Ergebnisbericht - Deutsche Wahlstudie

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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur
Bundestagswahl 2013
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Inhaltsverzeichnis
1. Die Deutsche Wahlstudie .................................................................................................. 1
2. Das Ergebnis der Bundestagswahl 2013 ........................................................................... 1
3. Die Repräsentativität der Befragungen der Deutschen Wahlstudie.................................... 2
4. Wahlkampf und Mediennutzung ........................................................................................ 4
5. Die Spitzenpolitiker im Profil .............................................................................................. 7
6. Die schwarz-gelbe Koalition 2009-2013: die „erfolgreichste Regierung seit der
Wiedervereinigung“? ............................................................................................................11
7. Die Zukunft wird bunt - neue Farbenspiele im Koalitionspoker? .......................................13
8. „Was denken Sie eigentlich über…?“ Politische Einstellungen zu Sachthemen in der
Bevölkerung .........................................................................................................................15
9. Politisches Wissen in der Bevölkerung .............................................................................17
10. Eine Frage der Gerechtigkeit ..........................................................................................19
11. Der Einfluss der Wirtschaftskrise auf die Bevölkerung ....................................................19
12. Langfristige Änderungen der politischen Einstellungen ...................................................21
13. Das langfristige Wahlverhalten – die Wechselwähler ......................................................23
14. Zur Methodik: Befragungen der Deutschen Wahlstudie – Der Unterschied zwischen
Querschnitts- und Wiederholungsbefragung.........................................................................25
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
darstellen. Zu diesem Zweck wählen wir
die Teilnehmer der Studie zufällig aus, um
zu gewährleisten, dass die Meinungen und
Einstellungen der gesamten Wählerschaft
erreicht werden. Die Querschnittsbefragungen finden jeweils zur Hälfte vor und
nach der Bundestagswahl statt, um die
Einstellungen der Befragten während des
Wahlkampfs und in der Phase der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl
analysieren und vergleichen zu können.
Dabei werden jeweils etwa 2000 zufällig
ausgewählte Personen etwa eine Stunde
lang befragt. Für die Wiederholungsbefragung werden alle Befragten einer Querschnittsumfrage nach ihrer Bereitschaft
gefragt, auch in der Zukunft weiter an den
Befragungen der Deutschen Wahlstudie
teilzunehmen, um langfristige Veränderungen in den Einstellungen, Meinungen
und Verhaltensweisen der Bevölkerung
beobachten zu können. Auf diese Weise
wurden knapp 1300 Personen sowohl zu
Wahl 2009 als auch 2013 befragt.
1. Die Deutsche Wahlstudie
In diesem Bericht möchten wir Ihnen einige zentrale Ergebnisse aus den Befragungen der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013 vorstellen. Um Veränderungen gegenüber der Bundestagswahl
2009 aufzuzeigen, werden wir an einigen
Stellen die Ergebnisse aus der Befragung
zur Bundestagswahl 2009 zum Vergleich
heranziehen. Die Deutsche Wahlstudie
wurde im Jahr 2009 als gemeinsames
Projekt der Universität Mannheim, der
Universität Frankfurt, des Wissenschaftszentrums Berlin und von GESIS - LeibnizInstitut für Sozialwissenschaften ins Leben
gerufen und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Die Deutsche Wahlstudie soll langfristig
bei allen künftigen Bundestagswahlen
fortgeführt werden, um die politischen Einstellungen, Meinungen und Verhaltensweisen in Deutschland dauerhaft zu untersuchen. Zu diesem Zweck werden verschiedene Bevölkerungsumfragen durchgeführt, Zeitungsartikel und Fernsehsendungen ausgewertet, die Kandidaten der
Parteien befragt und die Wahrnehmung
und Wirkung der TV-Duelle vor Bundestagswahlen untersucht. Alle im Rahmen
der Deutschen Wahlstudie erhobenen Daten stehen interessierten Wissenschaftlern, Medien oder Parteien kostenfrei zur
Verfügung. Die Daten der Wahlstudie
werden nicht nur in zahlreichen wissenschaftlichen Büchern und Artikeln ausgewertet, sondern informieren auch Journalisten, Bürger und Politiker über die Meinungen der Bevölkerung zu aktuellen politischen Fragen und zur Politik im Allgemeinen. In diesem Ergebnisbericht werden
zwei Querschnittsbefragungen zu den
Bundestagswahlen 2009 und 2013 sowie
eine Wiederholungsbefragung von 2009
bis 2013 ausgewertet. Die Querschnittsbefragungen sollen als repräsentative Studie
ein verkleinertes Abbild der Bevölkerung
2. Das Ergebnis der Bundestagswahl 2013
Die Bundestagswahl 2013 war von einigen
Überraschungen geprägt. So erreichte die
CDU/CSU fast die absolute Mehrheit im
Bundestag, die FDP verpasste erstmals in
ihrer Geschichte den Einzug in den Bundestag und mit der AfD verfehlte eine
neue Partei nur knapp die Fünfprozenthürde. Die Gewinne und Verluste der Parteien im Vergleich zur Bundestagswahl
2009 sind in Abbildung 1 dargestellt. Die
Union verbesserte ihr Ergebnis um über
sieben Prozentpunkte und erreichte damit
ihr bestes Resultat seit knapp 20 Jahren.
Die SPD verbesserte sich leicht im Vergleich zu 2009, hatte damals aber ihr
schlechtestes Ergebnis überhaupt erzielt.
Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke
konnten ihre Ergebnisse aus dem Jahr
2009 nicht halten und verschlechterten
sich um etwas über zwei bzw. drei Prozentpunkte.
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 1: Veränderung der Stimmenanteile der Parteien zwischen 2009 und 2013
Die FDP verlor fast zehn Prozentpunkte und
konnte mit einem Stimmenanteil von nur noch
4,8 Prozent nicht mehr in den Bundestag einziehen. Die AfD erreichte bei ihrer ersten Teilnahme an einer Wahl 4,7 Prozent der Zweitstimmen.
gewährleistet eine möglichst repräsentative
Stichprobe.
Wie gut das gelungen ist, kann unter anderem
ein Vergleich der Wahlentscheidungen unserer Befragter mit den amtlichen Endergebnissen der Wahlen 2009 und 2013 zeigen. Wir
sind zwar vor allem daran interessiert zu erklären, warum eine Person eine bestimmte
Partei gewählt hat und nicht so sehr an der
Vorhersage von Wahlergebnissen. Dennoch
zeigt dieser Vergleich, wie sehr die Stichprobe
der Befragten der Gesamtbevölkerung ähnelt.
Dadurch erhielten bei dieser Bundestagswahl
die nicht im Bundestag vertretenen Parteien,
so viele Stimmen wie nie zuvor. Insgesamt
gingen 15,7 Prozent der Stimmen an Parteien, die durch die Fünfprozenthürde nicht in
den Bundestag einziehen konnten.
Aus den Abbildungen 2 und 3 geht hervor,
dass bei beiden Bundestagswahlen nur relativ
geringe Unterschiede zwischen Umfrage- und
Wahlergebnis bestanden. Die schraffierten
Balken stellen hierbei die Ergebnisse aus unserer Befragung, die gefüllten Balken das
amtliche Endergebnis dar. Bei der Wahl 2009
waren die Unterschiede insgesamt noch etwas geringer als 2013 und lagen im Bereich
des statistischen Zufallsfehlers.
3. Die Repräsentativität der
Befragungen der Deutschen
Wahlstudie
In unseren Befragungen legen wir großen
Wert darauf, möglichst repräsentative Ergebnisse für die gesamte Bevölkerung zu erhalten. Dies ist wichtig, um aus unseren Ergebnisse Rückschlüsse auf die Einstellungen und
Meinungen der Gesamtbevölkerung ziehen zu
können und nicht nur auf die Gruppe der Befragungsteilnehmer. Dazu wählen wir die Befragten zufällig aus, denn die Zufallsauswahl
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 2: Vergleich Wahlentscheidungen der Befragten mit dem amtlichen Wahlergebnis
2013
Abbildung 3: Vergleich Wahlentscheidungen der Befragten mit dem amtlichen Wahlergebnis
2009
Wie bereits 2009 überschätzen wir in der Befragung 2013 den Anteil der Grünen-Wähler,
die Union ist dagegen um etwa drei Prozentpunkte unterrepräsentiert. Allerdings muss
berücksichtigt werden, dass die Befragung
bereits Anfang August begann, in dieser Zeit
können also noch kurzfristige Meinungsänderungen stattgefunden haben. Insbesondere
die Grünen haben während des Wahlkampfs
2013 vermutlich einige Wähler verloren. Aus
diesem Grund bewegen sich die Abweichungen in einen akzeptablen Rahmen.
