung eines Unternehmens integriert sind, geben ihre Einflussmöglichkeiten in vielen Fällen mit der Weitergabe der Entwurfsdaten ab. Viele Kunden wünschen zum Beispiel keinen Designmodellbau mehr, da sie das Prototyping den Herstellern überlassen. Damit fällt ein wichtiges Beurteilungskriterium für den Entwurf für Designer und Entscheider weg. Die Daten gehen durch verschiedene, unbekannte, Hände und kommen als Konstruktionsdatensatz und Prototyp vom Produzenten zurück. Oft sind die Vorwerkzeuge zu diesem Zeitpunkt schon erstellt. Das heißt, der Designer, der seinen Entwurf unter Umständen das erste Mal als wirkliches Modell sieht, hat aus Zeitund Kostengründen meist nur noch geringe Eingriffsmöglichkeiten. Die Datensätze der Designer ermöglichen den Konstrukteuren,Variantenbildung und Änderungen ohne Konsultation eines Designers vorzunehmen. Eine Entwicklungstätigkeit, in der der Designer über alle Phasen des Entstehungsprozesses eines Produktes eingebunden ist, findet kaum noch statt. Für die Designqualität eines Produktes ist ein solcher Verlauf abträglich, denn oft liegt Qualität im liebevollen Detail. Für den schnellen Durchsatz von Produkten ist diese Entwicklungsmethode von Vorteil. • Vom Gestalter zum Stylisten? Die Designer übernehmen das technische Innenleben vom externen Hersteller und modifizieren das Gehäuse. Für die Designer bedeutet dies zum einen die Einschränkung durch die vorgegebene Technik und zum anderen keine Möglichkeit zur Verbesserung oder Weiterentwicklung der Komponenten, die nach außen wirksam sind. So ist zum Beispiel die genaue Plazierung von Schaltern, Knöpfen, Ein- und Ausgängen (Strom), Displays und deren Größen vorgegeben. Dies schränkt die Gestaltung erheblich ein und führt ungünstige Bedingungen oder Fehler an der Schnittstelle Mensch/Gerät kritiklos fort. Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Problem ergibt sich für die Designer aus der Praxis der asiatischen Anbieter von technischen Baugruppen auch den Mitbewerbern anzubieten. Dadurch werden sich die Produkte und die Designs zwangsläufig immer ähnlicher. Für die Gestalter ein großes Problem, nicht ungewollt in Ähnlichkeiten und Geschmacksmusterverletzungen hineinzugeraten. • Werden Designer beliebig austauschbar? Je mehr sich die Designer in die Unternehmensprozesse ihrer Kunden eingliedern, desto austauschbarer werden sie. Dies klingt paradox, doch verlieren sie so immer mehr ihre eigene Handschrift, ihre Merkmale, Fehler und Verrücktheiten, die die Eigenständigkeit einer Produktlinie maßgeblich bestimmen können. Der Verlust der eigenen Identität bedeutet auch den Verlust der Alleinstellung, und dies führt zur Austauschbarkeit. Viele Unternehmen wollen allerdings auch keine Alleinstellungsmerkmale ihrer Produkte, sondern den 'Mainstream'. Dies sieht man in der Tendenz, immer mehr 'fertige' Produkte aus Asien zuzukaufen. Vor allem im Niedrig- bis Mittelpreisbereich und bei großen Ketten ist es üblich, das Sortiment mit Fremdprodukten zu unterfüttern. Je nach Anteil der Zukaufprodukte, kann immer mehr deutsche Unternehmen als Händler und nicht mehr als Hersteller bezeichnen. Mit der Verlagerung von Produktion zu Standorten, die Kostenvorteile bieten, entsteht ein Sog, der auch vor Dienstleistungen nicht Halt macht. 134 „Es sieht so aus, als ob das Offshoring kenntnisintensiver Tätigkeiten mehr als zehn Prozent aller Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich betreffen wird. [...] Betraf das Offshoring zunächst nur die einfache Eingabe von Daten [...], erstreckt sich das Phänomen mittlerweile auch auf Dienstleistungen, die von Kopfarbeitern wie Marktforschern, ITIngenieuren, Analysten, Wissenschaftlern oder Designern ausgeführt werden.“309 Im nächsten Kapitel unterstütze ich die theoretisch recherchierten Auswirkungen globaler Organisationsstrukturen in der Produktentwicklung und die Folgen der internationalen Wettbewerbssituation auf die mittelständischen Auftraggeber und Designbüros mit Experteninterviews und Befragungen von Designern und Ingenieuren. 309 REINMOELLER, PATRICK, Designer ohne Job?, in: form 201: März, April 2005, 42-44. 135 7 Firmenprofile und Interviews Der Beruf des Industrie-/ bzw. Produktdesigners, insbesondere des Selbständigen, ist eng an die Entwicklung von Industrie und Wirtschaft gekoppelt. Die Industrie als Kunde des Designers stellt die Anforderungen und beeinflusst so Arbeitsweise und Arbeitsmittel der Dienstleister im Industriedesignbereich. So ist die praktische Befragung in Form von Experteninterviews310 neben der theoretischen Recherche ein zentrales Mittel dieser Forschungsarbeit. Ich habe mit Gesprächen, schriftlichen wie mündlichen Interviews und Fragebögen gearbeitet. Zum einen habe ich das Gespräch mit mittelständischen Unternehmen gesucht, zum anderen den Dialog mit verschiedenen kleineren bis mittleren Designbüros aufgenommen. Damit gehe ich im ersten Teil der praktischen Untersuchung zunächst auf die Nachfrageseite bezüglich Designdienstleistungen ein. Zudem konnte ich an einige Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen der befragten Unternehmen Fragebögen verteilen, deren Auswertung Aussagen zur Wertschätzung von Industriedesign in den Unternehmen und zu den Anforderungen an die Designer zulassen. Im zweiten Teil der Untersuchung kommen die Designanbieter zu Wort. Um in einem ersten Schritt der Frage nach der Struktur von mittelständischen Unternehmen im globalen Umfeld und deren Schnittstelle zum Industriedesign nachzugehen, führe ich exemplarisch Firmen verschiedener Branchen auf. Mit den Unternehmen BEURER, UHLMANN und GARDENA beschäftige ich mich im Folgenden ausführlicher. Branche, Firmengeschichte, Philosophie, Positionierung am Markt, sowie Fragen zu globalen Firmenstrukturen, der Schnittstelle zum Industriedesign und Prozessen der Produktentwicklung zeigen beispielhaft typisch mittelständische Unternehmen und deren Erwartungen und Anforderungen an die Industriedesigner. Die Gespräche wurden thematisch nach der Zusammensetzung der Gesprächspartner und der Branche ausgerichtet, um möglichst detaillierte und authentische Informationen zu erhalten. 310 nach MEUSER, MICHAEL/NAGEL, ULRIKE, Experteninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Qualitativ empirische Sozialforschung, Garz, Detlev/Kraimer, Klaus (Hrsg.), 1991, 441-471. 136 7.1 BEURER GmbH & Co KG311 Das mittelständische Unternehmen BEURER ist heute noch im Besitz der Gründerfamilie. Trotz des starken globalen Wettbewerbs in der Konsumgüterbranche erweitert BEURER kontinuierlich seine Produktsortimente. In der BEURER-Imagebroschüre definiert das Unternehmen seinen Anspruch. Firmenphilosophie: „Unser Anspruch: Flexibilität und moderne Supply Chain. Um heute erfolgreich agieren zu können, sind Flexibilität und vernetztes Handeln erforderlich. Wir sind dafür bestens aufgestellt: mit einer schnell funktionierenden Supply Chain, die vom Zulieferer bis zum Kunden alle Wertschöpfungspotenziale optimal nutzt. Internationale Präsenz mit German Engineering - so sieht für Beurer der moderne Weg zwischen Tradition und Technologieführerschaft aus. Es zählen die Konzepte und Ideen 'made in Germany' mit hochwertiger Produktion und Vermarktung auf globaler Ebene.“312 Unternehmensentwicklung: Mit der Positionierung als Spezialist für Gesundheit und Wohlbefinden setzt BEURER auf einen der Megatrends dieser Zeit. Das Produktsortiment besteht aus den Produktbereichen Wärme, Diagnose, Gewicht, Luft und sanfte Therapie. „1919 gründete das Ehepaar Käthe und Eugen Beurer die eigene Firma: Beurer in Ulm. Mit schwäbischem Unternehmergeist führten sie das Unternehmen durch die Vorkriegszeit und sorgten nach 1945 zusammen mit ihrem Sohn Bernhard Beurer für einen gelungenen Neustart: Die Entwicklung zur deutschen Nr. 1 im Bereich Wärme hatte begonnen.“313 In der achtziger Jahren entschied das Unternehmen unter der Leitung von Dr.Dieter Bühler, sein Sortiment im Wellnessbereich zu erweitern. Dies führte zur Eigenentwicklung von Blutdruckmessgeräten und zur Ergänzung der Produktpalette im Diagnosebereich, zum Beispiel mit Diagnosewaagen. Produktsortiment: Wärmeunterbetten, Wärmezudecken, Heizkissen, Bludruckmessgeräte, Fieberthermometer, Personenwaagen, Diagnosewaagen, Küchenwaagen, Manikür- Pedikürgeräte, Gesichtssauna, Infrarotlampen, Massagegeräte, Luftbefeuchter,-reiniger,-wäscher, Pulsuhren Firmenstruktur: Die Firma BEURER repräsentiert strukturell ein Unternehmensmodell, das heute im globalen Wettbewerb erfolgreich besteht. 'Das Brain' des Unternehmens, Marketing/Vertrieb, Design und Entwicklung sind im Mutterunternehmen in Ulm angesiedelt. Nach Ungarn in eine Tochterfirma ausgelagert ist die Produktion im Bereich 'Schmiegsame Wärme'314. 311 BEURER GmbH & Co. KG Söflinger Strasse 218 D-89077 Ulm Tel.: +49 (731) 3989-0 Fax: +49 (731) 3989-139 E-Mail: [email protected] www.beurer.de 312 BEURER, Imagebroschüre, 6-7. 313 Ebenda. 314 Produkte im Bereich 'Schmiegsame Wärme': Wärmeunterbetten, Heizkissen,-decken; 137 Die jüngst verstärkt ausgebauten Sortimente im Wellness- und Diagnosebereich werden überwiegend in Asien produziert. Das Design und die technischen Spezifikationen kommen größtenteils aus Deutschland. Die Designstrategie von BEURER ist eine Mischstrategie: Keyprodukte werden von den externen 'Hausdesignern' gestaltet. In den unteren Preislagen wird das Kernsortiment durch Zukauf kompletter Produkte (Design/Entwicklung/Produktion) aus Asien passend ergänzt. Internationale Partnerschaften mit Importeuren erweitern den internationalen Vertrieb von Beurer Produkten. Abb.33: BEURER-Strukturen mit der Schnittstelle zum Design BEURER arbeitet in den verschiedenen Produktbereichen mit mehreren Zulieferern, vorwiegend aus China, was zwar einen hohen organisatorischen Aufwand bedeutet, jedoch die Preisunterschiede des Wettbewerbs ausnutzt. Das Credo des Gesellschafters und technischen Geschäftsführers Marco Bühler und des Geschäftsführers Marketing und Vertrieb, Georg Walkenbach lautet: „Von Generation zu Generation hat sich Beurer konsequent entwickelt. Meine Strategie als technischer Geschäftsführer und Gesellschafter in vierter Generation: Die Geschwindigkeit und Flexibilität eines mittelständischen Unternehmens kombinieren mit der Power eines erfahrenen R&D315 Teams und modernsten Produktionskonzepten. Kurz: unsere Stärken ausbauen.“ Marco Bühler „Mein Anspruch als Geschäftsführer Marketing und Vertrieb: mit dem richtigen Produkt schnell am Markt sein - und das international. Beurer-typische Qualität - das fängt für mich bei Produktfestlegung, Produktsourcing und - management an und endet beim Service für den Kunden.“ Georg Walkenbach316 315 R & D' steht für research and development, deutsch: 'F & E' ist die im deutschen Sprachraum gebräuchliche Abkürzung für Forschung und Entwicklung 316 BEURER, Imagebroschüre, 9. 138 Produktentwicklung und Designprozess: Der Stellenwert von Produktdesign wird bei BEURER als sehr hoch erachtet. Unter der Überschrift 'Erstklassiges Design' beschreibt das Unternehmen seine Designhaltung: „Für die Schönheit gönnen wir uns Muße: die Ideen unserer Designer greifen Inspirationen aus aller Welt auf und interpretieren sie neu - wie zum Beispiel an den aktuellen Beurer Farbkreationen zu sehen ist. Heute die Trends von morgen realisieren. So verstehen wir unsere Produkte. Die Skizze für die eigenständige Gestaltung, Soft- und Hardware für die detaillierte Umsetzung. Erst mit der digitalen Ausarbeitung zeigt sich, ob Idee und Technik perfekt kombinierbar sind. Das realistische Computerbild dient dabei auch als unerlässliche Arbeitsgrundlage für Lieferanten und Produktion. Jedes fertige Produkt strahlt unverkennbar den Beurer look&feel aus. Für uns bedeutet dies ein zeitloses Design, das Funktion, Form und Farbe als eine ästhetische Einheit vermittelt und jeden Tag auf's Neue schön anzusehen ist.“317 Der gezielte projektbezogene Einsatz von Designern, die mit den Organisationsstrukturen und der Produktphilosophie von Beurer vertraut sind, verursacht überschaubare Kosten, auch in der nachgeschalteten Konstruktion und Produktion. Geschäftsleitung und Marketing initiieren neue Projekte und entscheiden darüber, ob das Produkt komplett zugekauft oder in Zusammenarbeit mit den externen Designern gestaltet wird. Meist werden die Gestaltungsaufgaben und -vorstellungen in einem von Geschäftsleitung und Marketing anberaumten Gespräch mit den Designern und den für das Projekt zuständigen Ingenieuren erarbeitet. Erste Entwürfe werden nach meist kurzer Zeitspanne (durchschnittlich 2 bis 6 Wochen) präsentiert und ausgewählt. Ab diesem Zeitpunkt ist der verantwortliche Projektingenieur Hauptansprechpartner für das Design. Er ist für den vollständigen Ablauf der Produktentwicklung zuständig sind, das bedeutet: – – – – – – – Übernahme und Verwaltung der Designdatensätze, Weitergabe der Entwurfsdaten an die Zulieferer Dialog mit den Zulieferern und den dort agierenden Konstrukteuren Überwachung von Änderungen, Konstruktion und Prototyping Rückkoppelung mit dem Designbüro Werkzeugfreigaben Produktionsüberwachung Da BEURER in technische Eigenentwicklungen ausschließlich im wenig designintensiven Bereich der 'Schmiegsamen Wärme' investiert, übernehmen die Projektingenieure bei der fremdgefertigten Ware hauptsächlich organisatorische und überwachende Aufgaben. Sie sollen für einen möglichst reibungslosen Ablauf in der Umsetzung der Designideen in die Werkzeuge sorgen. Und an dieser Schnittstelle zählt die Vorarbeit der Designer am CAD. Folgende Standards werden von den Ingenieuren gefordert: – – – – – 317 systemidentische oder -kompatible Datensätze Volumen-, bzw. Flächenmodelle mit eingebauten technischen Baugruppen der Bezug des Entwurfes zu den meist vorgegebenen technischen Baugruppen ( Position von Schaltern, elektrischen Anschlüssen, usw.) Berücksichtigung von fertigungstechnischen Aspekten wie Entformbarkeit und Gehäusetrennung Berücksichtigung von Materialeigenschaften und -stärken BEURER, Imagebroschüre,16. 139 Nicht gefordert, jedoch als positive Unterstützung wird von den Ingenieuren die Beratung hinsichtlich Kunststofffertigung und Werkzeugbau geschätzt. Da das Unternehmen auf Produktvielfalt setzt, werden in den meisten Fällen bestehende Produkte, das heißt mit vorgegebener Technik differenziert. Technische Neuentwicklungen sind wegen der höheren Investitionskosten im Verhältnis eher seltener. Dies bedeutet für die Produktentwicklung und das Design folgende Vorgehensweisen: 1. Produktdifferenzierung: Eine Produktdifferenzierung meint bei BEURER alle Maßnahmen, die nicht in die technischen Strukturen des Produktes eingreifen. Das heißt, die technischen Baugruppen dürfen nicht in Ihrer Position und nicht in ihrer Funktionalität verändert werden. Die Gestaltung bezieht sich also auf die Kunststoffschalen, die 'Außenhaut', die Farbgebung und Produktgrafik. Der Designprozess beginnt hier mit der Übernahme der technischen Baugruppen, meist als Datensatz. Der Designer erzeugt in seinem CAD-System (Pro/Engineer) Entwurfsvarianten von der Außenhülle des Produktes. Diese werden dann mit Farbvorschlägen und Produktgrafik als Rendering präsentiert. Der Zeitraum zwischen Briefing und erster Präsentation ist hier meist sehr kurz, 2 bis 6 Wochen. Nach der Auswahl einer Designvariante, in die schon alle technischen Komponenten eingebaut sind, werden die Entwurfsdaten meist sofort, bzw. mit geringem Korrekturaufwand an den zuständigen Projektingenieur weitergegeben. Dieser übermittelt den Designdatensatz an den (meist asiatischen) Zulieferer. Dort wird die Feinkonstruktion für die Werkzeuge und der Prototypenbau durchgeführt. Änderungen werden mit dem Designer besprochen, sobald sie den Entwurf gravierend stören. Meist bekommt der Designer seinen Entwurf fast fertig als Prototyp zu sehen, Änderungswünsche sind im Kleinen möglich, jedoch an diesem Punkt schon aufwendig, da die Konstruktion meist schon sehr fortgeschritten ist und in manchen Fällen schon die ersten Werkzeuge erstellt wurden. Das heißt, die Arbeit des Designers ist mit der Weitergabe der Entwurfsdaten zum großen Teil abgeschlossen. Abb.34: Produktdifferenzierung 140 2. Produktneuentwicklung Eine Produktneuentwicklung ändert die Vorgehensweise insofern, dass die technischen Bauteile zwar grundsätzlich vorhanden sind, jedoch neu gruppiert und von ihrer Funktion her unter Umständen verändert oder aufgerüstet werden können. Dies gibt dem Designer die Möglichkeit neue Produktkonzepte zu entwickeln, die auf Bedienung und Ergonomie Rücksicht nehmen. Auch neue Materialien können hier eine Rolle spielen, wenn sie den kalkulierten Kostenrahmen nicht sprengen. Diese Neukonzepte werden vorgestellt und meist aufwändiger als bei der Produktdifferenzierung vom Designer auskonstruiert, um den Konstrukteuren eine genaue Vorstellung der Machbarkeit zu geben. In diesem Prozess wird dann auch mehr zwischen Design und den Projektingenieuren kommuniziert. Bei einer Neukonzeption geben die Ingenieure bei Beurer mehr technisches Input an die Hersteller und Designer, als bei Produktdifferenzierungen. Bei einer Produktneuentwicklung kann der Designer auch neue Technologien anstoßen und ist freier in seinen Entwürfen, die am Ende dennoch durch den 'Flaschenhals' der Umsetzung hindurch müssen. Abb.35: Produktneuentwurf 3.Produktzukauf Das Unternehmen kauft manche Produkte komplett zu, vor allem in den unteren Preislagen. Die Lieferanten bieten diese inklusive Design an, und Änderungen oder Spezifikationen werden nur in Farbwahl und Produktgrafik durchgeführt. Dazu werden die Designer meist nicht bemüht. Diese Maßnahmen werden vom Marketing entschieden und an den Zulieferer weitergegeben. Eine Design(Farb-)beratung ist in diesem Zusammenhang nur sehr selten gewünscht. Insgesamt wird die Zusammenarbeit mit den Designern sowohl von der Technik als auch vom Marketing als sehr positiv bewertet. Integriert in Firmenstrukturen oder Entscheidungsprozesse ist das Produktdesign bei BEURER nicht, sondern wird als 'Dienstleister Gestaltung' gesehen. 141 Gespräch mit Werner Meternek (Entwicklung) und Markus Wußler (Marketing):318 Werner Meternek ist Ingenieur und Entwicklungsleiter bei BEURER und dem technischen Geschäftsführer Marco Bühler direkt unterstellt. Mit ihm konnte ich ein Gespräch über BEURER als 'global player' führen. Da BEURER als Unternehmen im Konsumgüterbereich sehr marketinglastig agiert, habe ich zudem Markus Wußler, als Vertreter der Marketingabteilung, hinzugebeten. Kann man BEURER als global agierendes Familienunternehmen bezeichnen? Werner Meternek [WM]: „Ja, und da bin ich stolz drauf.“ Markus Wußler: [MW] „Man muss sich der Globalisierung stellen, Chancen suchen und nutzen.“ [WM]: „Wir haben zwei Produktbereiche, die unterschiedlich strukturiert sind. Zum einen die 'Schmiegsame Wärme' [Heizkissen,-unterbetten] und zum anderen fremdgefertigte Ware. Im Bereich der 'Schmiegsamen Wärme' entwickeln unsere Ingenieure hier noch selber, und vor Ort werden Prototypen erstellt, der Versuch und die Prüfungen finden hier statt. In Ungarn haben wir eine eigene Fertigung. Fremdgefertigte Ware [Bludruckmessgeräte, Fieberthermometer, Personen, - Küchenwaagen, u.a.] kommt im Moment überwiegend aus Asien. In Zukunft jedoch wird der Osten immer interessanter. Länder wie Bulgarien und Rumänien schließen in Produktion und Entwicklung auf.“ Das heißt, die fremdgefertigte Ware wird momentan auch in Asien entwickelt? [WM]: „Im Bereich 'Schmiegsame Wärme' wird kein Know-How nach Außen gegeben. Da konkurrieren wir als Hersteller und Vertreiber direkt mit China. Im Bereich der Fremdprodukte versuchen wir, die Kompetenz der Zulieferer aufzubauen.“ [MW]: „Im Augenblick zehren wir in bestimmten Bereichen noch vom alten Know-How. Da sind wir noch eine Hilfe für die Zulieferer.“ Ist es unter dem globalen Konkurrenzdruck nicht gefährlich, die eigene Entwicklung nicht weiter auszubauen? [MW]: „Bei der fremdgefertigten Ware hat das Unternehmen die bewusste Entscheidung getroffen, keine großen und langfristigen Investitionen in Eigenentwicklung zu geben. Unsere Strategie lautet hier: Schnelligkeit, Produktvielfalt, Intensivierung des Sourcing, Design, Qualität und eine starke Marketing- und Vertriebsstragtegie.“ [WM]: „Ein wichtiger Punkt bei Beurer ist die Qualitätssicherung. Wir machen mehr als das 'Soll'. Zum Beispiel betreiben wir hier eine aufwändige Wareneingangsprüfung, neben der vorgeschriebenen ISO-Sicherung in China. Die Checklisten für dieses Verfahren werden bei uns im Hause selbst geschrieben.“ [MW]: „Unsere großen Kunden wir LIDL oder Tchibo verlangen diese zusätzlichen Prüfungen auch.“ Das heißt also noch einmal, auch in der Zukunft keine eigene Entwicklungsleistung? [MW]: „Wir werden uns die Kompetenz im Kernbereich 'Schmiegsame Wärme' erhalten, da sind wir im Moment immer noch geringfügig kostengünstiger, als die Chinesen. Die Gründe dafür liegen in der Logistik. In den anderen Sortimenten werden wir weiterhin zukaufen, als mittelständisches Unternehmen haben wir gar keine andere Möglichkeit.“ [WM]: „Die Zukunft liegt unter anderem in der Flexibilität der mittelständischen Unternehmen.“ [MW]: „Für Beurer in einer hohen Neuproduktrate, günstigem Preisgefüge, Deutschland ist einer der preisaggressivsten Märkte, und den geeigneten Importeuren von Beurer Produkten.“ 318 METERNEK, WERNER/WUSSLER, MARKUS, 'BEURER als Global Player', Interview, Ulm, 08.03.2006. 142 Wo stehen denn BEURER Produkte? [MW]: „Im Fachhandel, im Sanitätsfachhandel, im kooperierten Fachhandel, in den Fachmärkten, in den Hypermarkets, in den Kaufhäusern und Versendern und als 'private label' bei Discountern wie Tchibo, ALDI, LIDL.“ Sie erwähnen immer wieder die Produktvielfalt, die Sie bieten wollen. Wie wichtig ist diesbezüglich das Design? [MW]:„Design ist neben Marketing, Vertrieb und Qualität ein wichtiges Erfolgsrezept für Beurer und hilft uns auch hochpreisigere Produkte zu verkaufen.“ Welches Szenario sehen Sie denn für BEURER in den nächsten fünf bis zehn Jahren? [WM]: „Ich sehe durchaus Teile der Fertigung wieder in Europa. Mit dem Industrieboom in China wird dort auch der Wohlstand kommen, was den Standort wieder verteuern wird. SARS, Umweltverschmutzung, militärische Konflikte und Probleme mit der Logistik machen andere Produktionsstandorte zum Beispiel Rumänien und Bulgarien oder warum nicht auch Portugal, wieder interessant. Für ein mittelständisches Unternehmen kann es aber auch heißen, Komponenten weltweit einkaufen und hier in Europa montieren.“ [MW]: „Für den Osten als Produktionsstandort spricht auch, dass die kulturellen Unterschiede nicht so gravierend sind.“ [WM]: „Die Chinesen wollen unter keinen Umständen das Gesicht verlieren, deshalb wird gelogen, verheimlicht und verzögert.“ Ist denn China ein Absatzmarkt für Sie? [MW]: „China ist als Markt für uns sehr interessant. Mit zunehmendem Wohlstand wollen die Leute dort Prestigeprodukte kaufen. Beurer wird als Prestigemarke in China unter dem Stichwort 'German Engineering' ausgebaut.“ Was würden Sie jungen Leuten in der Ausbildung mitgeben? [WM]: „Jungs, strengt euch an, die chinesischen Ingenieure haben aufgeholt. Die Leute, die zu mir zu Bewerbungsgesprächen kommen, fallen aus allen Wolken, wenn ich ihnen erzähle, wie viel heute in China gemacht wird. Das kriegen Sie in den Schulen nicht gesagt. Die Lust auf Innovation muss wieder gefördert werden.“ [MW]: „Wie ich schon erwähnte: Nutzt die Chancen der Globalisierung!“ Vielen Dank für das Gespräch. 143 7.2 UHLMANN Pac-Systeme GmbH & Co. KG319 Die Firma UHLMANN Pac-Systeme ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Investitionsgüterbereich, Verpackungsmaschinen. In den 'Unternehmens-Grundsätzen' wird explizit auf die Selbstständigkeit, den Qualitätsanspruch, das Vertrauen in die Mitarbeiter und auf das Verantwortungsbewusstsein gegenüber Umwelt und Gesellschaft hingewiesen. Firmenphilosophie: „Wir sind ein selbständiges, mittelständisches Unternehmen. Wir geben der Pharmaindustrie Impulse. Wir setzen Maßstäbe für Qualität. Wir haben Vertrauen in unsere Mitarbeiter und setzen auf Motivation und Teamerfolg. Wir sind ein Unternehmen der kurzen Wege. Wir sind flexibel und entwickeln uns entsprechend den ständigen wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen. Wir handeln mit hohem Verantwortungsbewusstsein für unsere Umwelt und halten rechtliche und ethische Normen ein.“ Unternehmensentwicklung: Seit 1948 entwickelte sich das Unternehmen unter dem Firmengründer Josef Uhlmann und dessen Sohn Friedrich Uhlmann - 1963 trat Friedrich Uhlmann in die Firma ein - zu einem globalen Marktführer im Spezialsegment der Pharmaverpackung. Kontinuierlich wurde aus dem Handwerksbetrieb ein global agierendes Maschinenbauunternehmen geformt. „Nach dem Tod von Friedrich Uhlmann 1994 setzte seine Frau Hedwig Uhlmann die Tradition des Familienunternehmens fort und hält heute den Vorsitz im Aufsichtsrat der Uhlmann Gruppe. Seit 1. Januar 2005 ist Tobias Uhlmann aktives Mitglied im Aufsichtsrat und geht den Weg seiner Eltern konsequent weiter – mit hervorragender Qualität und hoher Innovationskraft die Marktführerschaft zu erhalten und auszubauen.“320 Produktsortiment: UHLMANN ist Spezialist für Pharmaverpackungsanlagen, die je nach Kundenspezifikation und Einsatz individuell gefertigt werden. Das Angebotsspektrum umfasst Blistermaschinen, Kartonierer, Top-Loader, Endverpackungsmaschinen, sowie Linienkonzepte, wie auch das Prozessleitsystem SCADA. Besonders wichtig ist in diesem Produktbereich der Service, der ein schnelles Handeln im Falle von Störungen des Produktionsablaufes bei den Kunden garantieren muss. Eine 24Stunden-Hotline, wie auch ein Online-Service und strategisch positionierte SpezialistenTeams sind als Dienstleistung für die Kunden verfügbar. Firmenstruktur: Mit Tochtergesellschaften in USA, Schweden, Großbritannien, Brasilien, Singapur, Spanien, Schweiz und internationalen Vertretungen agiert Uhlmann im internationalen Wettbewerb. Produziert wird in Laupheim, USA (Werkzeuge) und Singapur (Kleinmaschinen für den globalen Markt). 319 UHLMANN Pac-Systeme GmbH & Co. KG Uhlmannstr. 14-18 88471 Laupheim Tel.: +49 (0)7392 702-0 Fax: +49 (0)7392 18972 E-Mail: info(at)uhlmann.de www.uhlmann.de 320 UHLMANN, Historie, online im Internet: URL: http://www.uhlmann.de/index.php?id=28&L=0, [Stand 17.07.2006]. 144 Abb.36: UHLMANN-Strukturen mit der Schnittstelle zum Design Designprozess: Detlev Gertitschke, Leiter der Grundlagenentwicklung, erachtet Design für sein Unternehmen als sehr wichtig und arbeitet seit mehreren Jahren mit dem Starczewski Design Team321 aus Ulm zusammen. UHLMANN kann als designbewusstes Unternehmen beschrieben werden, da die Unternehmerfamilie Design als Ausdruck der Unternehmenskultur großschreibt. Die Zusammenarbeit mit dem Designer wird dauerhaft gepflegt, obwohl die Zeitspannen zwischen den Neuentwicklungen im Maschinenbau mit ca. 5 Jahren wesentlich größer sind, als bei den Konsumgütern. Die Zusammenarbeit während einer Entwicklungsphase ist allerdings intensiver, da sich die Ingenieure bei UHLMANN direkt mit der Umsetzung des Designs in die Konstruktion befassen und den engen Kontakt zum verantwortlichen Designer suchen. Strukturell gliedert sich die Entwicklung in verschiedene Produktbereiche, für die Produktbereichsleiter verantwortlich sind, die verschiedenen Aufgaben wiederum an die Projektleiter deligieren, die dann, vor allem in den Umsetzungsphasen eng mit den Designern zusammenarbeiten. Thomas Starczewski fühlt sich grundsätzlich in die Prozesse integriert, stellt jedoch fest, dass er ab einem bestimmten Punkt in der Umsetzungsphase außen vor gelassen wird. Die Designentwicklung bei UHLMANN geht grundsätzlich bis zum Aufbau einer Basismaschine, Varianten werden dann von den Konstrukteuren der Entwicklung selbst erstellt. Abb.37: Produktneuentwicklung 321 STARCZEWSKI DESIGN TEAM Heimstraße 29 89073 Ulm Tel.: +49 (0)731 28046 Fax: +49 (0)731 27380 E-Mail: [email protected] www. starczewski-design.de 145 Wichtig für die Zusammenarbeit von UHLMANN und Starczewski war die Entscheidung für den Einsatz des gleichen CAD-Systems, Solid Works. Dies hätte zu einem Abbau von Barrieren und einer größeren Akzeptanz seitens der Ingenieure gegenüber den Designern geführt. Detlev Gertitschke gibt weitere Kriterien für die Auswahl von Designern an: 1. Detaillierte Angebotserstellung, Dokumentation des Aufwandes 2. Exklusivität / Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit 3. Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben), Flexibilität 4. Seriosität, Referenzen / Erfahrungen / Jugendlichkeit, Esprit 5. Integration in betriebliche Abläufe 6. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Produktionstechnische Kenntnisse, Sprachkenntisse 7. Technische Recherche, Designrecherche, Trendrecherche 8. Ergonomiestudien 9. Konzeption, Präsentation 10.Entwurfsskizzen, Renderings, Designmodelle 11.Designkonstruktionen im CAD, Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung 12.Entwicklung technischer Komponenten 13.Prototyping 14.Problemloser Datentransfer 15.Designberatung 16.Kommunikation und Reisetätigkeit zu anderen Zulieferern322 Im Zusammenhang mit der Frage nach den Qualitäten der Designer und deren Integrationsmöglichkeiten als externe Dienstleister in die Entwicklungsprozesse bei UHLMANN, betont Herr Gertitschke immer wieder, dass dies oft sehr stark an den persönlichen Eigenschaften der Akteure hängt. Offenheit und Begeisterungsfähigkeit sind in seinen Augen unerläßlich für die Akzeptanz von Designern. 322 Detlev Gertitschke hat vor unserem Gespräch am 30.02.2006 den Fragebogen für Ingenieure beantwortet. 146 Gespräch mit Herrn Gertitschke und Herrn Starczewski: Detlev Gertitschke, Entwicklungsleiter, und Thomas Starczewski, als Designer für UHLMANN tätig, habe ich zum Gespräch323 gebeten, um den Designprozess im Unternehmen selbst und die Situation der Industriedesigner am Markt zu beleuchten. Beide Gesprächsteilnehmer haben unter anderem auf Veranstaltungen der IHK und des design center stuttgart von ihrer Zusammenarbeit berichtet. Wie beginnen Sie den Designprozess bei einer Neuentwicklung und was sind die Voraussetzungen? Thomas Starczewski [TS]: „Wir setzen uns für die Briefings zusammen und da werden die Anforderungen definiert.“ Detlev Gertitschke [DG]: „Meist gibt es ja schon technische Vorprojekte, das heißt Testbaugruppen, aus denen wir dann nach und nach eine Maschine aufbauen. Welche Prozessschritte wollen wir integrieren? Es gibt einen Prozessablauf: wir konstruieren in der Regel von innen nach außen. Ab einer bestimmten Phase, Herr Starczewski möchte das am liebsten möglichst früh haben, schalten wir ihn mit ein, so dass er schon einen Input geben kann und von der Gestaltung her weiß, in welche Richtung das gehen kann.“ [TS]: „Möglichst so früh, dass wir vom Design noch Einfluss nehmen können.“ [DG]: „Wir hatten auch schon den Ansatz, dass zunächst vom Designer eine Hülle gezeichnet wurde und dann wurde versucht da die ganze Technik reinzubringen. Dieser Ansatz war nicht sehr erfolgreich. Dies möchte ich nicht mehr. Zunächst möchte ich wissen, wie der gesamte Prozess abläuft und das Design kann parallel mit wachsen. Wir arbeiten uns gemeinsam parallel verzahnt zum Ziel vor.“ [TS]: „Es ist ein ganz eng gesteckter Rahmen, in dem man sich als Designer hier bewegt, aber auch als Techniker.“ Würden Sie also sagen, Design ist in den Produktentwicklungsprozess integriert? [TS]: „Ja, wobei man sich als Designer immer vorstellen kann, dass es noch etwas früher beginnt..“ [DG]: „Was wir gemerkt haben ist, dass sich die Kunden gewandelt haben. Auch in der Pharmabranche wird inzwischen auf das Geld geguckt und das bedeutet, dass die Kunden nicht mehr bereit sind, für Design mehr Geld auszugeben.“ [TS]: „Wenn man das Design als oberflächlich betrachtet, aber wenn Design so kommuniziert wird, dass es funktionale Aspekte beinhaltet, dann wird der Kunde ein anderes Verständnis haben, aber letztendlich spielt das Geld eine Rolle. Heute ist der Aspekt der Kosten so wichtig, dass für eine gut aussehende Maschine nicht mehr bezahlt wird. Aber das Gesamtimage ist natürlich schon wichtig.“ [DG]: „Ja, die Qualitätsansprüche der Kunden sind da, auch bezüglich Design. Die Kunden erwarten von UHLMANN Qualität. Wir sind Marktführer und in unserem Marktsegment mit der teuerste Anbieter. Das akzeptieren die Kunden, solange sie die Qualität bekommen. Vom Design, von der Haltbarkeit, von der Produktionssicherheit. Dennoch sind klare Zielvorgaben bezüglich Kosten wichtig. Wir haben immer das Problem, wo neues Design kreiert wird, dass wir dann nicht auf Erfahrungen bauen können. “ Herr Starczewski, wie bieten Sie einen Auftrag für UHLMANN an? [TS]: „Wir arbeiten ein Angebot aus, das ist dann ein Pauschalpreis. Es beinhaltet unterschiedliche steps, die dann einzeln finanziell definiert werden. Das muss ich übrigens den Maschinenbauern insgesamt zugute halten: die Maschinenbauer, mit denen wir zusammenarbeiten, sind seriös. Wir bekommen den Auftrag nach dem Briefing, und wir mussten bisher noch nie dem Geld hinterher rennen.“ 323 GERTITSCHKE, DETLEV/STARCZEWSKI, THOMAS, 'Designprozess bei UHLMANN', Interview, Laupheim, 30.02.2006. 147 [DG]: „Bei uns gibt es derzeit keine Ausschreibungen für andere Designbüros. Wir haben uns auch vertraglich mit Starczewski gebunden, da kann man nicht so hin und her springen:“ Mit welchem CAD-System arbeiten Sie? [DG]: „Wir und auch Herr Starczewski arbeiten mit Solid Works. Ich habe ganz einfach gesagt: Wenn Sie auch weiterhin Aufträge von uns haben wollen, dann müssen Sie sich jetzt für dieses CAD-System entscheiden. Wir wollen das kompatibel haben, weil wir gemerkt haben, dass es immer die doppelte Arbeit war. Er hat etwas Schönes erstellt auf, ich weiß nicht, was das für ein System war, und wir mussten es dann wieder umzeichnen. Das hat die Zeiten in die Länge gezogen. Der Umstieg hat sich bisher bewährt. Und es hat eine große Schranke gegenüber den Konstrukteuren abgebaut. Die Konstrukteure haben ja den Designer bis dato nur als Hindernis für ihre eigene Arbeit gesehen. Jetzt will er schon wieder dies und das, ich möchte jetzt mal endlich konstruieren. Aber seitdem der Datenaustausch funktioniert, man die Sachen integrieren kann und die Wege auch kurz sind, ist Design akzeptiert worden.“ Herr Starczewski, wie weit gehen Sie in Ihren Designkonstruktionen und wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren beschreiben? [TS]: „Im Kunststoffbereich gehen wir in die Wandstärken und Ausformung, im Investitionsgüterbereich erstellen wir konstruktive Prinzipien mit Funktionsweise. Wir arbeiten gemeinsam an der Ausarbeitung. Es findet ein reger Informationsaustausch zwischen den Konstrukteuren und Designern statt. Das wird dann, je weiter ein Projekt fortgeschritten ist, immer weniger. In der Detaillierung würde ich das Design gerne noch weitertreiben. Aber es gibt den Punkt, wo gesagt wird, da geht es für das Design nicht weiter.“ [DG]: „Da wo Sie Konkurrent zum Konstrukteur werden, da kommt mit Sicherheit dann wieder die Barriere. Bei der Variantenbildung wird der Designer dann auch nicht mehr beauftragt.“ [TS]: „Da bin ich dann auch manchmal überrascht, was rauskommt..., das bekommt dann eine Eigendynamik“ [DG]: „Da wird gespart. Das hängt vom Kundenauftrag ab oder bei einer Kostenüberarbeitung, da gibt es ein klares Kostenziel, da sind Sie dann nicht mehr dabei.“ [TS]: „Insgesamt funktioniert die Zusammenarbeit an der Schnittstelle Design und Konstruktion gut. Wir sind integriert, ich fühle mich integriert. Ich möchte behaupten, dass durch die jahrelange Zusammenarbeit mit Designern und die Designorientiertheit der Firma UHLMANN Design ein integrierter fester Bestandteil des Entwicklungsprozesses geworden ist.“ [DG]: „Es liegt aber auch an den Personen. Es gibt Leute [Designer], die sind nie integriert. Die Persönlichkeit spielt meiner Meinung nach eine große Rolle. Man muss miteinander klar kommen, die Chemie muss stimmen.“ Welche Möglichkeiten sehen Sie generell für Industriedesign im Investitionsgüterbereich? [TS]: „Man muss ein großes Maß an Erfahrung mitbringen und ein großen technisches Verständnis. Was auf keinen Fall funktioniert ist, nur eine Hülle zu gestalten. Wir haben hier bei UHLMANN die Symbiose Designer/Ingenieur schon ziemlich weit gebracht, um ein Optimum zu erzielen von Wirkung in Hinblick auf Funktionalität und Ausdruck der Maschine. Da sind wir recht weit gekommen, was auch die Designauszeichnungen zeigen. Bei anderen Maschinenbauherstellern ist es so, dass man nur unter dem Gesichtspunkt der Kostenreduzierung reinkommt. Das heißt, es muss sich rechnen. Man muss Konzepte bringen, die eine Kostenreduzierung beinhalten. Unser grundsätzlicher Ansatz ist der, Konzepte zu erstellen, die sich einfach umsetzen lassen.“ 148 Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt für Industrie-/Produktdesigner ein? [TS]: „Es werden zu viele Designer ausgebildet. Aber eigentlich gibt es genügend Arbeit. Es könnten mehr Unternehmen den Mut aufbringen und sagen, ich integriere Design, weil Design Marktvorteile bringt. Viele Unternehmen sparen an der Stelle am falschen Ende.“ [DG]: „Vielleicht liegt es auch an den Designbüros, die sich nur ein Standbein geschaffen haben und Probleme kriegen, wenn das wegbricht. Auch die erfolgreichen Ingenieurbüros haben mehrere Standbeine.“ [TS]: „Man merkt es schon an den Bewerbungen, Anrufen die man ins Büro kriegt. Das sind größtenteils Initiativbewerbungen, die habe ich nie angesprochen. Es gibt einen Haufen Anfragen, ich kenne das aus dem Möbelbereich. Da hat ein Kunde von uns stapelweise Entwürfe auf dem Tisch liegen. Der kann sich vor 'Umsonstangeboten' schon fast nicht mehr retten.“ Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Veränderungsprozesse für das Industriedesign in den letzten 10 bis 15 Jahren? [DG]: „Aus meiner Sicht sind es zwei Punkte: Zum Einen sind es ganz klar die Arbeitsmittel, das CAD und natürlich auch die Budgethöhen, die Firmen bereit sind auszugeben. Da sind wir heute noch bei einem Bruchteil dessen, was wir früher (bei einer Maschine) ausgegeben haben.“ [TS]: „Vor 15 Jahren habe ich für eine Designentwicklung im Maschinenbau wesentlich mehr erhalten als heute.“ [DG]: „Die Budgets haben sich halbiert.“ Vielen Dank für das Gespräch. 149 7.3 GARDENA AG324 Die Firma GARDENA AG mit Sitz in Ulm ist Hersteller von Gartengeräten und Marktführer in Europa, mit 2.900 Mitarbeitern, davon rund 1.600 in Deutschland. GARDENA ist als Marke auf dem Gartensektor stark positioniert. Der Bekanntheitsgrad bei deutschen Gartenbesitzern ist mit über 90% sehr hoch.325 Unternehmensphilosophie: In Bezug zum Gartensektor formuliert das Unternehmen dann auch seine Unternehmensgrundsätze hauptsächlich über die Ökologie: „Umweltschutz ist für uns bei GARDENA, einem produzierenden Unternehmen in der Gartenbranche, eine besondere Herausforderung. Diese nehmen wir an und ernst, was sich auch in der langen Historie unserer Umweltschutzmaßnahmen widerspiegelt. Wir wissen, dass langfristige Standortsicherung nicht nur durch Ertrag und Wachstum, sondern auch durch die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung zu erreichen ist. Deshalb ist die Umweltverträglichkeit unserer Produktionsstätten von hoher Bedeutung.“326 Unternehmensentwicklung: 1961 wird das Unternehmen - Kress + Kastner GmbH - durch Werner Kress und Eberhard Kastner zunächst in Nürnberg gegründet und 1962 nach Ulm verlegt. 1966 entsteht die Marke GARDENA. „Gestaltungselemente wie das Sonnen-Signet und die Regenbogenfarben zum tragenden Element der unverkennbaren GARDENA Corporate Identity (CI). 1968: Mit der erfolgreichen Markteinführung des Original GARDENA Systems beginnt eine neue Zeitrechnung in der Gartenbewässerung. Die Gesellschaft schafft mit dieser Produktentwicklung den Durchbruch am Markt. Parallel erfolgt der Schritt in die Eigenfertigung. [...] Mit der Markteinführung von combisystem Gartengeräten unterstreicht GARDENA erneut seine hohe Innovationskraft und gibt dem Markt für Gartengeräte neue Impulse.“327 1996 wird die GARDENA Gruppe in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Im September folgt Börsengang der GARDENA Holding AG. 2002 erfolgt der Verkauf durch die Gründerfamilien an die schwedische Private Equity328-Gesellschaft Industri Kapital. 2003 firmiert die GARDENA Holding AG zur GARDENA AG um. 324 GARDENA AG Hans-Lorenser-Str. 40 89079 Ulm Tel.: (07 31) 4 90-0 Fax: (07 31) 4 90-219 E-Mail: [email protected] www.gardena.com 325 Vgl. GARDENA, Unternehmen, (i.f.z.: GARDENA, Unternehmen), online im Internet: URL: http://www.gardena.com/INT/DE/de/content/konzern/a_01_02_01.jsp [Stand 24.03.2006]. 326 Ebenda. 327 GARDENA, Geschichte, (i.f.z.: GARDENA, Geschichte), online im Internet: URL: http://www.gardena.com/INT/DE/de/content/konzern/a_01_04.jsp [Stand 24.03.2006]. 328 „Die ersten Private-Equity-Fonds (auch als Investoren bezeichnet) entstanden in den siebziger Jahren in den USA und in Großbritannien. In Deutschland sind sie seit Mitte der neunziger Jahre aktiv. Ihr Geschäft ist die Übernahme, der Umbau und Wiederverkauf von Unternehmen durch den Einsatz von Eigenkapital (daher »Equity«). Entweder werden die gekauften Unternehmen für eine gewisse Zeit von der Börse genommen oder sind dort noch gar nicht notiert gewesen (daher »Private«). Mehr als 40 Milliarden Euro haben diese Finanzinvestoren in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland investiert; in diesem Jahr wollen sie sogar 200 Milliarden Euro in Firmenkäufe stecken. Schon heute kontrollieren sie knapp 5000 deutsche Unternehmen mit 400000 Beschäftigten.