W5 - Heißluftmotor

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Physikalisches Grundpraktikum
W5- Heißluftmotor
W5 - Heißluftmotor
Aufgabenstellung:
Zeichnen Sie ein p-V-Diagramm eines Heißluftmotors bei verschieden Heizspannungen auf und
schätzen Sie daraus die Reibungsarbeit ab. Bestimmen Sie den Wirkungsgrad des verwendeten
Heißluftmotors.
Stichworte zur Vorbereitung:
1. Hauptsatz der Thermodynamik, Zustandsänderung, ideales Gas, 𝑝 - 𝑉 -Diagramm, Kreisprozess,
CARNOTscher Kreisprozess, STIRLINGscher Kreisprozess, Wärmekraftmaschine, Wärmepumpe,
Wirkungsgrad
Literatur:
•
H. J. Eichler, H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das neue Physikalische Grundpraktikum, Kap. 18, 2.
Auflage, Springer Verlag Berlin 2006
•
W. Demtröder, Experimentalphysik 1 – Mechanik und Wärme, Kap. 10.3, 6. Auflage, Springer
Verlag Berlin 2013
•
P. Tipler, G.Mosca, Physik für Wissenschaftler und Ingenieure, Kap. 15.4-15.6, 16.1-16.3, 7.
Auflage, Springer Verlag Berlin 2015
•
W. Schenk, F. Kremer (Hrsg.), Physikalisches Praktikum, Kap. 2, 14. Auflage, Springer Verlag
Berlin 2014
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1.
Theoretische Grundlagen
Ideales Gas und der STIRLINGsche1 Kreisprozess
In der Modellvorstellung des idealen Gases werden alle Gasteilchen als Massepunkte aufgefasst, welche
keine Kräfte untereinander verspüren. Die einzige Wechselwirkung besteht aus elastischen Stößen
untereinander und mit der Wand. Der thermodynamische Zustand des idealen Gases kann durch seine
thermische Zustandsgleichung
𝑝𝑉 = 𝑛𝑅𝑇
(1)
mit der universellen Gaskonstante 𝑅 , der Stoffmenge 𝑛 in Mol und den Zustandsgrößen Druck 𝑝,
Volumen 𝑉 und Temperatur 𝑇. Aus dieser Gleichung lassen sich nun Zusammenhänge zwischen den
Zustandsgrößen für verschiedene Zustandsänderungen des idealen Gases ableiten. So gilt für eine
Veränderung des Zustandes bei konstantem Druck (isobare Zustandsänderung) 𝑉~𝑇, bei konstantem
Volumen (isochore Zustandsänderung) 𝑝~𝑇 und bei konstanter Temperatur (isotherme
Zustandsänderung) 𝑝~𝑉⁻¹. Für den Fall, dass bei einem Prozess der Wärmeaustausch mit der
Umgebung unterbunden ist, d.h. 𝛥𝑄 = 0, nennt man die Zustandsänderung adiabatisch und es gilt
𝑝~𝑉 ./ mit dem Adiabatenexpontenten 𝜅 des betrachteten Gases.
Bei einem thermodynamischen Kreisprozess durchläuft das Gas eine Reihe von Zustandsänderungen
über verschiedene Zwischenzustände und erreicht schließlich wieder seinen Ausgangszustand. Stellt
man einen solchen Kreisprozess in einem 𝑝 − 𝑉 -Diagramm dar (vgl. Abb. 1), so wird durch die
Zustandsänderungen eine Fläche eingeschlossen, wobei der eingeschlossene Flächeninhalt der vom
oder am (je nach Umlaufrichtung) System verrichteten Arbeit entspricht.
Abb. 1: STIRLINGscher Kreisprozess
1
Robert Stirling (1790 – 1878), schottischer Pastor und Ingenieur
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Im Falle einer Wärmekraftmaschine wird mechanische Arbeit abgegeben. Jede nach konkreter Bauart
des Motors werden verschiedene Kreisprozesse durch Aneinanderreihung der oben beschriebenen
Änderungen des thermodynamischen Zustandes des Arbeitsgases realisiert. Der ideale Heißluftmotor,
bei dem keine Energieverluste, beispielsweise durch keine Reibung, berücksichtigt werden und bei dem,
im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren, das Arbeitsgas nicht verbraucht wird, lässt sich durch den
STIRLINGschen
Kreisprozess beschreiben. Dieser Kreisprozess ist in Abbildung 1 gezeigt. Er wird durch
durch zwei bei unterschiedlicher Temperatur stattfindende isotherme Zustandsänderungen und zwei bei
verschiedenem Volumen stattfindende isochore Zustandsänderungen charakterisiert.
