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01|Überuns
scinexx.de-DasWissensmagazin
scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next
generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden
Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem
breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen
präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung
undWissenschaft.
DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften,
Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht
allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit.
scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW
MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags
gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem
bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den
Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de,
natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
MASKENBALLIMTIERREICH
TarnenundTäuschen
04
IMPRESSUM
03|MaskenballimTierreich
TarnenundTäuschen
VONDIETERLOHMANN
FressenundGefressenwerden-TarnenundTäuschen.Fastallesim
TierreichdrehtsichumdiesebeidenStrategienimalltäglichenKampf
umsDasein.
GUTGETARNT,ISTHALBGEWONNEN
T
ricks zum Überleben Optische Täuschung, Geruch- und
Geräuschlosigkeit
sowie
besonders
angepasste
Verhaltensweisen ermöglichen es vielen Tieren in ihrem
Lebensraum wenig oder gar nicht aufzufallen. Nicht immer
istdieseAnpassungandenLebensraumsosimpelwiebeiEisbären,
PolarfüchsenoderSchnee-Eulen,dieaufgrundihrerweißenFarbein
den schnee- oder eisreichen kalten Regionen der Erde kaum
auszumachen sind. Der Polarfuchs, Alopex lagopus, der in den
arktischen Tundren Europas, Asiens und Nordamerikas lebt, kann
seine Fellfarbe - wie viele andere Tiere auch - darüberhinaus sogar
der Jahreszeit anpassen. Nur im Winter ist sie völlig weiss, im relativ
milden Sommer trägt der Eisfuchs dagegen ein dunkelbraunes
Haarkleid, mit dem er in der aufgetauten morastigen
Steppenlandschaftgutgetarntist.Streifen-undFleckenmusterhelfen
gefährlichen Raubtieren wie Tiger, Leopard oder Jaguar mit der
Umgebung fast völlig zu verschmelzen und so ihre Chancen bei der
Jagd deutlich zu verbessern. Die Frischlinge von Wildschweinen, die
KitzederReheundHirsche,aberauchdieJungtierevielerVogelarten
sindhäufignichtinderLage,sichgegenRäuberzurWehrzusetzen
oder rechtzeitig zu fliehen. Sie nutzen eine solche Färbung deshalb,
um sich vor dem Gefressen werden zu schützen. Und noch eine
andere Verschleierungstaktik hat sich die Natur einfallen lassen, um
vor allem die “lieben Kleinen” zu schützen: Viele Tierkinder kommen
ohne Eigengeruch zur Welt und besitzen auf diese Art und Weise
noch eine weitere natürliche Tarnkappe. Andere Tiere wie das
berühmteChamäleonsindinderLagealsAnpassunganihreUmwelt
die Farbe zu wechseln, um bei einem notwendigen Ortswechsel
weiterhin nicht großartig aufzufallen. Wichtig beim Tarnen und
Täuschen ist es auch, auffällige Körperteile wie Augen oder Ohren
gut in ein unauffälliges Gesamtmuster zu integrieren. Das Auge des
Dachses beispielsweise verschwindet in den schwarzen Fellstreifen
desKopfesfastvölligundauchbeizahlreichenFischartenwerdendie
Augen häufig in schwarzen Körperflecken erfolgreich versteckt.
Einige Tiere müssen aber noch ein anderes Problem lösen, um in
ihrem Lebensraum erfolgreich zu sein: Die Tarnung des eigenen
Schlagschattens, der selbst sonst gut angepasste Tiere verrät. Aber
auchhierhatsichdieNaturimLaufederZeiteinigeseinfallenlassen.
ZahlreichedunkleFellpartien,diemehroderminderzufälligüberdie
gesamte Körperoberfläche verteilt zu sein scheinen, führen dazu,
dass der Schatten mehr und mehr mit dem gesamten
ErscheinungsbildundderUmgebungverschwimmt.
PlattwieeineFlunder
Manche Meeresbewohner schwächen stattdessen ihren Schatten
beispielsweise durch eine seitliche Abflachung des Körpers ab.
Andere Tierarten wie Steinfische graben sich auf der Beutejagd
gleich ganz in den Boden ein, um nicht durch den dunklen
“Doppelgänger” ihr Dasein zu verraten. Eine ganz andere, aber
wirksame Methode, sich unsichtbar zu machen, haben die
Tintenfische entwickelt. Sind sie trotz aller sonstigen Tarntricks wie
Farbwechsel doch einmal von Feinden aufgespürt worden,
katapultieren sie auf der Flucht den Inhalt ihres Tintenbeutels ins
Wasser. Im Schutz der
Farbwolke versuchen sie
dannzuentkommen.
