14 GN 11/03 MVRedeKreile

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I n f o r m at i o n
10 Jahre
Textdichter-Förderung
und über
100 Grundsteine
Wie die Celler Schule die deutsche
Musiklandschaft prägt
ein Dreamteam
n von 2005 –
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Die
Von Tobias Reitz
Wenn man seine Erinnerungen an
die Schule aus den Windungen des
Gedächtnisses hervor kramt, kommen
nicht nur angenehme Gedanken ans
Tageslicht: Hölzerne Bänke, miese
Mathenoten und frustrierte Stimmung
nach Elternabenden sind nur einige der
Dinge, die man gern hinter sich gelassen hat. All dies wird man in der Celler
Schule vergeblich suchen. Die schönen
Seiten der Schule allerdings, die finden
sich auch in Celle wieder, und das in
geballter Form: die Grundsteinlegung
für den beruflichen Werdegang, erstaunliche Erkenntnisse und Lerneffekte, der Kontakt mit den „Großen“,
die Vernetzung mit Menschen, die man
mag, und in jedem Jahr auch die eine
oder andere Freundschaft fürs Leben.
Nicht zu vergessen das viel gelobte
breite Basiswissen. Und die Erkenntnis:
Das Leben hat mehr offene Türen zu
bieten, als man denkt …
begabter Nachwuchsdichter ausdenken
könnte. Sie konnte. Und wie!
Wie aber entstand die Celler Schule?
Und was ist sie eigentlich? Im Spätsommer 1995 saß man in der GEMAStiftung zusammen und sinnierte über
die Nachwuchsprobleme in der deutschen Autorenlandschaft. Die Gelder
der GEMA-Stiftung setzten sich zwar
zum beträchtlichen Teil aus Nachlässen
von Textdichtern zusammen, aber gefördert wurden fast ausschließlich die
Komponisten. Eine Ausbildungsstätte
für Textdichter gab es auch nicht. Was
also tun? Man fragte Edith Jeske, schon
damals Dozentin für Text an der Hochschule für Musik in Hamburg und selbst
erfolgreiche Textdichterin von Pop bis
Chanson und von Schlager bis Musical,
ob sie sich ein Konzept zur Förderung
Mit organisatorischer Unterstützung
von Heike Baller wurden im Frühjahr
1996 die Pioniere der Celler Schule an
den Start gebracht. Insgesamt 10
Teilnehmende für 5 Tage. Damals hieß
die Einrichtung allerdings noch nicht
Celler Schule, sondern etwas sperrig
„Förderseminar für Textschaffende in
der Unterhaltungsmusik“. Das ist heute
nur noch der erklärende Untertitel. Der
Name Celler Schule (entstanden im
Seminar 2003) hat sich längst durchgesetzt. Aber zurück zu den Anfängen:
„Wir waren sehr aufgeregt, ob wir diese
fünf Tage überhaupt würden füllen können“, erzählt Edith Jeske heute lachend.
Mittlerweile füllt ihr Seminar spielend
vierzehn Tage bzw. seit diesem Jahr
sogar fünfzehn. „Ein Rechenfehler von
mir“, gesteht sie, „und der brachte so
viel Spielraum, dass ich ihn ab sofort
zum Prinzip mache. Also: Auch im
nächsten Jahr wieder fünfzehn Tage!“
In diesen Tagen wird im Predigerseminar in Celle handfest gearbeitet: Alles
über Reim, Metrum, Sprachebenen und
musiktauglichen Satzbau, dazu Songfahrpläne und Kreativitätstechniken,
Blockadenvorbeugung und Archivpflege – und regelmäßiges Coaching.
Co-Dozenten pilgern alljährlich nach
Celle, um ihr Wissen zu vermitteln:
Jürgen vom Scheidt (Kreativitätspsychologie), Martin Wehrle (Selbstmarketing/
Verhandlung), Andreas Thiele (Aufbau
und Organisation der GEMA), Hans
Hee und Burkhard Brozat (Deutscher
Textdichterverband) und viele mehr. ExAbsolventen stellen sich als CoachingHelfer und Referenten genauso zur
Verfügung wie Musikerkollegen und
erfolgreiche Köpfe der Branche. Willy
Klüter, Frank Ramond, Christian
Bruhn, Thomas Woitkewitsch, Rainer
Bielfeldt, Pe Werner, Alex Parker,
Maurice van Beek und viele mehr sind
seit Jahren gern gesehene Gäste.
