VWL II MAKROÖKONOMIE Prof. Dr. Gerhard Illing Sommersemester 2008 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 1 Organisatorisches Basistext zur Vorlesung: Olivier Blanchard/Gerhard Illing, Makroökonomie, 4.aktualisierte Auflage, Pearson Studium, München 2006 Kapitel 1-9 und 18-20 Ergänzend: Dazu auch Übungsbuch verfügbar! weitere Unterlagen finden Sie auf der Homepage: http://www.sfm.vwl.uni-muenchen.de/index.html Dort – und auch in der Kopierfabrik – sind verfügbar: Foliensätze zur Vorlesung; Aufgabenblätter Wirtschaftsteil der Tageszeitungen; Economist, Monatsberichte von EZB / Bundesbank; Internet (vgl. links) Sprechstunde: Dienstag 14.00- 15.00 (Anmeldung im Sekretariat) Klausurtermin: Freitag, 22.07.08 von 8.30 - 10.30 Uhr Anmeldezeitraum: 05.05.08 - 23.06.08 https://lsf.verwaltung.uni-muenchen.de (siehe auch Klausur-Masterplan: Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel www.isc.lmu.de) 1 Seite 2 Organisatorisches Gesamtpaket für VWL II: 1) Vorlesung mit Foliensatz 2) Aufgabenblätter: Selbstständig lösen! 2A) Makro-Quiz: Arbeitsgruppen zum Lösen von Übungsaufgaben im Internet: Wettbewerb um die beste Gruppe! Start: 22. April 2008 3) Übung: Besprechung der Aufgabenblätter durch Mitarbeiter 4) Lehrbuch Blanchard / Illing Kapitel 1-9 und 18-20 5) Übungsbuch zum Lehrbuch (Forster/Klüh/Sauer) 6) Ergänzende Literatur: Internet; Tageszeitungen Wichtig: Nicht Auswendiglernen, sondern Mitdenken!! Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 3 Organisatorisches: Übungstermine Vorlesung Di, 9.30– 12 Uhr, Audimax, Beginn 15.4.08 Übungen Achtung: Die Übungen beginnen erst in der zweiten Vorlesungswoche Montag ab 21.04.08 14–18 Uhr Florian Kajuth B 106 Mittwoch ab 23.04.08 8–12 Uhr Christoph Stöckle B 106 14–18 Uhr Josef Forster E 07, Schellingstr. 3 14-18 Uhr Moritz Hahn M 114 12–16 Uhr Darko Jus M 105 14–18 Uhr Werner Barthel B 106 8-12 Uhr Angelika Sachs M 114 12-16 Uhr Klaus Wohlrabe B 106 12-16 Uhr Desislava Andreeva E 01, Schellingstr. 3 Donnerstag ab 24.04.08 Freitag ab 25.04.08 Übung für Soziologen: Donnerstag ab 24.04.08 Prof. Dr. Gerhard Illing 14-18 Uhr Felix Reinshagen VWL II Kapitel 1 E 01, Schellingstr. 3 Seite 4 Gliederung der Vorlesung 1. Grundlagen der makroökonomischen Analyse (Kapitel 1-2) 2. Makroökonomische Analyse in der kurzen Frist (Kapitel 3-5) 3. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht (Kapitel 18-20) 4. Makroökonomische Analyse in der mittleren Frist (Kapitel 6-9) Makroökonomie behandelt Grundprobleme der Wirtschaftspolitik, die täglich in der Zeitung diskutiert werden Wichtig: Lerne ökonomisches Denken Verstehe gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge Auf welche Faktoren muss ich dabei achten? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 5 1. Grundlagen der makroökonomischen Analyse Blanchard / Illing, Kapitel 1-2 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 6 1. Grundlagen der makroökonomischen Analyse 1.1. Überblick Makroökonomie beschäftigt sich mit zentralen gesamtwirtschaftlichen Größen: Wirtschaftswachstum und Konjunktur Arbeitslosigkeit Inflation Zinsen Außenwirtschaft: Wechselkurse/ Zahlungsbilanz Beispiel: Länderanalyse Deutschland– worauf sollten wir achten? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 7 1.1. Überblick Beispiel: Länderanalyse Deutschland– worauf sollten wir achten? Wachstum des realen BIP in Deutschland und der OECD, 1997-2007, in Prozent zum Vorjahresquartal 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% -1% Q1 1997 10 8 6 4 2 Q1 2000 Q1 2003 Deutschland 5% 12 Standardisierte Arbeitslosenquote in Deutschland und der OECD, 1997-2007, saisonal bereinigt Q1 2006 0 Q1 1997 Q1 2000 OECD Q1 2003 Deutschland Inflation in Deutschland und der OECD, 1997-2007, nicht saisonal bereinigt, Prozent zum Vorjahresmonat Q1 2006 OECD Leistungsbilanzüberschuss/-defizit in Deutschland und der OECD, 1997-2008, in Prozent des BIP 8 6 4% 4 3% 2 2% 0 1% -2 0% Q1 1997 -4 Q1 1997 Q1 2000 Q1 2003 Deutschland Prof. Dr. Gerhard Illing Q1 2006 Q1 2000 Q1 2003 Deutschland OECD VWL II Kapitel 1 Q1 2006 OECD Seite 8 1.1. Überblick In der Makroökonomie geht es darum: - Gesamtwirtschaftliche Entwicklungen zu beschreiben (Empirie) - Gesamtwirtschaftliche Beziehungen zu erklären (Theorie) sowie - Vorschläge zur Problemlösung zu geben (Politik) Instruktiv: Ein internationaler Vergleich kann Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten → Wir betrachten die aktuelle Situation in Europa, USA und Japan Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 9 1.1 Aktuelle Beispiele A) Euroraum Letztes Jahrzehnt (1990-2000): niedrige Wachstumsraten im Vergleich zu den USA höhere Arbeitslosigkeit: stetiger Anstieg bis 1997: „Eurosklerose“ Seit 2004 Anzeichen für eine Erholung: Anstieg der Wachstumsraten Was sind die Ursachen für die hohen Arbeitslosenquoten? Konjunkturelles oder strukturelles Problem? (Hartz-Reformen) Seit der Einführung des Euro Anfang 1999: EZB betreibt einheitliche Geldpolitik in Europa Sollte die EZB die Zinsen senken, um die Konjunktur zu stimulieren? Bedeutet Ölpreisanstieg Gefahr für das Ziel der Preisstabilität? Kann eine einheitliche Geldpolitik auf unterschiedliche Bedürfnisse der Euro-Länder eingehen? Welche Konsequenzen hat die Entwicklung des Wechselkurses? Behindert Stabilitäts- und Wachstumspakt eine aktive Konjunkturpolitik? