N AT U R W U N D E R | T i e r i s c h e B e t r ü g e r Betrügen und Täuschen sind im Tierreich nicht weniger weit verbreitet als in der Menschenwelt. Die Motive zur Lüge sind dabei immer die gleichen: einen Sexualpartner für sich zu gewinnen oder Feinde, Konkurrenten und Beute auszutricksen oder gar auszuschalten. Das Universum Magazin deckt auf, wie das geht, und zeigt die schönsten Bilder aus dem Buch „Die Überlebenskünstler“, das die Tricks der Tiere umfangreich und faszinierend dargestellt präsentiert. 14 UNIVERSUM S Oktober 2008 LUG UND TRUG IM TIERREICH FOTO: J. SAUVANET/NHPA/PHOTOSHOT ERMITTELT VON PETER A. KROBATH AUGENSCHEIN Die beiden schwarzen Punkte am Hinterleib des südamerikanischen Froschs könnte man wirklich für Augen halten. Wer sich ihm in böser Absicht scheinbar von vorne nähert, wird sich allerdings wundern. 15 N AT U R W U N D E R | T i e r i s c h e B e t r ü g e r W er andere austricksen will, muss früh aufstehen. Also ist der Kuckuck einer der ersten, der aus dem afrikanischen Winterquartier heimkehrt. Er will im Lande sein, bevor die anderen Vögel mit dem Brüten beginnen. Er wählt ein ahnungsloses Singvogelpärchen aus und observiert es bereits beim Nestbau. Sind die Eier gelegt, wartet der Kuckuck in einem Versteck, bis das Brutpaar für kurze Zeit ausfliegt. Nun muss alles sehr schnell gehen. Das Kuckucksweibchen landet flugs im Nest, legt das Kuckucksei, nimmt ein Ei der Wirtsvögel und sucht damit das Weite. Die ICH SEHE WAS, … Eine Überlebensstrategie heißt: Besser sehen als das Opfer. Im Falle der Fangheuschrecke übernehmen dies die großen, auf Stielen sitzenden Komplexaugen, ergänzt durch kräftige, mit Scheren bestückte Fangarme. 18 ganze Betrugsaktion dauert nicht länger als zehn Sekunden. Das gestohlene Ei wird verzehrt. Das eigene liegt nun im fremden Nest, es ist zwar etwas größer als die EiKollegen, hat aber ein verblüffend ähnliches Äußeres, weiß, blau, lehmgelb oder gemustert, je nach Bedarf. Eine nahezu perfekte Fälschung. Der Eiertrick des Kuckucks ist legendär. Aber er ist bei weitem nicht der einzige Vertreter aus dem Tierreich, der sich mit Lug und Trug durchs Leben schlägt. Es waren nicht erst Adam und Eva, die die Lüge erfanden. Einen Naturgarten voller Unschuld hat es wohl nie gegeben, sind die Verhaltensforscher überzeugt. Tricksen und Täuschen sind im Tierreich nicht weniger weit verbreitet als in der Menschenwelt. Die Motive zur Lüge sind dabei immer die gleichen: einen Sexualpartner für sich zu gewinnen oder Feinde, Konkurrenten und Beute auszutricksen oder gar auszuschalten. Zum Beispiel werden Formen und Farben nachgemacht, um sich zu tarnen, oder um gefährlich zu erscheinen. Die Spannerraupe wirkt wie ein abgestorbener Ast, um nicht gefressen zu werden. Fische tarnen sich als Korallen, um von ihren Beutetieren nicht bemerkt zu werden. Manche N AT U R W U N D E R | T iAeK r iTs U c hEeL L B e|t S r üt g oe r yr Schmetterlinge versuchen den Feind mit großen drohenden Augen auf ihren Flügeln fernzuhalten. Diese Scheinaugen sehen für hungrige Vögel aus wie die Augen gefährlicher Tiere, denen sie lieber nicht zu nahe kommen. … WAS GAR NICHT IST Manchmal reicht es schon, das Maul weit aufzureißen. Die