Inhalt Teil B: 5. Vom Stoff zum Werkstoff: Metalldarstellung 6. Vom Werkstoff zum Bauteil, Urformen (Umformen wird in der Vorlesung "Werkstofftechnologie und Halbzeuge" behandelt) 7. Werkstoffbezeichnungen 8. Überblick über Werkstoffprüfung (und -analytik) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 163 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vom Stoff zum Werkstoff: Metalldarstellung • Einteilung der Darstellungsverfahren • Darstellung des Kupfers • Stahlherstellung • Aluminiumherstellung • Beispiel für Sonderverfahren (Titan) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 164 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Metalldarstellung Gediegen Formen des Vorkommens Erz Grundsätzliche Verfahrensschritte Erzabbau Stückig machen Mahlen Anreichern Rösten (z.B. Flotation) (Oxidieren) Reduzieren Raffinieren Verfahrenstechnische Entwicklung Reduktionsverfahren Reduktion sulfidischer Erze Oxithermisch (Cu) Reduktion durch Kohlenstoff Karbothermisch (Fe) Reduktion mit Wasserstoff Hydrothermisch (W) Elektrochemisch Schmelzflußelektrolyse (Al) Reduktion mit anderen Metallen (im wesentlichen mit Aluminium) Aluminothermisch (V) Chemische Methoden: Metallaromatisch Ionenaustausch Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle z. B. Carbonylnickel z.B. Titanherstellung 165 Merke: Die Metalldarstellung ist ein chemischer Prozeß Kleinere Partikel erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit und den Wirkungsgrad Höhere Temperaturen erhöhen die Ausbeute Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kupfer – Vorkommen und Verbrauch Kupferbergbau, Raffinerieprodukte; Verbrauch und Handelsströme Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 166 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kupfer – Gewinnung und Erze Cu2 S + 2Cu2O → 6Cu + SO2↑ Verfahren zur Kupfergewinnung Flotationsanlage Verschiedene Kupfererze Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 167 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kupfer – Pyrometallurgie Ausgießen der Konverter (TmCu = 1083°C): • Unterschieden wird zwischen Schwebe- und Badschmelzverfahren • Für größere Mengen hat sich das Schwebeschmelzverfahren durchgesetzt • Nachteil des Badschmelzverfahrens ist der hohe Brennstoffverbrauch Pyrometallurgie des Kupfers Schwebeschmelzverfahren Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 168 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Feuerraffination von Kupfer Kupfer – Raffination Recyclingschrotte als Einsatzstoffe für den Konverter Merke: Alle enthaltenen Metalle können auf der Kupferroute wiedergewonnen werden (siehe Folie zum Recycling) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 169 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kupfer – Elektrolyse Raffinationselektrolyse von Kupfer Gießen von Anodenplatten Kathodenplatten frisch aus der Elektrolysezelle gezogen edlere Metalle Lösung unedlere Metalle Anodenschlamm Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 170 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Eisenwerkstoffe Weltweiter Stahlverbrauch pro Kopf und Jahr: Industrieländer: 150 kg! 350 kg/( Kopf Jahr)! Allerdings: Verlust durch Eisenrost ~ 1 to/Minute (500.000 to/a) weltweit! In Industrieländern: Systemverlust durch Eisenrost ca. 4-5% des Bruttonationaleinkommen (~ 100 Mrd. € pro Jahr in Deutschland) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 171 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Grundprinzip der Stahlherstellung Rohstoff Roheisenerzeugung Entfernung von C, Si, Mn, P, S durch Oxidation der Schmelze Eisenerz Prinzip Aufbereitung Naßaufbereitung (z.B. Flotation) oder: Schmelzreduktion Direktreduktion Roheisen Fe+(3,5-4,5% C, -1% Si, 0,2-0,6% Mn,0,1-0,6% P, 0,05-0,1% S) 2 FeO Fe + MnO 2 Fe + SiO2 ≥ 2% C: ≤ 2% C: FeO + C 2 FeO + S 5 FeO + P Fe + CO 2 Fe + SO2 2 Fe + P2O5 Roheisen, Gußeisen Stahl Anteil der Verfahren in % 100 Verfahren Hochofen O2 + 2 Fe FeO + Mn 2 FeO + Si Merke: Mahlen u. Sintern Reduktion Produkt Stahlerzeugung •SauerstoffBlasVerfahren (LD, LDAC, OBM) •Siemens-Martin-Verfahren •Elektrostahl-Verfahren •Thomas-Verfahren •Bessemer-Verfahren SBV 80 60 TV u. BV 40 SMV 20 ESV 0 1960 Merke: 1 t Stahl kostet ca. 500.- € Die BRD produziert ca. 40 Mio t/a Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 1970 1980 Sekundärmetallurgie - Nachreinigen 172 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Entwicklung der Stahlerzeugung Entwicklung der Technologie zur Stahlerzeugung und -umformung Weltstahlerzeugung Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 173 Eisenerzeugung im Stückofen 16. Jahrhundert Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Eisenerz – Vorkommen und Arten Eisenerzvorkommen der Welt Eisenerze Magnetit Magneteisenerz Hämatit Roteisenerz Limonit Brauneisenerz Siderit Spateisenerz Fe3O4 Fe2O3 Fe2O3 * H2O FeCO3 Hämatit Magnetit Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 174 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Wege vom Erz zum Stahl Verfahrenswege für die Herstellung von Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 175 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Roheisenerzeugung Hochofen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 176 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Fe ↔ Fe-Oxide ↔ CO ↔ CO2 CO + FeO ↔ Fe + CO2 + 246 J/(g Fe) niedrige Temperatur (ca. 450°C) indirekte Reduktion, exotherm 4 CO + Fe3O4 ↔ 3 Fe + 4 CO2 + 104 J/(g Fe) niedrige Temperatur (bis ca. 550°C) direkte Reduktion, exotherm 3 C + Fe2O3 ↔ 2 Fe + 3 CO - 4200 J/(g Fe) hohe Temperatur (> 1000°C) direkte Reduktion, endotherm Es ist günstig die Prozessführung so zu lenken, dass die exothermen Reaktionen gefördert werden. Vereinfachtes BaurGlaessner Diagramm Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 177 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Roheisenerzeugung Hochofen Querschnitt durch Hochofen und Winderhitzer zum Größenvergleich (Temperaturen im Hochofen und chemische Reaktionen). Filteranlagen mit ca. doppelter Größe des Winderhitzers. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 178 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Roheisenabstich (Exkursion ThyssenKrupp, Juni 2004) Zahlen des Hochofens Duisburg 2: Gesamthöhe 90 m Hochofenkern 75m Durchmesser 15 m Tagesleistung 10.000 t Roheisen/Tag Standzeit (Ofenreise) 8 – 10 Jahre Abstich ca. alle 2 Stunden 5 geschlossene Wasserkreisläufe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 179 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Exkursion ThyssenKrupp, Juni 2004 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 180 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Roheisenerzeugung – Direktreduktion Verfahren zur Direktreduktion Einteilung: • Gasreduktion 90 % CO, H2, Mischungen • Feststoffreduktion 10% Kohlestaub Vorteile: • Kleine Produktionsgröße • Dezentrale Standortwahl • Reduktion mit Erdgas oder Kohlestaub Produkt: Eisenschwamm • (Hochreduziertes nichtaufgeschmolzenes Erz • Form: fest (stückig, feinkörnig) • Metallisierungsgrad 80-95% Nachteile: • Höhere Herstellkosten • Verunreinigungen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 181 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Frischen verschiedene Blasverfahren schematischer Ablauf LD / AC - Verf. LD - Verf. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 182 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Merke: Hochofen und Konverter können als Stromerzeuger, Stahlerzeuger oder als Recyclinganlage betrieben werden Kombiniertes Verfahren OBM - Konverter Sauerstoffaufblaskonverter Frischen Flußmittel Kohlen wasserstoffe Sauerstoff Druckluft Sauerstoff und / oder Argon Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 183 Schlackenbildner Sauerstoff Kohlenwasserstoffe Luft N2 und / oder Ar Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Elektrolichtbogenofen Vorteile der Stahlerzeugung im Elektrolichtbogenofen: • Erschmelzenjeder möglichen Stahlsorte • Unabhängigkeit vom Einsatz (Schrott, Eisenschwamm, Roheisen) • Niedriger Investitionsbedarf • Automatisierbarkeit • Hoher Wirkungsgrad Elektrolichtbogenofen schematischer Ablauf Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 184 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Sekundärmetallurgie Ziel der Sekundärmetallurgie (Nachbehandlung von Stahl): Erhöhung der Qualität des Werkstoffes Stahl durch folgende metallurgische Maßnahmen • Legierungseinstellung • Homogenisierung von Temperatur und Zusammensetzung sowie Temperaturführung • Entkohlung • Entschwefelung • Entfernung von Spurenelementen • Entgasung • Desoxidation • Einschlusseinformung • Verbesserung des Reinheitsgrades • Beeinflussung des Erstarrungsgefüges Maßnahmen der Sekundärmetallurgie Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 185 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung Verfahren der Vakuumbehandlung Definition Vakuummetallurgie: Vakuumbehandlung von flüssigem Stahl (Vakuumnachbehandlung) Teilmengenbehandlung Gießstrahlbehandlung Behandlung unter stark verminderten Druck Ergebnisse der Vakuumbehandlung: Pfannenbehandlung mit zusätzlicher Beheizung Stähle • guter Reinheit • niedriger Gasgehalte • enger Legierungstoleranzen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle chemisch 186 physikalisch Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Vergießen Schema des Stranggießens von Stahl Vorteile des Stranggießens : Durch das setzen von Anker und Tundish kann kurzfristig die Legierung der Stranggußanlage gewechselt werden. Abgießen des Stahls Vorteile des Stranggießens : Die Stranggussanlage erlaubt kontinuierlichen Gießprozess. Durch magnetisches Rühren werden starke Seigerungen vermieden. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 187 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlerzeugung – Formgebung durch Walzen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 188 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Werbefilm ThyssenKrupp TU Delft Stahl, Gusseisen, Al, Mg, Ti, ausführlich in der Vorlesung Metallische Halbzeuge (4.Sem. B.Sc. MaWi + WeTe), bzw. Werkstofftechnologie und Halbzeuge (1.Sem. Master MSE) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 189 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vom Werkstoff zum Bauteil • • • • Gießen Urformen (nachfolgende Folien) Pulvermetallurgie Umformen (H1, VW3: Werkstofftechnologie und Halbzeuge) Stoffeigenschaftsänderungen Folien (im Wesentlichen über Wärmebehandlungen) ~ 124-163 Nicht besprochen werden: - Spanende Formgebung - Fügeverfahren (Schweißen, Löten, Kleben, Schrauben, Nieten, ...) eigene Vorlesung im Vertiefungsfach Metalle - Beschichten (Vorlesung Willert-Porada) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 190 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vom Werkstoff zum Bauteil - Fertigungsabläufe Metalldarstellung Energie Erze Zuschläge Raffination Gießen BlockStrangBandguß Recycling Formguß Verdüsen Metallpulver Mischen / Kompaktieren Umformen Spanende Formgebung Stoffeigenschaftsänderung Trennen Abtragen Werkstoffprüfung / Qualitätssicherung SchmelzmetallurgieSchmelzen / Legieren Pulvermetallurgie Verbinden Beschichten Fertigteil Demontage Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Montage / Einsatz 191 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Einteilung der Form- und Gießverfahren Form- und Gießverfahren Gießen in Dauerformen (ohne Modelle) Gießen in verlorene Formen Mit Dauermodellen Mit verlorenen Modellen Handformen Feingießen Druckgießen Maschinenformen (Vollformgießen) Kokillengießen Maskenformen (Schleudergießen) (Vakuumformen) Stranggießen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 192 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in verlorene Formen Sandguß 1 Formstoff 2 Formkasten 3 Bodenplatte 4 Kernaussparung 5 Modellhälfte 6 Entlüftung 7 Gusskanal 8 Schmelze • Verdichten des Formsandes durch 9 Kern Feststampfen (Handformen) 10 Werkstück Wissenfloater Sandguss Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 193 • Maschinenformen: Verdichten durch maschinelles Rütteln des Formkastens Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießereitechnik Das Prinzip Sandguss vorgeführt vom Konstrukteur Former Bergische Universität Wuppertal Verein Deutscher Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Giessereifachleute Metallgießer Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in Einmalformen auf Sandbasis Große Gussstücke und Teile aus hochschmelzenden Metallen werden in Einmalformen auf Sandbasis gegossen. In der Fachwelt nennt man diese Art von Formen verlorene Formen, weil sie zur Entnahme des fertigen Gussteils zerstört werden müssen. Solche Formen werden aus speziellen Formsanden hergestellt. Der Formsand ist nicht einfacher Sand, sondern besteht aus einem feuerfesten Formgrundstoff und chemischen Zusätzen. Er muss zunächst bildsam und später fest und gasdurchlässig sein. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Das Einformen schematisch: Die Form ist das Negativ des Werkstücks 1. Vorgesehenes Fertigteil 2. Modell (Holz, Kunstst.,...) 3. “Kern“ und “Kernmarken“ 4. Modell eingeformt mit Einguss, Anschnitt, Speiser 1 5 2 6 3 7 4 8 5. Geteilte Form geteiltes Modell 6. Modell wird entfernt 7. Der “Kern“ wird eingelegt 8. Fertige Form mit Kern Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Die Paxis des Einformens Der Gießereimechaniker, Fachrichtung Handformguss, hier als Lehrformer, zeigt wie´s geht Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Das Abgießen der Form Das fertige Werkstück mit Einguss, Anschnitt (Zulauf) und Speiser sowie rechts das ursprüngliche Modell Der Metallgießer bei der Arbeit “Ausschlagen“ des Gusses Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Dieser Wissens-Floater wurde erstellt an der Bergischen Universität W in Zusammenarbeit mit dem Verein Deutscher Giessereifachleute e.V. Autor: Prof. Dr.-Ing. Helmut Richter Bild- und Filmmaterial sind entnommen aus dem Lehrfilm GIESSEN Formgießen Der kurze Weg von der Idee zum fertige Weitere Informationen: (0211) 6871-247 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in verlorene Formen Maskenformen • Gemisch aus Phenolharz und Quarzsand • Aushärtung an erwärmten Modellhälften • Überschüssiger Formstoff wieder verwendbar • Aushärten der Formmasken • Herstellung von Kernen erfolgt analog • Hohe Maßgenauigkeit und Oberflächengüte der Gußstücke Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 200 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in verlorene Formen Vakuumformen • Verdichtung durch Rütteln und Vakuum • Abguß unter Beibehalten des Vakuums • Vergasen der Kundststoffolie Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 201 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen mit verlorenen Modellen Vollformgießen Anwendung: Herstellung von Einzelstücken (Schaumstoffmodell billiger als Holzmodell) • Modell aus Kunststoffhartschaum • Einformen mit Formstoff • Vergasen des Modells beim Gießen Werbefilm Giesserei Burkhardt Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 202 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in verlorene Formen Feingießen (Firma AAT, Bayreuth) 5 - 8 mal © Turbine Casting FPI X-Ray Feinguss ist der Oberbegriff für Gußstücke, die im Wachsausschmelzverfahren hergestellt werden. Durch die ungeteilte Form sind beliebig geformte Teile mit hoher Genauigkeit möglich. Feinguss kommt bevorzugt bei harten, schwer zerspanbaren Werkstoffen (legierte Stähle oder Hartlegierungen) mit geringen Stückzahlen und komplexen Geometrien zum Einsatz. Eine anschließende Wärmebehandlung sorgt für eine Verbesserung der Zähigkeit. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 203 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Geschichte Feingussverfahren z.B. Bibracte ~ 50 v.Chr. Wachsgefüllte keramische Form Turbine Casting Kleiderschnalle Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 204 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vakuum Feinguss (investment casting) von Turbinenschaufeln (Firma AAT in Bayreuth) Polykristalline, gerichtet erstarrt (DS) und einkristalline Schaufel (SX) Größe bis zu 500 mm, Gewicht pro Schaufel bis zu 10 kg, Traubengewicht bis zu 80 kg. Präzision bis zu 1/10 mm Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 205 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vakuum Feinguss (investment casting) einkristalline Proben am Lehrstuhl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 206 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe MTS (heute AAT), Bayreuth ground-breaking ceremony: 20.02.2008, topping-out ceremony: 06.06.2008 start of production: ~ 12/2008 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 207 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Exkursion Doncasters Precision Casting Bochum 2007 2) 1) 3) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 208 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Anwendungsbeispiele - Feinguß Airbustür Ariane Versorgungsklappe Inneres Landeklappensystem (Airbus A 330 / A 340) Kraftstoffzufuhr Verbindungsknoten Zelle Spacelab Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 209 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Anwendungsbeispiel - Feinguß Einkristalline Turbinenschaufel Einsatz als erste Laufschaufel nach der Brennkammer in einem GuD Kraftwerk (Gas- und Dampfturbine). Die Abgase der Gasturbine müssen heiß genug sein um Wasserdampf (200-300 °C) zum Antrieb einer nachgeschalteten Dampfturbine zu erzeugen. Werkstoff: Inconel 738 LC LC = low carbon (geringer Kohlenstoffgehalt) Gewicht der Schaufel (obwohl durch Luftkühlung innen hohl): 6,8 kg Länge des Kristalls: 350 mm Verkaufspreis ~ 15.000,- € Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 210 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in Dauerformen Druckgießen • • • • • Dünnwandige Werkstücke Schwierige Formen Maßgenauigkeit hohe Oberflächenqualität niedrigschmelzende Elemente (Al, Mg) Warmkammer-Druckguß Drücke bis 2000 bar (200 MPa) Kaltkammer-Druckguß Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 211 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in