Prof. Dr. Jörn Steuding, Pascal Stumpf Institut für Mathematik, Universität Würzburg 28. November 2016 Elementare Zahlentheorie — 6. Übung Aufgabe 1. [5 × 2 Punkte] Beweisen oder widerlegen Sie die folgenden Aussagen: (i) Es gibt ein m ∈ N derart, dass wir 2Z ∩ 3Z = mZ schreiben können. (ii) Es gibt ein m ∈ N derart, dass wir 2Z ∪ 3Z = mZ schreiben können. (iii) Unter den drei Mengen {3n : n ∈ N}, {3n + 1 : n ∈ N} und {3n + 2 : n ∈ N} enthält mindestens eine nur endlich viele Primzahlen. (iv) Unter den drei Mengen {3n : n ∈ N}, {3n + 1 : n ∈ N} und {3n + 2 : n ∈ N} enthält mindestens eine unendlich viele Primzahlen. (v) Für sechs beliebige aufeinanderfolgende natürliche Zahlen können wir immer mindestens eine Primzahl finden, die nur genau eine von ihnen teilt. Aufgabe 2. [4 + 6 Punkte] Es sei n ∈ N. Diese Aufgabe behandelt folgende Frage: Was lässt sich über die Summe der ersten n natürlichen Zahlen, die bei Division durch 3 einen Rest 0, 1 oder 2 lassen, sagen? (i) Beweisen Sie mit vollständiger Induktion n X (3j − 2) = 21 n(3n − 1). j=1 (ii) Leiten Sie zu (i) ähnliche Formeln für die nachstehenden Ausdrücke her: n n X X (3j) (3j − 1) und j=1 j=1 und verifizieren Sie diese. Hinweis: Hier muss nicht unbedingt mit Induktion verfahren werden. Aufgabe 3. [3 + 4 + 3 Punkte] Wir bezeichnen mit kgV[a, b] das kleinste gemeinsame Vielfache zweier ganzer Zahlen a und b und meinen damit die kleinste natürliche Zahl m, die sowohl von a als auch von b geteilt wird. (i) Begründen Sie mit Hilfe der Wohlordnung, dass kgV[a, b] existiert. (ii) Beweisen Sie Y kgV[a, b] = pmax{νp (a),νp (b)} , Q p νp (a) und b = (wobei a = p p b seien) und folgern Sie Q p pνp (b) die Primfaktorzerlegungen von a und kgV[a, b] · ggT(a, b) = ab. (iii) Berechnen Sie das kleinste gemeinsame Vielfache folgender Paare: a = 12 & b = 18 a = 264 & b = 220 a = Fn+1 & b = Fn , wobei Fn für die n-te Fibonacci-Zahl steht. Übungsblätter werden immer montags in der Vorlesung ausgegeben; sie stehen auch online auf der homepage https://www.mathematik.uni-wuerzburg.de/∼steuding/elemzahltheo2016.htm zur Verfügung (wie auch die Folien). Bearbeitete Übungsblätter müssen in Gruppen von maximal drei Studierenden im Raum 00.105 des BSZ im Briefkasten Elementare Zahlentheorie bis 12 Uhr am Mittwoch der darauffolgenden Woche abgegeben werden. Die Klausur findet von 10 bis 12 Uhr am 20. Februar 2017 im Turing-Hörsaal statt! Für die Klausurzulassung sind 50% der Übungspunkte (jeweils 30 pro Blatt) nötig. Viel Spaß! 2 Lösungshinweis zu Aufgabe 1: Die erste Aussage (i) ist wahr, da in 2Z ∩ 3Z alle ganzen Zahlen liegen, die durch 2 und 3 teilbar sind, also alle ganzzahligen Vielfachen von 6, für die wir in der Form 6 · a mit a ∈ Z schnell 6 · a = 2 · 3a = 3 · 2a ∈ 2Z ∩ 3Z einsehen können, und da auf der anderen Seite alle anderen ganzen Zahlen der Formen 6a + 1, 6a + 3, 6a + 5 nicht