Mehrscheinenalssein
Die optischen Täuschtricks
beschränkensichimTierreich
nicht darauf eine Tarnkappe
anzulegen,
auch
das
Gegenteil kann hilfreich sein,
um potentielle Feinde zu
verwirren. So spannt die
Kragenechse Nordaustraliens
und Neuguineas bei Gefahr
ihre breite Halskrause wie
Marienkäfer©USDA
einen Schirm auf und schlägt
so fast jeden Angreifer in die Flucht. Und selbst harmlose
Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge sind in der Lage, Singvögel
und andere Fressfeinde massiv zu erschrecken. Wird der Falter
angegriffen, breitet er seine Flügel aus und präsentiert die großen
bunten Augenflecken. Oft reicht dieser Bluff aus um den fliegenden
Räuber zu irritieren und zu vertreiben. Viele giftige oder
ungenießbare Lebewesen wie die Marienkäfer, Wespen oder
Feuersalamander tragen in der Natur zu diesem Zweck besonders
auffälligeFarbenoderZeichnungen.Dabeidominierenrot-schwarze
oder gelb-schwarze Körperfärbungen. Nach dem Prinzip “Trial and
error” lernen potentielle Fressfeinde Tiere mit einer solchen
Warntracht in Zukunft zu meiden. Gibt es noch ausgefeiltere Tarnund Täuschmanöver im Tierreich? Wie entwickeln sie sich? Warum
verändern sich bestimmte Arten im Laufe der Zeit? Welche Rolle
spielt dabei die natürliche Auslese? Antworten auf diese und viele
andereFragenfindensieaufdenfolgendenSeiten…
EVOLUTIONIMREKORDTEMPO
I
ndustriemelanismus beim Birkenspanner Kampf ums Dasein,
“Survival of the fittest”, natürliche Auslese - all diese heute
selbstverständlichen Schlagworte der Evolution waren bis Mitte
des 19. Jahrhunderts allenfalls Insidern ein Begriff. Erst durch
die Veröffentlichungen von Charles Darwin und A.R. Wallace 1859
wurden sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und sorgten für
neuenSchwungindenÜberlegungenüberdieEntstehungderArten
undihreVeränderungimLaufederErdgeschichte.Bisdahinglaubte
man wie Carl von Linne (1707 -1778) fest daran, dass die
bestehenden Arten entweder schon immer auf der Erde gelebt
hätten oder, wie Georges Cuvier (1769 - 1832) vermutete, dass sie
gelegentlich durch globale Katastrophen ausgelöscht und durch
göttlicheSchöpfungimmerwiederneuerschaffenwurden.
Aber auch nach der Veröffentlichung des Buches “On the origin of
species by means of natural selection” war die von Darwin (1809 1882)
zusammengetragene
EvolutionstheoriebeiLaien,aberauchin
Wissenschaftlerkreisen,nochlängstnicht
akzeptiert. Immer wieder regten sich
kritische Stimmen, die sich mit den
Fakten und Hypothesen - zum Teil aus
religiösen Gründen - nicht abfinden
konnten.SiefordertenkonkreteBeweise
für die Evolution aus dem alltäglichen
Leben. Da sich Evolutionsprozesse aber
meist über einen extrem langen
Zeitraum erstrecken, waren diese nur
schwer zu finden. Einen wichtigen
Beweis für die Evolution und ihre
Stabheuschrecke©Frank
Ursachen lieferte im 19. Jahrhundert ein
Hofmann
relativ unscheinbarer Falter, der noch
heuteinMitteleuroparelativhäufigzufindenist,derBirkenspanner.
Diese nachtaktiven Tiere verbringen die Tagesstunden meist damit
sich am Stamm von Birken oder anderen Bäumen auszuruhen und
aufdieDämmerungzuwarten.DurchihrecharakteristischeFärbung
- weiß mit dunklen Punkten und Streifen - fallen sie vor diesem
Hintergrund kaum auf und sind deshalb vor Fressfeinden wie
Goldammern, Rotkehlchen oder Singdrosseln sicher. Schon immer
gab es neben diesen gut angepassten hellen Exemplaren auch
Mutanten, die durch den Farbstoff Melanin dunkel gefärbt waren.
Diese unterscheiden sich von den “normalen” Birkenspannern nur
durch ein einziges dominantes Gen. Die meisten dieser Mutanten
werden in der Natur schnell ausgemerzt, weil sie vor dem hellen
HintergrunddesBirkenstammesschnellauf-undsodenVögelnzum
Opferfallen.
Zu Beginn der Industriellen
Revolution änderte sich die
Situation
für
die
Birkenspanner
innerhalb
kürzester
Zeit
völlig.
Schwarzer Ruß aus den
überall aus dem Boden
schießenden Fabrikschloten
setzte sich auf den Bäumen
undihrerRindeabundfärbte
sie dunkel. Dies hatte
schwerwiegende Folgen für
Birkenspanner©HannesBirnbacher
die Überlebenschancen der
Birkenspanner. Plötzlich waren die bis dahin sehr seltenen
schwarzen Mutanten im Vorteil. Mit ihren dunkel gefärbten Flügeln
waren sie nun auf den rußgeschwärzten Stämmen kaum mehr zu
erkennenundwurdendeshalbvonFeindenkaumnochentdeckt.Sie
hatten quasi über Nacht eine wirksame Tarntracht und damit einen
Selektionsvorteil erhalten. Die hellen Falter aber boten den Vögeln
jetzteingutesZielundwurdenimRahmendernatürlichenAuslesein
großen Mengen gejagt und erbeutet. Innerhalb von 50 Jahren
vermehrten sich deshalb die schwarzen Birkenspanner
beispielsweise in Manchester und Umgebung in rasantem Tempo.