Kragenechse, nicht einmal einen Meter lang, stellt ihren Kragen auf, um zu wirken wie ein riesiger, gefährlicher Drache mit gesegnetem Appetit. FOTOS: P.ATKINSON/J.CARMICHAEL JR./NHPA/PHOTOSHOT Die Kunst von Mimese und Mimikry Die täuschende Nachahmung von Gegenständen oder Lebewesen, die für einen Fressfeind oder ein Beutetier uninteressant sind, bezeichnet man als Mimese. Nachgeahmt werden beispielsweise Blätter, Zweige, Blüten, Steine oder Kot. Während Tarnung bewirken soll, dass der Betreffende unsichtbar wird, kann bei Mimese der Nachahmer zwar gesehen werden, er wird aber für etwas anderes gehalten. So werden die Gespenstschrecken der Gattung Phyllum Wandelnde Blätter genannt, denn sie sehen aus wie Pflanzenblätter. Und die Falter der Zahnspinner ruhen tagsüber mit dachziegelartig übereinandergeschlagenen Flügeln an Baumstämmen oder Ästen und ähneln dabei in Färbung und Gestalt der Rinde. Auch die Kokons der Raupen sind gelegentlich nicht von der Rinde zu unterscheiden. Werden Körperbau und Verhaltensmerkmale einer Spezies durch eine andere zu deren Vorteil oder manchmal auch zum Nutzen beider Arten nachgeahmt, spricht man von Mimikry. Manche Arten wehrloser Fliegen, etwa die Schwebfliegen, schützen sich beispielsweise vor räuberischen Vögeln, indem sie die gelbschwarze Körperzeichnung stechender Insekten, zum Beispiel der Feldwespen, nachahmen. Viele giftige und wehrhafte Tiere, wie Wespen und Hornissen, tragen eine Warntracht in auffälligen Farben, meist Schwarz mit grellen Orange-, Rot- und Gelbtönen. Ein möglicher Fressfeind macht die schlechte Erfahrung nur einmal und lernt dabei, künftig Beute mit diesem einprägsamen Aussehen zu meiden. Das Prinzip der Mimikry beruht darauf, dass im Verlauf der Evolution einige wehrlose Tiere das Aussehen giftiger Arten mit immer größerer Perfektion nachgeahmt haben. So bedienen sie sich deren Abschreckungseffekts und bluffen ihre Feinde. Die imitierten Arten müssen allerdings deutlich zahlreicher auftreten als der Nachahmer, sonst würden die Jäger schnell lernen, dass sie ausgetrickst werden, und sich vom gifOktober 2008 s UNIVERSUM 17 N AT U R W U N D E R | T i e r i s c h e B e t r ü g e r tigen Äußeren nicht mehr abschrecken lassen. Eine kuriose Form von Mimikry ist bei der Käferart Spanische Fliege zu beobachten. Um sich die Zuneigung der weit größeren männlichen Bienen zu erschleichen, ballen sich hunderte der winzigen Ölkäfer so zusammen, dass sie wie weibliche Bienen aussehen. Die unglücklichen Bienenmännchen fallen auf den Trick herein und bieten ihren neuen Freundinnen an, sie in ihr Nest mitzunehmen. UNSICHTBARE GEFAHR Der Schützenfisch demonstriert hier, dass er seinem Namen alle Ehre macht. Das Opfer – über einem scheinbar ruhigen Gewässer zur Ruhe gekommen und Gefahren höchstens aus der Luft erwartend – trifft der Strahl des kleinen Fisches aus dem Hinterhalt. Auch Schlangen erweisen sich oft als raffinierte Trickser, nicht nur in Fabeln und Zeichentrickfilmen. So verschafft sich die Rote Walzenschlange, zwanzig Zentimeter klein und absolut ungiftig, auf ihrer indonesischen Heimatinsel gehörigen Respekt, indem sie ihren Schwanz mit Markierungen ausgestattet hat, die denen der Kobra ähneln. Bei Bedrohung steckt