3
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Trotz der hohen Spannung der diesjährigen
Bundestagswahl
und
den
beiden
Landtagswahlen in Hessen und Bayern
besaßen knapp 40 Prozent der Bevölkerung
keinerlei Interesse am Wahlkampf, 37 Prozent
zeigten etwas Interesse und nur eine
Minderheit von 24 Prozent war stark am
Bundestagswahlkampf interessiert (Abbildung
5).
4. Wahlkampf und Mediennutzung
Im Zusammenhang mit den Parteien und der
Bundestagswahl wird oft das Schlagwort
Politikverdrossenheit erwähnt. Wir haben die
Teilnehmer unserer Umfrage deshalb nach
ihrem allgemeinen politischen Interesse
befragt. Der Anteil derjenigen die sich stark
für Politik interessieren lag 2013 bei 23
Prozent,
weitere
43
Prozent
haben
wenigstens etwas politisches Interesse.
Keinerlei politisches Interesse hat etwa ein
Drittel der Bevölkerung (Abbildung 4).
Abbildung 5: Interesse am Wahlkampf 2013
Abbildung 4: Politisches Interesse 2013
Zusammenfassend zeigt sich, dass noch
immer eine Mehrheit der Bevölkerung
zumindest ein grundlegendes Interesse für
Politik besitzt. Ungefähr jeder Dritte
interessiert sich jedoch überhaupt nicht für
Politik, am Wahlkampf 2013 war sogar ein
noch größerer Anteil der Bevölkerung
desinteressiert. Das geringe Interesse an
Politik eines Teils der Bevölkerung ist ein
wesentlicher
Grund
für
die
niedrige
Wahlbeteiligung.
Demnach
ist
die
allgemeine
Politikverdrossenheit anscheinend nicht so weit
verbreitet wie manchmal angenommen.
Hauptgründe hierfür könnten die politisch sehr
brisanten Themen und Veränderungen der
letzten Jahre gewesen sein; die Verschärfung
der Euro- und Schuldenkrise, der erneute
Ausstieg aus der Atomkraft nach dem
Reaktorunglück in Fukushima oder auch die
demokratischen Revolutionen und Veränderungen in der arabischen Welt.
Wir wollten ebenfalls in Erfahrung bringen, ob
die Teilnehmer unserer Umfrage am Bundestagswahlkampf interessiert waren.
4
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 6: Wichtigste Informationsquelle 2013
Während
des
Wahlkampfs
gibt
es
verschiedene Möglichkeiten, sich über
politische Themen und Kandidaten zu
informieren. In unserer Befragung wollten wir
wissen, welche Informationsquellen die
Bürger am häufigsten nutzen.
viele Personen sich politisch über das Internet
informieren.
Abbildung 7: Nutzung des Internets für
politische Informationen 2013
Das Fernsehen stellt mit großem Abstand die
wichtigste Informationsquelle für die Bevölkerung dar. 70 Prozent der Befragten
gaben an, dass der Fernseher die wichtigste
Informationsquelle für politische Informationen
sei. An zweiter Stelle liegen mit 17 Prozent
Tages- oder Wochenzeitungen. Das Internet
wird als Informationsquelle für die Bevölkerung immer wichtiger, für 7 Prozent ist es
bereits sogar die wichtigste Informationsquelle. Das Radio bzw. persönliche Gespräche sind nur für jeweils 3 Prozent der
Bevölkerung wichtigste Informationsquelle
(Abbildung 6).
Hinweis: Angaben in Prozent
Für das Jahr 2013 zeigt sich in Abbildung 7,
dass ein Drittel der Wahlberechtigten das
Internet nie oder fast nie benutzt. Der Anteil
derjenigen, die das Internet nutzen, ohne sich
dabei politisch zu informieren, liegt bei 35
Prozent. Ein Drittel der Befragten gab an, das
Internet auch zu nutzen um sich politisch zu
informieren.
Aufgrund der steigenden Wichtigkeit des
Internets interessierte uns auch, wie die
deutsche Bevölkerung das Internet verwendet. So war für uns von Interesse zu
untersuchen, wie groß der Anteil der
Internetnutzer in der Bevölkerung ist und wie
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 8: Einzugswahrscheinlichkeit kleine Parteien 2013
Hinweis: Angaben in Prozent
Darin zeigt sich die stets wachsende
Bedeutung des Internets. Die Menschen
nutzen nicht nur vermehrt das Internet, ein
größerer Teil beginnt sich ebenfalls politisch
mithilfe des Internets zu informieren. Den
Wählern stehen im Internet dafür nicht nur die
Internetseiten der Tageszeitungen oder
Fernsehsender zur Verfügung, sondern auch
die Internetauftritte der Parteien selbst oder
spezielle Infor-mationsangebote wie der von
der Bundeszentrale für Politische Bildung
entwickelten "Wahl-O-Mat".
Für
die
Wahlentscheidung
kann
es
bedeutsam sein, die Einzugschancen der
kleineren Parteien in den Bundestag
einschätzen zu können. Hierbei wird die
Bevölkerung stark von den in den Medien
vertretenen Meinungen beeinflusst und die
tatsächlichen Ergebnisse können für viele
dann eine große Überraschung darstellen.
Von unseren Teilnehmern wollten wir daher
vor der Bundestagswahl wissen, von welchen
kleineren Parteien sie den Einzug in den
Bundestag erwarteten.
Die Ergebnisse aus Abbildung 8 zeigen, dass
über 80 Prozent der Befragten nicht erwartet
hatten, dass die FDP den Einzug in den Bundestag verpassen würde. So musste es für
viele eine große Überraschung gewesen sein,
als die FDP am Abend des 22. September
2013 an der Fünfprozenthürde scheiterte. Der
Linken trauten ebenfalls über vier Fünftel der
Befragten zu, dass sie den Einzug in den
Bundestag schaffen würde. Nur eine Minderheit traute dagegen der Piratenpartei (28 Prozent) und der AfD (22 Prozent) den Einzug in
den Bundestag zu. Diese Einschätzung entsprach dem in den Medien vermittelten Eindruck und die Mehrheit der Bevölkerung sollte
Recht behalten. Das knappe Scheitern der
AfD und die falsche Einschätzung der Chancen der FDP deuten aber darauf hin, dass
viele Wähler vom Wahlergebnis überrascht
waren und sich bei ihren Einschätzungen zu
sehr auf die Aussagen vermeintlicher Experten verlassen haben.
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 9: Zeitpunkt der Wahlscheidung
2009
2013
Hinweis: Angaben in Prozent
In den Medien wird während des Wahlkampfs
den Spätentscheidern große Aufmerksamkeit
gewidmet, denn es wird angenommen, dass
diese den Wahlausgang entscheidend beeinflussen können. Außerdem wird oft berichtet,
dass sich der Anteil der Spätentscheider in
den letzten Jahren deutlich erhöht habe. Fällt
die Wahlentscheidung tatsächlich immer später?
tet der Trend zu tendenziell späteren Entscheidungen, dass der Wahlkampf noch wichtiger wird, denn damit kann ein größerer Teil
der Wähler theoretisch noch umgestimmt
werden.
5. Die Spitzenpolitiker im Profil
Bei einer Bundestagswahl kommt es neben
den politischen Parteien an sich vor allem auf
ihr Personal an. Die Spitzenpolitiker sind die
Repräsentanten ihrer Parteien, ihre Handlungen werden mit der Leistung der Partei in
Verbindung gebracht und sie können durch ihr
Auftreten große Teile der Bevölkerung auf
ihre Seite ziehen oder gegen sich aufbringen.
Für unsere Befragungen ist es daher sehr
wichtig zu erfahren, wie die Bevölkerung das
Auftreten der Spitzenpolitiker, insbesondere
der Kanzlerkandidaten, bewertet.