Dauerformen Stranggießen • Kontinuierlicher Gießprozeß • Wassergekühlte Kokille • Horizontal: z.B. Messing • Vertikal: z. B. Kupfer • Umgelenkt: vorwiegend bei Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 212 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gießen in Dauerformen Stranggießen Stranggießen Vorteile: • Endloser Strang • Ausbringung > 95% • Gleichmäßige Erstarrung geringere Seigerungen • schneller Abguss • größere Wirtschaftlichkeit durch weniger Arbeitsgänge Stranggießen von Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 213 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Elektromagnetisches Rühren beim Strangguß • Induktives Rühren eines an der Oberfläche bereits erstarrten Stranges • Vermeidung von Blockseigerungen im noch flüssigen Kern • „Abbrechen“ von Dendritenstämmen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 214 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Gussfehler • Schülpen • Versetzter Guß • Schlackeneinschlüsse • Gasblasen • Lunker • Risse Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 215 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vermeidung von Lunkern Die Schwindung im festen Zustand ist als Übermaß beim Modellbau zu berücksichtigen. ∆Vl Volumen ∆Vl/s (Lunker) ∆Vs (Schwindung) fest flüssig TS Temperatur Die Erstarrungsschwindung führt zur Bildung von Lunkern. Durch konstruktive bzw. gießtechnische Maßnahmen ist der Erstarrungsablauf so zu gestalten, daß die Lunker außerhalb des Gußteils liegen. • Nachfließen der Schmelze aus dem Einguß, den Speisern oder Steigern Lunker • Zunehmende Wandstärke zum Speiser hin • Vermeidung von Materialanhäufungen durch Einlegen von Kernen Kern • Gezieltes Kühlen oder Heizen der Form Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 216 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Entstehung von Kristallseigerungen Ideal T (vollständiger Konzentrationsausgleich) T 1: α1 T1 T2 T 2: α2 T3 T 3: α 3 = c0 Real (unvollständiger Konzentrationsausgleich) s3 A s2 s1 c0 (α3) α2 α1 B α1 T 2: A-ärmer als ≈ α2 α2 αKern: A-ärmer als co αMitte ≈ co αRand: A-reicher als co T 3: "Zwiebelschalen" Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle T 1: 217 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Makrostruktur eines Gussstücks bei der Erstarrung Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 218 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe METIS, RWTH Aachen http://www.imm.rwth-aachen.de → METIS → Solidification → Nucleation (ab 0.35 K/s spontane Keimbildung im Zentrum) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 219 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Prüfen der Gießbarkeit Gießbarkeit und Formfüllungsvermögen • Länge der Gußspirale • Beschaffenheit der Kanten Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 220 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Weitere Gießverfahren Bandguß Schmelzwalzen Schmelzspinnen • Gekühltes Gießrad • Extrem hohe Abkühlgeschwindigkeit • Metallische Gläser Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 221 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vom Werkstoff zum Bauteil - Fertigungsabläufe Metalldarstellung Energie Erze Zuschläge Raffination Gießen BlockStrangBandguß Recycling Formguß Verdüsen Metallpulver Mischen / Kompaktieren Umformen Spanende Formgebung Stoffeigenschaftsänderung Trennen Abtragen Werkstoffprüfung / Qualitätssicherung SchmelzmetallurgieSchmelzen / Legieren Pulvermetallurgie Verbinden Beschichten Fertigteil Demontage Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Montage / Einsatz 222 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Pulvermetallurgie (siehe Vorlesungen Keramik) Umgehung des flüssigen Zustands • endkonturnahe Formgebung • Metalle mit sehr hohem Schmelzpunkt (z.B. W, Tm = 3410 °C), reaktive Metalle (z. B. Be), spröde Metalle (intermetallische Phasen) • besondere Anforderungen an das Gefüge (Korngröße, gleichmäßige Verteilung) • besondere Eigenschaften, die gießtechnisch nicht erreichbar sind (Hartmagnete) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 223 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Herstellung und Verwendung von Aluminiumpulvern Al-Pulver, Korngröße 0,15-0,30 µm in Wasser verdüst, Al2O3-Gehalt 4,4% Anwendungen • Herstellung von Anstrich und Farben • Herstellung von Metallic-Lacken • Werkstoffe zum Thermischen Spritzen • Reduktionsmittel für die chemische Industrie • Reduktionsmittel für die Metallurgie • Herstellung von Aluminiumschäumen • Pyrotechnik Sprühkompaktieren von Al-Pulver Großtechnische Anwendung des Sprühkompaktierens: • Zylinderlaufbuchse aus AlSiCuNi-Legierung Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 224 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Pulverherstellung • Mahlen in Kugel- oder Zahnscheibenmühle (spröde Metalle) • „Zerstäuben“ der Metallschmelze durch einen Wasserstrahl oder einen Gasstrom („Verdüsen“) • Niederschlagen aus der Dampfphase • Abscheidung aus Lösungen oder Salzschmelzen • Reduktion von Metalloxiden • Thermisches Zersetzen von Metallverbindungen Kupferpulver: kugelig (oben) dendritisch (unten) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 225 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Pulververarbeitung Schüttdichte Füllen Klopfdichte Gründichte Abstreifen Pressen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 226 Zur besseren Verarbeitbarkeit werden die Pulver häufig mit Wachsen oder Stearat versetzt Auswerfen Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Sintern Entstehung des Gefüges in einem Sinterkörper aus Fe-Pulver Anfangsstadium des Sinterns Beginnende Halsbildung Zwischenstadium des Sinterns Kornwachstum, teilweise Einformung der Poren Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Aufheizen des gepressten Formkörpers unter Vakuum oder Schutzgas, ggf. unter erhöhtem Druck (Heißpressen) Tritt während des Sintervorgangs eine flüssige Phase auf, so spricht man von Flüssigphasensintern (z.B. bei Hartmetallen) 227 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Metal Injection Moulding (MIM) Prozess wie bei der Kunststoffspritzgießtechnik: Mischen des Metallpulvers mit organischen Bindern. Diese Masse ist in Spritzgießmaschinen verarbeitbar. Zusätzlicher Schritt im Vergleich zu den Veredelungsprozesse Sintermetallen: Austreiben des Binders. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 228 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vergleich Sintermetalle, Metal Injection Moulding (MIM), Feinguß, spanende Bearbeitung MIM: pulvermetallurgisches Spritzgießen. Hohe Werkzeugkosten beim MIM-Verfahren. Bei hohen Stückzahlen, kleinen Teilen und komplexen Formen kommt MIM zum Einsatz. Generelles Problem MIM und Sintermetalle: Porenanteil > 0 Das MIM-Verfahren konkurriert hauptsächlich mit Fein- und Druckguß Schunk MIM-Technik Diplomarbeit Herrmann 2005, Promotion Albert (2008-2012) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 229 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Verfahrensschritte des Metallpulverspritzgussverfahrens Einfluß der Dichte auf die mechanischen Eigenschaften von Sinterstahl (schematisch) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 230 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Einführung in Werkstoffbezeichnungen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 231 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Weit verbreitete Werkstoffbezeichnungen Unlegierte Stähle: Gehalte der Eisenbegleiter unter: Al Cr Cu Mn Ni P S Si Ti 0.1 % 0.25 % 0.25 % 0.8 % 0.25 % 0.09 % 0.06 % 0.5 % 0.1 % Werkstoffgruppe St YY - Z Gütegruppe - 1: keine besondere Prüfung - 2: ISO Kerbschlagzähigkeit 35 J/cm2 bei 0°C Beispiel: St 33 -2 steht für Unlegierter Baustahl, Mindestzugfestigkeit 33 kp/mm2 = 324 MPa, Gütegruppe 2 - 3: ISO Kerbschlagzähigkeit 35 J/cm2 bei -20°C Mindestzugfestigkeit in kp/mm2 (multipliziert mit 9,81 ergibt N/mm2 oder MPa) sehr weit verbreitet: St 37 (veraltet, immer noch verwendet), aktuell: S235JR, Werkstoffnr. 1.0037 (Mindeststreckgrenze 235 MPa mit 27 J Kerbschlagarbeit bei 20°C) Hinweis: unlegierter Baustahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 232 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Unlegierter Qualitätsstahl Unlegierter Qualitätsstähle haben besondere Eigenschaften wie Tiefziehfähigkeit, Eignung zur Automatenbearbeitung oder Sprödbruchunempfindlichkeit ("C") Werkstoffgruppe C XX Kohlenstoffgehalt in wt.% x 100 Beispiel: C 35 steht für Unlegierter Qualitätsstahl mit 0,35% Kohlenstoffgehalt Hinweis: unlegierter Qualitätsstahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 233 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Unlegierter Qualitätsstahl besonderer Reinheit Werkstoffgruppe Cz XX Kohlenstoffgehalt in wt.