1895zeigtenbereits95ProzentallerFaltereinedunkleKörper-und
Flügelzeichnung,dieunterdemNamenIndustriemelanismusweltweit
berühmt geworden ist. Konnte man einen besseren Beweis für die
EvolutionderLebewesenundihreMechanismenfinden?Mittlerweile
gibt es zahlreiche Schmetterlingsarten, die aufgrund der starken
Umweltverschmutzung vor allem in den Ballungs- und
Industriegebieten diese Form der Anpassung an ihren Lebensraum
vollzogen haben. Die Faktoren, die beim Birkenspanner eine
Anpassung an den veränderten Lebensraum ermöglichten, spielten
unter anderem auch bei der Entwicklung anderer Tarn- und
Warntrachten, bei Mimese und Mimikry, eine entscheidende Rolle.
Nur hat sich die Veränderung der Arten in diesen Fällen meist über
vieleJahrhunderteoderJahrtausendeentwickeltundkonntedeshalb
nichtwiebeimBirkenspannerdirektinderNaturverfolgtwerden…
TARNKAPPEUMWELT
M
imese Käfer, die Steine imitieren, Spannerraupen die
eine starre Haltung annehmen und dann kleinen
Zweigen zum Verwechseln ähnlich sehen, Fische die
Seegras kopieren - Beispiele für die Nachahmung
unauffälligerEinzelheitendernatürlichenUmweltgibtesimTierreich
außerordentlich viele. Gerade Insekten, die auf der Blattoberseite
leben,zeichnensichdabeidurchbesonderenEinfallsreichtumaus.
AndersalsbeidenvielenTarntrachtenliegtderSinndiesesauchals
Mimese bezeichneten Phänomens nicht darin, für Fressfeinde oder
Beutetiere völlig unsichtbar zu werden, sondern darin, leblos und
damit uninteressant zu erscheinen. Je nachdem, ob es sich bei dem
imitierten Gegenstand um Tiere, Pflanzen oder leblose Teile der
Umgebunghandelt,unterscheidenmancheTierforschernochweiter
zwischen Zoo-, Phyto- oder Allomimese. Besonders spektakuläre
Beispiele für derartige Nachahmungstrachten liefern die
Gespenstheuschrecken,diemitmehrals2.500verschiedenenArten
in den äquatornahen tropischen Gebieten leben. Ihren Namen
verdanken die bis zu 35 Zentimeter großen und meist flügellosen
Insekten ihrem außergewöhnlichen Aussehen. In Form und Gestalt
imitieren diese Tiere nahezu perfekt Pflanzen- und Baumteile und
täuschen so Freund und Feind. Manche dieser Arten haben einen
langgestreckten stabförmigen Körper diesogenanntenStabschrecken-andere
ähneln dagegen einem gelben, grünen
oder braunen Blatt und sind deshalb
auchalsWandelndeBlätterbekannt.
Gespenstheuschrecke©Frank
Hofmann
Um ihre Tarnung perfekt zu machen,
hocken die Gespenstheuschrecken
tagsüber stundenlang fast völlig
bewegungslos an ihrem Platz. Erst im
Schutz der Dunkelheit werden sie
aktiver, aber auch dann bewegen sich
die reinen Pflanzenfresser nur langsam
vorwärts und fallen dadurch im
gewaltigen Blätterwerk der Pflanzen
kaum auf. Und sogar bei der Paarung
zeigen diese außergewöhnlichen Tiere
eine erstaunliche Geduld: Männchen
und Weibchen “kleben” bei der Begattung manchmal tagelang
aneinander, ohne sich viel zu bewegen. Einige Stabschreckenarten
treiben ihre Täuschungs- und Tarnungsmanöver noch weiter. Im
RhythmusvonTagundNachtwechselnsiedieKörperfarbeundsind
dann in der natürlichen Umgebung fast gar nicht mehr
auszumachen. Tiere, die zu solchen Imitationen in der Lage sind,
leben aber nicht nur an Land. Auch im Meer finden sich immer
wiederKostprobenfürsolche
Täuschungsmanöver.
Der
Geisterpfeifenfisch
beispielsweise, ein naher
Verwandter
der
Seepferdchen, tummelt sich
am
liebsten
zwischen
Stachelhäutern wie Federund
Haarsternen
oder
Hornkorallen und kopiert
diesebisinsDetail.
WandelndesBlatt©MichaelScherer
EINESENSATIONIMBRASILIANISCHENURWALD…
B
atessche Mimikry Fast 150 Jahre ist es mittlerweile her,
dass der englische Wissenschaftler und Naturforscher
Henry Walter Bates sich auf die Reise nach Brasilien
machte, um die Fauna und Flora der dortigen tropischen
Regenwälder zu erkunden. Was er vorfand, war eine biologische
Sensation.Unterdenfast100verschiedenenSchmetterlingsartendie
er dort im Urwald entdeckte, fand er Arten aus zwei verschiedenen
nichtnäherverwandtenFamilien,dieeinanderbisinsDetailglichen.