Apropos Erfolge: In den vergangenen zehn Jahren hat die
Celler Schule eine Menge erreicht. Kostprobe gefällig? Heike
Fransecky (1999) gehört heute
zu den fünf erfolgreichsten Schlager-Textdichterinnen Deutschlands, Tina Teubner und Bodo
Wartke (beide Celle 1998) gewannen je einen deutschen KleinStehen seit fünf Jahren für den Erfolg in
Celle:
Edith Jeske und Tobias Reitz
kunstpreis. Wolfgang Adenberg
(1996) ist nach Dr. Michael
Kunze der gefragte zweite
Mann bei den Musical-Übersetzungen,
Flo Peil (2005) gewann mit seiner Band
Peilomat den Deutschen Rockpreis
2006 aus über 350 Bewerbungen,
Andreas Zaron (1997) gelang die Karriere als erfolgreicher Schlagerinterpret
und Auftragsschreiber, Erich Öxler
(2000) platzierte unzählige Partysongs
in den Media-Control-Charts und
Michael Bodens (2004) Band Subway
To Sally war sogar mehrfach für den
ECHO nominiert! Aber die Prozesse in
der Musikbranche sind ja bekanntlich
Das wesentlichste Element
langwierig. Fast noch spannender als
in Celle ist Musik
die etablierten sind dementsprechend
die „Sprungbrett-Cellenten“, jene Nachwuchsschreiber, die durch die Celler
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G E MA N a c h r i c ht e n 2006 • Au s g a b e 174 • N ove m b e r 2006
G E MA N a c h r i c ht e n 2006 • Au s g a b e 174 • N ove m b e r 2006
I n f o r m at i o n
Exemplarische Ju
ry für Celle: Heike
Fransecky, Tobia
s Reitz, Wolfgang
Adenberg , Thom
as Woitkewitsch,
Edith Jeske, Kay
Lorentz (v.li.)
Projektarbeit mit Komponist Willy Klüter
nach
Bringt Inspirationen
Celle: Pe Werner
Schule den Impuls erhielten, sich auf
soliden handwerklichen und künstlerischen Boden zu stellen und den Schritt
ins Autorenleben zu wagen. Erfolgreiche Wege als Autoren und/oder Interpreten zeichnen sich ab. Interessierte
sollten sich Namen wie Matthias
Reuter, Martin Fliegenschmidt, Claudia
Heinen, Kathleen Tielscher, Wiebke
Wimmer merken. Auch für mich begann das professionelle Textdichterleben in Celle.
Grob geschätzt hat die Celler Schule
ihren Autoren alleine durch die ins
Plenum gestreuten Aufgaben der letzten
Jahre zu etwa 30 Veröffentlichungen auf
dem deutschen Markt verholfen, unter
anderem bei Künstlern wie Wolfgang
Petry, Alex Parker oder Geraldine
Olivier. „Das Renommee der Celler
Schule ist die beste Bestätigung und
weitere Ermutigung für alle, die mitgeholfen haben, sie zu dem zu machen,
was sie heute ist“, erklärt Edith Jeske,
die Mutter der Celler Schule oder – wie
ihre Schüler sie am liebsten nennen –
die „Musenmuddi“.
Das sonst allgegenwärtige Hickhack
zwischen den Genres ist in der Celler
Schule kein Thema. Im Gegenteil. Wir
achten darauf, dass das Teilnehmerfeld
möglichst ausgewogen ist. Vom Volksmusikanten über den politischen Liedermacher bis zum Gothic-Rocker war
schon alles an einem Tisch. Jedes Jahr
ein spannendes Experiment für Veranstalter, Teilnehmer und Gäste. Für diese
Ausgewogenheit sorgt eine sechs- bis
siebenköpfige Jury aus erfolgreichen
exCELLEnten und namhaften Vertretern der unterschiedlichen Genres. Da
wird sich gerne auch mal gefetzt, wenn
es um die Wertung geht. „Nur weil man
weiß, wie ein gutes Schnitzel gemacht
wird, ist man noch lange nicht gleichzeitig auch der König der Sahnetorten“,
konstatiert Edith Jeske, „deshalb muss
man schon aus unterschiedlichen
Blickwinkeln auf die eingereichten
Texte schauen.“ Zehn Teilnehmer sind
pro Jahr dabei. Das bedeutet natürlich
bei jährlich bis zu 100 Bewerbungen
lange Gesichter bei denen, die es nicht
geschafft haben. Aber Ausdauer wird
belohnt. Wer an sich arbeitet und es ein
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G E MA N a c h r i c ht e n 2006 • Au s g a b e 174 • N ove m b e r 2006
zweites, drittes oder gar viertes Mal versucht, wird sich dann vielleicht doch
unter den Ausgewählten wieder finden.
Der bisherige Rekord steht bei fünf
Versuchen bis zur Zusage.
Dass die Celler Schule noch lange
bestehen bleibt, wünschen wir ihr nicht
alleine. Der Termin für 2007 ist übrigens gesichert: Vom 8. bis 22. Mai 2007
hält der deutsche Autorennachwuchs
wieder Einzug in Celle. Begleitet von
einem hoch motivierten Organisationsteam um Edith Jeske, vielen Herzblutspendern – auch unter denen, die das
Predigerseminar Celle zu einem so
unvergleichlichen Ort für kreative Begeisterung machen. An dieser Stelle ein
Dank für 10 Jahre, die uns eng miteinander verbunden haben.
Ein Jahrzehnt Celle – und ein halbes
für mich. Wir sind gespannt, wie es weitergeht und freuen uns auf das, was vor
uns liegt. Und wenn Sie es auch verfolgen
wollen: Unsere Homepage www. cellerschule.de ist soeben online gegangen.
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