“ DIE ZEIT, Private Equity. Die Firmenjäger, 11.05.2005, Ausgabe Nr.11, online im Internet: URL: http://www.zeit.de/2005/20/Finanzinvestoren_PE?page=1, [Stand 24.03.2006]. 150 Produktsortiment: Original GARDENA System (Gartenschläuche, Anschlüsse), Rasenpflege Gartengeräte / Bodenbearbeitung, Pumpen, Bewässerungstechnik, Baum- und Strauchpflege, Reinigen und Pflegen, GARDENA aquamotion (Produkte für Gartenteiche) Firmenstruktur: Das Unternehmen GARDENA gliedert sich in mehrere Gesellschaften. Die als Managementund Finanzholding fungierende GARDENA AG führt das Unternehmen. „Bei den Tochtergesellschaften der GARDENA AG unterscheiden wir Vertriebsgesellschaften und Produktionsgesellschaften. Die Vertriebsgesellschaften haben jeweils Ihren Sitz im Ausland. Dabei werden verschiedene Vertriebsgesellschaften in Regionen zusammengefasst, so dass regional bedingte Gleichartigkeiten erkannt werden und Berücksichtigung finden. Wir unterscheiden die Vertriebsregion Mitteleuropa, Süd-West-Europa, Nordeuropa, Nordamerika und Rest of the World.“329 GARDENA untergliedert seine Geschäftsbereiche zudem in die Marke GARDENA und in den OEM-Bereich. Die OEM330-Aktivitäten werden externen Kunden angeboten. Know-how aus dem Bereich der Kunststoff- und Metalltechnologie aber auch Full-Service-Lösungen von „Beratung, Entwicklung, Design über Fertigung bis hin zur Montage und Logistik“331 Abb.38: Firmenstruktur GARDENA mit der Schnittstelle zum Design 329 GARDENA, Geschichte. OEM: Original Equipment Manufacturing 331 GARDENA, Unternehmen. 330 151 Produktentwicklung und Designprozess: GARDENA arbeitet mit zwei externen Designbüros zusammen. Diese wurden über eine Ausschreibung ausgewählt. Damit war bei GARDENA die langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Schweizer Designer Franco Clivio beendet, der als einer der letzten Studenten der Hochschule für Gestaltung Ulm332, schon 1967 zusammen mit Dieter Raffler das erste Wasserschlauch-Stecksystem für GARDENA entwarf. Insofern steht das Unternehmen in der Designtradition der Ulmer Designschule und war geprägt durch die damaligen Inhaberfamilien Kress und Kastner, die früh auf Industriedesign setzten. Heute beschreibt Peter Lameli, Leiter Forschung und Entwicklung, die Unternehmensstrategie von GARDENA folgendermaßen: „Seit der Übernahme durch Industri Kapital steht Ergebnismaximierung stärker im Fokus, als Expansion. Alle Unternehmensprozesse wurden an die neue Situation angepasst. Gleichzeitig drängen immer mehr Billiganbieter in die Hauptmärkte von GARDENA. Nur durch schlanke Prozesse wird man sich auch künftig auf dem Weltmarkt behaupten können.“333 In diese Prozessstruktur muss sich auch das Design einfügen. Selbstverständlich wird von beiden Designbüros die Anwendung und Beherrschung des von den Konstrukteuren bei GARDENA eingesetzten CAD-Systems CATIAV5 gefordert. Die Designer haben sich laut Peter Lameli in der GARDENA-spezifischen Konstruktionsmethodik schulen lassen. Peter Lameli berichtet von zwei heute üblichen Vorgehensweisen in der Zusammenarbeit mit dem Produktdesign: 1. schon in der Vorentwicklung, um technische Ideen direkt zu visualisieren und dem Marketing vorzuschlagen und 2. nach vergebenen Entwicklungsauftrag an die Entwicklungseinheit, Vorentwicklung, Prototyp und Kostenschätzung. Abb.39: Produktneuentwicklung GARDENA 332 1963–1968 Studium und Diplom an der Hochschule für Gestaltung Ulm; Assistent mit Lehrauftrag an der HfG Ulm 333 Siehe Interview im Folgenden 152 Der Designprozess setzt sich aus den folgenden Phasen zusammen: 1. 2. 3. 4. Designbriefing Kick-Off-Meeting Entwurf: verschiedene Entwurfsrichtungen als Handskizzen, 3D-Bilder, CAD-Daten. Auswahl, Ausarbeitung einer Variante, Modellbau (Anschauungsmodelle, Stereolithografie) 5. Betreuung in der Umsetzung der Entwürfe Im GARDENA-Managementhandbuch wird der 'Neuproduktentstehungsprozess' detailliert beschrieben. Zum Produktdesign enthält das Handbuch folgende Vorgaben: „Designvorgaben werden im Lastenheft definiert und in ein Pflichtenheft umgesetzt. Das Pflichtenheft wird vor der Konstruktionsfreigabe durch das Marketing und die Entwicklung / Konstruktion erstellt und später vom Team weiterentwickelt und fertiggestellt. Designergebnisse werden in Form von Zeichnungen, Stücklisten, Konstruktions-, Arbeitsanweisungen und Bedienungsanleitungen erstellt und vor der Herausgabe geprüft. Design-Prüfungen werden in Form von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und technisch beim Übergang in die Realisierungsphase durchgeführt. Designverifizierungen werden vorgenommen bei Risikobetrachtungen, Prototypen-Prüfung, Prüfung der Erstmuster (Einzelteile), Versuche mit Mustern aus seriennahen Teilen Designvalidierung. Nach Fertigung einer [der] Testserie und Bewertung aller Testergebnisse wird durch den Lenkungsausschuss (Leiter der Entwicklung Konstruktion, Produktionsverantwortlichen Stelle, Qualität-Produktbetreuung, und Marketing) eine Teamentlastung durchgeführt und die Realisierungsphase abgeschlossen. [...]“334 Hier bekommt man einen Einblick in die engmaschige Prozessstruktur in der Entwicklung. Einzelne Entwicklungsschritte werden immer wieder Kostenüberprüfungen unterzogen, und der Projektfortschritt wird an 'Meilensteinen' überprüft. Das gilt auch für das Design. Vier Entwicklungsingenieure bei GARDENA, die alle Industrie-/Produktdesign als sehr wichtig für ihr Unternehmen erachten, formulieren in einem Fragebogen folgende Erwartungen an die Leistungen eines Industriedesigners: 1. Detaillierte Angebotserstellung, Dokumentation des Aufwandes 2. Exklusivität / Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit 3. Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben), Flexibilität 4. Jugendlichkeit / Esprit, Seriosität, Referenzen / Erfahrungen 5. Integration in betriebliche Abläufe 6. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Produktionstechnische Kenntnisse, Sprachkenntisse 7. Ergonomiestudien 8. Konzeption, Präsentation 9. Entwurfsskizzen, Renderings, Designmodelle 10.Designkonstruktionen im CAD, Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung 11.Problemloser Datentransfer 334 GARDENA MANAGEMENTHANDBUCH, Neuproduktentstehungsprozess. 153 Interview mit Peter Lameli, Leiter Forschung und Entwicklung:335 Mit Peter Lameli, dem Leiter Forschung und Entwicklung konnte ich ein Gespräch über die Unternehmensentwicklung von GARDENA und die Produkt- und Designentwicklungsprozesse führen. Wie lange sind Sie bei GARDENA, und haben Sie GARDENA noch als Familienunternehmen miterlebt? „Ich bin seit drei Jahren hier bei Gardena und habe die Ära Kress und Kastner nicht mehr erlebt. Bis 2002 war GARDENA ein Familienunternehmen mit einer Wachstumsstrategie. Seit der Übernahme durch Industri Kapital steht Ergebnismaximierung stärker im Fokus, als Expansion. Alle Unternehmensprozesse wurden an die neue Situation angepasst. Gleichzeitig drängen immer mehr Billiganbieter in die Hauptmärkte von GARDENA. Nur durch schlanke Prozesse wird man sich auch künftig auf dem Weltmarkt behaupten können. Dies kann aber nur kurz oder mittelfristig die Zielsetzung sein. Als Entwickler muss ich eher langfristiger und nachhaltiger denken, das kommt bei eingeschränktem Budget manchmal zu kurz.“ Würden Sie sagen, das Unternehmen ist sehr marketingslastig? „Unsere Produkte müssen exakt die Kundenbedürfnisse treffen, um erfolgreich zu sein. Es gibt drei Business Units, die vom Marketing geführt und weiterentwickelt werden. Ich habe versucht, den Produktentwicklungsprozess so zu gestalten, dass ich mit den Kollegen der Business Units schon früh zusammenkomme. Dabei werden technische Möglichkeiten mit Marktanforderungen abgeglichen und Projekte abgeleitet.“ Was hat sich denn jetzt im Gegensatz zu den Zeiten geändert, als die damaligen Inhaber noch mit einem Designer, Franco Clivio, verheiratet waren? „Ich kenne Herrn Clivio nicht persönlich und weiß auch nichts über die Zusammenarbeit mit den damaligen Inhabern. Man hat sich vor ca. fünf Jahren entschlossen, mit anderen Designbüros zusammenzuarbeiten. Über eine Ausschreibung wurden zwei Büros ausgewählt, die heute gleichberechtigt Designaufgaben übernehmen. Für eine komplette Produktgruppe ist jeweils ein Designbüro zuständig“ In welcher Phase kommt der Designer zum Produktentwicklungsprozess dazu? „Manchmal ist es notwendig, eine technische Idee schon im frühen Stadium zu visualisieren, da ergonomische und haptische Komponenten wichtig sind. Dies ist jedoch nicht die Regel. Normalerweise kommt der Designer erst dann hinzu, wenn aus einer Idee eine konkrete Aufgabe geworden ist.“ Welches CAD-System setzen Sie in der Konstruktion ein und, welches benutzen Ihre Designer? „Wir arbeiten seit drei Jahren mit CATIA V5. Unsere Designbüros arbeiten ebenfalls mit CATIA V5 und haben sich dazu committed, freiwillig an Schulungen zur GARDENAKonstruktionsmethodik teilzunehmen. Dies war eine Voraussetzung für die Arbeit mit uns. Denn damit ist eine erheblich bessere Kommunikation möglich.“ 335 LAMELI, PETER, 'Unternehmensentwicklung und Designprozess bei GARDENA', Interview, Ulm, 20.02.2006. 154 Wie weit konstruieren die Designer ihre Entwürfe durch? „Der Designer hat das gleiche CAD-System, also war zunächst der Anspruch da, dass der Konstrukteur die Designdaten übernehmen kann. Den Anspruch habe ich persönlich etwas zurückgeschraubt, da die Konstruktionsrichtlinien sehr eng sind und den Designer einschränken. Und deshalb bauen unsere CAD-Spezialisten die Modelle heute zumeist noch einmal selbst auf. Es gibt einfachere Teile, bei denen sehr viel vom Designmodell übernommen wird, bzw. das Designmodell direkt für die Formenherstellung verwendet wird.“ Welche Probleme treten denn an der Schnittstelle Design und Konstruktion am häufigsten auf? „Die teamorientierte Zusammenarbeit ist in jedem Fall Voraussetzung für ein erfolgreiches Produkt. Insgesamt ist die Zusammenarbeit zwischen Konstrukteuren und Designern gut. Da wo eine Designlinie durchgesetzt werden muss, muss der Konstrukteur sich unterordnen und im Zweifel auch die schwierigere Lösung realisieren. Und bei manchen Projekten muss sich der Designer den technischen Rahmenbedingungen unterordnen.“ Wie verhält sich GARDENA im globalen Umfeld? Wo produzieren Sie? „Überwiegend immer noch in Deutschland. Unsere 3 Produktionsstandorte sind Heuchlingen, Niderstotzingen und Ulm. Von den 2800 Mitarbeitern sind ca. 2000 in Deutschland. In Tschechien haben wir auch ein Montage-, ein Kunststoffspritzguss-, und ein Metallverarbeitungswerk in etwas kleinerem Maße. Zukaufprodukte kommen auch aus Asien oder dem europäischen Ausland, das Design ist jedoch immer GARDENA-spezifisch.“ Wird denn die Produktion vorwiegend hier bleiben? „Komplexe und innovationslastige Produkte werden auch weiterhin in Deutschland hergestellt werden. Weniger komplexe und eher auf dem Markt austauschbare Produkte müssen da gefertigt werden, wo dies kostengünstig möglich ist. Dies kann Asien sein, gegebenenfalls das europäische Ausland oder auch bei entsprechender Automatisierung Deutschland. GARDENA muss kurzfristig auf Kundenwünsche reagieren, damit spielen logistische Aspekte eine große Rolle. Die Produktion im Hauptmarkt Europa hat damit enorme Vorteile.“ Vielen Dank für das Gespräch. 155 7.4 Firmenprofile mittelständischer Unternehmen und die Schnittstelle zum Design Neben der ausführlicheren exemplarischen Betrachtung der Unternehmen BEURER, UHLMANN und GARDENA habe ich eine Reihe von Gesprächen mit Entwicklungsleitern weiterer Firmen geführt. Thema dieser Gespräche war die Produktentwicklung und die Schnittstelle zum Design. Unternehmensprofil und Gesprächsinhalte werden im Folgenden verkürzt dargestellt. 7.4.1 WANZL Metallwarenfabrik GmbH336 Vor über 50 Jahren wurde WANZL als Metallwarenfabrik gegründet. Heute noch inhabergeführt ist das Unternehmen international mit 2500 Mitarbeitern in vier deutschen Werken, einem französischen, einem tschechischen und einem chinesischen Fertigungsbetrieb aufgestellt. Die Produkte werden weltweit vertrieben. Firmenphilosophie: WANZL setzt auf innovative und nachhaltige Lösungen, die in den firmeneigenen Entwicklungsabteilungen mit eigenen Designern und in Zusammenarbeit mit externen Designbüros entwickelt werden. WANZL formuliert seinen Qualitätsanspruch und erstellt individuelle Konzepte für die internationale Klientel: „Weitgehende Automation in der Produktion garantiert bei allen Wanzl Produkten die hochwertige Verarbeitung aller Bauteile und eine gleichbleibende Güte der Oberflächen. Für hohe Gebrauchstüchtigkeit und lange Lebensdauer jedes Wanzl Produkts.[...] Aber Qualität ist für uns bedeutend mehr als ein optimiertes Produkt. Sie resultiert auch aus dem gemeinsamen Engagement aller Mitarbeiter für den Kunden und seine Zufriedenheit rundum. Welche Erwartungen Sie auch an die individuelle Gestaltung Ihres Marktes haben: wir erfüllen Sie durch Lösungen, die präzise Ihren Bedürfnissen entsprechen und detailgenau an Ihr CI- Konzept angepasst sind.“337 Unternehmensentwicklung: 1947 gründen Rudolf Wanzl sen. und sein Sohn Rudolf eine Werkstatt für Waagenbau und Reparaturdienste in Leipheim. 1948 steigt WANZL in den Bereich der Selbstbedienung ein. „Bei der Premiere des ersten deutschen SB-Ladens in Hamburg ist Wanzl mit 20 Einkaufswagen PICK UP dabei - und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus der Branche wegzudenken. 1950 folgen der Platz sparend ineinander schiebbare CONCENTRA mit festem Korb und ein stapelbarer Korb mit Klappbügel als weiteres Patent.“ Heute wird das Unternehmen als europäischer Marktführer in der dritten Generation von Gottfried Wanzl geleitet. 336 WANZL Metallwarenfabrik GmbH Bubesheimer Straße 4 89340 Leipheim Telefon: +49 (0) 8221 / 729-0 Telefax: +49 (0) 8221 / 729-100 e-mail: [email protected] www.wanzl.com 337 WANZL, Qualität, online im Internet: URL: http://www.wanzl.com/www_root/De_index.html, [Stand 13.02.2006]. 156 Produktsortiment: - Einkaufs- und Transportwagen (Modellvielfalt in zahlreichen branchenspezifischen Ausfüh rungen) - Produkte für die Selbstbedienung (Artikel für die Preisauszeichnung,Verkaufsgeräte für die Warenpräsentation, Kundenführungen und Eingangsanlagen) - Ladenbau (komplette Einrichtungslösungen für den Handel von der 3D-CAD-Planung bis zur Montage) Firmenstruktur: Mit vier deutschen Stammwerken und weltweit 15 eigenen Niederlassungen in Westeuropa, in Osteuropa, in Korea, in der Volksrepublik China und in Australien ist WANZL ein global agierendes mittelständisches Unternehmen. Produziert wird neben den deutschen Werken auch in Frankreich, Tschechien und in China. Entwicklung und Design finden hauptsächlich am Standort Leipheim statt. Die Konstruktion wird vorwiegend von internen Konstrukteuren ausgeführt. Abb.40: Firmenstruktur WANZL mit der Schnittstelle zum Design Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion: Das Unternehmen arbeitet mit einem internen Designer und vergibt von Zeit zu Zeit Aufträge an externe Designer. In Konstruktion und Design arbeiten die Mitarbeiter mit den CAD-Systemen Alias und CATIA V5. Im Gespräch mit dem Leiter der Technik und Entwicklung Herrn Dr. Rainer Eckert338 bezeichnet dieser Industriedesign für das Unternehmen WANZL als wichtig und die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Designern als gut. Unbedingte Voraussetzung für die Designer ist laut Dr.Eckert:„die Beherrschung der technischen Werkzeuge und der Sprache der Techniker.“339 338 339 DR. ECKERT, RAINER, 'Der Designprozess bei Wanzl', Interview, Leipheim, 19.12.2005. Ebenda. 157 Er schildert aus seiner Erfahrung als ehemaliger Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts in Funktion als Leiter der Designabteilung, dass in vielen Fällen mit den Designern „kein fairer Dialog“340 geführt wurde, dass diese vor allem am Anfang des Entwurfsprozesses von den Auftraggebern allein gelassen würden und es dadurch zu vermeidbaren Konfrontationen kommen müsse. Er führt die Probleme zwischen Design und Entwicklung unter anderem auf die zu langen Zeitspannen zwischen Briefing und ersten Entwürfen zurück und verlangt von den Designern eine fast „aggressive Informationsbeschaffung“, er sieht die Designer in der „Holschuld“341. Designprozess: Bei WANZL arbeitet Dr. Eckert als verantwortlicher Entwicklungsleiter mit einem internen Designer, der von Anfang an in die Produktentwicklung miteinbezogen wird. Der Projektablauf gliedert sich in die Phasen: – – – – – – Briefing und 'Kick-Off' unter der Konstruktionsverantwortung eines Projektleiters Designphase unter Einbeziehung von vorentwickelten oder vorhandenen technischen Baugruppen (CAD-Bilder, Designmodelle) Designfreigabe Technische Prozesse, Konstruktionsabteilungen Prototyping, Funktionstests Realisation (3D) Anforderungen an das Industriedesign: Auf die Frage „Welche Leistungen/Befähigungen erwarten Sie von Industrie-/Produktdesignern, externen Designbüros?“, gibt Dr. Eckert folgende Punkte an: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Detaillierte Angebotserstellung, Dokumentation des Aufwandes Exklusivität / Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben), Flexibilität Seriosität, Referenzen / Erfahrungen Integration in betrieblichen Abläufe Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Produktionstechnische Kenntnisse, Kenntnisse in Produktökologie 7. Technische Recherche, Designrecherche 8. Ergonomiestudien 9. Konzeption, Präsentation 10.Entwurfsskizzen, Renderings, Designmodelle 11.Designkonstruktionen im CAD, Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung 12.Prototyping, Problemloser Datentransfer342 Als besonders wichtigen Punkt führt Dr. Eckert den Willen zur „Erarbeitung von Respekt und Akzeptanz“343 an. Kommunikation, soziale Kompetenz, Tiefgründigkeit und Engagement seitens der Designer seien die Grundpfeiler einer erfolgreichen Zusammenarbeit. 340 Ebenda. Ebenda. 342 Diese Punkte markierte Dr. Eckert im ihm vorgelegten Fragebogen für Ingenieure. 343 Ebenda. 341 158 7.4.2 BRITAX RÖMER Kindersicherheit GmbH 344 RÖMER ist Hersteller und Vertreiber von „Sicherheitsprodukte[n] von höchster Qualität zur Deckung des Grundbedürfnisses 'Schutz für Kinder im Straßenverkehr'“345 in Ulm, Deutschland. Die Muttergesellschaft Britax International, einer der weltweit führenden Kindersitzhersteller mit Standorten in England, Deutschland, USA und Australien wurde kürzlich vom Finanzinvestor Carlyle übernommen. Qualität und Design ist bei RÖMER ein gewachsenes Bewusstsein. Firmenphilosophie: „Dies zeigt sich schon bei der Idee für ein neues Produkt und begleitet die Entwicklung des Produkts auf dem Weg zum Kunden. Ob es sich nun um die geeignete Materialauswahl oder extreme Belastungen in Dauertests handelt, die jedes Produkt vor der Serienfertigung zu meistern hat, oder um Qualitätsprüfungen innerhalb der Produktionsschritte - alle Maßnahmen sichern den hohen Qualitätsstandard von RÖMER-Produkten.“346 Produktsortiment: Autokindersitze, Fahrradsitze Firmenstruktur: RÖMER beschäftigt am Standort Ulm ca 450 Mitarbeiter in Verwaltung, Entwicklung und Produktion. In der Produktion werden vorwiegend zugekaufte Komponenten montiert. Die Produzenten der Komponenten kommen vorwiegend aus der Region. Auch Konstruktionsleistungen werden teilweise zugekauft. Da RÖMER als Tochtergesellschaft mit der von der Investorengruppe Carlyle übernommenen Mutter Britax International organisatorisch verbunden ist, müssen Produktentwicklung und Entscheidungsprozesse mit den verschiedenen Standorten des Firmenverbundes koordiniert werden. Als Kernkompetenzen des Standortes Ulm beschreibt der Entwicklungsleiter Dieter Maier347 die Produktentwicklung, den Versuch (Crashtests) und das aus der Region kommende Produktdesign. Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion: Herr Maier hält Industriedesign für sein Unternehmen für wichtig und beurteilt die Zusammenarbeit mit dem externen Designbüro als gut. Auch die Ingenieure bei RÖMER sind mit Designentwicklungen vertraut, da sie schon über Jahre mit einem Designbüro erfolgreich zusammenarbeiten. Berührungsängste oder Vorurteile gäbe es nicht. Die Schnittstelle erweist sich als problemlos, vor allem durch den Einsatz von CAD (CATIAV5, Solid Edge)348. 344 BRITAX RÖMER Kindersicherheit GmbH D-89077 Ulm (Donau) Telefon: +49(0)731-93 45-0 Telefax: +49(0)731-93 45-210 E-Mail: [email protected] www.britax-roemer.de 345 BRITAX RÖMER, online im Internet: URL: http://www.britax-roemer.de/frames.php?sprache=de, [Stand 14.02.2006]. 346 Ebenda. 347 MAIER, DIETER, 'Designprozess bei RÖMER', Interview, Ulm, 10.11.2005. 348 Vgl. Ebenda. 159 Abb.41: Firmenstruktur RÖMER mit der Schnittstelle zum Design Designprozess: Die langjährige Zusammenarbeit mit einem Designbüro hat Design als Größe in die Produktentwicklung integriert, das zeigt auch der Projektverlauf in Phasen: – – – – – – – – – – – Erstellung eines Lastenheftes; in der Konzeptphase ist der Designer oft miteinbezogen Machbarkeitsuntersuchungen,Vortests Erstellung eines Prototypen (gestestet unter den Aspekten 'Sicherheit' und 'Wohlfühlen'. Nach diesen Erkenntnissen wird eine 'Hülle' konstruiert, die dem Designer die Grenzen der Gestaltungsfreiheit vorgibt Designrenderings (Handarbeit) Aufbau von Flächenmodellen am CAD (CATIA) (Designbüro) Volumenmodell (Designbüro) Auskonstruktion, erfolgt je nach Kapazität selbst oder vom Designer Lasersinterteile (Begutachtung durch Designer) Vorserie (Verbesserungen) Serienfertigung Anforderungen an das Industriedesign: Auf die Frage „Welche Leistungen/Befähigungen erwarten Sie von Industrie-/Produktdesignern, externen Designbüros?“, gibt Dieter Maier folgende Punkte an349: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 349 Detaillierte Angebotserstellung Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben), Flexibilität, Jugendlichkeit / Esprit Seriosität, Referenzen / Erfahrungen Integration in Ihre betrieblichen Abläufe Produktionstechnische Kenntnisse Technische Recherche, Trendrecherche, Designrecherche Ergonomiestudien Konzeption, Präsentation, Designberatung Entwicklung technischer Komponenten / Bauteile, Entwicklung technischer Baugruppen Diese Punkte markierte Herr Maier im ihm vorgelegten Fragebogen für Ingenieure, (Siehe Anhang). 160 10.Entwurfsskizzen, Renderings, Designmodelle 11.Designkonstruktionen im CAD, Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung 12.Prototyping 13.Problemloser Datentransfer Dieter Maier sieht die Designer hauptsächlich als „Ideengeber in der Gestaltung“350, erwartet aber dennoch Konstruktionsleistungen am CAD bis zu Volumen-/Schalenmodellen. Insgesamt habe die Komplexität der Firmenstrukturen und Abstimmungsprozesse zugenommen, was sich auch auf die Produktentwicklung und den Designprozess auswirkt. 7.4.3 ROBERT BOSCH GmbH, Betrieb Murrhardt351 Die ROBERT BOSCH GmbH zählt zu den großen global agierenden Konzernen. Den Dialog habe ich mit dem Gruppenleiter Entwicklung des Betriebs in Murrhardt geführt. Insofern interessant, da Murrhardt eine eigene Entwicklungsabteilung für Industriewerkzeuge unterhält. Die Entwickler arbeiten mit einem externen Designbüro zusammen. Diese Einheit funktioniert also wie in einem selbstständigen Unternehmen. Der Überbau der Bosch-Gruppe ist komplex und wird kurz aufgegliedert. Firmenphilosophie: Die BOSCH-Gruppe hat ihre Wertvorstellungen unter den Stichworten:Zukunfts- und Ertragsorientierung, Verantwortlichkeit, Initiative und Konsequenz, Offenheit und Vertrauen, Fairness, Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Legalität und Kulturelle Vielfalt formuliert. Auszüge: „Zur kraftvollen Entwicklung unseres Unternehmens und zur Sicherung unseres langfristigen Unternehmenserfolgs gestalten wir Veränderungen in Markt und Technik aktiv mit und bieten damit auch in Zukunft unseren Kunden innovative Lösungen und unseren Mitarbeitern attraktive Arbeitsplätze. Wir handeln und entscheiden dabei ertragsorientiert; dadurch sichern wir Wachstum und finanzielle Unabhängigkeit. Mit unserer Dividende finanziert die Robert Bosch Stiftung gemeinnützige Vorhaben. [...] Wir sind uns bewusst, dass unser unternehmerisches Handeln im Einklang mit den Interessen der Gesellschaft stehen muss. Unsere Erzeugnisse und Leistungen dienen vor allem der Sicherheit des Menschen, dem sparsamen Umgang mit den Ressourcen und der Sauberkeit der Umwelt. [...] Wir bekennen uns zu unserer regionalen und kulturellen Herkunft und betrachten zugleich Vielfalt als Zugewinn und als Voraussetzung für unseren weltweiten Erfolg.“352 Unternehmensentwicklung: Aus der kleinen, von Robert Bosch im Jahre 1886 in Stuttgart eröffneten „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“, die sich zunächst auf das Gebiet der Zündung für Kraftfahrzeuge und Motoren aller Art spezialisierte, entwickelte sich die heute weltweit tätige BOSCH-Gruppe, die am Umsatz gemessen, zu den größten Industrieunternehmen Deutschlands zählt. Ihre Zentrale befindet sich in Gerlingen am Stadtrand von Stuttgart. BOSCH steigt 1953 in die Produktion von Hydraulikanlagen ein und erwirbt 1964 die RB Maschinenbau Murrhardt GmbH, die auf dem Markt der Komponenten der Industriehydraulik und Pneumatik tätig ist. 350 MAIER, DIETER, Designprozess bei RÖMER. ROBERT BOSCH GmbH Betrieb Murrhardt Postfach 11 61 71534 Murrhardt TEL. (0 71 92) 22-1 68 FAX. (0 71 92) 22-3 28 352 BOSCH, Werte, online im Internet: URL: http://www.bosch.com/content/language1/html/2272.htm, [Stand 17.03.2006]. 351 161 Produktsortiment: Kraftfahrzeugausrüstung, Gebrauchsgüter, Gebäudetechnik, Industrietechnik Unternehmsstruktur: BOSCH ist organisatorisch in drei Unternehmensbereiche gegliedert: Kraftfahrzeugtechnik (mit den Geschäftsbereichen Karosserie-Elektrik,Bremssysteme, Bord-Elektronik, Prüftechnik und Kundendienst etc.) Gebrauchsgüter- und Gebäudetechnik (Elektrowerkzeuge, Thermotechnik, Sicherheitstechnik und Elektrohausgeräte) Industrietechnik (Verpackungsmaschinen, Automationstechnik)353 Im Betrieb Murrhardt sitzt die Entwicklung und Fertigung von Industriewerkzeugen, einer der Hauptmärkte für BOSCH. Schrauber, Schleifwerkzeuge und Bohrmaschinen gehören zu diesem Produktbereich und Hauptabnehmer sind die Automobilhersteller und ihre Zulieferer. In Murrhardt befinden sich Entwicklung und Produktion (Teilelieferanten aus Asien) im eigenen Haus, die Konstruktion wird komplett nach Außen vergeben. Auch das Industriedesign kommt von einem externen Anbieter. Abb.42: Firmenstruktur BOSCH/MURRHARDT mit der Schnittstelle zum Design Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion: Dr. Manfred Schüle, Gruppenleiter Entwicklung hält Design für sehr wichtig für sein Unternehmen und bezeichnet seine Erfahrungen mit Industriedesignern als insgesamt befriedigend. Ein wichtiger Schritt für eine reibungslose Zusammenarbeit an der Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion war der Umstieg des Designbüros auf Pro/Engineer, dem CADSystem, das auch bei BOSCH/Murrhardt in der Entwicklung eingesetzt wird. Dieser Umstieg geschah auf den massiven Druck der Ingenieure, die nicht mehr mit „irgendwelchen Punktewolken“ arbeiten wollten. Zudem müssen alle Daten bei BOSCH in ein Archivierungssystem mit speziellen Schnittstellen.354 353 Vgl. BOSCH, Unternehmens- und Geschäftsbereiche, online im Internet: URL: http://www.bosch.com/content/language1/html/3293.htm, [Stand 10.04.2006]. 354 Vgl. SCHÜLE, MANFRED, DR., 'Design und Entwicklung', Gespräch, Murrhardt, 11.11.2005. 162 Designprozess: Der Designprozess ist in den Produktentwicklungsprozess integriert. - Konzeptphase, 2D-Design-Freigabe, Funktionsmuster - Kick-Off - Konstruktionsentwurf, 3D-Designfreigabe, Funktionsmuster - Konstruktion und Detaillierung, Prototypen - Fertigungsplanung und Werkzeugerstellung, Vorserie - Markteinführung, Serie Anforderungen an das Industriedesign: Auf die Frage 'Welche Leistungen/Befähigungen erwarten Sie von Industrie-/Produktdesignern, externen Designbüros?', gibt Dr. Schüle folgende Punkte an355: 1. Detaillierte Angebotserstellung, Dokumentation des Aufwandes 2. Exklusivität / Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit 3. Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben), Flexibilität 4. Referenzen / Erfahrungen 5. Integration in betriebliche Abläufe 6. Produktionstechnische Kenntnisse, Sprachkenntisse 7. Designrecherche 8. Ergonomiestudien 9. Präsentation 10.Designmodelle 11.Designkonstruktionen im CAD 12.Problemloser Datentransfer 13.Designberatung 14.Kommunikation mit anderen Zulieferern Dr.Schüle bewertet hierbei die detaillierte Angebotserstellung und die Dokumentation des Aufwandes im Falle des von ihm beauftragten Designbüros als schlecht, ansonsten erachtet er die genannten Leistungen als gut bis sehr gut. 7.4.4 KÄSSBOHRER GELÄNDEFAHRZEUG AG356 Die KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG ist ein mittelständisches schwäbisches Unternehmen mit einer bewegten Firmenhistorie: Unternehmensentwicklung: 1893 machte sich der Wagner und Stellmachermeister Karl Kässbohrer in Ulm selbständig. Zunächst als Reparaturbetrieb ausgelegt, fertigte KÄSSBOHRER zunehmend einfachen Handund Pferdewagen. 1907 entwickelt sich der Handwerksbetrieb KÄSSBOHRER hin zur Fahrzeugfabrik KÄSSBOHRER. 355 356 Diese Punkte markierte Dr. Schüle im ihm vorgelegten Fragebogen für Ingenieure, (siehe Anhang). KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG Kässbohrerstraße 11 88471 Laupheim Tel.: +49 (0) 7392/900-0 Fax: +49 (0) 7392/900-445 E-Mail: [email protected] www.pistenbully.com 163 „Im gleichen Jahr wird der erste Kässbohrer Automobilaufbau hergestellt. Es handelt sich um einen Omnibus für den kombinierten Verkehr der zum Patent angemeldet wurde. Der erste Weltkrieg stoppte zunächst das erfolgreiche Unternehmen, erst 1923 stabilisiert sich der Markt wieder. Im Dezember 1922 stirbt Karl Kässbohrer im Alter von 58 Jahren, seine beiden Söhne Karl und Otto führen das Unternehmen weiter und treffen 1928 eine wichtige Entscheidung 'Spezialisierung' nur noch Omnibusse, Lastwagen und Anhänger sollen in Zukunft hergestellt werden. In den folgenden Jahren prägen Wirtschaftskrisen und der 2. Weltkrieg die Geschichte Deutschlands. Das Fahrzeugwerk Karl Kässbohrer meistert diese Zeit durch innovative Entwicklungen auf fast allen Gebieten in der Fahrzeugindustrie.“357 Historische Entwicklungen/Produkte: - die Luftfederung für Nutzfahrzeuge - der Kugelgelagerte Drehkranz für Anhänger (1929) - industriell gefertigte Tankfahrzeuge(ab 1939) - der Selbsttragende Omnibus SETRA (1950) - der erste kippbare Siloaufbau mit Druckentleerung (1953 ) - der erste Pisten Bully. (1969) Ende der achtziger Jahre beschäftigte die GmbH mit Hauptsitz in Ulm ca. 9.000 Mitarbeiter. 1992 wurde die Produktpalette um Strandreinigungsgeräte ('Beach Tech') erweitert. Und 1994 wurde dieser Geschäftsbereich ausgegliedert. Eine internationale Investorengruppe übernahm unter Beteiligung des Managements die Sparte Geländefahrzeuge von der Karl Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH. Die Kässbohrer Geländefahrzeug GmbH entstand. 1998 ging dann die KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG an die Börse. Nachdem die Sparte Bus 1995 an Mercedes-Benz (EVOBUS) verkauft wurde, ist die heutige Kässbohrer Transport Technik GmbH in Österreich, Hersteller von Fahrzeugtransportern, damit das einzige Kässbohrer-Unternehmen, das noch im Besitz der Familie Kässbohrer steht.358 Firmenphilosophie: „Die Firma Kässbohrer Geländefahrzeug AG ist ein Unternehmen mit langer Tradition. Langjährige Erfahrung aber auch der Wille zu Innovationen waren und sind prägend für unsere Erzeugnisse. Maßgeblich für uns ist die Zufriedenheit unserer Kunden mit unseren Produkten. Unsere Mitarbeiter verbessern ständig die Qualität unserer Geräte. Wir sind bestrebt, den bestmöglichen Service zu bieten. Im Unternehmen pflegen wir einen offenen Dialog, um für unsere Kunden das Optimum zu erzielen.“359 Im ausführlichen Gespräch mit Christian Bauer, Ingenieur und Leiter 'Beach Tech', kommt zum Ausdruck, wie sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren. Er spricht von einer starken Mannschaft, die sich sehr stark positioniert und mit den Produkten identifiziert. Die Fluktuation der Mitarbeiter sei sehr gering. Und der Erfolg spräche für sich: „Es geht immer weiter bergauf, und mit 'Pisten Bully' haben wir weltweit über 50% Marktanteil, mit 'Beach Tech' über 30%. In beiden Bereichen sind wir Weltmarktführer.“360 Produktsortiment: 357 KÄSSBOHRER FAHRZEUGWERKE GMBH, online im Internet: URL: http://www.kaessbohrer.com/html/body_die_geschichte.HTM, [Stand 23.03.2006]. 358 Vgl. Ebenda. 359 PISTENBULLY, online im Internet: URL: http://www.pistenbully.com/index.php?id=81, [Stand 23.03.2006]. 360 BAUER, CHRISTIAN, 'Unternehmensstrukturen und Design', Gespräch, Laupheim, 10.03.2006. 164 Pisten Bully, Beach Tech (Strandreinigung), Sonderfahrzeuge Unternehmensstruktur: Die Kässbohrer Geländefahrzeug AG ist eine Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Laupheim. In über 60 Ländern vertreten durch die Brands 'Pisten Bully' und 'Beach Tech'. Die AG unterhält Niederlassungen und Tochtergesellschaften in den USA, in Österreich, in der Schweiz, in Frankreich und in Italien. Die restlichen Länder werden über Vertreter und Händler betreut. Geplant, entwickelt und gefertigt wird am Standort Laupheim. Abb.43: Firmenstruktur Kässbohrer Geländefahrzeug AG mit der Schnittstelle zum Design Schnittstelle Design und Entwicklung/Konstruktion und Designprozess: Mit Christian Bauer konnte ich ein sehr ausführliches Interview führen, das sowohl die Unternehmensstrukturen, wie auch die Schnittstelle zum Design näher beleuchtet: Christian Bauer, [CB]: „In über 60 Ländern dieser Welt sind wir hier unterwegs mit unseren Produkten Pistbully und Beach Tech, die zwei Brands von Kässbohrer Geländefahrzeug AG. Hier in Laupheim ist das Headquarter, wir haben Niederlassungen und Tochtergesellschaften in den USA, in Österreich, in der Schweiz, in Frankreich und in Italien. Die restlichen Länder werden alle über Vertreter und Händler betreut. Wir sind ein mittelständisches schwäbisches Unternehmen.“ Geblieben? [CB]: „Geworden. Wir kommen ja eigentlich aus der Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH, die 1993/94 auseinander fiel. Der Busbereich ging an Daimler Benz - damals noch - jetzt Daimler Chrysler, und die Geländefahrzeuge wie Pistenbully, Flexmobil und der Strandreinigungsbereich wurden an eine Investmentgesellschaft verkauft - Schrodes und Partner - und wir sind 1998 an die Börse gegangen. Seitdem sind wir eine Aktiengesellschaft.“ Ist die Investmentgesellschaft noch beteiligt? [CB]: „Nein. Wir haben ein Umsatzvolumen von ca 160 Millionen Euro im Jahr. Haupteigner ist die Familie Merckle, die Sparkasse Biberach, und der Rest ist im Streubesitz.“ 165 War da nicht die Unsicherheit, vom Investor 'ausgeblutet' zu werden? [CB]: „Es ist immer eine Unsicherheit aber es hängt sehr viel von der Mannschaft ab. Die Mannschaft hier ist sehr stark positioniert und identifiziert sich sehr stark mit den Produkten. Wir haben eine sehr geringe Fluktuation. Das spricht alles für sich. Auch der Erfolg. Es geht immer weiter bergauf, und mit 'Pisten Bully' haben wir weltweit über 50% Marktanteil, mit 'Beach Tech' über 30%. In beiden Bereichen sind wir Weltmarktführer.“ Wo wird produziert? [CB]: „Produziert wird ausschließlich hier. Wir haben überhaupt keine Ambitionen nach Außen zu gehen. Unsere Produkte leben von der Qualität, und Qualität wird von der Mannschaft gemacht.“ Wie sieht das mit Konstruktionsleistungen aus? [CB]: „Die sind auch hier im Hause. Wir haben wenig Outsourcing, teilweise in Form von Leihingenieuren oder im Bereich der Berechnungen. Aber die eigentlich Entwicklung, die Konstruktion, die Ideen kommen aus dem Haus. Mit dem Design ist es anders: da haben wir unsere externen Partner.“ Sie sprechen im Falle Ihres Unternehmens von einer Erfolgsstory. Wie funktioniert das? Sind Sie so gut? [CB]: „Das ist ein gewachsenes Gesamtpackage. Die Erfolgsstory läuft seit Beginn des 'Pisten Bully' und auch mit 'Beach Tec'. Da gehört dazu, wie man diese Produkte aufgebaut hat, das Branding, die Qualität, die Arbeitsleistung, der Service und nicht zuletzt das Design. Die Fahr zeuge, die Produkte haben ja schon einen gewissen Sexappeal. Die ziehen die Leute magisch an. Jeder will sie sehen, jeder will damit fahren.“ Wo werden denn bei Ihnen Neuentwicklungen angestoßen? Vom Marketing, von der Technik? [CB]: „Grundsätzlich bekommt eine erfolgreiche Firma immer ihren Impuls vom Markt. Die Zeiten, wo man etwas erfunden hat und das dann verkauft hat, die sind schon lange vorbei. Jetzt hat man eine Übersättigung, das heißt, man muss sich nach dem Markt richten. Marketing ist hier in unserem Fall vielleicht der falsche Ausdruck. Wir haben eine sehr große Kundennähe und wissen, was die Kunden verlangen und benötigen. Und das bieten wir ihnen. Wir entwickeln natürlich in Richtung Avantgarde, immer schon das wissen, was der nächste Trend sein wird.“ Wie sieht bei Ihnen der Produktentwicklungsprozess aus? [CB]: „Der Impuls kommt vom Markt, und deshalb ist Produktmanagement wichtig. Das heißt, da kommen die Anforderungen rein, die werden an die Technik weitergeleitet, und man sitzt dann in Gremien und berät sich, was ist notwendig, was nicht. Und wenn es wieder an der Zeit ist ein neues Fahrzeug zu kreieren, diese Zeiten werden ja immer kürzer – momentan ein 10-Jahres Zyklus – wird ein Lastenheft erstellt und an die Konstruktion weitergeleitet. Es gibt dann bestimmte Baugruppen im Fahrzeug, und für die sind dann Gruppenleiter zuständig, die die Projekte nach Kosten und Machbarkeit überprüfen.“ Ab wann kommt denn das Design dazu und wie gestaltet sich der Designprozess? [CB]: „Das Design kommt schon relativ bald dazu, als Parallelentwicklung. Allein die Entwicklung der Außenhaut eines Fahrzeuges dauert seine Zeit und ist meistens vom Kostenfaktor am Höchsten. 166 Die Werkzeuge für die Formteile sind sehr teuer, und da müssen wir den Fokus auf die Risikominimierung setzen. Der Designer bekommt das technische Grobgerüst als Vorgabe aber auch das ändert sich im Laufe der Entwicklung. Man hat die Idee, in welche Richtung soll es gehen und auch das atmet. Der Designer muss eben um dieses sich verändernde Skelett, Innen wie Außen entwerfen. Wir haben schon seit längerem Partner im Designbereich, die haben das im Gefühl. Die verstehen den Markt und dementsprechend harmoniert das sehr gut.“ Welche Leistungen erbringt das Designbüro im Laufe der Entwicklung? [CB]: „Am Anfang des Prozesses kamen die Designer früher mit Renderings, heute sind das photorealistische Bilder, die eine sehr genaue Vorstellung vom zukünftigen Fahrzeug/Produkt ermöglichen. Und sehr wichtig ist hierbei der emotionale Touch, den diese Bilder ausstrahlen. Man kann übrigens mit diesen photorealistischen Darstellungen viel besser Probleme in der Umsetzung eingrenzen, da sie nichts kaschieren, als mit den handish hergestellten Renderings von früher.“ Mit welchem CAD-Systen arbeiten Sie? [CB]: „Wir haben Unigraphics und Solid Edge. Die Designer arbeiten mit dem gleichen System oder in der Vergangenheit auch mit Solid Works. Wir fordern jedoch eine 100%ige Kompatibilität, die einen extremen Handlingaufwand und eine risikohafte Datenübertragung unterbindet.“ Was kommt nach den photorealistischen Darstellungen? [CB]: „Es besteht ja von Anfang an ein grobes technisches Basiskonzept, auf dessen Grundlage die Darstellungen erstellt werden. Dann gehen die Designer in die Designkonstruktion am CAD und wir können diese Flächen übernehmen. Wir haben bei uns inzwischen Freiformflächenprofis, die die Konstruktion mit den Designern zusammen machen. Die Teamarbeit ist in diesem Zusammenhang extrem ausgeprägt.“ Über welchen Zeitraum erstreckt sich die Designentwicklung an einem neuen Fahrzeug? [CB]: „Zwei Jahre von der ersten Idee bis zum Serienprodukt. Wir haben bei Designfragen immer einen Designer dabei. Es ist natürlich kein Designer kontinuierlich hier. Design ist eine Dienstleistung, ein Projekt, und wenn das abgeschlossen ist, ist erstmal wieder nichts. Aber der Designer ist wichtig, und er wird respektiert und zu Rate gezogen. Wir machen auch nicht bei jedem neuen Projekt neue Ausschreibungen, wir sind 'treu'. Dies ist auch ein Teil unseres Erfolgsgeheimnisses, die ganze gewachsene Struktur gehört mit dazu.“ Welche Erfahrungen haben Sie an der Schnittstelle Design und Technik gemacht? [CB]: „Es gibt ganz typische Punkte, die immer wieder kommen, was aber auch passt. Der typische Entwicklungskonstrukteur denkt rein technisch und der Designer mehr emotional. Der Designer sieht mehr die Form, hat aber das Praktische nicht immer im Auge. Der technische Entwickler denkt rational, hat die Umsetzung vor Augen und versteht vielleicht die Form nicht ganz so. Und das sind Reibungspunkte, da muss man den Mittelweg finden, das beides passt. Funktion und Design, das ist das Stichwort!“ Würden Sie sagen Ihr Unternehmen repräsentiert noch die deutschen Tugenden: Qualität und Design? [CB]: „Auf jeden Fall. Qualität und deutsches Engineering aber bitte nicht Overengineering. Innovativ, modern aber kontrollierbar im Sinne der Funktion und im Sinne des Services.