% x 100 Qualitätsmerkmal f: flamm- und induktionshärtbar k: kleiner Phosphor- und Schwefelgehalt q: zum Kaltstauchen geeignet Hinweis: unlegierter Qualitätsstahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Beispiel: Ck 45 steht für Unlegierter Qualitätsstahl mit geringem Phosphor und Schwefelgehalt und 0,45% Kohlenstoffgehalt 234 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Legierte Stähle Werkstoffgruppe xx Leg 1 Leg 2 Geh 1 Geh 2 Gehalt von Legierungselement 2 Gehalt von Legierungselement 1 Chem. Symbol für Legierungselement 2 Chem. Symbol für Legierungselement 1 Legierungselement Faktor Merksatz der wichtigsten Elemente Co, Cr, Mn, Ni, Si, W x4 Chrom (Cr) konnte (Co) man (Mn) nicht (Ni) sicher (Si) wahrnehmen (W) Al, Be, Cu, Mo, Nb, Ta, Ti, V, Zr, Pb, B x 10 AlCuMoTaTiV P, S, N, C, Ce x 100 Kohlenstoffgehalt in % · 100 Beispiel: 42 Cr Mo 4 steht für 0,42% Kohlenstoff, Legierungselement 1 ist Chrom, Legierungselement 2 ist Molybdän, 1% Chrom und einem geringen Zusatz von Mo (Spuren <0,1%) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 235 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Hochlegierte Stähle Hochlegierte Stähle mit einem Gesamtlegierungsgehalt > 5 %. Analog wie bei legierten Stählen mit dem Unterschied, dass außer bei Kohlenstoff alle Legierungselemente mit ihrem tatsächlichen Gehalt angegeben werden. Die Kennzeichnung "X" ist vorangestellt. X 22 Cr Mo V 12 geringer Zusatz V (Spuren < 1%) geringer Zusatz Mo (Spuren < 1%) 12% Chrom (Achtung: Faktor = 1) Legierungselement 3: Vanadium Legierungselement 2: Molybdän Legierungselement 1: Chrom Weiteres prominentes Beispiel: X 5 Cr Ni 18 10 Werkstoffnummer 1.4301 Volksmund: V2A 0,22% Kohlenstoff x 100 Hinweis: hochlegierter Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 236 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Bezeichnung der Nichteisenmetalllegierungen Kennzeichnung nach dem Metall mit dem höchsten Legierungsanteil (Grundmetall) und den weiteren Legierungselementen: G Leg 1 Geh 1 Leg 2 Geh 2 Legierungsgehalt von Element 2 Legierungselement 2 Legierungsgehalt von Element 1 Legierungselement 1 Grundwerkstoff Ti Al 6 V 4 Vanadiumanteil 4% Aluminiumanteil 6% Titanlegierung (Titananteil: 90%) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 237 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Werkstoffnormung durch Werkstoffnummern Die Werkstoffe werden durch eine siebenstellige Zahl gekennzeichnet und dadurch eindeutig bestimmt. Es werden alle Werkstoffgruppen (auch nichtmetallische) erfasst. Y.YYYY.YY Anhängezahlen Sortennummer Werkstoffhauptgruppe Werkstoffhauptgruppen: 0 Roh-, Gusseisen, Ferrolegierungen 1 Stahl 2 Schwermetalle (außer Eisen) 3 Leichtmetalle 4 Eisen und Stahl Nichteisenmetalle Nicht- 5 metallische 6 7 Werkstoffe 8 9 z.B. Versuchslegierungen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 238 Interne Nutzung Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Sortennummern 0.0000 - 0.2999 Roheisen 0.3000 - 0.4999 Vorlegierungen 0.5000 - 0.5999 Reserve 0.6000 - 0.6999 GGL 0.7000 - 0.7999 GGG 0.8000 - 0.8999 GT 0.9000 - 0.9999 Sonderguss 1.0000 - 1.0999 Massen- und Qualitätsstähle 1.1000 - 1.1999 unlegierte Edelstähle 1.2000 - 1.2999 Werkzeugstähle 1.3000 - 1.3999 verschiedene Sorten 1.4000 - 1.4999 chemisch beständige Stähle 1.5000 - 1.8999 Baustähle Kupfer und -legierungen 2.2000 - 2.2499 Zink, Cadmium und -legierungen 2.3000 - 2.3499 Blei und -legierungen 2.3500 - 2.3999 Zinn und -legierungen 2.4000 - 2.4999 Nickel, Kobalt und -legierungen 3.0000 - 3.4999 Aluminium und -legierungen 3.5000 - 3.5999 Magnesium und -legierungen Anhängezahlen: Die Bedeutung der Anhängezahlen variiert je nach Sortennummernbereich, ist aber innerhalb der jeweiligen Stoffgruppe eindeutig. Bei den NE-Legierungen sind die Anhängezahlen einheitlich zusammengefasst. Beispiele: 1.0037: S235JR (ehem. St 37-2†) 3.2582: Al Si 12 (Fe) (ehem. GD-AlSi12) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 2.0000 - 2.1799 0.7665: GGG-NiSiCr 20-5-2 1.4301: X5CrNi 18-10 (Handelsname V2A) 3.7164: Ti Al6 V4 239 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Beispiel Ti Al 6 V 4 Ti Al 6 V 4 wird unter den Werkstoffnummern 3.7161, 3.7164, 3.7165 und 3.7264 geführt. Eine Umschlüsselung dieses Werkstoffs in Normen anderer Länder liefert für Werkstoffnummer 3.7164: Werkstoff Norm Land Ti Al 6 V 4 WL 3.7164 Deutschland DIN Grade 5 ASTM B265, ASTM B 337, ASTM B 338, ASTM B 348, ASTM B 363, ASTM B 381 USA TA10, TA11, TA12, TA13, TA28, TA56 BS TA10, BS TA11, BS TA12, BS TA13, BS TA28, BS TA56 Grossbritannien T-A6V AIR 9183 Frankreich Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 240 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Werkstoffprüfung (und -analytik) Behandlung der Werkstoffanalytik von Dr. Völkl (Licht- und Rasterelektronenmikroskopie im Detail) in den Vorlesungen "Mikroskopie I" und "Transmissionselektronenmikroskopie" Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 241 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Überblick über Werkstoffprüfung und -analytik • Normung • Prüfverfahren − Zerstörende Verfahren − Zerstörungsfreie Verfahren − Metallographische Verfahren • Grundsätzliche Aufgaben • Allgemeine Forderungen an die Prüfverfahren Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 242 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Normung Die zehn Grundgedanken der Normung • • • • • • • • • • Freiwilligkeit Öffentlichkeit Beteiligung aller interessierten Kreise Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit Sachbezogenheit Konsens Ausrichtung am Stand der Technik Ausrichtung an den wirtschaftlichen Gegebenheiten Ausrichtung am allgemeinen Nutzen Internationalität Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 243 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Einteilung der Prüfverfahren Zerstörende Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung Werkstoffprüfung Metallographische Untersuchungen • Mechanische Prüfverfahren Eignung eines Werkstoffes bzgl. Verarbeitbarkeit • Metallmikroskopische Untersuchung • Mikrofraktographische Untersuchung • Wirbelstromverfahren • Sonderverfahren • Makrogefüge-Untersuchung • Röntgenfeinstrukturbestimmung • Metallphysikalische Untersuchungen Probennahme aus Werkstoff, bzw. -stück • Durchstrahlung • Durchschallung Werkstoffkennwerte • Technologische Prüfverfahren • Rißprüfung • Metallchemische Untersuchungen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 244 Vollprüfung mit Beibehalt der Funktionstüchtigkeit und des Gebrauchswertes Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Härteprüfung Definition: Härte ist der Widerstand eines Werkstoffes gegen das Eindringen eines härteren Prüfkörpers. Bei der Härteprüfung (bedingt zerstörend) erfährt der Werkstoff/das Werkstück eine elastische und plastische Verformung, während der Prüfkörper rein elastisch deformiert wird. Schematischer Aufbau eines Härteprüfgeräts Veröffentlichung zur Historie der Härtemessung Unterscheidung der Verfahren: A : Antrieb M : Mattscheibe • Eindringhärteprüfung O : Objektiv • Ritzhärteprüfung G : Gewichte H : Hebel L : Lichtquelle K : Eindringkörper • Dynamische Härteprüfung (Schlag-, Fall und Rückprallhärte) • Zerspanungshärteprüfung ML : Meßlineal Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 245 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Härteprüfung nach Brinell (DIN 50351) HB = F = A F: Prüfkraft F 0,5 • π • D(D - √D² - d² ) Mit A = π ⋅ D und D: Kugeldurchmesser h= π 2 d: Durchmesser des Abdrucks F: [kp] D(D - √D² - d² ) 0,102 • F HB = h: Eindringtiefe F: [N] A Forderung aus experimenteller Erfahrung: 0,2 D ≤ d ≤ 0,7 D Näherungsweise lässt sich eine Prüflastunabhängigkeit der Brinellhärte durch die Einhaltung der Konstanz des Wahl von D in Abhängigkeit von Probendicke t: t > 6 mm ⇒ D = 10 mm 3 mm < t < 6 mm ⇒ D = 2,5 mm Belastungsgrades B gewährleisten: B= 3 mm > t ⇒ D = 2,5 mm 0,102 • F Umrechnung der Brinellhärte in Zugfestigkeit Rm (Vorsicht!): D² Stähle Gusseisen 30 Ni u. Ni-Leg. Al Cu u. Cu-Leg. Mg Al-Leg. Zn 10 5 Werkstoff Lager- Pb metalle Sn Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 2,5 Stahl 1,25 246 Grauguss Umrechnung Rm ≤ 1400 N/mm² Rm = 2100 N/mm² Rm ≈ 3,5 • HB [N/mm²] Rm ≈ 4 • HB [N/mm²] Rm ≈ 2,5 • (HB - 120) [N/mm²] Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Härteprüfung nach Vickers (DIN 50133) F HV = 102 · F · 2 · cos 22° d² d: [µm], (d1+ d2)/2 Wahl des Flächenöffnungswinkels der Vickerspyramide: D 136° 22° 0,375 D F: F: [mN] Prüfkraft D: Kugeldurchmesser Brinell d1,2: Diagonalen des Eindrucks Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle • Der Tangentenkegel eines, im optimalen Arbeitsbereich liegenden Brinelleindruckes mit d = 0,375 D schließt gleichen Winkel ein. • Die Vickers- und Brinellhärten sind dadurch bis zu einem Betrag von ca. 350 identisch. Kennzeichen: • Eindrücke geometrisch ähnlich, (lastunabhängig für F ≥ 50 N) • Abdrücke klein • Diamantprüfkörper • Statistik z.B. C30: 260 HV10 247 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Härteprüfung nach Rockwell (DIN 50103) • HRB (Hardness Rockwell Ball) • HRC (Hardness Rockwell Cone) D D = 1/16'' Öffnungswinkel: 120° In beiden Fällen: Maßstab für die Härte ist der Unterschied h in der Eindringtiefe, den der Eindringkörper bei einer bestimmten Vorlast (F0) vor und nach der Einwirkung einer bestimmten Meßlast (F1) zeigt. h HRC = 100 - 0,002 h HRB = 130 - 0,002 Prüfkräfte HRC HRB Fo 98 N 98 N F1 1373 N 883 N F 1471 N 980 N Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Unterschied HR gegenüber HV und HB: Eine Oberflächenbearbeitung durch Schleifen und Polieren ist vor der Prüfung nicht erforderlich. Das Verfahren lässt sich automatisieren, da keine optische Vermessung nötig ist. 248 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Dynamische Härteprüfung Schlaghärteprüfung (Poldihammer) Rücksprunghärteprüfung (Shore-Skleroskop) Prinzip: Ein Eindringkörper (i.d.R. eine Kugel) wird durch eine stoßartige Kraftwirkung in die Probe eingetrieben, so dass ein bleibender Eindruck entsteht, dessen Größe als Maß für die Härte dient (Dynamisch-plastisches Verfahren). Prinzip: Die Rücksprunghöhe (Härtemaß) eines Fallhämmerchens, das durch sein Eigengewicht aus einer bestimmten Höhe auf die Probe fällt, wird gemessen (Dynamischelastisches Verfahren). - Für harte und spröde Werkstoffe Kugel mit Durchmesser D h: Ausgangshöhe hS: Rücksprunghöhe d1: Durchmesser des Eindrucks in dem Normalstab Vorteil der Verfahren: transportabel ! d2: Durchmesser des Eindrucks in der Probe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 249 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Mikrohärteprüfung (Prüfkräfte: 0,01 - 2N) Vickers (quadratische Pyramide) d = (d1 + d2)/2 [µm] Knoop (rhombische Pyramide) l [µm] HV = l 1: weicher Gefügebestandteil 3: Prüfkörper 2: harter Gefügebestandteil 4: Radius der Einflußzone 0,102 · F · 1,8544 = 189 · F d² HK = F: [mN], d: [µm] d² 1451·F Vorteil zu Makrohärtemessungen: F: [mN], l: [µm] Es können die Härten von Phasenanteilen gemessen werden. l² Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 250 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Knoop Indenter an (100) Einkristallebene (100) Ebene Bevorzugte Anwendung bei spröden Materialien. Messergrbnis empfindlich auf anisotrope Verformungseigenschaften. [001] bzw. 0° ↑ [011] bzw. 45° ↑ [025] bzw. 20° ↑ 52,1 µm 524 HK 0,1 59,8 µm 397 HK 0,1 56,8 µm 441 HK 0,1 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 251 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Knoop Härte in verschiedenen Einkristallebenen (100) Ebene [001] [011] (111) Ebene (110) Ebene [010] Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 252 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Universal- oder Martenshärte (z.B. Fischerscope) Es werden Last- Eindringkurven aufgenommen Last [N] hartes Material weiches Material Eindringtiefe [µm] Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 253 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Nanoindenter Kräfte von 0,5, bzw. 5 mN: (Nano-)Härte und (Nano-)E-Modul von sub-mikrometer großen Phasen messbar. Substrat Diffusionszone NiAl-Deckschicht 16 12 Hardness [GPa] nanohardness [GPa] 14 10 8 6 4 2 substrate cover layer diffusion zone -20 0 20 distance [µm] Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Phasen der Diffusionszone 12 10 8 6 0 -40 14 0,5 mN 4 40 Phase A Phase B Phase C Matrix phase Wöllmer, Zaefferer, Göken, Mack, Glatzel: Surf. Coat. Techn. (2003) 254 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Mohs'sche Härte Entwickelt in der Mineralogie (1812): Ein Körper ritzt einen weicheres Material und wird selber von einem härteren Material geritzt. Die Skala reicht von 1 (Talk,Speckstein) bis 10 (Diamant). vergleichende Einteilung nicht brauchbar für Techniker Talc Gypsum scratched by finger nail Calcite Fluorite Apatite scratched by steel knife Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Moonstone Quartz Topaz Corundum Diamond will scratch glass - gemstone 255 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vergleich der verschiedenen Verfahren zur Härtemessungen (Vorsicht!) Die Einheit wäre MPa, wird aber bewusst nicht angegeben. Angaben z.B.: 130 HV 0,5 (Prüflast = 0,5 kp) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 256 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Härtemessgeräte IMA • Wolpert Härtemessgerät (Bj. 1966), 1 - 250 kp • Leco 0,01 - 1 kp Leco 0,3 - 20 kp • Fischerscope Universalhärte 1 mN - 1 N Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 257 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Falschfarbendarstellung der Härte mit Fischerscope Lötnaht schmelzflüssiger Bereich Lötnaht Al Stahl Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 258 Al >300 FeAl(1:1)-Phase Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Zugversuch (EN 10002) Definition: „Der Zugversuch ermittelt das Werkstoffverhalten bei einachsiger, gleichmäßig über den Querschnitt verteilter Zugbeanspruchung, wobei die Probe gleichmäßig, stoßfrei, bis zum Bruch bei gleichzeitiger Messung der Verlängerung und der benötigten Last gereckt wird“. Zugprüfmaschine (früher: Zerreißmaschinen) Krafterzeugung: mechanisch (Gewindespindel) oder hydraulisch (Druckflüssigkeit) Kraftmeßsysteme: Hebel-, Neigungswaage, Elektronische Kraftmessdosen, Feder-, Pendelmanometer Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 259 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kenngrößen des Zugversuchs Rundprobe • Elastischer Bereich Flachprobe σ =ε•E HOOKE-sches Gesetz σ= F S0 • Zugfestigkeit Fmax Rm = S0 • Streckgrenze Rm Übergang vom elastischen in den plastischen Bereich Rp, ReH, ReL, Rp0,2 ReL ReH Rp0,01 • Brucheinschnürung ∆S Z= S0 S0 - S = Ag S0 ε = A Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 260 ∆L L0 = L - L0 L0 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Eigenschaften technischer Legierungen Stähle Kupferlegierungen Aluminiumlegierungen 210 120 71 42CrMo4 Kurbelwelle, Pleuel, Achsschenkel 1000 - 1200 10 - 12 CuZn28 Tiefziehteile Musikinstrumentenrohre 320 55 - 60 AlMg3 Fensterrahmen, Verpackungen 200 - 260 10 - 20 X5CrNi18-10 Apparatebau (nichtrostend) 500 - 700 45 E-Cu Kabel, Drähte Stromschienen 215 - 220 40 G-AlSi12 Zylinderköpfe, Flügelräder 150 - 230 6 - 12 St37 Schweißkonstruktionen (allgemeiner Baustahl) 370 - 450 25 CuSn4 Schrauben, Steckverbinder 360 55 - 60 AlZnMgCu0,5 Stangen, Drähte Flugzeugbau 430 - 500 3-7 E-Modul [GPa] Bezeichnung Anwendung Zugfestigkeit [MPa] Bruchdehnung [%] Bezeichnung Anwendung Zugfestigkeit [MPa] Bruchdehnung [%] Bezeichnung Anwendung Zugfestigkeit [MPa] Bruchdehnung [%] Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 261 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Druckversuch (DIN 50106) Zielsetzung: Der Druckversuch dient dazu, das Verhalten metallischer Werkstoffe unter einachsiger, über den Querschnitt gleichmäßig verteilter Druckbeanspruchung zu ermitteln. Dazu wird eine zylindrische Druckprobe mit dem Anfangsquerschnitt S0 einer langsam und stetig zunehmenden Stauchung unterworfen und die dazu erforderliche Druckkraft gemessen. Anwendung: • Prüfung spröder Werkstoffe (Gusseisen, Baustoffprüfung: Ziegel, Beton, etc.) • Prüfung von Metallen, die auf Druck beansprucht werden (Lagermetalle, Kugellagerstähle) Bemerkung: Der Druckversuch stellt nur in gewissen Grenzen die Umkehrung des Zugversuches dar. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 262 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Spannungsverläufe: Zug-/Druckversuch Beginn der Einschnürung Vergleich der Spannungsverläufe von Zugspannung Zug- und Druckversuch Elastischer Bereich (Hooke): Elastische Dehnung (Zug) bzw. elastische Stauchung (Druck) Plastische Formänderung = 0 Stauchung Bereich der ungleichförmigen plastischen Verformung: Einschnürung (Zug) bzw. Ausbauchung (Druck) Wahre Spannung Nennspannung Beginn der Ausbauchung Bruch der Probe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Dehnung Druckspannung Bereich der gleichförmigen plastischen Verformung 263 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Druckkegel Verformungszonen einer gestauchten Probe: I) Geringe Verformung (Reibungsbehinderung) II) Mäßige Zugverformung III) Hohe Schubverformung a) Ausbildung von Druckkegeln c) b) a) Spröde Druckprobe b) Zähe Druckprobe (Ausbauchung) c) Zähe Druckprobe (starke Ausbauchung, Berührung der Druckkegel) F D I III II Bruchausbildung II FD FD I FD Bruch Kenngrößen: σD = FD S0 Druckspannung εD = ∆ LD L0 = L0 - LD FD L0 Stauchung Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle FD Normalprobe Langprobe h0 = d0 h0 > d0 264 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Biegeversuch (DIN 50110) Definition: Der Biegeversuch ist ein einachsiger Verformungsversuch mit inhomogener Spannungsund Dehnungsverteilung über die Biegehöhe. In Längsrichtung treten Zug- und Druckspannungen auf, die bei elastischer Beanspruchung von der spannungsfreien, neutralen Faserschicht aus stetig auf einen Höchstwert am Rand ansteigen. Anwendung: Messung von Werkstoffkenngrößen spröder Werkstoffe (Gusswerkstoffe, gehärtete Stähle, Federwerkstoffe, Keramik, etc.): Biegefestigkeit, -streckgrenze, -dehngrenze, E-Modul Bemerkung: Biegespannungen sind ihrem Wesen nach ebensolche Normalspannungen, wie sie im Zug- und Druckversuch auftreten. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 265 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Drei-, bzw. Vierpunktbiegung Schematische Darstellung der auftretenden Kräfte und Momente einer Drei- bzw. Vierpunktbiegung, sowie der resultierenden Spannungsverteilung im Querschnitt Dreipunktbiegung Vierpunktbiegung • Biegespannung Probenform Mb Biegemoment σb = W = Widerstandsmoment Rechteckiger Querschnitt • Widerstandsmoment W = I e = Runder Querschnitt Axiales Trägheitsmoment Abstand neutrale Faser-Rand Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 266 Widerstandsmoment b ⋅ h2 W= 6 π ⋅ d3 W= ≈ 0,1 ⋅ d 3 32 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Spannungsverteilung Voraussetzung für die Gültigkeit der Biegegleichung In Realität (z.B. bei Grauguss): 1. Die Querschnitte bleiben beim Biegen eben, d.h. die Dehnungen sind proportional zum Abstand von der neutralen Faserschicht. 2. Das Hooke`sche Gesetz gilt, d.h. auch die Spannungen sind proportional zum Abstand von der neutralen Faserschicht. Nur die erste Bedingung ist erfüllt ! => Die tatsächlichen Spannungen weichen erheblich von den berechneten ab. 3. Der Werkstoff verhält sich bei Druck- und Zugbeanspruchung gleich. Probenabmessungen: Gusseisen - Zylindrische Proben mit einem Verhältnis Stützweite/Durchmesser = LS/d = 20 Biegefaktor: Verhältnis von Biegefestigkeit zur Zugfestigkeit z. B.: GG-14 2,0 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 267 Tatsächliche Spannungsverteilung im gefährdeten Querschnitt eines gebogenen GG-Stabes unmittelbar vor dem Bruch Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Technologischer Biegeversuch Faltversuch (DIN 50111) Zielsetzung: Der Faltversuch ist ein technologisches Prüfverfahren. Er liefert keine Werkstoffkennwerte, sondern gibt Aufschluss über die Verformbarkeit eines Werkstoffes. Beschreibung: Eine Biegeprobe wird in einer Biegevorrichtung zügig gebogen, bis entweder ein bestimmter Biegewinkel erreicht ist, oder bis das Biegevermögen erschöpft ist. Bemerkung: Ermittlung von Rissen z.B. bei Schweißnähten (DIN 50121 Teil 1 bis Teil 3). Biegestempel Auflagerollen Möglichkeit zur Prüfung von inhomogenen Werkstoffen z.B. nach einer Oberflächenhärtung. Probengeometrie: Biegeprobe i. A. mit rechteckigem Querschnitt Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 268 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Tiefungsversuch nach Erichsen (DIN 50101) Zielsetzung: Schematischer Aufbau eines Tiefungsgerätes nach Prüfung von Blechen auf ihre Tiefziehfähigkeit DIN 50101 Teil 1 für Blechdicken von 0,2...3 mm. Beschreibung: Das beidseitig eingefettete Blech wird mit einer Blechhaltekraft von etwa 10 kN zwischen einen Blechhalter und eine Matrize eingespannt und Matrize dann mit einem halbkugelig abgerundeten Stempel von 20 mm Durchmesser so lange Probe getieft, bis der erste durchgehende Anriss auftritt. Blechhalter Bewertung: Stempel Maximale Tiefung ist keine Werkstoffkenngröße, da sie einer Reihe weiterer Einflüsse Stempelschaft (Werkstoff, Blechstärke, Korngröße, Oberflächengüte, Verformungsgrad etc.) unterliegt. Ausbildung der Risse: kreisförmig (gleichmäßig starke Blechverwalzung in Längs- und Querrichtung) geradlinig (Bevorzugung einer Walzrichtung im Herstellungsprozess - Textur) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 269 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kerbschlagbiegeversuch (DIN 50115) Definition: Beim Kerbschlagbiegeversuch wird eine doppelseitig auf zwei Auflagern und gegen zwei Widerlager liegende Probe durch ein Schlagwerk mit einem einzigen Schlag entweder durchgebrochen oder durch die Widerlager gezogen. Die dabei verbrauchte Schlagarbeit wird gemessen. Kenngrößen des Kerbschlagbiegeversuchs: Kerbschlagarbeit: K = m⋅g (H - h) Kerbschlagzähigkeit: KC = K/A [J] [J/m2] H : Ausklinkhöhe (α : Auslenkwinkel) h : Endhöhe (β : Ausschlagwinkel) g : Erdbeschleunigung m : Masse des Schlaghammers A: Querschnitt am Kerb vor dem Versuch Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 270 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kerbschlagzähigkeit Temperatureinfluss I) • Baustähle, unlegierte und legierte Stähle mit ferritisch-perlitischer Gefügeausbildung • krz.- und hex.- Metalle Kerbschlagzähigkeit [J/m²] II) • Gusseisen mit Lamellengraphit • Hochfeste Stähle • Martensitisch gehärtete Werkstoffzustände III I Hochlage (Verformungsbruch) T = 25 °C Steilabfall (Mischbrüche) II Tieflage (Trennbruch) 20 µm Bruchflächen von Kerbschlagbiegeproben aus Reineisen TÜbergang Temperatur [°C] III) • Reine kfz.- Metalle • Homogene Legierungen von kfz.- Metallen • Austenitische Stähle Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 271 T = -35 °C Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kriechversuch (zeitabhängige Verformung, T > 0,4⋅Tm) I) Primäres oder Übergangskriechen • repräsentativ für tiefe Temperaturen und niedrige Spannungen Zeitdehnlinie • Absinken der Kriechgeschwindigkeit durch Verfestigungsvorgänge II) Sekundäres oder stationäres Kriechen • maßgeblich für technische Anwendung • dynamisches Gleichgewicht zwischen verfestigend und entfestigend wirkenden mikrostrukturellen Prozessen • Kriechgeschwindigkeit lässt sich durch ArrheniusGleichung beschreiben III) Tertiäres Kriechen • rasch zunehmende Kriechdehnung bis zum Eintritt des Bruches (Spannungserhöhung infolge lokaler Einschnürung bzw. irreversibler Werkstoffveränderungen) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 272 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Creep Behaviour typical behaviour (pure metals, solid solutions) sigmoidal creep (Ni-base superalloys) inverse creep (Ni3Al) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 273 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Erstellung der Ashby-Maps ε σ = σ0 = const. ε T2 T3 σ = σ0 = const. T3 [s-1] T1 ε T1 < T2 < T3 2 ss ε ss3 T2 T1 ε 1ss t [h] t [h] σB, Rm log(σ) [MPa] σ0 3 ε 1ss ε ss2 ε ss T/Tm 1 0 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 274 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Verformungsmechanismuskarten (Ashby) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 275 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Verformungsmechanismuskarten (Ashby) Aus den Verformungsmechanismuskarten läßt sich entnehmen, welcher Verformungsmechanismus bei einer gegebenen Versetzungsklettern Temperatur und Spannung in einem Werkstoff vorherrschen wird. Der angegebene Mechanismus ist i. A. nicht der einzige, der in dem jeweiligen Metalle Temperatur- und Spannungsbereich abläuft. Es ist der Mechanismus, der die größte Verformungsgeschwindigkeit bei den Voraussetzungen: angegebenen Bedingungen verursacht. • Es wird nur stationäres Kriechen berücksichtigt • Verformung durch Zwillingsbildung wird vernachlässigt • Wo die Verformungsgeschwindigkeit unmessbar klein wird, wird ein elastischer Bereich angegeben • Es wird stets von einer konstanten Struktur, also einer bestimmten Korngröße, ausgegangen • Bruch tritt nicht auf Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 276 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Zeitstandversuch (technologische Kenngrößen) Zeitstandfestigkeit: Zeitdehngrenze: Die Zeitstandfestigkeit bei einer bestimmten Prüf- temperatur T ist die Prüfspannung σ0, die nach einer bestimmten Beanspruchungsdauer t zum Bruch führt. Die Zeitdehngrenze bei einer bestimmten Prüf-temperatur T ist die Prüfspannung σ0, die nach einer bestimmten Beanspruchungsdauer t zu einer festgelegten plastischen Dehnung εp führt. Beispiel: Rm 1000/550 Beispiel: Rp0,2/1000/350 Prüftemp. 550 °C Beanspruchungsdauer 1000 h Prüftemperatur 350 °C Beanspruchungsdauer 1000 h Plastische Dehnung 0,2 % Bruch Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 277 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Dynamische Festigkeit (Wechselbelastung) Bemerkung: Aus praktischer Erfahrung ist bekannt, dass bei einer mehrmaligen Belastung ein Bruch auch dann eintreten kann, wenn eine einmalige Belastung nicht zum Bruch führt. Definition: Als Dauerschwingbeanspruchung wird eine sich mehrmals wiederholende Beanspruchung zwischen einer Ober- und einer Unterspannung bezeichnet (eine beliebige Form der Spannungsänderung ist möglich). Wichtige Begriffe: Dauerfestigkeit σD ist die maximale Spannungsamplitude um eine gegebene Mittelspannung, die „unendlich oft“ (z.B. > 2*106 Lastwechsel) ertragen wird: σD = σm ± σa Wechselfestigkeit σW Sonderfall der Dauerfestigkeit für die Mittelspannung Null Schwellfestigkeit σSch Sonderfall der Dauerfestigkeit für die Unterspannung Null oder nahe bei Null. Angegeben wird die Schwingbreite σSch = 2 σa = σo - σu Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 278 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Bereiche der Wechselfestigkeit LCF Low Cycle Fatigue HCF High Cycle Fatigue Dauerfestigkeit < 10 000 > 10 000 > 2 000 000 Spannungen: i.A. oberhalb der Streckgrenze i.A. unterhalb der Streckgrenze weit unterhalb der Streckgrenze Prüffrequenzen: ∼ 0.1 Hz bis 1/h (≈ 3⋅10-4 Hz) < 60 Hz > 10 Hz Zahl der Lastwechsel bis zum Bruch (NB): ca. 400 MPa und 30 Hz max. 25 kN und 15 Hz Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 279 max. 100 kN und 30 - 300 