Die Ähnlichkeit war so groß, dass Bates nicht in der Lage war, die
verschiedenen Schmetterlinge in freier Wildbahn im Flug
voneinanderzuunterscheiden.Wardiesschonerstaunlichgenug,so
erregte bald eine weitere Entdeckung seine Aufmerksamkeit. Bates
stelltenämlichbeiseinenUntersuchungenfest,dassdieeineFamilie
von Schmetterlingen giftig war und deshalb von vielen Vögeln im
Rahmen der Ernährung gemieden wurde. Die anderen ähnlich
gezeichneten Falter jedoch waren durchaus wohlschmeckend,
wurden aber von Vögeln und anderen Feinden trotzdem nicht
angegriffen.NacheinigemRätselratenwarfürBatesderFallklar:Die
ungiftigen Arten hatten im Laufe der Zeit die Warntacht der giftigen
Schmetterlinge imitiert und waren dadurch ebenfalls vor tierischen
Räubern geschützt. Sie besaßen damit einen gewaltigen Vorteil im
täglichenKampfumsDasein.DieseFormvonNachahmung,dienach
ihrem Entdecker auch Batessche Mimikry genannt wird, kommt - so
weiß man heute - in der Natur relativ häufig vor. Dieses Rollenspiel
der Evolution funktioniert aber nur dann, wenn mindestens drei
unterschiedliche Protagonisten, die innerhalb des gleichen
Lebensraumes leben, daran beteiligt sind - das Vorbild, ein
Nachahmer und ein Signalempfänger oder Räuber, der seine
Erfahrungen mit der schlecht schmeckenden oder sogar giftigen
Beute gemacht hat und deshalb auch die nachahmenden Arten
meidet.DamitBatesscheMimikryaufDauerfunktioniert,müssendie
giftigen oder wehrhaften Tiere im gemeinsamen Lebensraum
deutlichinderÜberzahlsein.DennsonstwürdederSchwindelbald
“auffliegen”unddieRäubermitderZeiterkennen,dassdiemeisten
Tiere mit dieser auffälligen Färbung doch genießbar und damit für
die Jagd ein lohnendes Ziel sind. Einen hundertprozentigen Schutz
für Modell und perfekte “Kopie” gibt es in der Natur ohnehin nicht.
Fast immer erscheint früher oder später ein Spezialräuber auf der
Bildfläche, der gerade die mit der Warntracht ausgestatteten
Leckerbissen auf dem Speisezettel stehen hat und sich von einer
möglichen Wehrhaftigkeit oder Giftigkeit der Beute auch nicht
abschrecken lässt. Mitgefangen - mitgehangen - so lautet dann das
Motto für die Nachahmer, die dann gerade wegen ihrer sonst so
nützlichen Tarnkappe mit unter die Opfer dieses Fressfeindes
geraten.
EINPLAGEGEISTALSVORBILD
M
imikry bei Wespen Schwebfliegen tun es, Bockkäfer
tun es und Hornissenschwärmer tun es auch. Alle
dieseTierartenimitiereneinInsekt,vordemselbstdie
meisten Menschen einen gehörigen Respekt haben -
die Wespe. Fast 300 Nachahmer dieses wehrhaften Insekts gibt es
mittlerweilealleininMittel-undWesteuropaundlängstnichtallesind
mit den Wespen nahe verwandt. Sie alle versuchen von dem
“schlechten Image” der Wespen zu profitieren und sich so vor
Feindenzuschützen.
Nicht nur bei vielen Menschen läuten die Alarmglocken, wenn das
TiermitdemgefährlichenStachel,derschwarz-gelbenStreifungund
derberühmtenschmalenTailleimAnflugist,auchvieleTierenehmen
dann Reißaus. Einmal von einer Wespe gestochen worden zu sein,
reichtmeistalsErfahrungvölligaus,umeinderartwehrhaftesInsekt
in Zukunft zu meiden. Die potentiellen Feinde der Wespen, die
insektenfressenden Vögel, kennen die unangenehmen Seiten der
angriffslustigen Plagegeister natürlich besonders gut und machen
meist ebenfalls einen großen Bogen um alles, was auch nur im
Entferntesten einer Wespe ähnlich sieht. Und gerade daraus
schlagenvieleMimikrybetreibendeTiere
Kapital. Indem sie das allseits bekannte
und wirksame Tarnkleid der Wespen
kopieren, schaffen sich Schwebfliegen,
Käfer und andere völlig harmlose Tiere
diesegefährlichenFressfeindevomHals.
Doch einen vollkommenen Schutz vor
Feinden bietet die Scheinwarntracht den
Nachahmern nicht. Besonders wenn der
Mensch ins Spiel kommt, wird aus der
vermeintlichen Tarnung schnell ein
todbringender Nachteil. Schon manch
Wespen-Schwebfliege©José
völlig harmlose Schwebfliege und
Verkest
zahlreiche Hornissenschwärmer sind
bereits wild um sich schlagenden Kindern und Erwachsenen zum
Opfer gefallen, die sich so vor einer vermeintlichen Wespenattacke
schützenwollten.LängstnichtalleNachahmungenvonTierendurch
Farbe, Geruch, Körperform oder Verhalten dienen als Warnsignal
und damit dem Schutz des kopierenden Tieres. Die imitierten
Eigenschaften können auch bei der Brutpflege oder der Begattung
eine wichtige Rolle spielen. Es gibt sogar mimikrybetreibende
Lebewesen,dieversuchensichdurchihre“Verwandlung”Vorteilebei
derBeutejagdzusichern…
IMITIERENUMZUJAGEN
A
ngriffs-MimikryWieimMärchenvomWolfunddensieben
Geißlein, wo der berüchtigte Isegrimm allerlei
Täuschungsmanövern anwendet, um an seine Opfer zu
gelangen, so haben sich auch im Tierreich einige Arten
darauf spezialisiert, mithilfe von Nachahmung ihre Beute zu
täuschen. Solche Formen von Mimikry werden deshalb auch als
Angriffs-oderPeckhamscheMimikrybezeichnet.