“ 167 Was bedeutet dies für die Ausbildung von Ingenieuren? [CB]: „Die Öffnung in alle Richtungen, Marketing, Service usw. Es bringt nichts, wenn die Produkte nicht gekauft werden. Der Markt ist das Entscheidende. Allerdings ist ein guter Konstrukteur 100% Rational veranlagt, der denkt nicht betriebswirtschaftlich usw. Das heißt, man muss die richtige Mischung von Leuten haben. Wenn man sich so eine Konstruktionstruppe aufbaut, dann ist der Rationale oft Gold wert, an der richtigen Stelle. Ein Gruppenleiter muss mehr Verkäuferseele haben, ein bisschen mehr Emotionalität. Ein Entwicklungsleiter muss in der Lage sein, seine Ergebnisse an die Vertriebsmannschaft weiter zu verkaufen. Die Leute müssen schon in der Ausbildung mehr nach ihren Neigungen gehen. Nach vier Semestern sollte man da schon ansetzen.“ Wie würden Sie denn insgesamt die Lage des deutschen Mittelstandes vor dem globalen Hintergrund beurteilen? [CB]: „Im Konsumgüterbereich ist natürlich der Wettbewerb ganz hart. Es ist ein Verdrängungswettbewerb auf gesättigten Märkten. Die Leute sind nervös... Man muss irgendwie schon bei seiner Linie bleiben. Die Deutschen glauben schlechter zu sein, als sie wirklich sind. Ich komme viel in der Welt herum, und der Respekt der einem als deutscher Ingenieur entgegengebracht wird ist enorm. Ein deutsches Produkt ist im Ausland nach wie vor im HighlevelBereich angesiedelt. Die Deutschen haben das Problem, dass sie ihr Selbstbewusstsein verlieren und dann passieren so Dinge wie: alles muss billig sein, billige Produkte gehen gerade. Da bin ich anderer Meinung. Es gibt sehr viele Leute, die gerne Geld für Qualität ausgeben, und ich bin davon überzeugt, das siegt auf Dauer immer. Aber der Trend geht zum Billigprodukt, und da gibt es viele Unternehmer, die sagen, den Designer spare ich mir, das können wir selbst. Da müssen die Manager umdenken und wieder nachhaltige Konzepte verfolgen, die selbstverständlich auch unter den Gesichtspunkten der Kostenoptimierung zu sehen sind und zu verwirklichen sind.“ Vielen Dank für das Gespräch. 7.4.5 ROSCHIWAL und Partner Ingenieur GmbH361 Neben den im Vorherigen genannten Industrieunternehmen spielen auch Dienstleister im Entwicklungs-, Konstruktionsbereich als potentielle Schnittstelle zwischen Design und Konstruktion eine Rolle. Die Industrieunternehmen geben Konstruktionsleistungen nach außen, teils als 'verlängerte Werkbank', teils als Gesamtleistung. In einem sehr ausführlichen Interview konnte ich mich mit mit Helmut Roschiwal, Beirat und Mehrheitsgesellschafter der ROSCHIWAL+Partner Ingenieur GmbH Augsburg am 11.04.2006 unterhalten362. In diesem Gespräch ging es um das Dienstleistungsangebot von Roschiwal + Partner, die gebündelten Erfahrungen über die große Anzahl von Kunden im Investitionsgüterbereich, um das Stichwort 'Basar-Ökonomie' und die Schnittstelle zum Industriedesign. 361 ROSCHIWAL und Partner Ingenieur GmbH Unterer Talweg 125 86179 Augsburg Tel. 0821-8007-0 Fax 0821-8007-190 www.ingenieurbuero-roschiwal.de/ 362 ROSCHIWAL, HELMUT, 'Basar-Ökonomie und die Schnittstelle zum Design im Investitionsgüterbereich', Interview, Augsburg, 11.04.2006. 168 Interview mit Helmut Roschiwal: Würden Sie mir Ihr Unternehmen und Ihre Leistungen beschreiben? Helmut Roschiwal [HR]: „Wir sind eine Ingenieurfirma mit dem Hauptsitz in Augsburg, Schwesterfirma in Berlin und Tochterfirma in Temesvar in Rumänien. Ich habe die Firma vor 22 Jahren gegründet. Wir beschäftigen heute rund 100 Ingenieure, etwa 60 in Augsburg, 25 in Berlin und 16 in Temesvar. Temesvar ist unsere jüngste Tochterfirma, die uns sehr viel Freude macht. Unsere Aktivität ist Produktentwicklung im Kundenauftrag. Wir unterscheiden uns vom Wettbewerb, weil wir darauf eingerichtet sind, den gesamten Entwicklungsprozess anzubieten. Von ersten Konzepten über Ausführung sämtlicher Fertigungsunterlagen in 2D/3D, FEMBerechnungen, natürlich auch Kostenuntersuchungen, das heißt, Kostenreduzierungen, Kostenkontrolle der Fertigungskosten, bis hin zur Lieferung einer Prototype, was aber die Ausnahme ist. Wir beschäftigen überwiegend Entwicklungsingenieure. Die Werkzeugmaschine ist unser Kernbereich und war auch unser Ursprung. Heute haben wir im Prinzip zwei Fachbereiche: zum Einen Produktionsmaschinen und zum Anderen Produktentwicklung, das geht hin bis zur Automobilindustrie, mechatronischen Systemen und industriellen Gütern im Allgemeinen. Aber immer mit unserer Erfahrung aus dem Kernbereich der Werkzeugmaschine, welches wir in andere Fachbereiche einbringen.“ Wie sieht Ihr Kundenspektrum aus? [HR]: „Es widerspiegelt die Industrielandschaft von Deutschland. Die Verteilung ist zu 80% Mittelstand und zu 20% Großunternehmen im Investitionsgüterbereich.“ Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsprozess aus? [HR]: „Unsere Kernkompetenz ist die Entwicklung und Konstruktion. Die durchzuführenden Arbeiten sind in der Regel in 2 Phasen aufgegliedert, Entwicklungsphase zum Einen und Ausarbeitungsphase zum Anderen. Das macht die Arbeit für den Kunden nachvollziehbar. Dazwischen finden regelmäßig Arbeitstreffen statt, um eine enge Abstimmung zu gewährleisten. Daneben gibt es eine Reihe von Ingenieurleistungen, die von uns als Beratungspaket oder projektbegleitend angeboten werden, z.B. FEM-Berechnungen, Durchführung von FMEA, Kostensenkungsprogramm zur Reduzierung der Herstellkosten usw.“ Mit welchen CAD-Systemen arbeiten Sie? [HR]: „Wir haben inzwischen 10 verschiedene CAD-Systeme, weil wir absolut kompatibel sein müssen.“ Was sind die vom Kunden nachgefragtesten CAD-Systeme? [HR]: „AUTOCAD hat bei uns jeder Mitarbeiter. Daneben haben 70 bis 80% der Mitarbeiter ein zweites und manchmal auch ein drittes CAD-System. Bei 100 Mitarbeitern bedeutet das etwa 190 CAD-Arbeitsplätze. Mittlerweile überholen die 3D-Systeme die 2D-Systeme. Pro/Engineer war vor einigen Jahren sehr stark und wurde mittlerweile von Unigraphics im Bereich Werkzeugmaschinen überholt. CATIA spielt eine kleinere Rolle, daneben sind aber natürlich auch die preiswerteren Systeme wie Solid Works oder Solid-Edge im Einsatz.“ Sie bieten ganzheitliche Entwicklungsleistungen an. Wird das Gesamtpaket oft nachgefragt oder sind das eher die Teilbereiche? [HR]: „Zu 70% werden ganzheitliche Entwicklungen nachgefragt. Das heißt wir arbeiten gegen Festpreis, der Kunde frägt bei uns in der Regel mit einem Pflichtenheft für eine Maschine an und bekommt gegen Festpreis die Entwicklung einer gesamten Maschine.“ 169 Wie funktioniert die Integration Ihrer Mitarbeiter und Projekte in die Unternehmensstrukturen der Kunden? [HR]: „In der Auftragsbearbeitung sind wir nicht vor Ort und 'verleihen' auch keine Mitarbeiter. Am Anfang eines Projektes kann es mehrtägige Einführungsarbeitstreffen geben, um die werksüblichen Verhältnisse, CAD-Struktur, Produktdatenmanagement usw. kennenzulernen.“ Was machen denn die Ingenieure der Entwicklungsabteilung Ihres Kunden, wenn Sie Entwicklungsaufträge in der Gänze abwickeln? [HR]: „Das Motiv unserer Kunden für die Vergabe von Entwicklungs- und Konstruktionsaufträgen ist vielschichtig. 1. Insbesondere der Mittelstand leidet unter dem Mangel von guten Konstrukteuren, was sich nebenbei bemerkt laut einer VDI-Untersuchung in den nächsten Jahren noch verschlimmern wird. 2. Die Auftragseingänge bewegen sich wie auch die gesamte Wirtschaft in einer Sinuskurve, d.h. aufgrund der Kostensituation kann sich keine Firma mehr leisten die Entwicklungsabteilungen so groß zu halten, dass auch Spitzen abgedeckt werden. Diese werden dann verlagert. 3. Es gibt kleinere Firmen, die keine eigene Entwicklungsabteilung haben, sondern nur Mitarbeiter für die Pflege ihrer bestehenden Konstruktionen. Solche Firmen kommen nur alle paar Jahre zu uns, aber sehr zuverlässig bei jeder Entwicklung eines neuen Produktes. 4. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Kunden in ihrer Produktbreite diversifizieren und bei uns nach Lösungen und Erfahrungen suchen, die sie im eigenen Betrieb nicht besitzen.“ Woran liegt es, dass Unternehmen massiv angefangen haben, Entwicklung und Konstruktion, ihr Herzstück, nach Außen zu verlagern? [HR]: „Ein zusätzliches Motiv für die Vergabe von Entwicklungsaufträgen an die Fa. Roschiwal + Partner ist unsere Philosophie: Die Wissenstiefe der Kunden ist die Voraussetzung und wir bringen eine große Wissensbreite mit. Und wenn es gelingt beides zu koppeln, dann gelingt es auch innovative, kostensenkende Lösungen zu entwickeln. Das ist zum großen Teil das Motiv unserer Kunden, Aufträge an uns zu vergeben. Schrumpfen die Entwicklungsabteilungen im Zuge von Outsourcing? [HR]: „Sie sind in den letzten Jahren zumindest nicht gewachsen. Mittelständische Firmen haben mehrere Probleme: In Ballungsräumen ist es sehr schwer gute Konstrukteure zu bekommen. Es gibt auch eine Reihe von Firmen, die Überalterungsprobleme haben. Das heißt, die Wissensträger sterben aus oder sind nicht in der Lage mit den neuen Medien wie CAD umzugehen, und die jungen Leute können mit den neuen Medien umgehen aber tun sich oft schwer kreative Ideen in die technische Zeichnung umzusetzen. In den vergangenen Jahren sind natürlich auch aus Kostengründen Abteilungen reduziert worden.“ Spüren Sie Konkurrenz durch den internationalen Wettbewerb anderer Konstruktionsbüros? [HR]: „Nein, aber vielleicht sind wir eine Ausnahme. Eine Werkzeugmaschine ist ein sehr komplexes Gebilde, sie ist die Mutter aller Maschinen und externe Firmen, die in der Lage sind, so etwas zu konstruieren, gibt es nur eine handvoll in Deutschland. Das ist unser Vorteil.“ Aber unter dem Stichwort 'Verlängerte Werkbank' gibt es international viele Konstruktionsbüros, zum Beispiel in Tschechien, die Konstruktionsleistungen anbieten. [HR]: „Das ist richtig, nur sind wir eben anders gestrickt. Wir arbeiten nicht in erster Linie als verlängerte Werkbank. 170 Grundsätzlich denke ich, dass die Qualität unserer Arbeit auch mit der hohen Qualität der Produkte unserer Kunden zu tun hat. Im Investitionsgüterbereich sind deutsche Firmen Exportweltmeister und offensichtlich gut genug, um der Konkurrenz standzuhalten.“ Dann müssten wir unser Spezialwissen hüten, und es gibt doch viele Beispiele, wo wir dies preisgeben. [HR]: „Das kann ich von unseren Kunden nicht sagen. Sie haben einen Innovationsvorsprung und bauen den weiter aus. Wir haben nach wie vor einen sehr hohen technischen Standard. Es ist klar, dass Produktion abwandern wird, aber die Dienstleister werden zunehmen. Wenn man sich das Riesenvolk der Chinesen und Inder ansieht, 1 Milliarde Menschen, wir haben gerade mal 80 Millionen, dann wird es als Dienstleister im gehobenen Bereich auch in 30 Jahren noch möglich sein, nach China Dinge zu liefern. Es wird eine Nivellierung geben, aber wir werden weiterhin unser Auskommen haben. Aber wir müssen sicherlich etwas in der Ausbildung tun, um vorne dran zu bleiben.“ Inwieweit verlagern Ihre Kunden Produktion ins Ausland und weiten sich auf der Vertriebsseite global aus? [HR]: „Es werden aus Kostengründen Teilbereiche von Firmen verlagert. Wir haben zum Beispiel einen guten Überblick über die Lage in Rumänien, da wir selbst dort ansässig sind. Wir wissen in welchem Umbruch dieses Land seit einigen Jahren ist, Rumänien explodiert zur Zeit. Und es gibt eine ganze Reihe von großen Firmen, die in Rumänien aus reinen Kostengründen investieren. Ein Kunde von uns ist gerade dabei ein Werk mit 200 Millionen Invest dort aufzubauen und kauft zu 30% Leistungen direkt bei unserer Tochter in Rumänien ein. Siemens macht Entwicklungen im Bereich Elektronik in Rumänien, auch in Temesvar, eine ehemalige deutsche Konklave mit teilweise deutschsprechender Bevölkerung. Eine andere Tatsache ist die Verlagerung im Investitionsgüterbereich um international Fuß zu fassen. Ich kenne eine Holzbearbeitungsmaschinenfirma, die sich in China etabliert hat, wobei sie die Maschinen aus den einfacheren Bereichen in China produzieren. Die High-TechMaschinen werden nach wie vor nur in Deutschland hergestellt. Sie leben allerdings auch mit dem Nachteil, dass sie kopiert werden.“ Kann man die Tendenz erkennen, das Unternehmen wieder mehr nach Europa, in den Osten gehen? [HR]: „Natürlich, der Schritt nach China ist ja riesig. Da ist sicherlich die Sprachbarriere und kulturelle Unterschiede. Ein Mittelständler überlegt es sich lange, den Sprung zu wagen.“ Es hat sich der Begriff der „Basar-Ökonomie“ etabliert, um unter anderem den Verlust von Fertigungstiefe in Deutschland zu beschreiben. [HR]: „Der überwiegende Teil der Firmen hat an Fertigungstiefe verloren. Das fängt beim Automobilbau an und hört bei den Investitionsgütern auf. Es gibt auch Werkzeugmaschinenfirmen in Deutschland die nur noch montieren. Das ist aber eher Extrembeispiel und die Ausnahme. Das andere Extrem ist eine sehr hohe Fertigungstiefe mit dem Vorteil der Unabhängigkeit von Zulieferbetrieben, sie haben eine zuverlässige Liefertreue und keine Qualitätsprobleme.“ Auf Ihrer Homepage geben Sie in Ihrem Leistungskatalog Industriedesign mit an. Inwieweit ist Design in Ihren Konstruktionsleistungen verankert? [HR]: „Es ist eine Offerte im Sinne von Akquise. Diese Leistung wollen wir aber selbst nicht erbringen. Wir können manchmal nicht vermeiden 'mitzudesignen', obwohl das eigentlich nicht unsere Kompetenz ist. Nur wird in der Tat an diesen Ecken oft gespart, das ist ein Problem. 171 Da passiert Folgendes: Wir entwickeln eine neue Maschine und geben unserem Kunden die Empfehlung, von Anfang an einen Industriedesigner miteinzubeziehen. Aber die 30.000 Euro will er sich sparen. Und das wird dann manchmal an uns weiterdelegiert, da der Kunde aufgrund unserer Erfahrung im Maschinenbereich davon ausgeht, dass wir das können. Ich bin sehr dafür, dass man Industriedesigner in ein Projekt holen sollte, vor allem wenn man die Kostenrelationen sieht. Wenn man eine Werkzeugmaschine entwickelt, dann kostet die Entwicklung von 500.000 bis 1,2 Millionen EURO, das Design kostet 3-5 %. Und trotzdem hängt der Verkaufserfolg oft vom äußeren Erscheinungsbild ab. Durch gutes Design muss die Qualität der Maschine nach Außen transportiert werden. Die hohe Qualität der Maschine wird also durch das Industriedesign visualisiert.“ Wie läuft bei Ihnen der Arbeitsprozess ab, wenn ein Kunde mit den Entwürfen seines Designers kommt? Übernehmen Sie diese direkt? [HR]: „Wir sind direkt in Kontakt mit den Designern. Wenn es ideal verläuft, dann ist der Designer von Anfang an mit dabei, um mit der Entwicklung mitzuwachsen. In der Regel ist das Ergebnis nicht so gut, wenn erst nach Durchführung der gesamten Konstruktion der Designer gerufen wird, um das Gehäuse zu modellieren. Es ist meist ein mäßiges Designergebnis, wenn die Kunden meinen, zuerst die Maschine konstruieren zu lassen und dann den Designer zu holen. Dem Idealzustand nähert man sich, wenn das äußere Erscheinungsbild der Maschine so gestaltet wird, dass es durch die einzelnen Baugruppen schon seine Form erhält. Den gibt es manchmal, aber es ist leider nicht die Regel.“ Wann kommen denn Ihrer Erfahrung nach die Designer ins Boot und wie würden Sie insgesamt Ihre Erfahrung mit Industriedesignern beschreiben? [HR]: „In den meisten Fällen kommt er gegen Halbzeit, bis Ende der Entwicklung mit hinzu. Und da entsteht häufig das Problem, dass man an einigen Ecken wieder neu anfangen muss, zu konstruieren, weil der Designer seine Ideen verwirklichen will, was meist berechtigt ist.“ „Unsere Erfahrungen sind eindeutig positiv. Nur wenn der Designer zu spät eingeschaltet wird, gibt es Reibungsprobleme mit den Ingenieuren. In unserem Haus sind die Ingenieure gegenüber Designern positiv eingestellt. Eigentlich bilden Designer und Ingenieure ein Team, das viel bewegen kann.“ Vielen Dank für das Gespräch. 172 8 Inhaltliche Aus- und Bewertung der Interviews in den Unternehmen Die geführten Gespräche haben einen grundsätzlichen Einblick in die Unternehmensstrukturen und in interne Arbeitsprozesse erlaubt. Bei allen Gesprächspartnern war großes Interesse da, sich mit der Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung auseinander zu setzen. Alle aufgeführten Unternehmen arbeiten über eine längere Zeit mit den jeweiligen externen Designbüros zusammen, was die Aussage in sich birgt, dass der Erfolg mit Design auf einer vertrauensvollen und eingespielten Geschäftsbeziehung resultiert und sich dies auch in der Zusammenarbeit zwischen Designern und Konstrukteuren/Ingenieuren wieder spiegelt. So haben sich auch die Ingenieure in den Unternehmen, die direkt mit den Designern zusammenarbeiten, weitgehend positiv über diese Arbeitsbeziehungen geäußert. Auffallend häufig äußerten gerade die Gesprächspartner größerer Unternehmenseinheiten die Bedenken, dass zukünftig neben der Produktion auch immer mehr Bereiche der Entwicklung ausgelagert würden. Eine Tatsache, mit der sich das Unternehmen BEURER zum Beispiel längst arrangiert hat. Hier spielen die Ingenieure eher den Part des 'Organisierers rund um die Produktumsetzung' und bewältigen logistische Aufgaben im Zusammenspiel mit den ausländischen Zulieferen. Auch im Bereich der Konstruktion, die als fertigungsnah gilt und deshalb auch in vielen Fällen beim Produzenten sitzt. In der Auswertung habe ich zunächst die Unternehmsstrategien der angesprochenen Firmen im globalen Umfeld untersucht und bin dann auf die Schnittstelle Design und Konstruktion/ Entwicklung und die sich aus diesen Zusammenhängen ergebenden Anforderungen an die Industriedesigner näher eingegangen. 173 8.1 Einordnung der Unternehmensstrategien in globale Wertschöpfungsstrukturen Neben den Interviews und Gesprächen mit den Entwicklungsleitern der aufgeführten Unternehmen wurden in den Entwicklungsabteilungen Fragebögen363 an ausgewählte Ingenieure ausgeteilt.364 Die Auswertung der beantworteten Fragebögen365 fließt in dieses Kapitel neben den Aussagen aus den Interviews mit ein. 8.1.1 Unternehmsentwicklung in Deutschland am Beispiel der aufgeführten Unternehmen Die aufgeführten Unternehmen zählen zum deutschen Mittelstand und repräsentieren unterschiedliche Unternehmenstypen: Branche Familienunternehmen, inhabergeführt Aktiengesellschaft, ehemaliges Tochterunternehmen Familienunternehmen Konsumgüter BEURER GmbH & Co. KG GARDENA AG BRITAX RÖMER Kindersicherheit GmbH Investitionsgüter UHLMANN Pac-Systeme GmbH & Co. KG KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG ROBERT BOSCH GmbH, Betrieb Murrhardt WANZL Metallwarenfabrik GmbH Dienstleistung ROSCHIWAL+PARTNER Ingenieur GmbH Augsburg Abb.44: Unternehmenstypen In dieser Aufstellung teilen sich die Unternehmen in inhabergeführte Familienunternehmen und in Aktiengesellschaften und Tochterunternehmen. GARDENA, KÄSSBOHRER und BRITAX RÖMER repräsentieren insbesondere mittelständische Unternehmen, die von Investoren aufgekauft wurden. Besonders anfällig für die Einkaufsaktivitäten der Großkonzerne ist der Konsumgüterbereich. Eine große Anzahl mittelständischer Unternehmen wird und wurde hier veräußert, an internationale Konzerne oder Investitionsgesellschaften. Beispielhaft für diese Entwicklung ist das designorientierte Unternehmen BRAUN in Kronbach. Der Hersteller von elektrischen Haushaltsgeräten wurde schon 1967 von dem USUnternehmen GILETTE übernommen, das nun seit 2005 dem US-Konzern PROCTER & GAMBLE [P&G] gehört. Die Marke BRAUN steht traditionell für deutsches Design, ist jedoch in den Mega-Konzern P&G eingegliedert worden. P&G ist auf Einkaufskurs, das zeigt auch die Übernahme von WELLA in Darmstadt: „In den kommenden Wochen werden die Vertriebsmitarbeiter von Gillette und seinen Tochtergesellschaften Braun (Elektrorasierer, Haushaltsgeräte), Duracell (Batterien) und Oral-B (Zahnpflege) an den Sitz der P & G-Zentrale in Schwalbach am Taunus umziehen. Dabei sollen innerhalb von eineinhalb Jahren weitestgehend ohne betriebsbedingte Kündigungen 200 von 3600 Stellen an den Standorten Kronberg und Schwalbach wegfallen. Insgesamt kommt P & G nach der Übernahme des Darmstädter Kosmetikkonzerns Wella und nun Gillette auf 17000 Mitarbeiter in Deutschland, die zweithöchste Zahl weltweit nach dem Heimatmarkt USA.“366 363 Fragebogenformular im Anhang Ausgewählt wurden Ingenieure, die Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Industrie-/Produktdesignern haben 365 Es wurden insgesamt 20 Fragebögen beantwortet. 366 HANDELSBLATT, Nach Übernahme: Gillette zieht positive Zwischenbilanz, 17.04.2006, online im Internet: 364 174 Nicht nur für die Konsumenten sind diese Verflechtungen schwer zu durchschauen. Hinter vermeintlich deutschen Markennahmen und Unternehmen verstecken sich in vielen Fällen die großen internationalen Konzerne. Dr. Alfred Mechtersheimer schreibt im Einführungskapitel im 'Handbuch Deutsche Wirtschaft 2005/2006. Internationale Konzerne kaufen Deutschlands Unternehmen auf.': „Fast täglich kaufen ausländische Konzerne und Finanzgruppen deutsche Unternehmen auf. Das ist keine neue Entwicklung, aber sie hat sich in den letzten Jahren dramatisch beschleunigt. Dieser Besitzerwechsel vollzieht sich zumeist ohne öffentliches Aufsehen, weil sich die neuen Herren hinter den Traditionsnamen und vertrauten Marken verstecken.[...]“ 367 Deutsche Unternehmen ziehen nicht nur US-Investoren an, sondern auch Länder wie China suchen „[...]nach lohnendem Einstieg, und sei es nur, um Firmen auszuschlachten und Vertriebswege für ihre Produkte zu erschließen.“368 Die Chinesen entwickeln sich von Billigzulieferern zu Produzenten und Vertreibern von Gütern für den Export. Sie drängen expansiv in die europäischen Märkte. „Da werden weltweite Übernahmen zur patriotischen Tat und Deutschland ist als Land der Firmenpleiten ein besonders lohnendes Terrain.“369 Die Auswirkungen, schreibt Dr. Mechtersheimer, ist eine Beeinflussung unternehmerischen Verhaltens das nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung, im Sinne der Aktienmärkte operiert: „Die forcierte Vernichtung von Arbeitsplätzen ist eine Folge dieses Wechsels vom Unternehmer- zum Investor-Kapitalismus. Die wachsende Zahl der Firmenübernahmen vergrößert den Globalisierungsdruck, dem 2004 in Deutschland mindestens eine halbe Million Vollzeitstellen zum Opfer gefallen sind.“370 Als Ursachen für die Übernahmewelle sieht Dr. Mechtersheimer einerseits in der angeschlagenen deutschen Wirtschaft, andererseits in der Potenz internationaler Konzerne, „beinahe jeden Preis zu zahlen. [...] Bei diesem Akquisitionswachstum ist Deutschland der große Verlierer. Seine Konzerne sind in diesem Haifischbecken zu klein und alle anderen wachsen.“371 Wenn ehemals selbstständige Unternehmen aufgekauft werden, fallen in den meisten Fällen Arbeitsplätze weg, wie Mechtersheimer konstatiert. Ein aktuelles Beispiel ist die Schließung des AEG-Werkes in Nürnberg, da die schwedische Eigentümerin ELECTROLUX die Produktion in Niedriglohnländer verlagert. Ein weiteres Beispiel für die Übernahmepraxis von Großkonzernen ist die Firma EWTElektrowärmetechnik in Nürnberg. Der Hersteller von Wärmekleingeräten wurde von der irländischen GLEN-DIMPLEX-Gruppe gekauft. Die 2001 geschaffene GLEN DIMPLEX DEUTSCHLAND GmbH verleibte sich die Elektrogerätemarken EIO, AQUA VAC, EWT, ISMET und AKO ein. EWT, ein einst designorientiertes Unternehmen, verbleibt als Handelsmarke, wurde vom neuen Eigentümer in seiner Struktur als Hersteller jedoch demontiert. Design, Entwicklung und Produktion wurden nach Großbritannien verlagert, verblieben in Deutschland ist lediglich Marketing und Vertrieb. URL: http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1225647, [Stand 27.04.2006]. MECHTERSHEIMER, ALFRED, DR., Handbuch Deutsche Wirtschaft 2005/2006. Internationale Konzerne kaufen Deutschlands Unternehmen auf, (i.f.z.: DR. MECHTERSHEIMER, ALFRED, Handbuch Deutsche Wirtschaft 2005/2006), Starnberg, Februar 2005, 5-7. 368 Ebenda. 369 Ebenda. 370 Ebenda. 371 Ebenda. 367 175 So verschwinden potentielle deutsche Auftraggeber für Industriedesign von der Bildfläche, große Unternehmenseinheiten konzentrieren sich mit eigenen Designabteilungen, die international angesiedelt sind. Diejenigen Marken, die von Finanzinvestoren gekauft werden und als vollständige Unternehmenseinheit erhalten bleiben, leben mit der ständigen Unsicherheit eines Weiterverkaufs und werden strikten Kostenkontrollen unterworfen. Entscheidungen unterliegen in vielen Fällen dem Controlling. So beschreibt Peter Lameli von GARDENA die Strategie: „Seit der Übernahme durch Industri Kapital steht Ergebnismaximierung stärker im Fokus, als Expansion. Alle Unternehmensprozesse wurden an die neue Situation angepasst. Gleichzeitig drängen immer mehr Billiganbieter in die Hauptmärkte von GARDENA. Nur durch schlanke Prozesse wird man sich auch künftig auf dem Weltmarkt behaupten können. Dies kann aber nur kurz oder mittelfristig die Zielsetzung sein. Als Entwickler muss ich eher langfristiger und nachhaltiger denken, das kommt bei eingeschränktem Budget manchmal zu kurz.“ Aktuell steht GARDENA übrigens wieder vor dem Verkauf: „Frankfurt (rpo). Der Gartengerätespezialist Gardena AG in Ulm steht wieder zum Verkauf. Interesse zeigt dabei insbesondere der Stuttgarter Bosch-Konzern. Dies berichtet die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'. Bosch sucht nach früheren Angaben verstärkt nach Geschäftsmöglichkeiten außerhalb seines angestammten Bereichs Automobilzulieferung. Als weiterer möglicher Käufer von Gardena gilt der Electrolux-Konzern, der aber vielleicht nur an der Marke interessiert ist. Gardena mit einem Jahresumsatz von zuletzt 393 Millionen Euro befindet sich seit März 2002 im Besitz der schwedischen Investorengruppe Industri Kapital.“372 In den Gesprächen erwähnten zwei Entwicklungsleiter, die in diesem Zusammenhang nicht namentlich zitiert werden wollten, ihre Bedenken hinsichtlich des Entwicklungsstandortes ihrer Unternehmen. Beide gingen davon aus, dass in ihren Unternehmensbereichen Verlagerungen zugunsten von Entwicklungsabteilungen im Ausland stattfinden werden. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Unternehmensentwicklung im Konsumgüterbereich eindeutig von kleineren und mittelständischen Herstellern wegführt, große global agierende Konzerne übernehmen die kleineren Einheiten. Für die Industrie-/Produktdesigner, die selbstständig arbeiten fallen so zunehmend potentielle Auftraggeber in einem traditionell designlastigen Bereich weg. Im Investitionsgüterbereich scheint die Lage stabiler, da hier das ausschlaggebende ExpertenKnow-How in den Unternehmen sitzt. Kernentwicklungen werden kaum nach Außen vergeben, und viele mittelständische Unternehmen besetzten Nischen, die den großen Konzernen zu sehr in den Randbereichen liegen. Die KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG ist ein positives Beispiel im Investitionsgüterbereich für den erfolgreich ausgebauten Geschäftsbereich 'Pisten Bully' und 'Beach Tech' eines ehemaligen Familienunternehmens, das zerschlagen und aufgeteilt wurde. Christian Bauer, Entwicklungsleiter: „Wir kommen ja eigentlich aus der Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH, die 1993/94 auseinander fiel. Der Busbereich ging an Daimler Benz - damals noch – jetzt Daimler Chrysler, und die Geländefahrzeuge wie Pistenbully, Flexmobil und der Strandreinigungsbereich wurden an eine Investmentgesellschaft verkauft, Schrodes und Partner, und wir sind 1998 an die Börse gegangen. Seitdem sind wir eine Aktiengesellschaft.“ 372 RP ONLINE, Bosch liebäugelt mit Gardena. 07.06.2006. Online im Internet: URL: http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/ausland/335200, [Stand 18.07.2006]. 176 Das Unternehmen wurde in seinen Funktionen erhalten und als Marke weiter ausgebaut. Design, Entwicklung und Konstruktion, sowie die Produktion sind vor Ort erhalten geblieben. Das Unternehmen agiert in seiner Nische äußerst erfolgreich und bietet Arbeit auch für externe Designer. Im Allgemeinen ist es für die Designer schwerer, Kunden auf dem Investitionsgütersektor zu akquirieren, denn in diesen sehr komplexen und funktionsgebundenen Bereichen sind viele Hersteller noch davon überzeugt, dass Design nicht notwendig ist. Zudem handelt es sich meist um langlebige Produkte, die in weiten Zeitabständen (5 bis 10 Jahre) erneuert, also auch designed werden. Das heißt, die Anzahl der Projekte für Designer ist bei weitem nicht so ergiebig, wie im Konsumbereich. 8.1.2 Internationale Unternehmensstrategien Im Fokus meiner Untersuchung stehen mittelständische deutsche Unternehmen als potentielle Auftraggeber für Industrie-/Produktdesign. Um die Designpolitik der Unternehmen verstehen zu können, muss man zunächst die Motive und strukturelle Ausrichtung der „kleinen Globalisierer“373 betrachten. DIE ZEIT beschäftigt sich im April 2005 mit dem Thema Mittelstand und Globalisierung und führt drei grundsätzliche Motive für Investitionen im Ausland an: „Sie wollen vor Ort einen eigenen Vertrieb oder Kundendienst aufbauen, sich über die Herstellung im Ausland Märkte erschließen und natürlich billiger produzieren.“374 Diese Motive gelten für alle im vorhergehenden Kapitel aufgeführten Unternehmen. Alle genannten Unternehmen vertreiben ihre Produkte international, repräsentiert durch Niederlassungen, Vertriebseinheiten und Kooperationen im Ausland. Das Ulmer Unternehmen BEURER zum Beispiel beschreibt seine Motivation mit den Stichworten: „Internationale Präsenz mit German Engineering - [...]. Es zählen die Konzepte und Ideen 'Made in Germany' mit hochwertiger Produktion und Vermarktung auf globaler Ebene.“375 Im Gespräch mit Werner Meternek, Vertreter der Entwicklungsabteilung bei BEURER und Markus Wußler, Marketing, bringen beide klar zum Ausdruck, dass die Flexibilität als mittelständisches global aufgestelltes Familienunternehmen nur durch die Verlagerung von Produktion und größtenteils der Entwicklung und Konstruktion auf ausländische Zulieferer erhalten bleiben kann. Zugleich sieht Markus Wußler die Marke BEURER im Zuge mit dem aufkommenden Wohlstand als Prestigemarke in China.376 Somit ist BEURER eines von 40 Prozent deutscher Industrieunternehmen, die 2005 im Ausland investieren [wollen].377 Das Unternehmen ist ein typischer Verteter aus dem Konsumgüterbereich, der Komplettentwicklungen nach Asien verlagert. In diesem Bereich sind technische Neuentwicklungen aus den Entwicklungsabteilungen deutscher mittelständischer Unternehmen eher selten. Elektrokleingeräte, früher ein großes Betätigungsfeld für deutsche Designer und Hersteller, werden zu einem großen Anteil in Asien gefertigt und entwickelt. 373 HEUSER, UWE, JEAN/LAMPARTER, H., DIETMAR, Die kleinen Globalisierer, (i.f.z.:HEUSER, UWE, JEAN/LAMPARTER, H., DIETMAR, Die kleinen Globalisierer), in: DIE ZEIT, 14.04.2005, online im Internet: URL: http://www.zeit.de/2005/16/Kleine_Global__neu, [Stand 10.04.2006]. 374 Ebenda. 375 Beurer, Imagebroschüre, 7. 376 Vgl. METERNEK, WERNER/WUSSLER, MARKUS, 'BEURER als Global Player', Interview. 377 Vgl. HEUSER, UWE, JEAN/LAMPARTER, H., DIETMAR, Die kleinen Globalisierer. 177 Die Technologie ist hierbei niederkomplex und kann so von den Chinesen leicht und schnell nachgebaut und weiterentwickelt werden. Heute bieten chinesische Hersteller vom kompletten Produkt bis zu technischen Baugruppen die ganze Bandbreite an. Deutsche Unternehmen bedienen sich dieses Angebots und verringern so die Fertigungstiefe in Deutschland zugunsten der Wertschöpfung im Ausland. Das Unternehmen BEURER ist hierfür ein Paradebeispiel. Bewusst wird in zunehmendem Maße nicht mehr in die Entwicklung eigener technischer Konzepte investiert. Investitionen fließen vielmehr in Vermarktung und Vertrieb, wie Georg Walkenbach, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb ausdrücklich erwähnt: „[...] mit dem richtigen Produkt schnell am Markt sein – und das international.“378 Das Unternehmen versucht flexibel zu agieren, indem es Investitionen nicht langfristig an eigene Entwicklungsprojekte bindet, sondern den Markt schnell mit vielen Neuprodukten in verschiedenen Segmenten bedient. Die Schnelligkeit in der Produktentwicklung und der Kostendruck des globalen Marktes führt zu immer engeren Spielräumen für Design und Entwicklung. Der Gartengerätehersteller GARDENA hingegen produziert vorwiegend in Deutschland. Peter Lameli, Leiter Forschung und Entwicklung: „Unsere drei Produktionsstandorte sind Heuchlingen, Niederstotzingen und Ulm. Von den 2800 Mitarbeitern sind ca. 2000 in Deutschland.“ Das Unternehmen unterhält in Tschechien „ein Montage- ein Kunststoffspritz- guss- und ein Metallverarbeitungswerk in etwas kleinerem Maße“379 und in China werden manche Produkte zu einem geringen Prozentsatz zugekauft. Die Entwicklung und Konstruktion sitzt allerdings in Ulm und bestimmt zusammen mit dem Marketing und den externen Designern (Deutschland/Italien) über das Produktsortiment. GARDENA behält sein Entwicklungs-Know-how im Unternehmen und Peter Lameli betont: „Komplexe und innovationslastige Produkte werden auch weiterhin in Deutschland hergestellt werden. Weniger komplexe und eher auf dem Markt austauschbare Produkte müssen da gefertigt werden, wo dies kostengünstig möglich ist. Dies kann Asien sein, gegebenenfalls das europäische Ausland oder auch bei entsprechender Automatisierung Deutschland. GARDENA muss kurzfristig auf Kundenwünsche reagieren, damit spielen logistische Aspekte eine große Rolle. Die Produktion im Hauptmarkt Europa hat damit enorme Vorteile.“380 GARDENA ist ein global agierendes Unternehmen, das weltweit seine Vertriebsstrukturen über die international bekannte Marke GARDENA ausweitet. Auch der Kindersitzhersteller BRITAX-RÖMER entwickelt und produziert seine Produkte in enger Zusammenarbeit mit einem Designbüro vor Ort. Die Tochtergesellschaft der Mutter BRITAX INTERNATIONAL hat als Kernkompetenzen am Standort Ulm den Versuch (Crashtests) und das aus der Region kommende Produktdesign vorzuweisen. Unternehmensinterne Abstimmungsprozesse sind laut dem Leiter der Entwicklung Dieter Maier aufgrund der internationalen Unternehmensstrukturen sehr komplex381. 378 Beurer, Imagebroschüre, 9. LAMELI, PETER, 'Unternehmensentwicklung und Designprozess bei GARDENA', Interview. 380 Ebenda. 381 MAIER, DIETER, 'Designprozess bei RÖMER', Gespräch. 379 178 Ähnliche Strukturen weist der Betrieb BOSCH MURRHARDT auf. Eingebunden in die Unternehmenshirarchien der Konzernmutter BOSCH AG, agiert der Betrieb als Entwicklungsund Produktionseinheit für Industriewerkzeuge vor Ort in Deutschland. Das EntwicklungsKnow-How und die Designleistungen werden nicht ins Ausland vergeben, wohl werden die Erzeugnisse international vertrieben. Als Familienunternehmen im Investitionsgüterbereich behält sich auch UHLMANN seine Kernkompetenzen in Entwicklung und Design für seinen Standort Laupheim vor. Allerdings geht das Unternehmen mit den Produktionsstandorten USA (Werkzeuge) und Singapur (Kleinmaschinen für den globalen Markt) zusätzlich zu Laupheim den Weg der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch Mitnahme von Kostenvorteilen und der vertrieblichen Präsenz im Ausland. Grundsätzlich ist der Investitionsgüterbereich nicht so 'outsourcinglastig', wie die Konsumgüterbranche. Hier sind die Faktoren Komplexität der Maschinen in Aufbau und Größe, technisches Spezialwissen und die Logistik ausschlaggebend. Dennoch versuchen die Unternehmen, auch der Mittelstand, auf dem internationalen Markt mitzumischen. „Und je mehr Mittelständler schon den Weg in eine bestimmte polnische oder chinesische Region gegangen sind, desto einfacher wird es für andere Firmen, sich anzuschließen und aus den Erfahrungen der Pioniere zu lernen.“382 So produziert und vertreibt UHLMANN kleinere Verpackungsmaschinen in Singapur, vor allem, um sich von dort aus den asiatischen Markt zu erschließen. Bisher sind wir 'Exportweltmeister' im Investitionsgüterbereich, die VR China ist ein wichtiger Abnehmer deutscher Exportgüter. "Im bilateralen Handel erweisen sich die beiden Länder als komplementär. Maschinen und Fahrzeuge sind das Segment, in dem Deutschland weltweit am wettbewerbsstärksten ist – es stellt 50% der gesamten Ausfuhr. Bei den Lieferungen in die VR China entfallen jedoch überdurchschnittliche 75% der deutschen Exporte auf diese Gruppe. Kurz: China kauft deutsche Maschinen, um die Weltmärkte – vor allem die USA – mit Konsumgütern zu beliefern."383 Inzwischen macht sich allerdings ein negativer Trend bemerkbar, was deutsche Ausfuhren in die VR China betrifft. Der Rückgang im ersten Halbjahr 2005 liegt bei 12,7% zur Vorperiode, die Einfuhren erhöhten sich um 26,3%.384"Insgesamt scheint der chinesische Markt für Investitionsgüter – nach den überaus hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahre – erst einmal gesättigt."385 China drängt darüber hinaus auf den deutschen Markt: „Die Chinesen kaufen sich in deutsche Unternehmen ein. Damit wollen sie nicht nur Zugang zur Technologie bekommen. Sie wollen vor allem die Marke und die Vertriebswege. Darüber können sie dann auch ihre chinesischen Produkte mitverkaufen.“386 382 HEUSER, UWE, JEAN/LAMPARTER, H., DIETMAR, Die kleinen Globalisierer. SCHAAF, BERND, Volksrepublik China wird als Exporteur immer wichtiger, in: Bayerisch-Schwäbische Wirtschaft, Ausgabe November 2005, Augsburg, 10-11. 384 Vgl. Ebenda. 385 Ebenda. 386 HESSE, HANNES, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) in: Die News, Hsg. Dr.Breitsohl Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, Ausgabe Nr.11, November 2005, 6. 383 179 Qualität ist bisher noch ein Begriff, der deutschen Produkten zugeordnet wird. Die KÄSSBOHRER Geländefahrzeug AG geht offensiv mit diesem Thema um: „Produziert wird ausschließlich hier. Wir haben überhaupt keine Ambitionen nach Außen zu gehen. Unsere Produkte leben von der Qualität, und Qualität wird von der Mannschaft gemacht.“387 Das Unternehmen mit Sitz in Laupheim hat mit den Marken 'Pisten Bully' und 'Beach Tech' Nischen besetzt, die sich international mit großem Erfolg vermarkten lassen. Die Pisten,- bzw. Strandreingungsfahrzeuge suchen ihre Abnehmer in der globalen Tourismusbranche und sind so international im Einsatz. Durch Niederlassungen und Serviceleistungen im Ausland ist KÄSSBOHRER ein 'global player', der die Produktentwicklung und die Produktion ausschließlich in Deutschland angesiedelt hat. Christian Bauer, der Leiter der Produktentwicklung im Bereich 'Beach Tech' bezeichnet KÄSSBOHRER als ein „mittelständisches schwäbisches Unternehmen: „Die Mannschaft hier ist sehr stark positioniert und identifiziert sich sehr stark mit den Produkten. Wir haben eine sehr geringe Fluktuation. Das spricht alles für sich. Auch der Erfolg. Es geht immer weiter bergauf, und mit Pistenbully haben wir weltweit über 50% Marktanteil, mit Beach Tech über 30%. In beiden Bereichen sind wir Weltmarktführer.“388 Das Familienunternehmen WANZL aus Leipheim (Produkte rund um die Selbstbedienung in Einkaufsmärkten) mit vier deutschen Stammwerken und weltweit 15 eigenen Niederlassungen in Westeuropa, in Osteuropa, in Korea, in der Volksrepublik China und Produktionsanlagen neben den deutschen Werken in Frankreich, Tschechien und in China ist ein 'kleiner Globalisierer' mit deutscher Entwicklung und deutschem Design, der international Präsenz zeigt. Ganz nach der Devise von Raimund Diederichs, Direktor bei McKinsey: „Erfolgreiche Unternehmen sind auf allen relevanten Märkten präsent, nicht nur mit Vertriebsorganisationen, sondern auch mit Fertigungsstätten.“389 ROSCHIWAL+PARTNER in Augsburg repräsentiert ein Dienstleistungsunternehmen für Ingenieurdienstleistungen, bzw ganzheitliche technische Entwicklungen. Das Unternehmen bietet diese Leistungen inzwischen auch in Rumänien, Temesvar, in einer Tochterniederlassung an. Helmut Roschiwal hat durch seine breite Kundenstruktur im Investitionsgüterbereich eine Überblick über globale Unternehmensstrategien auf diesem Sektor: „Es werden aus Kostengründen Teilbereiche von Firmen verlagert. Wir haben zum Beispiel einen guten Überblick über die Lage in Rumänien, da wir selbst dort ansässig sind. Wir wissen in welchem Umbruch dieses Land seit einigen Jahren ist, Rumänien explodiert zur Zeit. Und es gibt eine ganze Reihe von großen Firmen, die in Rumänien aus reinen Kostengründen investieren. Ein Kunde von uns ist gerade dabei ein Werk mit 200 Millionen Invest dort aufzubauen und kauft zu 30% Leistungen direkt bei unserer Tochter in Rumänien ein. Siemens macht Entwicklungen im Bereich Elektronik in Rumänien, auch in Temesvar, eine ehemalige deutsche Konklave mit teilweise deutschsprechender Bevölkerung. Eine andere Tatsache ist die Verlagerung im Investitionsgüterbereich um international Fuß zu fassen. Ich kenne eine Holzbearbeitungsmaschinenfirma, die sich in China etabliert hat, wobei sie die Maschinen aus den einfacheren Bereichen in China produzieren. Die HighTechMaschinen werden nach wie vor nur in Deutschland hergestellt. Sie leben allerdings auch mit dem Nachteil, dass sie kopiert werden.“ 387 BAUER, CHRISTIAN, 'Unternehmensstrukturen und Design'. Ebenda. 389 DIEDERICHS, RAIMUND, Direktor bei McKinsey, in: Heuser Uwe Jean, Lamparter H.Dietmar: Die kleinen Globalisierer, in: Die Zeit, 14.04.2005. 