Aufgabe 6 (Quartärstruktur) Fragestellung Folgende Fragestellungen sollen beim Hämocyanin-Hexamer von Limulus polyphemus (1lla_Hexamer.pdb) untersucht werden: - Welche Symmetrien sind erkennbar? - Wenn sie eine Symmetrie vermuten, wie können sie am Bildschirm einigermaßen überzeugend zeigen, dass diese Molekülsymmetrie wirklich vorhanden ist? - Welche Kräfte wirken zwischen Untereinheiten? Ergebnisse Hämocyanin besteht aus sechs Untereinheiten Abb.6.1: Hämocyanin-Hexamer Kette A, B, C, D, E und F in jeweils unterschiedlichen Farben. Vergleich der beiden Trimere Abb.6.2: Hämocyanin-Trimere Kette A (gelb), B (orange), C (rot), D (grün), E (blau), F(violett) Man sieht dass sich die Trimere einander entsprechen (identisch sind). Symmetrie eines Trimers Abb.6.3: Rotationssymmetrie der Hämocyanin-Trimere Kette B und C in rot, Kette A in grün. Dreht man diesen Trimer um 120° um die z-Achse so erscheint es so, als ob die grün eingefärbte Untereinheit im Uhrzeigersinn herumspringt während es bei den roten Untereinheiten so aussieht, als würden sie sich nicht bewegen. Das bedeutet, dass die beiden Trimere des Hämocyanins-Hexamers rotationssymmetrisch sind. „Kopf an Kopf“ - Zusammenlagerung der Trimere Abb.6.4: Zusammenlagerung der Trimere Kette A, B und C in hellblau, Kette D, E und F in dunkelblau, in allen drei Ketten wurden dieselben AS in magenta angefärbt. Man erkennt, dass sich die Trimere mit den sich jeweils entsprechenden Seiten zu einem Hexamer zusammenlagern. Rotate x 180 Abb.6.5: Zusammenlagerung der Trimere jeweils AS 1-100 in magenta, restliche AS blau. Dreht man das Hexamer in dieser Einstellung und 180° um die x-Achse verändert sich das Bild nicht. Die Ober und Unterseite des Hexamers sehen identisch aus. Stabilisierung der Quartärstruktur: Disulfidbrücken? Abb.6.6: Disulfidbrücken in Hämocyanin-Struktur Untereinheiten jeweils in einer anderen Farbe, Disulfidbrücken in spacefill, Rest in wireframe. Man sieht dass es zwischen den Untereinheiten zu keiner Ausbildung von SS-Brücken kommt. Nur 2 Disulfidbrücken pro Untereinheit stabilisieren die Tertiärstruktur. Stabilisierung der Quartärstruktur: H-Brücken? Abb. 6.7: H-Brücken im Bereich der interfaces Kette A in blau, Kette B in cyan, H-Brücken in rot. Innerhalb der Untereinheiten befinden sich viele H-Brücken, zwischen den Untereinheiten dagegen nur sehr wenige. Stabilisierung der Quartärstuktur: ionische WW? Abb. 6.8: ionische WW im Bereich der interfaces Kette A in blau Kette B in cyan, polare Aminosäuren in gelb, Geladene in rot. In Bereich der Schnittstelle zwischen den beiden Untereinheiten befinden sich viele geladene Aminosäuren. Stabilisierung der Quartärstruktur: Salzbrücken? Abb. 6.9: Salzbrücken im Bereich der interfaces Asp in blau, Glu in cyan, His in gelb, Lys in rot, Arg in violett. Man erkennt Salzbrücken zwischen Aspartat und Arginin Auswertung / Disskussion Hämocyanine sind große kupferhaltige Proteine, die in der Hämolymphe vieler Arthropoden, Sauerstoff von den respiratorischen Epithelien zu den inneren Organen transportieren. Die Hämocyanine der Arthropoden bilden stets Hexamere oder Oligohexamere aus ähnlichen oder identischen Untereinheiten. Symmetrien: Die vorliegende Struktur (1LLA-Hexamer) des Hämocyanins von Limulus polyphemus ist aus 6 Ketten zusammengesetzt, die jeweils globuläre Struktur aufweisen (Abb.6,1). Das Hexamer lässt sich in zwei Trimere zerlegen die einander entsprechen (Abb.6,2). Die Trimere weisen eine dreizählige Rotationssymetrie auf (nach drei Drehungen um 120° ist der Ausgangszustand wieder hergestellt) mit einer Rotationsachse die beim Öffnen der Datei 1lLLA-Hexamer.pdb der z-Achse entspircht. Wie wir wissen gibt es bei Proteinen keine Inversions- oder Spiegelsymmetrien (sonst müssten L-AS zu D-AS werden). Somit haben die Trimere um eine sogenannte C3-Symetrie (cyklisch 3 zählige Achse). Die Trimere mit C3-Symetrie sind nun „Kopf an Kopf“ und um 60° verdreht aufeinander gesetzt (Abb.6,39) womit nun das ganze Molekül eine D3 Symetrie hat. (Abb. aus Voet, 2002) In der