in 2Z und die der Formen 6a + 2, 6a + 4 nicht in 3Z liegen, also 2Z ∩ 3Z = 6Z. Die beiden aufeinanderfolgenden Zahlen 2 ∈ 2Z ⊂ 2Z ∪ 3Z und 3 ∈ 3Z ⊂ 2Z ∪ 3Z können uns mit dem Ansatz 2Z ∪ 3Z = mZ für ein m ∈ N über 2 ∈ mZ und 3 ∈ mZ bereits m = 1 flüstern, da aus 2 = m · a2 (a2 ∈ Z) nur m ∈ {1, 2} und aus 3 = m · a3 (a3 ∈ Z) nur m ∈ {1, 3} folgen kann. In 1Z = Z liegt dann insbesondere auch die 1, welche sich aber nicht in 2Z ∪ 3Z befindet, womit (ii) widerlegt ist. Neben unserer Primzahl 3 können in der Menge {3n : n ∈ N} = 3N keine weiteren Primzahlen mehr liegen, denn alle anderen Zahlen der Form 3 · n sind dort bei n > 2 als (echte) Vielfache von 3 zusammengesetzt, was (iii) bestätigt. Auf der anderen Seite haben wir in der Vorlesung schon gezeigt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, von denen bis auf die 2 jede in genau eine unserer drei Mengen fällt, deren disjunkte Vereinigung alle natürlichen Zahlen ab 3 abdeckt (Division mit Rest). Nach dem Schubfachprinzip müssen dann in mindestens einer dieser Mengen unendlich viele Primzahlen liegen, denn ansonsten würden in jeder Menge einzeln und damit auch noch in ihrer Vereinigung {3n : n ∈ N} ∪ {3n + 1 : n ∈ N} ∪ {3n + 2 : n ∈ N} = N \ {1, 2} doch nur endlich viele Primzahlen liegen, ein Widerspruch, und (iv) ist wahr. Als erstes beobachten wir, dass die Primzahl 5 nur genau eine der kleinsten sechs natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 teilt. Folglich dürfen wir annehmen, dass alle sechs aufeinanderfolgenden natürlichen Zahlen n, n + 1, . . . , n + 5 größer als 1 sind (n > 2) und daher jede von ihnen nach dem Fundamentalsatz der Arithmetik als ein Produkt von Primzahlen geschrieben werden kann. Unter ihnen befinden sich dann stets drei gerade Zahlen, denn für beide mögliche Fälle n = 2a + 0 oder n = 2a + 1, mit a ∈ N, liegen in den entsprechenden Folgen 2a + 0, 2a + 1, 2a + 2, 2a + 3, 2a + 4, 2a + 5 bzw. 2a + 1, 2a + 2, 2a + 3, 2a + 4, 2a + 5, 2a + 6 jeweils genau drei gerade (unterstrichene) Zahlen. Analog (n = 3a + 0, 3a + 1, 3a + 2) können wir auch herausfinden, dass genau zwei von ihnen durch 3 teilbar sind, wobei genau eine dieser beiden Zahlen sogar bereits durch 2 teilbar ist. Es verbleiben also immer genau zwei ungerade Zahlen, die nur noch durch größere Primzahlen ab der 5 teilbar sein können. Dabei kann aber nur eine dieser beiden ungeraden Zahlen durch 5 teilbar sein, denn selbst falls 5 zwei unserer sechs Zahlen teilt, also die erste Zahl n und die letzte Zahl n + 5, so wäre wieder genau eine von beiden gerade. Gemeinsam bleibt also sicher noch eine (ungerade) Zahl übrig, die nicht durch 2, 3 oder 5 teilbar ist. Alle ihre Primfaktoren sind also größer als 6, und können somit keine der übrigen fünf Zahlen mehr teilen, womit wir auf alle Fälle mindestens eine Primzahl gefunden haben, die nur genau eine unserer sechs Zahlen