sie den Kopf in den Sand, flacht ihren Schwanz ab und schlägt damit aus wie ihre giftige Verwandte. Auch die kalifornischen Gonora-Kiefernattern schaffen es, mit einer Giftschlangenshow die meisten potenziellen Fressfeinde abzuschrecken. Sie machen auf Klapperschlange, das heißt: Bei Gefahr vergrößern sie ihren Hinterkopf, zischen laut und versetzen ihren Schwanz in Schwingungen. Ähnlich agiert die brasilianische Schwärmerraupe, die ihren Thorax aufbläht, sodass er wie der Kopf einer gefährlichen Schlange aussieht. Eine besonders verschlagene Technik wendet das Männchen einer nordamerikanischen Schlangenart an, um alle verfügbaren Weibchen für sich zu reservieren. Es sondert einen weiblichen chemischen Stoff aus und verführt so andere Männchen, sich mit ihm zu paaren. Laut Forschern geschieht das, um den Konkurrenten die sexuelle Energie zu entziehen. Anschließend kann sich dieses Männchen nach Herzenslust mit den echten Weibchen paaren, falls es nicht seinerseits anderen Transvestiten auf den Leim geht. Auch Fische versuchen durch Mimikry und Mimese, ihr Überleben zu sichern. Aale imitieren zum Beispiel giftige Seeschlangen. Und der Mimik-Feilenfisch ahmt Körperfarbe und Körperform des giftigen SattelSpitzkopfkugelfisches nach. Aber wohl nur wenige Tiere ergreifen so drastische Selbstschutzmaßnahmen wie die Seegurke. Wie der Name schon sagt, hat die Seegurke die gleiche Form wie das Gemüse und ist nicht viel beweglicher. Um bei einem Angriff ihr Leben zu retten, stößt die Seegurke durch ihre vordere Öffnung einen Großteil ihrer Anatomie aus. Weniger elegant gesagt: Sie spuckt ihrem Feind ihre Verdauungsorgane und Geschlechtsdrüsen ins Gesicht, damit dieser annimmt, sein Opfer wäre geplatzt. Eine spektakuläre Selbstverstümmelung. Doch die Folgen sind reparabel: Solange die Seegurke fünf Prozent ihres ursprünglichen Körpers behält, ist sie in der Lage, sich zu regenerieren. Die Zaubermeister der Meere Ein Großmeister der Verstellung ist der Krake. Er kann sich innerhalb von Sekundenbruchteilen perfekt an die Farbe, Helligkeit und Textur der Umgebung anpassen, also gleichsam wie unter einer Tarnkappe verschwinden. Zum einen besitzt er in seiner Haut eine äußerst komplexe Muskulatur, mit der er die Hautoberfläche von 18 UNBERECHENBAR Das Chamäleon ist bekannt dafür, seine Umgebung gekonnt zu täuschen. Was es aber besonders unbeliebt macht, ist die überdimensionale Zunge, mit der dieses Insekt wohl nicht gerechnet hat. Lug und Trug am Arbeitsplatz „Ich schrieb kleine Briefe an die Kunden: Guter Schabernack am Arbeitsplatz. Das Besondere Chef so furchtbar, dass es einem das Selbst- Rat einer ehrlichen Mitarbeiterin – diese Firma an diesem Buch: Erzählt wird von den unter- wertgefühl geradezu gebietet, ihm zuwiderzu- bescheißt Sie nur“, erzählt eine Frau, die bei ei- schiedlichsten Formen der so genannten Be- handeln. Oder es gibt Jobs, die sind so lang- nem Babyartikel-Versand arbeitete. „Von da an triebskriminalität nicht aus der Perspektive der weilig, dass die kriminelle Fantasie die einzige kreuzte ich die Pflanzen einfach untereinander, Polizei oder der Unternehmensberater, sondern Herausforderung bleibt, die man noch hat. ließ sie quasi fremdgehen“, beichtet