Ein Vergleich zwischen den berichteten Zeitpunkten der Wahlentscheidungenzwischen
2009 und 2013 scheint das zu bestätigen
(Abbildung 9). Der Anteil derjenigen, die sich
schon seit langem oder seit Monaten festgelegt hatten, war bei der Bundestagswahl 2013
niedriger als 2009. Dementsprechend erhöhte
sich der Anteil derjenigen, die sich eher kurzfristig entschieden haben von 21 auf 30 Prozent. Allerdings stand in beiden Jahren für
knapp die Hälfte der Wähler ihre Wahlentscheidung schon lange fest.
Tendenziell entscheiden sich die Wähler
demnach tatsächlich immer später, es darf
aber nicht übersehen werden, dass noch immer viele Wähler lange vor der Wahl auf eine
Partei festgelegt sind. Für die Parteien bedeu7
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 10: Bewertung der wichtigsten Politiker 2013
Hinweis: Mittelwerte auf einer Skala von -5 bis +5
Zunächst betrachten wir die Beliebtheit der
wichtigsten Spitzenpolitiker. Abbildung 10
zeigt eindrucksvoll, dass die Bundeskanzlerin
Angela Merkel 2013 mit großem Abstand die
beliebteste Politikerin in Deutschland war. Ihr
folgten die beiden SPD-Politiker Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück mit einem Wert von
jeweils +0,3. Bereits der Politiker auf dem
vierten Platz, Gregor Gysi, wurde durchschnittlich mit einem negativen Wert von -0,3
bewertet, was zeigt, dass die Politiker in
Deutschland im Allgemeinen nicht besonders
positiv bewertet werden. Horst Seehofer folgte
auf Platz 5, danach kamen die beiden grünen
Politiker Jürgen Trittin und Claudia Roth auf
den Plätzen 6 und 7. Die Parteivorsitzende
der Linken, Katja Kipping, landete auf Platz 8
mit einem Wert von -0,8. Die beiden FDPSpitzenpolitiker Rainer Brüderle und Phillip
Rösler erhielten mit jeweils -1,1 und -2,2 sehr
negative Bewertungen und landeten auf den
letzten Rängen. Darin lässt sich ein möglicher
Grund für das schlechte Abschneiden der
FDP erkennen. Bei einer so schlechten Bewertung des Spitzenpersonals einer Partei ist
es kaum möglich, positiv in der Bevölkerung
wahrgenommen zu werden. Für den Großteil
der Bevölkerung „verkörpern“ die Spitzenpolitiker ihre Partei. Wenn die Spitzenpolitiker
extrem unbeliebt sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die Partei darunter leidet. Umgekehrt gilt aber auch, dass es Politiker von
Parteien, über die aktuell negativ berichtet
wird, besonders schwer haben als sympathisch wahrgenommen zu werden.
Die wichtigste Personalie während einer Bundestagswahl ist die Entscheidung, welcher
Politiker als Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin die künftige Regierung führen wird. Hierzu haben wir die Teilnehmer der Befragungen
2009 und 2013 gefragt, wen sie lieber als
Kanzler hätten, Frank-Walter Steinmeier oder
Angela Merkel im Jahr 2009 und Peer Steinbrück oder Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2013.
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 11: Kanzlerpräferenz 2009
Hinweis: Angaben in Prozent
Abbildung 12: Kanzlerpräferenz 2013
Hinweis: Angaben in Prozent
Wir ziehen die Ergebnisse für beide
Bundestagswahlen heran, um zu zeigen, dass
Angela Merkel bei beiden Bundestagswahlen
einen deutlichen Vorsprung vor ihrem
jeweiligen Herausforderer hatte (Abbildungen
11 und 12). Bei der Wahl 2009 bevorzugten
45 Prozent der Befragten Angela Merkel,
2013 sogar 48 Prozent. Peer Steinbrück kam
2013 mit 31 Prozent Zustimmung auf einen
besseren Wert als Frank-Walter Steinmeier
2009, lag aber dennoch deutlich hinter der
Kanzlerin. Der Anteil an Befragten ohne
Präferenz für einen der beiden Kandidaten
sank zwischen 2009 und 2013 von 29 auf 21
Prozent. Bei der Auswertung dieser
Ergebnisse stellt sich die Frage, ob die
Befragten,
welche
2009
mit
Merkel
sympatisierten auch 2013 Sympatien für
Merkel hegen würde. Um diese Frage zu
beantworten, können wir auf die Ergebnisse
aus der Wiederholungsbefragung zurückgreifen. In Abbildung 13 ist dargestellt, ob die
Befragten die Merkel bereits 2009 positiv
einschätzten,
dies
auch
bei
der
Bundestagswahl 2013 tun, oder ob sie ihre
Meinung geändert haben.
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 13: Veränderung der Bewertung von Angela Merkel zwischen 2009 und 2013
Hinweis: Angaben in Prozent
Über 80 Prozent derjenigen, die Merkel 2009
bereits positiv einschätzten, tun dies 2013
weiterhin. Nur 5 Prozent haben ihre Meinung
ins Negative verändert und bewerten Merkel
nun schlecht. Bei denen, die Merkel 2009
neutral einschätzten, entschied sich die
Mehrheit von 51 Prozent dafür, sie 2013
positiv zu bewerten, nur 22 Prozent schätzen
sie nun negativ ein. Von denjenigen, die
Merkel 2009 schlecht bewerteten, geben ihr
2013 immerhin 38 Prozent eine gute
Bewertung. Nur 37 Prozent der Befragten, die
Merkel 2009 negativ einschätzten, schätzen
sie 2013 immer noch negativ ein. Diese
Ergebnisse belegen deutlich, dass Merkel ihr
Ansehen in der Bevökerung noch einmal
steigern konnte und auch viele von sich
überzeugen konnte, die zuvor ein schlechtes
Bild von ihr hatten.
Vertrauenswürdigkeit,
Wirtschaftskompetenz.
Symapthie
und
Abbildung 14: Vergleich der Bewertung von
Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier
2009/Peer Steinbrück 2013
Aus Abbildung 14 geht hervor, dass Angela
Merkel bei fast allen Eigenschaften einen
besseren Wert gegenüber ihren beiden Herausforderern erzielte. Eine positive Prozentangabe bedeutet hierbei, dass die Bundeskanzlerin im Durchschnitt bei dieser Eigenschaft besser eingeschätzt wurde als ihr jeweiliger Herausforderer. So betrug ihr Vor-
Die Gesamtbewertung der Kanzlerkandidaten
wird von mehreren Eigenschaften der
Kandidaten beeinflusst. Wir haben die
Befragten sowohl 2009 als auch 2013 darum
gebeten, die Kanzlerkandidaten in verschiedenen Bereichen zu bewerten, darunter
10
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
sprung bei Vertrauenswürdigkeit gegenüber
Frank-Walter Steinmeier 9 Prozentpunkte,
gegenüber Peer Steinbrück sogar 14 Prozentpunkte. Ihre Herausforderer konnten jeweils in unterschiedlichen Bereichen punkten.
Steinmeier wurde 2009 als ähnlich sympathisch bewertet wie Merkel, Steinbrück hielten
die Befragten 2013 für genauso wirtschaftskompetent wie Merkel. Bei Betrachtung aller
Eigenschaften zusammen schnitt Merkel aber
gegen beide Herausforderer deutlich besser
ab.
genüber Steinbrück. Ebenfalls interessant ist,
dass fast 30 Prozent der Befragten ausschließlich positive Gefühle zu Angela Merkel
besitzen, aber nur 18 Prozent der Befragten
ausschließlich positive Gefühle gegenüber
Peer Steinbrück. Diese Werte zeigen, dass
sich viele Wähler durchaus differenziert mit
den Kandidaten auseinandersetzen und bei
ihren Einstellungen viele Informationen berücksichtigen.
6. Die schwarz-gelbe Koalition 20092013: die „erfolgreichste Regierung
seit der Wiedervereinigung“?
Zum Schluss des Abschnitts über die Kanzlerkandidaten möchten wir uns mit dem psychologischen Phänomen beschäftigen, dass
man zugleich positive und auch negative Gefühle gegenüber einer Person haben kann. In
unserer Befragung für die Bundestagswahl
2013 wollten wir wissen, ob die Befragten
zugleich positive und negative Gefühle gegenüber den beiden Kanzlerkandidaten besitzen, oder ob sie zu beiden ausschließlich positive oder ausschließlich negative Gefühle
besitzen.
Ein weiterer Faktor in der Entscheidungsfindung der Wähler sind die Leistungen der Parteien in der vorherigen Legislaturperiode.