Römertopf mit Seeteufel, Seeteufel auf bretonische Art, Saltimbocca
vomSeeteufelmitKräutersauce-nichtnurfürFeinschmeckeristder
berühmt-berüchtigte Meeresfisch eine wahre Delikatesse auch für
Verhaltensforscher hat er einiges zu bieten. Einige “Tricks” hat diese
Anglerfischart beispielsweise auf Lager, um seine Speisekarte zu
bereichern. Schon auf den ersten Blick fällt die gute Tarnfärbung
dieser Meerestiere auf, die es praktisch unmöglich macht, ihn in
seinemLebensraumzuerkennen.NochspannenderaberistdieList,
die er einsetzt, um potentielle Opfer anzulocken. Ein Teil der
Rückenflosse hat sich bei diesem Fisch im Laufe der Evolution zu
einer Art körpereigener Angelrute umgewandelt. Der kopfnahste
Flossenstrahl ist zu diesem Zweck peitschenartig verlängert und am
Ende mit einem wurmähnlichen Fortsatz versehen. Wie eine Angel
hält Seeteufel diese Köderattrappe unmittelbar vor sein Maul. Um
mehr Aufmerksamkeit bei
potentiellen
Opfern
zu
erregen, schwenkt er die
Angel auch noch hin und her
undwartetdanninallerRuhe
auf seine Leckerbissen. Meist
hat diese Strategie Erfolg.
Versucht ein Beutetier den
Köder zu ergattern, schlägt
der Seeteufel gnadenlos zu
undsaugtesinseinMaulein.
Seeteufel©NOAA
Andere Anglerfische haben
sogar die Tiefsee erobert. Dort nutzen sie noch ein ausgefeilteres
Lockmittel als in den flachen Meeren, damit die Beute auf sie
aufmerksamwird.DieAngeldieserTiefseebewohneristzueinerArt
Laterneumgewandelt,derenLichtschonausgrößererEntfernungzu
erkennenist.GeratendieangelocktenOrganismeninReichweitedes
Mauls,gibtesmeistebenfallskeineRettungmehr.
WieproduzierendieseAnglerfischeihrLicht?
BesondereLeuchtstoffe-unabhängigvonihrerchemischenStruktur
Luciferin genannt - werden unter Verwendung von Sauerstoff und
chemischer Energie (ATP) oxidiert. Dabei wird Licht freigesetzt.
ErstaunlicherweisewirdbeidieserReaktionkaumWärmeproduziert,
dieLichtausbeutebeträgtfast100Prozent.EinPatentderNatur,das
der menschlichen Technik demnach haushoch überlegen ist. Bei
einer normalen Glühlampe liegt die Effizienz gerade mal bei fünf
Prozent.
MUNDRAUBALSÜBERLEBENSSTRATEGIE
V
on Skuas und Kermadec Eine besondere Variante von
Angriffs-Mimikry hat sich bei den Skuas und den
Kermadecsentwickelt.SkuassindgefährlicheRaummöwen,
die an den Küsten des arktischen und gemäßigten
Nordatlantiks leben. Sie benutzen eine ausgetüftelte Methode, um
den viel kleineren Sturmvögeln in der Region ihre Mahlzeit
abzuluchsen.ImFluggreifensieTierean,diesichnacherfolgreicher
JagdmitihrerBeuteimSchnabelaufdemRückwegzumNachwuchs
oder Nest befinden. Immer wieder attackieren die Skuas die
Sturmvögel und geben erst dann Ruhe, wenn diese ihren Schnabel
öffnenundihremühevollerjagteBeutefreigeben.
Manchmal üben die Skuas sogar einen solchen Terror aus, dass
hilflose Opfer bereits verspeiste Fische wieder auswürgen, nur um
die Aggressoren möglichst schnell los zu werden. Die Skuas haben
dann ihr Ziel erreicht und können, ohne viel Mühe investiert zu
haben, ihren eigenen Hunger stillen - ein klarer Fall von Mundraub.