die Biolo- von den „Tätern“ und „Täterinnen“ selbst. Auch die Gier spielt bei etlichen eine Rolle, gin, die bei einer Hybridmaiszucht jobbte. „Der Geschichten aus den Graubereichen der Ar- oder das Ausnutzen einer gewissen Machtpo- Kunde wurde ja schon vom Chef betrogen. Also beitswelt, die ansonsten nicht oder nur im ver- sition. Wir wollen in unserem Buch niemanden blieb mir zum Betrügen nur der Chef“, stellt ein trauten Kreis zu hören sind. Geschichten vom rechtfertigen oder an den Pranger stellen. Die notwendigen Aufbessern des Gehalts in Motive und Umstände sind sehr unterschied- Andere berichten davon, wie sie in ih- prekären Arbeitsverhältnissen; vom lich, es muss sich da jeder Leser und jede Le- rer Firma das Arbeiten nur vortäu- Reiz der unwiderstehlichen Gelegen- serin zu jeder Geschichte ein eigenes Wertur- schen, Dinge zerstören, gezielt Unruhe heit; vom Mitschneiden und Mitnaschen, teil bilden.“ stiften, jede Menge mitgehen lassen weil es die anderen und ganz besonders Die Palette der rund 90 „Lexikon der Sabota- oder gar ihren Chef in den Ruin manöv- „die da oben“ auch tun; von der zwar ge“-Geschichten ist so vielfältig wie die dort Mechaniker selbstbewusst klar. FOTO: S.DALTON/NHPA/PHOTOSHOT rieren. Wie sie Taxiuhren und Stromzäh- nicht erlaubten, aber legitimen Eigen- vorkommenden Berufe: Sie reichen vom Tank- ler manipulieren oder des Nachts die Räumlich- initiative; aber auch vom kindischen Unfug, sanf- wart zur Ärztin, vom Polizisten zum Fitnesstrai- keiten und Gerätschaften ihres Arbeitgebers ten Verweigern, cleveren Austricksen und krea- ner, vom Meinungsforscher zum Schiffskoch, heimlich untervermieten. Dass sie Auto-Ersatz- tiven Schabernack. vom Taxilenker zur Biologin, vom Computerfach- teile nicht einbauen, sondern privat auf Ebay In einer Zeit, in der ein Arbeitsplatz per se mann zur Verkäuferin, von der Journalistin zum verkaufen. Oder zeitgenössische Künstler fäl- als Heiliger Stuhl verklärt wird, bietet das „Le- Buchhalter und vom Installateur zur Sexarbeite- schen und die Bilder in Auktionen einbringen. xikon der Sabotage“ eine erfrischende Er- rin. Selten hat ein Buch einen derart kurzweili- Willkommen im soeben erschienenen Buch nüchterung. Das Buch bietet einen spannen- gen und doch vielschichtigen Einblick in unsere „Lexikon der Sabotage“. Drei Jahre lang sam- den und soziologisch interessanten Einblick in Arbeitswelt geboten. melten Universum-Autor Peter A. Krobath und die psychosoziale Befindlichkeit von Arbeit- „Lexikon der Sabotage“, Bernhard Halmer sein Kollege Bernhard Halmer Geschichten über nehmern und freien Mitarbeitern. Peter A. und Peter A. Krobath, Sonderzahl, 192 S., Euro Sabotage, Verweigerung, Betrug, Racheakte und Krobath: „Zum Beispiel scheint manch ein 18,– www.sonderzahl.at Oktober 2008 s UNIVERSUM 19 N AT U R W U N D E R | T i e r i s c h e B e t r ü g e r ANPASSUNG IST ALLES Kapitel eins des Lehrbuches für Lug und Trug: Täuschen durch totale Anpassung. Meister ihres Faches sind der Langschnauzen-Korallenwächter (u.) und dieses Exemplar aus der Familie der Gespenstschrecken (o.). 