Wenn die Leistung der jeweiligen Partei in
den letzten vier Jahren als positiv wahrgenommen wird, ist es für eine Regierungspartei
wahrscheinlicher, dass sie wiedergewählt wird
und für eine Oppositionspartei wahrscheinlicher ein Teil der zukünftigen Regierung sein
zu können.
Im Jahr 2012 bezeichnete Kanzlerin Merkel
die schwarz-gelbe Koalition als die „erfolgreichste Regierung seit der Wiedervereinigung“ und wurde dafür in den Medien kritisiert, war die Koalitionsarbeit doch oftmals
von internen Streitigkeiten, insbesondere zwischen der CSU und der FDP, geprägt. In unserer Querschnittsbefragung 2013 wollten wir
in Erfahrung bringen, was die Bevölkerung
tatsächlich über die Leistungen der Regierung
und der Opposition dachte. War die damalige
Regierung für die Bevölkerung trotz allem die
„erfolgreichste Regierung seit der Wiedervereinigung“? Hierfür betrachten wir zunächst die
Veränderung der allgemeinen Bewertung der
Parteien zwischen 2009 und 2013. Eine
schlechte Leistung der Parteien in den letzten
vier Jahren sollte sich in einer schlechteren
Gesamtbewertung der Parteien widerspiegeln.
Abbildung 15: Ambivalenz gegenüber Merkel
und Steinbrück
Hinweis: Angaben in Prozent
Unseren Ergebnissen nach hat eine Mehrheit
der Bevölkerung sowohl positive als auch
negative Gefühle gegenüber Angela Merkel
und Peer Steinbrück (Abbildung 15). So besitzen 58 Prozent der Befragten gemischte Gefühle gegenüber Merkel und 66 Prozent ge-
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 16: Veränderung der Bewertung der Parteien zwischen 2009 und 2013
Hinweis: Veränderung auf einer Skala von -5 bis +5
Aus den dargestellten Änderungen in den
durchschnittlichen Sympathie-Einstufungen in
Abbildung 16 wird ersichtlich, dass vor allem
die CDU und die SPD sich verbessern konnten. Die Werte für beide Parteien stiegen um
0,8 beziehungsweise 1,1 Punkte. Auch die
Bewertungen für die CSU, Bündnis 90/Die
Grünen und Die Linke zeigen einen positiven
Trend, der aber für alle drei Parteien etwas
niedriger ausfällt. Die FDP hingegen verlor
deutlich an Ansehen in der Bevölkerung, ihr
durchschnittlicher Sympathiewert sank im
Vergleich zu 2009 um 1,1 Punkte.
Die Leistung der einzelnen Regierungsparteien der Koalition aus CDU/CSU und FDP wurde von den Wählern sehr unterschiedlich
wahrgenommen (Abbildung 17). Lediglich die
Leistung der CDU in der Regierung wird im
Durchschnitt mit einem positiven Wert eingestuft. Die Leistungen der CSU und insbesondere die der FDP wurden mit Mittelwerten von
-0,1 bzw. -1,3 deutlich schlechter bewertet.
Hier zeigt sich ein weiterer Puzzlestein für die
Antwort auf die Frage, weshalb die FDP bei
der Bundestagswahl 2013 ein so schlechtes
Ergebnis einfuhr. Für die Probleme der
schwarz-gelben Koalition wurden in erster
Linie die Liberalen verantwortlich gemacht,
mit den Leistungen der CDU waren dagegen
viele Bürger zufrieden.
Abbildung 17: Leistung der Regierungsparteien 2013
Hinweis: Mittelwerte auf einer Skala zwischen -5
und +5
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 18: Leistung der Oppositionsparteien 2013
7. Die Zukunft wird bunt - neue Farbenspiele im Koalitionspoker?
Die Wähler können mit der für die Sitzverteilung im Bundestag entscheidenden Zweitstimme nur eine Partei wählen, die Bundesregierung bestand bisher aber immer aus einer
Koalition aus mehreren Parteien. Außerdem
ist die Koalitionsbildung in den letzten Jahren
komplizierter geworden. Lange Zeit waren
Koalition aus einer großen und einer kleinen
Partei wie Union und FDP oder SPD und
Grünen die Regel.
Hinweis: Mittelwerte auf einer Skala zwischen -5
und +5
Bei den Wahlen 2005 und 2013 erzielte jedoch keines dieser Bündnisse eine Mehrheit
der Wählerstimmen, es kam jeweils zur Bildung einer Großen Koalition. Nach beiden
Wahlen wurden aber auch andere Koalitionen
diskutiert, etwa eine rot-rot-grüne oder eine
schwarz-grüne Koalition. Deshalb ist es interessant zu erfahren, welche Koalitionen bei
den Wählern am beliebtesten sind.
Bei den Oppositionsparteien der Legislaturperiode zwischen 2009 und 2013 wurde die
Leistung der SPD von der Gesamtbevölkerung mit einem Wert von +0,3 am
besten eingeschätzt. Die Grünen und Die
Linke erhielten beide schlechtere Wert, wobei
der Wert der Grünen von -0,2 noch besser als
der Wert der Linken von -0,9 war (Abbildung
18).
Mit CDU und SPD konnten bei der Wahl 2013
demnach genau die Parteien Stimmen
hinzugewinnen, die sich in den vier Jahren
zuvor nach Meinung der Wähler durch die
insgesamt besten Leistungen in Regierung
bzw. Opposition auszeichnen konnten.
Abbildung 19: Beliebtheit verschiedener Koalitionen 2013
Hinweis: Mittelwerte auf einer Skala zwischen -5 und +5
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Geht man nach dem Mittelwert über alle Befragten auf einer Skala von -5 bis +5, so
kommt die Große Koalition aus Union und
SPD noch auf den besten Wert. Auch sie
kommt aber mit durchschnittlich +0,2 nur
knapp in den positiven Bereich. Ihr folgt die
rot-grüne Koalition an zweiter Stelle, gefolgt
von einer schwarz-gelben Koalition. Auf den
letzten drei Plätzen folgen mit einem Abstand
von knapp einem Punkt die drei „neuen“ Koalitionsmöglichkeiten, die rot-rot-grüne Koalition, Schwarz-Grün und die sogenannte Ampelkoalition zwischen SPD, FDP und Bündnis
90/Die Grünen (Abbildung 19). Hieraus lässt
sich entnehmen, dass die klassischen Regierungskoalitionen für die Bevölkerung die drei
beliebtesten Koalitionsmöglichkeiten sind.
Allerdings wird die Große Koalition eher akzeptiert als geliebt. Das zeigt ein genauerer
Blick auf die Verteilung der Bewertung der
einzelnen Koalitionen (Abbildung 20). Nur 31
Prozent der Befragten finden die Große Koalition gut, aber 34 Prozent Rot-Grün und 32
Prozent Schwarz-Gelb. Der Unterschied zwischen den drei Koalitionen ist, dass lediglich
22 Prozent die Große Koalition ablehnen,
während sowohl Rot-Grün (31 Prozent) als
auch Schwarz-Gelb (41 Prozent) stärker polarisieren und auf größere Ablehnung stoßen.
Die Große Koalition ist für die Mehrheit der
Bevölkerung zwar nicht die bevorzugte Regierung, aber von allen Koalitionen hat sie die
wenigsten entschiedenen Gegner. Die drei
„neuen“ Koalitionsmöglichkeiten hingegen
stoßen in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. So hält jeweils etwa die Hälfte diese
Koalitionen für schlecht und maximal ein Viertel der Befragten für gut.
Die relative Beliebtheit der Großen Koalition
mag überraschen, ist aber leicht zu erklären.
Die Wähler mögen in der Regel Koalitionen
lieber, an denen ihre bevorzugte Partei beteiligt ist. Von allen Koalitionen ist die Große
Koalition diejenige, bei der die bevorzugte
Partei der meisten Wähler beteiligt ist, denn
Union und SPD bekommen bei Bundestagswahlen normalerweise die meisten Stimmen.
Abbildung 20: Bewertung der verschiedenen Koalitionen 2013
Hinweis: Angaben in Prozent
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
8. „Was denken Sie eigentlich über…?“
Politische Einstellungen zu Sachthemen in der Bevölkerung
In unserer Befragung haben wir daher Fragen
zu der Notwendigkeit einer Verringerung der
Einkommensunterschiede in der Gesellschaft,
Volksentscheiden auf Bundesebene, der kulturellen Anpassung von Einwanderern in
Deutschland, der Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten, der finanziellen Hilfe
für die EU-Krisenländer, der übergangsweisen
Beibehaltung der Atomkraft, sowie der
Staatseingriffe in die Wirtschaft gestellt. Des
Weiteren wollten wir wissen, ob es den Parteien nur um die Wählerstimmen geht, die
globalen Probleme zu komplex für die Politik
geworden sind und Wählen eine Bürgerpflicht
sei.