Im Zylinder des Heißluftmotors erfährt das Arbeitsgas im Kontakt mit zwei Wärmereservoiren mit den
konstanten Temperaturen 𝑇2 und 𝑇3 Zustandsänderungen, die letztlich zum Antrieb des Motors führen.
Die Wärmereservoire können mittels Heizer und gekühlter Zylinderwand realisiert werden. Um das
Arbeitsgas jeweils mit einem der Wärmequellen in Kontakt steht, läuft ein Verdrängerkolben im Zylinder.
Der Verdängerkolben ist mit dem Arbeitskolben, der durch Expansion und Kontraktion des Arbeitsgases
bewegt wird, derart gekoppelt, dass er diesem um einen Phasenwinkel von 90° vorauseilt. Abbildung 2
zweigt die Arbeitstakte des Heißluftmotors, die im Folgenden genauer beschrieben sind.
Abb. 2: Arbeitstakte eines Heißluftmotors
1 → 2: Es erfolgt eine isotherme Expansion im Kontakt mit dem Wärmereservoir der Temperatur
𝑇2 . Dabei wird dem Gas die Wärmemenge 𝑄23 zugeführt wird. Durch die Expansion wird der
Arbeitskolben nach unten gedrückt.
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2 → 3: In diesem Schritt bewegt sich der Verdrängerkolben nach oben, so dass das Arbeitsgas in Kontakt
mit dem Wärmereservoir der Temperatur 𝑇3 < 𝑇2 kommt. Bei konstantem Volumen gibt es dort dabei die
Wärmemenge Q23 ab.
3 → 4: Unter Abgabe der Wärmemenge 𝑄67 wird das Gas isotherm komprimiert, der Arbeitskolben läuft
entsprechend der Volumenverringerung nach oben.
4 → 1: Schließlich bewegt sich der Verdrängerkolben nach unten, so dass das Arbeitsgas erneut Kontakt
mit dem Wärmereservoir der Temperatur 𝑇2 gelangt. Bei der isochoren Erwärmung wird die Energie 𝑄72
zugeführt.
Der erste Hauptsatz der Themodynamik setzt nun die zugeführte Wärmemenge d𝑄, die durch Expansion
oder Kompression verrichtete Arbeit 𝑝d𝑉 in Beziehung mit der Änderung der Inneren Energie d𝑈 des
Gases:
d𝑈 = d𝑄 − 𝑝d𝑉
(2)
Die Änderung der Inneren Energie schlägt sich schließlich in einer Änderung der Temperatur nieder,
wobei
d𝑈 = 𝑛𝑐V d𝑇
(3)
mit der molaren Wärmekapazität bei konstantem Volumen 𝑐V gilt.
Eine weitere idealisierende Vereinfachung erreicht man durch Unterbindung des Wärmeaustausches mit
der Umgebung in den Takten 2 → 3 sowie 4 → 1. Die isochoren Prozesse sind dann durch adiabatische
Vorgänge zu ersetzen. Der resultierende Kreisprozess ist der so genannte CARNOT2-Prozess. Da bei
diesem Prozess lediglich Wärme mit den Wärmereservoiren ausgetauscht wird, jedoch nicht mit der
Umgebung, ist dieser Kreisprozess reversibel, d.h. prinzipiell umkehrbar.
Wirkungsgrad
Von besonderem Interesse bei einer Wärmekraftmaschine ist deren Wirkungsgrad. Für eine ideale
Wärmekraftmaschine, beschrieben durch den CARNOT-Prozess, wird der Wirkungsgrad nur durch die
Temperaturen 𝑇2 und 𝑇3 der bestimmt:
?
𝜂C = 1 − @ .
?A
(4)
Da die in realen Wärmekraftmaschinen wie dem diskutierten Heißluftmotor jedoch vom idealisierten
Carnot-Prozess abweichen, ist es sinnvoller, den Wirkungsgrad aus dem Verhältnis der gewonnen
mechanischen Leistung und der aufgebrachten Heizleistung zu berechnen:
2
Nicolas Léonard Sadi Carnot (1796 – 1832), frz. Physiker und Ingenieur und Begründer der Thermodynamik,
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𝜂W =
CMech
CHeiz
.