20 UNIVERSUM S Juli | August 2008 völlig flach bis stark warzenartig variieren kann. Zum anderen trägt er in seiner Unterhaut hunderttausende von Chromatophoren, Säckchen mit Pigmentkörnern in Schwarz, Braun, Rot, Orange und Gelb. Da die Nerven der Chromatophoren-Muskeln direkt mit dem Hirn verbunden sind, kann der Krake jede Chromatophore einzeln kontrollieren und so blitzschnell fast jedes beliebige optische Muster annehmen. Ein weiteres Highlight seiner Tarnkunst: Schwimmt ein Krake nahe der Wasseroberfläche, so kann er, um von der Tiefe aus nicht als Schatten erkennbar zu sein, mit der unteren Köperseite über Photophoren ein kaltes Licht erzeugen und dadurch das natürliche Spiel von Licht und Schatten austricksen. FOTOS: M.O’NEILL/K.SCHAFER/NHPA PHOTOSHOT Die Lügenbarone Hat sich ein Feind von den bisherigen Tricks nicht täuschen lassen, zieht der Krake eine andere Show ab: Er spreizt Arme und Hautschirm weit, das Körpermuster wird fleckig und dunkle Augenringe und weite Pupillen verstärken die Drohgebärde. Im zweiten Akt schlängelt er die Arme wie eine Tempeltänzerin und lässt sein Äußeres in allen Farben leuchten oder täuscht ein Schattenspiel vor, indem er Serien von dunklen Bändern dynamisch über den Körper fließen lässt. Ist der Feind noch immer bei Sinnen und bei der Sache, inszeniert der Krake im dritten Akt die ultimative Konfusion: Er wird schlagartig bleich und schießt davon, stößt aber vor dem Start aus seinem so genannten Tintensack eine dunkle Flüssigkeit aus, eine Schleimwolke, die seiner Körperkontur gleicht. Das geschieht so schnell, dass sich die meisten Angreifer auf die leere Tintenattrappe stürzen. Manchmal nebelt ein Krake auch die ganze Umgebung ein, bevor er sich im Dunkeln davonmacht. Es wird nun niemanden überraschen zu erfahren, dass die Mitglieder der Krakenfamilie ein enorm großes Hirn haben. Denn Lug und Trug schärfen den Verstand. Auch unser Menschengehirn hat sich aus diesem Grund im Laufe der Evolution zunehmend vergrößert, sagen die Biologen. Einerseits um Betrüger rascher entlarven zu können. Andererseits aber auch, um bei unseren eigenen Betrugsmanövern weniger leicht aufzufliegen. Und sieht man sich den Zustand der Welt an, so wohl auch, um den Selbstbetrug zu perfektionieren. Einen Zusammenhang zwischen Hirngröße und dem Hang zu betrügerischem Sozialverhalten machen die Forscher auch bei unseren nächsten Verwandten aus. Affen zeigen sogar schauspielerische Talente, wenn es darum geht, andere hinters Licht zu führen. Wenn ein Schimpanse beobachtet, wie ein Pfleger einen Apfel vergräbt, mimt er zunächst den Unwissenden, bis er allein den Apfel für sich ausgraben darf. Die Affen sind die Lügenbarone des Tierreichs. Hier findet das Spiel von Täuschung und Gegentäuschung mitunter auf einem bereits komplizierten Niveau statt. Ein beliebtes Beispiel: Ein Schimpanse findet Bananen, ignoriert diese jedoch, als ein Artgenosse auftaucht. Der Artgenosse soll wohl nicht seinerseits auf die Bananen aufmerksam werden. Dieser schlendert in der Tat davon, versteckt sich aber in der Nähe. Sobald der erste Schimpanse in der Annahme, seine Täuschung sei erfolgreich gewesen, zu den Bananen zurückkehrt, springt der Artgenosse aus seinem Versteck hervor und stürzt sich auf die Bananen. Er wusste anscheinend, dass der erste Schimpanse Bananen gefunden