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 10 Prof. Dr. Gerhard Illing Ve re i n VWL II Kapitel 1 2008 2009 Ko re a Ts ch ec Irla his nd ch eR ep ub lik d Gr ie c he nla nd Fi n nla n Ka na da US A Kö nig re i ch Nie de rla nd OE e CD ge sam t Sp an ie n Ös te r rei ch Sc hw ed en igt es nk r ei ch Eu ro r au m Fra hla nd lie n Ja pa n De uts c Ita Dä ne ma rk 1.1 Aktuelle Beispiele A) Euroraum Wachstumsprognosen für die OECD-Mitgliedsstaaten 6 5 4 3 2 1 0 Seite 11 1.1 Aktuelle Beispiele B) USA Letztes Jahrzehnt (1990-2000): enorme Produktivitätssteigerungen New Economy Boom, Bubble am Aktienmarkt Niedrige private Sparrate; hohe Auslandsverschuldung Anfang 2000: Einbruch der Aktienkurse; Abschwächung der Wirtschaft; Starker Rückgang der Wachstumsraten um mehr als 2% Anstieg der Arbeitslosenquote 2001 Kurze Rezession (negatives Wirtschaftswachstum) Wirtschaftspolitische Reaktionen: A) Mehrfache starke Zinssenkungen der FED B) Konjunkturprogramme: Steuersenkungen; Anstieg der Staatsausgaben Drastischer Anstieg der Staatsverschuldung 2005/2006: Furcht vor Rückkehr der Inflation – steigende Zinsen Nun: Immobilienkrise Rückgang des Wachstums; Gefahr einer Rezession? Kann aktive Geld- und Fiskalpolitik Wirtschaft wirksam stabilisieren? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 12 1.1 Aktuelle Beispiele B) USA Wachstumsraten in den USA, Deutschland und Europa, 1997-2007, in Prozent zum Vorquartal, annualisiert 8% 6% 4% 2% 0% -2% -4% Q1 1997 Q3 1998 Q1 2000 Q3 2001 USA Prof. Dr. Gerhard Illing Euroraum Q1 2003 Q3 2004 Q1 2006 Q3 2007 Deutschland VWL II Kapitel 1 Seite 13 1.1 Aktuelle Beispiele: C) Japan Arbeitslosenquote in Japan, 1985-2007 6% 5% In der Deflationsfalle? Reales und nominales BIP-Wachstum Japans, 1995-2007, in Prozent zum Vorjahresquartal 4% 5% 3% 4% 2% 3% 1% 2% 0% Q1 1985 1% Q3 1987 Q1 1990 Q3 1992 Q1 1995 Q3 1997 Q1 2000 Q3 2002 Q1 2005 Q3 2007 0% Wachstum des BIPs und Inflation in Japan, 1995-2007, in Prozent zum Vorjahresquartal -1% 5% -2% 4% -3% -4% Q1 1995 3% 2% Q3 1997 Q1 2000 Real Q3 2002 Nominal Q1 2005 Q3 200 1% 0% -1% -2% -3% Q1 1995 Q3 1996 Q1 1998 Q3 1999 Q1 2001 BIP-Wachstumsrate Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Q3 2002 Q1 2004 Q3 2005 Q1 2007 Inflationsrate Seite 14 1.1 Aktuelle Beispiele: C) Japan 1980-1990 Bubble auf Immobilien- und Aktienmarkt Aufbau hoher privater Verschuldung Nach Platzen des Bubbles 1990 zehn Jahre lang Stagnation: Negatives Wirtschaftswachstum und Deflation Unternehmenspleiten; Gefahr von Bankzusammenbrüchen Wende: Dauerhafter Aufschwung in Japan? Erholung seit 2003 Enormer Anstieg der Staatsverschuldung Geldmarktzinsen seit Februar 1999 bei Null Seit Juli 2006: Schrittweise Anhebung der Zinsen bis auf 0,5% im Februar 2007 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 15 1.1 Überblick Volkswirtschaftliche Fragestellungen lassen sich von unterschiedlichen Perspektiven betrachten: 1) Kurze Sicht: zyklische Schwankungen: 2) Mittlere Sicht: Was bestimmt Produktionspotential? 3) Lange Sicht: Wovon werden langfristig die Wachstumsraten bestimmt? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 16 1.1.1 Die kurze Sicht Betrachtet Konjunkturschwankungen, also Zyklische Schwankungen um Produktionspotential ¾ Kurzfristige Analyse: Schwankungen der Nachfrage sind der wesentliche Bestimmungsfaktor Wichtige Determinanten gesamtwirtschaftlicher Nachfrage: Konsum, Investition, Staatsausgaben, Nettoexporte Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 17 1.1.1. Die kurze Sicht – Beispiel Seit dem 2. Weltkrieg geringere Konjunkturschwankungen – Beispiel USA Wirtschaftswachstum in den USA, 1871-2000 25% 20% 15% 10% 5% 0% -5% -10% -15% -20% -25% 1871 1881 1891 1901 1911 1921 1931 1941 1951 1961 1971 1981 1991 Reales BIP in den USA; Veränderung gegenüber Vorjahr Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 18 1.1.2. Die mittlere Sicht Wodurch wird das Produktionspotential bestimmt? ¾ Mittelfristige Analyse: Produktionspotential Angebotsseite als Hauptdeterminante Makroökonomische Produktionsfunktion: Y= A F(N, K) verfügbare Ressourcen: Arbeit N und Kapital K; verfügbare Technologie (technisches Wissen A); Strukturelle Faktoren: Monopolmacht auf Arbeits- und Gütermärkten Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 19 1.1.2. Die mittlere Sicht – Beispiel Arbeitslosenquote in den USA und den EU-15-Ländern (ohne Luxemburg), 1960-2005 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% 1960 1972 1984 USA Prof. Dr. Gerhard Illing 1996 EU-15 VWL II Kapitel 1 Seite 20 1.1.2 Die mittlere Sicht Aktuelles Beispiel: Strukturelle Arbeitslosigkeit in Europa Arbeitslosenquote in den USA und ausgewählten europäischen Ländern, 1960-2008 20% 18% 16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% 1960 1972 Deutschland Prof. Dr. Gerhard Illing 1984 USA Dänemark 1996 Niederlande VWL II Kapitel 1 Spanien 2008 Irland Seite 21 1.1.2 Die mittlere Sicht Aktuelles Beispiel: Strukturelle Arbeitslosigkeit in Europa In den Niederlanden, Dänemark, Österreich und Portugal niedrige ALQ, in Deutschland, Frankreich und Spanien dagegen hohe ALQ Zeitliche Begrenzung der Arbeitslosenunterstützung Kündigungsschutz – Hindernis für Neueinstellungen Flexibilität bei Teilzeitbeschäftigung Gesetzliche Mindestlöhne in den Benelux-Staaten, Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, Großbritannien, Irland Keine Mindestlöhne in Italien, Österreich, Schweiz und den skandinavischen Ländern Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 22 1.1.3. Die lange Sicht Lange Sicht: Welche Faktoren beeinflussen die langfristige Wachstumsrate (Trendwachstum des Produktionspotentials)? Langfristige Analyse: Was bestimmt Veränderungen des Trends? Determinanten des Wachstums Sparrate, technischer Fortschritt (Innovationen) – Patente, Investitionen in Humankapital Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 23 1.1.3. Die lange Sicht Fallbeispiel 1 Vergleich: Produktivitätswachstum USA - Europa Maß für Arbeitsproduktivität: BIP pro Kopf; BIP pro Arbeitsstunde Seit 1996 starker Anstieg in den USA – Folge der ICT- Revolution? 