388 180 8.2 Design und Konstruktion/Entwicklung im Zusammenspiel Die aufgeführten Unternehmen agieren im Bereich Entwicklung/Konstruktion mit unterschiedlichen Strategien. So setzt BEURER in der Produktentwicklung einerseits auf die firmeneigenen Kernkompetenzen im Bereich 'Schmiegsame Wärme'. Das heißt, hier entwickeln die Ingenieure die Produkte weitgehend in Eigenregie, während andererseits im Bereich der fremdgefertigten Ware Projektingenieure eingesetzt werden, die vor allem in organisatorischer Hinsicht und in Kontrollfunktion für die einzelnen Projekte verantwortlich sind. Technische Entwicklung und Produktion übernehmen Zulieferer aus Asien. Dies bedeutet für die Entwicklungsabteilung eine Umverteilung der anfallenden Arbeiten weg von der Konstruktion hin zu Aufgaben, die sich überwiegend auf Tätigkeiten im Projektmanagement beziehen. Zudem müssen die Ingenieure in der Lage sein, externe Konstruktions- und Produktionsprozesse zu bewerten und zu überwachen. Die Projektingenieure arbeiten eng mit Marketing und Vertrieb zusammen, die die Anforderungen des Marktes mit in die Projektplanung einbringen. So werden neue Projekte zunächst von Geschäftsleitung, Marketing und Technik generiert. In vielen Fällen spielen technische Grundlagen, Layouts der überwiegend asiatischen Zulieferer eine große Rolle in der Entscheidungsfindung für ein neues Produkt. Kostenfaktoren und die Fertigungsmöglichkeiten der Hersteller, sowie neue technische Entwicklungen bestimmen grundlegend die Spielräume für das Produktdesign, das erst hinzukommt, wenn dieser Rahmen abgesteckt ist. Komplette Neuentwicklungen, basierend auf Ideen und Konzepten des Designers werden in der Regel nicht nachgefragt. Nach der Briefingphase erstellen die Designer erste Entwürfe, die meist schon im CAD mit eingebauten technischen Komponenten realisiert werden. Die Präsentation mehrerer Entwurfsvarianten vor Geschäftsleitung, Marketing und Technik erfolgt nach einem Zeitraum von 4-6 Wochen und liefert die Grundlage für die Ausarbeitung eines Entwurfes. In dieser Phase der Umsetzung ist der jeweilige Projektingenieur für den möglichst reibungslosen Ablauf des Projektes zuständig und so Hauptansprechpartner für Design und Konstruktion/Produktion. Ein direkter Informationsaustausch zwischen dem Designer und dem externen Konstrukteur findet nicht statt. Die Informationsübermittlung wird von den Projektingenieuren gesteuert, die die Designentwürfe in Form von CAD-Datensätzen an den externen Konstrukteur weiterleiten. An diesem Punkt kann es zu Missverständnissen und Fehlern kommen, da die Informationen aufgrund von Sprachbarrieren und komplexen hirarchischen Strukturen auf Seiten des Zulieferers oft nur noch fragmentarisch beim eigentlichen Konstrukteur ankommen. Selbst die vom Designer aufwendig erstellten und genauen CAD-Daten können die direkte Problemdiskussion nicht ersetzen. Designer und Konstrukteur gehören also nicht mehr einem Entwicklungsteam an, das sich bei Bedarf unkompliziert austauschen kann. 181 Abb.45: Probleme an der Schnittstelle: Design / externe Konstruktion Diese Entwicklung ist eine Folge zunehmender Auslagerung von Produktionsleistungen und angehängter Bereichen wie die Konstruktion. In einer 'Basar-Ökonomie' wird Leistung dort zugekauft, wo sie günstig angeboten wird. Dieser Trend erstreckt sich auch auf die Produktgestaltung, sofern deutsche Unternehmen Produkte komplett zukaufen. BEURER bekennt sich trotz der Mischstrategie zwischen Komplettzukauf und Produktdifferenzierungen in den niederen Preissegmenten, im gehobenen Bereich der Marke BEURER jedoch klar zur eigenen Designlinie mit deutschem Design. GARDENA, ein Unternehmen, das auf die eigene Designtradition Wert legt, entwickelt intern und produziert zum großen Teil in Deutschland. Dies bedeutet für die Designer und Konstrukteure noch den unmittelbaren Kontakt zueinander. Auch bei GARDENA werden die Entwürfe in Form von CAD-Datensätzen an die Konstrukteure übermittelt, die diese weiter bearbeiten. Im Vorfeld legen die vom Marketing geführten 'Business Units' zusammen mit der Technik die Vorgaben für neue Produkte fest, die dann in einem genauen Briefing zusammengefasst werden. Die Designer kommen auch hier meist erst dazu, wenn die technischen und marktspezifischen Rahmenbedingungen abgesteckt sind. In der Umsetzungsphase haben die Designer in der Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren noch die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen und im 'Ping-Pong'-Verfahren Konstruktionen, die für das Design relevant sind, abzustimmen. Die Designentwürfe können hier direkt verfeinert und überprüft werden. Designer und Konstrukteure arbeiten in dieser Phase als Team zusammen und müssen dementsprechend zu Ergebnissen kommen: „Insgesamt ist die Zusammenarbeit zwischen Konstrukteuren und Designern gut. Da wo eine Designlinie durchgesetzt werden muss, muss der Konstrukteur sich unterordnen und im Zweifel auch die schwierigere Lösung realisieren. Und bei manchen Projekten muss sich der Designer den technischen Rahmenbedingungen unterordnen.“390 Da nach wie vor jedes GARDENA-Produkt durch die Hände der GARDENA-Designer geht, präsentiert sich die Marke mit einem durchgängigen Produktsortiment und Erscheinungsbild und ist bei über 90% der deutschen Gartenbesitzer bekannt. 390 LAMELI, PETER, 'Unternehmensentwicklung und Designprozess bei GARDENA', Interview. 182 Der Maschinenbauer UHLMANN setzt im Investitionsgüterbereich auf auf die erfolgreiche Zusammenarbeit mit einem Designbüro. Die Komplexität der Projekte in diesem Bereich erfordert eine enge Zusammenarbeit mit dem Design schon in der Entstehungsphase von neuen Maschinenkonzepten. So ist das Design sehr früh in die Entwicklung mit eingebunden. Design und Konstruktion entwickeln in parallelen Arbeitsschritten: „[...]wir konstruieren in der Regel von Innen nach Außen. Ab einer bestimmten Phase, Herr Starczewski [Design] möchte das am liebsten möglichst früh haben, schalten wir ihn mit ein, so dass er schon einen Input geben kann und von der Gestaltung her weiß, in welche Richtung das gehen kann.“391 Die Designer arbeiten „konstruktive Prinzipien mit Funktionsweise“ aus, die dann gemeinsam mit den Konstrukteuren umgesetzt werden. Allerdings übernehmen die Konstrukteure die Umsetzung der Designkonzepte auf verschiedene Maschinenvarianten selbst. Auch die befragten Unternehmen BRITAX RÖMER, KÄSSBOHRER und BOSCH MURRHARDT entwickeln ihre Produkte noch selbst und geben den Designern und Konstrukteuren die Möglichkeit einer direkten Zusammenarbeit. Grundsätzlich kann man an der Schnittstelle Design und Konstruktion zwischen einer direkten und einer indirekten Zusammenarbeit zwischen Designern und Konstrukteuren unterscheiden. Abb.46: Direkte / indirekte Zusammenarbeit: Design / Konstruktion Die direkte Zusammenarbeit zwischen Designern und Ingenieuren/Konstrukteuren ist dann üblich, wenn Design und Konstruktion als Team in die Unternehmensprozesse integriert sind. Dies ist in den meisten Fällen bei Großunternehmen mit eigener Designabteilung, bei traditionell designbewussten mittelständischen Firmen und im Investitionsgüterbereich wegen der technischen Komplexität der Projekte der Fall. Das Unternehmen BEURER steht jedoch exemplarisch für den Trend der Zukaufprodukte, die im Konsumbereich beinahe alle Warensortimente ergänzen und der Inanspruchnahme von Design als ergänzende Dienstleistung. Zunehmend wollen sich gerade kleinere Mittelständler ihre finanzielle Flexibilität durch Zukauf von Leistungen bewahren. Diese Vorgehensweise impliziert die Abwanderung von konstruktiven Prozessen zur Herstellerseite in Asien. 391 GERTITSCHKE, DETLEV/STARCZEWSKI, THOMAS, 'Designprozess bei UHLMANN', Interview. 183 Dort gibt es inzwischen gut ausgebildete Ingenieure, die diese Leistungen übernehmen. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig einen erhöhten Organisations- und Kommunikationsaufwand in der Produktentwicklung. Sprachliche, kulturelle und hierarchische Strukturen können nicht zu unterschätzende kommunikative Probleme hervorrufen, die sich auf die Schnittstelle Design und Konstruktion auswirken. Dadurch, dass der Informationsaustausch während der Realisationsphase des Designentwurfes in die technische Konstruktion nur noch indirekt über verschiedene Mittelsmänner stattfindet, sind dem Designer und letztlich auch dem Auftraggeber direkte Eingriffsmöglichkeiten genommen. In der Konsequenz kann dies erhebliche Zeitverzögerungen in der Produktentwicklung an der Schnittstelle Design und Konstruktion bedeuten, qualitative Mängel in der Umsetzung der Entwürfe, Einschränkung der Handlungsspielräume aufgrund der Anhäufung von Kosten durch die Verzögerungen und das Ausbleiben von innovativen Prozessen im direkten Zusammenspiel von Design und Konstruktion. Insgesamt beurteilen die befragten Entwicklungsleiter der ausgewählten Unternehmen die Zusammenarbeit zwischen Design und Konstruktion als gut. Dies hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass alle befragten Firmen auf eine längerfristige Zusammenarbeit mit den externen Designbüros zurückblicken können und sich so viele Arbeitsprozesse eingespielt haben. Sicherlich ein Kriterium für Erfolg mit Design. Auffällig ist bei fast allen firmenspezifischen Entwicklungsprozessen, dass das Produktdesign erst dann hinzugezogen wird, wenn die Projekte von der Technik und der Marketingseite definiert sind. Dies bestätigt die Aussagen von Esther Kiss, die in ihrer Dissertation 'Integriertes Industriedesign. Normstrategien zur Einbindung des Industriedesigns in die Integrierte Produktentwicklung.' bemängelt, dass die Industriedesigner in Planungsprozesse nicht oder zu spät miteinbezogen werden.392 So beschreibt auch Helmut Roschiwal, Begründer der ROSCHIWAL und Partner Ingenieur GmbH die Praxis: „In der Regel ist das Ergebnis nicht so gut, wenn erst nach Durchführung der gesamten Konstruktion der Designer gerufen wird, um das Gehäuse zu modellieren. Es ist meist ein mäßiges Designergebnis, wenn die Kunden meinen, zuerst die Maschine konstruieren zu lassen und dann den Designer zu holen.393 Vor allem die mittelständischen Unternehmen, die mit externen Designbüros zusammenarbeiten, betrachten die Designer als Dienstleister, als „Ideengeber in der Gestaltung“394 und binden sich nicht in einem solchen Maße, als dass die Dienstleistung Design nicht austauschbar wäre. Schrumpfende Designbudgets - „Die Budgets haben sich halbiert“395 - , die Beschneidung der Kompetenzen der Industriedesigner auf die Ideengenerierung und die Forderung der Auftraggeber nach einer problemlosen Einspeisung der Entwürfe in firmeninterne Prozesse haben den Stand der Designer innerhalb der Schnittstelle Design und Konstruktion geschwächt. 392 Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign. ROSCHIWAL, HELMUT, 'Basar-Ökonomie und die Schnittstelle zum Design im Investitionsgüterbereich', Interview. 394 MAIER, DIETER, 'Designprozess bei RÖMER', Gespräch. 395 GERTITSCHKE, DETLEV/STARCZEWSKI, THOMAS, 'Designprozess bei UHLMANN', Interview. 393 184 Immer öfter richtet sich die Produktgestaltung nach 'was ist in China fertigungstechnisch machbar?' und nicht nach der Frage 'welche Designqualität möchte der Auftraggeber? '. Der internationale Wettbewerbs- und Kostendruck diktiert die Qualität und Ausstattung der Produkte, und gerade im Konsumgüterbereich führt der rasante Preisverfall zu immer noch mehr Designdifferenzierungen. So lassen Projektingenieure und Marketingleute den Designern nicht mehr viel Spielräume in der Gestaltung, Design muss sich einfügen und dennoch paradoxerweise dem Anspruch genügen etwas zu kreieren, das die Konsumenten begeistert. 185 8.3 Anforderungen der befragten Unternehmen an die Industriedesigner Die strategische Ausrichtung der Unternehmen bezüglich Fertigungstiefe, Wertschöpfung und Vermarktung bestimmt die Anforderungen an die Produktdesigner. Vorausgesetzt werden hochwertige Entwurfsleistungen und Designkonzepte und sämtliche Visualisierungsmöglichkeiten, die das Design veranschaulichen. Eine wichtiges Kriterium in der Entscheidungsfindung bei der Auswahl eines Designbüros kommt von den Ingenieuren, die die Entwürfe übernehmen und umsetzen, bzw. deren Umsetzung überwachen. Mit Hilfe von Fragebögen, die in den Entwicklungsabteilungen der genannten Unternehmen ausgeteilt wurden, konnten 20 Ingenieure hinsichtlich ihrer Anforderungen an die Industriedesigner befragt werden. Die folgende Aufstellung lässt die Anforderungen an die Industrie-/Produktdesigner seitens der befragten Ingenieure aus der Industrie erkennen. Die Kriterien sind nach Häufigkeit der Nennung geordnet. Welche Leistungen / Befähigungen erwarten Sie von Industrie- / Produktdesignern / Designbüros? Bereich Design Leistung/Befähigung Zuverlässigkeit (Termine/Abgabe) Flexibilität Problemloser Datentransfer Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit Exklusivität Designkonstruktionen im CAD Produktionstechnische Kenntnisse Referenzen / Erfahrungen Präsentation Designmodelle Detaillierte Angebotserstellung Dokumentation des Aufwandes Integration in betriebliche Abläufe Designrecherche Ergonomiestudien Seriosität Konzeption Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung eines Produktes Renderings Designberatung Betriebswirtschaftliche Kenntnisse Entwurfsskizzen Prototyping Jugendlichkeit / Esprit Trendrecherche Sprachkenntnisse (Englisch) Kenntnisse in Produktökologie Technische Recherche Designmanagement Entwicklung technischer Komponenten / Bauteile 186 Nennung 20 20 20 19 19 19 19 18 18 18 17 17 17 17 17 16 15 15 15 15 14 14 14 13 13 11 10 10 10 9 Bereich Design Leistung/Befähigung Kommunikation mit anderen Zulieferern Unterstützung im Produktmanagement Entwicklung technischer Baugruppen Reisetätigkeit zu anderen Zulieferern Nennung 9 8 7 7 Abb.47: Fragebogen für Ingenieure: Welche Leistungen / Befähigungen erwarten Sie von Industrie-/Produktdesignern / Designbüros? Zur Auswertung der Fragebögen kommen die Ergebnisse der Einzelinterviews hinzu und ergeben in Summe folgende Resultate: Zuverlässigkeit in der Einhaltung von Terminen und Abgaben und Flexibilität wurde von allen Befragten erwartet. Die Flexibilität bezieht sich unter anderem auf schnelle Reaktions- und kurze Projektzeiten seitens der Designer. Zielgerichtetes Arbeiten ist vor allem da gefragt, wo durch schnelle Produktdifferenzierungen auf den aggressiven Markt reagiert werden soll. Zudem müssen die Designer als Dienstleister möglichst in 'stand-by'-Funktion für plötzliche Änderungen oder Zusatzwünsche parat stehen. Als erstes Glied in der Kette hängen an den Designentwürfen Folgeprozesse, die im Sinne einer erfolgreichen Wertschöpfung nicht ins Stocken geraten dürfen. So muss der Gestalter seine Präsenz und Zeiteinteilung betreffend flexibel reagieren. Flexibilität meint dann auch die Gestaltung der Angebote, nicht selten wird an den Stunden und Aufwändungen der Designbüros gekürzt und nachverhandelt. So haben sich die Budgets in den letzten 10 bis 15 Jahren halbiert bis gedrittelt.396 Der Punkt 'problemloser Datentransfer' steht für die Forderung nach 'problemloser Zulieferung' der Entwürfe und Ideen. Für die Unternehmen ein immens wichtiger Punkt, der über Erfolg und Schnelligkeit in der Umsetzung der Entwürfe mitentscheidet und maßgeblich die Nachfolgeprozesse beeinflusst. Die Übernahme der Entwürfe erfolgt in Form von Entwurfsdaten, die von den internen oder externen Konstrukteuren weiterbearbeitet werden. Es wird vorausgesetzt, dass diese Designkonstruktionen alle formal relevanten Merkmale, Funktionsweisen der Bedienung und fertigungsgerechte Vorkonstruktionen wie zum Beispiel Schalen, Wandstärken, Formtrennung, usw. enthalten. Dies ist vor allem wichtig, wenn die Daten zu einem externen Konstrukteur gehen, der keinen direkten Kontakt mit dem Designer unterhält. Wie weit der Designer seine Entwürfe auskonstruiert, wird mit den jeweiligen Konstruktionspartnern vereinbart. Für die Designer bedeutet die Forderung nach 'problemloser Zulieferung' der Entwürfe in jedem Fall die Investition von Kapital und Manpower in ein adäquates CAD-System, oft verlangt der Kunde das gleiche System. Dr. Manfred Schüle von BOSCH MURRHARDT bestätigt im Gespräch die Notwendigkeit des Umstieges des externen Designbüros auf Pro/Engineer, dem CAD-System, das auch bei Bosch/Murrhardt in der Entwicklung eingesetzt wird. Dieser Umstieg geschah auf den massiven Druck der Ingenieure, die nicht mehr mit „irgendwelchen Punktewolken“397 arbeiten wollten. Und auch Peter Lameli, Leiter Forschung Entwicklung bei GARDENA hält es für zwingend notwendig, dass die Designer mit dem hausinternen System CATIA, arbeiten, um eine bessere Kommunikation zu gewährleisten. 396 397 Vgl. GERTITSCHKE, DETLEV/STARCZEWSKI, THOMAS, 'Designprozess bei UHLMANN', Interview. MANFRED, SCHÜLE, DR., ʹDesign und Entwicklung', Gespräch. 187 Detlev Gertitschke von UHLMANN spricht von einem Abbau der Barrieren zwischen Designern und Ingenieuren durch die Kommunikation über CAD. Diese Notwendigkeit des 'problemlosen Datenaustausches' haben alle befragten Entwicklungsleiter und Ingenieure bestätigt. „Die Skizze für die eigenständige Gestaltung, Soft- und Hardware für die detaillierte Umsetzung. Erst mit der digitalen Ausarbeitung zeigt sich, ob Idee und Technik perfekt kombinierbar sind. Das realistische Computerbild dient dabei auch als unerlässliche Arbeitsgrundlage für Lieferanten und Produktion.“398 Da es sich bei einer großen Mehrheit der in der Industrie eingesetzten Systeme um IngenieurCAD-Systeme handelt, wie zum Beispiel Pro/Engineer, CATIA, Solid Works, usw., müssen die Produktdesigner einen Weg finden, dieses Werkzeug für die Gestaltung zu nutzen und zu bestimmen. In meinen Ausführungen im Kapitel über Computer Aided Design wird von Designern bestätigt, das dies gut funktionieren kann. Allerdings führt der Einsatz von CAD zu einem Eingriff in die Arbeitsmethodik der Gestalter, die auf das digitale Ergebnis hinarbeiten müssen. Neben Designkonstruktionen am CAD erwarten die Auftraggeber produktionstechnische Kenntnisse und die Fähigkeit, sich in technische Probleme einzuarbeiten, um schon in den ersten Entwürfen fertigungstechnische Vorgaben und Funktionsweisen berücksichtigen zu können. An der Präzision dieser Angaben hängt oftmals die Qualität der weiterführenden externen Konstruktionsleistungen der Zulieferer. Vertrauenswürdigkeit, Verschwiegenheit und Exklusivität gehören zu den Grundanforderungen, die neben dem Verweis auf möglichst viele breit gestreute Referenzen bei der Auswahl eines Designanbieters zu Buche schlagen. Exklusivität meint, dass Designleistungen für ein spezielles Produkt (-segment) nicht gleichzeitig an mehrere Kunden verkauft werden dürfen. Dies schränkt die Designbüros in ihren Akquisetätigkeiten erheblich ein. Erwartet werden Fähigkeiten die selbstverständlich zu den Kernkompetenzen der Designer zählen, wie Konzeption, Entwurfsskizzen, Präsentation, Modellbau und Designberatung. Diese rangieren jedoch in der Priorität hinter den Anforderungen an CAD-Kenntnisse und Konstruktionsarbeit. Relativ weit oben rangiert die 'Integration in betriebliche Abläufe' (17 Nennungen), was nicht im Sinne von Esther Kiss 'Normstrategien zur Einbindung des Industriedesigns in die Integrierte Produktentwicklung'399 verstanden werden kann, sondern als die problemlose Einbindung von Designleistungen in den Produktentwicklungsprozess. In der Abwicklung wird seitens der Unternehmen großen Wert auf Transparenz bzgl des Arbeitsaufwandes und der Abrechnung gelegt, hier wird das Design den anderen externen Dienstleistern zugeordnet und der Aufwand dementsprechend kategorisiert und bewertet. Nur die Hälfte der befragten Personen erwarteten Kompetenzen im Designmanagement und noch weniger eine Unterstützung im Produktmanagement. Dies ist sicherlich auch auf die befragte Zielgruppe der Ingenieure zurückzuführen, die aus der Sache heraus mehr Priorität auf technische Komponenten legen. 398 399 BEURER, Imagebroschüre. Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign. 188 In den Gesprächen mit den Entwicklungsleitern stellte sich jedoch überwiegend heraus, dass die Designer in Managemententscheidungen nicht eingebunden sind, und erst beauftragt werden, wenn die Projekte schon vordefiniert auf dem Tisch liegen. Das zeigt deutlich die schwierige Lage der Designer zwischen Marketing und Entwicklung. Die Beschneidung der Kompetenzen der Industriedesigner habe ich bereits in Kapitel 6.3.4 'Die Entwicklung des strukturellen Stellenwertes von Industriedesign im mittelständischen Unternehmen' beschrieben. In den Gesprächen wurde öfter das Thema der zwischenmenschlichen Verhaltensweisen angesprochen, die gerade in der Zusammenarbeit mit Designern wichtig seien, so Detlev Gertitschke von UHLMANN: „Es liegt aber auch an den Personen. Es gibt Leute [Designer], die sind nie integriert. Die Persönlichkeit spielt meiner Meinung nach eine große Rolle. Man muss miteinander klar kommen, die Chemie muss stimmen.“400 Dr.Eckert von WANZL erwartet von den Designern die „Erarbeitung von Respekt und Akzeptanz, Kommunikationsfähigkeit, soziale Kompetenz, Tiefgründigkeit und Engagment.“ Außerdem sieht er die Designer im Projektablauf in der „Holschuld“, was die Informationsbeschaffung betrifft.401 Zusammenfassend kann man sagen, dass die Anforderungen im technisch-konstruktiven Bereich durch den Einsatz von CAD und die Zusammenarbeit mit externen Zulieferern in Konstruktion und Produktion gestiegen sind. Die Kernkompetenzen rund um den Entwurf werden selbstverständlich erwartet und Leistungen im Managementbereich sind kaum erwünscht. Dies zeigt eine Entwicklung der Industrie-/Produktdesigner auf, die diese immer mehr in den Bereich 'problemloser Designdienstleister' drängt. 400 401 GERTITSCHKE, DETLEV/STARCZEWSKI, THOMAS, 'Designprozess bei UHLMANN', Interview. Vgl. Fragebogen Dr.Eckert. 189 9 Gespräche mit Industrie-/Produktdesignern Nachdem ich mich ausführlich mit der Auftraggeberseite für Designleistungen beschäftigt habe, komme ich zu den Interviews mit den Designern selbst. Ausgewählt wurden fünf unterschiedliche Büros, die jedoch alle aus dem Bereich Industrie-/ Produktdesign stammen. Befragt wurden alteingesessene Designer, Newcomer und Vertreter der Generation die in den 90ern ihren Designabschluss gemacht haben. Die Fragestellung in den Gesprächen umfasste exemplarisch die Arbeitsprozesse- und methodik in den befragten Designbüros, sowie die Erfahrungen mit den mittelständischen Auftraggebern und den in den Arbeitsprozess involvierten Ingenieuren. Die persönliche Einschätzung bezüglich Arbeitsmarkt und Ausbildungssituation der Designer spielte eine Rolle, wie auch die grundsätzlichen Veränderungen im Bereich Industriedesign. 190 9.1 DEUTSCH DESIGN402 Stephan Deutsch betreibt sein Designbüro mit seiner Frau Stefanie als Familienunternehmen. Beide studierten Produktgestaltung in Schwäbisch Gmünd. Nach Jobs in mehreren Designbüros und Instituten als freie Mitarbeiter machten sie sich 1996 mit dem eigenen Büro selbstständig. Ihre Kunden kommen vorwiegend aus dem Mittelstand und vertreten die Branchen: Investitionsgüter, Büroartikel, Lichttechnik und ein kleiner Anteil Haushaltsgeräte. Neben dem Produktdesign bietet DEUTSCH_DESIGN Leistungen auch im 2D-Grafikbereich an mit der klaren Aussage von Stefanie Deutsch: „Bei uns funktioniert es nur über eine Vielfältigkeit.“ Eine Auslastung des Büros ist nur so möglich wegen „enorme[r] Schwankungen [im Produktdesignbereich], die Grafik fängt Vieles auf und wird zum zweiten Standbein“. DEUTSCH_DESIGN arbeitet im Produktbereich mit dem CAD-System Solid Works. Interview mit DEUTSCH_DESIGN, Stephan und Stefanie Deutsch am 24.01.2006403 Beschreiben Sie exemplarisch Ihren Arbeitsprozess: 1. Briefing: Stephan Deutsch [SD]: „Designbriefings, was ist das? Diese müssen wir uns sehr häufig selbst definieren. Die Informationen müssen wir uns aus den Gesprächen mit dem Kunden eigenständig generieren. Es kam schon vor, dass ein Kunde Informationen bewusst vorenthalten hat, so unser Eindruck – man musste dann ununterbrochen nachfragen und bekam entscheidende Informationen erst nach der Präsentation zu hören. Man weiß im Anschluss dann gar nicht, was mit der Beauftragung eigentlich bezweckt wurde. Will man gemeinsam zum Ziel kommen oder sich selbst beweihräuchern? Aber das war ein Extremfall!“ 2. Markt- und Trendrecherche: [SD]: „Das gehört dazu, das ist wichtig! Unsere Kunden sind häufig überrascht, dass man diesen Schritt so umfangreich durchführt.“ 3. Designkonzeption: [SD]:„Skizzen, CAD, Entwürfe, je nachdem was nötig ist, um die Funktionsabläufe, Bewegungsabläufe und Geometrien der Entwürfe festzulegen und zu überprüfen.“ 4.Besprechung, Präsentation beim Kunden 5. Ausarbeitung, Designkonstruktion [SD]:„Wir machen meistens mehrere Ausarbeitungsphasen.“ „Designmodelle kommen vor, allerdings kein aufwändiger Modellbau mehr. Es wird eher in den Prototypenbau investiert.“ 402 DEUTSCH_DESIGN Stephan Deutsch Hermann-Köhl-Weg 15 89075 Ulm Fon: 0731-265949 e-mail: [email protected] www.deutschdesign.de 403 DEUTSCH, STEFANIE/DEUTSCH, STEPHAN, Interview, Ulm, 24.01.2006. 191 6. Umsetzung: [SD]:„Wenn es um die konkrete Umsetzung geht, je nachdem, ob die Kunden das im Hause machen können oder nicht, kommt dann unser Umsetznetzwerk [Konstrukteure, Prototypenbauer, usw] zusammen, bis zur Konstruktion und Lieferantenauswahl.“ Welche Erfahrungen machen Sie an der Schnittstelle Designer/Ingenieure? Stephan Deutsch [SD]: „Das sind oft firmeninterne Geschichten. Da stehen sich das Marketing und die Konstruktionsabteilung gegenüber - der Eine möchte unbedingt einen Designer mit einbeziehen, und der andere behauptet, das brauchen wir nicht, und das beweisen wir euch auch!“ „Meistens erwarten die Techniker viel weniger substanziell Entwickeltes. Viele denken, da kommen lediglich irgendwelche Bilder. Aber dass unsere Entwürfe so konkret umsetzbar sind, erwarten sie nicht. Da kommen von unserer Seite manchmal Daten an, da müssen die Techniker gar nicht mehr so viel machen, da kommt auf jeden Fall deutlich mehr heraus, als sie vermuten. Es gibt natürlich auch Büros, die arbeiten relativ konzeptionell und konstruktiv eher oberflächlich.“ „In diesem Zusammenhang ist CAD ist für uns ein unverzichtbares Arbeitsmittel. Wir gehen in der Auskonstruktion bis in die Schalen mit Formschrägen, so dass ein Konstrukteur vernünftig damit arbeiten kann.“ Wie beurteilen Sie die Designakzeptanz beim Mittelstand: [SD]:„Skeptisch, weil viele Unternehmer das Gefühl haben, das könnten sie sowieso selbst! Aber es spricht sich schon rum, dass man etwas machen muss. Und so bekommt man dann den Vorschlag zu hören: 'Machen Sie doch mal ein paar [kostenlose]Vorschläge.' Und das macht keinen Sinn. Design muss auf einer vernünftigen geschäftlichen Basis ablaufen. Da wird man leicht als der Künstler abgetan. Obwohl sich das Bild so langsam ändert. Wenn man mit Marketingleuten spricht, ist die Akzeptanz meist höher, als bei Technikern.“ „Im Investitionsgüterbereich ist die Skepsis deutlich höher als im Konsumbereich, der ist ja vom Design erfahrungsgemäß abhängig.“ Stefanie Deutsch [StD]: „Alle 'schwätzen' vom Design, aber keiner ist bereit, die Mühen eines Prozesses auf sich zu nehmen. Man möchte ein nettes Bildchen oder eine Idee aber ein Entwicklungsprozess wird nicht mehr zugelassen.“ Wie beurteilen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus den Arbeitsmarkt für Designer: [SD]„Wir konnten da nun glücklich Fuß fassen. Bei denjenigen, die ich noch aus meinem Studium kenne, sind bestimmt die Hälfte ohne Job oder haben den Beruf gewechselt. Wobei ich sagen muss, in der Zeit in der ich studiert habe, war die Anzahl an Schulen und Abgängern noch nicht so hoch wie heute, und die 'Sieberei' war wesentlich stärker ausgeprägt. Was wird heute noch ausgesiebt? Wer sich bewirbt, kommt rein!“ [StD]: „Die Anzahl der Absolventen ist für den Arbeitsmarkt als Designer völlig unrealistisch. Produktdesign ist so spezialisiert. Viele Unternehmen sparen sich diese Kosten und übernehmen abgeänderte Produkte aus Fernost. So werden dann gestalterische Entscheidungen getroffen, die wirklich haarsträubend sind.“ [SD]:„Ich finde es unfair, dass so viele Designer ausgebildet werden, die dann hinterher keine Chance haben. Du vertust mindestens vier Jahre deines Lebens, um dann hinterher Taxifahrer zu werden.“ „Den Leuten muss klar sein, dass sie sich wahrscheinlich für eine lange Zeit als Selbstständige durchschlagen müssen. Sie müssen sich verkaufen können und der kaufmännische Aspekt ist sehr wichtig, man muss eine Finanzstrategie haben, sonst geht man auch finanziell zugrunde.“ „Das Hauptproblem ist, dass zu viele ausgebildet werden und im Gegensatz dazu zu wenig Gestalter benötigt werden. Und das macht auch den Markt kaputt. Die Hochschulen fangen an, teilweise praktisch kostenlose Designstudien zu machen und booten die Designbüros aus. 192 Das haben wir schon mehrfach erlebt, dass wir einen konkreten Kontakt hatten, dann kam eine Hochschule und das Projekt war weg.“ [StD]: „Es wird dir vorgegaukelt, der Designberuf sei etwas zunkunftsträchtiges, weil es sich beim Design schließlich um etwas Visionäres handelt.“ Was sind Ihrer Meinung nach die gravierendsten Änderungen im Bereich Industriedesign in den letzten 10-15 Jahren: [StD]: „CAD, die Arbeitsweise: früher musste der Gestalter besser Zeichnen können, da handwerkliche Darstellungstechniken die Möglichkeiten der Zeit waren.“ [SD]: „Der Designmodellbau fällt zu 80% weg.“ [StD]: „Gefordert wird eine sehr aufwändige Präsentation und Selbstdarstellung. Wir sind alle so medial beeinflusst - ohne Beamer brauchst man gar nicht mehr kommen.“ [SD]: „Man muss viel unbezahlte Arbeit um die Entwürfe herum in die aufwändigen Präsentationen stecken. Mit dem CAD ist eine gewisse Kernkompetenz oder Kultur der handwerklichen Visualisierung im Design verloren gegangen. Es dampft sich ein auf die kreative Arbeit und das Spezialwissen im Bereich um das CAD.“ Vielen Dank für das Gespräch. 193 9.2 STERNFORM PRODUKTGESTALTUNG404 Andrea Großfuss hat von 1996 bis 2003 an der HfbK Hamburg Industriedesign studiert, Olaf Kießling an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart mit Diplomabschluss 2001. Da das Studium von Andrea Großfuss und Olaf Kießling noch nicht lange zurückliegt, berichten beide von ihren Erfahrungen: Olaf Kießling studierte Industriedesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart unter „exzellenten Bedingungen“: „Jeder hatte seinen eigenen Arbeitsplatz mit Regal und Spind, der sich auf einer Etage mit der Produktdesignwerkstatt befand. Jeder Designstudent hatte zudem freien Zugang auf die weiteren 29 Werkstätten der Akademie.“ In Stuttgart kamen zu dieser Zeit noch 2 Professoren plus Assistenten und Werkstattmeister auf 8 Studenten. Andrea Großfuss berichtet von 15 bis 20 Studenten pro Semester in Hamburg, die auf 6 bis 7 Studios aufgeteilt wurden. Interview am 29.01.2006 mit Andrea Großfuss und Olaf Kießling, STERNFORM.405 Ihre Ausbildung bezeichnen beide als insgesamt gut, stellen aber fest, dass folgende praxisbezogenen Lehrveranstaltungen fehlten: Olaf Kießling [OK]: „Patent- und Urheberrecht angewendet. Das heißt, was muss ich konkret als Designer tun, wenn ich meine Entwürfe schützen möchte. Tricks und Ratschläge aus der Praxis.“ Andrea Großfuss [AG]: „Betriebwirtschaft: Wie sieht eine Lizenzvereinbarung aus, Möglichkeiten der Vergütung, Vertragsrecht, usw.“ [OK]: „Realitätsnahe Beratung zum Thema: Wie mache ich mich selbstständig. Berufsaussichten, Berufspraxis, Akquise, usw.“ [AG]: „Vermehrt Fächer mit interkulturellen Inhalt. Ich finde dieses Thema sehr spannend, vor allem bezüglich der Entwürfe.“ [OK]: „Und die Auseinandersetzung mit virtuellen Werkzeugen (CAD, Internet, e-mail) im Sinne von Anwendung und Bewertung.“ Wie waren in Ihrem Fall technische Inhalte in das Designstudium eingebunden? [OK]:„Wir hatten Vorlesungen in Fertigungstechnik und Werkstoffkunde, sehr praxisbezogen und ausreichend. CAD hatten wir Null. Die Studentengenerationen nach unserer machen CAD-Kurse, da ein Professorenwechsel stattgefunden hat. Auch wenn heute viele Designhochschulen CAD-Kurse anbieten, sind diese zum Einen nicht Pflicht, und zum Anderen bekommen die Designstudenten kaum Unterstützung in der richtigen Anwendung des Werkzeuges CAD im Designprozess.“ [AG]: „Du siehst genau, die Leute machen CAD-Design. Der Entwurf ist nur so gut, wie die CAD-Kenntnisse des Entwerfers.“ 404 STERNFORM PRODUKTGESTALTUNG Dipl. Des. Andrea Großfuss Dipl. Des. Olaf Kießling Keplerstraße 18/1 D-89073 Ulm Telefon:+49-(0)731-1755988-0 Fax:+49-(0)731-1755988-1 E-mail:[email protected] www.sternform.de 405 GROSSFUSS, ANDREA/KIESSLING, OLAF, Interview, Ulm, 29.01.2006. 194 Andrea Großfuss und Olaf Kießling haben sich 2003 gemeinsam mit STERNFORM PRODUKTGESTALTUNG selbstständig gemacht. Sie arbeiten vorwiegend in den Branchen Accessoires und Möbel. Bisher generiert sich der Umsatz des Büros aus den Einnahmen aus Lizenzverträgen, kleineren Aufträgen im grafischen Bereich und kleineren Nebenjobs. Geringe Fixkosten sind überlebensnotwendig, so Andrea Großfuss: „man braucht einen langen Atem und viel Schokolade um in die Gewinnzone zu kommen.“ Um selbst die Kontrolle über die Umsetzung und den Vertrieb ihrer entworfenen Produkte auszuüben, haben sich Olaf Kießling und Andrea Großfuss entschlossen, ein zweites Standbein aufzubauen. Mit der Firma PLING COLLECTION wagen sie den Schritt in den Eigenvertrieb. Der Arbeitsprozess lässt sich so beschreiben: Sternform erarbeitet überwiegend eigene Konzepte und Ideen bis zu Designprototypen, die dann an Hersteller oder Vertreiber verkauft werden. Trotz regen Interesses auf Messen gestaltet sich die Suche nach Partnern in Vertrieb und Produktion als sehr schwierig: „Zu lange Entscheidungsphasen verzögern die Prozesse um Monate bis Jahre. Es ist alles eine Frage des richtigen Zeitpunktes und des richtigen Kontaktes.“ konstatiert Olaf Kießling. Olaf Kießling und Andrea Großfuss arbeiten mit dem CAD-System Solid Works. STERNFORM hat noch wenig Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Entwicklern und Konstrukteuren. Dennoch die Frage: Welche Erfahrungen machen Sie an der Schnittstelle Designer/Ingenieure? [OK]: „Wir haben oft massive Kommunikationsschwierigkeiten bei der Umsetzung von Projekten. Als ein Beispiel führe ich ein Projekt an, bei dem die kompletten Designdaten und der Prototyp dem Kunden zur Verfügung gestellt wurden. Dieser beauftragte eine Firma in Tschechien für die Auskonstruktion und den Werkzeugbau. Wir hatten in der Folgezeit keinerlei Kontakt zum Konstrukteur, und dieser änderte den Entwurf in Optik und Funktion komplett ab. Die Folge war ein unbrauchbares Spritzgusswerkzeug. Wir empfinden den oft fehlenden Informationsaustausch als größtes Hemmnis in der Umsetzungsphase eines Designprojektes.“ [AK]: „Bei Kleinserien mit direktem Kontakt zu den Entwicklern und Konstrukteuren funktioniert es noch!“ Wie beurteilen Sie den Arbeitsmarkt und die Zukunftsaussichten für die Industrie-/ Produktdesigner? [OK]: „Es werden zu viele Designer in Relation zu der geringen Anzahl der Jobangebote ausgebildet. Viele wandern zwangsweise in die Selbstständigkeit ab, jedoch weniger mit Produktdesign, sondern mit zusätzlichen oder anderen Tätigkeiten.“ [AG]: „Dem stimme ich zu, zu viele Hochschulen und Professoren wollen am Leben bleiben.“ „Chancen und Möglichkeiten für Industriedesigner in ihrem gelernten Beruf Fuß zu fassen sind schwierig. Die meisten die ich kenne, machen andere Jobs, wie Inneneinrichtugn, Messe und Grafik.“ [OK]: „Ich erhoffe mir von der Zukunft, neue Ideen im Produktbereich zu entwickeln. Wir haben schon den Anspruch Sachen zu entwickeln, die es vorher nicht gab. Wir sehen uns nicht als bloße Stylisten.“ Vielen Dank für das Gespräch. 195 9.3 ZIMMERMANN PRODUKTGESTALTUNG406 Mit Rainer Zimmermann habe ich in seiner Funktion als Mitglied des VDID Bundespräsidiums und als selbstständiger Produktdesigner gesprochen. Interview mit Rainer Zimmermann am 25.01.2006.407 Stellungnahme als VDID-Präsidiumsmitglied Der VDID – Verband Deutscher Industrie Designer – repräsentiert im Moment um die 400 Mitglieder und stand vor zwei Jahren wegen des drastischen Mitgliederschwundes, 1986 waren es noch 1500 Mitglieder, „kurz vor dem Zusammenbruch“. Durch die Verschlankung der Verwaltung steht der Verein „wieder relativ solide da“ und genießt seit Jahren ein gutes Ansehen in vielen öffentlichen Einrichtungen. Wie kam es zu dieser Krise? Rainer Zimmermann [RZ]: „Der Mitgliederschwund kommt natürlich massiv durch wirtschaftliche Probleme im Industriedesign. Wir haben extrem viele Leute, die entweder den Beitrag nicht mehr bezahlen können oder einfach alle möglichen Abos kündigen und aus dem Verband austreten, weil sie sagen, ich kann es mir nicht mehr leisten.“ Welche Probleme haben die Industriedesigner? [RZ]: „Die Designer haben das Problem, sich zu differenzieren, um ein klares Bild in der Wirtschaft abzugeben. Es herrschen keine klaren Standards hinsichtlich der Definition des Berufsbildes und es gibt keine geschützte Berufsbezeichnung, so kann sich ein technischer Zeichner am Computer jetzt 'Technischer Produktdesigner' nennen.“ „Ein weiteres Problem ist, dass die Designer selbst sind nicht in der Lage sind, bis auf namhafte Ausnahmen, sich professionell zu vermarkten. Ein lukratives Feld für Designprofiteure, die Designer für die Designer. Die machen uns noch hübscher für die Wirtschaft.“ Wie stellt sich der VDID zu diesen Problemen? [RZ]: „Der VDID wünscht die Publikation und Durchsetzung von Designqualitätsstandards, als 'neutrale Institution', als Gütesiegel, als Abgrenzung zur Designinflation. Angedacht zum Beispiel in Form eines unabhängigen Wettbewerbs ohne wirtschaftliche Interessen. Als ein Kriterium zum Beispiel der Produkterfolg am Markt. Die Mehrzahl der Designer arbeitet nicht im Rampenlicht, sondern im Stillen.“ 406 ZIMMERMANN PRODUKTGESTALTUNG Dipl.-Des. Rainer Zimmermann Vizepräsident VDID/DDV Schillerstrasse 15 89179 Beimerstetten Telefon: 07348-948084 Telefax: 07348-948085 Mobil: 0171-364 1349 eMail: [email protected] www.zimmermann-pdg.de 407 ZIMMERMANN, RAINER, Interview, Beimerstetten, 25.01.2006. 196 Wie beurteilen Sie als Präsidiumsmitglied im VDID die Ausbildungs- und Arbeitsmarktlage für Industriedesigner? [RZ]: „Ein guter Designer hat immer eine gute Chance, einen Job zu finden. Allerdings bilden wir zu viele Leute aus. Alle Schulabgänger bis auf wenige Ausnahmen machen sich selbstständig, weil sie keinen Job bekommen. Die meisten sind nicht bürotauglich.“ „Die Ausbildungsqualität ist extrem unterschiedlich, und ich befürchte einen noch weitergehenden Qualitätsabfall durch die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge und die hohe Anzahl der Abgänger. Die Hochschulen sind zu schnell gewachsen. Es gibt zu viele Designlehrstühle, und wir bekommen so das Problem einer diffusen Ausbildung ohne klares Berufsbild. Die Ausbildung im Bereich Industriedesign wird durch immer mehr Schulen und Ausbildungsbereiche (Diversifizierung durch Screendesign, Mediendesign usw) verwässert. Ich plädiere für die Reduzierung der Anzahl der Hochschulen ohne die Ausbildungsvielfalt und Flächendeckung in Deutschland qualitativ zu mindern.“ „Ein weiterer Diskussionspunkt im VDID ist die Unterbindung der aktiven Konkurrenz von Hochschulen auf dem professionellen Designmarkt. Wenn die Hochschulen Projekte oder Aufträge im ganz normalen Markt abziehen, dann frage ich mich, warum es überhaupt noch Hochschulen gibt und keine berufliche Ausbildung? Warum kommen die Studenten nicht zu mir und machen solche Projekte, und ich kann sie in eine professionelle Kalkulation miteinbinden und nicht nicht in eine Drittmittelkalkulation, wo die Software nichts kostet, wo die Hardware nichts kosten und die Räume nichts kosten.“ „Mein Rat an Studienanwärter: Ich versuche ihnen klar zu machen, was dieser Beruf eigentlich ist. Es ist nicht der im Cafe sitzende Serviettenskizzierer, der mit einem Porsche von Kunde zu Kunde durch die Gegend fährt, wobei es das auch gibt, sondern es ist eine Obsession.“ ZIMMERMANN PRODUKTGESTALTUNG Rainer Zimmermann machte 1984 sein Diplom als Produktgestalter an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und hängte 1989 den Master als TransportDesigner am Royal Collage of Art in Londen an. 1989 bis 1993 arbeitete er als angestellter Designer bei busse design, Ulm. Selbstständig mit einem eigenen Büro ist er seit 1993 in Beimerstetten bei Ulm. Als Dienstleister bietet er eine „extrem breite Palette“ an, von Strategieberatung bis konkrete Designleistungen und arbeit im Netzwerk mit Grafik- und Mediendesignern und mit Konstrukteuren und Modellbauern. Seine Kunden kommen aus den Branchen: Schreibtischaccesoires, Spielzeug, Verpackung, Automobil-/Transportbranche, Investitionsgüter und Möbel. Rainer Zimmermann beschreibt seinen Arbeitsprozess im Bereich der Produktgestaltung: Briefing: [RZ]: „Im Normalfall erarbeite ich mein Briefing mit dem Kunden. Beim letzten Kunden habe ich sogar einen ganzen Tag einen Workshop gemacht, um das zu definieren, was wir haben wollen.“ Angebotserstellung/Vergütung: [RZ]: „Detailliertes Angebot, Kalkulation auf Stundenbasis, in Phasen bis zur Designdetaillierung (10-15% Überziehungslimit).“ „Vergütet wird entweder durch ein Designhonorar oder einen Lizenzvertrag. Die Nutzungsrechte verkaufe ich immer extra.“ 197 Markt- und Patentrecherche: [RZ]: „Ich mache keine professionelle Patentrecherche. Ich fahre ins Patentzentrum in Stuttgart und scan durch, was alles zum Thema da ist.“ Designkonzeption: [RZ]: „Und dann geh ich her und mache Designkonzeptionen, klassische Designkonzeptionen. Das sind heutzutage CAD-Bilder, also Visualisierungen aber auch teilweise, auf Wunsch, Handscribbles.[...]Die Designkonzeption beinhaltet: Anordnungsvarianten, Oberflächen und gestalterische Anmutung. In dieser Phase bespreche ich mich immer wieder mit der Technik, sollte etwas unklar sein.“ Besprechung, Präsentation beim Kunden Entscheidung: [RZ]: „Dann kommt die Entscheidung welche Konzepte wie umgesetzt werden. Ob die 1:1 umgesetzt werden, ob sie kombiniert werden, was verworfen wird.