Mittlerweile wissen die Sturmvögel genau, dass sie gegen die Skuas
keine Chance haben. Deshalb reicht es
häufig schon aus, wenn ein Skua am
Horizont drohend auftaucht, damit die
Sturmvögel Reißaus nehmen und alles
einschließlich ihrer Beute hinter sich
zurücklassen. Den Kermadecs dagegen
ist es im Laufe der Evolution gelungen,
die Flügelmuster der Skuas perfekt zu
kopieren. Das hat für die Kermadecs
gleich einen doppelten Vorteil. Zum
Raubmöwen©NOAA
einen bleiben sie damit von den
Angriffen der Skuas, die in ihnen vermeintliche Artgenossen sehen
verschont, zum anderen nutzen sie die Angst der anderen
Sturmvogelarten vor den Skuas hemmungslos aus. Mit den gleichen
Flugmanövern wie die Skuas greifen sie andere Sturmvögel an und
versuchen ihnen die Beute streitig zu machen. Eine Taktik, die
anscheinend recht erfolgreich ist. Wie US-Forscher beobachteten,
hattendie“Pseudo-Skuas”beiihrenAngriffeninmehrals50Prozent
allerFälleErfolg.
WENNSICHRÄUBERALSPUTZTEUFELTARNEN
M
imikrybeiPutzerfischenPutzteufel,dieihrengesamten
Lebensinhalt nur darin sehen, die Wohnung oder das
Haus absolut sauber zu halten, sind in der
menschlichen Gesellschaft - vor allem im weiblichen
Teil-nichtgeradeselten.Währendvieledieser“Exemplare”vonallen
Übrigen meist als ermüdend, anstrengend oder sogar nervtötend
empfunden werden, gibt es unter den Tieren einige Arten, die ihre
Putzwutdurchausgewinnbringendeinsetzenkönnen.
Vögel wie Krokodilwächter spazieren völlig ungeniert im weit
geöffneten Rachen der Panzerechsen umher und kümmern sich
liebevoll um die Zahnhygiene der Krokodile, Kuhreiher und
MadenhackerbefreiendieverschiedenstenSäugetierevonParasiten
oder beschädigten Hautteilen. Sie tun damit aber nicht nur den
Kunden einen Gefallen, sie bereichern auch die eigene Speisekarte
umetlicheleckereHäppchen.Obwohlviele“Opfer”dieserPutzerzu
den gefährlichsten Raubtieren überhaupt gehören, lassen sie diese
kleinen Helferlein unbehelligt gewähren. Viele der “beputzten” Tiere
scheinen diese Reinigungsaktionen sogar als angenehm zu
empfinden und gehören zur Stammkundschaft dieses tierischen
Wartungsservices.Esverwundertdeshalbwenig,dassauchdiemehr
als
40
Putzerfischarten
weltweitüber
reichlich
Kundschaft verfügen. Die
Putzer haben vor allem die
Korallenriffe
zu
ihrem
Arbeitsplatz auserkoren und
stürzen sich dort nach einem
bestimmten Verhaltensritual
auf
Friedfische
und
Raubfische, um sie von
Plagegeistern und Unrat zu
säubern.
In
ihrem
Putzerfisch©NOAA
unterseeischenWellness-und
Gesundheitscenter haben die Putzerfische manchmal mehr zu tun
als ihnen lieb ist. Dann stehen die Kunden ungeduldig Schlange,
warten darauf, dass sie endlich an die Reihe kommen oder
versuchen sogar, sich vorzudrängen. Wo so viel potentielle Beute
lockt, fehlt es natürlich nicht an Raubfischen, die im Laufe der
Evolution das Aussehen der Putzer nachgeahmt haben, um diese
paradiesischen Fressgründe für sich zu erobern. Der Schleimfisch
Aspidontus taeniatus ist so ein Exemplar, das sich im Schutze von
Mimikry in das Revier von Putzerfischen einschleicht. Dabei ist er
nicht nur optisch vom Putzer kaum zu unterscheiden, er verhält er
sich auch noch ganz ähnlich wie das Original. Kein Wunder, dass
potentielle Kunden des Putzerfisches zunächst einmal auf diese
perfekteTäuschunghereinfallen.Dieseerlebendannaberihr“blaues
Wunder”. Mit seinen scharfen Zähnen schlägt der Schleimfisch
erbarmungslos zu und beisst dem auf seine Säuberung wartenden
FischFleischstückeausderFlosseundverspeistsiemitGenuss.Aus
seiner Putzlethargie aufgeschreckt, dreht sich der malträtierte Fisch
um,aberersiehtnurdenangeblichharmlosenfalschenPutzer,der
so tut als wäre nichts geschehen. Erst wenn der Schleimfisch
mehrmals zugebissen hat, wird der attackierte Kunde misstrauisch
und nimmt Reißaus. Haben solche Mimikry-Opfer mehrfach ein
derart abruptes und schmerzhaftes Ende einer Putzsession erlebt,
beginnen sie schließlich den gesamten Riffbereich allmählich zu
meiden-sehrzumLeidwesenvonPutzerundNachahmer.
ABSCHRECKENDURCHUNIFORMITÄT
M
üllersche Mimikry Schauplatz: Brasilien im Jahr 1878.
Einige Jahre zuvor hatte Henry W. Bates seine
EntdeckungenüberMimikrybeiSchmetterlingeneiner
staunenden Öffentlichkeit und Fachwelt vorgestellt.