4% Produktivitätswachstum in den Vereinigten Staaten, in Prozent zum Vorjahr und über 4 Jahre kumuliert, 1996-2007 3% 4% Produktivitätswachstum in den USA und der EuroZone, 1996-2006 3% 2% 2% 1% 0% 1% -1% 0% -2% 1971 1979 1987 Zum Vorjahr 1995 2003 1996 Kumuliert 1998 2000 Euroraum 2002 2004 2006 USA Abflachung seit 2004 Bringt Technischer Fortschritt dauerhaftes Produktivitätswachstum oder ist es nur ein Phänomen der Boomphase (New Economy)? Warum ist in Europa hohes Produktivitätswachstum nicht zu beobachten? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 24 1.1.3 Die lange Sicht Fallbeispiel 2 Entwicklung des Lebensstandards Vergleich Entwicklungsländer- Industrieländer: Werden sich die Entwicklungsländer an den Lebensstandard der Industrieländer annähern? Konvergenz von BIP/Kopf? Wann kommt es zu Konvergenz des Lebensstandards? Staaten mit niedrigem BIP pro Kopf müssen höhere Wachstumsraten aufweisen, um den Rückstand aufzuholen! Beispiel: Ostdeutschland nach der Wende; Osteuropa Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 25 1.1.3 Die lange Sicht Konvergenz Entwicklungsländer- Industrieländer? Konvergenz auch fürunter Asien Konvergenz den OECD Staaten aber nicht für Afrika Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 26 1.1.3 Die lange Sicht •Konvergenz EU Beitrittsländer? Wachstumsprognosen für osteuropäische Beitrittsländer/kandidaten im Vergleich zum Euroraum und der OECD 6,0 4,0 2,0 0,0 Euroraum Slowakei OECD gesamt Ungarn 2008 Prof. Dr. Gerhard Illing Tschechien Polen Türkei 2009 VWL II Kapitel 1 Seite 27 1.1.4 Geschichtlicher Überblick Dogmengeschichtliche Epoche Untersuchungsgegenstand Wirtschaftspolitische Maßnahmen Klassik (ca. 1770-1870) Wachstum, Verteilung langfristig Neoklassik (ca. 1870-1925) Haushalte, Unternehmen, Märkte langfristig Keynesianische Theorie Beschäftigung, (ca. 1925-1945) Inflation Kurzfristig Neoklassische Synthese (1945- 1970) Beschäftigung, Inflation kurz-, mittel-, langfristig Neue keynesianische Makroökonomie Mikroökonomische Fundierung; Anreize kurz-, mittel-, langfristig Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 28 1.2. Volkswirtschaftl.Gesamtrechnung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) als Startpunkt für die theoretische makroökonomische Analyse VGR ist eine der wichtigsten Datenquellen für die empirische Analyse Verständnis der VGR ist zentral für die Makroökonomie •International einheitlicher Aufbau der VGR (National Accounting) •Simon Kuznets (Harvard Universität) Nobelpreis 1971 •Richard Stone (Universität Oxford) Nobelpreis 1984 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 29 1.2.1 Grundlagen Bei der Wirtschaftsanalyse ist es wichtig, zwischen folgenden Begriffen genau zu unterscheiden: Nominal : zu aktuellen Preisen gemessen Real : zu konstanten Preisen (um Inflationseffekte bereinigt ) Niveau : Stufe in einer Skala bestimmter Werte Wachstumsraten : prozentuale Veränderung Yt +1 = (1 + g ) ⋅ Yt Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 30 1.2.1 Grundlagen Bestandsgröße: wird zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessen Stromgröße: wird pro Zeiteinheit gemessen Strom größe Prof. Dr. Gerhard Illing Bestands größe Bestandsgrößen Stromgrößen Vermögen Ersparnis Staatsschuld Neuverschuldung Auslandsvermögen Leistungsbilanz- defizit ↓ - überschuß ↑ VWL II Kapitel 1 Seite 31 1.2.1. Grundlagen Was wollen wir überhaupt erfassen? Internationale Vergleichbarkeit: Welches Land ist am besten „dran“? Vergleichbarkeit erfordert einheitliche Maßgrößen Weltweit einheitliche Berechnung? Kriterien: „Produktionsaktivität“ in einem Land „Verfügbarkeit an Gütern“ der Bewohner eines Landes „Gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt“ Happiness (Fokus Box Seite 303f.) Unterscheide: • Gesamtproduktion vs. Einkommen JBruttoinlandsprodukt (BIP) vs. Bruttonationaleinkommen (BNE) • Nominale vs. reale Größen • Absolute vs. pro Kopf Größen Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 32 1.2.1. Grundlagen Fokus: Vergleiche das reale BIP pro Kopf Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 33 1.2.1 Grundlagen Fokus: BIP pro Kopf Reales BIP pro Kopf - was bedeutet das? Niedriges BIP/Kopf: freiwillige Entscheidung Höhere Präferenz für Freizeitkonsum wird vom BIP nicht erfasst Aber BIP ist nur unvollkommener Indikator: - Marktverzerrungen, z. B. unfreiwillige Arbeitslosigkeit -alle Aktivitäten ohne Marktpreise werden nur unvollkommen erfasst Internationaler Vergleich: a) BIP/Kopf b) Produktivität (BIP/Arbeitsstunde) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 34 1.2.1 Grundlagen Fokus: BIP pro Kopf Internationaler Vergleich: a) BIP/Kopf b) Produktivität (BIP/Arbeitsstunde) BIP BIP Arbeitsstunden = * Bevölkerung Arbeitsstunden Bevölkerung Produktivität Arbeitsstunden Arbeitsstunden Erwerbstätige Erwerbspersonen = * * Erwerbstätige Erwerbspersonen Bevölkerung Bevölkerung Präferenz für Freizeit Prof. Dr. Gerhard Illing 1-Arbeitslosenrate VWL II Kapitel 1 Partizipationsrate Frühpensionierung Frauenerwerbsquote Seite 35 1.2.1 Grundlagen Bezug zur Mikroökonomie: 1) Die VGR erfasst die Budgetrestriktion einer Volkswirtschaft: Die Summe aller Ausgaben muss ex post der Summe aller Einnahmen entsprechen 2) Bei perfekt kompetitiven Märkten repräsentiert das BIP die Maximierung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt (abgesehen von Verteilungsfragen) Ansatzpunkt der Mikroökonomie: Konsumenten optimieren den Konsumplan entsprechend ihren individuellen Präferenzen Gesamtwirtschaftlicher Konsum C: Summe der zu Marktpreisen bewerteten Konsumgüterbündel aller Haushalte Makroökonomie betrachtet Gesamteinkommen / Verfügbarkeit von Gütern Probleme: Externe Effekte (Umwelt); Freizeitkonsum; Verteilungsgerechtigkeit Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 36 1.2.2. Berechnung des BIP BIP: Die gesamte Wertschöpfung der innerhalb eines Jahres produzierten Waren und Dienstleistungen für Endverbrauch Aber: Können wir Äpfel und Birnen addieren? Summiere die mit den Marktpreisen gewichteten Mengen: Verschiedene Ansätze zur Berechnung des BIP 1) Gesamte Wertschöpfung der Endprodukte 2) Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen 3) Einkommen aller Haushalte 4) Ausgaben aller Haushalte Alle Berechnungsmethoden kommen – in einer geschlossenen Volkswirtschaft - zum gleichen Ergebnis! Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 37 1.2.2. Berechnung des BIP Einkommen Arbeit Haushalte Unternehmen Güter Ausgaben Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 38 1.2.2. Entstehungsrechnung Betrachten wir in einem Beispiel zunächst die Produktion (Unternehmensseite): Entstehungsrechnung: Produktion von Autos erfolgt in vielen Zwischenstufen Im Beispiel: Stahlunternehmen als Zulieferer für Autofirma Was bedeutet: 1) Gesamte Wertschöpfung der Endprodukte 2) Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 39 1.2.2. Entstehungsrechnung Firma 1: Stahlunternehmen Verkaufserlös Ausgaben (Löhne) Ausgaben (Abschreibungen) Gewinne € 120 € 80 € 20 € 20 Firma 2: Autofirma Verkaufserlös Ausgaben Löhne Abschreibungen Vorleistungen (Stahl) Gewinne Frage: € 250 € 210 € 70 € 20 € 120 € 40 Wie hoch ist das BIP? € 370 oder € 250? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 40 1.2.2. Entstehungsrechnung Gesamte Wertschöpfung der Endprodukte Antwort: € 250 Würden wir beide Unternehmen addieren (€ 120 + € 250), würde die Stahlproduktion (€ 120) doppelt gezählt Wert der Endprodukte (Autos) enthält bereits alle Zwischenprodukte (Stahl) Verständnistest: Prof. Dr. Gerhard Illing Wie hoch wäre das BIP bei einer Fusion der beiden Firmen? VWL II Kapitel 1 Seite 41 1.2.2. Entstehungsrechnung Andere Berechnungsmethode (Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen) muss zum gleichen Ergebnis führen Berechnung des Mehrwerts in allen Produktionsstufen: Mehrwert = Produktionswert – Wert aller Zwischenprodukte In unserem Beispiel: Stahl Keine Zwischenprodukte Mehrwert = € 120 € 120 Autoproduktion Zwischenprodukte (Stahl) = € 120 Mehrwert= € 250 - € 120 = € 130 Endsumme Prof. Dr. Gerhard Illing € 130 € 250 VWL II Kapitel 1 Seite 42 1.2.2. Verteilungsrechnung Die ersten beiden Ansätze definieren BIP von der Produktionsseite (Bruttowertschöpfung pY). Ein dritter Ansatz berechnet BIP von der Einkommensseite (wN+rK+Tind +A): Verwendung der Verkaufserlöse für Abschreibungen A zur Bezahlung von indirekten Steuern Tind (Mwst) zur Bezahlung von Arbeitseinkommen (Löhne wN) der Rest für Anteilseigner (Kapitaleinkommen rK) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 43 1.2.2. Verteilungsrechnung Unser Beispiel: Berechnung von der Einkommensseite: Einkommen: (Stahl + Auto) Summe Arbeit € 80 + € 70 € 150 Kapital € 20 + € 40 € 60 Abschr. € 20 + € 20 € 40 BIP: € 120 + € 130 € 250 NIP=BIP-Abschreibungen → 250-40=210 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 44 1.2.2. BIP- Eine Zusammenfassung Bruttowertschöpfung = Wert der Einkommen Produktionsseite: Gesamte Wertschöpfung aller Endprodukte Mehrwert Einkommensseite: Summe aus Arbeits- und Kapitaleinkommen, Abschreibungen und indirekten Steuern: p Y = w N+ r K + Tind + A Nun: Betrachten wir die Verwendungsseite: Wert aller Ausgaben BIP entspricht den Gesamtausgaben für Endverbrauch von Gütern und Dienstleistungen Gesamtwirtschaftliche Nachfrage: Y = C + I + G + X - IM Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 45 1.2.2. BIP – Eine Zusammenfassung Komponenten Komponenten des des BIP: BIP: C – Konsum: von den Konsumenten gekaufte Güter und Dienstleistungen (~ 60% des BIP) I – Bruttoinvestitionen (~ 20% des BIP) G – Staatsausgaben (ohne Transfers) (~ 20 % des BIP) X - IM – Nettoexporte Exporte (X) - Importe (IM) (~ 40% des BIP) (~ 35% des BIP) • X > IM -- Handelsbilanzüberschuss • X < IM -- Handelsbilanzdefizit Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Ausland: Unterscheide zwischen Produktion, Einkommen u Ausgaben Seite 46 1.2.3 Alternative Konzepte: BNE vs. BIP Unterscheide: • Gesamtproduktion vs. Ausgaben: Differenz: Nettoexporte X - IM • Gesamtproduktion vs. Einkommen J Bruttoinlandsprodukt (BIP) inländische Produktion (engl.: GDP) J Bruttonationaleinkommen (BNE) Einkommen aller Inländer (engl.: GNI) BIP: Inlandskonzept BNE: Inländerkonzept: BNE = BIP + Saldo Unterschied: Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen addiere im Ausland erzielte Einnahmen der Inländer; subtrahiere im Inland erzielte Einnahmen von Ausländern Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 47 1.2.3 Alternative Konzepte: BNE vs. BIP Unterschied: Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen BNE übersteigt das BIP, falls inländische Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital höhere Auslandseinkommen erzielen als Ausländer im Inland Umgekehrt (BIP >BNE), falls ein hoher Anteil des inländischen Produktionswerts an Ausländer fließt Beispiele für den Unterschied: Wochenendpendler aus Tschechien arbeitet bei Münchner Auto-Firma Steigert Produktion (BIP) in D; erhöht BNE in Tschechien Münchner Auto-Mechaniker erzielt Dividenden von Biotech-Firma in Kalifornien: Steigert BIP in USA; erhöht BNE in D BNE = BIP + Saldo der Primäreinkommen Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 48 1.2.3 Alternative Konzepte Welches Konzept ist angemessen? Hängt von der konkreten Fragestellung ab: BIP: Gutes Maß für gesamtwirtschaftliche Produktion