Kap5_Ziehen_Gummert_TT.qxd 07.10.2005 10:51 Uhr Seite 27 Kapitel 5 27 5 Werkstoffverhalten Alle Werkstoffe sind feste Stoffe mit spezifischen Eigenschaften, z. B. elektrische Leitfähigkeit, Umformbarkeit, Festigkeit usw. Die Einteilung der Werkstoffe zeigt das nachfolgende Schema: Werkstoffe Metalle Eisen-Metall Nicht-Metalle Nicht-EisenMetall SchwerMetall organische Werkstoffe anorganische Werkstoffe LeichtMetall Bild 5.1: Einteilung der Werkstoffe Die Werkstoffkunde umfasst alle diese Stoffe. Im Rahmen dieses Buches interessieren nur die Metalle. Die theoretischen Grundlagen hierfür werden durch die Metallkunde geliefert. 5.1 Aufbau der Metalle Die gesamte Materie ist aus Atomen aufgebaut. Der größte Massenanteil ist in dem Atomkern konzentriert. Die Eigenschaften der Metalle ergeben sich aus der metallischen Bindung zwischen den einzelnen Atomen. Diese Bindung bewirkt, dass sich in den Metallen die Atome gesetzmäßig im Raum- oder Kristallgitter regelmäßig in Schichten anordnen. Ein solches Gitter von Atomen bildet einen Kristall. Metalle mit gleichem Kristallsystem können unterschiedliche Gitterabmessungen haben. Die Kantenlängen der Kristalle liegen bei ca. 10-7 mm (0,000 000 1 mm). Kap5_Ziehen_Gummert_TT.qxd 07.10.2005 10:51 Uhr Seite 28 28 Kapitel 5 Es gibt sieben Kristallsysteme. Die vier wichtigsten sind in Bild 5.2 dargestellt: kubischraumzentriert kubischflächenzentriert hexagonal tetragonal Bild 5.2: Die wichtigsten Kristallsysteme Kubisch-flächenzentrierte Gitter: Die meisten Metalle kristallisieren in dieser Gitterform, z. B. Aluminium, Kupfer, Nickel, Gold, Platin. Kubisch-raumzentrierte Gitter: Beispiele für diese Kristallform sind Eisen, Chrom, Wolfram, Tantal. Hexagonales Gitter: Dies ist die dichtest mögliche Kugelpackung. Beispiele sind Zink, Magnesium, Cadmium, Titan. Tetragonales Gitter: Ein Beispiel für diese Kristallform ist das Zinn. Bei einigen Metallen kann die Gitterform auch wechseln. Sie ist dann von der Temperatur abhängig, bei der sich das Metall befindet. Ein solcher Wechsel der Gitterform hat erhebliche Spannungen im Metall zur Folge. Die nachfolgende Tabelle gibt einige Gitterstrukturen an: KristallStruktur Metalle mit einer Struktur Metalle mit mehreren Strukturen (mit Temperaturbereich) Kubischflächenzentriert Kubischraumzentriert Hexagonal Tetragonal Aluminium (Al) Nickel (Ni), Kupfer (Cu) Silber (Ag) Platin (Pt), Gold (Au) Vanadium(V), Chrom (Cr) Niob (Nb), Molybdän (Mo) Tantal (Ta), Wolfram (W) Beryllium (Be) Magnesium (Mg) Zink (Zn) Eisen (Fe) von 911°C bis 1392°C Kobalt (Co) > 1120°C Eisen (Fe) < 911°C und > 1392°C Titan (Ti) > 882 °C Zirkon (Zr) > 852 °C Titan (Ti) < 882 °C Kobalt (Co) < 1120°C Zirkon (Zr) < 852 °C Zinn (Sn) Bild 5.3: Kristallstrukturen wichtiger Metalle Kap5_Ziehen_Gummert_TT.qxd 07.10.2005 10:51 Uhr Seite 29 Kapitel 5 29 Mit Hilfe metallographischer Verfahren kann man erkennen, dass Metalle im Allgemeinen aus einer Vielzahl von Kristallen bestehen. Wegen der gegenseitigen Wachstumsbehinderung entstehen bei der Erstarrung unregelmäßige Formen, die als Kristallite oder Körner bezeichnet werden. Innerhalb eines jeden Kornes weist das Gitter die gleiche Orientierung auf. Der Aufbau der Metalle ist in Bild 5.4 dargestellt: Elementarzelle Kristallgitter Kristallite oder Korn Gefüge Bild 5.4: Prinzip der Kristallisation Elementarzelle: Die Atome finden sich durch metallische Bindung in einer typischen Anordnung zusammen. Kristallgitter: Solche Kristallgitter sind eine räumliche Packung von Elementarzellen. Kristallite (Körner): Die Kristallgitter bilden das Korn (Kristallit), das an den Korngrenzen sein Ende findet. Gefüge: Viele solche Körner oder Kristallite bilden das Gefüge.