Hz Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Dauerschwingbeanspruchung Bereiche der Dauerschwingbeanspruchung Schematisches Spannungs-Zeit-Schaubild beim Dauerschwingversuch Spannung Schwingspiel σa σa 2σa σm σu σo σu Zeit 0 Schwingbruch in Getriebewelle (∅ 90 mm) σo Rastlinien σo = Oberspannung (dem Absolutwert nach) σ = Unterspannung (dem Absolutwert nach) σmu = Mittelspannung = 0,5 • (σo + σu) σa = Spannungsausschlag = 0,5 • (σo - σu) Restbruchfläche 2σa = Schwingbreite der Spannung = σo - σu Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 280 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Wöhlerkurven (August Wöhler, 1856) Eisenbahnachsen LCF HCF Dauerf. Anzahl der Lastwechsel N bis zum Bruch schematische Wöhlerlinie Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle Wöhlerband mit Ausfallwahrscheinlichkeiten für eine Aluminiumlegierung 281 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Wöhlerkurven Wöhlerkurve mit Schadenslinie: 6-10 Proben bzw. Bauteile (polierte Oberfläche) Kurzzeitfestigkeit I. krz-Werkstoffe, ferritische-perlitische und vergütete Stähle Zeitfestigkeit Wechsel- bzw. Bereich der Überbeanspruchung ohne Werkstoffschädigung II. Bereich der Überbeanspruchung mit Werkstoffschädigung III. Bereich der Beanspruchung unter der Dauerfestigkeit Dauerfestigkeit kfz-Werkstoffe, austenitische Stähle Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 282 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Wöhlerkurven Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 283 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Zerstörungsfreie Prüfung (ZFP) (engl. non-destructive testing (NDT)) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 284 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Beugungsexperimente Bragg-Bedingung: n·λ= 2·d·sinθ, oder MaWi's: λ= 2·dhkl ·sinθhkl λ θ 2θ θ d • Röntgenbeugung (auch Synchrotron); λCu, Kα = 154,1 pm • Elektronenbeugung (SEM und TEM), λ200 kV Elektr. = 2,51 pm • Neutronenbeugung, λthermische Neutronen = 182 pm, λkalte Neutronen ≈ 1 nm Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 285 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Röntgenbeugung • Bestimmung der Kristallorientierung (Laue) • Hochgenaue Bestimmung der Gitterkonstanten im Rückstreumodus, d.h. θ nahe 90° (∆d/d ≤ 10-4 möglich). • Identifikation von Phasen (Restaustenit, intermetallische Phasen) • Texturbestimmung • Bestimmung von Eigenspannungen (elastische Verzerrung des Gitters) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 286 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe XRD Measurements Beispiel unsere Platinlegierung Pt78Al13Cr3Ni6 nach Wärmebehandlung: L12-geordnete Ausscheidungen in einer kfz-Matrix Fehlpassung ≈ -10-3 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 287 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Texturanalyse Entstehung einer Textur: Kristallisation aus der Schmelze, Elektrokristallisation, Gasphasenabscheidung, Plastische Formgebung (Ziehen, Hämmern, Walzen, Tiefziehen, etc.), Rekristallisationsvorgänge nach plastischen Deformationen, Phasenumwandlungen etc. Ursache (eine oder mehrere Vorzugsrichtungen): Im Verlauf der gefügebildenden Prozesse sind äußere und innere gerichtete Einflussfaktoren wirksam: Bevorzugte Wärmeoder Stoffflussrichtungen, Mechanische Beanspruchungen, äußere Magnetfelder, Bevorzugte Orientierungsbeziehungen etc. Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 288 Isotropie Textur Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Bsp: Textur der Diffusionszone Diffusionszone: Einkristalline Nickelbasissuperlegierung: Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 289 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Röntgengrobstrukturuntersuchung (DIN 54111, DIN 54109 Teil 1 und Teil 2) Zielsetzung: Detektierung unterschiedlicher Massendichten, die ein Röntgenstrahl beim Durchlaufen eines Werkstücks an verschiedenen Stellen erfährt. Der unterschiedliche Schwächungsgrad des Primärstrahls kann dabei auf folgende Inhomogenitäten des Werkstoffes zurückgeführt werden: • Auftreten von Hohlräumen (z.B. nach Schweißungen) - Lunker, Poren, Risse, Fügungsfehler • Auftreten von unterschiedlichen Zusammensetzungen (z.B. bei Gussteilen) - Einschlüsse, Seigerungen - Berührungslose Kontrolle der Banddicke bei der Blechherstellung Unterschiedlicher Schwärzungsgrad eines Röntgenfilmes infolge Schwärzung • Auftreten unterschiedlicher Werkstoffdicken I 0 D differierender Intensitätsschwächung Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 290 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Stahlblech Röntgendurchstrahlung Röntgengrobstrukturanalyse Naht ohne Fehlstellen Aluminiumblech 5 mm Stahlblech Schlauchpore gut detektierbar „Philips MU21F“ Aluminiumblech Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 291 5 mm Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Tomographie Al Schweißlötgut Stahl Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 292 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Penetrationsverfahren (DIN 54152) Prinzip: In Bauteilfehlern, die von der Oberfläche ausgehen oder mit ihr in Verbindung stehen, dringen infolge der Kapillarkraft Flüssigkeiten ein und ermöglichen dadurch die Erkennung der Fehler. Arbeitsschritte der Penetrationsverfahren 1) Reinigung 2) Penetration 3) Zwischenreinigung 4) Entwicklung 5) Inspektion 6) Nachreinigung Die Fehlererkennbarkeit kann durch den Zusatz von Kontrastmitteln bzw. kontrastreichen Entwicklern erhöht werden. Siehe auch: Fluorescent Penetrant Inspection (FPI) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 293 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Ultraschallprüfung (DIN 54119, DIN 54120, DIN 54122) Funktionsprinzip: • Akustisches Analogon zur Durchstrahlung • Messwerte werden sowohl aus der Absorption, als auch aus der Laufzeit der am Fehler reflektierten Schallwellen ermittelt Schallwellen-Grenzflächen-Werkstofffehler: • Schallwellen sind in Festkörpern elastische Schwingungen und können dort als Longitudinal-, Transversal- oder Oberflächenschwingungen auftreten • Grenzflächen, die Werkstoffbereiche mit unterschiedlichem Schallwiderstand trennen, führen zur Reflexion und Brechung der Schallwellen • Werkstofffehler wie Lunker, Einschlüsse, Poren, Dopplungen, Trennungen und Risse sind Bereiche mit einem von der Matrix differierenden Schallwiderstand und können dadurch nachgewiesen werden, sofern sie eine ausreichend große flächenhafte Ausdehnung besitzen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 294 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Ultraschall-Intensitätsverfahren Es werden die Verluste der US-Wellen nach Durchlaufen des zu prüfenden Werkstücks infolge Schwächung im Werkstoff (A), Reflexion (B) an Inhomogenitäten und Ankopplungsstellen der Prüfköpfe durch Messung der am Empfänger ankommenden Intensität bestimmt. 2 (A) 4 2 3 6 3 (B) 5 1 1: HF-Generator 3: Empfänger 5: Verstärker 2: Sender 4: Prüfstück 6: Messinstrument + Einfache Handhabung - Relativ hohe Fehlereinflüsse durch die Ankopplung von Sender und Empfänger - Keine Information über die Tiefenlage und Art der Inhomogenitäten Anwendung: Automatische Prüfung von Feinblechen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 295 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Impuls-Echo-Verfahren Bei diesem Verfahren werden anstatt des kontinuierlichen Ultraschalls Impulse erzeugt: In jeder Sekunde 50 Schallimpulse von je nur 1 bis 10 µs Dauer. Bei der Verwendung eines einzigen Quarzes ist dieser Sender und Empfänger. Neben der Information aus der Schalldruckamplitude der empfangenen Impulse erhält man zusätzliche Informationen aus der Laufzeit. Reflektogramm Bestimmung der Fehlerlage aus der Laufzeit des Echos A B Fehler (schematisch) Werkstück Amplitude Schallkopf Oberflächenecho Rückwandecho Fehlerecho Zeit A B + Große Genauigkeit + Nur eine Ankopplung ist erforderlich Anwendungen: Lokomotiv-Achsen, + Tiefenlage des Fehlers ist feststellbar Eisenbahnschienen, Gasflaschen, Ketten Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 296 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Ultraschallprüfung Senkrechtprüfkopf (Longitudinalwellen) Winkelprüfkopf (Transversalwellen) Ultraschallprüfgerät „Krautkrämer USM22“ mit Senkrechtprüfkopf und Kalibrierkörper Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 297 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Strukturanalyse • Strukturanalyse ist oft ein Teil der Werkstoffprüfung und/oder Qualitätssicherung. • Strukturanalyse und Werkstoffprüfung sind zwei zentrale Einrichtungen/Aufgaben des Lehrstuhls, die von praktisch allen Projekten, Doktoranden, Diplomanden, … , abgefragt werden. • Mehr dazu in der Vorlesung "Metall- und Kunststofftechnik - Spezielle Analysemethoden", WT2 bzw. H4, Dr.