“ Designentwurf: [RZ]: „Daraus resultiert der Designentwurf, da werde ich detaillierter in den Funktionen und Farben und Oberflächen werden konkreter. Und ich arbeite mit einfachen Proportionsmodellen. Die mock-ups [aus Styropor] machen bei mir höchstens 10% vom Angebot aus.“ Detaillierung: Zeichnungen und Modelle [RZ]: „Ich gebe keine Datensätze raus, nur Drucksachen. Ausbelichtete Bilder, nicht die CAD -Geometrie. [...] Wollen die [Kunden] nicht, die konstruieren immer alles selber. Ich biete es nicht an, ich bin kein Konstruktionsbüro. [...] Das steht auch in meiner vita. Meine Stärke ist strategisches und konzeptionelles Denken, und ich bin kein Konstrukteur. Ich bin ein talentierter Techniker. Das heißt, ich kenne mich aus, ich weiß wie ein Scharnier funktioniert. Ich war einer der ersten, der den Leuten blaue LEDs verkauft hat,[...] ich habe Lichtdecken entwickelt.[...] Das mache ich alles, aber ich bin kein Konstrukteur, warum soll ich denen die Arbeit wegnehmen? Ich wäre ja auch sauer, wenn plötzlich die Ingenieure kommen würden und behaupten, sie können designen, sie machen ja sowieso die ganze Oberfläche.“ Umsetzung und Projektbetreuung bis zum Schluss: [RZ]: „Ich gehe immer über die eigentliche Produktgestaltung hinaus, weil ich nicht nur daran interessiert bin, dass das Produkt auf den Markt kommt, sondern auch wie es auf den Markt kommt, also sprich von Verpackung bis zum Messestand.“ Rainer Zimmermann arbeitet im Büro mit Mechanical Desktop und im Netzwerk mit 3DStudio und Cinema 4D. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit ihren Kunden beschreiben? [RZ]: „Am liebsten sitze ich mit dem Chef zusammen, wobei das nicht immer geht. [...] Früher war die Präsentation immer beim Chef. Inzwischen sind die Firmen so groß, da sind zehn Leute bzw. drei Ebenen davorgeschaltet. Mit den Inhabern direkt zu tun zu haben ist die beste Schiene, da weißt du genau, wie du dran bist. [...] Weil die entscheiden nachher auch, wie es weitergeht.“ „Meine Ansprechpartner kommen inzwischen überwiegend aus dem Vertrieb und Marketing in Kombination Leuten aus der Technik.“ „Ich habe teilweise Vertriebskunden ohne eigene Entwicklung aus dem Bereich Großwerbeanlagen.[...] Da hab ich die technischen Zeichnungen geliefert, die 1:1 Maße und und dann 198 haben die das umgesetzt ohne mich. Im Ausland. Wir sind dann manchmal nach Toulouse geflogen und haben uns die Sachen angeschaut. Aber meistens haben die mir eine Ecke geschickt oder ein Profil und ich habe gesagt, wo ich was hinhaben möchte. Wie die die Profile ausgestalten, Befestigung ect., da halte ich mich raus, weil ich immer sage, Wandstärken ist nicht mein Bier. Ich habe nicht Statik studiert. Ich lege den Konstrukteuren immer nahe: möglichst wenig Material, möglichst verwindungssteif. Ich schreibe die Außenradien vor, Farbe und Oberflächenmattierung.“ „Insgesamt wird bei mir die Strategieberatung immer mehr. Ich habe auch mit der Abwanderung von Kunden (kostengünstige Produktion) in den Osten zu kämpfen.“ Wie beschreiben Sie die Zusammenarbeit mit den Ingenieuren an der Schnittstelle Design und Konstruktion? [RZ]: „Es kommt auf die Partner an und darauf, wie man sich selber zu ihnen stellt. Meine schlechteste Erfahrung habe ich im Angestelltenverhältnis gemacht, wo die Ingenieurpartner im eigenen Unternehmen eher gegen mich als für mich gearbeitet haben. Es ging darum, wer hat die höhere Kompetenz. Von seiten der Ingenieure das typische geht nicht, kann man nicht. Es gibt aber auch sehr gute Erfahrungen, wo der beteiligte Ingenieur genauso positiv dazu beigetragen hat, wie ich das wollte. Ich glaube es ist ganz wichtig, den Leuten klar zu machen, dass es nur darum geht gemeinsam erfolgreich zu sein.“ Welches waren in den letzten 10-15 Jahren aus Ihrer Sicht die gravierendsten Änderungen im Bereich der Produktgestaltung? [RZ]: „Computer, E-mail, Stressfaktor, Zeitdruck: Du hast definitiv nicht mehr die Zeit für Grundlagenüberlegungen. Der Designprozess an sich ist nicht radikal verkürzt worden.“ Vielen Dank für das Gespräch. 199 9.4 DESIGNPRAXIS DIENER408 Horst Diener studierte an der Ulmer Hochschule für Gestaltung unter Hans Gugelot, Otl Aicher und Walter Zeischegg. Nach 10-jähriger leitender Tätigkeit bei Gugelot Design GmbH Ulm gründete er 1974 sein eigenes Institut für innovative Produktgestaltung. Seine Kunden kommen aus der Konsum- und hauptsächlich aus der Investitionsgüterbranche. Den Arbeitsprozess, bzw. die einzelnen Projekte werden in einzelne Entwicklungsmodule geordnet: Beratung Designstrategie Firmenkultur CI-/CD-Betreuung Marketingdialog Jurytätigkeit Designanalyse/-strategie Marktrecherche Wettbewerbsvergleich Bewertung Konzeption / Ideen Ideenentwicklung Innovationstransfer Systemdesign Designentwürfe Entwurfsdarstellung Ergonomie Produktsemantik Gestaltungealternativen Konstruktion/Datentransfer Maßdefinition Werkstoffe Fertigung Detaillösungen Modellbau Volumenstudien Designmodelle Messemodelle Prototyping Stereolithografie Kleinserien Funktionsmuster Realisierungsbetreuung Fertigungsvermittlung Beschaffung Produktpflege Schutzrecht Funktionsgrafik/ Screendesign Produktgrafik Bedienerführung user-interface Farbdesign/Oberflächen Produktfarbgebung Farbsysteme Materialumsetzung Designstudien/Visionen Präsentationen Marketingunterstützung Abb.48: Entwicklungsmodule, Designpraxis Diener Interview mit Horst Diener, DESIGNPRAXIS DIENER, 17.02.06.409 Herr Diener, wie würden Sie aktuell den Designstellenwert in den Unternehmen beschreiben? Horst Diener [HD]: „Führende Unternehmen, Marktführer, sind auch führend im Design. In vielen Unternehmen ist Design zu einer Marketingstrategie geworden und häufig auch mit starken Elementen der Qualitätssicherung nach Innen verbunden. Das heißt, überall da wo Design Qualität sichtbar machen möchte, ist bei den Mitarbeitern ein besonderes Qualitätsbewusstsein zu beobachten.“ 408 DESIGNPRAXIS DIENER Institut für innovative Gestaltung Irisweg 3 89079 Ulm e-mail: [email protected] www. Designpraxis-diener.de 409 DIENER, HORST, Interview, Ulm, 17.02.2006. 200 „Bei der Findung eines Designers besteht im Allgemeinen sehr große Unsicherheit den Richtigen zu finden. Und so gibt es teilweise groteske Ausschreibungen und Anschreiben. Es ist heute keine Seltenheit, dass 15 und mehr Designbüros für die gleiche Aufgabe angefragt werden. Selten macht man sich dann die Mühe den richtigen Designer auf die speziell anstehenden Anforderungen zu briefen. Diese Vorgänge haben oft Alibifunktion, denn die Entscheider haben natürlich eine hohe Verantwortung den Richtigen zu finden.“ „Die Unternehmen, die mit Design arbeiten und gute Erfahrungen mit Designern haben, haben auch im aktuellen Geschehen ihre Designer, wenn sie ausschließlich für ein Unternehmen arbeiten, entsprechend positioniert. Designer arbeiten im Allgemeinen auf Augenhöhe mit dem Projektmanagement.“ Wie ist Ihrer Meinung nach die Akzeptanz von Industriedesign bei mittelständischen Unternehmen? [HD]: „In der Imagebildung und Kompetenzzuordnung spielt Design gerade bei mittelständischen Unternehmen eine immer bedeutendere Rolle. Wenn dann Design noch Auszeichnungen bekommt, schmückt man sich gerne damit und nutzt es auch in der Werbung. Im allgemeinen Preis- und Leistungswettbewerb wird mehr und mehr Design auch als Qualitätsmerkmal und zur Darstellung der Produktqualität eingesetzt. In jeder Branche gibt es einen Marktführer, so auch im Design. Und wenn sein Auftritt stark ist, dann zieht es nicht ganz unfreiwillig die anderen hinterher. Denn wer möchte schon auf Design verzichten verzichten, Wenn sein Wettbewerb damit dominiert.“ „Wenn es dem Designer gelingt, seinem Kunden klar zu machen, dass er mitarbeiten möchte und sich ins Team integrieren kann, ist die Effektivität und damit die Akzeptanz des Designers leichter zu vermitteln. Häufig irritiert der Designer durch die Tatsache, dass er alles kann. Hier haben wir häufig eine Situation, die der Seriosität schaden kann und letztlich der Akzeptanz.“ Wie beurteilen Sie den Arbeits-/ und Ausbildungsmarkt für Industriedesigner? [HD]: „Wir haben immer schon mit Praktikanten zu tun gehabt und machen derzeit Abgängern, die wenig Treffsicherheit haben einen Job zu bekommen, das Angebot: 'mach bei uns ein praxisorientiertes Praktikum, möglichst nach dem Abschluss, so dass du deine Vita lückenlos darstellen kannst. Wir machen das prinzipiell über 6 Monate mit fairer Bezahlung und geben dann die Möglichkeit, wenn wir dann zusammenpassen, das dies in eine freie Mitarbeit mit einem sicheren Stundenkontingent mündet. Es ist in diesem Zusammenhang erschreckend, wie wenig die Leute direkt nach dem Studium einsetzbar und umsetzbar sind.“ „Viele Schulen tun offensichtlich zuviel des Guten. Das heißt, sie verzetteln sich. Wir haben zuviel Teilausbildungen, Teilangebote. In letzter Zeit bilden Schulen, die einen Produktdesigner ausbilden auch noch mit weiteren Themen aus, so dass das Kerngeschäft sehr stark darunter leidet. Ich könnte mir vorstellen, dass sich Ausbildungsstätten mehr Kernkompetenzen aneignen und das auch darstellen. Ich will damit nicht dem Spezialistentum Vorschub leisten, aber eine Hinführung zu umfassender Ausbildung für Teilsegmente im großen Betätigungsfeld des Designers wäre sicherlich nützlich.“ „Wir haben weiße Flecken von nicht bearbeiteten Themen, die keiner aufgreift. Zum Beispiel die Themen altersgerechtes Design, Bedienerführung. Wir müssen uns mehr um die Bedürfnisse der Kunden kümmern. Da ist unglaublich viel zu tun. Wir Designer decken da ein sehr interessantes Kompetenzfeld ab. Nie ist der Benutzer bei den Planungsrunden mit am Tisch und wir Designer haben die tolle schizophrene Aufgabe immer auch mit einem Fuß im Stiefel des Benutzers zu stecken. Das sind bekannte Dinge, aber sie sind nicht richtig belegt und angewendet.“ 201 Wie stehen Sie zu der Vielzahl der Designausbildungsstätten vor allem in den neuen Bundesländern? [HD]: „Ich sehe es in erster Linie als vertane Chance. Hätten wir in Deutschland eine Kraft vorneweg, dann hätte nach der Wende bei der Neuaufstellung dieser Schulen ein richtiger Neubeginn, ja hätten sogar Spezialisierungen stattfinden können. Es würde nicht schaden, wenn spezielle Pakete angeboten würden, dann kann man auch im Wechsel des Studiums an die Stellen gehen, die verschiedene Inhalte kompetent rüber bringen. So tut jede Schule ein bisschen. Jeder Dozent macht ein bisschen und wir sind an unsere Lehrkörper gebunden. Die Zeit läuft dahin, die Technologien entwickeln sich, die Lehrer bleiben gleich, innovativ ist das nicht. Wenn eine Schule explizit für irgendetwas stark aufgestellt ist, dann entwickelt sich dort eine Kompetenz und ich kann als Student mich dahin orientieren und Wissen zusammenfassen und konzentrieren. Kompetenzbündelungen machen auch das Angebot gezielter und überschaubarer.“ Ist denn die schlechte Arbeitsmarktlage der Industriedesigner nicht auch eine Frage der Quantität der Absolventen? [HD]: „Das fängt schon früh an, und da mache ich meinem Verband und den Schulen den Vorwurf: es gibt kaum einen Berufsstand, der heute noch so missionierend unterwegs ist, wie unserer. Designer können alles, die wissen alles, wir platzen vor Selbstbewusstsein und können uns nicht artikulieren, was wir eigentlich wirklich machen. Der Verband sagt es nicht, die Schulen sagen es nicht. Wieso erwarten wir von der Industrie, das die wissen, was wir gerne machen? Und dies ist ein eklatanter Fehler, dass wir hier ein Informations- und Artikulierungsmangel haben. Diese ganze Artikulierungsdramaturgie zwingt uns immer wieder zu erläutern, was wir eigentlich tun. Das heißt, es gäbe viel mehr Stellen, wenn die mit uns mehr anfangen könnten. Wir sind zum großen Teil selber an unserer Misere schuld.“ Wie haben sich Ihrer Meinung nach die Arbeitsprozesse im Bereich Industriedesign geändert? [HD]: „Wir haben sehr viele Prozesse des Erarbeitens, der Entscheidungsfindung und damit auch Umsatz im Design durch die leichtfertige Weitergabe von Entwurfsdaten verloren. Früher hat man die Leute mit dem Entwurf erst interessiert, dann hat man ausgewählt und dann hat man den eigentlichen Umsatz mit den Ausarbeitungen gemacht. Diese Designs waren durchweg sorgfältiger, durchgearbeiteter und überlegter.“ „Wir sind natürlich heute schneller geworden. Kommen an alle Informationsgeber in allen Bereichen, fast immer online. Wir können heute besser recherchieren, schneller recherchieren. Wir können heute auch kulturelle Belange und globale Angelegenheiten aktivieren. Darin besteht natürlich die Gefahr, dass wir uns von Strömungen treiben lassen, als Strömungen vorzugeben, vorausschauend entwickeln. Die Gefahr, den Überblick zu verlieren ist groß geworden.“ „Mit der heutigen Abwicklung in Arbeitsprozessen laufen wir Gefahr, beliebig zu werden. Auf der anderen Seite haben wir ein tolles Potenzial, um uns zu entwickeln, auch unseren Neigungen gemäß zu entwickeln. Wir haben phantastische Kommunikationsmöglichkeiten. Wir sind in interdisziplinären Teams auf allen Ebenen dialogfähig geworden.“ Sind die Designer Ihrer Meinung nach in die Produktentwicklung integriert? [HD]: „Nein, und das liegt daran, dass wir unseren Berufsstand nicht artikulieren. Der Unternehmer kommt ja gar nicht auf den Gedanken, uns dort einzuladen, wo es darum geht, das Briefing zu briefen. Wenn es und gelingt in einer Konzeptionsphase dabei zu sein, dann entwickelt sich fast immer eine interessante Abwicklung über längere Zeit.“ 202 „Wir sind aber hier mit unseren Möglichkeiten sehr effektiv. Wenn es uns gelingt früh dabei sein zu können, das ist meistens eine Entwicklung von Vertrauen und Akzeptanz. Wird dann der Entwicklungsvorgang von Marketingkonzeptionen vorgegeben, ist es ähnlich schwierig in den Entwicklungsprozess Eingang zu finden, nämlich dort, wo die Weichen gestellt werden.“ „Ein weiteres Problem ist, dass wir leider den direkten Bezug zu mittelständischen Unternehmerpersönlichkeiten insgesamt verloren haben. Ein anderes Thema ist die Ausschließlichkeit, die von uns verlangt wird, wir werden jedoch beliebig ausgetauscht und eingesetzt und wir haben keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungsfindung in der Produktentwicklung.“ Wie sehen Sie den Stellenwert von deutschem Design in einer globalen Wirtschaft? [HD]: „Wir als Designer haben zur Kenntnis zu nehmen, dass die Anderen, zum Beispiel die Chinesen, den Spieß umdrehen und mit ihren Produkten und mit ihrem Know-How kommen. Wir müssen die als Partner und nicht als 'lange Bank' akzeptieren. Wir Designer sind allerdings geübt in der Rolle, Dinge zu analysieren und zu strukturieren und können global aufgestellten Unternehmen eine Hilfestellung bieten, wenn es darum geht, Produkte von der Gestaltung her international marktgängig zu machen. Das ist eine riesen Chance für uns.“ Ist Design und Innovation noch eine deutsche Stärke? [HD]: „Wir haben vermutlich eine Zuordnung, die wir für uns in Anspruch nehmen sollten: das ist das Thema 'Finish und Qualität'. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich diese Wegwerfmentalität, die wir heute haben in einen globalen Wunsch von Nachhaltigkeit ändert. Und das ist unsere Kompetenz, diese Themen zu pflegen. Denn in sehr bedrängten Märkten sind Qualitätsprodukte sehr beliebt.“ „Ich bin davon überzeugt, dass Innovation, Qualität, Ideenreichtum, zielorientierte Kreativität ein deutsche Stärke, eine mentalitätsbegründete Stärke ist. Und wir müssen nur positiv an die neuen Aufgabenstellungen gehen.“ Vielen Dank für das Gespräch. 203 9.5 PRODESIGN410 Interview mit Bernd Brüssing, PRODESIGN, am 07.02.2006411. Bitte beschreiben Sie exemplarisch Ihren Arbeitsprozess. Bernd Brüssing [BB]: „Das was wir tun ist Konzept, Entwurf, Präsentation, technische Realisierbarkeit. Wir liefern Teile, fertig in der Konstruktion ob Blech oder Kunststoff. Fertig konstruiert für die Maschine, zum Produzieren, mit allen technischen Aspekten. Die Konstruktion machen zwei Designer am CAD. Wir haben keinen Konstrukteur dazwischen, wir besprechen unsere Konstruktionen mit dem hauseigenen Konstrukteur [auf Kundenseite], und der nimmt auch die Zeichnungen ab. Die Kontrolle und Freigabe liegt beim Kunden.“ „Das muss man heute können. Der Designer muss sich mit Materialien, mit Konstruktion, mit CAD auskennen. Das ist allerdings auch ein wichtiger Vorteil, damit bindest du die Kunden an dich. Das Thema Outsourcing ist ja heute ein wichtiges Thema, und das betrifft auch die technischen Abteilungen, also nimmt man von Außen Spezialisten hinzu. Und, noch ein Vorteil, das Design verändert sich nicht.“ Wie sehen Sie also das zeitgemäße Berufsbild 'Industriedesigner'? [BB]: „Was macht heute der Designer? Wir sind voll in Produktionsprozesse und in ökonomische Prozesse integriert. Dann sind wir Marketingunterstützer, wir sitzen mit dem Vertrieb am Tisch, wir suchen nach neuen Materialien und Produktkonzepten.“ „Wir sind Ideengeber in Sachen innovativer Technologien.“ „Design ist natürlich so ein Modeberuf. Da denken die Leute sie können groß kreativ sein und spinnen. Um so härter wird dann der Aufschlag auf dem Boden, wenn man sich draußen behaupten muss. Und viele [Designer] hinterlassen durch ihre Inkompetenz einen schlechten Geruch bei den Industriekunden.“ „Der Erfolg als Designer ist ganz klar der, wenn dein Produkt am Markt erfolgreich ist. Für den Kunden zählt nur, ich habe meinen 'Return to Invest' gekriegt und noch dran verdient.“ „Unsere Aufgabe ist es doch, komplexere Dinge und Inhalte so einfach wie möglich darzustellen, um sie beherrschbar zu machen.“ Wie beurteilen Sie Ihre Zusammenarbeit mit den Ingenieuren? [BB]: „Da wo wir nur bis zur Vorkonstruktion gehen, da führen die Ingenieure die Konstruktion weiter aus. Das heißt, auch die Kommunikation mit den Ingenieuern aus den unterschiedlichsten Disziplinen, ob das Konstruktion Metall, Konstruktion Kunststoff, Elektronik usw. ist, die muss man führen. Da laufen die jungen Leute, die frisch aus der Ausbildung kommen, ohne konstruktive Erfahrung, voll ins Messer.“ „Am Anfang sehen uns die Ingenieure als Konkurrenten. Da heißt es, 'aha, da kommt der Designer,'...da musst du dich erst beweisen. Und wenn die merken, du hast Ahnung von technischen Zusammenhängen, dann funktioniert es.“ „Wenn wir die Konstruktionen machen, dann kommt den Ingenieuren die Rolle der Optimierung, der Versuche, der Berechnungen, also die Durchführung aller mathematischen Prozesse zu. 410 PRODESIGN Bernd Brüssing Turmstraße 39 89231 Neu-Ulm Fon:+49 (0)731-73982 Fax:+49 (0)731-724318 e-mail: [email protected] www.prodesign-ulm.de 411 BRÜSSING, BERND, Interview am 17.02.2006, Neu-Ulm. 204 Aber die haben sich strikt an die Dinge zu halten, die wir vorgeben. Bei Änderungen müssen sie mit uns Rücksprache halten. Und das läuft gut.“ „Wenn man von außen kommt ist man immer erst einmal der Feind, der vielleicht am eigenen Stuhl knabbert. Das ist ein menschliches Thema. Da darf man als Designer auch nicht als der große Macker auftreten. Die Akzeptanz hängt viel damit zusammen, wie aufgeschlossen du dich gibst.“ „Ingenieure denken anders: die denken in Formeln, in Mathematik. Und das ist unser Vorteil, wir Designer denken in Strukturen, und wir gehen ganz anders an die Aufgaben heran.“ „Letztendlich müssen wir, der Designer auf der einen und der Ingenieur auf der anderen Seite, zusammenarbeiten und beide Disziplinen in dem Extrakt, das dann irgendwann einmal Produkt heißt, vereinigen. Das Ziel muss sein, ein Produkt so zu fertigen und so auf den Markt zu bringen, dass die Industrie davon profitiert, und dass wir unseren Standort hier sichern.“ „Im Großen und Ganzen habe ich gute Erfahrungen mit Ingenieuren gemacht. Die Ingenieure prüfen dich und sind dann offen, wenn du ihnen zeigen kannst, dass du Kompetenz hast.“ Wie stehen Sie zur deutschen Designausbildung? [BB]: „Wir haben Anfragen [von Designern] aus dem In-und Ausland. Da fällt immer wieder auf, dass ein ganz großes Manko in der Ausbildung ist das Fehlen von einem technischen Background. Da ist nichts da. Das ist dann die Aufgabe eines Designbüros, die Leute dahingehend auszubilden. Das ist ein großes Problem der Designer, wir könnten es ja, wenn wir richtig ausgebildet würden.“ „Designer müssen in ihrer Ausbildung CAD lernen, möglichst ein Ingenieursystem wie Solid Works oder Pro Engineer, pure Konstruktion. Und darauffolgend die perfekte Visualisierung.“ „Die Schulen reduzieren die Ausbildung zu sehr auf das Thema 'Konzept'. Was dann hinterher passiert, wenn es an die Umsetzung geht, was dann passiert, wenn das Produkt durch andere Hände geht, ist nicht wichtig. Und das sind wir nicht. Deshalb haben wir vielleicht auch nicht unbedingt den Ruf technisch versierter Partner zu sein.“ „Ein großes Problem an den Designschulen ist, dass die Dozenten, die dort lehren kaum selbst einen reellen Bezug zu dem haben, was draußen abgeht. Wir leben in einer so schnelllebigen Zeit, die technologische Entwicklung geht so rasant vorwärts, da muss man am Puls der Zeit sein. Wenn du mit diesen Dingen nicht aus deiner praktischen Arbeit heraus konfrontiert wirst, dann begegnen die dir gar nicht.“ „Wir dürfen unseren Bildungsvorteil nicht vernachlässigen. Wir Designer müssen unsere Ausbildung verändern. Es ist nicht mehr HfG[Ulm], obwohl die HfG schon damals mit der Industrie zusammengearbeitet hat. Da hat sich eben ein Gugelot oder ein Zeischegg mit den Ingenieuren von Braun zusammengesetzt, und viele Leute aus der Industrie haben Vorträge gehalten. Und genau das fehlt heute in der Ausbildung.“ Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Veränderungen im Industriedesign in den letzten 10-15 Jahren? [BB]: „Die größte Veränderung war die Verbannung des Zeichenbretts, ersetzt durch den Computer und die damit zusammenhängenden Investitionen. Für 5-6 Arbeitsplätze muss man im Jahr an die 30.000 Euro rechnen. Dann die Präsentation: du musst heute projezieren und kannst nicht mehr mit Kartons durch die Gegend rennen. Heute ist alles viel schnelllebiger geworden, die Entwicklungszeiten sind drastisch geschrumpft. Modellbau hat abgenommen, kommt aber wieder zurück, da auch die Kunden aus Fehlern lernen. Und wir haben heute tolle Technologien zur Verfügung, mit deren Hilfe wir uns kontrollieren können, durch modernste CNC-Fräsen, Stereolithografie und das ganze Prototypingthema haben wir ja auch viel Handwerkszeug dazubekommen.“ 205 Sind wir in einer globalen Wirtschaft konkurrenzfähig? [BB]: „Wir leben hier nur von Innovation. Das ist das Einzige, was uns nach vorne bringt und was diesen Standort Europa vielleicht schützen kann. Die Technologie gibt es überall.“ „Ich hoffe man besinnt sich auf gute Qualität und innovative Technologien, die hier geboren werden. Manchmal ist es hier auch ein Fehler in der Umsetzung. Es gibt grundlegende Entwicklungen, die in Europa gemacht worden sind, die wirtschaftlich nicht umgesetzt worden sind.“ „Eine wirkliche Gefahr sind gute junge asiatische Designer, die voll powern und die nicht fragen, ob der Tag 8 Arbeitsstunden hat, die tun 's, die sind gierig, die wollen Erfolg, die wollen ihre Dinge verwirklicht sehen. Die dürfen wir nicht unterschätzen, diese Herausforderung müssen wir annehmen und wir müssen besser und innovativer sein. Das große Problem unserer Industrie ist, dass die innovativen Dinge nicht umgesetzt werden. Man darf nicht immer nur der Marktforschung glauben. Wer sagt denn, was der Kunde will? Das weiß doch keiner so richtig! Da kannst du eine Marktuntersuchung nach der anderen machen, die Sicherheit, dass das Produkt ein ökonomischer Erfolg wird, kann dir keiner geben. Die Unternehmen sollten mehr probieren, anstatt das Geld in die Absicherung zu stecken.“ „In den großen Unternehmen haben wir das Problem, dass keiner mehr Verantwortung übernehmen will für Investitionen im größeren Stil, da werden denn die Entscheidungen nur sehr zögerlich getroffen und das ist kontraproduktiv für Design.“ „Es ist unsere Aufgabe als Designer, Produkte zu entwickeln, die ökonomisch so durchdacht sind, dass wir damit wieder marktfähig sind. Und wir müssen das Merkmal Design ausspielen. Die Technologie beherrscht der in Indien oder China genauso.“ „Wir müssen wieder Mut haben, wir müssen wieder positiv in die Zukunft gucken. Die Kapazitäten und das Know-How liegen hier, das dürfen wir nicht vergessen.“ „Man besinnt sich langsam wieder auf die Qualität von deutschem Design. Ich habe den subjektiven Eindruck, dass das deutsche Design eine neue Sachlichkeit und einen neuen Funktionalismus entwickelt, man besinnt sich wieder auf die Qualität.“ Vielen Dank für das Gespräch. 206 10. Auswertung der Interviews und Gespräche mit den Designern Die Gespräche wurden alle sehr offen geführt, teilweise von den Teilnehmern auch noch einmal korrigiert, denn die Designer wandern auf dem schmalen Grat der Diskrepanz zwischen selbstbestimmten Arbeiten und Dienstleistung und waren bei der Durchsicht der Interviews doch darauf bedacht, ihre Kunden nicht durch negative Äußerungen zu verärgern. Selbstbestimmtes Arbeiten und die so geschaffenen Freiräume sind der Nährboden für Kreativität, Querdenken und alternative Problemlösungen. Dies alles kommt den Auftraggebern zu Gute, denn auch sie sind angewiesen auf innovative Lösungen. Die meisten Designkunden wissen dies und wollen genau das, und dennoch schränken sie die Designer massiv durch Vorgaben aller Art ein. Dieses Spannungsfeld macht es den Designern manchmal schwer, ihre Kompetenz und ihren Stellenwert im Unternehmen zu behaupten. Und dieser Konflikt kam bei den geführten Gesprächen immer wieder an die Oberfläche, teilweise als Frust oder als Unverständnis für die eigene Lage, einerseits am Anfang der Produktentwicklung theoretisch alle Möglichkeiten im Entwurf zu haben und am Ende doch von Marketing und Technik 'fremdbestimmt' zu werden. Die ungekennzeichneten Zitate sind sämtlich aus den im vorangehenden Kapitel geführten Gesprächen und Interviews mit den Designern entnommen. Weitere Quellen sind wie im Übrigen in den Fußnoten aufgeführt. 207 10.1 Arbeitsprozesse Um einen Einblick in die Arbeitsweisen von verschiedenen Designbüros zu erhalten, haben mir die Gesprächteilnehmer exemplarisch ihren Arbeitsprozess beschrieben. Alle etablierten Büros arbeiten nach Auftrag und geben Angebote ab, die den Arbeitsprozess in Phasen beschreiben. Das 'Einsteigerbüro' STERNFORM erarbeitet überwiegend eigene Konzepte und Ideen bis zu Designprototypen, die dann an Hersteller oder Vertreiber verkauft werden. Das heißt, die Designer Andrea Großfuss und Olaf Kießling versuchen über Eigenentwicklungen Hersteller auf sich aufmerksam zu machen um, bei positiver Zusammenarbeit im Anschluss Nachfolgeaufträge zu generieren. Viele Neueinsteiger versuchen auf diese Weise in den Pool der Hersteller einzusteigen, denn sie haben mit dem Problem zu kämpfen, dass der Markt größtenteils unter den etablierten Designbüros aufgeteilt ist. Auch die alteingesessenen Büros haben Probleme mit der Akquise. Alle sagten mir, dass Direktakquise nur selten zum Erfolg führe, sondern dass sie fast ausschließlich über Empfehlungen zu neuen Kunden kämen. Der Arbeitsprozess gestaltet sich bei den Auftragsarbeiten exemplarisch wie folgt: 1. Briefing: Am Anfang sollte immer das Design Briefing stehen, das Mario Gagliardi als „Hilfsmittel für die erfolgreiche Navigation zum Ziel“ beschreibt412. Mit den Komponenten Ausgangspunkt, Weg und Ziel erfasst er grob die Eckpunkte, die in einem Briefing enthalten sein sollten. Stephan Deutsch, Inhaber des Büros DEUTSCH_DESIGN merkt an, dass Design Briefings von Kundenseite selten sind: „Design Briefings, was ist das? Diese müssen wir uns sehr häufig selbst definieren. Die Informationen müssen wir uns aus den Gesprächen mit dem Kunden eigenständig generieren.“ Und auch Rainer Zimmermann berichtet von den Mühen, ein Briefing mit den Kunden zu erstellen: „Im Normalfall erarbeite ich mein Briefing mit dem Kunden. Beim letzten Kunden habe ich sogar einen ganzen Tag einen Workshop gemacht, um das zu definieren, was wir haben wollen.“ Dies scheint jedoch eher die Ausnahme zu sein, Horst Diener konstatiert: „Der Unternehmer kommt ja gar nicht auf den Gedanken, uns dort einzuladen, wo es darum geht, das Briefing zu briefen.“ Im Sinne von integriertem Produktdesign sollten Design, Marketing und Technik gemeinsam das Briefing erstellen, was in größeren Unternehmen mit eigener Designabteilung selbstverständlich ist. Bei vielen mittelständischen Unternehmen, die mit externen Designern zusammenarbeiten, so der Eindruck der Designer, wird häufig mit den relevanten Informationen an die Designer sparsam umgegangen: „Es kam schon vor, dass ein Kunde Informationen bewusst vorenthalten hat, so unser Eindruck – man musste dann ununterbrochen nachfragen und bekam entscheidende Informationen erst nach der Präsentation zu hören. Man weiß im Anschluss dann gar nicht, was mit der Beauftragung eigentlich bezweckt wurde.“ 412 Vgl. Kapitel 3.3 Die Zusammenarbeit mit externen Designern: GAGLIARDI, MARIO, Mit dem Design Briefing zum Unternehmensziel. 208 Diese Erfahrung, die Stephan Deutsch als Extremfall beschreibt, ist kein Einzelfall und hat zum Einen mit der Angst der Unternehmen zu tun, vertrauliche Informationen außer Haus zu geben, und zum Anderen mit den am Projekt beteiligten Mitarbeitern, die sich unter Umständen von der Geschäftsleitung bei der Beauftragung eines externen Designers übergangen fühlen. Ein erfolgreiches Designprojekt beginnt mit dem Briefing und setzt die Bereitstellung der für das Projekt relevanten Informationen voraus. Vertrauen und die Anerkennung der Kompetenzen spielt hierbei auf Seiten des Auftraggebers und des externen Designers eine große Rolle. Die Unternehmensleitung muss diese Bereitschaft signalisieren und auch an die Mitarbeiter vermitteln. 2. Markt- und Designrecherche: Die Markt- und Designrecherche „gehört dazu, das ist wichtig! Unsere Kunden sind häufig überrascht, dass man diesen Schritt so umfangreich durchführt.“ Stephan Deutsch und die anderen Designer bieten sie als Leistungspunkt mit an. Ein etwas heikler Punkt, denn oft gehen die Meinungen darüber auseinander, was die Designer in welchem [rechtlichen] Rahmen da tun. In den meisten Fällen handelt es sich um eine Marktrecherche oder einen Wettbewerbsvergleich aus Sicht der Designer. Recherchemethode ist hierbei oft die Internetrecherche und die Sammlung von Informationen auf einschlägigen Messen. Hierbei geht es vor allem darum, zu beobachten, was die Mitbewerber im Designbereich vorlegen, zu fragen, was sind die Trends und Ähnlichkeiten zu Wettbewerbsprodukten im eigenen Entwurf möglichst auszuschließen. Eine professionelle Recherche bezüglich der Schutzrechte wird von den Designern kaum in Auftrag gegeben, denn diese ist teuer, und sollte vom Auftraggeber veranlasst werden. Rainer Zimmermann bestätigt: „Ich mache keine professionelle Patentrecherche. Ich fahre ins Patentzentrum in Stuttgart und scan durch, was alles zum Thema da ist.“ Solange keine professionelle Recherche bezüglich der Schutzrechte der Mitbewerber vorliegt, kann der Designer nicht ausschließen, [versehentlich] Schutzrechte zu verletzen. An diesem heiklen Punkt ist es absolut notwendig, mit dem Designauftraggeber festzulegen, wer für Recherchen verantwortlich ist, und in welchem Umfang diese gemacht werden. Der Designer ist als Urheber im Falle einer richterlich bestätigten Verletzung von Schutzrechten mitverantwortlich ! Eine Design- und Trendrecherche kann helfen, die Richtung der Entwürfe zu bestimmen. Hierbei geht es darum, herauszufiltern, wie sich der Auftraggeber mit dem neuen Design positionieren möchte und welche Designrichtung er einschlägt. Dies kann vom eigenen Sortiment her unter dem Stichwort Corporate Design vorbestimmt sein, oder es handelt sich um eine komplett neue Produktlinie, die im eigenen Haus und im Markt neu positioniert wird. Dieser Bereich gehört als Vorbereitung für die Entwürfe in jedem Fall zum Design dazu. Konkurrenz bekommen haben die Designer jedoch von Marktforschungsinstituten und Trendforschern, die immer mehr auch in die Produktgestaltung als Folge ihrer Untersuchungen eindringen. Für diese Dienstleistungen geben Unternehmen häufig viel Geld aus, die Designer hingegen können für ihre Recherchen kaum etwas verlangen. Ideal wäre auch in diesem Bereich eine ergänzende Zusammenarbeit im Vorfeld der Produktentwicklung. 209 3. Designkonzeption: Die Designkonzeption stellt die erste Entwurfsphase dar. Auf Grundlage von Briefing und Recherchen taucht der Gestalter in die Phase der Ideenfindung ein. Je nach Bürostuktur kann dies zunächst ein Prozess sein, der im Team stattfindet, als Besprechung mit ersten Skizzen, oder der Designer sucht im Alleingang nach Entwurfsansätzen. Rasch werden erste Ansätze schon in dieser Phase ins CAD übernommen: „Und dann geh ich her und mache Designkonzeptionen, klassische Designkonzeptionen. Das sind heutzutage CAD-Bilder, also Visualisierungen aber auch teilweise, auf Wunsch, Handscribbles.[...]Die Designkonzeption beinhaltet Anordnungsvarianten, Oberflächen und gestalterische Anmutung. In dieser Phase bespreche ich mich immer wieder mit der Technik, sollte etwas unklar sein.“ Rainer Zimmermann arbeitet in dieser Phase noch mit Flächen und Bildern, während Stephan Deutsch mit Solid Works [CAD] schon in Konstruktion geht: „je nachdem was nötig ist, um die Funktionsabläufe, Bewegungsabläufe und Geometrien der Entwürfe festzulegen und zu überprüfen.“ Der Vorteil an der Arbeit mit einem CAD-System liegt zum Einen in der sofortigen Überprüfbarkeit der Entwürfe bezüglich der Maße, Geometrien und technischen Anforderungen. Oft werden vom Kunden die technischen Geometrien als Datensatz vorgeliefert, und diese Baugruppen müssen dann in die Entwurfsgeometrien übernommen werden. Das bedeutet schon in dieser Phase sind die Entwürfe sehr nahe am Endprodukt. 4.Besprechung, Präsentation beim Kunden Die meist perfekte Visualisierung tut sein Übriges dazu, dass die Entscheider tatsächlich das Gefühl bekommen, sie hätten schon fertige Entwurfsalternativen vor sich. Sie neigen dann dazu, die nächste Entwurfsphase der genaueren Ausarbeitung zu überspringen und die Daten direkt zu übernehmen. „Wir haben sehr viele Prozesse des Erarbeitens, der Entscheidungsfindung und damit auch Umsatz im Design durch die leichtfertige Weitergabe von Entwurfsdaten verloren. Früher hat man die Leute mit dem Entwurf erst interessiert, dann hat man ausgewählt und dann hat man den eigentlichen Umsatz mit den Ausarbeitungen gemacht. Diese Designs waren durchweg sorgfältiger, durchgearbeiteter und überlegter.“(Horst Diener) 5. Ausarbeitung, Designkonstruktion Die Ausarbeitungsphase ist dazu gedacht, einen ausgewählten Entwurf aus der Konzeptionsphase weiterzubearbeiten und zu -entwickeln. Bernd Brüssing von PRODESIGN liefert „Teile [Entwürfe], fertig in der Konstruktion ob Blech oder Kunststoff. Fertig konstruiert für die Maschine, zum Produzieren, mit allen technischen Aspekten. Die Konstruktion machen zwei Designer am CAD. Wir haben keinen Konstrukteur dazwischen, wir besprechen unsere Konstruktionen mit dem hauseigenen Konstrukteur [auf Kundenseite], und der nimmt auch die Zeichnungen ab. Die Kontrolle und Freigabe liegt beim Kunden. Das muss man heute können. Der Designer muss sich mit Materialien, mit Konstruktion, mit CAD auskennen.“ Bernd Brüssing geht auf Wunsch des Kunden also den Weg der Auskonstruktion bis zur Produktion. In diesem Fall übernimmt der Designer größtenteils Aufgaben der Ingenieure, die dann nur noch für die Überprüfung der Konstruktion zuständig sind. Brüssing sieht dies als „ein wichtiger Vorteil, damit bindest du die Kunden an dich. Das Thema Outsourcing ist ja heute ein wichtiges Thema, und das betrifft auch die technischen Abteilungen, also nimmt man von außen Spezialisten hinzu. Und, noch ein Vorteil, das Design verändert sich nicht.“ 210 Stephan Deutsch bestätigt, dass „in diesem Zusammenhang [ist] CAD ist für uns ein unverzichtbares Arbeitsmittel [ist]. Wir gehen in der Auskonstruktion bis in die Schalen mit Formschrägen, so dass ein Konstrukteur vernünftig damit arbeiten kann.“ Einen anderen Weg schlägt Rainer Zimmermann ein: „Ich gebe keine Datensätze raus, nur Drucksachen. Ausbelichtete Bilder, nicht die CAD -Geometrie. [...] Wollen die [Kunden] nicht, die konstruieren immer alles selber. Ich biete es nicht an, ich bin kein Konstruktionsbüro. [...] Das steht auch in meiner vita. Meine Stärke ist strategisches und konzeptionelles Denken, und ich bin kein Konstrukteur. Ich bin ein talentierter Techniker. Das heißt, ich kenne mich aus, ich weiß wie ein Scharnier funktioniert. Ich war einer der ersten, die blaue LEDs den Leuten verkauft hat,[...] ich habe Lichtdecken entwickelt. [...] Das mache ich alles, aber ich bin kein Konstrukteur, warum soll ich denen die Arbeit weg nehmen? Ich wäre ja auch sauer, wenn plötzlich die Ingenieure kommen würden und behaupten, sie können designen, sie machen ja sowieso die ganze Oberfläche.“ Inzwischen gehen jedoch viele Designdienstleister tiefer in die Konstruktion als in der Vergangenheit. Zum Einen macht das Werkzeug CAD dies in Grenzen, die sich die Designer selbst setzen möglich, zum Anderen fordern viele mittelständische Kunden, die Entwicklungsund Produktionsleistungen auslagern, eine möglichst reibungslose Einbindung der Entwürfe in die Wertschöpfungsketten. Das Problem hierbei ist tatsächlich die Frage wie weit kann und darf der Designer in der Konstruktion gehen? In den meisten Fällen haben Designer keine Ingenieursausbildung und im Übrigen auch keine Versicherung, die im Falle von Fehlern in der Konstruktion Schäden regulieren würde. So ist auch hier eine genaue Absprache mit den Auftraggebern notwendig die regelt, ob und in welchem Zustand Entwurfsdatensätze übernommen werden, und wer diese kontrolliert und absegnet, bevor sie in die kostenintensive Produktionsphase einfließen. Ein weiterer Punkt in der Ausarbeitung der ersten Entwürfe ist der Designmodellbau, zur Überprüfung von Proportionen, Maßen und der Erscheinung. Hier entspricht die Aussage von Stephan Deutsch der Erfahrung der anderen befragten Designer: „Designmodelle kommen vor, allerdings kein aufwändiger Modellbau mehr. Es wird eher in den Prototypenbau investiert.“ Waren die meisten Industriedesignbüros in der Vergangenheit mit Modellbauwerkstätten ausgestattet, stehen diese heute weitgehend unbesetzt da. In der klassischen Designausbildung ist das Erlernen von Fähigkeiten im Modellbau unerlässlich und gehört zu den Grundwerkzeugen der dreidimensionalen Visualisierung. Designmodelle dienen nicht nur den Kunden zur Entscheidungsfindung, sondern auch dem Gestalter zur Überprüfung seiner Entwürfe. Kosten- und Zeitdruck und die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der virtuellen CADModelle haben einen massiven Rückgang der Designmodelle bewirkt. Nur wenn die Auftraggeber tatsächlich den Nutzen dieser ersten Modelle einsehen, sind sie auch bereit, die Kosten für diesen Schritt vor dem Prototyping zu übernehmen. 6. Umsetzung: In der Umsetzungsphase hängt das Engagement der Designer stark von der Branche und den Vorstellungen der Designkunden ab. Im Konsumbereich sind häufig die Einflussmöglichkeiten auf den eigenen Entwurf mit der Abgabe der Entwurfsdaten begrenzt, da sich die 'Umsetzungsmaschinerie' mit den beteiligten in- und externen Ingenieuren und Produzenten in Bewegung setzt. Das heißt vom Prototypenbau bis über die Werkzeugkonstruktion und der Serienreife entwickeln sich die Prozesse oft am Designer vorbei. 211 Dies passiert auch im Investitionsgüterbereich, aus dem Gespräch mit Thomas Starczewski, Designer und Detlev Gertitschke, Entwicklungsleiter bei UHLMANN Pac-Systeme zu entnehmen ist: [TS]: „Wir arbeiten gemeinsam an der Ausarbeitung. Es findet ein reger Informationsaustausch zwischen den Konstrukteuren und Designern statt. Das wird dann, je weiter ein Projekt fortgeschritten ist, immer weniger. In der Detaillierung würde ich das Design gerne noch weitertreiben. Aber es gibt den Punkt, wo gesagt wird, da geht es für das Design nicht weiter.“ [DG]: „Da wo Sie Konkurrent zum Konstrukteur werden, da kommt mit Sicherheit dann wieder die Barriere. Bei der Variantenbildung wird der Designer dann auch nicht mehr beauftragt.“ [TS]: „Da bin ich dann auch manchmal überrascht, was rauskommt...das bekommt dann eine Eigendynamik“ [DG]: „Da wird gespart. Das hängt vom Kundenauftrag ab oder bei einer Kostenüberarbeitung, da gibt es ein klares Kostenziel, da sind Sie dann nicht mehr dabei.“ Je nach Ausrichtung des Auftraggebers kann die Zusammenarbeit in der Umsetzung und darüber hinaus mehr oder weniger intensiv gestaltet sein: „Wenn es um die konkrete Umsetzung geht, je nachdem, ob die Kunden das im Hause machen können oder nicht, kommt dann unser Umsetznetzwerk [Konstrukteure, Prototypenbauer, usw] zusammen, bis zur Konstruktion und Lieferantenauswahl.“(Stephan Deutsch) Und Rainer Zimmermann legt viel Wert auf die Umsetzung und Projektbetreuung bis zum Schluss: „Ich gehe immer über die eigentliche Produktgestaltung hinaus, weil ich nicht nur daran interessiert bin, dass das Produkt auf den Markt kommt, sondern auch wie es auf den Markt kommt, also sprich von Verpackung bis zum Messestand.“ Zusammenfassung: Esther Kiss hat in ihrer Dissertation 'Integriertes Produktdesign. Normstrategien zur Einbindung des Industriedesigns in die Integrierte Produktentwicklung' festgestellt, dass die Industriedesigner nicht oder zu spät in Planungsprozesse einbezogen würden und Entscheidungen in der Planungsphase ohne den Bezug zum Design getroffen würden: „Charakteristisch ist die fehlende Einsicht des Designers ins Gesamtprojekt, sowie eine restriktive Informationspolitik von seiten des Auftraggebers.