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Umfragen sind Fragen zu den aktuellen politischen
Konfliktthemen in Deutschland und den Einstellungen der Bürger zum politischen Geschehen im Allgemeinen. Anhand der Ergebnisse aus diesen Fragen können wir ermitteln,
ob die politischen Parteien aus Sicht der Wähler tatsächlich Antworten auf die drängendsten Fragen haben und ob sich die Einstellungen der Bevölkerung mit den Vorstellungen
der politischen Parteien decken. Politische
Parteien werden oftmals abgestraft, wenn sie
dauerhaft gesellschaftliche Probleme nicht
lösen können und sich dadurch ein großer
Teil der Bevölkerung ungehört oder missverstanden fühlt. Eine solche Situation begünstigt
das Auftreten von populistischen Parteien, die
vermeintlich einfache Antworten auf diese
Probleme liefern und die Wähler dadurch auf
ihre Seite ziehen wollen, meistens zum Schaden des politischen Systems und der Gesellschaft.
Abbildung 21: Meinungen zu verschiedenen Sachthemen 2013
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Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Die größte Zustimmung mit 80 Prozent der
Befragten erhielt die Aussage, dass die Einkommensunterschiede in der Gesellschaft
verringert werden sollten. Somit spricht sich
ein überwältigender Teil der Gesellschaft dafür aus, Maßnahmen zu ergreifen, um die
vielzitierte Schere zwischen Arm und Reich zu
verringern. Wie in den ersten Monaten der
neuen Legislaturperiode zu sehen, reagierte
die Bundesregierung durch die Planung eines
allgemeinen Mindestlohns mit ersten Schritten
zur Reduzierung der gravierenden Einkommensungerechtigkeiten.
quote in Aufsichtsräten und spiegeln damit
recht gut die Verhältnisse im deutschen Bundestag wider, in welchem sich jeweils knapp
die Hälfte der Abgeordneten (SPD, Grüne und
Die Linke) für die Frauenquote aussprechen
und die andere Hälfte (CDU, CSU) dagegen.
Die finanzielle Hilfe für die EU-Krisenländer ist
nur für ein Viertel der Befragten in Ordnung
und zeigt damit, dass ein Großteil der Bevölkerung mit der derzeitigen Krisenpolitik der
Bundesregierung nicht einverstanden ist.
Drei Viertel der Bevölkerung fordern die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. Dies wird von vielen Parteien zwar
ebenfalls in ihren Parteiprogrammen gefordert, scheint aber aufgrund der ablehnenden
Haltung der Union mittelfristig nicht umsetzbar.
Im Thema Atomkraft zeigt sich eine Übereinstimmung zwischen der Umsetzung der politischen Parteien und den Vorstellungen der
Bevölkerung. Über 70 Prozent lehnen die
Beibehaltung der Atomkraft ab und zeigen der
Bundesregierung damit, dass die Entscheidung aus der Atomkraft auszusteigen, die
Unterstützung großer Teile der Bevölkerung
genießt.
Bei dem emotional sehr aufgeladenen Thema
der Einwanderung nach Deutschland gaben
zwei Drittel der Befragten an, dass Sie eine
kulturelle Anpassung der Einwanderer in
Deutschland fordern. Die Hälfte der Befragten
befürworteten die Einführung einer Frauen-
Auf die Frage hin, ob die Politik in die Wirtschaft eingreifen soll, befürworten dies nur
knapp 20 Prozent der Befragten. Dies zeigt,
dass sich die Bevölkerung eine von staatlichen Maßnahmen wie Subventionen weitgehend befreite Wirtschaft wünschen.
Abbildung 22: Einstellungen zur Politik im Allgemeinen 2013
16
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Bei den Fragen zu allgemeinen Einstellungen
zur Politik konnten wir feststellen, dass knapp
die Hälfe der Bevölkerung davon ausgeht,
dass sich die Parteien nicht wirklich um die
politischen Ansichten der Bevölkerung kümmern, sondern nur ihre Wählerstimmen haben
möchten. 16 Prozent glauben das nicht und
die restlichen 34 Prozent besitzen hierzu keine eindeutige Meinung.
licherweise von extremen Parteien ausgenutzt
werden könnte.
9. Politisches Wissen in der Bevölkerung
Für das Funktionieren eines demokratischen
politischen Systems ist es wichtig, dass die
Bevölkerung grundlegendes Wissen über politische Fragen besitzt. Nur durch ein Mindestmaß an politischem Wissen sind die Wähler in
der Lage, informierte Entscheidungen zu treffen und das politische System zu verstehen.
Gleichzeitig wird in vielen demokratischen
Ländern immer wieder festgestellt, dass die
meisten Bürger erschreckend wenig über Politik wissen. Anhand einiger Fragen zu politischen Regeln, Alltagswissen und Persönlichkeiten wollten wir in unserer Befragung ermitteln, wie es um das politische Wissen in
Deutschland bestellt ist.
In Bezug auf die Möglichkeit der Politik die
komplexen Probleme Deutschlands innerhalb
der modernen Welt zu lösen, zeigt sich ein
gespaltenes Bild (Abbildung 22). Während 31
Prozent der Politik nicht zutrauen, Lösungen
zu finden, glauben 38 Prozent daran, dass die
Politiker auch im 21. Jahrhundert in der Lage
sind, zum Wohle der Allgemeinheit beizutragen.
Auf die Frage, ob es für die Bevölkerung Bürgerpflicht ist, sich an Wahlen zu beteiligen,
befürwortet dies eine überwältigende Mehrheit. Dies zeigt, dass die Demokratie in
Deutschland auf soliden Beinen steht. Gleichsam stehen viele Menschen den politischen
Parteien inzwischen eher skeptisch gegenüber. Dies ist insofern eine beunruhigende
Entwicklung, da diese Unzufriedenheit mög-
Abbildung 23: Politisches Wissen 2013
17
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Aus Abbildung 24 lässt sich entnehmen, dass
die Bevölkerung im Großen und Ganzen über
ein passables politisches Wissen verfügt. So
ist es nahezu allen bekannt, dass die zweitstärkste Partei bei der Bundestagswahl die
SPD war und der derzeitige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble heißt. Abgesehen
von diesem politischen Alltagswissen ist jedoch auch sichtbar, dass andere Aspekte wie
die grundlegenden Regeln des deutschen
Wahlsystems weniger bekannt sind. Über die
Fünfprozenthürde und die Wichtigkeit der
Zweitstimme bei der Wahlentscheidung sind
nur knapp 70 bzw. 60 Prozent informiert. Die
Ausgestaltung des Wahlrechts bei Bundestagswahlen scheint für viele Bürger zu komplex zu sein. Politisches Expertenwissen, wie
der Name des UN Generalsekretärs (Ban KiMoon) und die ungefähre Arbeitslosenquote
zum Zeitpunkt der Befragung (knapp über 6
Prozent) sind nur einer Minderheit der Bevölkerung bekannt. Folglich zeigen die Ergebnisse, dass ein großer Teil der Bevölkerung lediglich über ein eingeschränktes politisches
Wissen verfügt.
Wir haben die Befragten außerdem gefragt,
ob sie die in ihrem Wahlkreis antretenden
Direktkandidaten der Parteien kennen (Abbildung 24). Am bekanntesten sind die lokalen
Kandidaten der Union und der SPD, die immerhin jeweils knapp über 40 Prozent der
Bürger kennen. Die Kandidaten der kleinen
Parteien sind dagegen nur einer Minderheit
der Bürger bekannt. Diese Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien resultieren voraussichtlich daher, dass die Kandidaten der
Union und der SPD in den meisten Wahlkreisen die größten Chancen haben, das Direktmandat zu gewinnen.