im Inland (aufschlussreich für die Analyse von Konjunkturschwankungen) Einkommen der Inländer: BNE (nicht BIP!) Aber: Abschreibungen stellen keine verfügbaren Ressourcen dar Besserer Indikator für Lebensstandard: Nettonationaleinkommen NNE: BNE – A NNE entspricht i.W. den verfügbaren Ressourcen aller Inländer (inkl. Staat) Ein Teil dieser Ressourcen fließt dem Staat in Form von Steuern zu Sofern die Steuerbelastung die Versorgung mit öffentlichen Gütern korrekt abbildet, ist NNE ein zuverlässiges Maß für insgesamt verfügbare Ressourcen Maß für verfügbare Ressourcen der privaten Haushalte: Verfügbares Einkommen der Haushalte Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 49 BIP in D: Ein Blick auf die Daten (Mrd. €) 2005 2006 2007 2244,6 2322,2 2423,8 +1,5 +3,5 +4,5 2265,0 2344,37 2446,41 +1,7 +3,5 +4,4 BIP preisbereinigt 102,89 105,85 108,47 (2000=100 ) +0,8 +2,9 +2,5 Volkseinkommen 1691,15 1751,23 1824,21 +1,4 +3,5 +4,1 BIP nominal BNE nominal Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden http://www.destatis.de Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 50 1.2.3 Alternative Konzepte Einkommen der Haushalte: NNE teilt sich auf in • • • Löhne und Gehälter Kapitaleinkommen Indirekte Steuern wN rK Tind -- Z Verfügbares Einkommen: korrigiere um Steuern/Subventionen Volkseinkommen: NNE– Tind +Z NNE abzgl. indirekte Steuern, zzgl. staatliche Unternehmenssubventionen Z Verfügbares Einkommen privater Haushalte: Volkseinkommen– Tdir Abzgl. direkte Steuern, zzgl. Transfers an Haushalte Beachte: Tdir definieren wir als: Direkte Steuern – Transfers! Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 51 1.2.3 Alternative Konzepte: NNE Netto vs Brutto: Nettoinlandsprodukt: NIP = BIP – A Inlandsprodukt vs Nationaleinkommen: NNE = NIP + SP A: Abschreibungen SP: Saldo der Primäreinkommen Ersatzinvestitionen sind keine reale Wertschöpfung! Die Zusammensetzung des NNE nach Einkommensarten 1960 und 2005: In Prozent (vom NNE) 1960 2005 66% 59% 26% 29% 8% 12% Arbeitnehmerentgelt (Löhne und Gehälter wN) Unternehmertätigkeit (Kapitaleinkommen rK) Indirekte Steuern Tind Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 52 1.2.3 Alternative Konzepte Berechnung des BIP - Staat Wie ermitteln wir den Beitrag staatlicher Produktion zum BIP? (etwa Universitätsausbildung) Problem: Dafür gibt es keine Marktpreise/ Verkaufserlöse Methode: Ermittlung nach Faktorkosten (Einkommensseite): Beitrag zum BIP entspricht den Ausgaben für Löhne und Gehälter Bsp.: Sekretärin heiratet ihren Arbeitgeber, arbeitet aber für ihn unentgeltlich weiter Im Unternehmen: BIP unverändert, solange Verkaufserlöse konstant bleiben (Löhne sinken, aber Gewinne steigen) Im öffentlichen Dienst: BIP sinkt (Ausgaben für Sekretärin entfallen) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 53 1.2.3 Alternative Konzepte Vorsicht bei Datenanalyse: Werden wirklich alle Daten korrekt erfasst? Viele Wirtschaftsaktivitäten tauchen in der offiziellen Statistik gar nicht auf: Hausarbeit (alles was nicht über den Markt läuft) Nachhilfe; Kochen zu Hause Hoher Anteil in Entwicklungsländern Schattenwirtschaft – Black Economy Aktivitäten statistisch nicht erfasst (Beispiel Italien) → Ausgewiesenes BIP zu niedrig Keine Marktpreise für Freizeitkonsum: Nutzen aus Nichts-Tun Produktion umweltschädlicher Güter steigert das BIP, aber Umweltschäden werden nicht berücksichtigt. Korrigiere BIP um Abschreibungen für Umweltbelastung? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 54 1.2.4 Nominales vs. reales BIP BIP: Summe der mit Preisen bewerteten Güter des Endverbrauchs: Frage: Steigt das BIP wirklich, falls bei konstanten Mengen nur die Preise steigen? Preisindex Pt versucht, das nominale BIP um Inflationseffekte zu bereinigen. • Bei Inflation: Unterscheide zwischen nominalen und realen Größen! • Extremfall: Hyperinflation (Lateinamerika/ Russland): Hohe nominale Wachstumsraten ohne reale Basis • Reales BIP: nominales BIP, korrigiert um die Inflationsrate Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 55 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Begriff der Inflation: Wann sprechen wir überhaupt von Inflation? Die Inflationsrate π bezeichnet die prozentuale Veränderung des Preisniveaus von einer Periode t zur nächsten Periode t+1. Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 56 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Inflation übertreibt tatsächliches Wachstum: Nominales BIP = P x Y (Preis mal Menge) Inflationsbereinigung Beispiel: Eine Ökonomie mit nur einem Gut Jahr Produzierte Autos 2005 2006 2007 Frage: 10 12 15 Nominales BIP € 10,000 € 15,000 € 16,500 € 100,000 € 180,000 € 247,500 Um wie viel ist die reale Autoproduktion gestiegen? Reale Gütereinheiten: • 2005 -- 10 • 2006 -- 12 (20 % Zuwachs) • 2007 -- 15 (25 % Zuwachs) Prof. Dr. Gerhard Illing Preis je Auto Autoproduktion, bewertet zu konstanten Preisen von 2005 • 2005 – 100 000 • 2006 – 120 000 (20 % Zuwachs) • 2007 – 150 000 (25 % Zuwachs) VWL II Kapitel 1 Seite 57 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Konstruiere einen Preisindex Pt um die reinen Preissteigerungen (inflationäre Effekte) aus dem nominalen BIP herauszurechnen Im Basisjahr: P0 = 100 2005: € 10,000 P2005 = 100 → jährliche Inflationsraten: 2006: € 15,000 P2006 = 150 2007: € 16,500 P2007 = 165 π2006 = (P2006 - P2005 )/ P2005 =0,50=50% π2007 = (P2007 - P2006 )/ P2006 =0,10=10% Notation: Yt -- reales BIP im Jahr t Pt Yt = nominales BIP im Jahr t Pt: Preisindex im Jahr t Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 58 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Reales BIP: zu konstanten Preisen von 2005 Wird ermittelt, indem wir nominales BIP durch Preisindex