“413 Dies bestätigen im Großen und Ganzen auch die interviewten Designer. Hier muss man allerdings nach den Auftraggebern und deren Designbewusstsein differenzieren. Die befragten Designer berichteten durchaus von positiven Beispielen der Zusammenarbeit, wie Thomas Gertitschke, Designer für UHLMANN Pac-Systeme: „Wir sind integriert, ich fühle mich integriert. Ich möchte behaupten, dass durch die jahrelange Zusammenarbeit mit Designern und die Designorientiertheit der Firma Uhlmann Design ein integrierter fester Bestandteil des Entwicklungsprozesses geworden ist.“ Was von den Gesprächspartnern, auch auf Unternehmerseite, bestätigt wird, ist ein Trend zu effektiven Prozessabläufen in der Produktplanung und -umsetzung, die Kosteneffizienz und Umsetzungssicherheit gewähren sollen. Dies ist unter dem Aspekt global verteilter Prozessstrukturen der Lösungsansatz der Unternehmen, die immer komplexer werdenden Prozesse in den Griff zu bekommen. Um so schwieriger für die kleineren Unternehmen, die global agieren und nicht die Möglichkeit haben, die Prozesse unternehmensintern zu steuern. Das heißt, sie müssen die internationale Zusammenarbeit mit ihren Zulieferern steuern und optimieren, was einen erheblichen logistischen und Verwaltungsaufwand bedeutet. 413 KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 22ff. 212 Diesen Punkt beschreibt Stefan Maier, Produktmanager bei BEURER in einem Interview: [SM]: „Eigentlich sollte die Zusammenarbeit von Projekt zu Projekt besser klappen aber in den chinesischen Firmen gibt es das große Problem der Fluktuation, dass Mitarbeiter häufig wechseln, und dann kann man wieder von vorne beginnen. Außerdem ist das Bewusstsein für Design und Ergonomie der Produktivität und den Kosten untergeordnet. Die Konstrukteure sind darauf getrimmt, möglichst schnell in die Werkzeuge zu gehen und die Termine, die ihnen von den Salesleuten gemacht werden, einzuhalten. Also der Aufwand, der getrieben wer den muss, um Qualität zu bekommen, ist dort dem Profit untergeordnet.“ Und dieser Aufwand seitens der Unternehmen schlägt sich auch auf die Designprozesse nieder, deren Ergebnisse letztlich zum reibungslosen Ablauf in der Produktentwicklung beitragen sollen und darüberhinaus den Auftraggebern die Mittel in die Hand geben, auf den konkurrenzintensiven internationalen Märkten zu agieren. Im Rahmen der Integration in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen laufen die externen Designer in Gefahr, ihre charakteristischen Ausprägungen in den Entwürfen und in ihrer Arbeitsweise zu verlieren, dies merkt auch Horst Diener an: „Mit der heutigen Abwicklung in Arbeitsprozessen laufen wir Gefahr, beliebig zu werden.“ 213 10.2 Erfahrungen mit Designakzeptanz und Zusammenarbeit in den Unternehmen Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Unternehmen mit externen Designbüros ist die grundsätzliche Akzeptanz und das Verständnis für die Kompetenzen und Aufgaben des Designers im Unternehmen. Die positive Grundhaltung der beteiligten Mitarbeiter für den eindringenden, und oft unbequeme Fragen stellenden 'Störer' Designer, kann unter anderem zur Integration des Designs im Unternehmen beitragen. In den Gesprächen mit den Designern wurden zu Stellenwert und Akzeptanz die nachfolgenden Aussagen gemacht. 10.2.1 Stellenwert und Akzeptanz der Designer in den Unternehmen Designakzeptanz war in der Vergangenheit bei den mittelständischen Unternehmen 'Chefsache'. Der Inhaber bestimmte über sein Produktsortiment und suchte den 'Hausdesigner' aus. Hier saß der Designer mit dem Inhaber und Entscheider in Personalunion am Tisch und präsentierte seine Ideen und Entwürfe. Stimmte die Chemie, erwuchsen aus dieser Konstellation oft jahrelange konstruktive Geschäftsbeziehungen, und die Entscheidungswege waren kurz, sie liefen nämlich meist über eine Person. Die Zusammenarbeit von Designer Franco Clivio mit den ehemaligen Inhabern von GARDENA, Kress und Kastner ist eine solche beispielhafte Erfolgsgeschichte. Heute beklagen viele Designer das Fehlen von richtungsweisenden Unternehmerpersönlichkeiten, die die Produktsortimente entscheidend mitprägen. Horst Diener: „Ein weiteres Problem ist, dass wir leider den direkten Bezug zu mittelständischen Unternehmerpersönlichkeiten insgesamt verloren haben.“ Rainer Zimmermann: „Am liebsten sitze ich mit dem Chef zusammen, wobei das nicht immer geht. [...] Früher war die Präsentation immer beim Chef. Inzwischen sind die Firmen so groß, da sind zehn Leute bzw. drei Ebenen davorgeschaltet. Mit den Inhabern direkt zu tun zu haben ist die beste Schiene, da weißt du genau, wie du dran bist. [...] Weil die entscheiden nachher auch, wie es weitergeht.“ „Meine Ansprechpartner kommen inzwischen überwiegend aus dem Vertrieb und Marketing in Kombination Leuten aus der Technik.“ Heute sind die Unternehmensstrukturen komplexer und die Entscheidungen auf viele Rücken verteilt. Dies liegt zum Einen an den expandierenden Unternehmensaktivitäten auf dem globalen Markt und zum Anderen an der Integration kleinerer Unternehmen in große Konzerne mit ihren komplexen hierarchischen Strukturen. Wie in Kapitel '6.3.6 Design und Entwicklung in der 'Basar-Ökonomie Deutschland'' beschrieben, sitzen dem Designer mehrere Ansprechpartner aus verschiedenen Bereichen gegenüber: Marketingleiter plus Assistenz, technischer Leiter plus Projektingenieur[e], Geschäftsführer und/oder Inhaber. Neben rein logistischen Problemen kommen hier menschliche Komponenten hinzu: Wenn nur ein Akteur auf Kundenseite blockt, kann der ganze Designprozess ins Stocken kommen oder sogar zum Misserfolg führen. Und dieses Szenario ist bei der Vielzahl der Ansprechpartner und 'partiellen Entscheider' realistisch, so Stephan Deutsch: „Es kam schon vor, dass ein Kunde Informationen bewusst vorenthalten hat, so unser Eindruck – man musste dann ununterbrochen nachfragen und bekam entscheidende Informationen erst nach der Präsentation zu hören.“ 214 Solche Negativbeispiele lassen sich unter Umständen vermeiden, wenn die Unternehmensführung die Mitarbeiter frühzeitig 'mit ins Boot nimmt', was Entscheidungen bezüglich des Produktdesigns betrifft. Schon die Auswahl des externen Designers kann eine ausschlaggebende Weiche sein: „Bei der Findung eines Designers besteht im Allgemeinen sehr große Unsicherheit den Richtigen zu finden. Und so gibt es teilweise groteske Ausschreibungen und Anschreiben. Es ist heute keine Seltenheit, dass 15 und mehr Designbüros für die gleiche Aufgabe angefragt werden. Selten macht man sich dann die Mühe den richtigen Designer auf die speziell anstehenden Anforderungen zu briefen. Diese Vorgänge haben oft Alibifunktion, denn die Entscheider haben natürlich eine hohe Verantwortung den Richtigen zu finden.“ (Horst Diener) Diese Unsicherheiten der Entscheider sind verständlich, denn die Wahl des passenden Designbüros ist ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung der Vorstellungen und Philosophie des Unternehmens und, genauso wichtig, für das Funktionieren der Zusammenarbeit mit den einzelnen Mitarbeitern, den Marketingleuten und Projektingenieuren im Unternehmen. Wenn die Mitarbeiter in den Auswahlprozess miteinbezogen werden, haben sei nicht das Gefühl, ihnen würde 'von oben' ein Designer 'vor die Nase' gesetzt. In jedem Fall trägt eine solche Vorgehensweise zur durchgängigen Akzeptanz der Designer bei. Freilich müssen auch die Designer selbst etwas dazu beitragen, wenn Vertrauen aufgebaut werden soll: „Wenn es dem Designer gelingt, seinem Kunden klar zu machen, dass er mitarbeiten möchte und sich ins Team integrieren kann, ist die Effektivität und damit die Akzeptanz des Designers leichter zu vermitteln. Häufig irritiert der Designer durch die Tatsache, dass er alles kann. Hier haben wir häufig eine Situation, die der Seriosität schaden kann und letztlich der Akzeptanz.“ (Horst Diener) „Es liegt aber auch an den Personen. Es gibt Leute [Designer], die sind nie integriert. Die Persönlichkeit spielt meiner Meinung nach eine große Rolle. Man muss miteinander klar kommen, die Chemie muss stimmen.“ (Detlev Gertitschke, UHLMANN) „Wenn man von Außen kommt ist man immer erst einmal der Feind, der vielleicht am eigenen Stuhl knabbert. Das ist ein menschliches Thema. Da darf man als Designer auch nicht als der große Macker auftreten. Die Akzeptanz hängt viel damit zusammen, wie aufgeschlossen du dich gibst.“ (Bernd Brüssing) Im Konsumgüterbereich ist die Designakzeptanz bei den Unternehmen am größten, da die Abhängigkeit vom Design der Produkte sehr hoch ist. Dennoch gibt es auch hier Geschäftspraktiken, die die externen Designer mehr als beliebige Zulieferer erscheinen lassen, als als Partner in der Produktentwicklung. Stephan und Stefanie Deutsch auf die Frage: Wie beurteilen Sie die Designakzeptanz beim Mittelstand: „Skeptisch, weil viele Unternehmer das Gefühl haben, das könnten sie sowieso selbst! Aber es spricht sich schon rum, dass man etwas machen muss. Und so bekommt man dann den Vorschlag zu hören: 'Machen Sie doch mal ein paar [kostenlose]Vorschläge.' Und das macht keinen Sinn. Design muss auf einer vernünftigen geschäftlichen Basis ablaufen. Da wird man leicht als der Künstler abgetan. Obwohl sich das Bild so langsam ändert. Wenn man mit Marketingleuten spricht, ist die Akzeptanz meist höher, als bei Technikern.“ „Alle 'schwätzen' vom Design, aber keiner ist bereit, die Mühen eines Prozesses auf sich zu nehmen. Man möchte ein nettes Bildchen oder eine Idee aber ein Entwicklungsprozess wird nicht mehr zugelassen.“ Auch im Designbereich gilt das Prinzip 'Angebot und Nachfrage', und das Angebot an Designdienstleistungen ist in Deutschland höher, als die Nachfrage aus der Industrie. 215 Diese Tatsache impliziert einen starken Wettbewerb unter den Designern, der manche Büros auch nicht vor den von Stephan Deutsch angesprochenen 'kostenlosen Vorschlägen' zurückschrecken lässt. Auch die Hochschulen steigen zunehmend in diesen Wettbewerb mit ein: „Das Hauptproblem ist, dass zu viele ausgebildet werden und im Gegensatz dazu zu wenig Gestalter benötigt werden. Und das macht auch den Markt kaputt. Die Hochschulen fangen an, teilweise praktisch kostenlose Designstudien zu machen und booten die Designbüros aus. Das haben wir schon mehrfach erlebt, dass wir einen konkreten Kontakt hatten, dann kam eine Hochschule und das Projekt war weg.“ (Stephan Deutsch) Dieses Problem sieht auch Rainer Zimmermann als Vertreter des VDID: „Ein weiterer Diskussionspunkt im VDID ist die Unterbindung der aktiven Konkurrenz von Hochschulen auf dem professionellen Designmarkt. Wenn die Hochschulen Projekte oder Aufträge im ganz normalen Markt abziehen, dann frage ich mich, warum es überhaupt noch Hochschulen gibt und keine berufliche Ausbildung? Warum kommen die Studenten nicht zu mir und machen solche Projekte, und ich kann sie in eine professionelle Kalkulation miteinbinden und nicht nicht in eine Drittmittelkalkulation, wo die Software nichts kostet, wo die Hardware nichts kosten und die Räume nichts kosten.“ Das bedeutet nicht nur, dass die Designer selbst, bzw. die Designschulen den Wettbewerbsdruck unmittelbar erhöhen, sondern auch den Stellenwert von Design in den Unternehmen untergraben. Die versuchen von diesem großen Angebot zu profitieren und wechseln nicht selten ihre Designer in einer Häufigkeit, die eine fruchtbare Zusammenarbeit und akzeptierte Stellung innerhalb des Unternehmens nicht zulässt. Auch der Preiskampf spielt hierbei eine Rolle. Nicht selten werden die Designbüros nach abgegebenen Angeboten primär vom Controlling nach Kostenfaktoren ausgesucht, und wenn ein Bewerber erste Entwürfe umsonst anbietet, werden die gerne in die Entwicklungsmappen des Unternehmens integriert. Dennoch beurteilt Horst Diener den Designstellenwert in den Unternehmen positiv: „Führende Unternehmen, Marktführer, sind auch führend im Design. In vielen Unternehmen ist Design zu einer Marketingstrategie geworden und häufig auch mit starken Elementen der Qualitätssicherung nach Innen verbunden. Das heißt, überall da wo Design Qualität sichtbar machen möchte, ist bei den Mitarbeitern ein besonderes Qualitätsbewusstsein zu beobachten.“ Zusammenfassung: Es hat sich heute herumgesprochen, dass Industrie-, Produktdesign in den meisten Branchen notwendig ist, um sich auf dem globalen Markt zu differenzieren und um, mit der Kommunikation der Marke und Firmenphilosophie durch das Design eine Kundenbindung zu erreichen. Dies bestätigt der weltweite Erfolg von Markenprodukten. Auch im Investitionsgüterbereich kann man die Annäherung ans Design auch von mittelständischen Unternehmen beobachten: „Ich bin sehr dafür, dass man Industriedesigner in ein Projekt holen sollte, vor allem wenn man die Kostenrelationen sieht. Wenn man eine Werkzeugmaschine entwickelt, dann kostet die Entwicklung von 500.000 bis 1,2 Millionen EURO, das Design kostet 3-5 %. Und trotzdem hängt der Verkaufserfolg oft vom äußeren Erscheinungsbild ab. Durch gutes Design muss die Qualität der Maschine nach Außen transportiert werden. Die hohe Qualität der Maschine wird also durch das Industriedesign visualisiert.“(Helmut Roschiwal) Dennoch spiegelt sich diese Erkenntnis nicht unbedingt in den Arbeitsbeziehungen zwischen den Unternehmen und externen Designern wieder. Designentscheidungen waren früher 'Chefsache' und werden heute von vielen getroffen. 216 „In den großen Unternehmen haben wir das Problem, dass keiner mehr Verantwortung übernehmen will für Investitionen im größeren Stil, da werden denn die Entscheidungen nur sehr zögerlich getroffen und das ist kontraproduktiv für Design.“ (Bernd Brüssing) Da Design so viele Schnittstellen beinhaltet, fühlt sich auch jeder im Unternehmen befugt, seine Meinung abzugeben: das Marketing, die Technik, der Vertrieb und die Geschäftsleitung. Viele Köche verderben den Brei? In vielen Fällen: ja! Würden diese Unternehmensbereiche partnerschaftlich mit dem Design zusammenarbeiten, könnten sich die Projekte konstruktiv und parallel fortentwickeln. Da jedoch das Design häufig erst an dem Punkt beauftragt wird, wo sämtliche Bedingungen von Marketing und Technik schon 'festgezurrt' sind, kann keine partnerschaftliche Erarbeitung der Aufgabe mehr erfolgen, und die Designer sind angewiesen auf Informationen der jeweils zuständigen Mitarbeiter des Unternehmens. Da die Unternehmensbereiche wie Marketing und Entwicklung häufig ein Eigenleben führen, müssen die Informationen der verschiedenen Ansprechpartner zu einem Projekt auch nicht unbedingt übereinstimmen. Das heißt, dass die Designer zunächst mit der Informationsbeschaffung zu kämpfen haben, da sie als Externe nicht automatisch Zugriff zu allen projektrelevanten Informationen haben. Hier wird es von den Auftraggebern oft den Designern überlassen, ihre eigentliche Aufgabe zu definieren, so bestätigt auch Dr.Eckert, Entwicklungsleiter bei WANZL, „dass in vielen Fällen mit den Designern „kein fairer Dialog“geführt werde, dass diese vor allem am Anfang des Entwurfsprozesses von den Auftraggebern allein gelassen würden und es dadurch zu vermeidbaren Konfrontationen kommen müsse. Er verlangt von den Designern in diesem Zusammenhang eine fast „aggressive Informationsbeschaffung“ und sieht die Designer in der „Holschuld“. Erst nach mehreren Projekten spielen sich die Wege der Zusammenarbeit ein, und die Beteiligten kennen untereinander die Anforderungen und Arbeitsweise. Und diese 'Einspielzeit' ist wichtig für die Bildung von Vertrauen, das wiederum die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit und adäquate Stellung der Designer im Unternehmen darstellt: „Die Unternehmen, die mit Design arbeiten und gute Erfahrungen mit Designern haben, haben auch im aktuellen Geschehen ihre Designer [...] entsprechend positioniert. Designer arbeiten im Allgemeinen auf Augenhöhe mit dem Projektmanagement.“ (Horst Diener) So arbeiten im Übrigen auch alle von mir befragten Unternehmen schon seit mehreren Jahren erfolgreich mit ihren Designern zusammen. Designakzeptanz hängt immer von beiden Seiten ab, von der Auftraggeberseite und den Designern selbst, und letztlich zählt der Markterfolg der umgesetzten Projekte: „Der Erfolg als Designer ist ganz klar der, wenn dein Produkt am Markt erfolgreich ist. Für den Kunden zählt nur, ich habe meinen 'Return to Invest' gekriegt und noch dran verdient.“ (Bernd Brüssing) 10.2.2 Zusammenarbeit mit den Ingenieuren in den Unternehmen Die Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung spielt besonders bei der Umsetzung der Designentwürfe eine Schlüsselrolle. Hier entscheidet sich, ob und wie die Entwürfe zur Realität werden. Je besser die Zusammenarbeit zwischen den Designern und Ingenieuren funktioniert, desto reibungsloser können die Entwürfe in die Prozesskette der Entwicklung übernommen werden. Auch an dieser Stelle sind die zwischenmenschlichen Erfahrungen ein wichtiger Faktor für das Arbeits- und Vertrauensverhältnis zwischen Technikern und Designern: 217 „Es kommt auf die Partner an und darauf, wie man sich selber zu ihnen stellt. Meine schlechteste Erfahrung habe ich im Angestelltenverhältnis gemacht, wo die Ingenieurpartner im eigenen Unternehmen eher gegen mich als für mich gearbeitet haben. Es ging darum, wer hat die höhere Kompetenz. Von seiten der Ingenieure das typische geht nicht, kann man nicht. Es gibt aber auch sehr gute Erfahrungen, wo der beteiligte Ingenieur genauso positiv dazu beigetragen hat, wie ich das wollte. Ich glaube es ist ganz wichtig, den Leuten klar zu machen, dass es nur darum geht gemeinsam erfolgreich zu sein.“ (Rainer Zimmermann) „Am Anfang sehen uns die Ingenieure als Konkurrenten. Da heißt es, 'aha, da kommt der Designer,'...da musst du dich erst beweisen. Und wenn die merken, du hast Ahnung von technischen Zusammenhängen, dann funktioniert es.“ (Bernd Brüssing) Und es zeigt sich, wie die Ingenieure von der Unternehmensleitung auf Zusammenarbeit mit Design vorbereitet wurden: „Das sind oft firmeninterne Geschichten. Da stehen sich das Marketing und die Konstruktionsabteilung gegenüber - der Eine möchte unbedingt einen Designer mit einbeziehen, und der andere behauptet, das brauchen wir nicht, und das beweisen wir euch auch!“ (Stephan Deutsch) Die Erwartungshaltung gegenüber den Designern ist häufig zunächst diffus, meint Stephan Deutsch: „Meistens er warten die Techniker viel weniger substanziell Entwickeltes. Viele denken, da kommen lediglich irgendwelche Bilder. Aber dass unsere Entwürfe so konkret umsetzbar sind, erwarten sie nicht.“ Und „die Ingenieure prüfen dich und sind dann offen, wenn du ihnen zeigen kannst, dass du Kompetenz hast.“ (Bernd Brüssing). Die Kommunikation ist die Achillesferse in der Zusammenarbeit, und die ist häufig schlecht: Olaf Kießling: „Wir haben oft massive Kommunikationsschwierigkeiten bei der Umsetzung von Projekten. Als ein Beispiel führe ich ein Projekt an, bei dem die kompletten Designdaten und der Prototyp dem Kunden zur Verfügung gestellt wurden. Dieser beauftragte eine Firma in Tschechien für die Auskonstruktion und den Werkzeugbau. Wir hatten in der Folgezeit keinerlei Kontakt zum Konstrukteur, und dieser änderte den Entwurf in Optik und Funktion komplett ab. Die Folge war ein unbrauchbares Spritzgusswerkzeug. Wir empfinden den oft fehlenden Informationsaustausch als größtes Hemmnis in der Umsetzungsphase eines Designprojektes.“ Diese Erfahrung ist symptomatisch in einer Zeit, in der die Entwicklungsprozesse eines Unternehmens standortunabhängig aufgesplittet werden, wie in Kapitel 4 'Produktdesign im globalen Umfeld' und Kapitel 6 'Die Akteure an der Schnittstelle Design und Konstruktion/Entwicklung' ausführlich beschrieben. Der Zukauf von Dienstleistungen wie Konstruktion und Produktion im Ausland erschwert eine durchgängige und offene Kommunikation in der Produktentwicklung. Sobald der Designentwurf vom koordinierenden Projektingenieur an den Zulieferer von Konstruktionsleistungen im Ausland weitergeleitet wird, entstehen spätestens die Schwierigkeiten. Stefan Maier und Heiko Hafner, Projektingenieure bei BEURER über ihre Zusammenarbeit mit chinesischen Kostrukteuren: Stefan Maier: „Die einzelnen Mitarbeiter dort haben nicht das Gespür, das Mitdenken, sondern sie arbeiten nach Anweisung. Sie müssen sich das so vorstellen, dass die Büros, nicht so wie hier in Europa großzügig sind, und dass man einen relativ nahen Kontakt zu seinen Kollegen hat. Sondern es sind kleine Parzellen und jeder Konstrukteur ist für sich. Sie als Auftraggeber haben dann einen Ansprechpartner im Salesbereich und der koordiniert Ihre Angelegenheiten intern. Nur, dieser Mitarbeiter ist kein Ingenieur, sondern ein Verkaufsleiter, und der hat überhaupt keinen Einblick in das [technische] Problem, das er auf seinen Schreibtisch bekommt. Er leitet das weiter, ein Konstrukteur erledigt das und schiebt es wieder zu ihm zurück. Dann wird das Ergebnis an uns geschickt, und an dieser stelle passieren die Fehler und Missverständnisse.“ 218 Heiko Hafner: „Letztendlich liegt es tatsächlich an unseren Kontaktpersonen, wie gut die das managen. Und diese Beziehung muss man aufbauen und die Ansprechpartner für unsere Denke sensibilisieren. Aber die delegieren eben auch nur und schicken uns die Daten oder Muster kommentarlos, und wir wissen oft überhaupt nicht, was ist falsch, was sind die Änderungen. Wir wissen oft nicht, warum wurde das eine oder andere Detail geändert. Da ist die Kommunikation wirklich schlecht.“ Faktisch sind die Projektingenieure, als Ansprechpartner für die Designer in der Umsetzung in vielen Fällen nicht mehr die eigentlichen Konstrukteure, sondern sie koordinieren die Projekte weltweit. Dies bedeutet jedoch auch, dass sie kaum Erfahrungswerte in der Konstruktion vorweisen können und so die Designer einen Teil ihrer eigentlichen Aufgaben übernehmen, um dem externen Konstrukteur möglichst selbsterklärende Datensätze zur Verfügung zu stellen. „Da kommen von unserer Seite manchmal Daten an, da müssen die Techniker gar nicht mehr so viel machen, da kommt auf jeden Fall deutlich mehr heraus, als sie vermuten. [...]“ „In diesem Zusammenhang ist CAD ist für uns ein unverzichtbares Arbeitsmittel. Wir gehen in der Auskonstruktion bis in die Schalen mit Formschrägen, so dass ein Konstrukteur vernünftig damit arbeiten kann.“ (Stephan Deutsch) Fast alle befragten Designer arbeiten mit CAD, die meisten mit Solid Works, und halten diese Arbeitsweise und die Herausgabe der Datensätze für unverzichtbar, um sich in die Prozessketten in der Produktentwicklung integrieren zu können. In Opposition dazu steht Rainer Zimmermann, der seine Kompetenzen im Entwurf und nicht in der Konstruktion sieht: „Ich gebe keine Datensätze raus, nur Drucksachen. Ausbelichtete Bilder, nicht die CAD -Geometrie. [...] Wollen die [Kunden] nicht, die konstruieren immer alles selber. Ich biete es nicht an, ich bin kein Konstruktionsbüro. [...] [W]arum soll ich denen die Arbeit wegnehmen? Ich wäre ja auch sauer, wenn plötzlich die Ingenieure kommen würden und behaupten, sie können designen, sie machen ja sowieso die ganze Oberfläche.“ „Ich habe teilweise Vertriebskunden ohne eigene Entwicklung aus dem Bereich Großwerbeanlagen.[...] Da hab ich die technischen Zeichnungen geliefert, die 1:1 Maße und und dann haben die das umgesetzt ohne mich. Im Ausland. Wir sind dann manchmal nach Toulouse geflogen und haben uns die Sachen angeschaut. Aber meistens haben die mir eine Ecke geschickt oder ein Profil und ich habe gesagt, wo ich was hinhaben möchte. Wie die die Profile ausgestalten, Befestigung ect., da halte ich mich raus, weil ich immer sage, Wandstärken ist nicht mein Bier. Ich habe nicht Statik studiert. Ich lege den Konstrukteuren immer nahe: möglichst wenig Material, möglichst verwindungssteif. Ich schreibe die Außenradien vor, Farbe und Oberflächenmattierung.“ Bernd Brüssing sieht seinen Stärken neben der Entwurfskompetenz ganz klar auch in der Konstruktion, soweit der Auftraggeber ihn diese Rolle zukommen lässt: „Da wo wir nur bis zur Vorkonstruktion gehen, da führen die Ingenieure die Konstruktion weiter aus. Das heißt, auch die Kommunikation mit den Ingenieuern aus den unterschiedlichsten Disziplinen, ob das Konstruktion Metall, Konstruktion Kunststoff, Elektronik usw. ist, die muss man führen. Da laufen die jungen Leute, die frisch aus der Ausbildung kommen, ohne konstruktive Erfahrung, voll ins Messer.“ „Wenn wir die Konstruktionen machen, dann kommt den Ingenieuren die Rolle der Optimierung, der Versuche, der Berechnungen, also die Durchführung aller mathematischen Prozesse zu. Aber die haben sich strikt an die Dinge zu halten, die wir vorgeben. Bei Änderungen müssen sie mit uns Rücksprache halten. Und das läuft gut.“ So stellen sich immer mehr Industriedesigner auf die Anforderungen aus der Industrie ein, die ganz klar heißt: Integration in den Entwicklungsprozess durch den Einsatz eines kompatiblen CAD-Systems schon im Entwurf. Detlev Gertitschke von UHLMANN stellt klar: 219 „Wir und auch Herr Starczewski arbeiten mit Solid Works. Ich habe ganz einfach gesagt: Wenn Sie auch weiterhin Aufträge von uns haben wollen, dann müssen Sie sich jetzt für dieses CAD-System entscheiden. Wir wollen das kompatibel haben, weil wir gemerkt haben, dass es immer die doppelte Arbeit war. Er hat etwas schönes erstellt auf, ich weiß nicht, was das für ein System war, und wir mussten es dann wieder umzeichnen. Das hat die Zeiten in die Länge gezogen. Der Umstieg hat sich bisher bewährt. Und es hat eine große Schranke gegenüber den Konstrukteuren abgebaut. Die Konstrukteure haben ja den Designer bis dato nur als Hindernis für ihre eigene Arbeit gesehen. Jetzt will er schon wieder dies und das, ich möchte jetzt mal endlich konstruieren. Aber seitdem der Datenaustausch funktioniert, man die Sachen integrieren kann und die Wege auch kurz sind, ist Design akzeptiert worden.“ „Letztendlich müssen wir, der Designer auf der einen und der Ingenieur auf der anderen Seite, zusammenarbeiten und beide Disziplinen in dem Extrakt, das dann irgendwann einmal Produkt heißt, vereinigen. Das Ziel muss sein, ein Produkt so zu fertigen und so auf den Markt zu bringen, dass die Industrie davon profitiert, und dass wir unseren Standort hier sichern.“ (Bernd Brüssing) Insgesamt wurde die Zusammenarbeit mit den Ingenieuren, unter den Bedingungen eines längerfristigen vertrauensvollen Arbeitsverhältnisses als positiv eingeschätzt. Zusammenfassung: Im Überblick ist es den befragten Designern klar, dass sie ihre Entwürfe nur im Team mit den Ingenieuren realisiert bekommen. Ingenieure und Designer sind gleichermaßen von den Auswirkungen der gestrafften Budgets, Zeitpläne und globalen Outsourcingmaßnahmen betroffen. Der globale Wettbewerb verlangt von den Unternehmen eine hohe Preiselastizität, Flexibilität der Sortimente und Vertriebsstrukturen und die schnelle Umsetzung von Produktdesign, da die Produktzyklen und -lebensdauern immer kürzer werden. Diese Randbedingungen implizieren Kosten- und Zeiteinsparungen in der gesamten Produktentwicklung. Für die Schnittstelle Design und Konstruktion haben auch die befragten Designer folgende Auswirkungen gesehen: 1. Die Integration in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen ist unerlässlich. Dies impliziert im Anpassungsprozess unter anderem den Verlust der gestalterischen Eigenständigkeit, zugunsten kostengünstiger Umsetzbarkeit. Und auch die Ingenieure sind angehalten, streng in ihrem von der Kostenseite vorgegeben Rahmen zu bleiben. In langwierige Forschungs- und Entwicklungsarbeit wird immer weniger investiert. 2. Aus Zeit- und Kostengründen fordern die Auftraggeber den Einsatz von identischen, bzw. kompatiblen CAD-Systemen schon im Entwurfsprozess. Dieses Werkzeug erleichtert zum Einen die Kommunikation zwischen Designer und Ingenieur, hat jedoch häufig zur Folge, dass die Designer von weiteren Entwicklungsschritten ausgeschlossen werden. 3. Die Möglichkeiten der CAD-Systeme erlauben die Übernahme und den Einbau von technischen Baugruppen schon im Entwurf und schränken das Design häufig auf die Variantenbildung der Außenschalen ein. Andererseits bieten die neuen digitalen Möglichkeiten auch Vorteile, wie die sofortige Überprüfung der Maße, die relativ problemlose Auskonstruktion von Wandstärken und Verrippungen und Prototyping auf Basis der Entwurfsdaten. 220 4. Diese Möglichkeiten werden von den Auftraggebern nachgefragt, und so dringt der Designer potentiell weiter in das Kompetenzgebiet 'Konstruktion' der Ingenieure vor, die ihrerseits, mehr und mehr Organisations- und Controllingaufgaben übernehmen oder im Anschluss an die Designkonstruktionen „kommt den Ingenieuren die Rolle der Optimierung, der Versuche, der Berechnungen, also die Durchführung aller mathematischen Prozesse zu.“ (Bernd Brüssing) 5. Kommunikationsprobleme entstehen häufig dann, wenn die eigentliche Auskonstruktion für die Werkzeuge außer Haus gegeben wird. Da sich in diesem Fall Billiglohnländer wie Asien oder auch Ostländer wie Rumänien anbieten, verhindern fremde Mentalität, andere hirarchische Strukturen und die Sprachbarriere oft eine direkte Kommunikation zwischen Entwerfer und Konstrukteur. Zudem besteht kaum die Chance für die Designer, mit den ausländischen Konstrukteuren direkt zu kommunizieren, da meist ein Projektingenieur des Auftraggebers dazwischen geschaltet ist. Das heißt, die konstruktive Arbeit in der Umsetzung der Entwürfe findet nicht im Gedankenaustausch Entwerfer und Konstrukteur statt, sondern über mehrere Personen. Die Folge sind losgelöste Prozesse, die nicht parallel ineinander greifen, sondern einspurig Lösungen vorgeben, die dann entweder von Designer oder Konstrukteur so übernommen und akzeptiert werden, oder einen immensen Kommunikationsaufwand nach sich ziehen. Da kommt die konzentrierte Detailarbeit oft zu kurz und der Entwerfer ist froh, wenn sein Entwurf ansatzweise umgesetzt wurde! 6. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren und Designern ist grundsätzlich dann gegeben, wenn zum Einen die Geschäftsleitung des Unternehmens beide relativ früh in die Produktentwicklungsprozesse miteinbezieht und die Kompetenzen und Aufgaben klar vorgeklärt sind. So äußert sich Helmut Roschiwal mit seiner langjährigen Erfahrung im Maschinenbaubereich: Wann kommen denn Ihrer Erfahrung nach die Designer ins Boot und wie würden Sie insgesamt Ihre Erfahrung mit Industriedesignern beschreiben? [HR]: „In den meisten Fällen kommt er gegen Halbzeit, bis Ende der Entwicklung mit hinzu. Und da entsteht häufig das Problem, dass man an einigen Ecken wieder neu anfangen muss, zu konstruieren, weil der Designer seine Ideen verwirklichen will, was meist berechtigt ist.“ „Unsere Erfahrungen sind eindeutig positiv. Nur wenn der Designer zu spät eingeschaltet wird, gibt es Reibungsprobleme mit den Ingenieuren. In unserem Haus sind die Ingenieure gegenüber Designern positiv eingestellt. Eigentlich bilden Designer und Ingenieure ein Team, das viel bewegen kann.“ 221 10.3 Auseinandersetzung mit dem Berufsbild und -umfeld der Industriedesigner Die Basis für das Berufsbild der Industrie-/ Produktdesigner stellt die Ausbildung dar, die in Deutschland, wie in Kapitel 2.1'Ausbildung' ausführlich dargelegt, an zahlreichen Hochschulen mit vielfältigen Ausbildungsansätzen und -richtungen angeboten wird. Der Arbeitsmarkt ist ein Indikator für die Nachfrage und den Stellenwert von Produktdesign in Deutschland und gibt darüber hinaus Hinweise auf die Gesamtsituation der deutschen Industrie im globalen Umfeld wieder. Diese Themen und die Einschätzung ihrer Lage konnte ich in den Gesprächen mit den Designern reflektieren und diskutieren. 10.3.1 Designausbildung Olaf Kießling und Andrea Großfuss, mit ihrem Designbüro STERNFORM die Neueinsteiger in die aktive Designszene, haben noch frische Erinnerungen an ihre Ausbildung: Ihre Ausbildung bezeichnen beide als insgesamt gut, stellen aber fest, dass folgende praxisbezogenen Lehrveranstaltungen fehlten: Olaf Kießling [OK]: „Patent- und Urheberrecht angewendet. Das heißt, was muss ich konkret als Designer tun, wenn ich meine Entwürfe schützen möchte. Tricks und Ratschläge aus der Praxis.“ Andrea Großfuss [AG]: „Betriebswirtschaft: Wie sieht eine Lizenzvereinbarung aus, Möglichkeiten der Vergütung, Vertragsrecht, usw.“ [OK]: „Realitätsnahe Beratung zum Thema: Wie mache ich mich selbstständig. Berufsaussichten, Berufspraxis, Akquise, usw.“ [AG]: „Vermehrt Fächer mit interkulturellen Inhalt. Ich finde dieses Thema sehr spannend, vor allem bezüglich der Entwürfe.“ [OK]: „Und die Auseinandersetzung mit virtuellen Werkzeugen (CAD, Internet, e-mail) im Sinne von Anwendung und Bewertung.“ Auf die Frage nach den technischen Werkzeugen, wie CAD im Studium, sprechen beide von einer positiven Entwicklung, was die Bereitstellung dieser Systeme seitens der Hochschulen betrifft, sie bemängeln jedoch: „Auch wenn heute viele Designhochschulen CAD-Kurse anbieten, sind diese zum Einen nicht Pflicht, und zum Anderen bekommen die Designstudenten kaum Unterstützung in der richtigen Anwendung des Werkzeuges CAD im Designprozess.“ (Olaf Kießling, Andrea Großfuss) Bernd Brüssing stellt das Manko des fehlenden technischen Backgrounds bei Schulabgängern fest: „Wir haben Anfragen [von Designern] aus dem In-und Ausland. Da fällt immer wieder auf, dass ein ganz großes Manko in der Ausbildung ist das Fehlen von einem technischen Background. Da ist nichts da. Das ist dann die Aufgabe eines Designbüros, die Leute dahingehend auszubilden. Das ist ein großes Problem der Designer, wir könnten es ja, wenn wir richtig ausgebildet würden.“ Die Designbüros haben das Problem, neben der Vorhaltung von teuren CAD-Arbeitsplätzen, Schulabgänger an den Systemen in der Praxis ausbilden zu müssen. Im Schulbetrieb lernt kaum ein Student den richtigen Einsatz dieses Werkzeuges. So kommen auch Olaf Kießling und Andrea Großfuss zu ihrer Aussage: „Du siehst genau, die Leute machen CAD-Design. Der Entwurf ist nur so gut, wie die CAD-Kenntnisse des Entwerfers.“ 222 Rainer Zimmermann als Vertreter des VDID macht sich über die Ausbildungsqualität an den Hochschulen insgesamt Sorgen: „Die Ausbildungsqualität ist extrem unterschiedlich, und ich befürchte einen noch weitergehenden Qualitätsabfall durch die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge und die hohe Anzahl der Abgänger. Die Hochschulen sind zu schnell gewachsen. Es gibt zu viele Designlehrstühle, und wir bekommen so das Problem einer diffusen Ausbildung ohne klares Berufsbild. Die Ausbildung im Bereich Industriedesign wird durch immer mehr Schulen und Ausbildungsbereiche (Diversifizierung durch Screendesign, Mediendesign usw) verwässert.“ Auch Horst Diener sieht durch die Aufweitung der Ausbildung in viele Disziplinen eine Gefahr für die Qualität: „Viele Schulen tun offensichtlich zuviel des Guten. Das heißt, sie verzetteln sich. Wir haben zuviel Teilausbildungen, Teilangebote. In letzter Zeit bilden Schulen, die einen Produktdesigner ausbilden auch noch mit weiteren Themen aus, so dass das Kerngeschäft sehr stark darunter leidet.“ Viele Hochschulen gehen heute den Weg des fächerübergreifenden konzeptionellen Arbeitens und hier sieht Bernd Brüssing den Ansatz zu kurz gegriffen: „Die Schulen reduzieren die Ausbildung zu sehr auf das Thema 'Konzept'. Was dann hinterher passiert, wenn es an die Umsetzung geht, was dann passiert, wenn das Produkt durch andere Hände geht, ist nicht wichtig. Und das sind wir nicht. Deshalb haben wir vielleicht auch nicht unbedingt den Ruf technisch versierter Partner zu sein.“ Diese Kritik spiegelt auch das Bild so mancher Unternehmen wieder, die mit Designern, 'den Bildchenmalern' oder 'Punktewolkenerzeugern' schlechte Erfahrungen in der Umsetzungsphase gemacht haben. „Design ist natürlich so ein Modeberuf. Da denken die Leute sie können groß kreativ sein und spinnen. Um so härter wird dann der Aufschlag auf dem Boden, wenn man sich draußen behaupten muss. Und viele [Designer] hinterlassen durch ihre Inkompetenz einen schlechten Geruch bei den Industriekunden.“ (Bernd Brüssing) Die Qualität der Ausbildung wird neben der Ausstattung der Hochschulen maßgeblich durch die Lehrenden beeinflusst und hier bemängeln die Berufspraktiker, „dass die Dozenten, die dort lehren kaum selbst einen reellen Bezug zu dem haben, was draußen abgeht. Wir leben in einer so schnelllebigen Zeit, die technologische Entwicklung geht so rasant vorwärts, da muss man am Puls der Zeit sein. Wenn du mit diesen Dingen nicht aus deiner praktischen Arbeit heraus konfrontiert wirst, dann begegnen die dir gar nicht.“ (Bernd Brüssing) Und auch Horst Diener kritisiert: „Jeder Dozent macht ein bisschen und wir sind an unsere Lehrkörper gebunden. Die Zeit läuft dahin, die Technologien entwickeln sich, die Lehrer bleiben gleich, innovativ ist das nicht.“ Neben der Qualität der Ausbildung spielt die Quantität der Auszubildenden eine große Rolle in der Diskussion. Annähernd alle befragten Designer sind der Ansicht, dass zuviel ausgebildet wird: „Die Anzahl der Absolventen ist für den Arbeitsmarkt als Designer völlig unrealistisch [...]Ich finde es unfair, dass so viele Designer ausgebildet werden, die dann hinterher keine Chance haben. Du vertust mindestens vier Jahre deines Lebens, um dann hinterher Taxifahrer zu werden.“ (Stephan Deutsch) „Es werden zu viele Designer in Relation zu der geringen Anzahl der Jobangebote ausgebildet. Viele wandern zwangsweise in die Selbstständigkeit ab, jedoch weniger mit Produktdesign, sondern mit zusätzlichen oder anderen Tätigkeiten.“ (Olaf Kießling) 223 Zusammenfassung Grundsätzlich übereinstimmend äußerten sich die befragten Designer darüber, dass zu viele, zu diffus ausgebildete Hochschulabgänger den Markt überschwemmten. Sie berichteten aus ihrer eigenen Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt und als Arbeitgeber. „Es ist [...] erschreckend, wie wenig die Leute direkt nach dem Studium einsetzbar und umsetzbar sind.“ (Horst Diener) „Wir haben Anfragen [von Designern] aus dem In- und Ausland. Da fällt immer wieder auf, dass ein ganz großes Manko in der Ausbildung ist das Fehlen von einem technischen Background. Da ist nichts da. Das ist dann die Aufgabe eines Designbüros, die Leute dahingehend auszubilden. Das ist ein großes Problem der Designer, wir könnten es ja, wenn wir richtig ausgebildet würden.“ (Bernd Brüssing) Die vielfältige Ausbildungslandschaft im Designbereich hat sich geöffnet für neue Trends und Strömungen. Virtuelle Welten, globale Kommunikation und daraus resultierend das Aufbrechen von disziplinären Grenzen scheint für viele Hochschulen ein Weg in die Zukunft zu sein. Allerdings scheut die Designausbildung in vielen Bereichen vor dem Verlassen der konzeptionellen Ebene in Richtung einer realen Umsetzung zurück. Dieser Umsetzungsprozess, und dazu gehört die Anbindung an die Industrie, fordert Kenntnisse in allen Stufen der technischen Produktentwicklung und Fertigung. Handwerkszeug für den Industrie-/Produktdesigner, das an manchen Ausbildungsstätten elementar zu kurz kommt. Ein weiterer Punkt stellt die Beliebigkeit der Designausbildung dar, die es für die Designer selbst, jedoch auch für die Nachfrageseite schwer macht, die Kompetenzen und das Leistungsspektrum der einzelnen Designer zu erfassen, zu bewerten und zu differenzieren. In der Praxis irritiert der Designer „durch die Tatsache, dass er alles kann. Hier haben wir häufig eine Situation, die der Seriosität schaden kann und letztlich der Akzeptanz.“ (Horst Diener) Die hohe Anzahl der Hochschulabsolventen ist ein großes Problem, denn die Nachfrage an Industriedesignern ist lokal überschaubar. Schon 1997 stellte der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) in der Studie 'Statusbericht Design und Innovation' fest, dass die Nachfrage nach Design, obwohl zunehmend als Innovationsfaktor erkannt, nicht steige, und es ist die Rede von einem sehr begrenzten Arbeitsmarkt: Schon 1997 kommen auf jährlich etwa 2000 Design-Hochschulabsolventen nur etwa 150 bis 300 offene Stellen.414, und im design report, 12.Ausgabe 2005 mit dem Thema 'Chancen für junge Gestalter'415 rechnet Christian Schönwetter mit 751 potentiell Jobsuchenden Industrie-/Produktdesignern pro Jahr, die sich um ca 50 Stellenangebote bewerben. So erklärten auch meine Gesprächspartner fast einhellig das Überangebot an Designern zum Problem. 10.3.2 Arbeitsmarkt Auf dem Arbeitsmarkt spiegelt sich diese Situation in den steigenden Arbeitslosenstatistiken wieder, die allerdings kaum ein genaues Bild der Lage wiedergeben, da im Bereich Design und Kunst alle Sparten zusammengefasst werden. Die interviewten Designer sind sich der Situation in der Designbranche durchaus bewusst: Auf die Frage: Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt für Industrie-/Produktdesigner ein, antworten Thomas Starczewski (Design) und Detlev Gertitschke (Entwicklung UHLMANN): 414 415 Vgl. KORTE, SABINE/MENGEL, STEFAN, Statusbericht Design und Innovation. DESIGN REPORT, Chancen für junge Gestalter, 18ff. 224 [TS]: „Es werden zu viele Designer ausgebildet. Aber eigentlich gibt es genügend Arbeit. Es könnten mehr Unternehmen den Mut aufbringen und sagen, ich integriere Design, weil Design Marktvorteile bringt. Viele Unternehmen sparen an der Stelle am falschen Ende.“ [DG]: „Vielleicht liegt es auch an den Designbüros, die sich nur ein Standbein geschaffen haben und Probleme kriegen, wenn das wegbricht. Auch die erfolgreichen Ingenieurbüros haben mehrere Standbeine.