Jetzt ist der deutsche Tierforscher Fritz Müller im brasilianischen
Urwald unterwegs, um weitere Schmetterlinge zu fangen und zu
erforschen. Wie Bates ist er davon überzeugt, dass Räuber durch
Versuch und Irrtum mit der Zeit lernen, welche Tiere Leckerbissen
sind und welche man besser meidet. Bei seinen Beobachtungen an
farbenprächtigen Faltern entdeckt er schließlich viele verschiedene
Arten, die samt und sonders ungenießbar sind und sich trotzdem
ziemlich ähnlich sehen. Manche dieser Arten sind eng miteinander
verwandt,sodassfürMüllerdieÄhnlichkeitimAussehenlogischund
nachvollziehbar ist. Andere Falter jedoch gehören einer ganz
anderenSchmetterlingsfamilieanundzeigentrotzdemeineähnliche
Zeichnung. Wie ist das zu erklären? Die Beantwortung dieser Frage
bereitet Müller einiges Kopfzerbrechen. Immer wieder lässt er die
Fakten im Kopf Revue passieren und schließlich findet er eine
passende Erklärung für das Rätsel. Was wäre, wenn die Insekten im
Laufe der Evolution eine gemeinsame Warntacht entwickelt hätten,
damitdieRäubersienichtauseinanderhaltenkönnen?Dannmüsste
der Fressfeind nur bei einer Art seine Erfahrungen mit der
unbekömmlichen Beute machen, um auch alle anderen ähnlich
aussehenden Arten von vornherein zu meiden. Der Sinn dieser
Mimikry läge dann darin die Zahl an Opfern möglichst gering zu
halten und auf viele Arten zu verteilen. Für die einzelne Art - so
folgerte Müller weiter - wären die Verluste um so geringer je mehr
Arten an diesem Abschreckmanöver teilnähmen. Mittlerweile sind
viele Fälle von Müllerscher Mimikry im Tierreich bekannt geworden.
Sogar ganze Mimikry-Ringe mit vielen verschiedenen Arten lassen
sich nicht nur bei Schmetterlingen, sondern im gesamten
Insektenreichnachweisen.
DASRÄTSELUMDIEKORALLENSCHLANGEN…
M
ertenscheMimikryRot-gelb-schwarzesRingmusterund
tödlich giftig. So oder so ähnlich stellt man sich meist
die Korallenschlangen vor, die in den tropischen und
subtropischen Regionen Amerikas immer wieder für
Unheil und Aufregung sorgen. Aber nicht alle Korallenschlangen, zu
denen mehr als 75 verschiedene Arten aus zwei Familien gehören,
werdendiesemschlechtenImageauchwirklichgerecht.Zwarzeigen
Korallenschlangen bis auf wenige Ausnahmen wirklich das typische
bunteRingelmuster,giftigsindsiedeshalbabernochlangenichtalle.
Neben wirklich hochgiftigen Exemplaren, findet man auch weniger
giftige Arten und manche Korallenschlangen sind sogar völlig
ungiftig. Dafür können diese ihren Opfern aber sehr schmerzhafte,
stark blutende Bisswunden zufügen. Klarer Fall von Batesscher
Mimikry könnte man auf den ersten Blick vermuten. Aber sind die
hochgiftigen,auchalsechteKorallenschlangenbezeichnetenTiere,in
diesemFallwirklichdieVorbilderunddieungiftigendieNachahmer?
Und wieso existierten dann noch mäßig giftige Varianten? Auf diese
Fragen wussten die Zoologen lange Zeit keine passende Antwort.
Erst ein Reptilienexperte namens Mertens brachte mit seinen
Korallenschlange©California
AcademyOfSciences/
WolfgangWuster
Tierstudien im Jahr 1956 mehr Licht in
das Dunkel dieser komplizierten
Mimikryvariante.
Die
hochgiftigen
Korallenschlangen fielen - das ließen
Interpretationen seiner Beobachtungen
erkennen - als Vorbilder für die Mimikry
aus, weil ihr Biss für Feinde wie kleine
Raubtiere oder Vögel in kürzester Zeit
absoluttödlichwar.
WenndieFressfeindeaberim
Nustarben,konntensieauch
nicht lernen, solche auffällig
gemusterten
gefährlichen
Schlangenarten in Zukunft zu
meiden. Deshalb kamen
ausschließlich die mäßig
giftigenKorallenschlangenals
Modell für die Ausbildung
AuffälliggemusterterSchlangenkopf©
dieserMimikry-ForminFrage.
CaliforniaAcademyOfSciences/Wolfgang
Wuster
Nur ihre Bisse konnten
Feinde überleben und anschließend Rückschlüsse für ihr Verhalten
daraus ziehen. Die beiden anderen Gruppen, die hochgiftigen und
die ungiftigen, waren in diesem Fall Nachahmer und haben sich im
Laufe der Evolution vom Aussehen her an die mäßig giftigen
Korallenschlangenarten angepasst. Diese Form von Mimikry, bei der
nichtdiegefährlichsteodergiftigsteArtder“Trendsetter”ist,sondern
eine gemäßigte andere, wird von Wissenschaftlern meist als
MertenscheMimikrybezeichnet.
VONTINTENFISCHEN,BLATTLÄUSENUNDMEISEN
O
ptische, chemische und akustische Mimikry Eine
besonders raffinierte Form von Mimikry haben jetzt
australischeForscherimSüdpazifikindenKorallenriffen
Indonesiens untersucht. Dort lebt eine bis vor kurzem
unbekannte Tintenfischart, die über außergewöhnliche Fähigkeiten
zurNachahmungverfügt.