teilen Autoproduktion zu Preisen von 2005 2005 -- € 100,000 x 100/100 = € 100,000 2006 -- € 180,000 x 100/150 = € 120,000 (20% Zuwachs) 2007 -- € 247,500 x 100/165 = € 150,000 (25% Zuwachs) Nominales NominalesBIP BIP2005 2005==Reales RealesBIP BIP2005 2005 Vergleiche: Reale Autoproduktion zu Preisen von 2005 • • • Prof. Dr. Gerhard Illing 2005 – 100 000 2006 – 120 000 (20 % Zuwachs) 2007 – 150 000 (25 % Zuwachs) VWL II Kapitel 1 Seite 59 1.2.4 Nominales vs. reales BIP D Vergleich 1960-2005 Reales und Nominales Bruttoinlandsprodukt der BRD, 19602007, Index, 2000=100 140 120 100 80 60 40 20 0 Q1 1960 Q1 1965 Q1 1970 Q1 1975 Q1 1980 Q1 1985 Real Prof. Dr. Gerhard Illing Q1 1990 Q1 1995 Q1 2000 Q1 2005 Nominal VWL II Kapitel 1 Seite 60 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Wachstumsraten Δ BIPt +1 Pt +1 ⋅ Yt +1 − Pt ⋅ Yt = = BIPt Pt ⋅ Yt Nominales BIP Wachstum: Wachstumsrate des realen BIP: g Preisänderungsrate: (= Inflationsrate) Δ Pt +1 Pt +1 − Pt π t +1 = = Pt Pt Prof. Dr. Gerhard Illing g tBIP +1 Y t +1 Δ Yt +1 Yt +1 − Yt = = Yt Yt VWL II Kapitel 1 Seite 61 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Δ BIP g BIP = BIP Beweis: Yt+1 = (1+ gY ) Yt Pt +1 = (1 + π ) Pt Es gilt: Pt +1Yt +1 − Pt Yt = g BIP = Pt Yt (1 + π ) (1 + gY ) ___ − ___ = ___ = (1 + π ) (1 + gY ) − 1 = π + gY + π ⋅ gY •Persönlicher Inflationsrechner auf der Seite des Statistischen Bundesamtes: •http://www.destatis.de, zuerst auf Preise dann auf Persönlicher Inflationsrechner klicken. Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 62 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Praktische Probleme bei der Berechnung des realen BIP In der Gesamtökonomie gibt es viele Güter Die relativen Preise ändern sich ständig Reales BIP ist eine konstruierte Größe Wie berechnen wir die wahre Inflationsrate? Problem: Welche Gewichtung einzelner Güter bei der Berechnung? D: Seit 2005 Kettenindex; Referenzjahr 2000 (P2000 =100) Wie messen wir die Inflationsrate korrekt? Konstruiere subjektive Inflationsrate mit eigenem Warenkorb! Beispiel: Bei der Euro-Umstellung: Starke Unterschiede zwischen „gefühlter“ und gemessener Inflationsrate! Vgl. Inflationsrechner beim Statistischen Bundesamt (destatis) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 63 1.2.4 Nominales vs. reales BIP Lebens- und Genussmittel Produkt/Dienstleistung Anteil am Warenkorb Teuerung (in Promille) April 2002 April 2001 (in %) Produkt/Dienstleistung Anteil am Warenkorb (in Promille) Teuerung April 2002 April 2001 (in %)) Gesamtlebenshaltung Langkornreis, parboiled Weißbrot Toastbrot Roggenbrot Brötchen Pizza, tiefgekühlt Kalbsschnitzel Schweinekotelett Schweinebauchfleisch Schweinebraten Lammfleisch Putenschnitzel Kopfsalat Lauch Blumenkohl Weißkohl Wirsingkohl Chinakohl Tomaten grüne Paprikaschoten Gesamtlebenshaltung Wohnungsmieten (einschl. Mietwert der Eigentümerwohnungen 4-Raum-Wohnung, Neubau, Bad, ZH, netto, freifinanziert Strom Gas extra leichtes Heizöl Bohnenkaffee Kaffee, entkoffeiniert Instant-Bohnenkaffee Hundefutter Vogelfutter 1000,00 1,6 171,53 1,5 109,36 1,2 25,84 10,96 5,87 4,16 0,52 0,51 2,37 0,50 4,7 -6,0 -6,7 -2,3 -2,2 -0,3 1,1 1,2 1000,00 0,41 0,48 0,54 1,59 3,99 2,37 0,22 1,85 0,52 2,57 0,19 0,74 0,75 0,87 0,27 0,20 0,11 0,14 0,95 0,78 Prof. Dr. Gerhard Illing 1,6 1,4 3,0 1,8 2,7 7,3 4,9 1,4 -5,7 -3,1 -2,4 4,7 -2,6 -20,6 -24,4 -12,5 33,1 15,3 15,1 51,9 -24,2 VWL II Kapitel 1 Seite 64 1.3 Inflation und Arbeitslosigkeit 1.3.1 Die Inflationsrate Es gibt unterschiedliche Maße für das Preisniveau: BIP-Deflator Verbraucherpreisindex (=Preisindex der Lebenshaltung) Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) wird für einen EU-weit identischen Warenkorb berechnet. Der Verbraucherpreisindex benutzt ein festes Gewichtungsschema (Warenkorb), während dem BIP-Deflator ein veränderliches Gewichtungsschema zu Grunde liegt. Preisindizes mit einem festen Gewichtungsschema gehören zur Gruppe der Preisindizes mit einem veränderlichen Gewichtungsschema zur Gruppe der Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 65 1.3.1 Die Inflationsrate Der BIP-Deflator setzt nominales und reales BIP zueinander in Beziehung: BIP-Deflator = BIPnom BIPreal = Der Verbraucherpreisindex berechnet sich dagegen wie folgt: VPI = Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 66 Inflationsrate, unter Verwendung des BIP-Deflators und des Verbraucherpreisindex, 1960 - 2005 BIP-Deflator und Verbraucherpreisindex in der BRD, 1961-2008, in Prozent zum Vorjahr 9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% -1% -2% 1961 1966 1971 1976 1981 CPI Prof. Dr. Gerhard Illing 1986 1991 1996 2001 2006 Deflator VWL II Kapitel 1 Seite 67 1.3.1 Die Inflationsrate Ausgewiesene Inflationsrate (Verbraucherpreisindex) überschätzt die wahre Inflationsrate Gründe: Substitutionseffekte nicht berücksichtigt a) b) Qualitätsverbesserungen nicht korrekt erfasst USA: seit 1995 veränderte Berechnung der Inflation Hedonischer Preisindex Deutschland: Aktualisierung des Warenkorbs (alle 5 Jahre) seit 2002: teilweise Umstellung auf hedonischen Preisindex Für BIP Deflator: seit 2005 Wechsel zu Kettenindex-Verfahren Reales BIP für zwei aufeinander folgende Jahre wird berechnet anhand der durchschnittlichen Preise der beiden Jahre; Index für das reale BIP wird durch Verkettung der so ermittelten jährlichen Wachstumsraten konstruiert Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 68 1.3.1 Die Inflationsrate Substitutionseffekte: Substitutionseffekte: Auf Veränderungen der relativen Preise reagieren Haushalte mit Substitution: Billiger gewordene Güter werden verstärkt nachgefragt Bei Gewichtung mit altem Warenkorb (Basisjahr) wird Preisveränderung überzeichnet: Laspeyres Index berücksichtigt Substitutionseffekt nicht ! Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 69 1.3.1 Die Inflationsrate Substitutionseffekte: Substitutionseffekte: Auf Veränderungen der relativen Preise reagieren Haushalte mit Substitution: Billiger gewordene Güter werden verstärkt nachgefragt Bei Gewichtung mit altem Warenkorb (Basisjahr) wird Preisveränderung überzeichnet: Laspeyres Index berücksichtigt Substitutionseffekt nicht ! Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 70 1.3.1 Die Inflationsrate Hedonischer Hedonischer Preisindex: Preisindex: Angenommen, Konsumenten wären bereit, für neue Generation 25% mehr zu zahlen: Korrekter Index müsste Preissenkung von 20% ausweisen: Korrekter Preis: 1/1,25 = 0,8 = 1-0,2! Hedonischer Preisindex versucht, Effekte von Qualitätsverbesserungen (Nutzengewinn) aus dem Preisindex herauszurechnen In den USA schon seit 1995 verwendet → gemessene Inflationsraten sind niedriger Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 71 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Als Arbeitslosenquote u bezeichnet man den Anteil der Arbeitslosen U an der Zahl der Erwerbspersonen L. Also: U u = L Die Zahl der Erwerbspersonen L setzt sich zusammen aus - der Zahl der Beschäftigten (Erwerbstätigen) N, und - der Zahl der Erwerbslosen, U. L = N +U Januar 2007: Beschäftigte (N) = 38,89 Mio. Arbeitslose (U) = 3,18 Mio. Arbeitslosenquote u = U/(N+U) ~ 7,6% Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 72 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Standardisierte Arbeitslosenquote und Arbeitslosenquote der Bundesagentur für Arbeit, 20002007 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Standardisiert Prof. Dr. Gerhard Illing Jan 05 Jan 06 Jan 07 Bundesagentur für Arbeit VWL II Kapitel 1 Seite 73 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Stilisierte Stilisierte Fakten Fakten in in Europa: Europa: niedrige Arbeitslosenquote in den 60er Jahren Anstieg in den 70er Jahren (Ölschock) Anfang der 80er Jahre weiterer Anstieg trotz Wirtschaftswachstum kaum Rückgang Ende der 80er Jahre Eurosklerose/ Hysteresis: Verharren auf neuem Niveau Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 74 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Ursachen für die Unterauslastung des Produktionsfaktors Arbeit? Unterscheide: Unterscheide: Konjunkturelle Arbeitslosigkeit als Folge mangelnder Nachfrage in Rezession (kurze Frist) Strukturelle Arbeitslosigkeit als Folge von Rigiditäten am Arbeitsmarkt (mittlere Frist) “Natürliche” Arbeitslosenquote? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 75 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Beachte: Beachte: Offiziell Arbeitslose ↔aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Arbeitskräfte: Erwerbspersonen (L) Partizipationsrate = Erwachsene Bevölkerung (16+ ) Partizipationsrate variiert prozyklisch im Konjunkturverlauf Gründe: z.B. Rückzug weiblicher Arbeitskräfte und Frühpensionierung Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 76 1.3.2 Die Arbeitslosenquote Erwerbsquoten im internationalen Vergleich (Buch Kapitel 6) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 77 1.4 Gesamtwirtschaftliche Kreislaufbeziehungen Lernziel: Lernziel: Verstehe die Kreislaufbeziehungen Verstehe den Zusammenhang zu der gesamtwirtschaftlichen Budgetbeschränkung: Wert aller Ausgaben = Wert aller Einnahmen Kreislaufbeziehungen ergeben sich aus gesamtwirtschaftlicher Budgetbeschränkung Verschiedene Verschiedene Arten Arten zur zur Berechnung Berechnung des des BIP: BIP: Produktionsseite: Wertschöpfung der Endprodukte Verteilungsseite: Wert aller Einkommen Verwendungsseite: Wert aller Ausgaben (Gesamtwirtschaftliche Nachfrage) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 78 1.4 Gesamtwirtschaftliche Kreislaufbeziehungen Einfaches Modell mit 4 Sektoren - Gedankliche Trennung: Haushalt: konsumiert, arbeitet und spart; er ist Besitzer aller Inputs Unternehmen: produziert Güter für Konsum- und Investitionszwecke, entlohnt die Produktionsfaktoren Arbeit N und Kapital K. Staat: produziert öffentliche Güter G ; erhebt Steuern T; druckt Geld; Staatsverschuldung Ausland: Exporte, Importe, internationale Kapitalströme Schrittweises Vorgehen: • zunächst: Haushalte und Unternehmen • Dann: Staatsaktivität: Staatsausgaben G; Steuern T • Dann: Offene Volkswirtschaft: Exporte X; Importe IM Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 79 Die Zusammensetzung des BIP 2005 Anteil am BIP in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt Mrd. € Konsum privater Haushalte (C) 1.357,50 58,5% + Staatlicher Konsum (G) 425,88 18,3% + Bruttoinvestitionen (I) 412,44 17,8% = Inländische Verwendung von Gütern 2.195,82 94,6% 126,38 5,4% +Außenbeitrag (X-IM) (Exporte minus Importe) Exporte (X) von Waren und Dienstleistungen 1.046,48 45,1% Importe (IM) von Waren und Dienstleistungen 39,6% = Bruttoinlandsprodukt (Y) Prof. Dr. Gerhard Illing 920,10 2.322,20 VWL II Kapitel 1 Seite 80 1.4.1 Einfaches Kreislaufmodell Einfachstes Einfachstes Modell: Modell: Für den Haushalt gilt: Wert aller Einkommen: Y = w N+ r K • Ein Haushalt • Ein Unternehmen • Ein Gut (P =1) Wert aller Ausgaben: C + S (Verwendungsseite) Budgetbeschränkung: Der Wert der Ausgaben für Konsum und Sparen muss den Faktoreinnahmen entsprechen: C + S = Y = w N + r K Für das Unternehmen gilt: Faktorzahlungen = Wert der Endverkäufe (Für Konsum- und Investitionsgüter) Für die Gesamtökonomie gilt damit in einer geschlossenen Volkswirtschaft: Ausgaben = Einkommen = Wertschöpfung C+S=C+I=Y=wN+rK Im Gleichgewicht sind alle Pläne von Haushalten und Unternehmen erfüllt Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 81 Gesamtwirtschaftlicher Kreislauf Einkommen Y Haushalte Unternehmen Konsum C Er ar sp ni s S I n tio i t es v In Finanzsektor Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 S=I Seite 82 1.4.1 Einfaches Kreislaufmodell Aus der Beziehung C + S = C + I = Y folgt: S = I Ersparnisse der Haushalte finanzieren Investitionen der Unternehmen über den Finanzsektor (Kapitalmarkt) (Geschlossener Kreislauf der Stromgrößen) Ex post: besteht immer Identität zwischen privater Ersparnis und Investition: Lagerinvestitionen als Residualgröße Ex ante: Wann stimmen die Pläne von Haushalten und Unternehmen überein? Welche Anpassung erfolgt im Ungleichgewicht? