Saphir 7/8: Religionsbuch für junge Musliminnen und Muslime. Hg.: Lamya Kaddor, Rabeya Müller, Harry Harun Behr. München: Kösel 2011, 216 S., Abb., ausführliches Lexikon, und methodische Hilfen --- ISBN 978-3-466-59783-2 Ein Lehrerhandbuch mit ergänzenden Sachinformationen, didaktischen Hinweisen zu jeder Schulbuchseite und vielen methodischen Vorschlägen und Kopiervorlagen erscheint im November 2011. Die AutorInnen: Ina Al-Moneyyer (Grundschullehrerin, München), Sara El Abrache (Islamstudien, Universität Münster), Stefanie Alhayari (Hauptschullehrerin, München), Luise Becker (Islamwissenschaftlerin, Köln), Nadja Farahat (Islamstudien, Universität Münster), Dzeneta Kondza (Grundschullehrerin, Oberhausen), Haris Kondza (Grundschullehrer in Oberhausen), Zilka Idrizovi (Lehrerin, Gelsenkirchen), Miyesser Ildem (Informatikerin in der Schulverwaltung, Köln), Ute Jarallah (Hauptschullehrerin, Ottensoos). Sarah Djavid Khayati (Islamstudien, Universität Münster), Cigdem Merçan-Ribbe (Realschullehrerin, Krefeld), Mirsad Nikši (Grundschullehrer, Perlach). Die HerausgeberInnen: Lamya Kaddor, Lehrerin für „Islamkunde“ an einer Hauptschule in NRW; Rabeya Müller, Leiterin des Instituts für interreligiöse Pädagogik und Didaktik (IPD) und Stellvertretende Vorsitzende des Zentrums für islamische Frauenforschung und Frauenförderung (ZIF) in Köln und Harry Harun Behr, Professor für islamische Religionslehre, Universität Erlangen-Nürnberg. Schulbuchdidaktische Beratung: Für das Judentum die Pädagogin Rachel Herweg, Berlin; für das Christentum: Werner Haußmann, ev. Religionspädagoge, Universität Erlangen-Nürnberg. Schülergemäßheit und Schulgemäßheit Was mit Saphir 5/6 begonnen wurde, findet nun seine altersgerechte Fortsetzung mit den islamischen Unterrichtsthemen für die Klassen 7 und 8. Es hat praktisch drei Jahre gedauert, bis nun dieser Band endlich in die Hände der LehrerInnen und SchülerInnen kommen konnte. Das Warten hat sich gelohnt. Die AutorInnen bringen nicht nur ihre Sachkompetenz, sondern auch ihre Unterrichtserfahrungen in einer didaktisch soliden und zugleich methodisch ansprechenden Weise in dieses Schülerbuch ein. Damit ist ein weiterer Baustein für den deutschsprachigen Islamunterricht gelegt. Und die AutorInnen scheuen auch nicht heikle Themen, die manchem Fundamentalisten wohl etwas den Atem nehmen dürften. Aber dieses Buch ist schließlich für Jugendliche mitten in der Pubertät gemacht und dürfte muslimischen SchülerInnen in ansprechender Weise Motivation bieten, sich mit der eigenen Glaubenstradition auseinander zu setzen und vielleicht auch neuen Zugang zur Lebenswelt eines vielfältigen Islam zu finden. Die positive Resonanz von Saphir 5/6 für den Schulgebrauch hat wohl auch dazu geführt, dass für Saphir 7/8 eine Reihe von Genehmigungen schon vorliegen: Es ist lernmittelfrei zugelassen in Bayern (ZN 28/11-V/R/G), in NRW und in Niedersachsen (17.237/16). Saphir 7/8 unterstützt damit zugleich die Fächer „Islamischen Religionsunterricht“ in Nordrhein-Westfalen und in Bayern. In beiden Ländern geht man zum Teil bereits über Modellversuche an ausgewählten weiterführenden Schulen hinaus. Besonderheiten Das Buch ist in 15 Abschnitte aufgeteilt. Die Glaubensgrundlage jedes Themas wird durch einen Koranvers am Beginn oben auf jeder Kapitelseite markiert (arabisch kalligrafiert und in moderner deutscher Übersetzung). Dem korrespondiert ebenda ein Motto unten rechts. Die Bilder, Geschichten, Merksprüche u.ä. aus der islamischen, jüdischen und christlichen Tradition vertiefen und erweitern das jeweils Gesagte. Durchaus vergleichbar mit katholischen und evangelischen Religionsbüchern derselben Altersstufe werden andere Religionen vorgestellt, hier die islamischen Nachbarreligionen Judentum und Christentum. Den AutorInnen ging es hier darum, eine islamische Sichtweise dieser Religionen zu favorisieren, sondern diese Religionen aus ihrem eigenen Selbstverständnis heraus (natürlich in elementarisierter Form) zu Worte kommen zu lassen. Im Sinne einer offensichtlich gewollten interreligiösen Intention in einem deutschen Schulbuch wird konsequent von Gott geredet, und zwar auch auf der Grundlage, dass „Allah“ der arabische Name für Gott ist, den auch arabische und türkische(!) Christen benutzen. Ein Blick in die einzelnen Kapitel 1. „Gott schenkt Weisheit“: Überlegungen zu Klugheit, Weisheit, Nachdenken, Urteilsfähigkeit 2. „Freundschaft und Liebe“: Mit dem Ziel eines verantwortungsvollen Miteinanders in der spannungsvollen Bandbreite zwischen Freundschaft, erotischer Liebe und Ehe. 3. „Gutes tun – was noch?