“ Rainer Zimmermann, in seiner Funktion als Präsidiumsmitglied des VDID umreißt die Lage der Designer aus seinen Erfahrungen im Verband, der im Moment um die 400 Mitglieder repräsentiert und noch vor zwei Jahren wegen des drastischen Mitgliederschwundes - 1986 waren es noch 1500 Mitglieder - „kurz vor dem Zusammenbruch“ stand. Rainer Zimmermann: „Der Mitgliederschwund kommt natürlich massiv durch wirtschaftliche Probleme im Industriedesign. Wir haben extrem viele Leute, die entweder den Beitrag nicht mehr bezahlen können oder einfach alle möglichen Abos kündigen und aus dem Verband austreten, weil sie sagen, ich kann es mir nicht mehr leisten.“ Stephan Deutsch beschreibt die Lage drastisch: „Ich finde es unfair, dass so viele Designer ausgebildet werden, die dann hinterher keine Chance haben. Du vertust mindestens vier Jahre deines Lebens, um dann hinterher Taxifahrer zu werden.“ „Den Leuten muss klar sein, dass sie sich wahrscheinlich für eine lange Zeit als Selbstständige durchschlagen müssen. Sie müssen sich verkaufen können, und der kaufmännische Aspekt ist sehr wichtig, man muss eine Finanzstrategie haben, sonst geht man auch finanziell zugrunde.“ In Kapitel 2.2 'Arbeitsmarkt' beschreibe ich ausführlich den Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt für Industriedesigner und dem Exodus von Produktion ins Ausland und der Dezimierung von kleinen bis mittleren Unternehmensstrukturen. Industriedesigner sind abhängig von der produzierenden Industrie, und diese Plattform für Produktentwicklungen wird ihnen jedoch mit der Abnahme des produzierenden Gewerbe entzogen. Die meisten Abgänger müssen sich in das finanzielle Risiko einer Selbstständigkeit begeben, da immer weniger Firmen bereit sind, die Kosten für angestellte Designer zu übernehmen. Olaf Kießling: „Es werden zu viele Designer in Relation zu der geringen Anzahl der Jobangebote ausgebildet. Viele wandern zwangsweise in die Selbstständigkeit ab, jedoch weniger mit Produktdesign, sondern mit zusätzlichen oder anderen Tätigkeiten.“ Andrea Großfuss: „Chancen und Möglichkeiten für Industriedesigner in ihrem gelernten Beruf Fuß zu fassen sind schwierig. Die meisten die ich kenne, machen andere Jobs, wie Inneneinrichtung, Messe und Grafik.“ Olaf Kießling und Andrea Großfuss beschreiben genau die Situation, dass ausgebildete Industrie- und Produktdesigner in die Selbstständigkeit gehen und selten in ihrem gelernten Umfeld tätig sind. Auch die etablierten Designer bestätigen eine Ausweitung ihres Leistungsspektrums auf benachbarte Gebiete, wie die Grafik: „Bei uns funktioniert es nur über eine Vielfältigkeit.“ Eine Auslastung des Büros ist nur so möglich, wegen „enorme[r] Schwankungen [im Produktdesignbereich], die Grafik fängt Vieles auf und wird zum zweiten Standbein“, beschreibt Stefanie Deutsch. 225 Zusammenfassung Die schlechte Arbeitsmarktlage im Designbereich widerspricht der öffentlichen Wertschätzung von Design, ein Paradoxon, dem sich die Designer stellen müssen. Die Aussichten scheinen in dem Moment vielversprechend, wenn deutsche Unternehmen die 'Billigschiene' verlassen und in innovative Produkte investieren: „Wir leben hier nur von Innovation. Das ist das Einzige, was uns nach vorne bringt und was diesen Standort Europa vielleicht schützen kann. Die Technologie gibt es überall.“ „Ich hoffe, man besinnt sich auf gute Qualität und innovative Technologien, die hier geboren werden.[...] „Wir müssen wieder Mut haben, wir müssen wieder positiv in die Zukunft gucken. Die Kapazitäten und das Know-How liegen hier, das dürfen wir nicht vergessen.“ (Bernd Brüssing) 10.3.3 Berufsbild und Außenwirkung Ein Berufsbild ist kein statisch ausdefinierter Zustand, sondern verändert sich im Laufe der Zeit durch Veränderungen der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Randbedingungen. Dass das Berufsbild nach Außen hin funktioniert, im Sinne des Transports des Bildes einer scharf umrissenen Tätigkeit und deren Qualitätsansprüchen, bedarf der Kommunikation durch die Interessensvertreter. So sieht auch Rainer Zimmermann Handlungsbedarf beim VDID: „Die Designer haben das Problem, sich zu differenzieren, um ein klares Bild in der Wirtschaft abzugeben. Es herrschen keine klaren Standards hinsichtlich der Definition des Berufsbildes und es gibt keine geschützte Berufsbezeichnung, so kann sich ein technischer Zeichner am Computer jetzt 'Technischer Produktdesigner' nennen.“ „[...]Der VDID wünscht die Publikation und Durchsetzung von Designqualitätsstandards, als 'neutrale Institution', als Gütesiegel, als Abgrenzung zur Designinflation. Angedacht zum Beispiel in Form eines unabhängigen Wettbewerbs ohne wirtschaftliche Interessen. Als ein Kriterium zum Beispiel der Produkterfolg am Markt.Die Mehrzahl der Designer arbeitet nicht im Rampenlicht, sondern im Stillen.“ Horst Diener macht dem Verband gerade an diesem Punkt Vorwürfe: „[...]da mache ich meinem Verband und den Schulen den Vorwurf: es gibt kaum einen Berufsstand, der heute noch so missionierend unterwegs ist, wie unserer. Designer können alles, die wissen alles, wir platzen vor Selbstbewusstsein und können uns nicht artikulieren, was wir eigentlich wirklich machen. Der Verband sagt es nicht, die Schulen sagen es nicht. Wieso erwarten wir von der Industrie, das die wissen, was wir gerne machen? Und dies ist ein eklatanter Fehler, dass wir hier ein Informations- und Artikulierungsmangel haben. Diese ganze Artikulierungsdramaturgie zwingt uns immer wieder zu erläutern, was wir eigentlich tun. Das heißt, es gäbe viel mehr Stellen, wenn die mit uns mehr anfangen könnten. Wir sind zum großen Teil selber an unserer Misere schuld.“(Horst Diener) Wie sieht das moderne Berufsbild Industrie-/ Produktdesigner aus, habe ich die Designer gefragt. Horst Diener sieht die Designer „geübt in der Rolle, Dinge zu analysieren und zu strukturieren und [sie] können global aufgestellten Unternehmen eine Hilfestellung bieten, wenn es darum geht, Produkte von der Gestaltung her international marktgängig zu machen. Zudem sieht er den Designer als 'Qualitätsbewahrer': „Wir haben vermutlich eine Zuordnung, die wir für uns in Anspruch nehmen sollten: das ist das Thema 'Finish und Qualität'. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich diese Wegwerfmentalität, die wir heute haben in einen globalen Wunsch von Nachhaltigkeit ändert. Und das ist unsere Kompetenz, diese Themen zu pflegen. Denn in sehr bedrängten Märkten sind Qualitätsprodukte sehr beliebt.“ 226 Bernd Brüssing betrachtet die Industriedesigner tief in der Technik verwurzelt, für ihn auch ein Ausdruck von Qualität: „Das was wir tun ist Konzept, Entwurf, Präsentation, technische Realisierbarkeit. [...]“ „Das muss man heute können. Der Designer muss sich mit Materialien, mit Konstruktion, mit CAD auskennen.“ „Wir sind voll in Produktionsprozesse und in ökonomische Prozesse integriert. Dann sind wir Marketingunterstützer, wir sitzen mit dem Vertrieb am Tisch, wir suchen nach neuen Materialien und Produktkonzepten.“ „Wir sind Ideengeber in Sachen innovativer Technologien.“ „Der Erfolg als Designer ist ganz klar der, wenn dein Produkt am Markt erfolgreich ist. Für den Kunden zählt nur, ich habe meinen 'Return to Invest' gekriegt und noch dran verdient.“ Ich habe alle Designer zu den Veränderungen des Berufsbildes und der Arbeitsweise in den letzten Jahren befragt: Veränderungen der berufsspezifischen Bedingungen, nach Häufigkeit der Nennung Auswirkungen Arbeitsmittel CAD unverzichtbar Prototyping: Designmodellbau rückläufig (80%) aufwändige Präsentationstechniken höhere Investitionen für Computer- und Softwareausstattung Internet: gute Recherchemöglichkeiten Schnelllebigkeit kürzere Entwicklungszeiten verkürzte Designprozesse Stress Qualitätsverluste im Entwurf Budgethöhen der Auftraggeber halbiert bis gedrittelt Abb.49: Veränderungen der berufsspezifischen Bedingungen für Industriedesign Der häufigst genannte und wichtigste Punkt war in diesem Zusammenhang die Umstellung von handwerklichen Arbeitstechniken wie die Erstellung von designtechnischen Zeichnungen, Renderings und Modellen hin zu Computerarbeitsplätzen. Die Computer haben grundsätzlich die Arbeitswelt revolutioniert und rationalisiert. Arbeitsprozesse haben sich drastisch verkürzt, und dies auch im Designbereich. CAD-Systeme haben bei allen befragten Designern Einzug gehalten und in der Folge die Arbeitsweise bis in die Entwürfe hinein verändert. Die Technisierung des Entwurfes durch die Konstruktion am CAD und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Variantenbildung und Darstellung sind einerseits ein Gewinn zugunsten der Schnelligkeit (und in erster Linie der Auftraggber) und gleichzeitig ein Verlust an Arbeitsvolumen, der sich in drastisch gesunkenen Designbudgets ausdrückt. 227 Das Medium CAD lässt zu, dass die reibungslose Einbindung der Entwürfe an der Schnittstelle Design und Konstruktion möglich ist, nimmt den Designern jedoch die freie Entscheidung in der Wahl der Werkzeuge und macht die Entwürfe nachvollziehbar, vergleichbar, konstruktiv bewertbar. „Wir haben sehr viele Prozesse des Erarbeitens, der Entscheidungsfindung und damit auch Umsatz im Design durch die leichtfertige Weitergabe von Entwurfsdaten verloren. Früher hat man die Leute mit dem Entwurf erst interessiert, dann hat man ausgewählt und dann hat man den eigentlichen Umsatz mit den Ausarbeitungen gemacht. Diese Designs waren durchweg sorgfältiger, durchgearbeiteter und überlegter.“ „Mit der heutigen Abwicklung in Arbeitsprozessen laufen wir Gefahr, beliebig zu werden. Auf der anderen Seite haben wir ein tolles Potenzial, um uns zu entwickeln, auch unseren Neigungen gemäß zu entwickeln. Wir haben phantastische Kommunikationsmöglichkeiten. Wir sind in interdisziplinären Teams auf allen Ebenen dialogfähig geworden.“ (Horst Diener) Zusammenfassung Industriedesign als Dienstleistung kann sich nicht gegen die Anforderungen der Auftraggeber wehren, und muss sich in die Entwicklungsprozesse integrieren ohne seine Selbstständigkeit und Eigenheit im Entwurf zu verlieren, und dies ist eine zukünftige Herausforderung, neben der Dringlichkeit, „ein klares Bild in der Wirtschaft abzugeben“ (Rainer Zimmermann). Das Berufsbild Industrie-/Produktdesign benötigt Qualitätsstandards, um den potentiellen Kunden die Suche nach dem 'Richtigen' zu erleichtern, und Design als Berufsbild muss sich seine konzeptionelle Qualität auch in der Umsetzung erhalten. 10.3.4 Der globale Wettbewerb Deutsches Design wird von Vertretern aus Politik und Wirtschaft als Wettbewerbsfaktor im globalen Konkurrenzkampf angeführt. Mit Horst Diener und Bernd Brüssing konnte ich mich intensiver über den Stellenwert von Design in einer globalen Wirtschaft unterhalten. Die Designer selbst sehen sich in der Tradition von „'Finish und Qualität'“ und Horst Diener ist davon überzeugt, „dass sich diese Wegwerfmentalität, die wir heute haben in einen globalen Wunsch von Nachhaltigkeit ändert.“ Auch Bernd Brüssing hofft darauf, dass man sich „auf gute Qualität und innovative Technologien [besinnt], die hier geboren werden.“ „Wir leben hier nur von Innovation. Das ist das Einzige, was uns nach vorne bringt und was diesen Standort Europa vielleicht schützen kann. Die Technologie gibt es überall.“ (Bernd Brüssing) Brüssing kritisiert in diesem Zusammenhang die deutschen Unternehmen, die zu wenig „probieren“: „Das große Problem unserer Industrie ist, dass die innovativen Dinge nicht umgesetzt werden. Man darf nicht immer nur der Marktforschung glauben. Wer sagt denn, was der Kunde will? Das weiß doch keiner so richtig! Da kannst du eine Marktuntersuchung nach der anderen machen, die Sicherheit, dass das Produkt ein ökonomischer Erfolg wird, kann dir keiner geben. Die Unternehmen sollten mehr probieren, anstatt das Geld in die Absicherung zu stecken.“ Gerade die Designer spüren immer wieder das Zögern der Industriekunden, wenn es darum geht, Geld in intensive Produktentwicklung zu investieren. Die 'Verschlankung' der Designund Entwicklungsbudgets ist ein Indiz für eine Unternehmenspolitik, die auf einen schnellen und quantitativ hohen Produktdurchsatz setzt. 228 Gerade der deutsche Mittelstand als Auftraggeber für externe Designleistungen greift hier aus Sicht der Designer manchmal zu kurz, und das obwohl „Wir Designer [...] geübt in der Rolle [sind], Dinge zu analysieren und zu strukturieren und können global aufgestellten Unternehmen eine Hilfestellung bieten, wenn es darum geht, Produkte von der Gestaltung her international marktgängig zu machen.“(Horst Diener). Eine Gefahr sehen beide Designer in jungen, asiatischen Designern, „die voll powern und die nicht fragen, ob der Tag 8 Arbeitsstunden hat, die tun 's, die sind gierig, die wollen Erfolg, die wollen ihre Dinge verwirklicht sehen. Die dürfen wir nicht unterschätzen, diese Herausforderung müssen wir annehmen und wir müssen besser und innovativer sein.“ (Bernd Brüssing) „Wir als Designer haben zur Kenntnis zu nehmen, dass die Anderen, zum Beispiel die Chinesen, den Spieß umdrehen und mit ihren Produkten und mit ihrem Know-How kommen. Wir müssen die als Partner und nicht als 'lange Bank' akzeptieren.“ (Horst Diener) Die Behauptung deutscher Güter mit deutschem Design auf dem Weltmarkt hängt an den Realitäten, die im täglichen Miteinander von Design, Marketing und Konstruktion geschaffen werden, und in diesem Sinne fordert Bernd Brüssing: „Wir müssen wieder Mut haben, wir müssen wieder positiv in die Zukunft gucken. Die Kapazitäten und das Know-How liegen hier, das dürfen wir nicht vergessen.“ 229 11. Resumee Industriedesign als Begriff impliziert die Abhängigkeit von der Industrie. Im Gegensatz zu anderen Designdisziplinen, die ihre Entwurfstätigkeiten nicht per definitionem in die serielle Fertigung münden lassen, sind die Industrie- und Produktdesigner auf das produzierende Gewerbe angewiesen. Wandert die Produktion jedoch ins Ausland ab, ziehen erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit auch die Dienstleistungen hinterher. Am Beispiel China kann man sehen, dass sich hier eine Entwicklung weg von den Arbeitern an der 'verlängerten Werkbank' hin zu qualifizierten, gut ausgebildeten Arbeitskräften im Dienstleistungsbereich rund um die Produktion vollzieht. Und dies betrifft neben Forschung und Entwicklung auch den Bereich Design. Ich habe die 'Auswirkungen globaler Wertschöpfung auf deutsches Industrie- und Produktdesign' vor allem an den Punkten untersucht, wo in der Praxis Designentwürfe realisiert werden. Besonderes Augenmerk habe ich auf die Arbeitsbeziehungen zwischen mittelständischen Unternehmen und externen Industrie- und Produktdesignern gelegt und in diesem Zusammenhang die Schnittstelle Design und Konstruktion /Entwicklung genauer betrachtet. Das Thema Globalisierung zieht sich durch alle Kapitel, da der gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Umbruch durch das Aufbrechen von lokalen Strukturen Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat. Trotz der großen Breite an Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland und dem Versuch der Hochschulen, den komplexen Anforderungen an die Designer durch eine Aufweitung des Studienangebots durch interdisziplinäre Projekte und fächerübergreifende Arbeitsmethoden gerecht zu werden, rückt gerade in letzter Zeit die schlechte Arbeitsmarktsituation der Industriedesigner in die Diskussion der Fachmedien (z.B. design report) und des Berufsverbandes (VDID). Mit der Überschrift des 2.Kapitels 'Industriedesigner, Knechte der Markenstrategen?' stelle ich die Frage nach dem Selbstverständnis des Berufsbildes. Die Themen Ausbildung, Arbeitsmarkt, Arbeitsfelder und Arbeitsmethodik bilden die 'basics' für die Definition und Anforderungen an das Berufsbild, dem ich mich zunächst aus historischer Perspektive genähert habe. Dort bin ich über die Geschichte der HfG Ulm auf Bonsiepe gestoßen, der Grundbausteine für die Designausbildung und die berufliche Praxis aufzählt, wie zum Beispiel die Präzision des Tätigkeitsbereiches Industrial Design, eine Versachlichung der Ausbildung, mit dem programmatischen Ansatz, zu den wissenschaftlichen Disziplinen eine Brücke zu bauen und die Pflege eines pragmatischen Technikverständnisses.416 Diese Forderungen tauchen in den Interviews mit den Designern wieder auf, die auf die Festlegung von Qualitätsstandards und eine zeitgemäße, gültige Definition für das ungeschützte Berufsbild Industrie-, Produktdesign drängen. Die Quantität der Ausbildungsstätten für Design und die Verbreitung der Devise 'Ich bin Designer und kann alles', von Grafik über neue Medien wie Internet oder Screendesign, von Ausstellungs-, Event und Lichtdesign bis zum Industrie-, Produktdesign, führt zu einem erheblichen Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage an Industriedesignern und zu 416 Vgl. BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, 160-161. 230 einem diffusen Berufsbild, das zukünftige Arbeitgeber gleichermaßen wie potentielle Kunden verunsichert. So tun „[v]iele Schulen [...] offensichtlich zuviel des Guten. Das heißt, sie verzetteln sich. Wir haben zuviel Teilausbildungen, Teilangebote. In letzter Zeit bilden Schulen, die einen Produktdesigner ausbilden auch noch mit weiteren Themen aus, so dass das Kerngeschäft sehr stark darunter leidet.“ (Horst Diener). Ein immer wiederkehrender Diskussionspunkt unter Designern ist deren Verhältnis zur Technik. Bonsiepe wirbt für ein pragmatisches Technikverständnis, und das bedeutet auch, die (technischen)Werkzeuge zu nutzen, die dem Designer vor allem in Hinblick auf die Realisierung seiner Konzepte und Entwürfe zur Verfügung stehen. Der Ansatz, das technische Verständnis und die Aneignung der für den Umsetzungsprozess unerlässlichen Werkzeuge wie CAD zu schulen, ist Bernd Brüssing bei vielen Designausbildungsstätten zu kurz gegriffen: „Die Schulen reduzieren die Ausbildung zu sehr auf das Thema 'Konzept'. Was dann hinterher passiert, wenn es an die Umsetzung geht, was dann passiert, wenn das Produkt durch andere Hände geht, ist nicht wichtig. Und das sind wir nicht. Deshalb haben wir vielleicht auch nicht unbedingt den Ruf technisch versierter Partner zu sein.“ Gerade die Industriekunden fordern jedoch die reibungslose Anbindung von Design in ihre Prozessketten. Deshalb muss den Designstudierenden im Bereich Industrie- und Produktdesign in den Schulen klar gemacht werden, dass sie in der Praxis über die Konzeption hinaus in der Umsetzung fit sein müssen: „Das was wir tun ist Konzept, Entwurf, Präsentation, technische Realisierbarkeit. [...]“ „Das muss man heute können. Der Designer muss sich mit Materialien, mit Konstruktion, mit CAD auskennen.“ (Bernd Brüssing) Gemäß der von mir zugrunde gelegten Definition von Industriedesign als Dienstleistung im Konsum-, sowie Investitionsgüterbereich, gilt die grundlegende Anforderung der Umsetzbarkeit des Entwurfs in einen industriellen Fertigungsprozess. „Er [der Industriedesigner]ist nicht Gestalter von Unikaten, sondern von Produkten, die in einer seriellen (Massen)-Produktion hergestellt werden.“417 Dieser kleinste gemeinsame Nenner impliziert ein Gleichgewicht von Konzeption und Umsetzung und die Einbindung in die Wertschöpfungsketten der Industrie, wenn Design als Dienstleistung verstanden wird. Diesen integrativen Ansatz, der die gestalterische Tätigkeit als Teil einer Prozesskette sieht, machen sich zunehmend die technischen Hochschulen zu Nutze, die in direkter Konkurrenz zu den Designhochschulen 'Designingenieure' ausbilden. Hier definiert sich das klare Ziel, eine Synthese von gestalterischem und natur-/ingenieurwissenschaftlichem Können auszubilden. Der Einsatz von CAD-Systemen als verbindendes Konstruktionswerkzeug hat die Kompetenzbereiche von Designern und Ingenieuren zusammengerückt. Und die zunehmende Ausprägung der Ingenieure selbst, weg von der Konstruktion, hin zur Organisation macht die Lücke für den 'Designingenieur' frei. Er kann zum Einen als Akteur an der Schnittstelle Design und Konstruktion/Fertigung eingesetzt werden, oder für den 'technischen Gesamtentwurf', so beschreibt es die TU Dresden.418 417 AKADEMIE.DE.NETLEXIKON, Produktdesign Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon, online im Internet: URL: http://www.lexikon-definition.de/Produktdesign.html, [Stand 27.06.2006]. 418 Die Technische Universität Dresden bietet im Fachbereich Maschinenbau die Fachrichtung 'Technisches Design' an und bildet somit 'Design-Ingenieure' aus, die „im Industrieunternehmen [...] die fächerübergreifende Vermittlung zwischen Konstruktion, Design, Arbeits- und Fertigungsvorbereitung, sowie Marketing [...] und 231 Dieser Trend, Industriedesign mehr und mehr in die technischen Fachbereiche zu integrieren, dürfte den Designhochschulen ernsthafte Konkurrenz bereiten, zumal von der Industrie genau diese Anbindung zur Technik gefordert wird.419 In den achtziger Jahren, als Design immer mehr zur Unternehmensstrategie wurde und in alle Produktbereiche Einzug hielt, wurde ein mächtiger Überbau mit Begrifflichkeiten wie 'Corporate Design' geschaffen, die einen großen Teil der Unternehmensaktivitäten unter ein 'Designgesamtkonzept' stellte. In den großen Konzernen blühten die Designabteilungen unter der Designmanagementführung, und die kleineren Unternehmen hatten ihren 'Hausdesigner', der mit dem Inhaber auf gleicher Augenhöhe Designkonzepte entwickelte. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Designer – auch die externen – noch in Fragen der Produktplanung und Sortimentsgestaltung miteinbezogen. Es wurden Budgets für Corporate Design Konzepte und Zukunftsszenarien locker gemacht, und die Designer hatten in vielen Unternehmen einen hochrangigen Status. Nicht nur die Konzeptionsphasen wurden honoriert, sondern auch die Ausarbeitung und Umsetzung der Entwürfe wurde mit den Designern bis zur Serienreife in direkter Zusammenarbeit mit der Entwicklung vor Ort durchexerziert. „Früher hat man die Leute mit dem Entwurf erst interessiert, dann hat man ausgewählt und dann hat man den eigentlichen Umsatz mit den Ausarbeitungen gemacht. Diese Designs waren durchweg sorgfältiger, durchgearbeiteter und überlegter.“ (Horst Diener) Heute sehen die Auftraggeber die Designer immer mehr als 'Dienstleister im Entwurfsbereich', nicht mehr und nicht weniger. Die Designbudgets sind erheblich geschrumpft und der Stellenwert der externen Designer im Unternehmen reduziert sich häufig auf eine eingekaufte Leistung als 'Ideenproduzent'. Wie konnte das passieren, wo doch heute alles Design ist? Ich möchte die Ursachen, die zunächst nicht unmittelbar auf die Globalisierung zurück zu führen sind, zusammenfassen: 1. Das zu große Angebot an Absolventen von Designhochschulen erhöht den Wettbewerbsdruck unter den Designern selbst und verschafft den Unternehmen eine nicht versiegende Auswahl an günstigen Designdienstleistern, neben den noch günstigeren Angeboten von Hochschulen, die sich zunehmend als Designanbieter auf dem Markt tummeln. 2. Die konzeptionellen und disziplinübergreifenden Stärken der Designer wurden früher von den Unternehmen in der Produktplanung und der Präsentation nach außen geschätzt und eingesetzt. Dieser Bereich der Planung und Präsentation wurde im Laufe der Zeit fast vollständig von den stetig wachsenden Marketingabteilungen in den Unternehmen übernommen, die sich ihrerseits wieder mit Dienstleistern aus der Markt- und Trendforschung Unterstützung holten. Die Produktdesigner sitzen heute kaum noch am Anfang der Planungen mit dabei, sondern werden mit festgesteckten Rahmenbedingungen für ihre Entwurfsarbeit konfrontiert. 3. Das CAD (Computer Aided Design) hat die technische Produktentwicklung revolutioniert und ist zum umfassenden Werkzeug in der Konstruktion mit der Anbindung zur Produktion geworden. den Gesamtentwurf technischer Produkte [...] übernehmen [sollen].“ TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN, Fakultät Maschinenwesen, Technisches Design, online im Internet: http://www.tu-dresden.de/mw/studium/navi_index_studium.html, [Stand 03.07.2006]. 419 Siehe auch im Anhang Stellenanzeige Miele 232 Die Designer mussten sich der Forderung der Industriekunden beugen, CAD schon im Entwurfsbereich einzusetzen, ein Umstand, der die Wahl der Mittel im Entwurf erheblich determiniert. Die Vorteile des Einsatzes von CAD liegen neben der Anbindung an die firmeninternen Konstruktionssysteme der Entwickungsabteilungen im wesentlich geringeren Zeitaufwand bei der Erstellung von maßhaltigen Entwürfen und Entwurfsvarianten und der Schnittstelle zum RapidPrototyping. Sinnvolle Designwerkzeuge, wie der Modellbau sind häufig der Rationalisierung der Arbeitsschritte durch CAD zum Opfer gefallen. Mit der Weitergabe der Entwurfsdaten sind die Designer im Folgenden von den weiterführenden Entwicklungsschritten abgekoppelt, da die Entwurfsdatensätze vermeintlich genügend Informationen für die Auskonstruktion der Entwürfe enthalten. 4. Die Einbindung der Designleistungen in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen, die üblicherweise vom Controlling bewertet und überwacht werden, führt zu standardisierten Arbeitsprozessen schon im Entwurf, die die Gefahr in sich bergen, die Eigenständigkeit, die Kreativität verlangt, zu verlieren und in die Beliebigkeit als Designdienstleister zu rutschen. Diese Ursachen, die dazu beigetragen haben, dass die Industriedesigner insgesamt zwar gesellschaftlich in hohem Ansehen, wirtschaftlich häufig jedoch am Rande ihrer Existenz stehen, werden durch die Globalisierung verstärkt. Der internationale Wettbewerb innerhalb der Designszene durch 'hungrige', junge, international tätige Designer und die internationale Positionierung großer Designagenturen, macht das Überleben für kleinere bis mittlere deutsche Designbüros schwer. Der Kampf um die wenig noch verbliebenen eigenständigen Kunden im Konsumgüterbereich wird häufig zugunsten großer 'Full Service Agenturen' entschieden. Im Investitionsgüterbereich steigt das Designbewusstsein bei den mittelständischen Unternehmen, aber auch hier fällt eine qualitativ hochwertige Produkt- und Designentwicklung oft den Kostenaspekten zum Opfer. Die Rationalisierungen und kostensenkenden Maßnahmen in den Organisationsstrukturen der Unternehmen verstärkten sich Ende der achtziger Jahre mit der Beauftragung von Unternehmensberatern, die auch mittelständische Unternehmen unter Kostengesichtspunkten umstrukturierten. Dieser Trend hat sich durch den Konkurrenzdruck der Niedriglohnländer und der Überflutung des globalen Marktes mit Billigprodukten verstärkt. Zu Lasten von Investitionen im Entwicklungs- und Designbereich. Dies bestätigten überwiegend die befragten Unternehmen, wie auch die Designer. Die zunehmende Auslagerung von Konstruktion und Produktion ins Ausland und die sich stetig verringernde Fertigungstiefe in Deutschland, Indizien für eine 'Basar-Ökonomie' nach Hans Werner Sinn420, bedeutet für die Unternehmen die Zunahme der Komplexität an Organisation und Kommunikation. Und dies macht sich an der Schnittstelle Design und Konstruktion bemerkbar. Der Trend zu eingekauften Dienstleistungen im Entwicklungsbereich betrifft große und kleine Unternehmen aus allen Branchen. Im Konsumgüterbereich werden Konstruktionsleistungen häufig im Gesamtpaket mit der Produktion nach Asien ausgelagert, im konstruktionslastigen Investitionsgüterbereich ist es inzwischen keine Seltenheit mehr, Konstruktionen an externe Dienstleister im In- und Ausland zu vergeben. 420 Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland. Exportweltmeister oder Schlusslicht? 233 Diese Aufsplittung des Entwicklungsbereichs in kleinere dezentrale Arbeitseinheiten bedeutet für die Arbeitsprozesse in der Produktentwicklung die Zerteilung in Abläufe, deren Ergebnisse kompatibel, selbsterklärend und bewertbar für denjenigen sein müssen, der sie zur Weiterverarbeitung übernimmt. Dies ist besonders wichtig vor dem Hintergrund von kulturellen und Sprachbarrieren ausländischer Dienstleister. An der Schnittstelle Design und Konstruktion im globalen Umfeld bedeutet dies in der Zusammenfassung: • Designer und Konstrukteure kommunizieren nicht direkt miteinander: In vielen Produktbereichen werden Projektingenieure eingesetzt, die den Projektverlauf organisieren und als Mittler zwischen der (externen) Konstruktion und dem Design fungieren. Das konstruktive Gespräch zwischen den direkt an der Konstruktion des Produktes Beteiligten findet nicht oder über Umwege statt. Dies gilt sowohl im Falle einer Komplettauslagerung der Konstruktion und Produktion ins Ausland, als auch der Beauftragung nationaler Konstruktionsdienstleister. Das heißt, die konstruktiven und innovativen Prozesse, die in der direkten Diskussion zwischen Gestalter und Konstrukteur zu Verbesserungen und Änderungen einer Entwicklung führen können, bleiben aus. • Die Designer müssen sich in ihrer Arbeitsmethodik und Ausstattung der Datenschnittstelle des Kunden/Zulieferers anpassen und selbsterklärende Datensätze schaffen: CAD hat die weltweite Kommunikation über Datensätze aus der Konstruktion möglich gemacht. Der ortsungebundene, schnelle Austausch von CAD-Daten macht die Auslagerung von Konstruktion und Produktion unter Kostengesichtspunkten sinnvoll. Das heißt, auch die Gestaltung muss ab einem bestimmten Punkt in Form von CAD-Daten konkretisiert werden. Der (ausländische) Konstrukteur bekommt einen Designdatensatz übermittelt und muss ihn auch ohne den direkten Informationsaustausch mit dem Designer bearbeiten können. Konstruktive 'Vorschläge' zu Entformbarkeit, Werkzeugtrennung, Wandstärken, usw. müssen im Designdatenmodell beinhaltet sein, sonst wird der Entwurf nach Belieben 'fertigungsgerecht' umgestaltet. • Die Eigendynamik der globalen, digitalen Produktentwicklung schließt den Designer von Folgeprozessen aus: Designer, die in die digitale Wertschöpfungsprozesse eines Unternehmens integriert sind, geben ihre Einflussmöglichkeiten in vielen Fällen mit der Weitergabe der Entwurfsdaten ab. Die Datensätze der Designer ermöglichen den Konstrukteuren,Variantenbildung und Änderungen ohne Konsultation eines Designers vorzunehmen. Eine Entwicklungstätigkeit, in der der Designer über alle Phasen des Entstehungsprozesses eines Produktes eingebunden ist, findet kaum noch statt. Für die Designqualität eines Produktes ist ein solcher Verlauf abträglich, denn qualitative Verbesserungen der ersten Entwürfe seitens der Gestalter während der Ausarbeitungsphase entfallen. • Vom Gestalter zum austauschbaren Stylisten? Im Konsumgüterbereich ist es gängige Praxis, dass die Designer komplette technische Innenleben von externen, (chinesischen) Herstellern übernehmen und nur das Gehäuse modifizieren. Dies bedeutet zum Einen die Einschränkung durch die vorgegebene Technik und zum Anderen keine Möglichkeit zur Verbesserung oder Weiterentwicklung der Komponenten, die nach Außen wirksam sind. 234 Die Gestaltung wird erheblich eingeschränkt und ungünstige Bedingungen oder Fehler an der Schnittstelle Mensch/Gerät werden kritiklos fortgeführt. Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Problem ergibt sich für die Designer aus der Praxis der asiatischen Anbieter, gleiche technische Baugruppen innerhalb einer Branche anzubieten. Dadurch werden sich die Produkte und Designs zwangsläufig immer ähnlicher. Für die Gestalter ein großes Problem, nicht ungewollt in Ähnlichkeiten und Geschmacksmusterverletzungen hineinzugeraten. Sollten sich die Aufgaben der Designer immer mehr auf Produktdifferenzierungen und Styling beschränken, desto mehr laufen sie in Gefahr, ihre eigene Handschrift, ihre gestalterischen Merkmale zu verlieren. Dieser Identitätsverlust bedeutet auch den Verlust der Alleinstellung, und dies führt zur Austauschbarkeit. Viele Unternehmen wollen allerdings auch keine Alleinstellungsmerkmale ihrer Produkte, sondern den 'Mainstream'. Dies sieht man in der Tendenz, immer mehr 'fertige' Produkte aus Asien zuzukaufen. In der Gesamtsicht kann man feststellen, dass der Kompetenzbereich Industrie- und Produktdesign in den letzten 20 Jahren durch durch das Eindringen von Marketing im konzeptionellen Arbeiten und die Rationalisierung von Arbeitsschritten in der Umsetzung der Entwürfe durch die Technologie CAD stetig geschmälert wurde. Unter dem Druck des globalen Wettbewerbs neigen die Unternehmen dazu, Design auf Styling zu reduzieren. Hier machen es uns die Chinesen bei unzähligen Produkten vor, wie man mit Formdifferenzierungen den Markt erfolgreich überschwemmen kann. Der Stellenwert von Design nimmt ab, wenn die Designauftraggeber glauben, durch die Nachvollziehbarkeit der einzelnen Entwurfsschritte im CAD hätten sie erkannt, was hinter dem Designentwurf steckt. Die Alleinstellung und Berechtigung von Design steckt jedoch nicht in der Beherrschung des Werkzeuges CAD, sondern: „Der Einfall, die 'Idee' bildet noch immer die Grundlage für das Ausgeführte, für die Form. [...] So heißt ein Problem lösen immer, die Kluft zwischen Idee und Fakten mit „Design“ mit einer Verknüpfung aus Phantasie und Praxis – zu überbrücken. Hier geht es dann – altmodisch ausgedrückt – eben auch um eine metaphysische Ebene, um ein schöpferischgeistiges Prinzip, mit dessen Hilfe das Neue geschaffen werden kann.“421 Erst wenn die Unternehmen diese Qualität wiederentdecken, die (neue) Idee und deren professionelle, qualitativ hochwertige Umsetzung als maßgebliche Voraussetzung für Innovation verstehen, dann verkommt Industriedesign nicht zum Anhängsel der Industrie, zum Ableger von digitalen Entwicklungsprozessen. Und auch die Designer selbst müssen sich auf ihre Stärken besinnen, um als gleichberechtigte Partner der Industrie anerkannt zu werden und in Einheit mit Forschung und Entwicklung zur Wettbewerbsfähigkeit im globalen Umfeld beizutragen. Die Designausbildung ist in diesem Zusammenhang Wegbereiter für die zukünftige Entwicklung des Berufsbildes Industrie-, Produktdesigner. Aus den Gesprächen mit den Designern und meiner theoretischen Recherche könnten folgende Anregungen zur Diskussion um die Ausbildung beitragen: 1. Die Verringerung der Quantität der Ausbildungsplätze zugunsten einer qualitativ hochwertigen Designausbildung. 421 EISELE, PETRA, DR., Design Forschung als transdisziplinäres Konzept, Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/EiseleDGTF.pdf, 3-4, [Stand 14.12.2005]. 235 2. Die Konzentrierung der Ausbildungsschwerpunkte der Hochschulen auf Kernthemen, wie zum Beispiel an der Kunstuniversität Linz, deren Leiter des Studiengangs Industrial Design, Axel Thallemer für die Kompetenzbündelung im Bereich „Bionic ergänzt durch CAX-Welten, also Computer Aided Industrial Design“422, steht. 3. Die intensive Zusammenarbeit schon in der Ausbildung mit Studierenden der angrenzen den Fachbereiche wie Ingenieurswissenschaften und Marketing, um die Akzeptanz aller Beteiligten zu fördern. Dies kann neben einer verbesserten Zusammenarbeit Auswirkungen auf die Entscheidungen zugunsten von Design in den Unternehmen haben, denn aus den Marketing- und Ingenieursstudenten werden zukünftige Entscheider. 4. Eine betriebswirtschaftliche, wie technische Grundlagenausbildung, die nicht nur von der Industrie gefordert wird. 5. Die Erschließung von neuen designrelevanten Themenfeldern, wie: Bionic, Usability, User Centered Design, Universal Design, Interkulturelles Design, Nachhaltige Produktentwicklung. 6. Eine inhaltliche, wie auch strukturelle Internationalisierung der Ausbildung schafft den Studierenden und Absolventen die Möglichkeit, sich auf kulturelle Besonderheiten in einer globalen Warenwelt einzustellen und schon während des Studiums internationale Kontakte zu knüpfen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind für zukünftig erfolgreiche Industrie- und Produktdesigner neben den konzeptionellen Stärken, Kompetenzen im Bereich der Umsetzung und Fertigung, betriebswirtschaftliche Kenntnisse bezüglich der Voraussetzungen und Auswirkungen ihrer Entwürfe und die Schaffung von internationalen Kontakten, um im globalen Umfeld mitspielen zu können. Die Flexibilität, im Ausland zu arbeiten, wird von den heutigen Hochschulabsolventen auch im Designbereich, gefordert werden. Die internationalen Designabteilungen der großen Unternehmen sitzen kaum mehr in Deutschland, und die potentiellen Designkunden, die Hersteller vieler Branchen, bestimmen von Asien, Indien oder Südamerika aus den globalen Markt. Der Standort Deutschland ist für die vielen Designer eng geworden, da sich neben der Abwanderung der Industrie und damit dem Verlust der potentiellen mittelständischen Designkunden, die Nachfrage nach Designleistungen internationalisiert. Die Akzeptanz und der Einsatz von Design ist, global gesehen, nicht weniger geworden, die Orte des Geschehens haben sich verändert. 422 THALLEMER, AXEL, Leiter des Studiengangs Industrial Design an der Kunstuniversität Linz, Vom Styling zur Strukturwissenschaft, in: design report, Heft 1/2005, online im Internet: URL: http://www.design-report.de/sixcms/detail.php?id=162667&template_id=3143, [Stand 28.11.2006]. 236 12. Ausblick Als Ausschnitt einer gesamtheitlichen Betrachtung zukünftiger Betätigungsfelder und -aussichten für Industrie- und Produktdesigner komme ich abschließend noch einmal auf den Konsumgüterbereich zurück. Hier bildete sich neben dem Investitionsgütersektor nach dem Krieg ein großes Beschäftigungsfeld für Produktdesigner heraus. Man denke an die Gründerväter von AEG, GRUNDIG, SIEMENS und all die mittelständischen Betriebe, die zum Beispiel im Elektrogerätebereich eine international hoch wettbewerbsfähige Branche herausbildeten. Für viele Designbüros waren diese Unternehmen die existenzielle Basis und Hauptauftraggeber. In diesem Bereich haben gravierende Veränderungen bezüglich der Anzahl der wettbewerbsfähigen Unternehmen und der Unternehmensstrategien stattgefunden, was sich wiederum auf die ökonomische und operative Situation der Designer auswirkt. Aus diesem Grund habe ich abschließend ein Interview mit den Geschäftsführern der Firma BEURER, Marco Bühler und Georg Walkenbach, geführt423. Ihr Unternehmen vertritt den klassischen Mittelstand im Elektrogerätebereich. Wie schätzen Sie die Entwicklung des deutschen Mittelstandes im globalen Umfeld ein? Georg Walkenbach [GW]: „Wenn wir uns die globalen Märkte anschauen, zum Beispiel den US-Markt, da gibt es Premium und LowEnd. Der Mittelstand ist dort fast nicht mehr existent. Die gleiche Entwicklung haben wir überall, die Schere arm und reich geht weiter auseinander, Deutschland befindet sich ganz klassisch im Umbruch und hat den Mittelstand eigentlich schon hinter sich gelassen. Der bröckelt immer mehr ab und lebt zum großem Teil nur noch vom Erarbeiteten der letzten Generation.“ „Produktseitig haben wir starke Marken wie zum Beispiel WMF und Fissler, im Möbelbereich sind wir gut, aber ich sehe keine neuen Felder. In unserer Branche, Elektrokleingeräte, gibt es fast keine deutschen Hersteller mehr. Da gibt es noch ca 10-15 Unternehmen.“ Welche Faktoren führen zur Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt? [GW]: „Meines Erachtens nach ist es unerheblich, wo die Produktion ist, es ist wichtig, wo über Design entschieden wird. Da gibt es momentan zwei Strömungen: Das Eine ist als Konzern immer internationaler aufzutreten und ein globales Design zu haben, aber für den Mittelstand, für die Nischenmarken, ist die eigene Handschrift wichtig, die brauchen dieses ‚Made in Germany’. Die brauchen diese Handschrift für ihre eigene Identität, und da halte ich es für zwingend notwendig, dass sie mit einem Designer aus der Heimat arbeiten, um dieses zu reflektieren.“ Marco Bühler [MB]: „Ich denke, dass Innovation absolut entscheidend dafür ist, dass wir in Deutschland den Part der Entwicklung und Marketing / Vertrieb hier noch behalten. Ich sehe auch sehr stark, dass Entwicklung eigentlich dort sein muss, wo das Marketing und der Ver- trieb ist. Früher hat man gesagt, die Entwicklung ist fertigungsnah, heute sind die Produktlebenszyklen so kurz geworden, dass die Schnittstelle Marketing / Vertrieb und Entwicklung absolut simultan arbeiten muss. Das heißt, es kommt ein Kundenwunsch rein, ein Trend auf dem Markt, und dann muss es sofort in die Entwicklung rein gehen. Von daher denke ich, man muss aus Marketing / Vertrieb, Entwicklung und auch Design eine Zelle bilden, dort ist die Ideenschmiede, und dadurch entsteht ein Wettbewerbsvorteil. Der entsteht in unserem Konsumerbereich nicht bei der Fertigung.“ 423 WALKENBACH, GEORG/BÜHLER, MARCO, zum Thema 'Design und Zukunft im deutschen Mittelstand', Ulm, 08.09.2006. 237 [GW]: „Wir sollten uns besinnen, wo wir herkommen, wo unsere Stärken liegen. Natürlich sind wir innovativ, aber wir überleben, weil wir nur 80 Millionen Menschen sind. Da gibt es in China einen riesen Markt mit Milliarden von Menschen, da gibt es Indien in Aufbruchstimmung. Wir sind Teil eines Weltwirtschaftssystems, das entsprechend wächst, und dadurch werden auch Produkte aus Deutschland weiter nachgefragt. Dadurch werden wir unseren Platz in der Weltwirtschaft haben. Wir sind ein sehr interessanter Standort und wir sind ein zuverlässiger Partner. Mittlerweile sind wir in Deutschland übrigens wieder in vielen Bereichen günstiger, als in Asien. Wenn wir über Konstruktion sprechen, ist das teilweise der Fall, und das ganze Thema Marketing können Sie nirgends so günstig bewältigen, wie in Deutschland.