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 83 1.4.2 Das Kreislaufmodell mit Staat Erweiterung um den Staat: Er erzielt Steuereinnahmen T und tätigt Staatsausgaben G; G – T = Nettoneuverschuldung (Defizit) des Staates A) Haushalte: Wert der Einnahmen (Einkommen) muss den Ausgaben für C, S und T entsprechen B) Unternehmen: Y=C+S+T Y=C+I+G Gesamteinnahmen müssen dem Wert aller produzierten Güter entsprechen Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 84 Gesamtwirtschaftlicher Kreislauf Y Haushalte Unternehmen C G T Staat S I Budget defizit G-T Finanzsektor Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 85 1.4.2 Das Kreislaufmodell mit Staat Daraus folgt: C + S + T = Y = C + I + G oder: S–I= G–T S – I = Nettoersparnis der privaten Sektors G – T = Nettoneuverschuldung (Defizit) des Staates Staatsdefizit: G-T muss am Kapitalmarkt aus der Nettoersparnis des privaten Sektors finanziert werden Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 86 1.4.3 Das Kreislaufmodell mit Außensektor Außenwirtschaftliche Außenwirtschaftliche Beziehungen: Beziehungen: Haushalte: Y = C + S + T Unternehmen: Y = C + I + G + X – IM Güterexporte/-importe X – IM; Kapitalexporte Aus C + I + G + X – IM = Y = C + S + T folgt: Exportüberschuss X – IM entspricht Kapitalexport: Neuverschuldung des Auslands Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 87 1.4.3 Das Kreislaufmodell mit Außensektor Gleichung I – S + G –T + X – IM = 0 verdeutlicht eine zentrale Interdependenz: Finanzierung eines Staatsdefizits nur möglich durch: G –T = S – I + IM – X Private Nettoersparnis im Inland (S - I) oder: Kapitalimporte (Zunahme der ausländischen Ersparnis). Leistungsbilanzdefizit X - IM < 0 gleichbedeutend mit Kapitalimporten: Falls Güterimporte Exporte übersteigen, muss Kapital importiert werden USA Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 88 Gesamtwirtschaftlicher Kreislauf Y Haushalte Unternehmen C Staat S I Budget defizit G-T Netto-Exporte G T Finanzsektor Netto-Kapitalexporte Ausland (Leistungsbilanzüberschuss) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 89 1.4.3 Das Kreislaufmodell mit Außensektor Derzeit hohes US-Leistungsbilanzdefizit - Es ist ein Reflex hoher Neuverschuldung (niedrige private Sparquote) Abbau des US-Leistungsbilanzdefizits nur bei höherer privater Ersparnis → Einbruch der Konsumnachfrage? Frage: Derzeit hohes Leistungsbilanzdefizit in den USA. Weltweit aber muss Gesamtbilanz ausgeglichen sein. Wer stellt die Überschüsse bereit? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 90 Leistungsbilanzdefizit: Beispiel USA Leistungsbilanzüberschuss/-defizit in ausgewählten Ländern und Regionen, 2001-2008, Mrd. US-$ 700 0 -700 -1400 2001 Prof. Dr. Gerhard Illing 2002 2003 2004 2005 2006 Euro-Währungsraum (ohne Deutschland) Asiatische Schwellenländer Naher Osten China Deutschland Japan Vereinigtes Königreich Vereinigte Staaten VWL II Kapitel 1 2007 2008 Seite 91 Leistungsbilanzdefizit: Beispiel US USA Leistungsbilanzdefizit Leistungsbilanzüberschuss/-defizit der USA, 1970-2008, in Prozent des BIP 2% 1% 0% -1% -2% -3% -4% -5% -6% -7% 1970 Prof. Dr. Gerhard Illing 1975 1980 1985 1990 1995 VWL II Kapitel 1 2000 2005 Seite 92 Leistungsbilanzdefizit: Beispiel US USA Nettoauslandsvermögen Blanchard/Illing 2006, 19.6 Seite 567 Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 93 X–IM = S –I + T–G Beispiel USA S-I, T-G und X-IM in den USA, in Prozent des Bruttoinlandsproduktes 8% 6% S-I 4% T-G 2% 0% -2% X-IM -4% -6% -8% 1970 Prof. Dr. Gerhard Illing 1975 1980 1985 1990 VWL II Kapitel 1 1995 2000 2005 Seite 94 Beispiel Ostdeutschland Unterschied: Produktion (BIP) vs. Absorption (C+I+G) C+I+G Y+IM-X =C+I+G Y=BIP Importüberschuss IM-X finanziert durch Kredite und staatl. Transfers (laufende Übertragungen) Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 95 1.4.3 Das Kreislaufmodell mit Außensektor Ostdeutschland: Absorption (C + I + G) ist höher als die Wertschöpfung. Es ist ein Reflex hoher Transfers aus dem Westen. Für Gesamtdeutschland: nur möglich, falls: a) hohe Verschuldung des Staates am Kapitalmarkt b) hohe Steuerzahlungen c) Kapitaltransfers aus dem Ausland Frage: dauerhaft aufrecht erhaltbar – „nachhaltig“? Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 96 1.5 Ausblick Zentrale Zentrale Frage Frage der der Makroökonomie Makroökonomie Was bestimmt das Produktionsniveau? Kurzfristig: Mittelfristig: Langfristig: Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 97 Wichtig: Unterschiedliche Sichtweisen führen zu unterschiedlichen Antworten: Kurzfristige Analyse: Schwankungen der Nachfrage als wesentlicher Bestimmungsfaktor (Konsum, Investition, Staatsausgaben, Nettoexporte) Mittelfristige Analyse: (Produktionspotential) Angebotsseite als Hauptdeterminante (verfügbare Ressourcen Arbeit, Kapital; verfügbare Technologie) Langfristige Analyse: Was bestimmt Veränderungen des Trends? Sparrate, technischer Fortschritt (Innovationen) Investitionen in Humankapital und Patente Prof. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 1 Seite 98