Abbildung 24: Kenntnis der Wahlkreiskandidaten 2013
18
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Abbildung 26: Wichtigkeit der Gerechtigkeit in
der Gesellschaft 2013
10. Eine Frage der Gerechtigkeit
Ein sehr wichtiges gesellschaftliches Thema
ist die Gerechtigkeit und ihre Entwicklung in
den letzten Jahren. Manche Menschen haben
den Eindruck, dass die Gesellschaft durch die
Entwicklungen in den letzten Jahren ungerechter geworden ist. Mit Hilfe unserer Befragungen wollten wir in Erfahrung bringen, ob
diese Einschätzung nur von einer Minderheit
geteilt wird, oder ob weite Teile der Gesellschaft davon ausgehen, dass unsere Gesellschaft heutzutage ungerecht ist.
Die
Wahrnehmung
einer
ungerechter
werdenen Gesellschaft ist deshalb so
bedeutsam,
weil
fast
der
gesamten
Bevölkerung die Gerechtigkeit in der
Gesellschaft ein sehr wichtiges Anliegen ist
(Abbildung 26). Unsere Befragung zeigt
deshalb, dass aus Sicht der Bürger für die
Parteien dringender Handlungsbedarf besteht,
für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft
zu sorgen.
Abbildung 25: Entwicklung der Gerechtigkeit
in der Gesellschaft 2013
11. Der Einfluss der Wirtschaftskrise
auf die Bevölkerung
Die Wahrnehmung zunehmender Ungerechtigkeit in der Gesellschaft könnte mit den Folgen der Wirtschafts- und Eurokrise zusammenhängen. In unseren Befragungen seit der
Bundestagswahl 2009 beziehen wir deshalb
stets Fragen zum Einfluss der Wirtschaftskrise auf die persönliche und allgemeine wirtschaftliche Situation, sowie Fragen zur Angst
vor der Wirtschaftskrise in unsere Fragebögen
ein.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass fast 60 Prozent der Bevölkerung davon ausgehen, dass
unsere Gesellschaft in letzter Zeit ungerechter
geworden ist, nur 10 Prozent glauben, dass
sie gerechter geworden ist (Abbildung 25).
Diese klare Mehrheit gibt uns ein Indiz darauf,
dass die Menschen Veränderungen in der
Gesellschaft wahrnehmen. Ungerechtigkeiten
in einer Gesellschaft haben schwerwiegende
Folgen und können sich u.a. in einem steigenden Nicht- oder Protestwähleranteil oder
in anderen Formen des politischen Protests
äußern.
Abbildung 27: Eigene wirtschaftliche Lage
2013
19
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Im Vergleich der Einschätzung der eigenen
wirtschaftlichen Lage zwischen 2009 und
2013 zeigt sich in Abbildung 27, dass im Jahr
2009 die Bevölkerung tendenziell ein wenig
pessimistischer auf ihre wirtschaftliche Situation blickte. In diesem Jahr entwickelte sich
die Bankenkrise zu einer Wirtschaftskrise mit
gravierenden Folgen für die europäischen und
amerikanischen Volkswirtschaften. So erklärten im Jahr 2009 nur 40 Prozent der Befragten, dass sie ihre eigene wirtschaftliche Lage
als positiv einschätzen würden, 22 Prozent
schätzten sie als schlecht ein. Im Jahr 2013
hingegen sahen immerhin 50 Prozent der
Befragten ihre wirtschaftliche Situation positiv
und nur 12 Prozent empfanden sie als
schlecht. Dies zeigt, dass im Jahr 2013 die
Wirtschaftskrise in Deutschland für die eigene
wirtschaftliche Lage einen geringen Einfluss
hat, die Menschen betrachten ihre Situation
derzeit positiver als noch vor einigen Jahren.
Abbildung 28: Allgemeine wirtschaftliche Lage
2013
Im Jahr 2013 hat sich dieses Bild grundlegend
gewandelt. Nunmehr gehen fast 50 Prozent
davon aus, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland gut ist und
gerade einmal 10 Prozent glauben, dass die
wirtschaftliche Lage schlecht ist (Abbildung
28). Dies zeigt, dass der Einfluss der
Wirtschaftskrise auf die allgemeine wirtschaftliche Lage aus Sicht der Bürger viel
gravierender als auf die eigene wirtschaftliche
Lage war. Im Jahr 2013 schien die Krise aus
Sicht der Bevölkerung jedoch überwunden zu
sein.
Für die Entwicklung der allgemeinen
wirtschaftlichen Lage zwischen 2009 und
2013 zeigt sich, dass die Einschätzung der
wirtschaftlichen Lage 2009 sehr schlecht war,
über 50 Prozent der Befragten hielten die
allgemeine wirtschaftliche Lage damals für
schlecht.
Abbildung 29: Angst vor der Wirtschaftskrise zwischen 2009 und 2013
Hinweis: Angaben in Prozent
20
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Die Erfahrungen der letzten Jahren könnten
jedoch dazu beigetragen haben, dass die
Angst vor einer neuerlichen Krise größer
geworden ist. Um dies zu untersuchen, sind in
Abbildung 29 die Antworten aus der
Wiederholungsbefragung aus 2009 und 2013
auf die Frage nach der Angst vor der
Wirtschaftskrise dargestellt.
12. Langfristige Änderungen der politischen Einstellungen
Für die Wahlforschung ist die Untersuchung
langfristiger Änderungen in den politischen
Verhaltensweisen und Einstellungen der
Wähler ein zentrales Anliegen. Mit den Daten
aus der Wiederholungsbefragung zu den
Wahlen 2009 und 2013 können wir
nachvollziehen, wie sich zwei zentrale
politische Einstellungen in dieser Zeit
verändert haben: die langfristigen psychologischen Bindungen an die Parteien und die
die zugeschriebenen Lösungskompetenzen
der politischen Parteien für die wichtigsten
politischen Probleme.
Zwei Drittel derjenigen, die bereits 2009 Angst
vor der Wirtschaftskrise hatten, gaben 2013
dieselbe Antwort. Nur eine Minderheit von 16
% hat keine Angst mehr vor der Wirtschaftskrise. Fast die Hälfte derjenigen, die 2009
noch keine konkrete Meinung zu ihrer Angst
bezüglich der Wirtschaftskrise hatten, hatten
2013 nunmehr Angst vor der Wirtschaftskrise.
In Tabelle 1 sind die Angaben der Befragten
in der Wiederholungsbefragung 2009 und
2013 gegenübergestellt. Durch die Kreuztabelle wollen wir zeigen, wie sich die
Parteiidentifikationen der Befragten verändert
haben. Die Angaben in der Tabelle sind der
prozentuale Anteil der Übereinstimmung
zwischen den Angaben aus 2009 und 2013.
Die hervorgehobene Diagonale zeigt den
Anteil
der
Übereinstimmung
zwischen
denselben Parteien in den Jahren 2009 und
2013. Beispielsweise gaben 77,8 Prozent
derjenigen, die sich 2009 mit der CDU/CSU
identifizierten, 2013 ebenfalls an sich mit der
CDU/CSU identifizieren. Diese "Haltequote"
ist der höchste Wert über alle Parteien und
ein Grund für das gute Ergebnis der Union
2013.
Selbst unter denjenigen die 2009 angaben,
keine Angst vor der Wirtschaftskrise zu haben, gaben 2013 immerhin 44 Prozent an,
Angst vor der Wirtschaftskrise zu haben. Diese Ergebnisse zeigen klar, dass zwar die Bevölkerung davon ausgeht, dass die Wirtschaftskrise im Jahr 2013 in Deutschland derzeit überwunden ist, die Angst vor der Krise
bleibt jedoch in den Köpfen der Menschen
und es scheint sogar, dass diese Angst zugenommen hat.
Tabelle 1: Parteiidentifikation 2009-2013
2009
CDU/CSU
SPD
FDP
Grüne
Linke
keine Partei
CDU/CSU
77,8
11,5
36,4
4,4
12,9
26,9
SPD
9,4
68,4
7,6
18,9
16,1
22,7
FDP
0,3
0,8
25,8
0,0
0,0
1,3
Grüne
1,3
6,7
6,1
52,2
1,6
5,5
Linke
1,9
3,2
7,6
3,3
57,3
10,5
keine Partei
9,4
9,5
16,7
21,1
12,1
33,2
Gesamt
100
100
100
100
100
100
2013
Hinweis: Angaben in Prozent
21
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Bei denjenigen, die sich 2009 mit der SPD
identifizierten, hatten 68,4 Prozent 2013
dieselbe Einstellung. Für die kleinen Parteien
ist hingegen ein stärkerer Wechsel zu
erkennen. Insbesondere bei der FDP zeigt
sich, dass nur noch ein Viertel ihrer Anhänger
aus 2009 sich 2013 immer noch mit dieser
Partei identifizeren. Die Niederlage der
Liberalen scheint also nicht nur kurzfristige
Gründe zu haben, sondern die FDP scheint
langfristig das Vertrauen vieler ehemaliger
Anhänger verloren zu haben.