hatte, ihn aber glauben machen wollte, er habe keine Bananen gefunden. Er reagiert also mit einer Gegentäuschung, indem er die Perspektive des ersten Schimpansen so manipuliert, dass dieser glaubt, er glaube, der erste Schimpanse habe keine Bananen gefunden. Der Bildband: Überlebenskünstler Es geht ums Überleben. Darum, sich Hunger, Feinden, Hitze oder Kälte zu widersetzen. Dieser Bildband widmet sich den unglaublichen Anpassungsstrategien von Tieren. Etwa jener der Krabbenspinne, die, unbeweglich zwischen den Blättern einer Blüte, unsichtbar lauert. Ihre Beute hat keine Chance, sie zu entdecken: Die Krabbenspinne passt ihre Körperfarbe innerhalb weniger Tage dem Untergrund an. Rote Spinne auf roter Pflanze, gelbe auf gelber, weiße auf weißer. So schafft die Spinne es, satt zu werden. Oder der Kolibri: Seine Herzfrequenz klettert schon mal auf über 1.200 Schläge in der Minute, wenn der kleine Vogel vor einer Blüte zu schweben scheint. Während er mit seinem langen Rüssel den Nektar von tief unten saugt, muss er ununterbrochen mit den Flügeln schlagen. Eine Anpassung ans Extreme, die ihren Preis hat: Abends muss sich der kleine Kolibrikörper abkühlen und bis zum nächsten Morgen ausruhen. Auch bei den Pinguinen stehen sportliche Spitzenleistungen ganz oben auf der Tagesordnung. Schuld daran ist auch die Arbeitsteilung: Herr Pinguin brütet die Eier aus. Und das kann schon mal ein paar Monate dauern. So lange sitzt er auf seiner Brut, aufrecht, ohne Nahrung. Und selbst wenn er Zeit hat, seinen Hunger zu stillen, grenzt die Nahrungsbeschaffung an Extremsport: Bis zu 200 Meter tief muss er oft tauchen, bis er Essbares findet. Das heißt: 15 Minuten Luft anhalten. Die- Zum Kuckuck Manche müssen es im Laufe ihres Lebens erst erlernen, sich mit Betrug durchzuschlagen. Andere können es von Geburt an.Werfen wir noch einmal einen Blick auf unser Kuckucksei. Mit einer Brutzeit von nur zwölf Tagen ist der kleine Kuckuck fast immer die Nummer eins, wenn es ans Schlüpfen geht. Noch nackt und blind ertastet er nun die anderen Eier in der Nestmulde und schiebt sie kurzerflügel mit dem Rücken über Bord. So entledigt er sich seiner Konkurrenten und erhält dementsprechend mehr Aufmerksamkeit von seinen Pflegeeltern. Um genug Futter zu bekommen, legen bestimmte Kuckucke ihre Pflegeeltern mit einem optischen Trick rein: Sie zeigen ihnen die Unterseite ihres Flügels, wo eine Stelle der Federn wie der Schnabel gelb gefärbt ist. Schlagen diese Kuckuckskinder mit den Flügeln, täuschen sie so mehrere Schnäbel vor, die gefüttert werden wollen. c se und noch viele wundersame, faszinierende Leistungen aus dem Tierreich versammelt der Band „Die Überlebenskünstler“. Auf großformatigen Fotos wird deutlich, welchen Gefahren und Extremen manche Lebewesen gegenüberstehen. Und wie sie es schaffen, damit zu leben. „Die Überlebenskünstler. Wie Tiere sich an ihre Umwelt anpassen“ von Allessandro Minelli und Maria P. Manucci, National Geographic, 198 Seiten, Euro 41,10 Lug und Trug im Internet: Mimikry (Wikipedia): http://de.wikipedia.org/wiki/Mimikry Tarnen & Täuschen: www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/13385/ Alle Links zum Anklicken: www.universum.co.at Oktober 2008 s UNIVERSUM 21