(5)
Da der Heißluftmotor keine Isolierung besitzt, sind die thermischen Verluste durch Wärmeleitung und
Wärmestrahlung sehr hoch. Um den Kreisprozess als solches zu charakterisieren, nicht jedoch die durch
die praktische Realisierung bestimmten Wärmeverluste, kann alternativ ein Wirkungsgrad so eingeführt
werden, dass man die gewonnene mechanische Energie nur mit der vom Gas tatsächlich aufgenommen
Wärmemenge ins Verhältnis setzt. Für diesen Fall hat die Innere Energie des Arbeitsgases also nach
einem Umlauf wieder den Ausgangswert erreicht und man kann
𝑄2 = 𝑄3 + 𝑊
(6)
schreiben. Dabei bezeichnen 𝑄2 die vom heißen Wärmereservoir aufgenommene Wärme, 𝑄3 die an das
kalte Wärmereservoir abgegeben Wärme und W die verrichtete mechanische Arbeit. Für den
Wirkungsgrad ergibt sich damit:
𝜂M =
N
O@ PN
.
(7)
2. Versuchsdurchführung
Versuchsaufbau
Für den Versuch steht ein kompakter Heißluftmotor zur Verfügung. Der Versuchsaufbau mit den
wesentlichen Komponenten ist in Abbildung 3 gezeigt. Je nach Versuchsteil sind die benötigten
Komponenten aufzubauen. Die Temperatur 𝑇2 kann durch einen elektrischen Heizer, der mittels
Trennstelltrafo und zusätzlichem Transformator betrieben wird, eingeregelt werden. Die Kühlung des
Mantels und somit eine konstante Temperatur 𝑇3 wird durch einen externen Thermostaten sichergestellt.
Abb. 3: Versuchsaufbau
a – Thermoelemente für Temperaturmessung mittels CASSY, b – Messung der Heizleistung, c – PRONYscher3
Zaum zur Leistungsmessung, d - Lochscheibe und Gabellichtschranke zur Drehzahlbestimmung
3GaspardClairFrancoisMarieRichedeProny(1755–1839),frz.Mathematiker,Hydrauliker
undWasserbauingenieur.BeteiligtanderEinfü hrungdesmetrischenEinheitensystems.
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Allgemeine Hinweise
Um Schäden am Motor, insbesondere an den Zylinderdichtungen, zu vermeiden, ist der Motor in
Bewegung zu versetzen, sobald der Heizstrom durch die Heizwendel fließt. Ebenso ist der Stromfluss
sofort zu unterbrechen, wenn der Motor im Lauf der Versuche zur Ruhe kommt. Die an die Heizwendel
anzulegende Spannung darf einen Wert von 16 V nur kurzzeitig überschreiten.
Zum Starten des Motors ist folgendes Vorgehen einzuhalten: Zunächst ist der Kühlkreislauf zu starten.
Anschließend ist die Heizspannung anzulegen – am Trennstelltrafo hat sich dazu eine Spannung von ca.
150 V bewährt. Der fließende Strom wird die Heizwendel zum Glühen bringen – bei Rotglut ist der Motor
durch kräftiges Andrehen der Schwungscheibe im Uhrzeigersinn zu starten.
Für die Messungen stehen Sensor-CASSY-Module mit folgenden Adaptern zur Verfügung:
•
30ABox zur Messung des Heizstromes
•
Relativdrucksensor
•
Wegaufnehmer zur Registrierung des Kolbenhubes.
•
Lochscheibe, Gabellichtschranke und Timer-Box zur Bestimmung der Umdrehungsfrequenz
•
Kraftsensor
Leistung der Heizwendel in Abhängigkeit der Spannung
Um die Messungen zu entkoppeln und weniger Messgrößen gleichzeitig aufnehmen zu müssen, soll
zuerst die von der Heizwendel aufgenommene elektrische Leistung in Abhängigkeit von der an ihr
angelegten Spannung bestimmt werden. Die Messwerte sollten in einem Bereich von 8V bis 16V
aufgenommen werden.