Tabelle 2 geht hervor, dass sich die wahrgenommene Lösungskompetenz der politischen
Parteien zwischen 2009 und 2013 erheblich
verändert hat. Lediglich für die CDU/CSU
bleibt eine Mehrheit der Befragten der Meinung, dass diese Parteien am besten in der
Lage sind die drängendsten Probleme zu beheben. Bei der SPD sind im Vergleich zu
2009 vier Jahre später nur noch knapp 45
Prozent dieser Meinung. Der FDP wird nur
noch von drei Prozent derjenigen, die sie
2009 noch als kompetenteste Partei wahrnahmen, weiterhin die Problemlösungskompetenz zugeschrieben; mehr als die Hälfte
von ihnen glauben nun die CDU/CSU wäre
dazu in der Lage. Bei Bündnis 90/Die Grünen
und der Linken sind nur noch ein Drittel derjenigen, die 2009 ihnen die Problemlösungskompetenz zuschrieben, weiterhin dieser
Meinung.
Der Tabelle lässt sich außerdem entnehmen,
dass über 35 Prozent derjenigen, die sich
2009 mit der FDP identifizierten, sich 2013 als
Anhänger der CDU/CSU bezeichneten. Bei
denjenigen, die sich mit Bündnis 90/Die
Grünen oder der Linke identifizieren, sind
jeweils knapp über 50 Prozent in ihren
Einstellungen konstant geblieben. Zudem gibt
es immer Befragte, die sich mit keiner der
Parteien identifizieren können. Bei diesen
Personen blieben nur knapp 33 Prozent bei
ihrer Meinung. Etwa zwei Drittel dieser
Befragten fanden eine politische Heimat, allen
voran in der CDU/CSU und der SPD. Die
beiden großen Parteien hatten zwischen 2009
und 2013 folglich nicht nur die treuesten
Anhänger, sondern konnte auch die meisten
neuen "psychologischen Parteimitglieder"
hinzugewinnen. Neben den langfristigen Bindungen ist auch das Vertrauen der Wähler in
die Problem-lösungskompetenz der Parteien
entscheidend für deren Wahlergebnisse. Aus
Von denjenigen, die 2009 davon ausgingen,
dass alle Parteien dieselbe Lösungskompetenz haben, entschieden sich nun knapp 60
Prozent dafür, einer der beiden großen Parteien diese zuzuschreiben. Bei denjenigen,
die keiner Partei eine Lösungskompetenz
zusprachen, gehen weiterhin ein Drittel davon
aus, dass keine Partei in der Lage ist die heutigen Probleme zu lösen, jeweils knapp 30
Prozent vertrauen hier der CDU/CSU beziehungsweise der SPD.
Tabelle 2: Lösungskompetenz der Parteien für die wichtigsten politischen Probleme 2009-2013
2009
CDU/CSU
SPD
FDP
Grüne
Linke
alle gleich keine Partei
2013
61,4
CDU/CSU
17,7
52,3
12,3
19,1
36,6
30,3
45,6
SPD
17,6
13,9
29,8
21,9
24,4
24,6
3,1
FDP
0,3
0,6
1,8
1,0
0,0
0,0
33,3
Grüne
2,4
8,9
4,6
2,9
7,3
2,9
33,3
Linke
5,8
12,0
13,9
8,8
14,6
11,4
0,0
alle gleich
0,6
1,3
0,0
1,8
1,9
1,7
29,1
keine Partei
11,9
13,9
12,3
12,3
20,0
17,1
Gesamt
100
100
100
100
100
100
100
Hinweis: Angaben in Prozent
22
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Dies zeigt, dass diejenigen, die 2009 bereits den großen Parteien Lösungskompetenz zutrauten, dies 2013 ebenfalls noch
in großem Umfang tun, zusätzlich entscheiden sich auch viele, die 2009 noch
nicht dieser Meinung waren, dass die beiden großen Parteien in der Lage sind
drängende Probleme zu lösen.
Untersuchung der Querschnittsbefragungen zu den einzelnen Wahlen wäre hier
nicht möglich, da jeweils andere zufällig
ausgewählte Personen befragt werden.
Für eine langfristige Untersuchung von
Wählern müssen diese selbstverständlich
auch langfristig befragt werden, um die
jeweiligen Ergebnisse miteinander vergleichen zu können.
13. Das langfristige Wahlverhalten –
die Wechselwähler
Die langfristige Wiederholungsbefragung
zwischen 2005 und 2013 hat ergeben,
dass sich 37 Prozent der Befragten bei
allen drei Bundestagswahlen in diesem
Zeitraum (2005, 2009 und 2013) für dieselbe Partei entschieden haben (Abbildung 30). Diese Stammwähler stellen zwar
nicht die Mehrheit der Befragten, aber die
größte Wählergruppe. Die zweitgrößte
Gruppe mit 30 Prozent stellen die Wähler
dar, die zwar einmal die Partei gewechselt
haben, dabei jedoch innerhalb der Grenzen ihres politischen Lagers verblieben
sind, wobei wir CDU/CSU und FDP als
bürgerliches und SPD, Grüne und Linke
als linkes Lager betrachten. Jeder zehnte
Befragte wählte bei jeder der drei Bundestagswahlen eine andere Partei. Diese
klassischen Wechselwähler besitzen oftmals keine langfristige psychologische
Bindung an eine Partei.
Neben der Betrachtung von Wahlverhalten
bei einzelnen Bundestagswahlen besteht
ein wesentliches Ziel der Deutschen
Wahlstudie darin, das Verhalten und die
Einstellungen der Wähler über einen längeren Zeitraum zu untersuchen. Dadurch
kann z.B. festgestellt werden, wie viele
Wähler immer dieselbe Partei wählen, wie
viele Wechselwähler es gibt und zwischen
welchen Parteien diese besonders häufig
wechseln. Auf diese Weise kann auch
analysiert werden, warum Wähler die Partei wechseln und wie viele Wähler im
Wahlkampf überhaupt beeinflussbar sind,
weil sie nicht von Vorneherein auf eine
Partei festgelegt sind.
Für diesen Zweck können wir die Ergebnisse der Wiederholungsbefragung zwischen 2005 und 2013 auswerten. Eine
Abbildung 30: Wählertypen 2013
23
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Ebenfalls 10 Prozent wechselten zwar nicht
die Partei, gingen dabei aber ein oder zwei
Mal nicht zur Wahl. Die restlichen 12 Prozent
der Befragten wechselten entweder bei den
Wahlen zwischen den Lagern, entschieden
sich zwischen verschiedenen Partei oder einer kompletten Nichtwahl oder gehen grundsätzlich nicht zur Wahl. Einschränkend muss
jedoch erwähnt werden, dass Personen die
sich grundsätzlich nicht an Wahlen beteiligen
auch seltener bereit sind an politischen Umfragen teilzunehmen – noch dazu mehrmals
und über einen so langen Zeitraum. Der Anteil
dauerhafter Nichtwähler ist deshalb in Wirklichkeit höher als das eine Prozent in unserer
Befragung. Die Wechselwahl zwischen den
Wahlen 2009 und 2013 haben wir noch genauer unter die Lupe genommen, dabei ergaben sich ein paar erstaunliche Ergebnisse.
oder die Linke. Die FDP verlor zwischen 2009
und 2013 über 85 Prozent ihrer Wähler, fast
die Hälfte von ihnen wechselte zur Union,
aber ein großer Teil entschied sich auch für
einen Wechsel zwischen den Lagern oder
blieb 2013 der Wahl fern. Bei Bündnis 90/Die
Grünen blieben knapp 75 Prozent entweder
der Partei oder wenigstens dem politischen
Lager treu, 17 Prozent entschieden sich für
die Union oder die FDP und lediglich 7 Prozent wurden Nichtwähler. Die Wähler der Linken blieben zu 70 Prozent bei der Partei oder
dem Lager, erstaunlicherweise wechselten
knapp 13 Prozent zu der Union oder der FDP
und 15 Prozent entschieden sich dafür, bei
der Wahl zu Hause zu bleiben. Hieraus zeigt
sich vor allem, dass die beiden großen Parteien zwischen 2009 und 2013 einen großen
Anteil an sehr treuen Wählern besitzen und
die FDP extrem viele Wähler an die Union
verloren hat. Das war ein Hauptgrund für das
Scheitern der FDP an der Fünfprozenthürde,
zumal die Liberalen gleichzeitig kaum Wähler
von der Union abwerben konnten. Wie oben
bereits dargestellt, entscheidet sich ein Großteil der Wählerschaft über mehrere Wahlen
hinweg für dieselbe Partei. Anhand der Wiederholungsbefragungen können wir untersuchen, welche Faktoren vorliegen müssen,
damit Wähler sich zu einem Wechsel der Partei im Vergleich zur vorherigen Wahl entscheiden. Zwei Hauptfaktoren sind hierbei
Wechsel bei der wahrgenommenen Lösungskompetenz der Parteien und Wechsel der
Kanzlerpräferenz.