“ Welches sind Ihre Zukunftsstrategien als mittelständisches Unternehmen BEURER? [GW]: „Wir haben einen eigenen Weg: Wir haben teilweise eigene Produktion, das brauchen wir auch, weil wir als Produktionsunternehmen und nicht als Händler gesehen werden. Wir investieren extrem in neue Produkte, wir investieren in eigenes Design, wir geben einen Mehrwert in die Branche und wir sind Systemanbieter. Das ist ganz entscheidend, das man sagt, wir haben die Produktrange und wir decken als Spezialist einen bestimmten Bereich ab und sind besser als andere. Die Produktion ist keine Kernkompetenz bei uns, wichtig ist bei uns R&D, dass wir die Produkte bei uns entwickeln, wichtig ist die Zusammenarbeit mit dem Designer, damit wir wirklich eine unverfälschte Produktrange aufbauen können. Design ist bei uns allerdings nicht dieses 'high sophisticated' Produkt, über das man ein halbes Jahr von links nach rechts schleicht, sondern bei uns ist Design Massenware.“ [MB]: „Unser Hauptjob ist, Produkte zu erfinden und auf den Markt zu bringen. Und da ist das wesentliche Erfolgskriterium, weswegen das beim Mittelstand gut funktionieren kann, die Schnelligkeit. BRAUN und PHILIPS könnten das auch, aber nicht in dieser Geschwindigkeit. Die machen eher wenig große Sachen, als viele kleine. Unser Modell ist, mit vielen kleinen Sachen zu überleben, weitere Produkte auf zu nehmen, diese besonders schön zu machen und technische 'Innovatiönchen' reinzupacken, keine Radikalinnovationen.“ „Die Vision ist unser Geschäftsmodell richtig aus zu leben. Da haben wir noch Lücken und Wachstumspotential. Zum Beispiel indem wir neue Produktgruppen aufnehmen. Und auch in der weltweiten Verbreitung unserer Produkte.“ Welche Anforderungen stellen Sie als Auftraggeber an das Industrie-/ Produktdesign? [GW]: „Durch die Globalisierung haben sich nicht nur die Standorte sondern auch die Arbeitsweise geändert. Schnelle Umsetzung ist wichtig. Dadurch, dass sie [die Designer] ihr Design gleich im CAD umsetzen, sind wir in der Lage, mit leichten technischen Überarbeitungen in der Prozesskette fortzufahren. Der Designer übermittelt uns die Entwurfsdaten und 6 Wochen später bekommen wir die ersten mock ups.“ „Der moderne Designer, wie ich ihn heute sehe, muss für mich neben einem guten Entwerfer genauso Werkzeugbauer und Ingenieur sein. Sie [die Designer] müssen betriebswirtschaftlich rechnen können, sie müssen die Folgen Ihres Designs abschätzen und wissen, was ist umsetzbar. Wichtig ist, dass sie sich als einen Teil der Kette sehen und die anderen Glieder wirklich kennen.“ Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die vermehrte Auslagerung der Konstruktion, eine Kerndisziplin der Ingenieure, aus den Entwicklungsabteilungen? [MB]: „Die Trennung von Entwicklung und Konstruktion wird in unserem Bereich bleiben, da die Konstruktion wiederum sehr fertigungsnah ist. Die Konstruktion ist für mich aber nicht der Punkt, wo die Innovation und die Kreativität stattfindet. Sondern Designer und Projektingenieur müssen in der Lage sein, die Konstruktion zu verstehen und zu beeinflussen. 238 Designer und Projektingenieur müssen wissen, was die Fertigungsbelange sind, sonst wird im Produktkonzept etwas gestaltet, was nicht oder nur sehr teuer herstellbar ist. Letztendlich wird der Designer auch zu einer Schnittstelle zur Produktion.“ Sie bestätigen also auch, dass die Industriedesigner gute konstruktive Kenntnisse haben müssen? [MB]: „Ohne ein Verständnis in der Werkzeugtechnik, Trennungen, Entformung, kann man Design heute gar nicht mehr machen, das wäre im 'Ping-Pong-Verfahren' viel zu zeitaufwändig. Wir brauchen die schnelle Umsetzung, da müssen die Grundlagen schon im Entwurf angelegt sein.“ Würden Sie sagen, dass die Ingenieure insgesamt weniger konstruieren und mehr organisieren? [MB]: „Das hängt sehr stark von der jeweiligen Firmenstruktur ab. Bei uns ist die Hauptaufgabe der Ingenieure, Machbarkeiten überprüfen, Risikoanalysen und die Terminverfolgung. Er ist der 'Kümmerer', der Terminjäger, der hinter jedem kleinem Teil hinterherhetzt. Es gibt schon noch den klassischen Konstrukteur, aber in dem Bereich, wo der Hersteller in ei- nem anderen Land sitzt und die Konstruktion auch dort stattfindet, verschiebt sich das sehr stark hin zum Projektingenieur. Auf welchen Gebieten sehen Sie die Nachfrage nach Design? [GW]: „Wir werden weiterhin dieses 'Brot und Butter Design' haben, da muss es schnell gehen, und dann haben wir das 'Elite-Design', wo wir wirklich sagen, da brauchen wir mehr Zeit in der Entwicklung. Man muss sich die Strukturen anschauen: Welche Familie mittleren Einkommens kann sich neben den täglichen Belastungen noch klassisch gute Produkte leisten? Da gibt es nur noch Bedarfsdeckung, und das ist ALDI und LIDL. Und dann haben wir den Premium-Bereich, und der boomt. Wir haben also einen 'Premium-Bereich', der sich auch bei uns sehr stark entwickelt, und den 'Low-End-Bereich'. Die mittleren Preisbereiche fallen immer mehr weg. Wenn man sich den Low-End-Bereich anguckt, dann stellt man fest: Low-End wird veredelt durch Design. Und da ist ein entscheidender Punkt, dass die Kosten für Industriedesign ja auch beachtlich nach unten gegangen sind. Früher brauchte man für ein Produkt vielleicht 500 Stunden, heute braucht man 50 Stunden. Zusätzlich ist heute durch die ganze Software rudimentär jeder in der Lage, ein 'Grunddesign' herzustellen, und mal eben einen Knopf ändern, das können wir selbst. Früher ist das zum Designer gegangen. Um zum Punkt zurück zu kommen: Heute ist es auch ein Erfolg, wenn man Low-End-Produkte designed. Wir sprechen hier über einen 'mass market', und was sind da Gestaltungskosten von 3 bis 10 Tausend Euro, wenn wir über Jahresmengen von Minimum 100 Tausend Stück sprechen. Wenn wir zum Beispiel von einer LIDL-Promotion ausgehen, dann sind das zwischen 200 und 400 Tausend Stück, und wenn die Produkte gefällig sind, werden sie besser abverkauft. Man muss also wirklich sagen, Design ist konsumierbar und es hat ein Verfallsdatum. Deshalb muss es schnell gehen, und wir brauchen Designer, die sich mit schnellem und guten Design auseinander setzen können. Sie können nicht, wenn Sie ein breites Sortiment haben, jedes Produkt entsprechend anpacken, und man kann auch einfach mal die Farbe ändern oder einen Radius, oder nur einen Teil des Werkzeuges, um es hübsch zu machen. Wer das verstanden hat, der hat nach wie vor Chancen.“ Vielen Dank für das Gespräch. 239 Schlussbemerkung Die Motivation für diese Forschungsarbeit kam unter anderem aus dem Praxisbereich. Die Erfahrungen, die ich seit vielen Jahren als Industriedesignerin im Umgang mit Designkunden gemacht habe und die Historie des Familienunternehmens Uli Schade Industriedesign waren der Ausgangspunkt für die intensive Beschäftigung mit dem Berufsbild Industriedesign und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Veränderungen und Anforderungen, die vor allem die selbstständigen Designer immer wieder vor große intellektuelle aber auch finanzielle Herausforderungen stellen, wenn sie im verschärften Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben wollen. Während der Recherchen und Interviews für dieses Forschungsprojekt musste ich mich grundsätzlich mit dem Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen hohen Status von Design und der schlechten Arbeitsmarkt- und Auftragslage für die Akteure selbst, die Designer, auseinandersetzen. Erstaunlich, wo doch Design durch alle Gesellschaftsschichten hindurch ein 'must-have', Ausdruck eines Lebensgefühls, ein begehrte Facette unserer Konsumkultur geworden ist. Vom Billigprodukt bis zur Marke entscheidet Produktdesign über den Verkaufserfolg. Die großen Handelsketten und Discounter könnten sich also ans Revers schreiben, Design demokratisiert, erschwinglich für eine breite Masse gemacht zu haben. Wollten wir dies nicht nach dem Krieg? Ja, die Demokratisierung von gut gestalteten Produkten für alle Gesellschaftsschichten war schon eine Forderung des deutschen Werkbundes und Kernphilosophie der HfG Ulm. Ein weiteres Ansinnen war jedoch auch die Herstellung und Verbreitung von deutschen Qualitätsprodukten, deren guter Ruf dazu beigetragen hat, Deutschland über Jahrzehnte an die Spitze des Weltmarktes zu stellen. Und dazu hat auch die Gestaltung beigetragen, die die funktionale Qualität der Produkte herausgehoben und unterstrichen hat. Deutsches Design und deutsches Engineering galt und gilt etwas in der Welt, dies zeigen die Exportstatistiken. Diese muss man sich allerdings genauer anschauen, und man stellt fest, dass hier vorwiegend der Investitionsgüterbereich hinter den guten Exportzahlen steckt. Der traditionell designintensive Konsumbereich ist national fast komplett weggebrochen und die Hersteller sind dahin gewandert, wo billig produziert werden kann. Und genau dieser Umstand erklärt wiederum das Paradoxon, dass viele deutsche Industriedesigner Schwierigkeiten haben, potentielle Auftraggeber zu finden, obwohl doch alles Design ist. Ein weiteres Anliegen war es mir, die Zusammenarbeit und die Arbeitsabläufe an der Schnittstelle Design und Engineering zu untersuchen, und ich konnte feststellen, dass Designer und Ingenieure innovative Teams bilden können, in einem Umfeld, das die Möglichkeit zu Entwicklung von Vertrauen und integrativen Arbeitsprozessen gibt. Durch den Erfolgsdruck der Unternehmen im globalen Wettbwerb, der sich auf die Mitarbeiter überträgt, ist es allerdings häufig für beide Partner - Designer und Ingenieure - schwer, eine Basis zu entwickeln, die eine fruchtbare Zusammenarbeit trägt. Oft ist der Zeitpunkt, an dem Designleistungen angefordert werden, zu spät. Reibungspunkte entstehen, wenn aus dem Designbereich Forderungen kommen, die die schon weit getriebenen technischen Konzepte angreifen oder in Frage stellen. Der Designer wird so als 'Störer' empfunden. 240 Nur wenige Auftraggeber sind konsequenterweise bereit, Design mit an den Anfang der internen Produktentwicklung zu stellen und im Vorfeld mit allen Akteuren (Design, Marketing, Entwicklung) zu diskutieren. Design wird vielmehr als partielle, externe Dienstleistung gesehen, als Erfüllungsgehilfe für die Erzeugung und Befriedigung von Bedürfnissen der Konsumenten und rangiert häufig unter dem Marketing. Dieses 'Bread and Butter Design', das sich in der Hervorbringung einer Produktdifferenzierung nach der anderen manifestiert, wird auf lange Sicht dazu führen, dass die eigentlichen Stärken der Industriedesigner als integrative und konzeptionelle Größen im Entwicklungsprozess nicht ausgeschöpft werden. Und so verkümmert dieser Beruf tatsächlich zum Styling. Für mich stellt sich also konkret die Frage, wie sich die Industriedesigner künftig positionieren können, wo die zukünftigen Auftraggeber sitzen, welchen Bereichen wir uns öffnen müssen, inwieweit wir uns in Wertschöpfungsketten eingliedern können, ohne unsere Eigenständigkeit zu verlieren und wie die Ausbildungsstätten auf dieses existenzielle Problem reagieren werden. Diese Fragen sollten von den Designern selbst zum Hauptthema ihrer Diskussionen erhoben und vom Verband (VDID) weiter untersucht werden. 241 Quellenverzeichnis Literatur424 AKADEMIE.DE.NETLEXIKON, Produktdesign Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon, online im Internet: URL: http://www.lexikondefinition.de/Produktdesign.html, [Stand 27.06.2006]. BAECKER, DIRK, Wie steht es mit dem Willen Allahs?, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2000), Heft 1, S. 145-176, in Jonas,Wolfgang, Designforschung als Argument. BEURER, Imagebroschüre, Ulm 2005. BONSIEPE, GUI, Interface. Design neu begreifen, Köln 1996. 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Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, online im Internet: URL: http://www.hawk-hhg.de, [Stand 30.06.2006]. Technische Universität Kaiserslautern, online im Internet: URL: http://www.uni-kl.de, [Stand 30.06.2006]. Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, online im Internet: URL: http://www.hfg-karlsruhe.de, [Stand 30.06.2006]. Universität Kassel, online im Internet: URL: http://www.unikassel.de/studium/studium.ghk, [Stand 30.06.2006]. Muthesius Kunsthochschule [Kiel], online im Internet: URL: http://www.muthesius.de, [Stand 30.06.2006]. Fachhochschule Köln University of Applied Sciences Cologne, online im Internet: URL: http://www.fh-koeln.de, [Stand 30.06.2006]. 425 Alphabetisch nach Orten aufgeführt, einschließlich aller in Abbildung 3 aufgeführten sonstigen Hochschulen. Bezeichnungen für die Studiengänge im Bereich Industrie-/Produktdesign, www.studienwahl.de, online im Internet: URL: http://www.studienwahl.de/index.aspx, [Stand 28.06.2006]. 252 Hochschule Magdeburg‐Stendal (FH) University of Applied Sciences, online im Internet: URL: http://www.hs-magdeburg.de, [Stand 30.06.2006]. Fachhochschule München ‐ Munich University of Applied Sciences, online im Internet: URL: http://www.fh-muenchen.de, [Stand 30.06.2006]. Fachhochschule Münster University of Applied Sciences, online im Internet: URL: http://www.fh-muenster.de, [Stand 30.06.2006]. Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main, online im Internet: URL: http://www.hfg-offenbach.de, [Stand 30.06.2006]. Hochschule Pforzheim Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Recht, online im Internet: URL: http://www.hs-pforzheim.de, [Stand 30.06.2006]. Fachhochschule Potsdam University of Applied Sciences, online im Internet: URL: http://www.fh-potsdam.de, [Stand 30.06.2006]. Hochschule der Bildenden Künste Saar [Saarbrücken], online im Internet: URL: http://www.hbks.uni-sb.de, [Stand 30.06.2006]. Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd University of Applied Sciences, online im Internet: URL: http://www.hfg-gmuend.de, [Stand 30.06.2006]. Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, online im Internet: URL: http://www.abk-stuttgart.de, [Stand 30.06.2006]. Universität Stuttgart,Institut für Konstruktionstechnik und technisches Design, online im Internet: URL: http://www.iktd.uni-stuttgart.de, [Stand 21.09.2006]. Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd, online im Internet, URL: http://www.hfg-gmuend.de/ Bauhaus‐Universität Weimar, online im Internet: URL: http://www.uni-weimar.de, [Stand 30.06.2006]. Hochschule Wismar University of Technology, Business and Design, online im Internet: URL: http://www.hs-wismar.de, [Stand 30.06.2006]. Bergische Universität Wuppertal, online im Internet: URL: http://www.uni-wuppertal.de, [Stand 30.06.2006]. 253 Abbildungen Abbildung 1: Die Schnittstelle Design und Konstruktion/Produktion im globalen Umfeld Abbildung 2: Dissertation: Schematische Darstellung Abbildung 3: Ausbildungsschema für die Hochschule für Gestaltung, 1951 Quelle: HFG ARCHIV ULM , HfG / Geschichte, Timeline, online im Internet: URL: http://hfg-archiv.ulm.de/die_hfg_ulm/geschichte.html [Stand 13.12.2005]. Abbildung 4: Lehrangebot an deutschen Designschulen Quelle: Vgl. Studien-& Berufswahl , www.studienwahl.de, Studiengang, Stichwortsuche 'Design', online im Internet: URL: http://www.studienwahl.de/index.aspx, [Stand 28.06.2006]. Abbildung 5: Mögliche Studienwege Quelle: NETZWERK, WEGE INS STUDIUM, Bachelor und Master. Neue Studienabschlüsse an deutschen Hochschulen, Hg.: Hochschulrektorenkonferenz (HRK), online im Internet: URL: http://www.wege-ins-studium.de/studienstruktur.html, [Stand 28.06.2006]: Abbildung 6: FOCUS Hochschulranking Quelle: LANGNER, MARC/MENZEL, STEFANIE, FOCUS Daten, Kreative Studiengänge, Das Recherchedesign, Kreative Studiengänge Bildung Bildung FOCUS Online in Kooperation mit MSN, online im Internet: URL: http://focus.msn.de/bildung/bildung/kreativ, [Stand 04.07.2006]. Abbildung 7: Anzahl der Designhochschulen im internationalen Vergleich Quelle: INTERNATIONAL DIRECTORY OF DESIGN, Industrial & Product Design Colleges & Universities, online im Internet: URL: http://www.penrose-press.com/idd/search_db.php?REGION=NONE&ACTION =&SUBJECT=NONE&TYPE=school, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 8: Einstellungsbedarf von Industriedesignern Stand 2003 Quelle: UNIMAGAZIN, 1/2003, online im Internet: URL: http://www.unimagazin.de/200301/02.pdf, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 9: Die Entwicklung der arbeitslosen bildenden Künstler und Gestalter mit Hochschulabschluss (Universität) Quelle: ISA, Informationssytem Studienwahl und Arbeitsmarkt, Überblick Bildenden Kunst, Design/Arbeitsmarkt, online im Internet: URL: http://www.uni-essen.de/isa/fg_kunst/gestalt/gestalt_am_frm.htm, [Stand 13.12.2005]. 254 Abbildung 10: Die Entwicklung der arbeitslosen bildenden Künstler und Gestalter mit Hochschulabschluss (FH) Quelle: ISA, Informationssytem Studienwahl und Arbeitsmarkt, Überblick Bildenden Kunst, Design/Arbeitsmarkt, online im Internet: URL: http://www.uni-essen.de/isa/fg_kunst/gestalt/gestalt_am_frm.htm, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 11: Design als Interface-Disziplin, (Vgl. Wolfgang Jonas) Quelle: JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, 31 Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/Jonas.pdf, 1, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 12: 'Split causality' Quelle: JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, 31 Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/Jonas.pdf, 1, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 13: Design als Parasit Quelle: JONAS, WOLFGANG, Designforschung als Argument, 31 Januar 2004, online im Internet: URL: http://www.dgtf.de/fileadmin/TheorieUndDesign/Jonas.pdf, 1, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 14: Das magische Dreieck nach Freidinger Quelle: DR. FREIDINGER, ROBERT, Geschäftsprozesse im Unternehmen, online im Internet: URL: http://www.freidinger.de/GP/GP.html, [Stand 13.12.2005]. Abbildung 15: Zusammensetzung eines interdisziplinären Entwicklungsteams Abbildung 16: Aufgabenverteilung in der Recherchephase Abbildung 17: 'Die 8 Schritte zum Markterfolg' Quelle: Vgl. GFK, Ad Hoc Research, GfK Testmarktforschung. Abbildung 18: Entwicklung der Geschmacksmusteranmeldungen bis 2005 Quelle: DEUTSCHES PATENT‐ UND MARKENAMT, Entwicklung der Geschmacksmusteranmeldungen, zur Verfügung gestellt von Dr. Jürgen Schade, 27.04.2006. Abbildung 19: Anteil angemeldeter ausländischer Muster Quelle: DEUTSCHES PATENT‐ UND MARKENAMT, Jahresbericht 2005. 255 Abbildung 20: Ländervergleich bzgl. unterschiedlicher Ansprüche an Design und Ausstattung von Maschinen Abbildung 21: Verteilung der Ingenieure auf die wichtigsten Branchen Quelle: HOCHSCHULE ULM, Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, Maschinenbau größter Arbeitgeber für Ingenieure, online im Internet: URL: http://www.fhulm.de/Fachbereiche/Maschinenbau/maschinenbau/index.mb.html, [Stand 13.07.2006]. Abbildung 22: Patentanmeldungen des deutschen Maschinenbaus im internationalen Vergleich Quelle: HOCHSCHULE ULM, Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, Maschinenbau der Patentweltmeister, online im Internet: URL: http://www.fhulm.de/Fachbereiche/Maschinenbau/maschinenbau/index.mb.html, [Stand 13.07.2006]. Abbildung 23: Negative Konsequenzen des Ingenieurmangels auf die Betriebe Quelle: VDI NACHRICHTEN, in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für europ. Wirtschaftsforschung (ZEW): Fachkräftemangel bei Ingenieuren. Aktuelle Situation und Perspektiven (Studie).Düsseldorf, 2004, online im Internet: URL: http://www.vdinachrichten.com/library/pdf/studien/Fachkräftemangel_bei_ Ingenieuren.pdf, 5-15, [Stand 14.12.2005]. Abbildung 24: Wettbewerbsziele Design Quelle: Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 63ff. Abbildung 25: Bezugsrahmen Designstellenwert im Unternehmen Quelle: >Vgl. KISS, ESTHER, Integriertes Industriedesign, 53. Abbildung 26: Verzahnung Marketing/Vertrieb, Produktdesign, Konstruktion/Produktion: Idealzustand Abbildung 27: Verzahnung Marketing/Vertrieb, Produktdesign, Konstruktion/Produktion: Trend Abbildung 28: Die Verringerung der Fertigungstiefe der deutschen Industrie Quelle: Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 6. Abbildung 29: Die Komponenten der Zunahme der Industrieproduktion Quelle: Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 9. 256 Abbildung 30: Arbeitskosten 2003 Quelle: Vgl. SINN, HANS‐WERNER, Basar-Ökonomie Deutschland, 15. Abbildung 31: Design in dezentralen Unternehmensstrukturen Abbildung 32: Projektmangement: Designer/Projektingenieur Abbildung 33: BEURER-Strukuren mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 34: Produktdifferenzierung Abbildung 35: Produktneuentwurf Abbildung 36: UHLMANN-Strukturen mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 37: Produktneuentwicklung Abbildung 38: Firmenstruktur GARDENA mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 39: Produktneuentwicklung GARDENA Abbildung 40: Firmenstruktur WANZL mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 41: Firmenstruktur RÖMER mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 42: Firmenstruktur BOSCH/MURRHARDT mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 43: Firmenstruktur Kässbohrer Geländefahrzeug AG mit der Schnittstelle zum Design Abbildung 44: Unternehmenstypen Abbildung 45: Probleme an der Schnittstelle Design / externe Konstruktion Abbildung 46: Direkte / indirekte Zusammenarbeit Design / Konstruktion 257 Abbildung 47: Fragebogen für Ingenieure: Welche Leistungen / Befähigungen erwarten Sie von Industrie- / Produktdesignern /Designbüros? Abbildung 48: Angebotsmodule, Designpraxis Diener Abbildung 49: Veränderungen der berufsspezifischen Bedingungen für Industriedesign 258 Anhang Focus Ranking Kreativ-Studiengänge426 Der Recherche-Pool enthielt nur grundständige Studienangebote mit Bachelor-,Diplom- oder vergleichbarem Abschluss. Nicht berücksichtigt wurden Master-,Aufbau- und Lehramtsstudiengänge. Als kreativ ist ein Studiengang dann anzusehen, wenn Studienbewerber vor Studienbeginn ihre künstlerische Befähigung nachweisen müssen. Dies kann beispielsweise durch eine Mappe, einen Eignungstest oder Gespräche mit Professoren erfolgen. 1. Das Recherchedesign Methodik und Vorgehen wurden in einer Expertenrunde festgelegt. Dazu luden FOCUS und der Art Directors Club für Deutschland e.V. (ADC) führende Kreative nach München ein. Der ADC ist ein Zusammenschluss von Kreativen aus den Bereichen Werbung, Wort, Bild, Design, Editorial, Fotografie, Illustration, Funk, Film, Interaktive Medien und räumliche Inszenierung. Ein erklärtes Ziel des ADC ist es, durch Seminare, Wettbewerbe und Publikationen kreative Leistung zu fördern. Bei der Zusammenstellung der Expertenrunde wurden sämtliche Typen von Ausbildungsstätten sowie die unterschiedlichen Studienbereiche berücksichtigt. Geladen waren Vertreter von Agenturen, Akademien, Filmhochschulen, Fachhochschulen und privaten Instituten. Sie sind in den Bereichen Design, Werbung, Grafik, Freie Kunst sowie Film und Fernsehen als Kreativchefs und/oder Lehrende tätig. Die Teilnehmer waren: Prof. Heiner Blum (Hochschule für Gestaltung Offenbach), Max Condula (Akademie U5 an der Einsteinstraße, München), Prof. Klaus Hesse (Hochschule für Gestaltung Offenbach), Prof. Michael Keller (Fachhochschule München); Prof. Harald Pulch (Fachhochschule Mainz), Prof. Thomas Schadt (Filmakademie Baden-Württemberg), Manfred Neussl (Art Director des FOCUSMagazins, München); Mike Ries (ADC Vorstand, Chief Creative Officer bei J. Walter Thompson GmbH, Frankfurt) und Delle Krause (ADC Vorstand, Executive Creative Director bei Ogilvy & Mather Werbeagentur, Frankfurt). Die Expertenrunde entwickelte das Recherchedesign. Zu klären war, wie das variantenreiche Studienangebot verglichen werden kann. Einige Ausbildungsstätten haben sich auf einen einzigen Studiengang wie beispielsweise Illustration oder Fotografie spezialisiert, andere bieten ein breit angelegtes gestalterisches Studium an. Die Experten bildeten vier verschiedene Gruppen, die so genannten Cluster. Anschließend ordneten sie diesen die entsprechenden Fachrichtungen zu. Die vier Cluster sind: 1. Kommunikation 2. Bewegte Medien 3. Produkt 4. Freie Kunst 426 FOCUS Online in Kooperation mit MSN, Kreative Studiengänge Ranking, online im Internet: URL: http://focus.msn.de/bildung/bildung/kreativ [Stand 04.07.2006]. 259 Unter „Produkt“ ist zu verstehen: • Produktdesign • Automobildesign • Interface-Design • Modedesign • Textildesign Anschließend erörterten Kreative und Redakteure gemeinsam, welche Kriterien bei einem Ranking kreativer Studiengänge grundsätzlich aussagekräftig sind. Mit einzelnen Expertenteams entwickelte FOCUS dann vier auf die Besonderheiten der jeweiligen Cluster zugeschnittene Fragebögen. Das Ranking basiert auf einer umfassenden Befragung von Professoren und Agenturen sowie auf Eigenangaben der Ausbildungsstätten zur Studiensituation vor Ort. Reputation bei Lehrenden In ausführlichen Interviews befragte FOCUS renommierte Professoren. Bei der Auswahl der Ge- sprächspartner wurden jeweils die einzelnen Schwerpunkte eines Clusters brücksichtigt, wie z.B. Fotografie, Illustration oder Grafik. Die Ansprechpartner sind als Lehrende an den verschiedenen Typen von Ausbildungsstätten tätig. Sie gaben nahezu 1800 Bewertungen zu den angebotenen Stu- diengängen ab. Eigenempfehlungen wurden nicht gewertet. Die Ergebnisse der Befragung sind in drei Gruppen – hohe, mittlere und niedrige Reputation – eingeteilt. Reputation in Agenturen Mit einer schriftlichen Umfrage unter den größten und umsatzstärksten Medienagenturen ermittelte FOCUS für den Bereich Kommunikaton die Reputation aus Sicht der Praxis. Befragt wurden gezielt die Kreativ- und Personalverantwortlichen. Diese gaben an, von welchen Hochschulen sie bevorzugt Absolventen einstellen. Auch hier wurden die Ergebnisse in die drei Gruppen hohe, mittlere und niedrige Reputation eingeteilt. Eigenangaben der Ausbildungsstätten Für die Befragung der Ausbildungsstätten richtete FOCUS ein Umfrageportal im Internet ein. Dort wählten sich die Befragten mit den ihnen per Brief zugesandten persönlichen Zugangsdaten ein. Um zu ermitteln, in welchem Cluster eine Ausbildungsstätte ein Studium anbietet, schrieb FOCUS im ersten Schritt insgesamt 111 Rektoren bzw. Schulleiter an. Die Angeschriebenen ordneten ihre Fachrichtungen den oben genannten Clustern selber zu und benannten Ansprechpartner. Im zweiten Schritt richtete sich FOCUS mit dem für jeden Cluster speziell ausgearbeiteten Frage- bogen direkt an die Ansprechpartner. Diese konnten detailliert Angaben zur Studiensituation vor Ort machen. Jeder Fragebogen wurde mit mehreren Experten aus den Clustern erarbeitet. Folgende Kriterien wurden aus den gemachten Angaben ermittelt: Betreuungsrelation Dieser Wert gibt an, wie viele Studenten von einem Lehrenden betreut werden. Zu den Lehrenden wurden Professoren, Fachlehrer, Lehrbeauftragte sowie die Werkstattleiter gezählt. Je niedriger dasVerhältnis, desto besser ist die Bewertung. Anhand einer Sonderauswertung des Statistischen Bun-desamts überprüfte FOCUS die Plausibilität der von den Ausbildungsstätten gemachten Angaben. 260 Ausstattung Abgefragt wurden die wichtigsten Arbeitsmittel im jeweiligen Studienbereich, wie Beamer, Computer, Drucker, Schneidetische, Layout und Bildbearbeitungssoftware. Die Mengenangaben wurden zur Anzahl der Studierenden in Bezug gesetzt. Um Unterschiede in der Ausstattung zu verdeutlichen, wurden die Quoten in einen Score von 0 bis 100 umgerechnet. Die Ausbildungsstätte mit dem schlechtesten Wert erhielt 0 Punkte, die mit dem besten 100. Wettbewerbe Die Ausbildungsstätten gaben an, wie ihre Professoren und Studenten bei renommierten Wettbewerben in den vergangenen drei Jahren abgeschnitten haben. Die Auswahl der relevanten Wettbewerbe erfolgte in Abstimmung mit dem jeweiligen Expertenteam. Ausgewertete Preise sind u.a.: • iF Award • ADC Deutschland • Red Dot • Commerzbank • Bayerischer Nachwuchspreis • Mia-Seeger-Preis • BRAUN-Preis • Kodak-Nachwuchspreis • Adobe-Nachwuchspreis • Epson-Nachwuchspreis • Reinhart-Wolf-Preis • TDC • D&AD • Output • 100 beste Plakate • Lucky Strike • Design-Preis der Bundesrepublik Deutschland • Life Science In den Bereichen Kommunikation und Produkt prüfte die Redaktion die Angaben der Ausbildungsstätten und ergänzte diese gegebenenfalls. Das Ranking Im Ranking dargestellt sind jene Ausbildungsstätten, die sich an der Umfrage beteiligt hatten. Zusätzlich in die Tabelle aufgenommen, aber nicht gewertet wurden Hochschulen mit besonders gutem Ruf, die jedoch nicht an der FOCUS-Umfrage teilnehmen wollten. Berechnung Für jedes Ranking-Kriterium wurde ein so genannter Score berechnet. Das heißt, die Einzelergebnisse wurden in Punktwerte umgerechnet. Der jeweils beste Wert erhielt 100 ScorePunkte, der schlechteste null. Die Werte dazwischen wurden entsprechend vergeben. Das Gesamtergebnis berechnet sich aus dem Durchschnitt der Einzelscores. Da die Reputation bei Professoren, die Reputation in den Agenturen und die Betreuungsquote nach Ansicht aller Experten besonders wichtige Indizien für eine gute Ausbildungssituation sind, wurden diese Kriterien doppelt gewichtet. 261 Gruppenbildung Die Anzahl der zu bildenden Gruppen wurde auf drei festgelegt. Eine Einteilung in mehr als drei Partitionen hätte weniger Universitäten die Chance gegeben, in die Spitzengruppe zu gelangen, weniger als drei Gruppen hätten dagegen die Bildung einer deutlich überdurchschnittlichen Elite gefährdet. Die Gruppenbildung erfolgte mittels einer hierarchischen Clusteranalyse. Das gewählte Verfahren stellt sicher, dass sich die Scores innerhalb eines Clusters möglichst gering unterscheiden. Gleichzeitig differieren die Werte aus zwei verschiedenen Clustern deutlich. Damit ist gewährleistet, dass sich die Spitzengruppe deutlich vom Mittelfeld abhebt. Dies gilt außerdem nicht nur für den Mittelwert der Gruppe, sondern auch für den ‚untersten’ Wert der Spitzengruppe im Vergleich zum ‚obersten’ Wert der Gruppe 2, hier ist in der Regel ein deutlicher Sprung zu beobachten. Von einem Ranking im Cluster „Freie Kunst“ wurde abgesehen. Die erhobenen Daten waren nicht vergleichbar. (Quelle: Marc Langner, Stefanie Menzel, FOCUS Daten) KREATIVBERUFE Produktdesign / Industrialdesign Uni Ort Endergebnis FH Schwäbisch Gmünd Spitzengruppe, 64 Punkte HS Pforzheim Spitzengruppe, 62 Punkte Akademie Stuttgart Spitzengruppe, 61 Punkte Uni Wuppertal Spitzengruppe, 57 Punkte HfG Karlsruhe Spitzengruppe, 55 Punkte Muthesius KHS Kiel Spitzengruppe, 54 Punkte HBK Braunschweig Spitzengruppe, 53 Punkte KHS Berlin Mittelgruppe HfK Bremen Mittelgruppe FH Coburg Mittelgruppe FH Darmstadt Mittelgruppe HS Anhalt Dessau Mittelgruppe Uni Essen Mittelgruppe Giebichenstein Halle Mittelgruppe HBK Hamburg Mittelgruppe KHS Kassel Mittelgruppe HfG Offenbach Mittelgruppe HS für T. u. W. Reutlingen Mittelgruppe HBK Saarbrücken Mittelgruppe Uni Weimar Mittelgruppe FH Aachen Schlussgruppe HS für T. u W. Dresden Schlussgruppe KS Wandsbek Hamburg Schlussgruppe FH Hannover Schlussgruppe HS Magdeburg Schlussgruppe FH Mainz Schlussgruppe FH Münster Schlussgruppe FH Potsdam Schlussgruppe Westsächsische HS Zwickau Schlussgruppe 262 KREATIVBERUFE Produktdesign / Industrialdesign [exemplarisch] 1. Platz - FH, Schwäbisch Gmünd - Spitzengruppe Reputation Professoren hoch Reputation Studenten hoch Note 7 Wettbewerb Professoren niedrig Wettbewerb Studenten mittel Ausstattung 67 Endergebnis Spitzengruppe, 64 Punkte Anzahl Studenten 198 Studiengänge Produktgestaltung Gebühr nein Gebühr geplant ja, 500 Euro ab SS 2007 Telefon 0 71 71/6 02-6 00 Homepage http://www.hfg-gmuend.de 2. Platz - HS, Pforzheim – Spitzengruppe Reputation Professoren hoch Reputation Studenten hoch Note 5 Wettbewerb Professoren niedrig Wettbewerb Studenten mittel Ausstattung 15 Endergebnis Spitzengruppe, 62 Punkte Anzahl Studenten 361 Studiengänge Industrial Design, Transportation Design, Mode, Schmuck und Objekte der Alltagskultur Gebühr nein Gebühr geplant ja, 500 Euro ab SS 2007 Telefon 0 72 31/28 67 18 Homepage http://www.hs-pforzheim.de 3. Platz - Akademie, Stuttgart – Spitzengruppe Reputation Professoren hoch Reputation Studenten hoch Note 3 Wettbewerb Professoren niedrig Wettbewerb Studenten mittel Ausstattung 76 Endergebnis Spitzengruppe, 61 Punkte Anzahl Studenten 76 Studiengänge Industrial Design, European Design, Textilgestaltung, Integral Studie Gebühr nein Gebühr geplant ja, 500 Euro ab WS 2006/2007 Telefon 07 11/2 84 40-2 20 Homepage http://www.abk-stuttgart.de 263 4. Platz - Uni Wuppertal - Spitzengruppe Reputation Professoren mittel Reputation Studenten hoch Note 7 Wettbewerb Professoren hoch Wettbewerb Studenten mittel Ausstattung 19 Endergebnis Spitzengruppe, 57 Punkte Anzahl Studenten 155 Studiengänge Industriedesign Gebühr nein Gebühr geplant ja, voraussichtlich WS 2007/08 Telefon 02 02/4 39 47 83 Homepage http://www.uni-wuppertal.de Uni, Essen – Platz 13 - Mittelgruppe Reputation Professoren mittel Reputation Studenten mittel Note 8 Wettbewerb Professoren hoch Wettbewerb Studenten mittel Ausstattung 16 Endergebnis Mittelgruppe Anzahl Studenten 211 Studiengänge Industrial Design Gebühr nein Gebühr geplant unbekannt Telefon 02 01/1 83 36 07 Homepage http://www.uni-duisburgessen.de FH, Aachen – Platz 21 - Schlussgruppe Reputation Professoren niedrig Reputation Studenten niedrig Note 7 Wettbewerb Professoren hoch Wettbewerb Studenten niedrig Ausstattung 19 Endergebnis Schlussgruppe Anzahl Studenten 162 Studiengänge Produktdesign Gebühr nein Gebühr geplant geplant Telefon 02 41/60 09-15 10 Homepage http://www.fh-aachen.de 264 Gängige CAD-Systeme im Überblick Produkt/Anbieter Anwendungs Betriebssystem Funktionen schwerpunkt Schnittstellen CATIA (V5) verschiedene Plattformen (Dassault Systèmes) Solid Works Pro/Engineer Wildfire Tools: Labor, Werkzeugbau, Fertigung, Visualisierung (PTC) Alibre Design 8.2 Professional Windows,Unix Konstruktion, Industriedesign Windows Import:DXF,IGES, DWG,VDAFS, STEP,ACIS, CATIA, Pro/E, VRML,STL, Inventor Part, Solid Edge Part, u.a. Export: DXF, DWG,IGES ,STEP, ACIS, VDAFS, Pro/E, JPEG, u.a. (UGS) Hybridmodeller Komplettes parametrisches 3D Modellieren. Assoziatives 2D Zeichnen Photorealistisches Rendern Kernel Parasolid PTC Granite Produktentwick- Windows,Unix, Irix Paramterisches System Kernel Hybridmodeller lung, KonstrukErzeugen detaillierter Volumention, Fertigung Import/Export: STEP/IGES/ DXF/ modelle und Blechkomponenten, die von Baugruppen, DWG/STL/VRML Erstellung / Konstruktion von SchweißverECAD, u.a. Import Data Doctor bindungen und die Generierung vollständig dokumentierter Produktionszeichnungen sowie fotorealistischer RenderGrafiken. Komplettes parametrisches 3D ACIS Kernel von Spatial Modellieren. Assoziatives 2D Zeichnen, Detaillieren, Zusam- Technology Datenkonverter: ACAD DWG/DXF menbau und Stückistengenerator Step,IGES, SAT, Photorealistisches Rendern STL und CSV Konstruktion Windows Produktentwicklung, gesamter Konstruktionsund Fertigungsprozess Windows,UNIX, (Alibre Inc.) NX Unigraphics verschiedene Bundles: z.B.: NX Mach 2 Product Design Catia Kernel Paramterisches System Hybridmodeller Spezifikationsgesteuerte Konalle gängigen struktion von Teilen und BauSchnittstellen, Direktschnittstel- gruppen sowie integrierte Entlen je nach Anfor- wurfserstellung, Erzeugung und derung und Lizenz Bearbeitung von komplexen Flächen und Freiformflächen erhältlich Produktentwicklung/Fertigung z. B. Stil- und Formdesign, mechanische Konstruktion, Ausrüstungs-, Systementwicklung, Verwaltung digitaler Modelle, Bearbeitung, Analyse, Simulation (Dassault Systèmes) Kernel Hybrid-Modellierung (TeilKernel Vollparametrisierung), je nach Parasolid bundle Class A Freiformflächen IRIX, IBM, u.a. Industrial Design Freeform Import/Export IGES, STEP,VDA Shape ist ein Modul zum dynamischen Ziehen, Verdrehen, -FS, DXF/DWG CATIA V4, Inter- Verwinden und Verschieben von Flächen und erfüllt damit – face, Translator zusammen mit den NXSTL Visualisierungs-Modulen – Anforderungen aus dem Industrial Design. Photorealistisches Rendern 265 Produkt/Anbieter Anwendungs Betriebssystem Funktionen schwerpunkt Schnittstellen Solid Edge (UGS) IronCAD (Rhino-Integration) Produktentwick- Windows lung, Konstruktion Import/Export Pro-E, MDT, Auto CAD, IGES, STEP DXF, CATIA V4 Migration von Inventor-Daten Hybrid-Modellierung mit Para- Kernel metrik Parasolid Photorealistisches Rendern Rapid Blue-Technologie Insight-Technologie Konstruktion, Produktdesign Solidmodeller integrierte Render- und Animationswerkzeuge Rhino Integration möglich (WARMUTH CAD/ CAM LÖSUNGEN) think3 Konstruktion, thinkiD DesignXpres- Design sions Series (think3) Kernel Windows Import/Export: CATIA, Pro/E, ACIS Parasolid, IGES, STEP, DXF, 3DS - 3D Studio, STL, VRML, u.a. DWG,DXF,AVI, GIF, BMP, EPS, TGA, TIFF, u.a. ACIS- und Para solid Kernel CATIA ImportExport Schnittstelle Pro/E Granite One Kerntechnologie. 3D parametrische Volumenmo- Thinkdesign hybrid Kernel dellierung, Drahtgittermodelierung, Flächenmodellierung, Import/Export DXF, DWG,IGES, Global Shape Modeling, Smart STEP,STL, VDA, Objects, 2D Zeichnungserstellung VRML, u.a. Optional: CATIA PARASOLID Windows Ashlar Vellum Xenon / Design, Modell- Windows, MAC Cobalt bau, Konstruktion Export in: (Ashlar Inc.) ShockWave 3D, Viewpoint,VRML, Quick Time u.a. Import/Export ACIS SAT, Pro/E, Catia.v4, ParaSolids, IGES, STEP,DXF,DWG, EPS, Al u.a. 2D/3D Hybridmodeller Drahtmodelle, Oberflächen, Volumenkörper Photorealistisches Rendern ACIS Kernel von Spatial Technology Rhino / Flamingo Design (Industrie-Windows (IronCAD-Integration) design,Schmuck(Robert McNeel & design, u.a.) Import/Export Associates) DWG/DXF, SAT, STL, VRML, BMP, TGA, JPG, CSV TIFF, STEP, VDA, GHS, IGES (Alias, Ashlar Vellum, CATIA, Iron CAD, MAX 3.0,Mechanical Desktop, Pro/E, SDRC I-DEAS, Solid Edge, Solid Works, u.a. NURBS-Kurven, Flächen und Volumenkörper, Gitternetz Renderingtool Flamingo IronCAD-Integration möglich PowerSolids bietet Solid Modelling inner halb 3ds max und Rhino. Völlig neuer Kernel von IntegrityWare 266 Produkt/Anbieter Anwendungs Betriebssystem Funktionen schwerpunkt Schnittstellen Alias Studio / Designstudio Design (Alias Systems Corp.) Unix, IRIX, Windows Import/Export: Standard, u.a. Direktschnittstellen: Pro/E, Catia V4,V5,I-DEAS, UG-NX Kernel Skizzen, Illustrationen, Render- Alias ings, 3D-Konzept-Modelle, Ra- PowerAnimapid Prototyping, Animationen, tor-Systems 3D-Flächenmodeller Freiformflächenmodellierer mit Automobildesign Windows, SUN Flächenstyling UNIX,IRIX,Linux objekt- orientierter Datenstruktur zur Generierung und Verar(ICEM Technologies) IGES,VDA/FS,SET beitung von Class-A-Flächen Direktschnittstellen (parametrische Datenbasis) Photorenderer je nach Paket: CATIA, CADDS, I-DEAS Master Series, Unigraphics, AutoForm. Pro/ENGINEER (via ATB) and CDRS - ICEM surf / shape design / style 3D Studio Max Design / Visualisierung Windows Erstellen und Modeling mit Volumen-Flächenmodellierer. Toolsets: 2D- und 3DImport/Export: Grundelemente (parametrisch AVI, BMP, CIN, oder andere Basis-Geometrie) EPS, FLC, GIF, JPG, PNG, RGB, Modeling von Splines, PolygoRLA, , TGA, TIF, , nal Mesh, Bezier-Patch oder relationalen NURBSPhotoshop PSD* Oberflächen QuickTime, u.a. AutoCAD, DWG und DXF, IGES, STL, VRML, u.a. - Visualisierung Windows - (Autodesk) Cinema 4D (MAXON Computer GmbH ) Flächenmodeller mit Polygongeometrie Import: Inventor,Pro/E, Rhino,STL,OBJ, XGL,DWG,IGES, Solid Edge, SolidWorks,ACIS SAT,Parasolid, STEP,u.a. 267 Fragebogen Ingenieure Fragebogen zur Schnittstelle Design und Konstruktion; Ingenieure Susanne Schade Datum: Arbeitsorganisation 1. Welche(s) CAD-System(e) beherrschen Sie? 2. Arbeiten Sie im Bereich Design, Konstruktion und Produktion mit externen Dienstleistern / Zulieferern und in welchem Umfang? Bereich gar nicht manchmal häufig überwiegend immer Konstruktion Design Produktion 3. Mit wie vielen Dienstleistern / Zulieferern arbeiten Sie im jeweiligen Bereich? Anzahl Bereich Konstruktion Design Produktion 4. Woher kommen die Dienstleister / Zulieferer? Inland: Ort Bereich Ausland: Land / Ort Konstruktion Design Produktion 5. Wie beurteilen Sie insgesamt die Zusammenarbeit mit den Dienstleistern / Zulieferern? Bereich sehr schlecht schlecht Konstruktion Design Produktion 268 zufriedenstellend gut sehr gut Produkt-/Industriedesign 6 .Für wie wichtig erachten Sie Industrie-/Produktdesign für Ihr Unternehmen? nicht wichtig Wichtigkeit Industrie-/Produktdesign weniger wichtig wichtig sehr wichtig 7. Wie würden Sie Ihre überwiegenden Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Industrie-/Produktdesignern beschreiben? keine Meinung Erfahrungen mit Industrie-/Produktdesignern schlecht befriedigend gut sehr gut 8. Welche Leistungen / Befähigungen erwarten Sie von Industrie- / Produktdesignern / Designbüros (Design)? Bitte führen Sie unter Sonstiges nicht erwähnte Aspekte an. Bereich Design Leistung/Befähigung Detaillierte Angebotserstellung Dokumentation des Aufwandes Exklusivität Vertrauenswürdigkeit / Verschwiegenheit Zuverlässigkeit (Termine/Abgaben) Flexibilität Jugendlichkeit / Esprit Seriosität Referenzen / Erfahrungen Integration in Ihre betrieblichen Abläufe Betriebswirtschaftliche Kenntnisse Produktionstechnische Kenntnisse Sprachkenntnisse (Englisch) Kenntnisse in Produktökologie Technische Recherche Trendrecherche Designrecherche Ergonomiestudien Konzeption Präsentation Entwicklung technischer Komponenten / Bauteile Entwicklung technischer Baugruppen Entwicklung der Außenschalen /der Verkleidung Entwurfsskizzen Renderings Designmodelle Designkonstruktionen im CAD Prototyping Problemloser Datentransfer Designberatung Kommunikation mit anderen Zulieferern Reisetätigkeit zu anderen Zulieferern Designmanagement Unterstützung im Produktmanagement 269 Stellenangebot Miele427 427 Maschinenbau−/Designingenieur als Assistent des Design-Leiters (m/w) - Gütersloh - Miele & Cie. KG STEP STONE, Stellenangebote, online im Internet: URL: http://www.stepstone.de/offers/offer_detail.cfm?click=yes&id=440597, [Stand 18.09.2006]. 270