Immer wenn sich den circa 60
Zentimeter langen Kraken gefährliche
Feinde
wie
Riffbarsche
nähern,
“verwandeln” sich die Octopusse in eine
vermeintlich giftige Tierart, um den
Tintenfisch©California
AcademyOfSciences
Räuber abzuschrecken. Seeschlangen,
Rotfeuerfische oder Plattfische wie
Seezungen - dem Einfallsreichtum und
den Verwandlungskünsten der Tintenfische scheinen kaum Grenzen
gesetzt. Nach Angaben der Wissenschaftler von der University of
Melbourne um Leiter Mark Norman sind diese Entdeckungen eine
biologische Sensation. Dieser erstaunliche Krake ist das erste
bekannte Tier, das verschiedene Vorbilder nachahmen kann. Die
Tintenfische selbst scheinen an ihren eigenen schauspielerischen
Leistungen durchaus Gefallen zu finden. Einer der
außergewöhnlichen Achtarmer wurde desöfteren dabei beobachtet,
wie er auf seinem Heimweg zur Behausung immer wieder seine
Form und damit sein “Pseudonym” änderte… Auch wenn optische
Nachahmungen zur Tarnung am häufigsten zu beobachten sind, ist
es oft erst eine Kombination von sichtbaren und nicht sichtbaren
Imitationen, die letztlich zur Täuschung von Räubern oder
Beutetieren führt. Vor allem akustische oder chemische Signale
spielenbeidiesemVerwirrspieleinewichtigeRolle.
Blattläuse
beispielsweise
lebendesöfterenmitAmeisen
in einer symbiontischen
Beziehung
zusammen.
Während die Ameisen die
Blattläuse vor Feinden wie
Marienkäfern oder Parasiten
schützen, erhalten sie im
Gegenzug-
quasi
als
Belohnung - den Honigtau,
einen kohlenhydratreichen
BlattläusealsOpfervonchemischer
Mimikry©TinaCavalho
Saft, den die Blattläuse über
spezielle Drüsen im Afterbereich absondern. Nicht immer
funktioniert dieses gegenseitige Geben und Nehmen allerdings
problemlos. Einigen Blattlausschlupfwespen gelingt es, das
Abwehrsystem der Ameisen zu überlisten und als Parasiten in die
Blattlauskolonien einzudringen. Wie aber kommen diese Lebewesen
durch die scharfen Kontrollen der “Ameisenwächter”? Ganz einfach:
Die Blattlausschlupfwespen betreiben chemisches Mimikry und
ahmen das molekulare Erkennungsmuster der Blattläuse nach, das
aus bestimmten Kohlenwasserstoffen auf der Kutikula besteht. Mit
diesem Schutzschild bewaffnet, werden sie von den Ameisen nicht
erkannt und können ihre Eier in den Blattläusen ablegen. Um
dagegen ein Beispiel für akustisches Mimikry zu finden, muss man
nicht einmal in die Welt des Mikrokosmos eintauchen. Einer der
immer noch häufigsten Vögel Mitteleuropas, die Meise, ahmt
beispielsweise das zischende Geräusch einer Schlange nach, wenn
siesichodergarihrNestbedrohtfühlt.
WENNPFLANZENTIEREIMITIEREN
O
rchideen und ihre Methoden zur Fortpflanzung zu
kommen
Nicht
nur
Tiere
verwenden
Nachahmungstricks,umihrewieauchimmergearteten
Zielezuerreichen,auchPflanzensinddazudurchausin
der Lage. Manche Orchideeenarten geben beispielsweise Duftstoffe
ab,diedenenpaarungsbereiterInsektenweibchensehrstarkähneln.
SokanndieOrchideeOphrissphenodesperfektdasAphrodisiakum
einerseltenenBienenartimitieren.VerirrtsichdanneinMännchenin
dieBlüteinderHoffnungdortseinweiblichesPendantzuentdecken,
hat die Pflanze ihr Ziel erreicht: Sie wird bestäubt oder kann
zumindestihrePollenzurVerbreitungaufdieReiseschicken.Hatdie
Befruchtung erst einmal geklappt, lässt fast augenblicklich die
anziehende Wirkung der Pflanze auf die Insektenmänchen nach.
Schulddaranist,dieshabenösterreichischeForscherinjahrelangen
Studien festgestellt, ein weiteres Sexualhormon, dass die Orchidee
dann in die Umgebung abgibt. Dieser Duftstoff wird normalerweise
von den Bienenweibchen produziert, wenn sie bereits erfolgreich
befruchtet worden sind. Neben dem Aussenden von
Geruchspartikeln nutzen bestimmte Pflanzenarten auch andere
Methoden, um Insekten anzulocken und dann für ihre Zwecke zu
nutzen. Einige Orchideenarten haben es beispielsweise im Rahmen
derEvolutiongeschafft,dieGestaltvonInsektenweibchenperfektzu
imitieren,umdieBestäubungderBlütensicherzustellen.DieseForm
vonMimikryistallerdingsnotwendigerweiseebenfallssehrstarkauf
einganzbestimmtesVorbildimTierreichzugeschnittenundauchnur
dorterfolgreich.
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