teilt, was (v) beweist. Lösungshinweis zu Aufgabe 2: Zu i): Beweis durch vollständige Induktion nach n. Induktionsanfang n = 1: Es gilt 1 X (3j − 2) = 1 = 21 1(3 · 1 − 1), j=1 also gilt die zu beweisende Formel für n = 1. Induktionsschritt n 7→ n + 1: Wir sollen unter Verwendung der Induktionsannahme (also die Formel für n) die zu beweisende 3 Formel für n + 1 anstelle von n beweisen, also n+1 X (3j − 2) = 21 (n + 1)(3(n + 1) − 1) = 32 n2 + 25 n + 1. j=1 Hierzu schreiben wir die linke Seite als n+1 X n X j=1 j=1 (3j − 2) = 3(n + 1) − 2 + (3j − 2) und setzen für die Summe rechts den nach Induktionsannahme gleichwertigen Ausdruck 12 n(3n − 1) ein: n+1 X (3j − 2) = 3(n + 1) − 2 + 21 n(3n − 1). j=1 Dieser Ausdruck ist gleich 3 2 2n + 25 n + 1, womit der Induktionsschritt erbracht und die Induktion abgeschlossen ist. Zu ii): Unter Verwendung der bekannten Summenformel 1+2+. . .+m = 12 m(m+1) (aus Satz 2.1) zeigt sich n X (3j) = 3 j=1 n X j = 3 · 21 n(n + 1) = 12 n(3n + 3) j=1 und n X j=1 (3j − 1) = 3 n X j − n = 3 · 12 n(n + 1) − n = 21 n(3n + 1) − n. j=1 Lösungshinweis zu Aufgabe 3: Zu i): OBdA seien a und b natürliche Zahlen und sei V die Menge aller Vielfachen von a und b in der Menge der natürlichen Zahlen, also V := {n ∈ N : a | n & b | n}. Wegen ab ∈ V ist V 6= ∅. Nach dem Satz 2.3 von der Wohlordnung besitzt V als nicht-leere Teilmenge von N ein kleinstes Element; dies ist das kleinste gemeinsame Vielfache k := kgV[a, b] von a und b (denn es ist ein Vielfaches von a und b, also k ∈ V , und jedes Vielfache v von a und b erfüllt v ≥ k aufgrund der Minimalität). Zu ii): Das kleinste gemeinsame Vielfache von a und b besitzt als natürliche Zahl eine eindeutige Primfaktorzerlegung (nach Fundamentalsatz 6.2). Ist p eine PrimQ νp (a) Q dem νp (b) zahl und sind a = p p und b = p p die Primfaktorzerlegungen von a und b, so muss für die Primzahlpotenz pν , die in kgV[a, b] aufgeht, sicherlich ν ≥ νp (a) und ν ≥ νp (b) gelten; mit der Minimalität des kleinsten gemeinsamen Vielfachen bzw. der Minimalität von ν ergibt sich Y kgV[a, b] = pmax{νp (a),νp (b)} . p Zusammen mit der aus der Vorlesung bekannten analogen Formel Y ggT(a, b) = pmin{νp (a),νp (b)} p 4 für den größten gemeinsamen Teiler zeigt sich Y Y kgV[a, b] · ggT(a, b) = pmax{νp (a),νp (b)} · pmin{νp (a),νp (b)} p = Y p p max{νp (a),νp (b)}+min{νp (a),νp (b)} p = Y p pνp (a)+νp (b) = Y p pνp (a) · Y pνp (b) = a · b. p Zu iii): Das kleinste gemeinsame Vielfache von a und b berechnet sich für kleine a und b leicht über die Primfaktorzerlegung (siehe (ii)): kgV[12, 18] = kgV[22 · 3, 2 · 32 ] = 22 · 32 = 36, kgV[264, 220] = kgV[23 · 3 · 11, 22 · 5 · 11] = 23 · 3 · 5 · 11 = 1320. Im Falle der Fibonacci-Zahlen benutzen wir deren Teilerfremdheit (siehe hierzu die Präsenzaufgabe der fünften Woche), also ggT(Fn+1 , Fn ) = 1 und die zweite Formel aus (ii): kgV[Fn+1 , Fn ] = Fn+1 Fn .