Natur kommt das Limulus-Hämocyanin allerdings nicht als Hexamer sonder als Oligohexamer vor. Dieses ist dann zusammengestzt aus 8 Hexameren, und besteht somit aus 48 Untereinheiten (Abb.6,10). Die Symmetrien dieser höheren Ordnung wurden nicht untersucht. Abb.6.10:Quartärstruktur von Limulus-Hämocyanin (nach Markl und Decker, 1992) Stabilisierung der Quartärstruktur: Die Quartärstruktur des 1LLA-Hexamers wird nicht durch Disulfidbrücken stabilisiert, sie kommen nur innnerhalb der Untereinheiten vor. Dies ist typisch für extrazelluläre Proteine wie das Hämocyanin. Bei der weiteren Suche nach stabilisierenden Kräften haben wir die H-Brücken zwischen den Untereinheiten betrachtet. Auch hier haben wir festgestellt, dass diese Art der Wechselwirkung nicht ausschlaggebend für die Erhaltung der Quartärstruktur sein kann, denn es konnte nur eine H-Brücke zwischen den Untereinheiten der Trimere nachgewiesen werden. Des weiteren haben wir die Möglichkeit, dass die Quartärstruktur durch ionische Wechselwirkungen wie Salzbrücken maßgeblich stabilisiert wird, untersucht. Dazu wurden alle geladenen AS der beiden untersuchten Untereinheiten angefärbt. Dabei stellte sich heraus, dass sich zwischen den beiden Untereinheiten vermehrt geladene AS befinden(Abb.6,8). Zwei solcher Salzbrücken sind in Abb.6,9 dargestellt Aus diesen beiden Beobachtungen lässt sich ableiten, dass die maßgebliche Stabilisierung durch unspezifische ionische Wechselwirkungen der Untereinheiten an der Schnittstelle zustande kommt (Abb.6,8). Ionische WW verlieren an Kraft mit dem Faktor 1/r was im Vergleich zu anderen WW recht langsam ist (Dipol-Dipol-WW fällt mit 1/r3 ab). Ein weiterer wichtiger Beitrag stammt sicherlich auch von den beiden Salzbrücken. Stabilisierung durch hydrophobe WW kann man ausschließen, da im Bereich der Schnittstelle vermehrt geladene und eben keine hydrophoben AS auftreten (Abb.6,8). Vorteile von Quartärstruktur: Bei Proteinen lässt sich oft eine Quartärstruktur aus mehreren Untereinheiten mit jeweils einem aktiven Zentrum beobachten. Vorteile gegenüber einem großen Protein mit vielen aktiven Zentren sind: • Wenn ein solches, großes Protein beschädigt wird muss es ganz abgebaut werden, bei zusammengesetzten Proteinen reicht es wenn die beschädigte Untereinheit ausgetauscht wird. Æ Verschwendung von GTP bei Neusynthese wird verhindert (Bausatzprinzip ist effektiver als Verlängerung der Polypeptidkette). • Zu große Proteine können nicht mehr auf Faltungshelfer wie z.B. das Chaperonin GroEL/ES zurückgreifen da sie hierfür zu groß sind. Æ Probleme bei der Faltung werden umgangen. Ein weiterer Trend der sich erkennen lässt ist, dass Proteine aus vielen identischen (1LLA-Hexamer) oder ähnlichen Untereinheiten zusammengesetzt werden. Gründe hierfür sind unter anderem.: • Die Natur muss nicht viele verschiedene Untereinheiten erfinden sondern kann bewährte Konzepte wiederverwenden. Æ Sparen von Ideen. • Es müssen nicht viele verschiedene Untereinheiten auf der DNA kodiert werden Æ Sparen von DNA und RNA, Sparen von Energie für RNA-Synthese. • Es müssen nicht viele verschiedene Gene reguliert werden. Æ Probleme der Regulation werden umgangen. • Durch Bindung von Effektoren an Symetrieachsen können mehrere Untereinheiten auf einmal beieinflusst werden Æ schnellere und effektivere Regulation durch Effektoren. • Effekte der Kooperativität funktionieren nur bei zusammengesetzten Proteinen. Vorteile für die Ausbildung einer Quartärstruktur speziell bei Hämocyanin: • Hämocyanin ist ein extrazelluläres Protein, das frei in der Hamolymphe flottiert. Um einen übermässigen passiven Wassereinstrom von Aussen in den Körper und von den Körperzellen in die Hämolymphe zu verhindern, muss der osmotische Wert der Hämolymphe niedrig gehalten werden. Der osmotische Wert ist nur abhängig von der Teilchenzahl in der Flüssigkeit und kann durch Zusammenlagerung der Untereinheiten zu einem (bei Limulus) 48-mer drastisch gesenkt werden. Bildnachweise: Abb. 6.10 von: http://www.staff.uni-mainz.de/lieb/f1/f1_2005_draft.pdf