𝑝 − 𝑉-Diagramm
Um das Volumen des Arbeitsgases im Zylinder zu bestimmen, wird über einen Wegaufnehmer die
Position des Arbeitskolbens bestimmt. Aus dem Zylinderdurchmesser und dem Minimalvolumen kann das
Gasvolumen dann berechnet werden. Zur Kalibrierung ist zunächst die Spannfeder am Wegaufnehmer
auszuhängen und der Sensor auf eine Ausgangslage von ca. 7,5cm bewegt. Danach kann die Feder
wieder befestigt werden. Durch Drehen der Schwungscheibe ist zu prüfen, ob gewählte Messbereich
( 0cm … 15cm ) ausreicht. Im nächsten Schritt wird der kleinstmögliche Anzeigewert s0 des
Wegaufnehmers bestimmt. Dieser entpsricht dem kleinstmöglichen Volumen. Das Arbeitsvolumen wir
dann mittels
𝑉 = 𝑠V2 − 𝑠W 𝐴 + 𝑉W
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mit Zylinderquerschnitt 𝐴 = 28,3cm2 und 𝑉W = 195cm6 berechnet. Der Druck kann direkt
gemessen werden. Bestimmen Sie zusätzlich die Umdrehungsfrequenz zeitgleich mit der Aufzeichnung
des 𝑝 − 𝑉-Diagramms, wählen Sie verschiedene Heizleistungen.
Wirkungsgrad
Um die vom Motor verrichtete mechanische Arbeit zu bestimmen, wird der PRONYsche Zaum an das
Schwungrad angebracht und ein Ende mit dem Kraftsensor verbunden. Über die Stellschrauben an den
Enden des Zaums kann die an diesem ausgeübte Kraft reguliert werden, mittels Kraftsensor wird diese
gemessen. Parallel zur Kraftmessung wird die Drehfrequenz, die Heizspannung und der
Temperaturanstieg des Kühlwassers (Differenz zw. Vorlauf und Rücklauf) aufgenommen. Messen Sie bei
verschiedenen Heizspannungen! Die Temperatur der Heizwendel kann nur anhand der Glühfarbe
abgeschätzt werden – eine entsprechende Farbtafel liegt bereit.
3.
Hinweise zur Auswertung
P(U) der Heizwendel
Stellen Sie die Leistung in Abhängigkeit der Spannung grafisch dar.
p-V-Diagramm
Bestimmen Sie aus der von der Kurve eingeschlossenen Fläche im Leerlauffall (d.h. ohne zusätzliche
äußere Belastung) die Reibungsarbeit WR und stellen Sie diese in Abhängigkeit der Drehfrequenz dar.
Wirkungsgrad
Schätzen Sie den CARNOT-Wirkungsgrad anhand der Temperaturen der Glühwendel und des
Kühlwasservorlaufs ab.
Aus der Kraftmessung mit dem PRONYschen Zaum lässt sich das durch den Motor hervorgerufene
Drehmoment 𝑀 mit dem Abstand 𝑟 = 25cm von Kurbelwelle zur Aufhängung des Kraftsensors
ermitteln. Mit dem Drehmoment und der Drehfrequenz erhält man die mechanische Leistung pro Umlauf
zu
𝑃`abc = 2𝜋𝑓 ⋅ 𝑀.
(9)
Für den Wirkungsgrad des Heißluftmotors ηM entsprechend Gleichung (8) muss die gesamte geleistete
Arbeit des Motors pro Umlauf berücksichtigt werden 𝑊 = 𝑊`abc + 𝑊h = 2𝜋 ⋅ 𝑀 + 𝑊h
Die vom Gas aufgenommene Wärme wird aus dem Temperaturanstieg 𝛿𝑇 des Kühlwassers
entsprechend
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𝑄3j =
bklm?
n
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bestimmt. Dabei ist 𝑐 die spezifische Wärmekapazität und 𝜌 die Dichte von Wasser. Der Volumenstrom
ml
des Kühlwassers beträgt 𝑉 = 1,74 . Da auch die Reibungsarbeit, insbesondere die Kolbenreibung zu
s
einer Erhöhung der Temperatur des Kühlwassers führt, muss diese von der aufgenommenen Wärme
abgezogen werden.
𝑄3 = 𝑄3j − 𝑊h
(11)
Vergleichen Sie die drei ermittelten Wirkungsgrade miteinander und diskutieren Sie die Unterschiede in
den Werten und die Aussage der unterschiedlich definierten Wirkungsgrade.
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