Tabelle 3 zeigt, dass fast 70 Prozent derjenigen, die 2009 die Union gewählt haben, dies
auch bei der Bundestagswahl 2013 taten. Nur
sehr wenige (3,7 Prozent) von ihnen entschieden sich zu einem Wechsel innerhalb
des Lagers zur FDP, über 13 Prozent wechselten dagegen zu einer Partei aus dem anderen Lager. Erstaunlicherweise entschieden
sich fast 15 Prozent der Unionswähler aus
dem Jahr 2009 bei der Wahl 2013 dafür,
überhaupt nicht wählen zu gehen. Ein Grund
hierfür könnten die guten Umfrageergebnisse
der Union vor der Bundestagswahl 2013 sein,
die die Wähler davon überzeugten, dass die
Union auch ohne ihre Stimme gewinnen wird.
Der SPD blieben 62 Prozent der Wähler treu,
17 Prozent entschieden sich für die Grünen
Tabelle 3: Wahlentscheidungen 2009 und 2013 im Vergleich
CDU/CSU
SPD
FDP
Grüne
Linke
gleiche Partei
68,6
62,1
14,0
41,4
46,1
Wechsel im Lager
3,7
17,2
46,2
34,3
25,2
Wechsel zwischen Lagern
13,1
10,3
18,3
17,1
13,9
Wechsel zu Nichtwähler
14,7
10,3
21,5
7,1
14,8
Gesamt
100
100
100
100
100
24
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
Tabelle 4: Zusammenhang Wechsel der Lösungskompetenz/Kanzlerpräferenz und Wechselwahl 2009-2013
Wechsel Lösungskompetenz
Wechsel Kanzlerpräferenz
Wechsel Wahlentscheidung
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
66,4
46,5
62,3
38,5
Ja
33,6
53,5
37,7
61,5
Gesamt
100,0
100,0
100,0
100,0
Hinweis: Angaben in Prozent
Die Tabelle 4 zeigt, dass bei einem Wechsel
der Lösungskompetenz oder einem Wechsel
der Kanzlerpräferenz die Wahrscheinlichkeit
steigt, dass der Wähler sich bei der nächsten
Wahl für eine andere Partei entscheidet. Von
den Wählern, die einer anderen Partei die
Lösung des wichtigsten Problems zutrauen
als bei der vorherigen Wahl entscheiden sich
53,5 Prozent für einen Wechsel der Partei,
wohingegen sich bei einer gleich gebliebenen
Kompetenzwahrnehmung nur 33,6 Prozent für
eine andere Partei entscheiden.
Ihnen Hinweise zu weiterer Literatur und vertiefenden Informationen geben. Sicherlich
haben sich einige von Ihnen die Frage gestellt, weshalb zwei verschiedene Befragungen zu derselben Wahl durchgeführt wurden.
Dazu muss der Unterschied zwischen einer
Querschnitts- und einer Wiederholungsbefragung erklärt werden.
Unter einer Querschnittsbefragung versteht
man eine Momentaufnahme der derzeitigen
gesellschaftlichen und politischen Situation in
der Wählerschaft. Hierzu wird eine zufällig
ausgewählte Stichprobe von Wahlberechtigten (in Deutschland meistens um die 2000
Befragte) in einem möglichst kurzen Zeitraum
vor oder nach der Wahl befragt. Durch die
zufällige Auswahl der Teilnehmer können die
Angaben des Querschnitts als repräsentativ
für die Gesamtbevölkerung angesehen werden und die daraus folgenden Ergebnisse auf
die Bevölkerung übertragen werden. Vergleicht man, wie in diesem Ergebnisbericht
mehrfach geschehen, die Ergebnisse aus
zwei Querschnittsbefragungen miteinander,
lassen sich Veränderungen in der gesamten
Bevölkerung aufdecken.
Bei einem Wechsel der Kanzlerpräferenz entscheiden sich sogar 61,5 Prozent für eine
andere Partei. Ändert sich die Kanzlerpräferenz nicht, entscheiden sich dagegen nur 37,7
Prozent für eine andere Partei. Zusammenfassend zeigt sich, dass das Wahlverhalten
tatsächlich kein Zufallsprodukt ist und sich
viele Wähler gründlich Gedanken über ihre
Wahlentscheidung machen. Viele Wechselwähler handeln nicht aus dem Zufall heraus,
sondern aus inhaltlichen Überlegungen und
weil sich ihre Meinungen zu Parteien und
Kandidaten verändert haben.
14. Zur Methodik: Befragungen der
Deutschen Wahlstudie – Der Unterschied zwischen Querschnitts- und
Wiederholungsbefragung
Wiederholungsbefragungen hingegen finden
langfristig statt. Hierbei werden dieselben
Personen über mehrere Wahlen (somit auch
über viele Jahre hinweg) befragt. Der Zweck
einer solchen Befragung ist es, Veränderungen in den Meinungen oder politischen Verhaltensweisen über einen bestimmten Zeitraum hinweg zu analysieren. Die Untersu-
Abschließend möchten wir für die an der Umfragemethode interessierten Leser noch die
Unterschiede zwischen Querschnitts- und
Wiederholungsbefragungen erläutern und
25
Ergebnisbericht
Ergebnisse der Deutschen Wahlstudie zur Bundestagswahl 2013
chung von Wechselwählern zwischen zwei
Wahlen ist beispielsweise nur dann möglich,
wenn dieselben Personen zu zwei aufeinanderfolgenden
Wahlen
befragt
werden.
Schwierig bei Wiederholungsbefragungen ist,
dass manche Personen im Laufe der Zeit
nicht mehr an der Befragung teilnehmen
möchten. Damit die Ergebnisse aussagekräftig für die gesamte Bevölkerung bleiben, ist
deshalb die Teilnahme jeder einzelnen Person an der Wiederholungsbefragung von entscheidender Bedeutung.
gen informieren möchten, veröffentlichen wir
nach jeder Bundestagswahl ein Buch in der
Reihe „Wahlen in Deutschland“ im renommierten Nomos-Verlag aus Baden-Baden. In
diesen Büchern analysieren wir das Wahlergebnis und beleuchten die Hintergründe des
Wahlkampfs. Diese Bücher sind wissenschaftlich fundiert aber verständlich geschrieben
und richten sich nicht nur an Wissenschaftler,
sondern auch an Journalisten, Politiker und
politisch interessierte Bürger. Für weitergehende Informationen zu dem Projekt der
Deutschen Wahlstudie besuchen Sie auch
unsere
Internetseite
www.deutschewahlstudie.de.
Zum Abschluss dieses Ergebnisberichts
möchten wir uns nochmals herzlich für Ihre
Teilnahme an unseren Befragungen bedanken und hoffen, dass wir Ihnen zeigen konnten, dass wir durch Ihre Teilnahme viele wichtige und interessante Ergebnisse erzielen
konnten. Wenn Sie sich noch weitergehend
über die Ergebnisse aus unseren Befragun-
Impressum:
Universität Mannheim
Lehrstuhl für Vergleichende Politische Verhaltensforschung
Prof. Dr. Hans Rattinger
A5, 6
68131 Mannheim
Tel.: +49-(0)621-181-3556
E-Mail: [email protected]
V.i.S.d.P.: Dipl. Pol. Jan Eric Blumenstiel
Autoren des Ergebnisberichts: Jan Eric Blumenstiel und Konstantin Leonardo Gavras
26
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