-Ing. Rainer Völkl im 6. Semester Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 298 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Einteilung Strukturanalyse • Abbildende Systeme (z.B. Lichtmikroskop, Raster- und Transmissionselektronenmikroskop, Röntgengrobstrukturuntersuchung, Rastertunnelmikroskop (Sondenmikroskopie z.B. Atomic Force) , ... ) • Beugende Systeme (z.B. Röntgenfeinstrukturuntersuchung, (Textur- , Eigenspannungsmessungen) , Neutronen-, Elektronenstreuung (Raster- (EBSD) und Transmissionselektronenmikroskop), ... ) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 299 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Metallographie: Schliffpräparation Schema der Schliffpräparation vorbereitung herstellung Einfassen Anschliff- Kennzeichnen Anschliff- Probennahme Einebnen Reinigung Schleifen Reinigung Polieren Reinigung Konservierung Kontrastierung (Ätzen) Anschliff- Kontrolle nachbehandlung Probenentnahme Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 300 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Metallographie - Schliffpräparation Aufbau der gestörten Oberflächenschicht und deren Abbau beim Schleifen und mechanischen Polieren t : Gesamttiefe der Bearbeitungsschicht tR : Rauhtiefe 1 Grobschleifen 2 Feinschleifen 3 Mechanisches Polieren tV : Deformationstiefe Wirkprinzipien von Feinschleifen, Läppen und Schleif-Läppen Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 301 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Ätzverfahren Korngrenzenätzung Markierung der Korngrenzen, Bsp.: Kornstruktur in Reineisen Kornflächenätzung Aufrauung der Kornflächen, Bsp.: Kornstruktur in Reinaluminium Starker selektiver Abtrag, Korntiefenätzung Bsp.: Stahl mit 0,9% C A - Anodischer Bereich K - Kathodischer Bereich Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 302 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Lichtmikroskopie Metalle: Auflichtmikroskopie Hellfeld Okular Auflicht- und Durchlichtmikroskop Dunkelfeld Kondensorsystem Lichtquell e Objektiv Probe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 303 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Auswirkungen der Lichtwellenlänge auf die Auflösung λ = 426 nm λ = 548 nm Hellfeld Perlitaufnahme mit Objektiv Apochromat 60 × 0,95; βOb = 630:1 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 304 λ = 667 nm λ d min. = n ⋅ sin α Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Veranschaulichung der nützlichen Vergrößerung • • • Wenn die Sehweite größer als 25 cm ist, wie z.B. im Hörsaal, ist natürlich die nützliche Vergrößerung entsprechend höher (Angabe der Vergrößerung veraltet Maßstab) Vergrößerungen deutlich über der nützlichen Vergrößerung bringen keine zusätzliche Informationen! Die Endvergrößerung ist stets dem Ausgabemedium anzupassen. 3 Aufnahmen der selben Probenstelle mit unterschiedlichen Maßstäben bzw. Vergrößerungen aber gleicher Detailfülle. Je kleiner die Vergrößerung, umso näher muss man herantreten, um alle Bilddetails zu erkennen! Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 305 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Kontrastarten Hellfeld / Dunkelfeld • • • Unterschiedliches Reflexions- und/oder Absorptionsverhalten von Objekteinzelheiten führen zu Leuchtdichte- und Farbunterschieden. Objekteinzelheiten die sich genügend stark in Leuchtdichte und/oder Farbe von ihrer Umgebung abheben lassen sich gut im Hellfeld sichtbar machen. Objekteinzelheiten die sich insbesondere in ihrem Reflexionsverhalten (z.B. Korngrenzen) unterscheiden lassen sich gut im Dunkelfeld sichtbar machen. K lin I max − I min = I max K log 0 ... 1 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 306 I max = log10 I min 0 ... ∞ Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Quantitative Metallographie Richtreihenvergleiche Abgestufte Gefügebilder Stereologische Methoden Zu untersuchendes Gefüge a) Flächenanalyse Korngröße = Mittelwert der im ebenen Anschliff sicht-baren Kornflächen b) Linearanalyse Korngröße = Mittelwert der Schnittsehnen c) Punktanalyse ist beschränkt auf die Messung von Volumenanteilen Die Korngröße ist der wichtigste Parameter zur Beschreibung einphasiger polyedrischer Gefüge. Polyedrisch: statistische Keimbildung, zunächst Wachstum kugelförmig oder sphärolithisch, dann Hemmung des Wachstums Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 307 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Weitere Kontrastarten • Polaristationsmikrokopie (verschiedene Phasen bewirken eine Änderung des Polarisationswinkels) • Phasenkontrastmikroskopie (durchsichtige Oberflächenschichten, Höhenkontrast) • magnetischer Kontrast • Weisslichtinterferometrie • ... Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 308 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Elektronenmikroskope Raster- (SEM) und Transmissions- (TEM) Elektronenstrahlmikrosonde (EBMA) Wechselwirkung Elektronenstrahl und Materie Zur Bestimmung der Kristallorientierung verwendbar Primärelektronenstrahl Primärelektronen (∅ 1-10 nm) Kathodolumineszenz -strahlung Augerelektronen Probenoberfläche Sekundärelektronen Röntgenstrahlung Rückstreuelektronen absorbierte Elektronen (EBIC) Rückstreuelektronen (bis ca. 100 nm) Charakteristische Röntgenstrahlen (bis ca. 500 nm) Augerelektronen (bis ca. 2 nm) Sekundärelektronen (bis ca. 5 nm) Auflösung für Rückstreuelektronen Röntgenkontinuum transmittierte Elektronen Wärme-/Schallwellen Auflösung für Zur Elementanalyse verwendbar ( lokale Konzentration) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 309 Röntgenstrahlen Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Rasterelektronenmikroskop (SEM) e--Beschleunigung Verkleinern der e--Sonde (≤ 1nm) und Ablenkung gesamte Säule und Probe im Vakuum. Detektoren registrieren Wechselwirkung e--Strahl ↔ Probe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 310 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe SEM in Kürze • • • • • sehr gute Auflösung (mehrere nm) hohe Tiefenschärfe Probenpräparation wie Lichtmikroskop anschauliches Bild Information über chemische Zusammensetzung, Ortsauflösung im µm-Bereich • Information über Kristallstruktur (electron back scattered diffraction, EBSD), Ortsauflösung im Bereich von 50 nm • einfache Bedienung • sehr hoher Vergrößerungsbereich (10 bis 500.000) Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 311 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Rasterelektronenmikroskope im IMA-Gebäude Jeol JSM 6400 ZEISS crossbeam 1540 EsB Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 312 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Tiefenschärfe und Schattenwurf Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 313 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Elementverteilungsbilder Eisen Aluminium Zink Silizium Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 314 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Transmissionselektronenmikroskop (Strahlengang) Beleuchtungsstrahlengang analog zu SEM. Links: Kristallstrukturinformation Rechts: Bild der Probe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 315 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe TEM am Lehrstuhl Beschleunigungsspannung 200 kV Auflösung: < 0,14 nm (Linie) 0,24 nm (Punkt zu Pkt.) STEM-Auflösung: 0,3 nm HAADF-Auflösung: 0,2 nm EDX-System Omega-Filter (< 0,7 eV) ölfreies Vakuum 2k x 2k Kamera Inbetriebnahme: Jan. 2006 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 316 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Atomare Auflösung möglich HRTEM (High Resolution TEM) Bild einer a [010] Stufenversetzung. Der Burgersvektor und der Burgersumlauf sind eingezeichnet. Die Pfeile zeigen die zwei zusätzlich eingeschobenen {220} Ebenen, die am Versetzungskern enden. Mills, Miracle, Acta Met. Mat., 41 (1993), 85 Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 317 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Beugungsbild ↔ Bild Bsp.: Zweiphasige Nickelbasissuperlegierung [001]-Zonenachse, 4-zählige Symmetrie, Überstrukturreflexe sichtbar Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 318 Aufnahme mit Überstrukturreflex Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Elementverteilungsbilder (TEM) STEM-picture Nickel Concentration: Übergangsbereich Al-Coating zum Nickelbasissuperlegierungssubstrat. all other elements: Beachte: Hohe Ortsauflösung 2 µm Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 319 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Zusammenfassung TEM + Hohe Ortsauflösung (bis zu atomarer Auflösung) - aufwändige Probenpräparation - Vorsicht bei der Kontrastinterpretation - teuer Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 320 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Vergleich der Mikroskope Lichtmikroskop (LM) Rasterelektronenmikroskop (SEM) Transmissionselektronenmikroskop (TEM) Beschleunigungsspannung: -- 20 kV 300 kV Sondendurchmesser: -- 5 nm mehrere µm, bzw. 5 nm 1 000 50 000 1 000 000 ≈ 200 nm ≈ 5 nm ≈ 0.15 nm Elementanalyse möglich: nein ja ja Kristallstrukturinformation (Beugungsbild): nein ja ja ab 25 T€ ab 300 T€ ab 800 T€ Sinnvolle max. Vergrößerung: Auflösung: Preis: Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 321 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe Uni Bayreuth, Aufbau und Eigenschaften Metalle 322 Uwe Glatzel, Metallische Werkstoffe