“ ist das ethische Kapitel im Sinne eines verantwortungsvollen Miteinanders und Füreinanders. Der Dienst am Menschen ist dabei durchaus im Sinne Martin Luthers Gottes-Dienst. 4. „Leben zwischen Sucht und Sinn“ beschreibt Chancen und Gefährdungspotentiale junger Menschen, um zwischen all den Problemen und Verlockungen „die Kurve [zu] kriegen“ (S. 48) und nicht in die Sackgasse der Zwänge zu geraten. 5. „Frauen am Ball“ räumt mit Macho-Klischees auf. Manche meinen ja immer noch, für patriarchalische Allüren die Religion als Begründung heranziehen zu können. Hier merkt man(n) sehr deutlich, dass engagierte islamische Religionspädagoginnen die Feder geführt haben. 6. „Weniger ist mehr“ erläutert die Bedeutung des Ramadan, um die Sinnhaftigkeit von Verzicht am Beispiel des Fastens herauszuheben, das auch Juden und Christen (wenn auch in anderer Form) praktizieren. 7. „Gut in Form“ ist letztlich ein Gebetskapitel, das Loben, Danken, Bitten und Innehalten (Meditieren) thematisiert. Es betont den Zusammenhang von Körper, Seele und Geist in einer spirituellen (Tages)-Ordnung 8. „Geschickte Botschafter“ stellt Jesus und Mohammed als Gesandte Gottes dar und zeigt, wie prophetischer Geist im Sinne von Tröstung, Sinnorientierung und Mahnung auch in der Gegenwart gebraucht wird. 9. „Quran lernen“ heißt, einen gegenwärtigen Zugang zur göttlichen Offenbarung in den heiligen Texten zu finden und daraus Konsequenzen für das eigene Leben zu ziehen. 10. „Sunna – Entscheidungsfragen“ – Die Sunna als Entscheidungshilfe wirkt als Erweiterung und Vertiefung durch die orientierende Heranziehung von Texten (Hadithen) aus der islamischen Tradition (= der Sunna). Dieses Kapitel ist zugleich eine Fortführung des geschichtlichen Zugangs zum Propheten Mohammed aus Saphir 5/6 in Richtung Vorbildfunktion und lebenspraktischer Konkretion. 11. „Aus Geschichte lernen“ setzt das 10. Kapitel unmittelbar fort. Es ist eine Art Zeitreise mit einigen Brennpunkten aus der islamischen Geschichte im geografischen Umfeld des Mittelemeers, einschließlich der kriegerischen Auseinandersetzungen von christlichen und muslimischen Herrschern. 12. „Muslimisches Leben in Europa“ ist dann der geschichtliche Fortgang in die Gegenwart mit den positiven und negativen Wirkungen von Migration bis hin zur Terrorismusproblematik. 13. „Jüdinnen und Juden“ nimmt Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten mit dem Islam auf, besonders im Blick auf die Riten, aber auch unter Beachtung der besonderen jüdischen Geschichte in Deutschland. 14. „Christinnen und Christen“ schildert die Hauptrichtungen des Christentums, um aber sehr schnell das Zentrum des Christentums an der Person Jesu und seiner Wirkungsgeschichte zu verdeutlichen. Auf die christologischen Schwierigkeiten („Gottessohn“) lassen sich die Autoren dabei ohne Scheuklappen ein. 15. „Zeitlebens feiern“ bildet das Abschlusskapitel. Die Chance des Miteinanders der drei monotheistischen Religionen eröffnet viele neue Feiermöglichkeiten – auch in der Schule. Es ist allerdings zugleich ein Innehalten angesichts der Spannung von Geburt und Tod, in die das fröhliche und traurige Feiern eingebunden ist. Zwischenbilanz Hält man sich bei einer ersten Beurteilung von „Saphir 7/8“ den vorlaufenden Band „Saphir 5/6“ vor Augen so lässt sich auch für das neue Religionsbuch bestätigen, dass die religionsdidaktische Basisarbeit konsequent weiter betrieben wurde. Die muslimischen SchülerInnen in ihrer Unterschiedlichkeit – zwischen säkular und streng religiös geprägt – werden in ihrer Vielfalt ernst genommen. Die Autoren versuchen mit ihrer sorgfältigen und anregend frisch aufbereiteten Präsentation, eine gemeinsame religiöse Basis zu schaffen. Die dialogoffene Zugangsweise zum Islam (was sich auch an den beiden nicht-muslimischen Beratern zeigt) erlaubt zugleich, dieses Buch auch im katholischen und evangelischen Religionsunterricht derselben Jahrgangsstufen einzusetzen. Reinhard Kirste, Rz-Saphir 7-8, 06.10.11