DONNERSTAG, 23. MAI 2013 Kultur D5 VORARLBERGER NACHRICHTEN Kompromiss bei den Festspielen Die Oper „Thomas“ wird bei den Schwetzinger Festspielen in Kooperationen mit dem Staatstheater Karlsruhe und dem Landestheater Innsbruck uraufgeführt. FOTOS: FESTSPIELE/W. RUNKEL Liebe, die den Tod überwindet Mit „Thomas“ schreibt der Vorarlberger Georg Friedrich Haas wieder Operngeschichte. CHRISTA DIETRICH [email protected] Der eine ist ein gefeierter Komponist, der andere ein Schriftsteller mit immer bekannter werdendem Namen, gemeinsam bilden der Vorarlberger Georg Friedrich Haas und der Tiroler Händl Klaus jenes Team, auf das die Schwetzinger Festspiele und damit der veranstaltende Südwestfunk setzen. Zum zweiten Mal, denn Haas und Händl haben bereits im Frühjahr 2011 mit dem Werk „Bluthaus“ eine Musiktheaterproduktion abgeliefert, die zum anregenden Diskussionsstoff wurde. Erstens wegen der herausragenden Musik und zweitens wegen des brisanten Inhalts, behandelte „Bluthaus“ doch den Kindesmissbrauch. BREGENZ, SCHWETZINGEN. sind sie als Komponist längst nicht mehr fremd, begegnete man ihnen doch auch in der Oper „Die schöne Wunde“, die nach dem viel gelobten Werk „Nacht“ bei den Bregenzer Festspielen zur Uraufführung kam. Bald darauf realisierte Gerard Mortier als damaliger Intendant der Oper in Paris eine Produktion mit dem Vorarlberger, der vor wenigen Jahren den Österreichischen Staatspreis für Musik und heuer den hoch dotierten Internationalen Kompositionspreis des Landes Salzburg verliehen bekam. „Melancholia“ (mit einem Libretto des renommierten Norwegers Jon Fosse) begeisterte und wurde nach Folge-Aufführungen in Bergen unter anderem auch beim Festival „steirischer herbst“ in Graz gezeigt. Liebe als Form der Spiritualität Nun also „Thomas“. Das Werk beginnt mit den letzten Atemzügen eines Sterbenden und einem Dialog dieses Matthias mit seinem Gefährten Thomas, der nicht abreißt, sondern am Ende wieder aufgenommen wird. Auch der Zur Person Die Klangvision war sofort klar, als Händl Klaus mir vom Thema erzählte. Ich suche die fragile Klanglichkeit. GEORG FRIEDRICH HAAS Name eines Pflegers, nämlich Michael, ist biblischen Ursprungs. Schon beim Lesen des Textes, der weiters in einfacher, klarer Manier die Handlungen beschreibt, die Pfleger und Bestatter am Verstorbenen vollziehen oder Tröstungen anführt, die man Matthias angedeihen lassen will, wird deutlich, dass vieles Dazwischenliegende über die Musik zum Ausdruck kommen soll. „Text und Musik stellen auch ein raffiniertes Geflecht von Assoziationen und Bezügen her, welches unter anderem die zwei großen Erzählungen zur Überwindung des Todes durch die Liebe anklingen lässt, die Wiederauferstehung Jesu durch den Namen des ,ungläubigen Thomas‘ und die Ha- Erst Bregenz, dann Paris Nun sind es die größten Themen der Literatur überhaupt, nämlich Liebe und Tod. Haas Georg Friedrich Haas Geboren: 1953 in Graz, aufgewachsen in Vorarlberg Beruf: Komponist, Dozent an der Musikhochschule Basel, Professor an der Columbia University in New York Werke: Opern „Nacht“, „Die schöne Wunde“ (uraufgeführt bei den Bregenzer Festspielen), „Melancholia“, „Bluthaus“, „Thomas“, zahlreiche kammermusikalische Werke Preise: Österreichischer Staatspreis für Musik Lyrikerin Sarah Kirsch gestorben Talenteschmiede bestätigt Sarah Kirsch, eine der bedeutendsten deutschen Lyrikerinnen, ist tot. Kirsch wurde 1935 in Limlingerode geboren. Als sie sich 1976 den Protesten gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann anschloss, wuchs der staatliche Druck und Kirsch siedelte 1977 von Ost- nach West-Berlin über. Interviews gab sie nur selten: „Die Leute sollen meine Gedichte gern haben und mich möglichst in Ruhe lassen“, sagte sie 1996 den Stuttgarter Nachrichten. Die Themen Liebe, Trennung und Einsamkeit bestimmten ihr Werk. „Meine Grundhaltung ist wohl doch die Melancholie“, erklärte Kirsch einmal. Für ihr dichterisches Werk wurde Kirsch, die schon lange als Klassikerin galt, mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem GeorgBüchner-Preis. Zu ihren Werken zählen der Lyrik-Band „Katzenleben“, die Prosa „Allerlei-Rauh“ oder der von ihr bebilderte Band „Spreu“ (1991). 2011 erschien „Märzveilchen“. HAMBURG. In der Musikakademie Liechtenstein freut man sich über einen weiteren Preisträger. Nach dem Gewinn des Vorarlberger Cellisten Kian Soltani bei der renommierten Paulo Cello Competition in Helsinki (über den berichtet wurde), freut sich das Leitungsteam des Next Generation Festivals Bad Ragaz mit Drazen Domjanic an der Spit- VADUZ. ze nun über einen weiteren großen Erfolg eines jungen Gastsolisten. Der 22-jährige französische Geiger Marc Bouchkov gewann den mit 30.000 Dollar dotierten ersten Preis bei der Montreal International Musical Competition. Der junge Künstler wurde, so Domjanic, schon frühzeitig von den Verantwortlichen der Internationalen Musikakademie im Fürstentum Marc Bouchkov (links) mit den Zagreber Solisten in Bad Ragaz. FOTO: DD Liechtenstein und des Next Generation Classic Festivals entdeckt und nachhaltig gefördert. Domjanic: „Beide Musikeinrichtungen erweisen sich somit einmal mehr als Talenteschmiede und Förderinstitutionen vielversprechender Nachwuchsmusiker, die sich in weiterer Folge ihren Weg zu international gefeierten Festival- und Konzerthauspodien bahnen.“ Auftritt gemeinsam mit Soltani Bouchkov erlernte das Violinspiel im Alter von fünf Jahren und gab wenig später bereits sein erstes öffentliches Konzert. Sein weiterer Ausbildungsweg führte ihn an Konservatorien in Lyon und Paris. In Bad Ragaz trat Marc Bouchkov zuletzt im Rahmen des Konzerts mit Mozarts Sinfonia concertante prominent in Erscheinung. Im Oktober 2013 nimmt er gemeinsam mit Kian Soltani an der ersten Ausgabe der neuen Festspiele Musicconnects in Bad Ragaz teil. Für 2015 ist ein Konzert mit dem Sinfonieorchester Liechtenstein geplant. desfahrt des Orpheus durch starke Zitate in der Musik“, erklärt Regisseurin Elisabeth Gabriel. „Es wird hier ein neuer, heutiger Mythos von Tod und Liebe geschaffen.“ Die Liebe werde zur einzig möglichen Form der Transzendenz, des Weiterlebens, letztlich der Spiritualität. Als „Klänge, die vom zartesten Leben handeln“, bezeichnet Händl Klaus die Musik von Georg Friedrich Haas. Schon die Instrumentierung mit Harfe, Zither, Akkordeon, Mandoline, Gitarre und Cembalo sei betörend. „Ich habe sehr viel mikrotonale Musik geschrieben, aber meistens für Blasinstrumente oder Streicher, die die Töne über lange Zeit halten können. Hier ist es so, dass die Töne rasch verklingen, was eine andere Art der Kompositionstechnik erfordert, mir aber die Möglichkeit gab, meine Erfahrung mit mikrotonaler Musik einzubringen“, erläutert Haas seine Schöpfung. ##Christa Dietrich-Rudas## Uraufführung im Barocktheater Schwetzingen am 24. Mai, 20 Uhr, weitere Aufführungen am 26. und 28. Mai. Live-Stream am 26. Mai auf SWR und Arte SALZBURG. Der angesagte Eklat fand nicht statt. Im Konflikt um das Festspielbudget 2014 haben das Kuratorium und das Direktorium der Salzburger Festspiele gestern einen Kompromiss gefunden. Das Kuratorium hat das Budget der Festspiele des nächsten Jahres nach sechs Stunden zäher Verhandlung nicht genehmigt, sondern Intendant Alexander Pereira beauftragt, nicht mehr als 61 Millionen Euro für sein künstlerisches Programm zu budgetieren. Außerdem wurde Pereira verpflichtet, eine Reserve für das künftige Programm anzulegen. Das Direktorium soll das Budget für 2014 überarbeiten und die neue Version in den kommenden zwei Wochen vorlegen. Noch im Juni soll es in einer neuerlichen Kuratoriumssitzung beschlossen werden. Schlüsselwerke bleiben Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler betonte, dass niemand heute aus seinem Herzen eine Mördergrube gemacht habe. „Diese Sitzung war vertrauensbildend.“ Rabl-Stadler hat das von Pereira ursprünglich vorgelegte Budget in der Höhe von 63 Millionen Euro erstmals in ihrer Präsidentschaft nicht unterschrieben, weil sie „nicht den Vorgaben des Kuratoriums zuwiderhandeln“ wollte. Pereira habe versprochen, dass auf den neuen Beschluss eingegangen werde und man, wie verlangt, 61 Millionen Euro budgetieren werde. Dies soll, so Rabl-Stadler, jetzt sehr schnell umgesetzt werden. „Ich hätte schon im Vorfeld Ideen gehabt, wie man das zusammenbringen kann, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass auch Pereira konsensfähig ist. Schlüsselwerke werden wir keine streichen müssen“, so die Präsidentin. Kuratoriumsmitglied Heinz Schaden, im Vorfeld der Hauptkritiker des Kurses von Pereira, sagte nach der Sitzung, es sei mühsam gewesen, aber man habe sich auf einen Kompromiss geeinigt, mit dem alle halbwegs leben können. Buhs für Gosling, Applaus für Redford Während Altstar Robert Redford in „All is lost“ allein in einem Boot auf dem Ozean treibt, will Ryan Gosling in „Only God Forgives“ den Tod seines Bruder rächen. In Cannes erntete er dafür Buh-Rufe, während Robert Redford mit viel Applaus bedacht wurde. Die bedeutendsten europäischen Filmfestspiele dauern noch bis 26. Mai. FOTO: AP Schlechtester Film des Jahres ist „Skyfall“ Knalleffekt bei der Verleihung der Gurke des Jahres: Die Trophäe für den schlechtesten Film ging an den Bond-Streifen „Skyfall“. Der Film spaltet seit seiner Premiere im Oktober 2012 das Publikum. Die User der Vo- CANNES. ting-Plattform Cuke.it konnte der Streifen aber eindeutig nicht überzeugen. „Ich denke, unsere User wollten ein Zeichen gegen bevormundendes Marketing setzen“, meint der österreichische Initiator des Preises, Andreas Auinger.